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Klage, eingereicht am 9. März 2016 – Europäische Kommission / Bundesrepublik Deutschland

(Rechtssache C-142/16)

Verfahrenssprache: Deutsch

Parteien

Klägerin: Europäische Kommission (Prozessbevollmächtigte: C. Hermes und E. Manhaeve, Bevollmächtigte)

Beklagte: Bundesrepublik Deutschland

Anträge der Klägerin

Die Bundesrepublik Deutschland hat gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 6 Abs. 3 und 4 der Richtlinie 92/43/EWG1 des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen verstoßen hat, indem sie bei der Genehmigung der Errichtung eines Kohlekraftwerks in Hamburg-Moorburg keine korrekte und vollständige Naturverträglichkeitsprüfung durchgeführt hat.

Die Bundesrepublik Deutschland trägt die Kosten des Verfahrens.

Klagegründe und wesentliche Argumente

Die Stadt Hamburg erteilte eine wasserrechtliche Erlaubnis für das Steinkohle-Kraftwerk Moorburg, mit der die Durchlaufkühlung des Kraftwerks mit Wasser aus dem Fluss Elbe erlaubt wird. Die zugrundeliegende Verträglichkeitsprüfung sah die Gefahr, dass die Kühlwasserentnahme die Elbe hinaufwandernde Fische töte und so stromaufwärtsgelegene Natura-2000-Gebiete, deren Erhaltungsziele die entsprechenden Arten umfassen, erheblich beeinträchtige. Im Ergebnis jedoch verneinte die Verträglichkeitsprüfung eine erhebliche Beeinträchtigung der Schutzgebiete, weil sie eine zwischen dem Kraftwerk und den fraglichen Schutzgebieten errichtete Fischaufstiegsanlage als Schadensbegrenzungsmaßnahme einstufte. Auch fehle in der Verträglichkeitsprüfung die Untersuchung möglicher kumulativer Auswirkungen bestimmter bestehender und beantragter Kraftwerke stromaufwärts von Moorburg.

Nach Art. 6 Abs. 3 S. 2 der Richtlinie 92/43/EWG dürfe Projekten unter Berücksichtigung der Verträglichkeitsprüfung nur zugestimmt werden, wenn erhebliche Beeinträchtigungen von Natura-2000-Gebieten ausgeschlossen werden könnten. Sei dies nicht der Fall, könne eine Zustimmung nur unter den engen Voraussetzungen von Art. 6 Abs. 4 der Richtlinie erfolgen.

Nach Auffassung der Kommission sei die fragliche Verträglichkeitsprüfung in zweierlei Hinsicht inkorrekt bzw. unvollständig. Erstens wertete sie die Fischaufstiegsanlage als Schadensbegrenzungsmaßnahme im Rahmen von Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie, obwohl sie nach den vom Gerichtshof im Urteil Briels (C-521/122 ) aufgestellten Kriterien allenfalls eine Ausgleichsmaßnahme im Sinne von Art. 6 Abs. 4 der Richtlinie darstelle. Zweitens unterließe sie entgegen Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie die Prüfung der oben erwähnten möglichen kumulativen Auswirkungen. Da die Stadt Hamburg infolgedessen erhebliche Beeinträchtigungen von Schutzgebieten nach Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie ausschloss, versäume sie es, den Anforderungen von Art. 6 Abs. 4 der Richtlinie, wie der Prüfung von Alternativlösungen und des überwiegenden öffentlichen Interesses, zu genügen.

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1 ABl. L 206, S. 7.

2 ECLI:EU:C:2014:330