Language of document : ECLI:EU:C:2010:500

SCHLUSSANTRÄGE DER GENERALANWÄLTIN

VERICA TRSTENJAK

vom 7. September 20101(1)

Rechtssache C‑221/09

AJD Tuna Ltd

gegen

Direttur tal-Agrikoltura u s-Sajd u Avukat Generali

(Vorabentscheidungsersuchen des Prim'Awla tal-Qorti Civili [Republik Malta])

„Gemeinsame Fischereipolitik – Verordnung (EG) Nr. 530/2008 der Kommission – Sofortmaßnahmen – Fischerei auf Roten Thun durch Ringwadenfischer – Fischereiverbot für bestimmte Mitgliedstaaten – Verbot der Anlandung, Hälterung und Umladung – Quoten – Vorliegen einer ernsthaften Bedrohung für die Erhaltung des Bestands von Rotem Thun – Begründungspflicht – Grundsatz der Verhältnismäßigkeit – Grundsatz des Verbots der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit – Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes – Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens – Gültigkeit der Verordnung“








Inhaltsverzeichnis


I – Einleitung

II – Rechtlicher Rahmen

A – Unionsvorschriften auf dem Gebiet der gemeinsamen Fischereipolitik

1. Verordnung Nr. 2847/93 und Verordnung Nr. 2371/2002

B – Völkerrechtliche Maßnahmen zum Schutz des Roten Thuns

C – Unionsbestimmungen im Bereich der Fischerei auf Roten Thun

1. Verordnung Nr. 1559/2007

2. Verordnung Nr. 40/2008

3. Verordnung Nr. 446/2008

4. Verordnung Nr. 530/2008

III – Sachverhalt, Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

IV – Verfahren vor dem Gerichtshof

V – Vorbringen der Beteiligten

A – Erste und zweite Frage

B – Dritte Frage

C – Vierte Frage

D – Fünfte Frage

E – Sechste Frage

F – Siebte und achte Frage

G – Neunte Frage

H – Zehnte Frage

VI – Würdigung durch die Generalanwältin

A – Einleitung

B – Erste und zweite Frage

1. Geeignetheit von Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2371/2002 als Rechtsgrundlage für die Verordnung Nr. 530/2008

2. Angemessenheit der Begründung der Verordnung Nr. 530/2008

C – Dritte Frage

D – Vierte und fünfte Frage

1. Verhältnismäßigkeit des Verbots der Anlandung von Thunfisch, der vor Verhängung des Fangverbots gefangen wurde

2. Verhältnismäßigkeit des Verbots der Anlandung von Thunfisch, der von Schiffen gefangen wurde, die die Flagge von Drittstaaten führen

a) Prüfungsmaßstab

b) Prüfung eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

i) Prüfung, ob die Maßnahme offensichtlich ungeeignet ist

ii) Prüfung, ob die Maßnahme offensichtlich nicht erforderlich ist

iii) Prüfung, ob die Maßnahme offensichtlich unangemessen ist

iv) Ergebnis

c) Folgen des Verstoßes gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

E – Sechste Frage

1. Unterscheidung zwischen spanischen Schiffen und Schiffen, die die Flagge Griechenlands, Italiens, Frankreichs, Zyperns oder Maltas führen

a) Zur Frage der Rechtfertigung der Unterscheidung zwischen spanischen und anderen Schiffen

b) Folgen des Verstoßes gegen das Verbot der Diskriminierung

2. Unterscheidung zwischen den unter die Verordnung Nr. 530/2008 fallenden Schiffen und anderen Schiffen

F – Siebte, achte und neunte Frage

1. Verstößt die Verordnung Nr. 530/2008 gegen die Grundsätze des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes und des kontradiktorischen Verfahrens?

a) Geltend gemachter Verstoß gegen den Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes

b) Geltend gemachter Verstoß gegen den Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens

i) Wahrung des Grundsatzes des kontradiktorischen Verfahrens im Verhältnis zu den Mitgliedstaaten

ii) Wahrung des Grundsatzes des kontradiktorischen Verfahrens im Verhältnis zu anderen Betroffenen

2. Verstößt Art. 7 der Verordnung Nr. 2371/2002 gegen die Grundsätze des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes und des kontradiktorischen Verfahrens?

a) Geltend gemachter Verstoß gegen den Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes

b) Geltend gemachter Verstoß gegen den Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens

G – Zehnte Frage

VII – Ergebnis


I –    Einleitung

1.        Die vorliegende Rechtssache fällt in den Bereich der gemeinsamen Fischereipolitik, dem in der Europäischen Union viel Aufmerksamkeit zuteil wird und zu dem die Meinungen vielfach auseinandergehen. Diese Rechtssache, in der erstmals ein maltesisches Gericht um Vorabentscheidung ersucht, wirft mehrere Fragen hinsichtlich der Gültigkeit und der Auslegung der Verordnung (EG) Nr. 530/2008 der Kommission vom 12. Juni 2008 über Sofortmaßnahmen für Ringwadenfischer, die im Atlantik östlich von 45 °W und im Mittelmeer Fischerei auf Roten Thun betreiben(2) (im Folgenden: Verordnung Nr. 530/2008), auf. Mit dieser Verordnung verbot die Kommission nämlich die Fischerei auf Roten Thun (Thunnus thynnus, thon rouge, bluefin tuna) durch Ringwadenfischer, die die Flagge Griechenlands, Frankreichs, Italiens, Zyperns, Maltas oder Spaniens führen; gleichzeitig untersagte sie auch die Anlandung, die Hälterung zum Zweck der Mast oder Aufzucht sowie die Umladung von Rotem Thun. Die maltesische Gesellschaft AJD Tuna, die im Sektor der Aufzucht und Mast von Rotem Thun tätig ist, strengte wegen des Verbots, ihre Tätigkeit auszuüben, bei einem maltesischen Gericht ein Verfahren an, in dessen Rahmen dem Gerichtshof nach Art. 234 EG(3) Fragen zur Vorabentscheidung hinsichtlich der Gültigkeit und Auslegung der Verordnung Nr. 530/2008 vorgelegt worden sind.

2.        AJD Tuna hat die Verordnung Nr. 530/2008 auch beim Gericht angefochten(4), doch dieses Verfahren ist derzeit nach Art. 54 Abs. 3 der Satzung des Gerichtshofs bis zu dessen Entscheidung in der vorliegenden Rechtssache ausgesetzt. In einer ähnlichen Rechtssache, in der Italien diese Verordnung angefochten hat(5), ist das Verfahren vor dem Gericht ebenfalls ausgesetzt worden. Die Verordnung Nr. 530/2008 wurde vor dem Gericht auch von 17 italienischen Gesellschaften angefochten, deren Klagen jedoch als unzulässig abgewiesen wurden(6).

II – Rechtlicher Rahmen

A –    Unionsvorschriften auf dem Gebiet der gemeinsamen Fischereipolitik

1.      Verordnung Nr. 2847/93 und Verordnung Nr. 2371/2002

3.        Für die vorliegende Rechtssache sind zunächst zwei Regelungen der Union auf dem Gebiet der gemeinsamen Fischereipolitik von Bedeutung, und zwar die Verordnung (EWG) Nr. 2847/93 des Rates vom 12. Oktober 1993 zur Einführung einer Kontrollregelung für die gemeinsame Fischereipolitik(7) (im Folgenden: Verordnung Nr. 2847/93) und die Verordnung (EG) Nr. 2371/2002 des Rates vom 20. Dezember 2002 über die Erhaltung und nachhaltige Nutzung der Fischereiressourcen im Rahmen der Gemeinsamen Fischereipolitik(8) (im Folgenden: Verordnung Nr. 2371/2002).

4.        Im 23. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 2847/93 heißt es, dass in den Fällen, in denen die Quote eines Mitgliedstaats ausgeschöpft ist oder in denen die TAC selbst vollständig ausgeschöpft ist, die Fangtätigkeit durch einen Beschluss der Kommission untersagt werden sollte. Nach dem 24. Erwägungsgrund dieser Verordnung ist für den Fall, dass die Fischerei eingestellt wird, weil die TAC erschöpft ist, vorzusehen, dass Mitgliedstaaten, die ihre Quote bzw. den ihnen zugeteilten Anteil an einem Bestand oder einer Bestandsgruppe nicht ausgeschöpft haben, Schadensersatz erhalten; zu diesem Zweck ist ein Ausgleichssystem vorzusehen.

5.        Art. 21 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 2847/93 bestimmt:

„(2)      Jeder Mitgliedstaat setzt den Zeitpunkt fest, zu dem die ihm für einen Bestand oder eine Bestandsgruppe zugeteilte Quote aufgrund der von Fischereifahrzeugen, welche die Flagge dieses Mitgliedstaats führen oder in diesem Mitgliedstaat registriert sind, getätigten Fänge aus diesem Bestand oder dieser Bestandsgruppe als ausgeschöpft gilt. Er untersagt seinen Schiffen von diesem Zeitpunkt an bis auf weiteres den Fang von Fischen dieses Bestands oder dieser Bestandsgruppe sowie das Aufbewahren an Bord, das Umladen und das Anlanden von Fängen, die nach diesem Zeitpunkt getätigt worden sind, und legt einen Zeitpunkt fest, bis zu dem das Umladen und Anlanden oder die letzten Erklärungen über die Fänge noch möglich sind. Diese Maßnahme wird unverzüglich der Kommission mitgeteilt, welche die anderen Mitgliedstaaten hiervon unterrichtet.

(3)      Die Kommission setzt anhand der verfügbaren Angaben nach Eingang einer Mitteilung gemäß Absatz 2 oder von sich aus den Zeitpunkt fest, zu dem aufgrund der von Fischereifahrzeugen, welche die Flagge eines Mitgliedstaats führen oder in einem Mitgliedstaat registriert sind, getätigten Fänge aus einem Bestand oder einer Bestandsgruppe, die einer TAC, einer Quote oder einer sonstigen mengenmäßigen Beschränkung unterliegen, die Quoten, Zuteilungsmengen oder Anteile als ausgeschöpft gelten, über die dieser Mitgliedstaat oder gegebenenfalls die Gemeinschaft verfügt.

Bei der in Unterabsatz 1 vorgesehenen Beurteilung der Lage unterrichtet die Kommission die betroffenen Mitgliedstaaten von der bevorstehenden Einstellung einer Fangtätigkeit infolge der Ausschöpfung einer TAC.

Der Flaggenmitgliedstaat untersagt von dem in Unterabsatz 1 genannten Zeitpunkt an vorläufig den Fang von Fischen dieses Bestands oder dieser Bestandsgruppe durch Fischereifahrzeuge unter seiner Flagge sowie das Anbordbehalten, die Umladung oder Anlandung der nach diesem Zeitpunkt gefangenen Fische und setzt einen Zeitpunkt fest, bis zu dem die Umladungen und Anlandungen oder endgültigen Meldungen von Fängen erlaubt sind. Diese Maßnahme wird der Kommission unverzüglich mitgeteilt; diese setzt die übrigen Mitgliedstaaten davon in Kenntnis.“

6.        Art. 2 („Ziele“) der Verordnung Nr. 2371/2002 bestimmt:

„(1)      Die Gemeinsame Fischereipolitik gewährleistet die Nutzung lebender aquatischer Ressourcen unter nachhaltigen wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Bedingungen. Die Gemeinschaft wendet hierzu den Vorsorgeansatz an, indem sie Maßnahmen ergreift, die die lebenden aquatischen Ressourcen schützen und erhalten, ihre nachhaltige Nutzung sichern und die Auswirkungen der Fischerei auf die marinen Ökosysteme auf ein Mindestmaß begrenzen sollen. Sie setzt sich für die progressive Anwendung eines ökosystemorientierten Ansatzes bei der Bestandsbewirtschaftung ein. Sie bemüht sich, ihren Beitrag zu effizienten Fischereitätigkeiten innerhalb einer rentablen und wettbewerbsfähigen Fischwirtschaft und Aquakultur zu leisten, die den von der Fischerei Abhängigen einen angemessenen Lebensstandard garantieren und den Verbraucherinteressen Rechnung tragen.

(2)       Die Gemeinsame Fischereipolitik wird von den folgenden Grundsätzen der verantwortungsvollen Verwaltung geleitet:

a)      klare Abgrenzung der Zuständigkeiten auf Gemeinschaftsebene, nationaler und lokaler Ebene;

b)      einen Entscheidungsprozess, der sich auf solide wissenschaftliche Gutachten gründet und rechtzeitig Ergebnisse erbringt;

c)      breite Beteiligung aller Akteure auf allen Stufen vom Entwurf der Politik bis zu ihrer Umsetzung;

d)      Kohärenz mit anderen Bereichen der Gemeinschaftspolitik, insbesondere der Umwelt-, Sozial-, Regional-, Entwicklungs-, Gesundheits- und Verbraucherschutzpolitik.“

7.        Art. 5 („Wiederauffüllungspläne“) der Verordnung Nr. 2371/2002 bestimmt:

„(1)      Der Rat erlässt Wiederauffüllungspläne vorrangig für Fischereien, die Bestände nutzen, die sich außerhalb sicherer biologischer Grenzen befinden.

(2)      Das Ziel der Wiederauffüllungspläne besteht darin, die Erholung der Bestände bis zum Erreichen eines Zustands innerhalb sicherer biologischer Grenzen sicherzustellen.

…“

8.        Art. 7 („Sofortmaßnahmen der Kommission“) der Verordnung Nr. 2371/2002 sieht vor:

„(1)      Ist die Erhaltung von lebenden aquatischen Ressourcen oder des marinen Ökosystems infolge von Fischereitätigkeiten nachweislich ernsthaft gefährdet und sofortiges Handeln erforderlich, so kann die Kommission auf begründeten Antrag eines Mitgliedstaats oder von sich aus Sofortmaßnahmen mit einer Laufzeit von höchstens sechs Monaten beschließen. Die Kommission kann die Sofortmaßnahmen mit einem erneuten Beschluss um höchstens sechs Monate verlängern.

(2)      Der Mitgliedstaat übermittelt seinen Antrag gleichzeitig der Kommission, den übrigen Mitgliedstaaten und den zuständigen regionalen Beratungsgremien. Diese können der Kommission ihre schriftliche Stellungnahme binnen fünf Arbeitstagen nach Eingang des Antrags zustellen.

Die Kommission entscheidet über den Antrag nach Absatz 1 binnen 15 Arbeitstagen nach dessen Eingang.

…“

9.        Art. 20 („Aufteilung der Fangmöglichkeiten“) der Verordnung Nr. 2371/2002 bestimmt:

„(1)      Der Rat entscheidet mit qualifizierter Mehrheit auf Vorschlag der Kommission über die Fang- und/oder Aufwandsbeschränkungen und über die Aufteilung der Fangmöglichkeiten auf die Mitgliedstaaten sowie über die mit diesen Beschränkungen zusammenhängenden Bedingungen. Die Fangmöglichkeiten werden in einer Weise auf die Mitgliedstaaten aufgeteilt, die jedem Mitgliedstaat eine relative Stabilität für jeden Bestand bzw. jede Fischerei garantiert.

(2)      Legt die Gemeinschaft neue Fangmöglichkeiten fest, so entscheidet der Rat unter Berücksichtigung der Interessen der einzelnen Mitgliedstaaten über die Aufteilung dieser Möglichkeiten.

(3)      Jeder Mitgliedstaat beschließt im Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht für die Schiffe unter seiner Flagge das Verfahren zur Aufteilung der ihm zugeteilten Fangmöglichkeiten. Er teilt der Kommission dieses Verfahren mit.

(4)      Der Rat legt die Fangmöglichkeiten fest, die Drittländern in Gemeinschaftsgewässern eingeräumt werden, und teilt jedem Drittland die entsprechenden Möglichkeiten zu.

(5)      Die Mitgliedstaaten können, nach entsprechender Unterrichtung der Kommission, die ihnen zugewiesenen Fangmöglichkeiten ganz oder teilweise tauschen.“

10.      Art. 26 („Aufgaben der Kommission“) der Verordnung Nr. 2371/2002 sieht vor:

„(1)      Unbeschadet der Zuständigkeiten der Kommission nach dem Vertrag bewertet und überprüft die Kommission die Durchführung der Vorschriften der Gemeinsamen Fischereipolitik durch die Mitgliedstaaten und erleichtert die Koordinierung und Zusammenarbeit zwischen ihnen.

(2)      Gibt es Beweise dafür, dass die Bestandserhaltungs-, Überwachungs-, Inspektions- oder Durchsetzungsvorschriften im Rahmen der Gemeinsamen Fischereipolitik nicht eingehalten werden und dass dies, wenn nicht sofort gehandelt wird, zu einer ernsthaften Bedrohung für die Erhaltung der lebenden aquatischen Ressourcen oder für die wirksame Umsetzung der Kontroll- und Sanktionsregelung der Gemeinschaft werden kann, so informiert die Kommission schriftlich den betreffenden Mitgliedstaat über ihre Erkenntnis und setzt ihm eine Frist von mindestens fünfzehn Arbeitstagen, um die Einhaltung der Vorschriften nachzuweisen und sich zu äußern. Die Kommission berücksichtigt die Bemerkungen der Mitgliedstaaten bei allen Maßnahmen, die sie gegebenenfalls gemäß Absatz 3 durchführt.

(3)      Besteht die offensichtliche Gefahr, dass die Fischereitätigkeit in einem bestimmten geografischen Gebiet die Erhaltung der lebenden aquatischen Ressourcen ernsthaft gefährden könnte, so kann die Kommission vorbeugende Maßnahmen treffen.

Diese Maßnahmen müssen in einem angemessenen Verhältnis zu der Gefahr einer ernsthaften Bedrohung der Erhaltung der lebenden aquatischen Ressourcen stehen.

Ihre Geltungsdauer beträgt höchstens drei Wochen. Sie können durch einen nach dem Verfahren gemäß Artikel 30 Absatz 2 gefassten Beschluss auf höchstens sechs Monate verlängert werden, sofern dies für die Erhaltung der lebenden aquatischen Ressourcen erforderlich ist.

Die Maßnahmen werden unverzüglich aufgehoben, wenn die Kommission zu der Auffassung gelangt, dass die Gefahr nicht mehr besteht.

(4)      Wenn die Quote, die Zuteilung oder der zur Verfügung stehende Anteil eines Mitgliedstaats als ausgeschöpft gilt, kann die Kommission auf der Grundlage der vorhandenen Informationen die Fischereitätigkeiten sofort beenden.“

B –    Völkerrechtliche Maßnahmen zum Schutz des Roten Thuns

11.      Zur Erhaltung der Thunfischbestände im Atlantik wurde am 14. Mai 1966 die Internationale Konvention zur Erhaltung der Thunfischbestände im Atlantik unterzeichnet, die am 21. März 1969 in Kraft trat (im Folgenden: Konvention zur Erhaltung der Thunfischbestände)(9). Das grundlegende Ziel dieser Konvention ist es, zur Erhaltung dieser Bestände auf einem Niveau beizutragen, das eine gleichbleibende optimale Nutzung zu Nahrungs- und anderen Zwecken gewährleistet. Zur Umsetzung dieser Konvention haben die vertragschließenden Parteien eine Internationale Kommission zur Erhaltung der Thunfischbestände im Atlantik (International Commission for the Conservation of Atlantic Tunas, im Folgenden: ICCAT) gebildet(10), die ermächtigt ist, auf der Grundlage der Ergebnisse wissenschaftlicher Untersuchungen Empfehlungen abzugeben, mit dem Ziel, die Thunfischbestände und verwandten Arten, die im Konventionsbereich gefischt werden können, auf einem Niveau zu halten, das eine gleichbleibende optimale Nutzung ermöglicht(11).

12.      Die Gemeinschaft trat dieser Konvention mit Beschluss 86/238/EWG des Rates vom 9. Juni 1986 über den Beitritt der Gemeinschaft zu der Internationalen Konvention zur Erhaltung der Thunfischbestände im Atlantik in der Fassung des Protokolls zu der am 10. Juli 1984 in Paris unterzeichneten Schlussakte der Konferenz der Bevollmächtigten der Vertragsparteien der Konvention(12) bei.

C –    Unionsbestimmungen im Bereich der Fischerei auf Roten Thun

1.      Verordnung Nr. 1559/2007

13.      Zum Schutz des Thunfischs wurde in der Union die Verordnung (EG) Nr. 1559/2007 des Rates vom 17. Dezember 2007 zur Aufstellung eines mehrjährigen Wiederauffüllungsplans für Roten Thun im Ostatlantik und im Mittelmeer und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 520/2007(13) (im Folgenden: Verordnung Nr. 1559/2007) erlassen.

14.      Art. 3 der Verordnung Nr. 1559/2007 bestimmt:

„Die ICCAT hat für die Vertragsparteien die TAC für Roten Thun im Ostatlantik und im Mittelmeer wie folgt festgesetzt:

— 28 500 Tonnen im Jahr 2008,

— 27 500 Tonnen im Jahr 2009,

— 25 500 Tonnen im Jahr 2010.

…“

15.      Art. 4 der Verordnung Nr. 1559/2007 sieht vor:

„(1)      Jeder Mitgliedstaat trifft die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass der Fischereiaufwand seiner Schiffe und Tonnare den Fangmöglichkeiten für Roten Thun entspricht, die ihm im Ostatlantik und im Mittelmeer zur Verfügung stehen.

(2)      Jeder Mitgliedstaat erstellt einen jährlichen Fangplan für die Schiffe und Tonnare, die im Ostatlantik und im Mittelmeer Roten Thun fischen. Mitgliedstaaten, deren Quote für Roten Thun weniger als 5 % der Gemeinschaftsquote beträgt, können eine spezifische Methode zur Verwaltung ihrer Quote in ihrem Fangplan anwenden; in diesem Fall gilt Absatz 3 nicht.

…“

16.      Art. 5 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1559/2007 legt fest:

„Der Fang von Rotem Thun mit Ringwadenfängern ist im Ostatlantik und im Mittelmeer in der Zeit vom 1. Juli bis 31. Dezember verboten.“

2.      Verordnung Nr. 40/2008

17.      Durch die Verordnung (EG) Nr. 40/2008 des Rates vom 16. Januar 2008 zur Festsetzung der Fangmöglichkeiten und begleitenden Fangbedingungen für bestimmte Fischbestände und Bestandsgruppen in den Gemeinschaftsgewässern sowie für Gemeinschaftsschiffe in Gewässern mit Fangbeschränkungen(14) (im Folgenden: Verordnung Nr. 40/2008) wurde die zulässige Gesamtfangmenge für bestimmte Fischarten, aufgeteilt nach Mitgliedstaaten, festgelegt. In Anhang ID dieser Verordnung wurde für 2008 die Fangquote für Roten Thun für die Union auf 16 210,75 Tonnen festgesetzt, die sich folgendermaßen auf die einzelnen Mitgliedstaaten verteilen:

–        Zypern: 149,44 Tonnen,

–        Griechenland: 277,46 Tonnen,

–        Spanien: 5 378,76 Tonnen,

–        Frankreich: 5 306,73 Tonnen,

–        Italien: 4 188,77 Tonnen,

–        Malta: 343,54 Tonnen,

–        Portugal: 506,06 Tonnen,

–        andere Mitgliedstaaten: 60 Tonnen.

18.      Die zulässige Gesamtfangmenge (Total Allowable Catch, TAC) für das Fischereigebiet Atlantik östlich von 45 °W und Mittelmeer wurde für 2008 auf 28 500 Tonnen festgelegt.

3.      Verordnung Nr. 446/2008

19.      Die in der Verordnung Nr. 40/2008 festgelegten Quoten für 2008 wurden später durch die Verordnung (EG) Nr. 446/2008 der Kommission vom 22. Mai 2008 zur Änderung bestimmter Quoten für Roten Thun für 2008 gemäß Artikel 21 Absatz 4 der Verordnung (EWG) Nr. 2847/93 des Rates zur Einführung einer Kontrollregelung für die gemeinsame Fischereipolitik(15) (im Folgenden: Verordnung Nr. 446/2008) geändert. Diese Verordnung wurde erlassen, weil Frankreich und Italien im Jahr 2007 ihre Fangquoten für Roten Thun überschritten hatten. Die Quoten für diese Mitgliedstaaten wurden für 2008 gekürzt und die abgezogenen Mengen Griechenland, Spanien, Zypern, Malta und Portugal zugeschlagen.

20.      Die geänderten Quoten der einzelnen Mitgliedstaaten wurden für 2008 folgendermaßen festgelegt:

–        Zypern: 303,54 Tonnen,

–        Griechenland: 477,46 Tonnen,

–        Spanien: 5 428,46 Tonnen,

–        Frankreich: 4 894,19 Tonnen,

–        Italien: 4 162,71 Tonnen,

–        Malta: 365,44 Tonnen,

–        Portugal: 518,96 Tonnen,

–        andere Mitgliedstaaten: 60 Tonnen.

4.      Verordnung Nr. 530/2008

21.      Die Verordnung Nr. 530/2008 wurde auf der Grundlage von Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2371/2002 erlassen.

22.      Die Erwägungsgründe 6, 7 und 8 der Verordnung Nr. 530/2008 lauten:

„(6)      Die verfügbaren Daten und die Daten, die von den Inspektoren der Kommission bei ihren Inspektionsreisen in den betroffenen Mitgliedstaaten erhoben wurden, zeigen, dass die Fangmöglichkeiten, die Ringwadenfischern, die die Flagge Griechenlands, Frankreichs, Italiens, Zyperns oder Maltas führen oder in einem dieser Mitgliedstaaten registriert sind, für Roten Thun im Atlantik östlich von 45 °W und im Mittelmeer zugeteilt wurden, am 16. Juni 2008 als ausgeschöpft gelten und dass die Fangmöglichkeiten, die Ringwadenfischern, die die Flagge Spaniens führen oder in diesem Mitgliedstaat registriert sind, für denselben Bestand zugeteilt wurden, am 23. Juni 2008 als ausgeschöpft gelten.

(7)      Nach Ansicht des Wissenschaftlichen Ausschusses der Internationalen Kommission für die Erhaltung der Thunfischbestände im Atlantik (ICCAT) sind die Überkapazitäten der Fangflotten der Hauptgrund, der zum Zusammenbruch der Bestände von Rotem Thun im Ostatlantik und im Mittelmeer führen könnte. Durch diese Überkapazitäten besteht ein hohes Risiko, dass Roter Thun über die erlaubten Mengen hinaus gefangen wird. Außerdem ist die tägliche Fangkapazität eines einzigen Ringwadenfischers so groß, dass die zulässige Fangmenge sehr schnell erreicht bzw. überschritten werden kann. Daher würde jede Überfischung durch diese Flotte die Erhaltung des Bestandes von Rotem Thun ernsthaft gefährden.

(8)      Die Kommission hat genau überwacht, ob die betroffenen Mitgliedstaaten bei der Fischerei auf Roten Thun im Fischwirtschaftsjahr 2008 alle Anforderungen der einschlägigen Gemeinschaftsbestimmungen eingehalten haben. Nach den ihr vorliegenden Informationen und nach den von ihren Inspektoren erhobenen Daten ist es den betroffenen Mitgliedstaaten nicht gelungen, die vollständige Einhaltung aller Vorschriften der Verordnung (EG) Nr. 1559/2007 zu gewährleisten.“

23.      Die Art. 1, 2 und 3 der Verordnung Nr. 530/2008 sehen vor:

„Artikel 1

Ab 16. Juni 2008 ist die Fischerei auf Roten Thun durch Ringwadenfischer, die die Flagge Griechenlands, Frankreichs, Italiens, Zyperns oder Maltas führen oder in einem dieser Mitgliedstaaten registriert sind, im Atlantik östlich von 45 °W und im Mittelmeer verboten.

Ab diesem Zeitpunkt ist es ebenfalls verboten, von Ringwadenfischern gefangenen Roten Thun an Bord zu halten, zum Zweck der Mast oder Aufzucht zu hältern, umzuladen, zu transferieren oder anzulanden.

Artikel 2

Ab 23. Juni 2008 ist die Fischerei auf Roten Thun durch Ringwadenfischer, die die Flagge Spaniens führen oder in diesem Mitgliedstaat registriert sind, im Atlantik östlich von 45 °W und im Mittelmeer verboten.

Ab diesem Zeitpunkt ist es ebenfalls verboten, von Ringwadenfischern gefangenen Roten Thun an Bord zu halten, zum Zweck der Mast oder Aufzucht zu hältern, umzuladen, zu transferieren oder anzulanden.

Artikel 3

(1)      Vorbehaltlich des Absatzes 2 dürfen Wirtschaftsbeteiligte aus der Gemeinschaft ab 16. Juni 2008 Roten Thun, der von Ringwadenfischern im Atlantik östlich von 45 °W und im Mittelmeer gefangen wurde, nicht zur Anlandung, zur Hälterung zum Zweck der Mast oder Aufzucht oder zur Umladung in Gemeinschaftsgewässern oder -häfen akzeptieren.

(2)      Bis 23. Juni 2008 ist es erlaubt, Roten Thun, der von Ringwadenfischern, die die Flagge Spaniens führen oder in diesem Mitgliedstaat registriert sind, im Atlantik östlich von 45 °W und im Mittelmeer gefangen wurde, anzulanden, zum Zweck der Mast oder Aufzucht zu hältern und in Gemeinschaftsgewässern oder -häfen umzuladen.“

24.      Die Verordnung Nr. 530/2008 trat am 13. Juni 2008 in Kraft.

III – Sachverhalt, Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

25.      Die Klägerin, die AJD Tuna Ltd mit Sitz auf Malta, betreibt die Aufzucht und Mast von Rotem Thun und besitzt zu diesem Zweck zwei Fischzuchten. Die Kapazität des einen Betriebs beläuft sich auf 2 500 Tonnen, die des anderen auf 800 Tonnen. Die Tätigkeit der Klägerin besteht im Wesentlichen darin, im Mittelmeer lebendig gefangenen Roten Thun zu erwerben, ihn aufzuziehen und zu mästen und an gemeinschaftliche oder außergemeinschaftliche Unternehmen zu verkaufen. Die ICCAT hat die Aufzuchts- und Masttätigkeiten der Klägerin genehmigt und ihr den Erwerb einer jährlichen Quote von 3 200 Tonnen Rotem Thun für diese Tätigkeiten erlaubt.

26.      Die Kommission erließ während der Fangsaison 2008 die Verordnung Nr. 530/2008, die Sofortmaßnahmen für Ringwadenfischer, die im Atlantik östlich von 45 °W und im Mittelmeer Fischerei auf Roten Thun betreiben, vorsah. Kraft dieser Verordnung war ab 16. Juni 2008 die Fischerei auf Roten Thun durch Ringwadenfischer, die die Flagge Griechenlands, Frankreichs, Italiens, Zyperns oder Maltas führen, und ab 23. Juni 2008 die Fischerei auf Roten Thun durch Ringwadenfischer, die die Flagge Spaniens führen, verboten. Auf Malta wurden der Klägerin daraufhin vom Direktor der Abteilung für Landwirtschaft und Fischerei beim Landwirtschaftsministerium (im Folgenden: Direktor für Landwirtschaft und Fischerei) der Erwerb und die Einfuhr von Rotem Thun für ihre Aufzuchts- und Masttätigkeiten untersagt. Das vom Direktor für Landwirtschaft und Fischerei verhängte Verbot betraf nicht nur in Gemeinschaftsgewässern gefangene Thunfische, sondern auch Roten Thun, der außerhalb der Gemeinschaftsgewässer von Ringwadenfischern, die die Flagge von Drittstaaten führen, gefangen wurde.

27.      Die Klägerin kaufte bis zum 16. Juni 2008 465 500 kg Roten Thun und hätte noch 1 369 829 kg Thunfisch erwerben müssen, um die ihr zugeteilte Quote auszuschöpfen. Wegen des Verbots nach Art. 3 der Verordnung Nr. 530/2008 konnte sie den Rest der zugeteilten Quote an Rotem Thun nicht einmal von Fischern erwerben, die Roten Thun außerhalb der Gemeinschaft fangen. Daher erhob sie beim vorlegenden Gericht eine Schadensersatzklage gegen den Direktor für Landwirtschaft und Fischerei.

28.      Unter diesen Umständen hat das vorlegende Gericht mit Beschluss vom 4. Juni 2009 das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof nach Art. 234 EG folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1.      Ist die Verordnung Nr. 530/2008 der Kommission ungültig, weil sie insoweit gegen Art. 253 EG verstößt, als sie den Erlass der in den Art. 1, 2 und 3 der Verordnung festgelegten Sofortmaßnahmen unzureichend begründet und die diesen Maßnahmen zugrunde liegenden Überlegungen nicht klar genug erkennen lässt?

2.      Ist die Verordnung Nr. 530/2008 der Kommission ungültig, weil sie insoweit gegen Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2371/2002 des Rates verstößt, als in ihren Erwägungsgründen nicht angemessen dargetan wird, dass (i) die Erhaltung von lebenden aquatischen Ressourcen oder des marinen Ökosystems infolge von Fischereitätigkeiten ernsthaft gefährdet ist und (ii) sofortiges Handeln erforderlich ist?

3.      Ist die Verordnung Nr. 530/2008 der Kommission ungültig, weil die erlassenen Maßnahmen den auf Art. 1 der Verordnung Nr. 446/2008 der Kommission vom 22. Mai 2008 und Art. 2 der Verordnung Nr. 2371/2002 des Rates vom 20. Dezember 2002 gegründeten berechtigten Erwartungen der Wirtschaftsbeteiligten aus der Gemeinschaft wie der Klägerin den Boden entziehen?

4.      Ist Art. 3 der Verordnung Nr. 530/2008 der Kommission ungültig, weil er insoweit gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstößt, als er zur Folge hat, dass (i) kein Wirtschaftsbeteiligter aus der Gemeinschaft die Tätigkeit der Anlandung oder der Hälterung von Thunfisch zum Zweck der Mast oder Aufzucht ausüben kann, und zwar auch dann nicht, wenn der Thunfisch zuvor und völlig im Einklang mit der Verordnung Nr. 530/2008 der Kommission gefangen wurde, und (ii) kein Wirtschaftsbeteiligter aus der Gemeinschaft diese Tätigkeiten in Bezug auf Thunfisch ausüben kann, der von Fischern gefangen wurde, die nicht die Flagge eines der in Art. 1 der Verordnung Nr. 530/2008 der Kommission genannten Mitgliedstaaten führen, und zwar auch dann nicht, wenn dieser Thunfisch im Einklang mit den von der Internationalen Konvention zur Erhaltung der Thunfischbestände im Atlantik festgelegten Quoten gefangen wurde?

5.      Ist die Verordnung Nr. 530/2008 der Kommission ungültig, weil sie insoweit gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstößt, als die Kommission nicht dargetan hat, dass die von ihr zu erlassende Maßnahme zur Wiederauffüllung des Thunfischbestands beitragen wird?

6.      Ist die Verordnung Nr. 530/2008 der Kommission ungültig, weil die erlassenen Maßnahmen insoweit unangemessen sind und eine Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit im Sinne von Art. 12 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft beinhalten, als die Verordnung zwischen Ringwadenfischern, die die Flagge Spaniens führen, und solchen, die die Flagge Griechenlands, Frankreichs, Italiens, Zyperns oder Maltas führen, und zwischen diesen sechs Mitgliedstaaten und den anderen Mitgliedstaaten unterscheidet?

7.      Ist die Verordnung Nr. 530/2008 der Kommission ungültig, weil die Grundsätze des gerichtlichen Rechtsschutzes, wie sie durch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union geschützt werden, insoweit nicht gewahrt wurden, als weder den Betroffenen noch den Mitgliedstaaten Gelegenheit gegeben wurde, vor Erlass der Entscheidung schriftlich Stellung zu nehmen?

8.      Ist die Verordnung Nr. 530/2008 der Kommission ungültig, weil der Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens (audi alteram partem) als allgemeiner Grundsatz des Gemeinschaftsrechts insoweit nicht gewahrt wurde, als weder den Betroffenen noch den Mitgliedstaaten Gelegenheit gegeben wurde, vor Erlass der Entscheidung schriftlich Stellung zu nehmen?

9.      Ist Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 2371/2002 des Rates ungültig, weil der Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens (audi alteram partem) als allgemeiner Grundsatz des Gemeinschaftsrechts und/oder die Grundsätze des gerichtlichen Rechtsschutzes, wie sie durch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union geschützt werden, nicht gewahrt wurden, und ist die Verordnung Nr. 530/2008 der Kommission ungültig, weil sie auf die Verordnung Nr. 2371/2002 des Rates gestützt wurde?

10.      Sollte der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften entscheiden, dass die Verordnung Nr. 530/2008 der Kommission gültig ist: Ist diese Verordnung dahin auszulegen, dass die mit Art. 3 der Verordnung erlassenen Maßnahmen es Wirtschaftsbeteiligten aus der Gemeinschaft auch untersagen, Roten Thun, der von Ringwadenfischern, die die Flagge eines Drittstaats führen, im Atlantik östlich von 45 °W und im Mittelmeer gefangen wurde, zur Anlandung, zur Hälterung zum Zweck der Mast oder Aufzucht oder zur Umladung in Gemeinschaftsgewässern oder -häfen zu akzeptieren?

IV – Verfahren vor dem Gerichtshof

29.      Der Vorlagebeschluss ist am 17. Juni 2009 beim Gerichtshof eingegangen. Im schriftlichen Verfahren haben AJD Tuna, die maltesische, die griechische und die italienische Regierung, der Rat und die Kommission Erklärungen eingereicht. In der Sitzung vom 20. Mai 2010 haben AJD Tuna, die griechische und die italienische Regierung, der Rat und die Kommission mündliche Ausführungen gemacht und die Fragen des Gerichtshofs beantwortet.

V –    Vorbringen der Beteiligten

A –    Erste und zweite Frage

30.      Die erste und die zweite Vorlagefrage beziehen sich darauf, ob die Verordnung Nr. 530/2008 ausreichend begründet ist.

31.      AJD Tuna sowie die maltesische, die griechische und dieitalienische Regierung sind der Auffassung, dass die Verordnung Nr. 530/2008 nicht ausreichend begründet sei. In den Erwägungsgründen dieser Verordnung seien die der Kommission zur Verfügung stehenden Informationen erwähnt worden, ohne dass sie genau angeführt oder zuordenbar gemacht worden wären. Wegen der ungenauen Angaben sei es den Betroffenen nicht möglich gewesen, die tatsächlichen Gründe für den Erlass dieser Verordnung zu verstehen. Die Begründungspflicht sei umso wichtiger, als die Verordnung Nr. 530/2008 Sofortmaßnahmen enthalte, die nur in Ausnahmefällen erlassen werden könnten. Die Kommission hätte das Vorliegen einer ernsthaften Bedrohung für die Erhaltung des Roten Thuns und die Erforderlichkeit sofortigen Handelns genau ermitteln müssen. Die bloße Berufung auf die Ausschöpfung der Quoten rechtfertige keine Sofortmaßnahmen.

32.      Die Kommission hält die Verordnung Nr. 530/2008 für im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs ausreichend begründet(16). Die Erwägungsgründe dieser Verordnung enthielten eindeutig die genauen Gründe, aus denen sie die Fischerei auf Roten Thun durch Ringwadenfischer vorzeitig beendet habe. In den Erwägungsgründen der Verordnung würden nämlich die Rechtsgrundlage, die Gefahr der Überschreitung der Fangquoten und die Nichteinhaltung der Verpflichtungen der Mitgliedstaaten aus der Verordnung Nr. 1559/2007 genannt. Begründungspflicht bedeute nicht, dass die Einzelheiten aller von der Kommission berücksichtigten technischen und wissenschaftlichen Daten präsentiert werden müssten. Außerdem dürfe die Begründungspflicht nicht den Sinn des Verfahrens nach Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2371/2002 in Frage stellen.

33.      Die Kommission betont, das Verbot der Anlandung von Rotem Thun gemäß Art. 3 der Verordnung Nr. 530/2008 sei erforderlich gewesen, um dem Fangverbot für Ringwadenfischer Nachdruck zu verleihen. Sie räumt allerdings ein, dass sie die Maßnahme des Fangverbots sowohl auf Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2371/2002 als auch auf Art. 26 dieser Verordnung hätte stützen können. Sie habe zunächst das Verfahren zum Erlass von Maßnahmen auf der Grundlage von Art. 26 Abs. 2 der Verordnung eingeleitet, dann aber beschlossen, die Sofortmaßnahmen auf Art. 7 Abs. 1 dieser Verordnung zu stützen.

34.      Zum Nachweis einer ernsthaften Bedrohung führt die Kommission aus, dass sie im vorliegenden Fall gemäß dem in Art. 2 der Verordnung Nr. 2371/2002 erwähnten Vorsorgegrundsatz handeln müsse, also bei Vorliegen einer Bedrohung oder Gefahr und nicht in einer Lage, in der Gewissheit gegeben sei.

B –    Dritte Frage

35.      Mit der dritten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die Verordnung Nr. 530/2008 die berechtigten Erwartungen von Wirtschaftsbeteiligten enttäuscht, denen für 2008 Quoten zugeteilt worden waren.

36.      AJD Tuna trägt vor, dass sie beim Abschluss von Verträgen mit Fischern von den Quoten ausgegangen sei, die den Mitgliedstaaten zugeteilt worden seien. Die Kommission habe – mit der unerwarteten Einstellung der Fischerei auf Roten Thun, obwohl die Quoten noch nicht ausgeschöpft gewesen seien – ihre berechtigten Erwartungen enttäuscht. Außerdem liege es nicht im Zuständigkeitsbereich der Kommission, Tätigkeiten von Unternehmen zu verbieten, die die Zeit nach dem Fang der Fische beträfen.

37.      Die italienische Regierung macht geltend, dass die berechtigten Erwartungen der Gültigkeit der Verordnung Nr. 530/2008 nicht hätten entgegenstehen können, wenn die Voraussetzungen für die Anwendung von Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2371/2002 erfüllt gewesen wären.

38.      Die Kommission betont, AJD Tuna habe niemals Zusicherungen erhalten, dass die Fischer, mit denen sie Verträge geschlossen habe, unbedingt die Thunfischmenge fangen würden, die ihnen zugeteilt worden sei. Außerdem sei es immer möglich, die Fischerei auf Roten Thun im Fall der Ausschöpfung der Quote oder bei ernsthafter Bedrohung der Erhaltung von aquatischen Ressourcen zu beenden. Die Kommission zählt einige Verordnungen auf, die solche Maßnahmen enthalten.

C –    Vierte Frage

39.      Mit der vierten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die Verordnung Nr. 530/2008 gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstößt, weil sie zum einen die Tätigkeit der Anlandung oder der Hälterung von Thunfisch zum Zweck der Mast oder Aufzucht verbietet, und zwar auch von Thunfisch, der vor dem 16. Juni 2008 gefangen wurde, und weil sie zum anderen diese Tätigkeit auch im Zusammenhang mit Schiffen untersagt, die nicht in Art. 1 der Verordnung Nr. 530/2008 angeführt sind, und zwar auch dann, wenn dieser Thunfisch im Einklang mit den von der Konvention zur Erhaltung der Thunfischbestände festgelegten Quoten gefangen wurde.

40.      AJD Tuna hält die Verordnung Nr. 530/2008 für nicht mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar, weil sie keinen Ausgleich zwischen dem Erfordernis des Umweltschutzes und dem Erfordernis schaffe, nicht zu sehr in die Interessen der Wirtschaftsbeteiligten einzugreifen. Die Kommission verfolge mit der Verordnung Nr. 530/2008 nur die Interessen des Umweltschutzes, ohne die Interessen der Wirtschaftsbeteiligten zu berücksichtigen.

41.      Die griechische und die italienische Regierung sind der Auffassung, dass die Verbotsmaßnahme im Hinblick auf das Ziel der Erhaltung des Bestands von Rotem Thun unverhältnismäßig sei. Auch unter dem Aspekt, dass die spanischen Fischer noch weitere sieben Tage hätten fischen können, sei sie unverhältnismäßig.

42.      Die Kommission führt aus, dass der Wortlaut von Art. 3 der Verordnung Nr. 530/2008 nicht ganz geglückt sei und diese Verordnung nur nach dem 16. Juni 2008 oder dem 23. Juni 2008 gefangenen Thunfisch betreffe. Eine solche Auslegung sei angesichts des Inhalts der übrigen Bestimmungen dieser Verordnung sinnvoll. Außerdem betreffe das in Art. 3 der Verordnung Nr. 530/2008 normierte Verbot in Wirklichkeit auch Schiffe, die die Flagge anderer als der in den Art. 1 und 2 der Verordnung genannten Staaten führten. Dieses Verbot sei verhältnismäßig, weil sie über Informationen verfügt habe, wonach auch Schiffe anderer Staaten ihre Quoten ausschöpfen würden und auch diese Schiffe die ICCAT‑Empfehlungen nicht befolgt hätten.

D –    Fünfte Frage

43.      Mit der fünften Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die Verordnung Nr. 530/2008 gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstößt, weil die Kommission nicht dargetan hat, dass die von ihr zu erlassende Maßnahme zur Wiederauffüllung des Thunfischbestands beitragen wird.

44.      AJD Tuna ist der Meinung, dass das Verbot der Anlandung und Hälterung von Rotem Thun, der bereits zuvor gefangen worden sei oder den Schiffe gefangen hätten, die die Flagge anderer als der in Art. 1 der Verordnung Nr. 530/2008 genannten Staaten führten, keinen Einfluss auf den Schutz des Bestands von Rotem Thun habe. Die Kommission habe nicht dargetan, dass der Bestand von Rotem Thun ohne das in der Verordnung enthaltene Verbot ernsthaft bedroht wäre.

45.      Die maltesische Regierung trägt vor, dass sich das Verbot nicht auf die Erhaltung des Bestands von Rotem Thun ausgewirkt habe, weil es keinen Einfluss auf die Tätigkeit der außergemeinschaftlichen Fischer gehabt habe.

46.      Die Kommission weist darauf hin, dass die Wiederauffüllung des Bestands von Rotem Thun durch das TAC‑System und die von der ICCAT zugeteilten Quoten gewährleistet werde. Indem sie darauf geachtet habe, dass die Quoten im Jahr 2008 nicht überschritten würden, habe sie eine Maßnahme erlassen, die die Erhaltung des Bestands bewirke.

E –    Sechste Frage

47.      Mit der sechsten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die Verordnung Nr. 530/2008 insoweit gegen den Grundsatz des Verbots der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit verstößt, als sie für spanische Schiffe und Schiffe anderer Mitgliedstaaten unterschiedliche Zeitpunkte für den Beginn des Verbots festlegt.

48.      AJD Tuna und die griechische Regierung sind der Auffassung, dass eine Unterscheidung zwischen spanischen Schiffen und Schiffen anderer Mitgliedstaaten nicht gerechtfertigt sei. Erst recht sei diese Unterscheidung angesichts der Dringlichkeit der Maßnahmen der Kommission nicht gerechtfertigt. Wenn die Maßnahme für die Sicherung des Bestands von Rotem Thun dringlich und erforderlich gewesen wäre, hätte es keine Rechtfertigung dafür gegeben, dass spanische Schiffe Roten Thun weiterhin hätten fangen und ihn noch eine weitere Woche lang hätten anlanden können.

49.      Die Kommission trägt vor, dass sich die spanischen Schiffe im Hinblick auf die Zahl der Schiffe im Verhältnis zu der Spanien zugeteilten Quote in einer anderen Lage als andere Schiffe befänden. Es habe keine Gefahr bestanden, dass die spanischen Schiffe die Quote vor dem 23. Juni 2008 überschreiten würden.

F –    Siebte und achte Frage

50.      Mit der siebten und der achten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob gegen Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und gegen den Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens verstoßen wurde, weil weder den Betroffenen noch den Mitgliedstaaten Gelegenheit gegeben wurde, vor Erlass der Entscheidung schriftlich Stellung zu nehmen.

51.      AJD Tuna macht geltend, dass sie vor Erlass der angefochtenen Verordnung hätte gehört werden müssen; daher habe die Kommission gegen den Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens und Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verstoßen.

52.      Die italienische Regierung ist der Auffassung, dass die Kommission die Maßnahmen auf Art. 26 der Verordnung Nr. 2371/2002 hätte stützen müssen, der ein System der Unterrichtung der Mitgliedstaaten einschließe. Mit der Wahl des Verfahrens nach Art. 7 Abs. 1 dieser Verordnung habe die Kommission gegen Art. 47 der Charta und gegen den Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens verstoßen.

53.      Die Kommission und der Rat tragen vor, dass Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2371/2002 keine Rücksprache mit den Betroffenen vorsehe. Art. 47 der Charta regle das Recht auf ein unparteiisches Gericht, das hier nicht einschlägig sei. Art. 41 der Charta regle nur Einzelfälle.

G –    Neunte Frage

54.      Mit dieser Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 7 der Verordnung Nr. 2371/2002 ungültig ist, weil Sofortmaßnahmen erlassen werden können, ohne dass Betroffenen oder Mitgliedstaaten Gelegenheit gegeben wurde, vor Erlass der Entscheidung schriftlich Stellung zu nehmen, wodurch gegen den Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens und gegen Grundrechte der Charta verstoßen werde.

55.      AJD Tuna macht geltend, dass sie vor Erlass der Verordnung Nr. 530/2008 hätte gehört werden müssen und dass Art. 7 der Verordnung Nr. 2371/2002, der diese Möglichkeit nicht vorsehe, gegen den Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens sowie gegen die Art. 41 und 47 der Charta verstoße.

56.      Die Kommission vertritt zu dieser Frage denselben Standpunkt wie hinsichtlich der siebten und der achten Frage.

57.      Der Rat hält Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 2371/2002 für gültig. Der Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens sei zwar ein tragender Grundsatz des Gemeinschaftsrechts, der in allen Verwaltungsverfahren gelte, doch das Erfordernis der Einhaltung des kontradiktorischen Verfahrens könne nicht auch auf das Gesetzgebungsverfahren, in dem generelle Rechtsakte erlassen würden, übertragen werden.

H –    Zehnte Frage

58.      Mit der zehnten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 3 der Verordnung Nr. 530/2008 dahin auszulegen ist, dass er es Wirtschaftsbeteiligten aus der Gemeinschaft untersagt, Roten Thun anzulanden, zum Zweck der Mast oder Aufzucht zu hältern oder umzuladen, der von Ringwadenfischern, die die Flagge eines Drittstaats führen, gefangen wurde.

59.      AJD Tuna und die Kommission sind der Auffassung, die Verordnung Nr. 530/2008 sei dahin auszulegen, dass sich das Verbot auch auf das Anlanden von Rotem Thun beziehe, der von Schiffen, die die Flagge eines Drittstaats führten, gefangen worden sei.

60.      Die italienische Regierung vertritt hingegen die Ansicht, das in der Verordnung Nr. 530/2008 normierte Verbot beziehe sich nur auf das Fangverbot für Schiffe aus Mitgliedstaaten, die unter diese Verordnung fielen.

VI – Würdigung durch die Generalanwältin

A –    Einleitung

61.      Die vorliegende Rechtssache können wir in den Kontext des Kampfes für die Erhaltung des Roten Thuns stellen, der eine zunehmend gefährdete Tierart ist(17). Auf der Gefährdungsskala fällt der Rote Thun in die Kategorie der ernsthaft gefährdeten Tierarten(18), und der Bestand dieser Tierart hat sich bisher um annähernd 85 % verringert(19). Auf internationaler Ebene gibt es daher zahlreiche Bestrebungen zur Erhaltung dieser Tierart, insbesondere im Rahmen der ICCAT. Zum Wiederaufbau der Bestände von Rotem Thun sah die ICCAT eine schrittweise Verringerung der zulässigen Gesamtfangmenge (Total Allowable Catch oder TAC), Einschränkungen der Fangmöglichkeiten in bestimmten Gebieten und während bestimmter Zeiträume, neue Mindestgrößen für Roten Thun, Maßnahmen für die Sport- und Freizeitfischerei sowie Kontrollmaßnahmen und die Anwendung der internationalen Inspektionsregelung der ICCAT zur Sicherstellung der Wirksamkeit des Plans für den Wiederaufbau der Bestände von Rotem Thun vor(20). Im Rahmen der Organisation der Vereinten Nationen wurde im März dieses Jahres zudem vorgeschlagen, ein vollständiges Verbot des internationalen Handels mit Rotem Thun einzuführen; dieser Vorschlag setzte sich jedoch nicht durch.

62.      Angesichts des hohen Grades der Gefährdung des Roten Thuns setzt sich auch die Union für seine Erhaltung ein und hat mit der Verordnung Nr. 1559/2007 einen mehrjährigen Plan zur Wiederauffüllung der Bestände von Rotem Thun im Ostatlantik und im Mittelmeer aufgestellt. Diese Verordnung sieht die schrittweise jährliche Verringerung der zulässigen Gesamtfangmenge vor(21) und erlaubt den Fang von Rotem Thun nur vom 1. Januar bis 30. Juni(22); sie enthält z. B. auch Bestimmungen über die Mindestgröße von zum Fang zugelassenem Roten Thun(23) und Kontrollmaßnahmen, u. a. auch die Verpflichtung zu Fangmeldungen(24). Die Quoten der einzelnen Mitgliedstaaten für den Fang von Rotem Thun wurden in der Union durch die Verordnung Nr. 40/2008 festgesetzt und durch die Verordnung Nr. 446/2008 angepasst.

63.      In der vorliegenden Rechtssache stellen sich mehrere Rechtsfragen bezüglich der Gültigkeit der Verordnung Nr. 530/2008 und eine Frage im Zusammenhang mit der Auslegung dieser Verordnung, aber auch eine Frage bezüglich der Gültigkeit von Art. 7 der Verordnung Nr. 2371/2002. Mit der erstgenannten Verordnung hat die Kommission nämlich den Fang von Rotem Thun durch Ringwadenfischer aus Griechenland, Frankreich, Italien, Zypern und Malta ab 16. Juni 2008 und durch Ringwadenfischer aus Spanien ab 23. Juni 2008 verboten. Untersagt hat sie auch das Anlanden, das Hältern zum Zweck der Mast oder Aufzucht und das Umladen von Rotem Thun, der entweder von diesen Schiffen oder von Schiffen aus Drittstaaten gefangen wurde.

B –    Erste und zweite Frage

64.      Die erste und die zweite Frage des vorlegenden Gerichts, die wegen des inhaltlichen Zusammenhangs gemeinsam abzuhandeln sind, betreffen zwei Rechtsprobleme: zum einen, ob Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2371/2002 die geeignete Rechtsgrundlage für den Erlass der Verordnung Nr. 530/2008 darstellt, und zum anderen, ob die Verordnung Nr. 530/2008 angemessen begründet ist(25).

65.      Zunächst ist also zu prüfen, ob Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2371/2002 eine geeignete Rechtsgrundlage für den Erlass der Verordnung Nr. 530/2008 darstellt, und danach, ob diese Verordnung richtig begründet ist. Erst muss somit geklärt werden, ob die Kommission tatsächlich über einen Nachweis für die ernsthafte Gefährdung der Erhaltung des Bestands von Rotem Thun verfügte, aufgrund deren der Fang dieser Fischart auf der Grundlage von Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2371/2002 untersagt werden musste. Wenn diese Gefährdung tatsächlich bestand und der angeführte Artikel eine geeignete Rechtsgrundlage war, ist anschließend festzustellen, ob die Kommission die Verordnung angemessen begründet hat(26).

1.      Geeignetheit von Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2371/2002 als Rechtsgrundlage für die Verordnung Nr. 530/2008

66.      Nach Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2371/2002 kann die Kommission auf begründeten Antrag eines Mitgliedstaats oder von sich aus Sofortmaßnahmen beschließen, wenn zwei Voraussetzungen erfüllt sind: Erstens muss die Erhaltung von lebenden aquatischen Ressourcen oder des marinen Ökosystems infolge von Fischereitätigkeiten nachweislich ernsthaft gefährdet sein, und zweitens muss aufgrund dieser Gefährdung sofortiges Handeln erforderlich sein. Wie die maltesische Regierung zutreffend ausführt, hängt die zweite Voraussetzung für die Anwendung dieses Artikels von der ersten ab: Die Erforderlichkeit sofortigen Handelns folgt aus der ernsthaften Gefährdung der Erhaltung von lebenden aquatischen Ressourcen, und e contrario, wenn diese ernsthafte Gefährdung nicht vorliegt, besteht kein sofortiger Handlungsbedarf.

67.      Die genannten Voraussetzungen für die Anwendung von Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2371/2002 bedeuten, dass es sich bei den auf der Grundlage dieses Artikels erlassenen Maßnahmen um Sonder- und Sofortmaßnahmen handelt, die in der Regel dann erlassen werden, wenn Fischereitätigkeiten zur Gänze einzustellen sind, weil andernfalls nicht wieder rückgängig zu machende Folgen für bestimmte aquatische Ressourcen oder das marine Ökosystem eintreten können. Den Ausnahmecharakter und die Dringlichkeit dieser Maßnahmen verdeutlichen auch die von der Kommission auf der Grundlage dieses Artikels bisher erlassenen Verordnungen. So erließ sie z. B. 2003 die Verordnung (EG) Nr. 677/2003 vom 14. April 2003 zum Erlass von Sofortmaßnahmen zum Wiederaufbau des Dorschbestands in der Ostsee(27), mit der sie den Fang dieser Fischart für einen bestimmten Zeitraum vollständig untersagte, da wegen des Fangs von untermaßigem Dorsch dessen Bestand gefährdet war. Entsprechend erließ die Kommission 2005 eine Sondermaßnahme auf der Grundlage von Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2371/2002, mit der die Fischerei auf Sardellen in einem bestimmten Gebiet vollständig verboten wurde, da wissenschaftliche Erkenntnisse darauf hindeuteten, dass Sofortmaßnahmen zum Schutz und zur Wiederauffüllung des Sardellenbestands in diesem Gebiet notwendig waren(28).

68.      Bei der Prüfung der Geeignetheit von Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2371/2002 als Rechtsgrundlage für die Verordnung Nr. 530/2008 ist daher vor allem zu klären, ob die Kommission aufgrund von globalen Feststellungen und statistischen Daten tatsächlich über einen Nachweis verfügte, dass eine ernsthafte Gefährdung der Erhaltung des Bestands von Rotem Thun vorlag, die Sofortmaßnahmen erforderlich machte. Im Rahmen dieser Prüfung ist zu berücksichtigen, dass die Durchführung der gemeinsamen Agrarpolitik (einschließlich der Fischereipolitik) durch die Kommission die Beurteilung eines komplexen wirtschaftlichen und sozialen Sachverhalts mit sich bringt. Daher bezieht sich das Ermessen, das der Kommission in der vorliegenden Rechtssache zusteht, nicht nur auf die Art und die Tragweite der zu erlassenden Maßnahmen, sondern in bestimmtem Umfang auch auf die Feststellung von Grunddaten; in diesem Rahmen steht es der Kommission frei, sich gegebenenfalls auf globale Feststellungen und statistische Daten zu stützen(29).

69.      Zum Prüfungsumfang in der vorliegenden Rechtssache ist zudem darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs die gerichtliche Kontrolle im Fall eines weiten Ermessens des Gemeinschaftsgesetzgebers – wie im Bereich der Landwirtschaft einschließlich der Fischerei – auf die Prüfung der Frage beschränkt werden muss, ob die betreffende Maßnahme nicht mit einem offensichtlichen Irrtum oder einem Ermessensmissbrauch behaftet ist oder ob die betreffende Behörde die Grenzen ihres Ermessens nicht offensichtlich überschritten hat(30). Selbst wenn der Gemeinschaftsgesetzgeber über ein weites Ermessen verfügt, ist er verpflichtet, seine Entscheidung auf Kriterien zu stützen, die objektiv sind und in angemessenem Verhältnis zu dem mit der Maßnahme verfolgten Ziel stehen, und dabei alle sachlichen Umstände sowie die zum Zeitpunkt des Erlasses der in Rede stehenden Maßnahme verfügbaren technischen und wissenschaftlichen Daten zu berücksichtigen(31). Der Gemeinschaftsgesetzgeber muss im Rahmen der Ausübung seines Ermessens die betroffenen Interessen in vollem Umfang berücksichtigen und bei der Beurteilung der mit verschiedenen möglichen Maßnahmen verbundenen Belastungen prüfen, ob die angestrebten Ziele so wichtig sind, dass sie sogar beträchtliche negative wirtschaftliche Folgen für bestimmte Wirtschaftsteilnehmer rechtfertigen können(32).

70.      Nach den öffentlich zugänglichen Daten, die AJD Tuna dem Gerichtshof vorgelegt hat(33), sollen Schiffe der Gemeinschaft im Jahr 2008 nur 63,23 % der der Gemeinschaft zugeteilten Quote ausgeschöpft haben. Entsprechend sollen Mittelmeerstaaten, die keine Mitglieder der Europäischen Union sind, diesen Daten zufolge ihre Quoten nicht überschritten haben(34) oder sie nur um einen geringen Prozentsatz überschritten haben(35).

71.      Wie die Kommission in der mündlichen Verhandlung zu Recht betont hat, muss allerdings berücksichtigt werden, dass diese Daten nur vorläufig sind. Die Kommission hat in der mündlichen Verhandlung angegeben, dass die Gemeinschaft nach den endgültigen Daten im Jahr 2008 92,3 % ihrer Quote ausgeschöpft habe. Außerdem ist aus dem ICCAT‑Bericht(36) ersichtlich, dass die geschätzte Fangmenge über der von den Behörden der ICCAT gemeldeten Fangmenge liegt. So steht im ICCAT‑Bericht, dass die zulässige Gesamtfangmenge (TAC) von Rotem Thun für 2008 im östlichen Atlantik und im Mittelmeer 28 500 Tonnen betragen habe(37). Die gemeldete Fangmenge (reported catch) für das Jahr 2008 belief sich in diesem Gebiet auf 23 868 Tonnen, die geschätzte Fangmenge (best catch estimate) hingegen auf 25 760 Tonnen(38). Die gemeldete und die geschätzte Fangmenge lagen also unter der TAC, jedoch enthalten diese Daten nicht den illegalen, nicht gemeldeten und unregulierten Fang; zudem lag die potenzielle Fangmenge (potential catch) für 2008 weit über der TAC (34 120 Tonnen)(39).

72.      Meines Erachtens konnte die Kommission angesichts der angeführten Daten die Verordnung Nr. 530/2008 auf der Grundlage von Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2371/2002 erlassen, obwohl sie vielleicht beim Erlass der Verordnung Nr. 530/2008 nicht über vollkommen verlässliche wissenschaftliche Daten verfügte. Diese Rechtsgrundlage ist zum einen deswegen geeignet, weil der Kommission auch bei der Ermittlung der Daten ein gewisses Ermessen zusteht(40), und zum anderen deswegen, weil sie sich beim Erlass dieser Sofortmaßnahme auf den Vorsorgeansatz gestützt hat. Es ist nämlich zu berücksichtigen, dass die Gemeinschaft den Vorsorgeansatz anwenden muss, indem sie Maßnahmen ergreift, die die lebenden aquatischen Ressourcen schützen und erhalten, ihre nachhaltige Nutzung sichern und die Auswirkungen der Fischerei auf die marinen Ökosysteme auf ein Mindestmaß begrenzen sollen(41). Unter dem Vorsorgeansatz bei der Bestandsbewirtschaftung ist ein Ansatz zu verstehen, bei dem das Fehlen ausreichender wissenschaftlicher Erkenntnisse kein Grund dafür sein darf, Bewirtschaftungsmaßnahmen zu unterlassen oder aufzuschieben, die der Erhaltung von Zielarten, vergesellschafteten oder abhängigen Arten und Nichtzielarten sowie deren Lebensräumen dienen(42).

73.      Daher ist meines Erachtens Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2371/2002 eine geeignete Rechtsgrundlage für die Verordnung Nr. 530/2008.

2.      Angemessenheit der Begründung der Verordnung Nr. 530/2008

74.      Im Folgenden werde ich die Frage der Angemessenheit der Begründung der Verordnung Nr. 530/2008 untersuchen, in deren Rahmen geprüft werden muss, ob diese Verordnung ungültig, weil nicht angemessen begründet ist. In dieser Hinsicht ist zunächst zu klären, welche Verpflichtung die Kommission bei der Begründung einer Verordnung hat, mit der sie eine Sofortmaßnahme zur Erhaltung lebender aquatischer Ressourcen ergreift.

75.      Nach ständiger Rechtsprechung zu Art. 253 EG(43) muss die Begründung der Natur des betreffenden Rechtsakts angepasst sein und die Überlegungen des Gemeinschaftsorgans, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und das zuständige Rechtsprechungsorgan seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann(44). Die Begründungspflicht ist nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach dem Inhalt der Maßnahme, der Art der angeführten Gründe und dem Interesse zu beurteilen, das die Adressaten oder andere durch die Maßnahme unmittelbar und individuell betroffene Personen an Erläuterungen haben können(45). In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich oder rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob die Begründung eines Rechtsakts den Erfordernissen des Art. 253 EG genügt, nicht nur anhand seines Wortlauts zu beurteilen ist, sondern auch anhand seines Kontexts sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet(46).

76.      Ferner hängt nach ständiger Rechtsprechung der Umfang der Begründungspflicht von der Rechtsnatur der betreffenden Maßnahme ab; bei generellen Rechtsakten kann sich die Begründung darauf beschränken, die Gesamtlage anzugeben, die zum Erlass der Maßnahme geführt hat, und die allgemeinen Ziele zu bezeichnen, die mit ihr erreicht werden sollen. In diesem Zusammenhang hat der Gerichtshof insbesondere festgestellt, dass es, wenn der angefochtene Rechtsakt den von dem Gemeinschaftsorgan verfolgten Zweck in seinen wesentlichen Zügen erkennen lässt, zu weit ginge, eine besondere Begründung für die einzelnen technischen Entscheidungen zu verlangen(47).

77.      Aus dieser Rechtsprechung ist ersichtlich, dass die Kommission in der Begründung der Verordnung Nr. 530/2008 keine konkreten Angaben zum Zusammenbruch des Bestands von Rotem Thun zu machen brauchte.

78.      Für diese Auffassung sprechen auch andere Verordnungen, die von der Kommission auf der Grundlage von Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2371/2002 erlassen wurden, z. B. die Verordnung Nr. 677/2003 zum Erlass von Sofortmaßnahmen zum Wiederaufbau des Dorschbestands in der Ostsee(48), die Verordnung (EG) Nr. 1037/2005 der Kommission vom 1. Juli 2005 mit Sofortmaßnahmen zum Schutz und zur Wiederauffüllung des Sardellenbestands im ICES-Untergebiet VIII(49), die Verordnung (EG) Nr. 1539/2005 der Kommission vom 22. September 2005 zur Verlängerung der Sofortmaßnahmen zum Schutz und zur Wiederauffüllung des Sardellenbestands im ICES-Untergebiet VIII(50) oder die Verordnung (EG) Nr. 1475/2003 der Kommission vom 20. August 2003 zum Schutz von Tiefseekorallenriffen vor den Folgen des Schleppnetzfangs in einem Gebiet nordwestlich von Schottland(51).

79.      In keiner dieser Verordnungen hat die Kommission konkrete Angaben zur ernsthaften Bedrohung für die Erhaltung von lebenden aquatischen Ressourcen gemacht, jedoch wurde aus jeder dieser Verordnungen deutlich, dass sie sich auf solche Daten gestützt hatte. Man kann deshalb der Klägerin des Ausgangsverfahrens nicht darin beipflichten, dass die Kommission in der Verordnung Nr. 530/2008 konkrete Angaben zur ernsthaften Bedrohung für die Erhaltung des Thunfischbestands hätte machen müssen.

80.      Außerdem konnte die Kommission, wie bereits in Nr. 72 der vorliegenden Schlussanträge ausgeführt, die Verordnung Nr. 530/2008 gestützt auf den Vorsorgegrundsatz auch dann erlassen, wenn sie beim Erlass nicht über Daten verfügt haben sollte, die belegten, dass ernsthaft ein solcher Bestandszusammenbruch drohte, falls sie keine Sofortmaßnahmen ergriff.

81.      Daher hat die Kommission meines Erachtens die Verordnung Nr. 530/2008 angemessen begründet.

C –    Dritte Frage

82.      Mit der dritten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die Verordnung Nr. 530/2008 ungültig ist, weil sie die berechtigten Erwartungen von Wirtschaftsbeteiligten wie der Klägerin enttäuscht.

83.      Nach ständiger Rechtsprechung besteht die Möglichkeit, sich auf den Schutz des berechtigten Vertrauens zu berufen, für jeden Wirtschaftsteilnehmer, bei dem ein Gemeinschaftsorgan begründete Erwartungen geweckt hat(52). Präzise, nicht an Bedingungen geknüpfte und übereinstimmende Auskünfte von zuständiger und zuverlässiger Seite stellen unabhängig von der Form ihrer Mitteilung solche Zusicherungen dar(53). Daher kann niemand eine Verletzung dieses Grundsatzes geltend machen, dem die Organe keine konkreten Zusicherungen gegeben haben(54). Ist ferner ein umsichtiger und besonnener Wirtschaftsteilnehmer in der Lage, den Erlass einer Gemeinschaftsmaßnahme, die seine Interessen berühren kann, vorherzusehen, so kann er sich im Fall ihres Erlasses nicht auf den genannten Grundsatz berufen(55).

84.      Wie die Kommission zu Recht betont, hat AJD Tuna von ihr keine Zusicherungen erhalten, dass der Fang von Rotem Thun durch Ringwadenfischer tatsächlich bis zum 30. Juni 2008 erlaubt sein werde. Gestattete man AJD Tuna, sich insoweit – ohne eindeutige Zusicherungen der Kommission – auf berechtigte Erwartungen zu berufen, würde man der Kommission im Grunde jegliche Möglichkeit der Ergreifung von Maßnahmen nehmen, durch die der Fischfang vorübergehend eingestellt werden kann. Außer Sofortmaßnahmen auf der Grundlage von Art. 7 der Verordnung Nr. 2371/2002 und Maßnahmen auf der Grundlage von Art. 26 der Verordnung Nr. 2371/2002 könnte der Kommission auf diese Weise auch der Erlass von Maßnahmen zur Regelung und Einstellung des Fischfangs nach Art. 21 der Verordnung Nr. 2847/93 verwehrt werden.

85.      Daher ist meines Erachtens die dritte Frage dahin zu beantworten, dass die Verordnung Nr. 530/2008 die berechtigten Erwartungen von Wirtschaftsbeteiligten wie der Klägerin nicht enttäuscht.

D –    Vierte und fünfte Frage

86.      Mit der vierten und der fünften Frage möchte das vorlegende Gericht aus folgenden beiden Gründen wissen, ob die Verordnung Nr. 530/2008 im Einklang mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit steht:

–        zum einen, weil kein Wirtschaftsbeteiligter aus der Gemeinschaft die Tätigkeit der Anlandung oder der Hälterung von Thunfisch zum Zweck der Mast oder Aufzucht ausüben darf, und zwar auch dann nicht, wenn der Thunfisch vor dem Zeitpunkt, zu dem der Fischfang durch die Verordnung Nr. 530/2008 beendet wurde, gefangen wurde, und

–        zum anderen, weil kein Wirtschaftsbeteiligter aus der Gemeinschaft diese Tätigkeiten in Bezug auf Thunfisch ausüben darf, der von Fischern gefangen wurde, die nicht die Flagge eines der in Art. 1 der Verordnung Nr. 530/2008 der Kommission genannten Mitgliedstaaten führen.

87.      Im Folgenden werde ich beide Fragen im Hinblick auf einen Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit prüfen.

1.      Verhältnismäßigkeit des Verbots der Anlandung von Thunfisch, der vor Verhängung des Fangverbots gefangen wurde

88.      Zunächst ist zu prüfen, ob eine Maßnahme verhältnismäßig ist, wonach kein Wirtschaftsbeteiligter aus der Gemeinschaft die Tätigkeit der Anlandung oder der Hälterung von Thunfisch zum Zweck der Mast oder Aufzucht ausüben darf, und zwar auch dann nicht, wenn der Thunfisch vor dem Zeitpunkt gefangen wurde, zu dem die Fischerei durch die Verordnung Nr. 530/2008 für Ringwadenfischer, die die Flagge Griechenlands, Frankreichs, Italiens, Zyperns oder Maltas führen, beendet wurde, also vor dem 16. Juni 2008.

89.      Im Zusammenhang mit dieser Maßnahme ist zu betonen, dass Art. 3 der Verordnung Nr. 530/2008 tatsächlich bestimmt, dass Wirtschaftsbeteiligte aus der Gemeinschaft Roten Thun, der von Ringwadenfischern im Atlantik östlich von 45 °W und im Mittelmeer gefangen wurde, ab 16. Juni 2008 bzw. ab 23. Juni 2008 (in Bezug auf Thunfisch, der von spanischen Ringwadenfischern gefangen wurde) nicht zur Anlandung, zur Hälterung zum Zweck der Mast oder Aufzucht oder zur Umladung in Gemeinschaftsgewässern oder -häfen akzeptieren dürfen. Durch eine grammatikalische Auslegung dieses Artikels könnten wir zwar zu dem Schluss gelangen, dass dieses Verbot auch Thunfisch betrifft, der vor dem 16. bzw. 23. Juni 2008 gefangen wurde.

90.      Die Kommission hat jedoch bereits in ihren schriftlichen Erklärungen ausgeführt, dass eine teleologische Auslegung dieses Artikels zu dem Schluss führe, dass Wirtschaftsbeteiligte aus der Gemeinschaft den nach dem 16. bzw. 23. Juni 2008 gefangenen Roten Thun nicht zur Anlandung, zur Hälterung zum Zweck der Mast oder Aufzucht oder zur Umladung akzeptieren dürften. Art. 3 der Verordnung Nr. 530/2008 ist in Verbindung mit den Art. 1 und 2 dieser Verordnung zu lesen, die die Fischerei auf Roten Thun ab 16. bzw. 23. Juni 2008 verbieten.

91.      Da ich die teleologische Auslegung von Art. 3 der Verordnung Nr. 530/2008, auf die sich die Kommission beruft, für zutreffend halte, stellt sich meines Erachtens im Zusammenhang mit dem Verbot der Tätigkeit des Anlandens von Thunfisch, der vor dem 16. bzw. 23. Juni 2008 gefangen wurde, nicht die Frage, ob diese Maßnahme mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar ist.

2.      Verhältnismäßigkeit des Verbots der Anlandung von Thunfisch, der von Schiffen gefangen wurde, die die Flagge von Drittstaaten führen

92.      Wichtiger ist es, zu prüfen, ob die Maßnahme nach Art. 3 Abs. 1 der Verordnung Nr. 530/2008 unverhältnismäßig ist, weil kein Wirtschaftsbeteiligter aus der Gemeinschaft die Tätigkeit der Anlandung, der Hälterung zum Zweck der Mast oder Aufzucht oder der Umladung (im Folgenden: Maßnahme des Verbots der Anlandung von Thunfisch) in Bezug auf Thunfisch ausüben darf, der von Fischern gefangen wurde, deren Schiffe nicht die Flagge eines der in Art. 1 der Verordnung Nr. 530/2008 genannten Mitgliedstaaten führen.

a)      Prüfungsmaßstab

93.      Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, der zu den allgemeinen Grundsätzen des Gemeinschaftsrechts gehört, dürfen die Handlungen der Gemeinschaftsorgane nicht die Grenzen dessen überschreiten, was zur Erreichung der mit der fraglichen Regelung zulässigerweise verfolgten Ziele geeignet und unbedingt erforderlich ist, wobei zu beachten ist, dass dann, wenn mehrere geeignete Maßnahmen zur Auswahl stehen, die am wenigsten belastende zu wählen ist und dass die verursachten Nachteile nicht gegenüber den angestrebten Zielen außer Verhältnis stehen dürfen(56).

94.      Im Rahmen der Prüfung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ist demnach von einem dreistufigen Prüfungsschema auszugehen, bei dem erstens die Geeignetheit, zweitens die Erforderlichkeit der Maßnahme und drittens ihre Angemessenheit zu kontrollieren sind(57).

95.      Der Gerichtshof hat allerdings entschieden, dass sich die gerichtliche Kontrolle im Fall eines weiten Ermessens des Gemeinschaftsgesetzgebers – wie im Bereich der Landwirtschaft einschließlich der Fischerei – auf die Prüfung der Frage zu beschränken hat, ob die betreffende Maßnahme nicht mit einem offensichtlichen Irrtum oder einem Ermessensmissbrauch behaftet ist oder ob die betreffende Behörde die Grenzen ihres Ermessens nicht offensichtlich überschritten hat(58). Aufgrund des weiten Ermessens des Gemeinschaftsgesetzgebers im Bereich der gemeinsamen Agrarpolitik kann eine in diesem Bereich erlassene Maßnahme nach Auffassung des Gerichtshofs nur dann rechtswidrig sein, wenn die Maßnahme zur Erreichung des vom zuständigen Organ verfolgten Ziels offensichtlich ungeeignet ist(59).

96.      Wie ich bereits in meinen Schlussanträgen in den Rechtssachen Azienda Agricola(60) und Agrana Zucker(61) ausgeführt habe und wie auch Generalanwältin Sharpston in der Rechtssache Zuckerfabrik Jülich(62) erläutert hat, überzeugt eine solche Reduktion der Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Maßnahme auf eine bloße Prüfung der Geeignetheit der Maßnahme nicht(63).

97.      Die Voraussetzungen der Geeignetheit, der Erforderlichkeit und der Angemessenheit sind nämlich nicht Abstufungen eines und desselben Gedankens; vielmehr werden das vom Gemeinschaftsgesetzgeber mit der Maßnahme verfolgte Ziel und die betroffenen Rechte des Einzelnen erst im Rahmen der Erforderlichkeit und Angemessenheit „ins Verhältnis gesetzt“(64). Wird nur die Geeignetheit einer Maßnahme geprüft, handelt es sich somit nicht um eine Prüfung ihrer Verhältnismäßigkeit, sondern lediglich um eine objektive Kontrolle des Ermessens des Gemeinschaftsgesetzgebers(65).

98.      Meiner Auffassung nach ist daher auch im Bereich der gemeinsamen Agrarpolitik einschließlich der Fischereipolitik vom dreistufigen Schema der Verhältnismäßigkeitsprüfung auszugehen; diese Prüfung ist jedoch wegen des weiten Ermessens des Gemeinschaftsgesetzgebers darauf zu beschränken, ob die Maßnahme offensichtlich ungeeignet, offensichtlich nicht erforderlich oder offensichtlich unangemessen ist(66). Damit wird der Beurteilungsspielraum des Gemeinschaftsgesetzgebers hinsichtlich komplexer politischer, wirtschaftlicher und sozialer Entscheidungen gewahrt und verhindert, dass der Gerichtshof diese Entscheidungen durch seine eigene Beurteilung ersetzt.

b)      Prüfung eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

99.      Zunächst ist festzustellen, worin das Ziel der in Rede stehenden Maßnahme des Verbots der Anlandung von Thunfisch besteht. Wie aus dem zehnten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 530/2008 hervorgeht, zielt diese Maßnahme darauf ab, die Wirksamkeit von Maßnahmen zur Abwendung der ernsthaften Bedrohung für die Erhaltung des Bestands von Rotem Thun zu verstärken.

100. Im Folgenden ist zu prüfen, ob diese Maßnahme im Hinblick auf das verfolgte Ziel offensichtlich ungeeignet, offensichtlich nicht erforderlich oder offensichtlich unangemessen ist.

i)      Prüfung, ob die Maßnahme offensichtlich ungeeignet ist

101. Nach ständiger Rechtsprechung ist eine Maßnahme nur dann geeignet, die Verwirklichung des geltend gemachten Ziels zu gewährleisten, wenn sie tatsächlich sicherstellt, dass es in kohärenter und systematischer Weise erreicht wird(67). Die Maßnahme ist somit offensichtlich ungeeignet, wenn sie bereits auf den ersten Blick nicht sicherstellt, dass das vorgesehene Ziel erreicht wird bzw. dass es kohärent und systematisch erreicht wird.

102. Meines Erachtens ist die Maßnahme des Verbots der Anlandung von Thunfisch nach Art. 3 Abs. 1 der Verordnung Nr. 530/2008 für sich genommen zwar nicht offensichtlich ungeeignet zur Erreichung des Ziels, die Wirksamkeit von Maßnahmen zur Abwendung der ernsthaften Bedrohung für die Erhaltung des Bestands von Rotem Thun zu verstärken.

103. Diese Maßnahme der Gemeinschaft wäre für sich genommen offensichtlich ungeeignet, wenn völlig ausgeschlossen wäre, dass sie Einfluss auf die Fischerei durch Schiffe aus Drittstaaten ausüben kann. In diesem Zusammenhang ist zu betonen, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber im Bereich der Landwirtschaft einschließlich der Fischerei über einen weiten Ermessensspielraum verfügt; dieser entspricht der politischen Verantwortung, die der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung der gemeinsamen Landwirtschaftspolitik trägt(68). Die Kommission war im Rahmen ihres Ermessens offensichtlich der Auffassung, dass die Maßnahme des Verbots der Anlandung von Thunfisch auch auf die Fischerei durch Schiffe aus Drittstaaten Einfluss haben werde (oder haben könnte), weil – ohne die Maßnahme des Verbots der Anlandung – die Möglichkeit bestehe, dass Ringwadenfischer aus Staaten, auf die sich die Verordnung Nr. 530/2008 nicht beziehe, begännen, größere Mengen Thunfisch zu fangen, um ihn an Wirtschaftsteilnehmer aus der Gemeinschaft zu verkaufen. Meines Erachtens ist daher diese Maßnahme für sich genommen nicht offensichtlich ungeeignet zur Erreichung des Ziels der Erhaltung des Bestands von Rotem Thun.

104. Für problematisch halte ich hingegen die Kohärenz der Maßnahme des Verbots der Anlandung von Thunfisch nach Art. 3 Abs. 1 der Verordnung Nr. 530/2008 im Verhältnis zur Maßnahme des Verbots der Anlandung nach Art. 3 Abs. 2. Es ist zu beachten, dass die Verordnung Nr. 530/2008 neben dem Verbot der Anlandung von Thunfisch nach Art. 3 Abs. 1 in Art. 3 Abs. 2 ein entsprechendes Verbot der Anlandung von Thunfisch enthält, der von Ringwadenfischern, die die Flagge Spaniens führen, gefangen wurde. Da die spanischen Ringwadenfischer eine Woche länger Thunfisch fangen konnten, trat auch das Verbot der Anlandung für sie eine Woche später in Kraft. Meines Erachtens ist es daher völlig inkohärent und unsystematisch, dass Zuchtbetriebe in der Gemeinschaft im Zeitraum vom 16. bis 23. Juni 2008 keinen Thunfisch von Ringwadenfischern aus Drittstaaten kaufen durften, ihn aber uneingeschränkt von spanischen Ringwadenfischern kaufen konnten. Möglicherweise ist nämlich gerade aufgrund der Zulässigkeit der Fischerei durch spanische Schiffe die in den vorangegangenen Nummern dieser Schlussanträge erwähnte Befürchtung eingetreten, da spanische Schiffe die Möglichkeit hatten, größere Mengen Thunfisch zu fangen und ihn an Zuchtbetriebe in anderen Mitgliedstaaten zu verkaufen. Wegen dieser Inkohärenz wird die Maßnahme des Verbots der Anlandung, das sich auf Schiffe aus Drittstaaten bezieht, letztlich gegenstandslos und damit zur Erreichung des Ziels offensichtlich ungeeignet.

105. Daher ist meines Erachtens die Maßnahme des Verbots der Anlandung von Thunfisch nach Art. 3 der Verordnung Nr. 530/2008 offensichtlich ungeeignet zur Erreichung des Ziels, die Wirksamkeit von Maßnahmen zur Abwendung der ernsthaften Bedrohung für die Erhaltung des Bestands von Rotem Thun zu verstärken.

ii)    Prüfung, ob die Maßnahme offensichtlich nicht erforderlich ist

106. Für den Fall, dass der Gerichtshof die Maßnahme des Verbots der Anlandung von Thunfisch nicht als offensichtlich ungeeignet zur Erreichung des Ziels der Verstärkung der Wirksamkeit von Maßnahmen zur Abwendung der ernsthaften Bedrohung für die Erhaltung des Bestands von Rotem Thun ansehen sollte, muss außerdem geprüft werden, ob die Maßnahme des Verbots der Anlandung offensichtlich nicht erforderlich war. Die Prüfung der Erforderlichkeit muss nämlich in Bereichen, in denen der Gesetzgeber über weites Ermessen verfügt, darauf beschränkt werden, ob es unter mehreren zur Erreichung des Ziels geeigneten Maßnahmen offensichtlich eine andere Maßnahme gibt, die das betreffende Interesse oder den betreffenden Rechtsanspruch weniger stark beeinträchtigt.

107. Meines Erachtens gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass offensichtlich eine andere Maßnahme existiert, die das betreffende Interesse oder den betreffenden Rechtsanspruch weniger stark beeinträchtigt. Man könnte zwar argumentieren, dass die Maßnahme des Verbots der Anlandung von Thunfisch, der von Ringwadenfischern aus Drittstaaten gefangen wurde, zur Erreichung des Ziels offensichtlich nicht erforderlich gewesen sei, weil es zur Erreichung dieses Ziels bereits ausgereicht hätte, wenn das Verbot der Anlandung von Thunfisch für Schiffe aus Drittstaaten wie für die spanischen Schiffe erst am 23. Juni 2008 in Kraft getreten wäre. Damit würde aber wieder eine inkohärente Maßnahme des Verbots der Anlandung von Thunfisch eingeführt.

108. Daher kann meines Erachtens nicht festgestellt werden, dass die Maßnahme des Verbots der Anlandung von Thunfisch nach Art. 3 Abs. 1 der Verordnung Nr. 530/2008 zur Erreichung des Ziels der Erhaltung des Bestands von Rotem Thun offensichtlich nicht erforderlich ist.

iii) Prüfung, ob die Maßnahme offensichtlich unangemessen ist

109. Für den Fall, dass der Gerichtshof die Maßnahme des Verbots der Anlandung von Thunfisch weder als offensichtlich ungeeignet noch als offensichtlich nicht erforderlich ansehen sollte, muss außerdem die Angemessenheit geprüft werden, d. h. eine Abwägung zwischen den beeinträchtigten Interessen der Wirtschaftsbeteiligten und dem Interesse am Schutz des Roten Thuns vorgenommen werden. Meiner Ansicht nach besteht kein Anlass für Zweifel an der Angemessenheit dieser Maßnahme. Obwohl den Wirtschaftsbeteiligten durch die Maßnahme des Verbots der Anlandung von Thunfisch wirtschaftliche Verluste entstehen, überwiegen eindeutig die Vorteile des Schutzes von Rotem Thun. Für den Fall, dass der Gerichtshof die Maßnahme des Verbots der Anlandung von Thunfisch weder als offensichtlich ungeeignet noch als offensichtlich nicht erforderlich ansehen sollte, meine ich deshalb, dass diese Maßnahme nicht offensichtlich unangemessen ist.

iv)    Ergebnis

110. Demnach ist festzustellen, dass Art. 3 der Verordnung Nr. 530/2008 nicht vorsieht, dass Wirtschaftsbeteiligte aus der Gemeinschaft die Tätigkeiten der Anlandung, der Hälterung zum Zweck der Mast oder Aufzucht und der Umladung von Rotem Thun nicht ausüben dürfen, der vor dem Zeitpunkt, zu dem der Fischfang durch die Verordnung Nr. 530/2008 beendet wurde, gefangen wurde, und dass sich daher in Bezug auf diese Maßnahme die Frage der Verhältnismäßigkeit nicht stellt. Nicht vereinbar mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist hingegen die Maßnahme nach Art. 3 dieser Verordnung, wonach Wirtschaftsteilnehmer aus der Gemeinschaft die Tätigkeiten der Anlandung, der Hälterung zum Zweck der Mast oder Aufzucht und der Umladung von Rotem Thun nicht ausüben dürfen, der von Ringwadenfischern gefangen wurde, die nicht die Flagge eines der unter die Verordnung Nr. 530/2008 fallenden Mitgliedstaaten führen.

c)      Folgen des Verstoßes gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

111. Zuletzt ist noch zu prüfen, welche Folgen der Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit für die Gültigkeit der Verordnung Nr. 530/2008 hat. Vor allem ist zu untersuchen, ob aufgrund des Verstoßes gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit die gesamte Verordnung ungültig ist oder nur ihr Art. 3.

112. Nach ständiger Rechtsprechung ist die teilweise Nichtigerklärung eines Gemeinschaftsakts nur möglich, soweit sich die Teile, deren Nichtigerklärung beantragt wird, vom Rest des Rechtsakts abtrennen lassen(69). Diesem Erfordernis der Abtrennbarkeit wird nicht Genüge getan, wenn eine teilweise Nichtigerklärung des Rechtsakts seinen Wesensgehalt verändern würde(70).

113. In der vorliegenden Rechtssache ist festzustellen, dass Art. 3 der Verordnung Nr. 530/2008 so konzipiert ist, dass er problemlos von den übrigen Artikeln der Verordnung abgetrennt werden kann. Auch wenn dieser Artikel, der die Maßnahme des Verbots der Anlandung von Thunfisch enthält, für ungültig erklärt wird, kann das Verbot der Fischerei nach den Art. 1 und 2 dieser Verordnung ungehindert weitergelten.

114. Daher ist meines Erachtens Art. 3 der Verordnung Nr. 530/2008 wegen Verstoßes gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ungültig.

E –    Sechste Frage

115. Mit der sechsten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die Verordnung Nr. 530/2008 ungültig ist, weil sie insoweit gegen den Grundsatz des Verbots der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit im Sinne von Art. 12 EG verstößt, als sie zwischen Ringwadenfischern, die die Flagge Spaniens führen, und solchen, die die Flagge Griechenlands, Italiens, Frankreichs, Zyperns oder Maltas führen, sowie zwischen Schiffen aus diesen sechs Mitgliedstaaten und Schiffen aus den anderen Mitgliedstaaten unterscheidet(71).

1.      Unterscheidung zwischen spanischen Schiffen und Schiffen, die die Flagge Griechenlands, Italiens, Frankreichs, Zyperns oder Maltas führen

a)      Zur Frage der Rechtfertigung der Unterscheidung zwischen spanischen und anderen Schiffen

116. Zunächst ist die Frage der Rechtfertigung der Unterscheidung zwischen spanischen Ringwadenfischern auf der einen Seite und Ringwadenfischern, die die Flagge Griechenlands, Italiens, Frankreichs, Zyperns oder Maltas führen, auf der anderen Seite zu behandeln.

117. Nach ständiger Rechtsprechung erfordert die Beachtung des Grundsatzes der Gleichbehandlung, dass vergleichbare Sachverhalte nicht unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte nicht gleichbehandelt werden, es sei denn, eine solche Behandlung ist objektiv gerechtfertigt(72).

118. Die Kommission führt in ihren schriftlichen Erklärungen in Bezug auf diese Frage zu ihrer Verteidigung zunächst aus, dass im Zusammenhang mit Schiffen, die die Flagge Spaniens führten, keine Diskriminierung vorgelegen habe, weil nach der geschätzten tatsächlichen Fangmenge keine Gefahr bestanden habe, dass spanische Schiffe die Spanien zugeteilte Quote überschreiten würden. Außerdem hätten sich die spanischen Schiffe (die Zahl der Schiffe im Verhältnis zur Spanien zugeteilten Quote) in einer anderen objektiven Lage befunden als die übrigen Schiffe. Zuletzt hat die Kommission in der Sitzung noch vorgetragen, dass die objektive Lage der spanischen Schiffe deswegen anders gewesen sei, weil die Fangzeit in Spanien eine Woche später begonnen habe. Die meisten spanischen Ringwadenfischer fingen nämlich Roten Thun um die Balearen herum, wo das Meer die richtige Temperatur für den Fang von Rotem Thun eine Woche später als andernorts erreiche(73).

119. Im Zusammenhang mit der Unterscheidung zwischen spanischen Ringwadenfischern und anderen unter die Verordnung Nr. 530/2008 fallenden Ringwadenfischern führt die Kommission demnach drei Argumente an: erstens, keine konkrete Gefahr der Ausschöpfung der Quote durch spanische Ringwadenfischer, zweitens, andere objektive Lage der spanischen Ringwadenfischer, aufgrund deren sie ihre Quote keinesfalls hätten ausschöpfen können, und drittens, andere objektive Lage der spanischen Ringwadenfischer, weil sie in Gewässern fischten, die eine für den Thunfischfang geeignete Temperatur eine Woche später erreichen.

120. Meines Erachtens rechtfertigen die von der Kommission vorgebrachten Argumente die Ungleichbehandlung der spanischen und der anderen Schiffe in der vorliegenden Rechtssache nicht.

121. Erstens hat die Kommission in ihren schriftlichen Erklärungen und in der Sitzung keine Angaben gemacht, aus denen klar ersichtlich wäre, dass mit einer Erschöpfung der Quote der spanischen Schiffe erst am 23. Juni 2008 und nicht am 16. Juni 2008 zu rechnen war. Die Kommission hat keine Daten vorgelegt, die belegen, dass im Zeitraum des Erlasses der Verordnung Nr. 530/2008 die bisherige Fangmenge spanischer Schiffe kleiner war als die der Schiffe anderer Mitgliedstaaten. In den schriftlichen Erklärungen der Kommission steht im Gegenteil sogar, dass spanische Ringwadenfischer im Zeitraum vom 27. Mai 2008 bis 23. Juni 2008 größere Mengen gefangen hätten als französische Ringwadenfischer(74). Dabei heißt es zwar, diese Angaben zur Fangmenge französischer Schiffe seien möglicherweise nicht richtig gewesen, da die Satellitensysteme zur Überwachung der Schiffe eine Zeit lang nicht funktioniert hätten. Trotz dieser angeblichen Unregelmäßigkeiten wird aber nicht angegeben, wie realistisch die Schätzung der Fangmenge der französischen Schiffe im Vergleich zu spanischen Schiffen gewesen sei.

122. Außerdem geht im Zusammenhang mit der konkreten Fangmenge spanischer Schiffe im Jahr 2008 (erzielt durch alle Fangmethoden, nicht nur durch Ringwadenfischer) aus dem ICCAT‑Bericht hervor, dass die geschätzte Fangmenge von Rotem Thun für spanische Schiffe im östlichen Atlantik 2 938 Tonnen und im Mittelmeer 2 465 Tonnen, also insgesamt 5 403 Tonnen, betrug(75). Das entspricht 99,3 % der Spanien für 2008 zugeteilten Quote von 5 428,46 Tonnen. Den aus dieser Quelle stammenden Daten zufolge hat sich Spanien also in Bezug auf die geschätzte Fangmenge viel stärker seiner Quote angenähert als Frankreich und Italien(76).

123. Da keine konkreten Daten vorliegen, die belegen, dass keine Gefahr bestand, dass spanische Ringwadenfischer die Spanien zugeteilte Quote erreichten oder überschreiten, ist meines Erachtens die Ungleichbehandlung der Ringwadenfischer, die die Flagge Spaniens führen, und derjenigen, die die Flagge Griechenlands, Italiens, Frankreichs, Zyperns oder Maltas führen, nicht objektiv gerechtfertigt.

124. Zweitens ist zu prüfen, ob behauptet werden kann, dass es den spanischen Ringwadenfischern schon theoretisch nicht möglich gewesen sei, bis zum 23. Juni 2008 die Spanien zugeteilte Quote zu erreichen oder zu überschreiten. Meines Erachtens kann auch diese Behauptung nicht aufgestellt werden.

125. Zum einen ist aus den schriftlichen Erklärungen der Kommission ersichtlich, dass die Quote jedes Mitgliedstaats auf die Zahl der Schiffe, über die dieser Mitgliedstaat verfügte, aufgeteilt wurde. Die Kommission erläutert in ihren schriftlichen Erklärungen, dass es in der Gemeinschaft im Jahr 2008 insgesamt 131 Ringwadenfischer gegeben habe, darunter einen zyprischen, vier maltesische, sechs spanische, 16 griechische, 36 französische und 68 italienische(77). Dabei führt die Kommission z. B. an, dass die Quote für 32 französische Schiffe mit einer Länge von mehr als 24 m im Jahr 2008 individuell für jedes einzelne Schiff auf 110 bis 120 Tonnen festgesetzt worden sei. Die individuelle Quote für jedes der 68 italienischen Schiffe sei auf 52 Tonnen festgesetzt worden, die individuelle Quote für jedes der sechs spanischen Schiffe auf zwischen 251 und 352 Tonnen. Aus diesen Angaben wird deutlich, dass das Verhältnis zwischen der Zahl der Schiffe und der Spanien zugeteilten Quote die Ungleichbehandlung der spanischen Schiffe und der Schiffe anderer Mitgliedstaaten nicht rechtfertigen kann, da die vorhandene Quote anteilig auf die Zahl der Schiffe, über die der einzelne Mitgliedstaat verfügt, aufgeteilt wird. Außerdem hat die Kommission im siebten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 530/2008 selbst ausgeführt, dass „die tägliche Fangkapazität eines einzigen Ringwadenfischers so groß ist, dass die zulässige Fangmenge sehr schnell erreicht bzw. überschritten werden kann“(78). Wenn also die Quote durch die Fischerei eines einzigen Ringwadenfischers überschritten werden kann, ist meines Erachtens das Argument, spanische Ringwadenfischer hätten die zugeteilte Quote keinesfalls erreichen können, nicht haltbar.

126. Zum anderen geht aus den schriftlichen Erklärungen der Kommission auch hervor, dass spanische Schiffe im Zeitraum vom 27. Mai 2008 bis 23. Juni 2008 (also in einem Zeitraum von vier Wochen) 1 404,427 Tonnen Roten Thun fingen(79). Somit fingen sie wöchentlich im Durchschnitt etwas mehr als 351 Tonnen Roten Thun. Die Fangquote für Roten Thun wurde für Spanien für 2008 auf 5 428,46 Tonnen festgesetzt(80). Den Daten der Kommission zufolge werden ungefähr 70 % der gesamten Fangmenge von Rotem Thun durch Ringwadenfischer erzielt(81); somit war vorgesehen, dass spanische Ringwadenfischer im Jahr 2008 ungefähr 3 800 Tonnen Roten Thun fischen würden (also 70 % der gesamten spanischen Quote). Würden die spanischen Schiffe jede Woche mit derselben Kapazität fischen wie im Zeitraum vom 27. Mai 2008 bis zum 23. Juni 2008, würden sie die Fangmenge von 3 800 Tonnen in zehn oder elf Wochen erreichen. Da die Fangzeit in Spanien 25 Wochen dauerte(82), kann meines Erachtens nicht behauptet werden, dass es den spanischen Ringwadenfischern schon theoretisch nicht möglich gewesen sei, jemals die Quote für das Jahr 2008 zu erreichen.

127. Drittens hat die Kommission in der Sitzung ausgeführt, dass die objektive Lage der spanischen Ringwadenfischer anders sei, da die Gewässer, in denen sie Roten Thun fingen, die für den Fischfang geeignete Temperatur eine Woche später erreichten. Meines Erachtens kann diesem Argument nicht zugestimmt werden. Wäre diese Behauptung der Kommission zutreffend, müsste die Fangzeit für Roten Thun, wie sie in der Verordnung Nr. 1559/2007 festgelegt ist, in Spanien auch eine Woche länger dauern als in anderen Mitgliedstaaten(83). Wäre dieser Faktor für den Fischfang wirklich so wichtig, wie die Kommission betont, wäre bereits in der Verordnung Nr. 1559/2007 vorgesehen worden, dass Spanien eine Woche länger als alle anderen Mitgliedstaaten Roten Thun fangen kann.

128. Zuletzt ist noch darauf hinzuweisen, dass es widersprüchlich ist, zu behaupten, es liege eine ernsthafte Bedrohung für die Erhaltung des Bestands von Rotem Thun vor, und gleichzeitig Spanien die Fischerei noch eine weitere Woche ausgerechnet zur besten Fangzeit zu gestatten. Die Kommission war im Rahmen ihres Ermessens der Auffassung, dass tatsächlich eine ernsthafte Bedrohung für die Erhaltung des Bestands von Rotem Thun bestehe. Aufgrund dieser Feststellung hätte die Kommission alle Mitgliedstaaten, die unter die Verordnung Nr. 530/2008 fallen, gleichbehandeln müssen. Ist nämlich der Bestand einer Fischart bedroht, dann im gesamten Fanggebiet, unabhängig davon, dass einige Mitgliedstaaten ihre Quoten angeblich noch nicht ausgeschöpft haben(84).

129. Daher verstößt meines Erachtens die Verordnung Nr. 520/2008 gegen den Grundsatz des Verbots der Diskriminierung, weil sie die Ringwadenfischer, die die Flagge Spaniens führen, und die Ringwadenfischer, die die Flagge Griechenlands, Italiens, Frankreichs, Zyperns oder Maltas führen, ungleich behandelt.

b)      Folgen des Verstoßes gegen das Verbot der Diskriminierung

130. Zu prüfen ist noch, welche Folgen die Feststellung, dass die Verordnung Nr. 530/2008 gegen den Grundsatz des Verbots der Diskriminierung verstößt, für die Gültigkeit dieser Verordnung hat. Genauer gesagt ist festzustellen, ob wegen des Verstoßes gegen diesen Grundsatz die gesamte Verordnung ungültig ist oder nur einige ihrer Artikel.

131. Nach ständiger Rechtsprechung ist die teilweise Nichtigerklärung eines Gemeinschaftsakts nur möglich, soweit sich die Teile, deren Nichtigerklärung beantragt wird, vom Rest des Rechtsakts abtrennen lassen(85). Diesem Erfordernis der Abtrennbarkeit wird nicht Genüge getan, wenn eine teilweise Nichtigerklärung des Rechtsakts seinen Wesensgehalt verändern würde(86). Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs müssen also für die teilweise Nichtigerklärung zwei Voraussetzungen erfüllt sein: Abtrennbarkeit der für nichtig zu erklärenden Teile und Wahrung des Wesensgehalts des Rechtsakts.

132. Meines Erachtens führt der Verstoß gegen das Verbot der Diskriminierung in der vorliegenden Rechtssache zunächst zur Ungültigkeit der Art. 1 und 2 der Verordnung Nr. 530/2008, wonach spanische Ringwadenfischer günstiger behandelt werden als andere unter diese Verordnung fallende Schiffe. Die Art. 1 und 2 dieser Verordnung verstoßen gemeinsam gegen den Grundsatz des Verbots der Diskriminierung, weswegen sie für ungültig zu erklären sind.

133. Sollte der Gerichtshof im Rahmen der Prüfung der Vereinbarkeit mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (vierte und fünfte Vorlagefrage) Art. 3 nicht für ungültig erklären, ist dieser Artikel meines Erachtens an dieser Stelle als Folge der Ungültigerklärung der Art. 1 und 2 der Verordnung Nr. 530/2008 für ungültig zu erklären. Die Maßnahme des Verbots der Anlandung von Thunfisch ist nämlich nicht sinnvoll, wenn keine rechtliche Grundlage für das Verbot des Thunfischfangs selbst existiert. Da ich selbst der Auffassung bin, dass Art. 3 der Verordnung Nr. 530/2008 bereits wegen des Verstoßes gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ungültig ist(87), müssen an dieser Stelle nur die Art. 1 und 2 der Verordnung für ungültig erklärt werden.

134. Meines Erachtens sind daher die Art. 1 und 2 der Verordnung Nr. 530/2008 wegen Verstoßes gegen den Grundsatz des Verbots der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit nach Art. 12 EG ungültig.

2.      Unterscheidung zwischen den unter die Verordnung Nr. 530/2008 fallenden Schiffen und anderen Schiffen

135. Zu prüfen ist ferner die Frage, ob die Unterscheidung zwischen den unter die Verordnung Nr. 530/2008 fallenden Ringwadenfischern (also solchen, die die Flagge Griechenlands, Italiens, Frankreichs, Zyperns, Maltas oder Spaniens führen) und allen anderen Ringwadenfischern gerechtfertigt ist(88).

136. Die Kommission hat in der Sitzung ausgeführt, dass Portugal und andere Mitgliedstaaten Roten Thun nicht durch Ringwadenfischer, sondern auf andere Weise fingen und dass alle Mitgliedstaaten, die Roten Thun durch Ringwadenfischer fingen, in die Verordnung Nr. 530/2008 aufgenommen geworden seien.

137. Die unter die Verordnung Nr. 530/2008 fallenden Mitgliedstaaten befinden sich also in einer objektiv anderen Lage als nicht unter diese Verordnung fallende Mitgliedstaaten. Daher verstößt die Verordnung Nr. 530/2008 in dieser Hinsicht nicht gegen das Verbot der Diskriminierung.

F –    Siebte, achte und neunte Frage

138. Mit der siebten, der achten und der neunten Vorlagefrage, die aufgrund der ähnlichen Problematik gemeinsam zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht wissen, ob

–        erstens die Verordnung Nr. 530/2008 ungültig ist, weil bei ihrem Erlass zum einen der Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes, wie er durch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union geschützt wird, und zum anderen der Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens als allgemeiner Grundsatz des Gemeinschaftsrechts insoweit nicht gewahrt wurden, als weder den Betroffenen noch den Mitgliedstaaten Gelegenheit gegeben wurde, vor Erlass der Verordnung schriftlich Stellung zu nehmen;

–        zweitens die Verordnung Nr. 530/2008 ungültig ist, weil sie auf der Grundlage von Art. 7 der Verordnung Nr. 2371/2002 erlassen wurde, der gegen den durch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union geschützten Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes und gegen den Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens als allgemeinen Grundsatz des Gemeinschaftsrechts verstößt.

139. Im Zusammenhang mit der neunten Vorlagefrage möchte ich darauf hinweisen, dass sich diese Frage – wie der Rat in der Sitzung betont hat – zwar eigentlich nur auf die Gültigkeit von Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 2371/2002 bezieht, der in der vorliegenden Rechtssache nicht relevant ist. Die Frage des vorlegenden Gerichts ist jedoch so zu verstehen, dass das Gericht wissen möchte, ob Art. 7 der Verordnung Nr. 2371/2002 im Widerspruch zu den Grundsätzen des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes und des kontradiktorischen Verfahrens steht, weil er anderen Mitgliedstaaten nur dann das Recht auf Stellungnahme gewährt, wenn das Verfahren durch einen begründeten Antrag eines Mitgliedstaats in Gang gesetzt wird, und nicht auch dann, wenn das Verfahren von der Kommission eingeleitet wird.

140. Zunächst ist also zu prüfen, ob die Verordnung Nr. 530/2008 gegen die angeführten Grundsätze verstößt, und anschließend, ob Art. 7 der Verordnung Nr. 2371/2002 gegen diese Grundsätze verstößt – beides unter der Annahme, dass Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2371/2002 die geeignete Rechtsgrundlage für den Erlass der Verordnung Nr. 530/2008 darstellt.

1.      Verstößt die Verordnung Nr. 530/2008 gegen die Grundsätze des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes und des kontradiktorischen Verfahrens?

a)      Geltend gemachter Verstoß gegen den Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes

141. Einleitend ist darauf hinzuweisen, dass der Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes nach ständiger Rechtsprechung ein allgemeiner Grundsatz des Gemeinschaftsrechts ist, der sich aus den gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten ergibt, in den Art. 6 und 13 der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten verankert ist(89) und auch in Art. 47 der am 7. Dezember 2000 in Nizza proklamierten Charta der Grundrechte der Europäischen Union bekräftigt worden ist(90). So sieht Art. 47 Abs. 1 der Charta vor, dass jede Person, deren durch das Recht der Union garantierte Rechte oder Freiheiten verletzt worden sind, das Recht hat, nach Maßgabe der in diesem Artikel vorgesehenen Bedingungen bei einem Gericht einen wirksamen Rechtsbehelf einzulegen.

142. Mir ist nicht klar, inwiefern die Tatsache, dass weder den Betroffenen noch den Mitgliedstaaten Gelegenheit gegeben wurde, vor Erlass der Verordnung Nr. 530/2008 schriftlich Stellung zu nehmen, gegen den Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes verstoßen könnte. Dieser Grundsatz bezieht sich nämlich auf den gerichtlichen Rechtsschutz, nachdem der Rechtsakt bereits erlassen worden ist. Dieser gerichtliche Rechtsschutz wird sowohl den Mitgliedstaaten als auch anderen Betroffenen (natürlichen und juristischen Personen) garantiert, da sie unter den Voraussetzungen von Art. 230 Abs. 2 EG bzw. Art. 230 Abs. 4 EG(91) gegen einen solchen Rechtsakt Nichtigkeitsklage erheben können, genauso wie ein nationales Gericht in einem bei ihm anhängigen Verfahren dem Gerichtshof eine Frage nach der Gültigkeit eines Gemeinschaftsakts vorlegen kann. Dass im Verfahren zum Erlass der Verordnung Nr. 530/2008 keine Möglichkeit der Stellungnahme bestand, verstößt daher meines Erachtens nicht gegen den Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes.

b)      Geltend gemachter Verstoß gegen den Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens

143. Im Rahmen des geltend gemachten Verstoßes gegen den Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens ist zu prüfen, ob die Verordnung Nr. 530/2008 gegen diesen Grundsatz zum einen im Verhältnis zu anderen Mitgliedstaaten und zum anderen im Verhältnis zu den Betroffenen, auf die sich Art. 3 dieser Verordnung bezieht, verstößt.

i)      Wahrung des Grundsatzes des kontradiktorischen Verfahrens im Verhältnis zu den Mitgliedstaaten

144. Hinsichtlich der Wahrung des Grundsatzes des kontradiktorischen Verfahrens im Verhältnis zu den Mitgliedstaaten geht aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs hervor, dass dieser Grundsatz nicht nur für die Bürger, sondern auch für die Mitgliedstaaten gilt; in Bezug auf Letztere ist dieser Grundsatz im Rahmen von Verfahren anerkannt worden, die ein Gemeinschaftsorgan gegen den betroffenen Mitgliedstaat eingeleitet hat(92). Der Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens gilt somit nur, wenn Gemeinschaftsorgane Verfahren gegen Mitgliedstaaten einleiten, z. B. das Verfahren nach Art. 228 EG(93) oder das Verfahren im Zusammenhang mit staatlichen Beihilfen(94). Eine Verordnung der Kommission ist jedoch grundsätzlich ein genereller Rechtsakt; im Verfahren zu ihrem Erlass hat die Kommission, die den Rechtsakt erlässt, keine allgemeine Verpflichtung, Betroffenen oder Mitgliedstaaten Gelegenheit zu geben, zu dieser Verordnung Stellung zu nehmen. Die Verordnung hat nämlich nach Art. 249 Abs. 2 EG(95) allgemeine Geltung, ist in allen Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

145. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass die Rechtsgrundlage, auf der die Verordnung Nr. 530/2008 erlassen wurde – also Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2371/2002 – den Erlass von Sofortmaßnahmen auf Initiative der Kommission vorsieht(96). Da es sich um eine Sofortmaßnahme handelt, könnte, wenn den Mitgliedstaaten eine Stellungnahme möglich wäre, der Erlass von Sofortmaßnahmen unverhältnismäßig verzögert und ihnen ihr Sinn genommen werden. Der Sinn liegt nämlich genau darin, sie rasch und unverzüglich zu erlassen, damit ihre Wirksamkeit gewährleistet ist(97).

146. Daher verstößt meines Erachtens die Verordnung Nr. 530/2008 im Verhältnis zu den Mitgliedstaaten nicht gegen den Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens.

ii)    Wahrung des Grundsatzes des kontradiktorischen Verfahrens im Verhältnis zu anderen Betroffenen

147. Hinsichtlich der Wahrung des Grundsatzes des kontradiktorischen Verfahrens im Verhältnis zu anderen Betroffenen, auf die sich Art. 3 der Verordnung Nr. 530/2008 bezieht, ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens für jedes Verfahren gilt, das zu einer Entscheidung eines Gemeinschaftsorgans führen kann, durch die Interessen eines Dritten spürbar beeinträchtigt werden(98). Wie in Nr. 144 der vorliegenden Schlussanträge ist auch in diesem Zusammenhang hervorzuheben, dass eine Verordnung der Kommission grundsätzlich ein genereller Rechtsakt ist. Dem Inhalt nach kann sie zwar auch ein individueller Rechtsakt sein, wenn sich herausstellt, dass es sich in Wirklichkeit um eine oder mehrere Entscheidungen handelt, die Einzelne unmittelbar und individuell betreffen(99). Meines Erachtens ist in der vorliegenden Rechtssache das Kriterium der individuellen Betroffenheit nicht erfüllt, weil sich Art. 3 der Verordnung Nr. 530/2008 allgemein auf alle Wirtschaftsbeteiligten in der Gemeinschaft bezieht, die Roten Thun anlanden, zum Zweck der Mast oder Aufzucht hältern oder umladen könnten(100). Daher ist die Verordnung Nr. 530/2008 nicht als Entscheidung anzusehen, sondern als genereller Rechtsakt, bei dessen Erlass die Kommission den Betroffenen nach Art. 3 dieser Verordnung keine Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben brauchte.

148. Wie hinzuzufügen ist, geht aus der Rechtsprechung hervor, dass auch dann, wenn die Verordnung die Betroffenen unmittelbar und individuell beträfe und von ihnen nach Art. 230 Abs. 4 EG(101) angefochten werden könnte, dieser Artikel für sich genommen dem Einzelnen nicht automatisch das Recht einräumt, vor dem Erlass dieses Rechtsakts gehört zu werden(102).

149. Außerdem ist auch an dieser Stelle – wie in Nr. 145 der vorliegenden Schlussanträge – hervorzuheben, dass, wenn jedem Betroffenen eine Stellungnahme möglich wäre, der Erlass von Sofortmaßnahmen nach Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2371/2002 unverhältnismäßig verzögert würde, die rasch und unverzüglich zu erlassen sind, damit ihre Wirksamkeit gewährleistet ist.

150. Daher verstößt meines Erachtens die Verordnung Nr. 530/2008 im Verhältnis zu anderen Betroffenen, die unter Art. 3 der Verordnung fallen, nicht gegen den Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens.

2.      Verstößt Art. 7 der Verordnung Nr. 2371/2002 gegen die Grundsätze des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes und des kontradiktorischen Verfahrens?

151. Meines Erachtens verstößt auch Art. 7 der Verordnung Nr. 2371/2002 nicht gegen die Grundsätze des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes und des kontradiktorischen Verfahrens.

a)      Geltend gemachter Verstoß gegen den Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes

152. Zur Frage eines Verstoßes gegen den Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes möchte ich auf die Argumentation in den Nrn. 141 und 142 der vorliegenden Schlussanträge verweisen. Aus den dort angeführten Gründen verstößt Art. 7 der Verordnung Nr. 2371/2002 meines Erachtens nicht gegen den Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes.

b)      Geltend gemachter Verstoß gegen den Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens

153. Genauso wenig verstößt meines Erachtens Art. 7 der Verordnung Nr. 2371/2002 gegen den Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens bzw. ein Recht der Betroffenen und der Mitgliedstaaten auf Stellungnahme.

154. Hinsichtlich des Rechts der übrigen Betroffenen (natürliche und juristische Personen) auf Stellungnahme möchte ich auf die Nrn. 145 und 149 der vorliegenden Schlussanträge verweisen. Hätten alle übrigen Betroffenen (natürliche und juristische Personen) im Verfahren zum Erlass von Sofortmaßnahmen ein Recht auf Stellungnahme, würde das Verfahren zum Erlass von Sondermaßnahmen für die Erhaltung von lebenden aquatischen Ressourcen unverhältnismäßig in die Länge gezogen und die Wirksamkeit dieser Maßnahmen spürbar vermindert.

155. Auf der Grundlage von Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2371/2002 kann die Kommission Sofortmaßnahmen für die Erhaltung von lebenden aquatischen Ressourcen entweder auf begründeten Antrag eines Mitgliedstaats oder von sich aus erlassen. Nach Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 2371/2002 übermittelt der Mitgliedstaat seinen Antrag gleichzeitig der Kommission, den übrigen Mitgliedstaaten und den zuständigen regionalen Beratungsgremien, die der Kommission ihre schriftliche Stellungnahme binnen fünf Arbeitstagen nach Eingang des Antrags zustellen können.

156. Wenn einer der Mitgliedstaaten einen Antrag auf Erlass von Sofortmaßnahmen stellt, können die übrigen Mitgliedstaaten nach Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 2371/2002 also schriftliche Stellungnahmen einreichen. Dagegen können die Mitgliedstaaten, wenn die Kommission die Sofortmaßnahmen aus eigenem Antrieb erlässt, keine Stellungnahmen abgeben. Eine solche Regelung scheint zwar auf den ersten Blick vielleicht widersprüchlich, jedoch verstößt meines Erachtens die Tatsache, dass die Mitgliedstaaten keine Stellungnahmen einreichen können, wenn die Kommission Sofortmaßnahmen von sich aus erlässt, nicht gegen ein Recht auf Stellungnahme.

157. Es muss nämlich berücksichtigt werden, dass die Kommission, wenn ein Mitgliedstaat den Erlass von Sofortmaßnahmen vorschlägt, die Dringlichkeit des Erlasses von Maßnahmen offensichtlich nicht erkannt hat, weshalb die Standpunkte der anderen Mitgliedstaaten ihr helfen können, sich eine objektive Meinung zu bilden, und gleichzeitig verhindern können, dass einer der Mitgliedstaaten die Möglichkeit, den Erlass von Sofortmaßnahmen vorzuschlagen, missbraucht. Anders verhält es sich, wenn die Kommission die Sofortmaßnahmen von sich aus erlässt. In diesem Fall ist die Dringlichkeit des Erlasses von Maßnahmen so offensichtlich, dass die Kommission, die aufgrund der ihr zur Verfügung stehenden Daten Sofortmaßnahmen erlassen kann, sie bereits erkannt hat.

158. Daher verstößt meines Erachtens Art. 7 der Verordnung Nr. 2371/2002 in keiner Hinsicht gegen den Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens.

G –    Zehnte Frage

159. Die zehnte Vorlagefrage wird nur hilfsweise gestellt; daher wird der Gerichtshof sie nicht zu beantworten haben, wenn er die Verordnung Nr. 530/2008 für ungültig erklärt. Trotzdem beantworte ich sie im Folgenden für den Fall, dass der Gerichtshof die Verordnung nicht für ungültig erklärt.

160. Mit der zehnten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 3 Abs. 1 der Verordnung Nr. 530/2008, sollte der Gerichtshof entscheiden, dass diese Verordnung gültig ist, dahin auszulegen ist, dass er Wirtschaftsbeteiligten in der Gemeinschaft untersagt, Roten Thun, der von Ringwadenfischern, die die Flagge eines Drittstaats führen, im Atlantik östlich von 45 °W und im Mittelmeer gefangen wurde, zur Anlandung, zur Hälterung zum Zweck der Mast oder Aufzucht oder zur Umladung in Gemeinschaftsgewässern oder -häfen zu akzeptieren.

161. Meines Erachtens ist diese Frage zu bejahen.

162. Zum einen wird eine solche Auslegung durch den Wortlaut des Art. 3 Abs. 1 der Verordnung Nr. 530/2008 gedeckt, der von „Ringwadenfischern“ im Allgemeinen spricht, nicht aber ausdrücklich von solchen Schiffen, die die Flagge Griechenlands, Frankreichs, Italiens, Zyperns oder Maltas führen. Dieser Artikel wurde somit bewusst anders gefasst als Art. 1 Abs. 1 der Verordnung, in dem die Mitgliedstaaten, auf die sich die Verordnung bezieht, ausdrücklich genannt werden. Art. 3 Abs. 1 der Verordnung Nr. 530/2008 weist damit klar darauf hin, dass er sich auf alle Schiffe bezieht und nicht nur auf Schiffe aus den angeführten Mitgliedstaaten.

163. Zum anderen führt auch eine systematische Auslegung dieses Artikels zu diesem Ergebnis. Anders als Art. 3 Abs. 1 der Verordnung Nr. 530/2008, der allgemein formuliert ist, bezieht sich Art. 3 Abs. 2 ausdrücklich nur auf einen Mitgliedstaat, auf Spanien. Die systematische Auslegung lässt also den Schluss zu, dass die Kommission – wenn sie gewollt hätte, dass sich Art. 3 Abs. 1 der Verordnung nur auf bestimmte Mitgliedstaaten bezieht – das im Wortlaut auch ausdrücklich erklärt hätte.

164. Außerdem hat die Kommission bekräftigt, dass Art. 3 Abs. 1 der Verordnung Nr. 530/2008 so auszulegen sei, dass er sich auf das Verbot der Anlandung von Thunfisch beziehe, der von Ringwadenfischern aus beliebigen Staaten außer Spanien gefangen worden sei.

165. Daher ist auf die zehnte Vorlagefrage meines Erachtens zu antworten, dass Art. 3 Abs. 1 der Verordnung Nr. 530/2008 dahin auszulegen ist, dass er Wirtschaftsbeteiligten in der Gemeinschaft untersagt, Roten Thun, der im Atlantik östlich von 45 °W und im Mittelmeer gefangen wurde, zur Anlandung, zur Hälterung zum Zweck der Mast oder Aufzucht oder zur Umladung in Gemeinschaftsgewässern oder -häfen zu akzeptieren, und zwar auch dann, wenn der Thunfisch von Ringwadenfischern gefangen wurde, die die Flagge eines Drittstaats, der nicht Mitglied der Gemeinschaft ist, führen.

VII – Ergebnis

166. Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, die vom Prim'Awla tal-Qorti Civili (Republik Malta) vorgelegten Fragen wie folgt zu beantworten:

1.         Die Prüfung der Geeignetheit der Rechtsgrundlage und der Angemessenheit der Begründung der Verordnung (EG) Nr. 530/2008 der Kommission vom 12. Juni 2008 über Sofortmaßnahmen für Ringwadenfischer, die im Atlantik östlich von 45 °W und im Mittelmeer Fischerei auf Roten Thun betreiben, hat nichts ergeben, was die Gültigkeit dieser Verordnung berühren könnte.

2.         Die Verordnung Nr. 530/2008 enttäuscht nicht die berechtigten Erwartungen von Wirtschaftsbeteiligten wie der Klägerin des Ausgangsverfahrens.

3.         Art.  3 der Verordnung Nr. 530/2008 ist wegen Verstoßes gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ungültig.

4.         Die Art. 1 und 2 der Verordnung Nr. 530/2008 sind wegen Verstoßes gegen das Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit nach Art. 12 EG ungültig.

5.         Die Verordnung Nr. 530/2008 und Art. 7 der Verordnung Nr. 2371/2002 verstoßen nicht gegen die Grundsätze des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes und des kontradiktorischen Verfahrens.


1 – Originalsprache: Slowenisch.


2 _ ABl. L 155, S. 9.


3 – Seitdem der Vertrag von Lissabon zur Änderung des Vertrags über die Europäische Union und des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, unterzeichnet in Lissabon am 13. Dezember 2007 (ABl. C 306, S. 1), am 1. Dezember 2009 in Kraft getreten ist, wird das Vorabentscheidungsverfahren in Art. 267 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) geregelt.


4 – Klage in der Rechtssache AJD Tuna/Kommission (T‑329/08), eingereicht am 12. August 2008.


5 – Klage in der Rechtssache Italien/Kommission (T‑305/08), eingereicht am 11. August 2008.


6 – Vgl. Beschluss des Gerichts erster Instanz (jetzt Gericht) vom 30. November 2009, Veromar di Tudisco Alfio & Salvatore u. a./Kommission (T‑313/08 bis T‑318/08 und T‑320/08 bis T‑328/08, Slg. 2010, I‑0000).


7 – ABl. L 261, S. 1.


8 – ABl. L 358, S. 59.


9 – Der Wortlaut dieser Konvention wurde im ABl. 1986, L 162, S. 34, veröffentlicht.


10 – Art. III Abs. 1 der Konvention zur Erhaltung der Thunfischbestände.


11 – Art. VIII Abs. 1 Buchst. a der Konvention zur Erhaltung der Thunfischbestände.


12 – ABl. L 162, S. 33.


13 – ABl. L 340, S. 8.


14 – ABl. L 19, S. 1.


15 – ABl. L 134, S. 11.


16 – Die Kommission beruft sich dabei auf das Urteil vom 25. Oktober 2001, Italien/Rat (C‑120/99, Slg. 2001, I‑7997, Randnrn. 28 und 29).


17 – Zur Gefährdung des Roten Thuns vgl. z. B. die bereits im Jahr 1995 veröffentlichte Publikation der Food and Agriculture Organization „Examen de la situation mondiale des espèces de grands migrateurs et des stocks chevauchants“, FAO document technique sur les pêches 337, 1995, S. 36.


18 – Vgl. z. B. die Publikation „Biodiversity: My Hotel in Action: A Guide to Sustainable Use of Biological Resources“, International Union for Conservation of Nature, Gland, 2008, S. 64; Deere, C., Net Gains: Linking Fisheries Management, International Trade and Sustainable Development, IUCN, Washington, 2000, S. 37. Vgl. auch Barnosky, A. D., Heatstroke: Nature in an Age of Global Warming, Island Press, Washington, 2009, S. 50; Lévêque, C., La biodiversité au quotidien: Le développement durable à l'épreuve des faits, Éditions Quae, Versailles, 2008, S. 173.


19 – Übrigens wird auch in der Lehre darauf hingewiesen, dass der Rote Thun offensichtlich zu stark bewirtschaftet werde und eine mindestens 25-prozentige Senkung der Sterberate dieser Fischart erreicht werden müsste. Vgl. Markus, T., European fisheries law: from promotion to management, Europa Law Publishing, Groningen, 2009, S. 13.


20 – Vgl. den dritten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1559/2007.


21 – Vgl. Art. 3 der Verordnung Nr. 1559/2007.


22 – Art. 5 Abs. 1 und 2 der Verordnung Nr. 1559/2007 verbietet den Fang von Rotem Thun im Ostatlantik und im Mittelmeer mit großen pelagischen Langleinenfängern von über 24 m und mit Ringwadenfängern in der Zeit vom 1. Juli bis 31. Dezember.


23 – Vgl. Art. 7 der Verordnung Nr. 1559/2007.


24 – Vgl. Art. 17 der Verordnung Nr. 1559/2007.


25 – Hinzugefügt sei, dass sich die zweite Frage im Wesentlichen darauf bezieht, ob die Verordnung Nr. 530/2008 im Hinblick auf die bestehende Rechtsgrundlage (Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2371/2002) angemessen begründet ist. Bevor die Angemessenheit der Begründung dieser Verordnung beurteilt wird, muss jedoch geprüft werden, ob Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2371/2002 überhaupt eine geeignete Rechtsgrundlage für den Erlass der Verordnung Nr. 530/2008 darstellt.


26 – Dazu sei ergänzt, dass nach Rechtsprechung des Gerichtshofs die Begründungspflicht nach Art. 253 EG von der sachlichen Richtigkeit der Begründung zu unterscheiden ist, die zur materiellen Rechtmäßigkeit des streitigen Rechtsakts gehört. Vgl. in diesem Sinne Urteile vom 19. September 2002, Spanien/Kommission (C‑113/00, I‑7601, Randnr. 47), und vom 5. März 2009, Frankreich/Rat (C‑479/07, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 50).


27 – ABl. L 97, S.31.


28 – Verordnung (EG) Nr. 1037/2005 der Kommission vom 1. Juli 2005 mit Sofortmaßnahmen zum Schutz und zur Wiederauffüllung des Sardellenbestands im ICES-Untergebiet VIII (ABl. L 171, S. 24). Ergänzt werden muss, dass die Kommission gestützt auf Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2371/2002 bisher nicht nur Maßnahmen zum Verbot des Fangs bestimmter Fischarten erlassen hat, sondern auch Maßnahmen zur Erhaltung der marinen Ökosysteme, z. B. von Korallenriffen. Vgl. dazu z. B. die Verordnung (EG) Nr. 1475/2003 der Kommission vom 20. August 2003 zum Schutz von Tiefseekorallenriffen vor den Folgen des Schleppnetzfangs in einem Gebiet nordwestlich von Schottland (ABl. L 211, S. 14) und die Verordnung (EG) Nr. 263/2004 der Kommission vom 16. Februar 2004 zur Verlängerung der Geltungsdauer der Verordnung (EG) Nr. 1475/2003 zum Schutz von Tiefseekorallenriffen vor den Folgen des Schleppnetzfangs in einem Gebiet nordwestlich von Schottland um sechs Monate (ABl. L 46, S. 11).


29 – Vgl. in diesem Sinne Urteile vom 29. Februar 1996, Kommission/Rat (C‑122/94, Slg. 1996, I‑881, Randnr. 18), vom 19. Februar 1998, NIFPO und Northern Ireland Fishermen’s Federation (C‑4/96, Slg. 1998, I‑681, Randnrn. 41 und 42), vom 5. Oktober 1999, Spanien/Rat (C‑179/95, Slg. 1999, I‑6475, Randnr. 29), vom 25. Oktober 2001, Italien/Rat (C‑120/99, Slg. 2001, I‑7997, Randnr. 44), und vom 2. Juli 2009, Bavaria und Bavaria Italia (C‑343/07, Slg. 2009, Randnr. 84). Vgl. auch meine Schlussanträge vom 3. März 2009 in der Rechtssache Azienda Agricola Disarò Antonio u. a. (C‑34/08, Slg. 2009, Nr. 47).


30 – Vgl. z. B. Urteile vom 12. Juli 2001, Jippes u. a. (C‑189/01, Slg. 2001, I‑5689, Randnr. 80), vom 9. September 2004, Spanien/Kommission (C‑304/01, Slg. 2004, I‑7655, Randnr. 23), sowie vom 23. März 2006, Unitymark und North Sea Fishermen's Organisation (C‑535/03, Slg. 2006, I‑2689, Randnr. 55).


31 – Vgl. z. B. Urteil vom 16. Dezember 2008, Arcelor Atlantique et Lorraine u. a. (C‑127/07, Slg. 2008, I‑9895, Randnr. 58 und die dort angeführte Rechtsprechung).


32 – Vgl. in diesem Sinne z. B. Urteil vom 8. Juni 2010, Vodafone u. a. (C‑58/08, Slg. 2010, I‑0000, Randnr. 53), und in Fn. 31 angeführtes Urteil Arcelor Atlantique et Lorraine u. a.


33 – Anlage 5 zu den schriftlichen Erklärungen von AJD Tuna: ICCAT Circular 1995/08.


34 – So soll Kroatien in Bezug auf die der ICCAT gemeldete Fangmenge 98,91 % seiner Quote erreicht haben, Marokko 87,32 % seiner Quote. Vgl. Anlage 5 zu den schriftlichen Erklärungen von AJD Tuna: ICCAT Circular 1995/08.


35 – Tunesien soll Roten Thun im Umfang von 107,20 % seiner Quote gefangen haben, Libyen im Umfang von 105,58 % seiner Quote.


36 – Vgl. Report for biennal period, 2008-09, Part II (2009) – Vol. 2, abrufbar als www.iccat.int/Documents/BienRep/REP_EN_08-09_II_2.pdf.


37 – Ebd., S. 119.


38 – Ebd., S. 120.


39 – Ebd., S. 119. Hinzugefügt sei, dass die potenzielle Fangmenge auf der Grundlage der Kapazität der Fischereifahrzeuge bestimmt wird; in der Lehre wird darauf hingewiesen, dass wegen der Überkapazität der Fischerschiffe (im Verhältnis zu den zugeteilten Quoten) die Überfischung das größte Problem der gemeinsamen Fischereipolitik sei. Vgl. in diesem Sinne Berg, A., Implementing and Enforcing European Fisheries Law: The Implementation and the Enforcement of the Common Fisheries Policy in the Netherlands and in the United Kingdom, Kluwer, Haag, 1999, S. 38; Markus, T., a. a. O. (Fn. 19), S. 13. Vgl. ferner Gründbuch „Reform der Gemeinsamen Fischereipolitik“ (KOM[2009] 163 endg.), S. 5, wo es heißt, dass die europäischen Fischbestände schon seit Jahrzehnten überfischt würden und die Fangflotten noch immer zu groß für die verfügbaren Ressourcen seien.


40 – Vgl. Nr. 68 der vorliegenden Schlussanträge.


41 – Vgl. Art. 2 der Verordnung Nr. 2371/2002.


42 – Vgl. Art. 3 Buchst. i der Verordnung Nr. 2371/2002.


43 – Seit Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon Art. 296 Abs. 2 AEUV.


44 – Vgl. in diesem Sinne Urteile vom 5. Oktober 2000, Deutschland/ Kommission (C‑288/96, Slg. 2000, I‑8237, Randnr. 82), und vom 19. Oktober 2000, Italien und Sardegna Lines/Kommission (C‑15/98 und C‑105/99, Slg. 2000, I‑8855, Randnr. 65). In der Lehre vgl. z. B. Schwarze, J. (Hrsg.), EU-Kommentar, 2. Aufl., Nomos, Baden-Baden, 2009, S. 1919, Randnrn. 5 ff.


45 – Vgl. z. B. Urteil vom 25. Oktober 2001, Italien/Rat (C‑120/99, Slg. 2001, I‑7997, Randnr. 29).


46 – Vgl. in diesem Sinne insbesondere Urteile vom 29. Februar 1996, Belgien/ Kommission (C‑56/93, Slg. 1996, I‑723, Randnr. 86), vom 2. April 1998, Kommission/Sytraval und Brink’s France (C‑367/95 P, Slg. 1998, I‑1719, Randnr. 63), vom 7. März 2002, Italien/Kommission (C‑310/99, Slg. 2002, I‑2289, Randnr. 48), vom 12. Dezember 2002, Belgien/Kommission (C‑5/01, Slg. 2002, I‑11991, Randnr. 68), und vom 5. März 2009, Frankreich/Rat (C‑479/07, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 49).


47 – Vgl. z. B. Urteile vom 7. November 2000, Luxemburg/Kommission und Rat (C‑168/98, Slg. 2000, I‑9131, Randnr. 62), vom 9. September 2003, Kik (C‑361/01 P, Slg. 2003, I‑8283, Randnr. 102), und in Fn. 30 angeführtes Urteil Spanien/Kommission (Randnr. 51).


48 – In Fn. 27 angeführt.


49 – ABl. L 171, S. 24.


50 – ABl. L 247, S. 9.


51 – ABl. L 211, S. 14.


52 – Vgl. in diesem Sinne z. B. Urteile vom 11. März 1987, Van den Bergh en Jurgens/Kommission (265/85, Slg. 1987, 1155, Randnr. 44), vom 15. Juli 2004, Di Lenardo und Dilexport (C‑37/02 und C‑38/02, Slg. 2004, I‑6911, Randnr. 70), vom 10. März 2005, Spanien/Rat (C‑342/03, Slg. 2005, I‑1975, Randnr. 47), und vom 25. Oktober 2007, Komninou u. a. (C‑167/06 P, Slg. 2007, I‑141, Randnr. 63).


53 – Vgl. in diesem Sinne z. B. in Fn. 52 angeführtes Urteil Komninou u. a., Randnr. 63.


54 – Vgl. in diesem Sinne z. B. Urteile vom 24. November 2005, Deutschland/Kommission (C‑506/03, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 58), und vom 22. Juni 2006, Belgien und Forum 187/Kommission (C‑182/03 und C‑217/03, Slg. 2006, I‑5479, Randnr. 147), sowie in Fn. 52 angeführtes Urteil Komninou u. a. (Randnr. 63).


55 – Vgl. in diesem Sinne z. B. in Fn. 52 angeführtes Urteil Van den Bergh en Jurgens/Kommission (Randnr. 44), Urteil vom 15. April 1997, Irish Farmers Association u. a. (C‑22/94, Slg. 1997, I‑1809, Randnr. 25), sowie in Fn. 54 angeführtes Urteil Belgien und Forum 187/Kommission (Randnr. 147).


56 – Vgl. in diesem Sinne Urteile vom 11. Juni 2009, Agrana Zucker (C‑33/08, Slg. 2009, I‑0000, Randnr. 31), und vom 7. September 2006, Spanien/Rat (C‑310/04, Slg. 2006, I‑7285, Randnr. 97), in Fn. 30 angeführtes Urteil Jippes u. a. (Randnr. 81) sowie Urteile vom 5. Oktober 1994, Crispoltoni u. a. (C‑133/93, C‑300/93 und C‑362/93, Slg. 1994, I‑4863, Randnr. 41), und vom 13. November 1990, Fedesa u. a. (C‑331/88, Slg. 1990, I‑4023, Randnr. 13).


57 – Zum dreistufigen Prüfungsmaßstab des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit vgl. z. B. meine Schlussanträge vom 21. Januar 2010 in der Rechtssache Agrana Zucker (C‑365/08, Urteil vom 20. Mai 2010, Slg. 2010, I‑0000, Nr. 60). Zum Dreistufenschema des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit vgl. in der Literatur etwa Simon, D., „Le contrôle de proportionnalité exercé par la Cour de Justice des Communautés Européennes“, Petites affiches, Nr. 46/2009, S. 17, Randnrn. 20 ff.; de Búrca, G., The Principle of Proportionality and its Application in EC Law, Yearbook of European Law, Vol. 13 (1993), S. 113; Van Gerven, W., „The Effect of Proportionality on the Actions of Member States of the European Community: National Viewpoints from Continental Europe“, in: Ellis, E., The Principle of Proportionality in the Laws of Europe, Oxford in Portland, 1999, S. 37.


58 – Vgl. z. B. in Fn. 30 angeführte Urteile Jippes u. a. (Randnr. 80), Spanien/Kommission (Randnr. 23) sowie Unitymark und North Sea Fishermen's Organisation (Randnr. 55).


59 – Vgl. z. B. in Fn. 56 angeführte Urteile Fedesa u. a. (Randnr. 14) und Crispoltoni u. a. (Randnr. 42), in Fn. 30 angeführtes Urteil Jippes u. a. (Randnr. 82) sowie Urteil vom 10. Januar 2006, IATA und ELFAA (C‑344/04, Slg. 2006, I‑403, Randnr. 80).


60 – Vgl. meine Schlussanträge in der Rechtssache Azienda Agricola Disarò Antonio u. a. (in Fn. 29 angeführt, Nr. 61).


61 – Vgl. meine Schlussanträge in der Rechtssache Agrana Zucker (in Fn. 57 angeführt, Nr. 64).


62 – Schlussanträge der Generalanwältin Sharpston vom 14. Juni 2007 in den verbundenen Rechtssachen Zuckerfabrik Jülich u. a. (C‑5/06 und C‑23/06 bis C‑36/06, Urteil vom 8. Mai 2008, Slg. 2008, I‑3231, Nr. 65).


63 – Übrigens ist auch der Gerichtshof im Urteil Vodafone u. a. (in Fn. 32 angeführt, Randnrn. 51 bis 71) bei der Prüfung der Gültigkeit einer Gemeinschaftsverordnung trotz weiten Ermessens des Gemeinschaftsgesetzgebers nach der dreistufigen Verhältnismäßigkeitsprüfung vorgegangen, da er die Geeignetheit (Randnrn. 55 bis 60), die Erforderlichkeit (Randnrn. 61 bis 68) und die Angemessenheit der Maßnahme (Randnr. 69) untersucht hat.


64 – Vgl. meine Schlussanträge in den Rechtssachen Azienda Agricola Disarò Antonio u. a. (in Fn. 29 angeführt, Nr. 63) und Agrana Zucker (in Fn. 57 angeführt, Nr. 66).


65 – Vgl. meine Schlussanträge in den Rechtssachen Azienda Agricola Disarò Antonio u. a. (in Fn. 29 angeführt, Nr. 63) und Agrana Zucker (in Fn. 57 angeführt, Nr. 66).


66 – Vgl. meine Schlussanträge in den Rechtssachen Azienda Agricola Disarò Antonio u. a. (in Fn. 29 angeführt, Nr. 64) und Agrana Zucker (in Fn. 57 angeführt, Nr. 70).


67 – Vgl. in diesem Sinne Urteile vom 6. März 2007, Placanica u. a. (C‑338/04, C‑359/04 und C‑360/04, Slg. 2007, I‑1891, Randnrn. 53 und 58), vom 17. Juli 2008, Corporación Dermoestética (C‑500/06, Slg. 2008, I‑5785, Randnrn. 39 und 40), und vom 10. März 2009, Hartlauer (C‑169/07, Slg. 2009, I‑1721, Randnr. 55), die sich zwar auf die Prüfung der Verhältnismäßigkeit einer nationalen Regelung beziehen, jedoch analog auf die Prüfung der Verhältnismäßigkeit von Maßnahmen der Gemeinschaft übertragen werden können. Vgl. z. B. auch die Schlussanträge der Generalanwältin Kokott vom 6. Mai 2010 in der Rechtssache Andersen (C‑499/08, Rechtssache anhängig, Nr. 57 und die dort angeführte Rechtsprechung).


68 – Vgl. meine Schlussanträge in der Rechtssache Azienda Agricola Disarò Antonio u. a. (in Fn. 29 angeführt, Nr. 37).


69 – Dabei handelt es sich um ständige Rechtsprechung zur Nichtigkeitsklage, die aber analog auf die Prüfung einer Vorlagefrage nach der Gültigkeit eines Gemeinschaftsakts übertragbar ist; vgl. z. B. Urteile vom 10. Dezember 2002, Kommission/Rat (C‑29/99, Slg. 2002, I‑11221, Randnrn. 45 und 46), vom 21. Januar 2003, Kommission/Parlament und Rat (C‑378/00, Slg. 2003, I‑937, Randnr. 30), und vom 30. September 2003, Deutschland/Kommission (C‑239/01, Slg. 2003, I‑10333, Randnr. 33).


70 – Vgl. z. B. Urteil vom 31. März 1998, Frankreich u. a./Kommission (C‑68/94 und C‑30/95, Slg. 1998, I‑1375, Randnr. 257), sowie in Fn. 69 angeführte Urteile Kommission/Rat (Randnr. 46) und Deutschland/Kommission (Randnr. 34).


71 – Mit anderen Mitgliedstaaten ist vor allem Portugal gemeint, dem im Anhang der Verordnung Nr. 446/2008 eine Quote von 518,96 Tonnen zugeteilt wurde; den anderen Mitgliedstaaten, die nicht unter die Verordnung Nr. 530/2008 fallen, wurde insgesamt eine Quote von 60 Tonnen zugeteilt.


72 – Vgl. z. B. Urteile vom 17. Oktober 1995, Fishermen’s Organisations u. a. (C‑44/94, Slg. 1995, I‑3115, Randnr. 46), vom 30. März 2006, Spanien/Rat (C‑87/03 und C‑100/03, Slg. 2006, I‑2915, Randnr. 48), vom 19. April 2007, Spanien/Rat (C‑134/04, Slg. 2007, I‑54, Randnr. 28), und vom 8. November 2007, Spanien/Rat (C‑141/05, Slg. 2007, I‑9485, Randnr. 40).


73 – Die Kommission hat in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass Roter Thun nur bei einer bestimmten Meerestemperatur, und zwar zwischen 17 und 24 ºC, vorkomme.


74 – Vgl. Randnr. 35 der schriftlichen Erklärungen der Kommission und Anlage 6 zu den Erklärungen.


75 – Vgl. Report for biennal period, 2008-09, Part II (2009) – Vol. 2, abrufbar als www.iccat.int/Documents/BienRep/REP_EN_08-09_II_2.pdf, S. 125 und 126 (BFT‑Table 1. Estimated catches [t] of northern bluefin tuna [Thunnus thynnus] by major area, gear and flag).


76 – Die geschätzte Fangmenge für Frankreich betrug im Jahr 2008 im östlichen Atlantik 253 Tonnen, im Mittelmeer 2 670 Tonnen, zusammen also 2 923 Tonnen (vgl. a. a. O.), was 59,72 % der Quote für Frankreich entspricht, die sich für 2008 nach dem Anhang der Verordnung Nr. 446/2008 auf 4 894,19 Tonnen belief. Die geschätzte Fangmenge für Italien betrug (im Mittelmeer) 2 234 Tonnen (vgl. a. a. O.), was 53,67 % der Quote für Italien entspricht, die sich für 2008 nach dem Anhang der Verordnung Nr. 446/2008 auf 4 162,71 Tonnen belief.


77 – Vgl. Randnr. 32 der schriftlichen Erklärungen der Kommission.


78 – Hervorhebung nur hier.


79 – Vgl. Anlage 6 zu den schriftlichen Erklärungen der Kommission.


80 – Vgl. Anhang der Verordnung Nr. 446/2008.


81 – Vgl. Randnr. 31 der schriftlichen Erklärungen der Kommission.


82 – Wie aus Anlage 6 zu den schriftlichen Erklärungen der Kommission hervorgeht.


83 – Art. 5 Abs. 1 und 2 der Verordnung Nr. 1559/2007 verbietet im Ostatlantik und im Mittelmeer in der Zeit vom 1. Juni bis 31. Dezember den Fang von Rotem Thun mit großen pelagischen Langleinenfängern von über 24 m und Ringwadenfängern.


84 – Das beweisen auch die bisherigen Maßnahmen, die auf der Grundlage von Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 3271/2002 erlassen wurden. Vgl. die in Nr. 67 der vorliegenden Schlussanträge angeführten Maßnahmen.


85 – Dabei handelt es sich um ständige Rechtsprechung zur Nichtigkeitsklage, die aber analog auf die Prüfung einer Vorlagefrage zur Gültigkeit eines Gemeinschaftsakts übertragbar ist; vgl. z. B. in Fn. 69 angeführte Urteile Kommission/Rat (Randnrn. 45 und 46), Kommission/Parlament und Rat (Randnr. 30) und Deutschland/Kommission (Randnr. 33).


86 – Vgl. z. B. in Fn. 70 angeführtes Urteil Frankreich u. a./Kommission (Randnr. 257) sowie in Fn. 69 angeführte Urteile Kommission/Rat (Randnr. 46) und Deutschland/Kommission (Randnr. 34).


87 – Vgl. Nrn. 111 bis 114 der vorliegenden Schlussanträge.


88 – Aus dem Anhang der Verordnung Nr. 446/2008 geht hervor, dass Portugal eine Quote von 518,96 Tonnen zugeteilt wurde, allen anderen Mitgliedstaaten (außer jenen, die unter die Verordnung Nr. 530/2008 fallen) eine Quote von insgesamt 60 Tonnen.


89 – Urteile vom 15. Mai 1986, Johnston (222/84, Slg. 1986, 1651, Randnrn. 18 und 19), vom 15. Oktober 1987, Heylens u. a. (222/86, Slg. 1987, 4097, Randnr. 14), vom 27. November 2001, Kommission/Österreich (C‑424/99, Slg. 2001, I‑9285, Randnr. 45), vom 25. Juli 2002, Unión de Pequeños Agricultores/Rat (C‑50/00 P, Slg. 2002, I‑6677, Randnr. 39), vom 19. Juni 2003, Eribrand (C‑467/01, Slg. 2003, I‑6471, Randnr. 61), vom 13. März 2007, Unibet (C‑432/05, Slg. 2007, I‑2271, Randnr. 37), und vom 3. September 2008, Kadi und Al Barakaat International Foundation/Rat und Kommission (C‑402/05 P und C‑415/05 P, Slg. 2008, I‑6351, Randnr. 335).


90 – ABl. 2010, C 83, S. 389.


91 – Seit Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon Art. 263 Abs. 2 AEUV bzw. Art. 263 Abs. 4 AEUV.


92 – Vgl. z. B. Urteile vom 20. März 2003, Dänemark/Kommission (C‑3/00, Slg. 2003, I‑2643, Randnr. 46), und vom 13. September 2007, Land Oberösterreich und Österreich/Kommission (C‑439/05 P und C‑454/05 P, Slg. 2007, I‑7141, Randnr. 36).


93 – Seit Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon Art. 258 AEUV.


94 – Generalanwältin Sharpston z. B. führt in ihren Schlussanträgen vom 15. Mai 2007 in den verbundenen Rechtssachen Land Oberösterreich und Österreich/Kommission (in Fn. 92 angeführt, Nr. 79) aus, dass der Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens auch „für Fälle [gilt], in denen die Rechte oder Interessen einer Person durch ein Verfahren beeinträchtigt werden können, das eine Behörde gegen diese Person eingeleitet hat und in dem es dieser möglich sein muss, sich zu den Aspekten zu äußern, die die Behörde berücksichtigen will. Zu solchen Fällen gehören strafrechtliche Ermittlungsverfahren und zahlreiche Verwaltungsverfahren – im Bereich der Gemeinschaften z. B. Untersuchungen der Kommission im Bereich des Wettbewerbs oder des Dumping oder Vertragsverletzungsverfahrens nach Art. 226 EG.“


95 – Seit Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon Art. 288 Abs. 2 AEUV.


96 – Das Verfahren läuft anders ab, wenn die Maßnahme auf Antrag eines Mitgliedstaats erlassen wird. In diesem Fall muss der Mitgliedstaat nach Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 2371/2002 seinen Antrag gleichzeitig der Kommission, den übrigen Mitgliedstaaten und den zuständigen regionalen Beratungsgremien übermitteln, die der Kommission ihre schriftliche Stellungnahme binnen fünf Arbeitstagen nach Eingang des Antrags zustellen können.


97 – Zur Frage, ob Art. 7 der Verordnung Nr. 2371/2002 gegen den Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens verstößt, vgl. Nrn. 153 ff. der vorliegenden Schlussanträge.


98 – Vgl. z. B. Urteile vom 10. Juli 2001, Ismeri Europa/Rechnungshof (C‑315/99 P, Slg. 2001, I‑5281, Randnr. 28), vom 2. Dezember 2009, Kommission/Irland u. a. (C‑89/08 P, Slg. 2009, I‑0000, Randnr. 50), und vom 17. Dezember 2009, M/Europäische Arzneimittel-Agentur (C‑197/09 RX-II, Slg. 2009, I‑0000, Randnr. 41).


99 – Vgl. z. B. Urteil vom 15. Juli 1963, Plaumann (25/62, Slg. 1963, 213), in dem der Gerichtshof Folgendes entschieden hat: „Wer nicht Adressat einer Entscheidung ist, kann nur dann geltend machen, von ihr individuell betroffen zu sein, wenn die Entscheidung ihn wegen bestimmter persönlicher Eigenschaften oder besonderer, ihn aus dem Kreis aller übrigen Personen heraushebender Umstände berührt und ihn daher in ähnlicher Weise individualisiert wie den Adressaten.“


100 – Das hat im Zusammenhang mit italienischen Eigentümern von Ringwadenfischern auch das Gericht erster Instanz (jetzt Gericht) im Beschluss vom 30. November 2009, Veromar di Tudisco Alfio & Salvatore u. a./Kommission (T‑313/08 bis T‑318/08 und T‑320/08 bis T‑328/08, Slg. 2009, I‑0000), entschieden, mit dem es die Klage dieser Schiffseigentümer auf Nichtigerklärung der Verordnung Nr. 530/2008 als unzulässig abgewiesen hat, weil sie von ihr nicht individuell betroffen gewesen seien. Das Gericht erster Instanz hat in seiner Begründung darauf hingewiesen (Randnr. 45), dass es sich bei der Verordnung Nr. 530/2008 um einen generellen Rechtsakt handle.


101 – Seit Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon Art. 263 Abs. 4 AEUV. Hinzugefügt sei, dass in Art. 263 Abs. 4 AEUV die Voraussetzungen für die Klagebefugnis teilweise geändert wurden und natürliche und juristische Personen neben Handlungen, die an sie gerichtet sind oder sie unmittelbar und individuell betreffen, auch Rechtsakte mit Verordnungscharakter anfechten können, die sie unmittelbar betreffen und keine Durchführungsmaßnahmen nach sich ziehen. Zur Frage der Klagebefugnis des Einzelnen im Rahmen der gemeinsamen Fischereipolitik (vor Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon) vgl. Markus, T., a. a. O. (Fn. 19), S. 251 ff.


102 – Vgl. z. B. Urteil vom 14. Oktober 1999, Atlanta (C‑104/97 P, Slg. 1999, I‑6983, Randnr. 35).