Language of document : ECLI:EU:C:2012:782

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

YVES BOT

vom 11. Dezember 2012(1)

Verbundene Rechtssachen C‑274/11 und C‑295/11

Königreich Spanien (C‑274/11),

Italienische Republik (C‑295/11)

gegen

Rat der Europäischen Union

„Nichtigkeitsklage – Ermächtigung zu einer Verstärkten Zusammenarbeit nach den Art. 20 EUV und 329 AEUV zur Schaffung eines ‚einheitlichen Patents‘ – Nichtigkeitsklage wegen Unzuständigkeit, Ermessensmissbrauch und Verstoß gegen die Verträge – Schaffung europäischer Rechtstitel zum Schutz des geistigen Eigentums – Art. 118 AEUV – Ausschließliche oder geteilte Zuständigkeit“





1.        Mit ihrer Klage begehren das Königreich Spanien (Rechtssache C‑274/11) und die Italienische Republik (Rechtssache C‑295/11) die Nichtigerklärung des Beschlusses 2011/167/EU des Rates vom 10. März 2011 über die Ermächtigung zu einer Verstärkten Zusammenarbeit im Bereich der Schaffung eines einheitlichen Patentschutzes(2).

I –    Rechtlicher Rahmen

A –    Primärrecht

1.            Vertrag über die Europäische Union

2.        Art. 20 Abs. 1 und 2 EUV bestimmt:

„(1)      Die Mitgliedstaaten, die untereinander eine Verstärkte Zusammenarbeit im Rahmen der nicht ausschließlichen Zuständigkeiten der Union begründen wollen, können, in den Grenzen und nach Maßgabe dieses Artikels und der Artikel 326 bis 334 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, die Organe der Union in Anspruch nehmen und diese Zuständigkeiten unter Anwendung der einschlägigen Bestimmungen der Verträge ausüben.

Eine Verstärkte Zusammenarbeit ist darauf ausgerichtet, die Verwirklichung der Ziele der Union zu fördern, ihre Interessen zu schützen und ihren Integrationsprozess zu stärken. Sie steht allen Mitgliedstaaten nach Artikel 328 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union jederzeit offen.

(2)      Der Beschluss über die Ermächtigung zu einer Verstärkten Zusammenarbeit wird vom Rat als letztes Mittel erlassen, wenn dieser feststellt, dass die mit dieser Zusammenarbeit angestrebten Ziele von der Union in ihrer Gesamtheit nicht innerhalb eines vertretbaren Zeitraums verwirklicht werden können, und sofern an der Zusammenarbeit mindestens neun Mitgliedstaaten beteiligt sind. Der Rat beschließt nach dem in Artikel 329 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union vorgesehenen Verfahren.“

2.            Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union

3.        Art. 3 Abs. 1 AEUV sieht vor:

„Die Union hat ausschließliche Zuständigkeit in folgenden Bereichen:

a)      Zollunion,

b)      Festlegung der für das Funktionieren des Binnenmarkts erforderlichen Wettbewerbsregeln,

c)      Währungspolitik für die Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist,

d)      Erhaltung der biologischen Meeresschätze im Rahmen der gemeinsamen Fischereipolitik,

e)      gemeinsame Handelspolitik.“

4.        Art. 4 Abs. 1 und 2 AEUV bestimmt:

„(1)      Die Union teilt ihre Zuständigkeit mit den Mitgliedstaaten, wenn ihr die Verträge außerhalb der in den Artikeln 3 und 6 genannten Bereiche eine Zuständigkeit übertragen.

(2)      Die von der Union mit den Mitgliedstaaten geteilte Zuständigkeit erstreckt sich auf die folgenden Hauptbereiche:

a)      Binnenmarkt;

…“

5.        Der angefochtene Beschluss wurde auf der Grundlage von Art. 329 Abs. 1 AEUV erlassen. Diese Vorschrift lautet:

„Die Mitgliedstaaten, die in einem der Bereiche der Verträge – mit Ausnahme der Bereiche, für die die Union die ausschließliche Zuständigkeit besitzt, und der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik – untereinander eine Verstärkte Zusammenarbeit begründen möchten, richten einen Antrag an die Kommission, in dem der Anwendungsbereich und die Ziele aufgeführt werden, die mit der beabsichtigten Verstärkten Zusammenarbeit angestrebt werden. Die Kommission kann dem Rat einen entsprechenden Vorschlag vorlegen. Legt die Kommission keinen Vorschlag vor, so teilt sie den betroffenen Mitgliedstaaten ihre Gründe dafür mit.

Die Ermächtigung zur Einleitung einer Verstärkten Zusammenarbeit nach Unterabsatz 1 wird vom Rat auf Vorschlag der Kommission und nach Zustimmung des Europäischen Parlaments erteilt.“

6.        Nach Art. 326 AEUV achtet eine Verstärkte Zusammenarbeit die Verträge und das Recht der Union. Sie darf weder den Binnenmarkt noch den wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt beeinträchtigen. Sie darf für den Handel zwischen den Mitgliedstaaten weder ein Hindernis noch eine Diskriminierung darstellen, noch darf sie zu Verzerrungen des Wettbewerbs zwischen den Mitgliedstaaten führen.

7.        In Art. 327 AEUV heißt es:

„Eine Verstärkte Zusammenarbeit achtet die Zuständigkeiten, Rechte und Pflichten der nicht an der Zusammenarbeit beteiligten Mitgliedstaaten. Diese stehen der Durchführung der Verstärkten Zusammenarbeit durch die daran beteiligten Mitgliedstaaten nicht im Wege.“

8.        Außerdem sieht Art. 330 AEUV, weiterhin die Verstärkte Zusammenarbeit betreffend, vor:

„Alle Mitglieder des Rates können an dessen Beratungen teilnehmen, aber nur die Mitglieder des Rates, die die an der Verstärkten Zusammenarbeit beteiligten Mitgliedstaaten vertreten, sind stimmberechtigt.

Die Einstimmigkeit bezieht sich allein auf die Stimmen der Vertreter der an der Verstärkten Zusammenarbeit beteiligten Mitgliedstaaten.

Die qualifizierte Mehrheit bestimmt sich nach Artikel 238 Absatz 3.“

B –    Der angefochtene Beschluss

9.        Der angefochtene Beschluss ermächtigt 25 der 27 Mitgliedstaaten der Union, eine Verstärkte Zusammenarbeit im Bereich der Schaffung eines einheitlichen Patentschutzes zu begründen; das Königreich Spanien und die Italienische Republik hatten eine Teilnahme daran abgelehnt.

10.      Der vierte Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses lautet:

„Der Rat nahm auf seiner Tagung am 10. November 2010 zur Kenntnis, dass keine einhellige Bereitschaft zur Weiterarbeit an der vorgeschlagenen Verordnung zur Übersetzungsregelung bestand. Am 10. Dezember 2010 wurde bestätigt, dass unüberwindbare Schwierigkeiten bestehen, die zurzeit und in absehbarer Zukunft eine einmütige Zustimmung unmöglich machen. Da eine Einigung über die vorgeschlagene Verordnung zur Übersetzungsregelung eine notwendige Voraussetzung für eine endgültige Einigung über den einheitlichen Patentschutz in der Union ist, wird festgestellt, dass das Ziel, einen einheitlichen Patentschutz für die Union zu schaffen, innerhalb eines angemessenen Zeitraums auf der Grundlage der einschlägigen Bestimmungen der Verträge nicht erreicht werden kann.“

11.      Die Erwägungsgründe 6 bis 16 des angefochtenen Beschlusses lauten:

„(6)      Die Verstärkte Zusammenarbeit sollte den notwendigen Rechtsrahmen für die Schaffung eines einheitlichen Patentschutzes in den teilnehmenden Mitgliedstaaten bieten und gewährleisten, dass Unternehmen in der ganzen Union ihre Wettbewerbsfähigkeit verbessern können, indem sie sich für einen einheitlichen Patentschutz in den teilnehmenden Mitgliedstaaten entscheiden, und so zum wissenschaftlich-technischen Fortschritt beitragen.

(7)      Ziel der Verstärkten Zusammenarbeit ist ein einheitliches Patent, das in den Hoheitsgebieten der teilnehmenden Mitgliedstaaten einen einheitlichen Schutz bietet und das für diese Mitgliedstaaten vom Europäischen Patentamt (EPA) erteilt wird. Da sie ein notwendiger Aspekt des einheitlichen Patents sind, sollten die für dieses Patent geltenden Übersetzungsregelungen einfach und kosteneffizient sein und den Regelungen entsprechen, die in dem von der Kommission am 30. Juni 2010 vorgelegten Vorschlag für eine Verordnung [EU] des Rates zur Regelung der Übersetzung des Patents der Europäischen Union[(3)] festgelegt waren und die im November 2010 durch einen vom Vorsitz vorgeschlagenen Kompromiss, der im Rat breite Unterstützung fand, ergänzt wurden. Die Übersetzungsregelung sieht weiterhin die Möglichkeit vor, Patentanmeldungen in einer der Sprachen der Union beim EPA einzureichen, und gewährleistet eine Erstattung der Kosten für die Übersetzung der Anmeldungen, die in einer anderen Sprache als einer der Amtssprachen des EPA eingereicht wurden. Da das Patent einheitliche Wirkung hat, sollte es entsprechend den Bestimmungen des Übereinkommens über die Erteilung europäischer Patente[(4)] … nur in einer der Amtssprachen des EPA erteilt werden. Weitere Übersetzungen würden nicht verlangt, unbeschadet verhältnismäßiger, zeitlich befristeter Übergangsregelungen für zusätzliche Übersetzungen, die rechtlich nicht bindend sind und allein Informationszwecken dienen. Übergangsregelungen würden auf jeden Fall dann enden, sobald qualitativ hochwertige maschinelle Übersetzungen zur Verfügung stehen, die einer objektiven Qualitätsbewertung standhalten. Im Streitfall sollte für den Patentinhaber eine verbindliche Pflicht zur Übersetzung bestehen.

(8)      Die in Artikel 20 EUV und in den Artikeln 326 [AEUV] und 329 AEUV genannten Bedingungen sind erfüllt.

(9)      Der Bereich, für den eine Verstärkte Zusammenarbeit begründet wird, nämlich der Erlass von Maßnahmen für die Schaffung eines einheitlichen Patentschutzes in der gesamten Union sowie die Einführung von zentralisierten Zulassungs-, Koordinierungs- und Kontrollregelungen auf Unionsebene, gilt gemäß Artikel 118 AEUV als einer der unter die Verträge fallenden Bereiche.

(10)      Auf der Ratstagung vom 10. November 2010 wurde die Feststellung getroffen und am 10. Dezember 2010 bestätigt, dass das Ziel der Schaffung eines unionsweit einheitlichen Patentschutzes von der Union in ihrer Gesamtheit nicht innerhalb eines vertretbaren Zeitraums verwirklicht werden kann, womit die in Artikel 20 Absatz 2 EUV genannte Voraussetzung, dass die Verstärkte Zusammenarbeit nur als letztes Mittel beschlossen wird, erfüllt ist.

(11)      Die Verstärkte Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Schaffung eines einheitlichen Patentschutzes soll den wissenschaftlich-technischen Fortschritt und das Funktionieren des Binnenmarkts fördern. Die Schaffung eines einheitlichen Patentschutzes für eine Gruppe von Mitgliedstaaten dürfte den Patentschutz verbessern, indem ein kostengünstigerer und weniger komplizierter einheitlicher Patentschutz in den Hoheitsgebieten der teilnehmenden Mitgliedstaaten erlangt werden kann. Sie trägt somit zur Verwirklichung der Ziele der Union, zum Schutz ihrer Interessen und zur Stärkung ihres Integrationsprozesses im Sinne des Artikels 20 Absatz 1 EUV bei.

(12)      Die Schaffung eines einheitlichen Patentschutzes gehört nicht zu den in Artikel 3 Absatz 1 AEUV genannten Bereichen ausschließlicher Zuständigkeit der Union. Rechtsgrundlage für die Schaffung eines europäischen Rechtstitels für den Schutz der Rechte am geistigen Eigentum ist Artikel 118 AEUV, der unter Titel VII (Gemeinsame Regeln betreffend Wettbewerb, Steuerfragen und Angleichung der Rechtsvorschriften) Kapitel 3 (Angleichung der Rechtsvorschriften) fällt und ausdrücklich auf die Verwirklichung und das Funktionieren des Binnenmarkts verweist, der gemäß Artikel 4 AEUV eine der geteilten Zuständigkeiten der Union ist. Damit fällt die Schaffung eines einheitlichen Patentschutzes, einschließlich der hierfür geltenden Übersetzungsregelungen, unter die nicht ausschließlichen Zuständigkeiten der Union.

(13)      Die Verstärkte Zusammenarbeit im Bereich der Schaffung eines einheitlichen Patentschutzes steht im Einklang mit den Verträgen und dem Unionsrecht und beeinträchtigt weder den Binnenmarkt noch den wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt. Sie stellt für den Handel zwischen den Mitgliedstaaten weder ein Hindernis noch eine Diskriminierung dar und führt nicht zu Verzerrungen des Wettbewerbs zwischen den Mitgliedstaaten.

(14)      Die Verstärkte Zusammenarbeit im Bereich der Schaffung eines einheitlichen Patentschutzes achtet die Zuständigkeiten, Rechte und Pflichten der nicht teilnehmenden Mitgliedstaaten. Die Möglichkeit, einen einheitlichen Patentschutz auf den Hoheitsgebieten der teilnehmenden Mitgliedstaaten zu erlangen, beeinträchtigt nicht die Verfügbarkeit des Patentschutzes auf den Hoheitsgebieten der nicht teilnehmenden Mitgliedstaaten und die Bedingungen hierfür. Ferner sollten Unternehmen aus nicht teilnehmenden Mitgliedstaaten die Möglichkeit haben, einen einheitlichen Patentschutz auf den Hoheitsgebieten der teilnehmenden Mitgliedstaaten zu den gleichen Bedingungen zu erlangen wie Unternehmen aus den teilnehmenden Mitgliedstaaten. Die in den nicht teilnehmenden Mitgliedstaaten geltenden Vorschriften für die Erlangung von Patentschutz auf ihrem Hoheitsgebiet bleiben unberührt.

(15)      Insbesondere wahrt die Verstärkte Zusammenarbeit im Bereich der Schaffung eines einheitlichen Patentschutzes den bereits vorhandenen Besitzstand.

(16)      Vorbehaltlich der Erfüllung der in diesem Beschluss gegebenenfalls festgelegten Teilnahmevoraussetzungen steht die Verstärkte Zusammenarbeit im Bereich der Schaffung eines einheitlichen Patentschutzes zu jedem Zeitpunkt allen Mitgliedstaaten offen, sofern sie gemäß Artikel 328 AEUV auch die in diesem Rahmen bereits erlassenen Rechtsakte beachten.“

II – Anträge der Parteien

A –    In der Rechtssache C‑274/11

12.      Das Königreich Spanien beantragt,

–        den angefochtenen Beschluss für nichtig zu erklären und

–        dem Rat die Kosten aufzuerlegen.

13.      Der Rat beantragt,

–        die Klage abzuweisen und

–        dem Königreich Spanien die Kosten aufzuerlegen.

B –    In der Rechtssache C‑295/11

14.      Die Italienische Republik beantragt,

–        den angefochtenen Beschluss für nichtig zu erklären und

–        dem Rat die Kosten aufzuerlegen.

15.      Der Rat beantragt,

–        die Klage abzuweisen und

–        die Kosten des Verfahrens der Italienischen Republik aufzuerlegen.

16.      In der Rechtssache C‑274/11 sind mit einem ersten Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofs vom 27. Oktober 2011 die Italienische Republik als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge des Königreichs Spanien und die Polnische Republik als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge des Rates zugelassen worden. Mit einem zweiten Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofs sind am selben Tag die Republik Lettland, Irland, die Kommission, die Bundesrepublik Deutschland, das Parlament, das Königreich Belgien, das Königreich Schweden, das Königreich der Niederlande, die Tschechische Republik, Ungarn, die Französische Republik sowie das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge des Rates zugelassen worden.

17.      In der Rechtssache C‑295/11 sind mit Beschluss vom 13. Oktober 2011 das Königreich Spanien als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der Italienischen Republik und die Republik Lettland, Irland, die Bundesrepublik Deutschland, das Königreich der Niederlande, das Königreich Belgien, das Königreich Schweden, das Parlament, die Kommission, die Tschechische Republik, die Französische Republik, Ungarn, das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland sowie die Republik Polen als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge des Rates zugelassen worden.

18.      Mit Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofs vom 10. Juli 2012 sind die Rechtssachen C‑274/11 und C‑295/11 zur gemeinsamen mündlichen Verhandlung und Entscheidung verbunden worden.

III – Zu den Klagen

19.      Meines Erachtens stützen das Königreich Spanien und die Italienische Republik ihre Klagen auf sechs Klagegründe.

20.      Mit einem ersten Klagegrund machen das Königreich Spanien und die Italienische Republik geltend, der Rat sei zur Begründung einer Verstärkten Zusammenarbeit nicht befugt gewesen. Ihres Erachtens liege diese Zuständigkeit ausschließlich bei der Union. Folglich verstoße der Erlass des angefochtenen Beschlusses gegen Art. 20 Abs. 1 EUV, der die Möglichkeit, eine Verstärkte Zusammenarbeit zu begründen, nur in den Bereichen der nicht ausschließlichen Zuständigkeit der Union vorsehe.

21.      In einem zweiten Klagegrund vertreten das Königreich Spanien und die Italienische Republik die Ansicht, der Erlass des Beschlusses über die Ermächtigung zu einer Verstärkten Zusammenarbeit im Bereich der Schaffung eines einheitlichen Patentschutzes sei ermessensmissbräuchlich. Der wahre Zweck dieses Beschlusses sei entgegen der Bestimmung in Art. 20 EUV nicht gewesen, über eine Integration in verschiedenen Geschwindigkeiten zur Integration aller Mitgliedstaaten zu gelangen, sondern das Königreich Spanien und die Italienische Republik aus den Verhandlungen über die Frage der Sprachenregelung für dieses Patent auszuschließen.

22.      Mit einem dritten Klagegrund wirft das Königreich Spanien dem Rat vor, das Gerichtssystem der Union dadurch missachtet zu haben, dass er im angefochtenen Beschluss keine näheren Ausführungen zur beabsichtigten Regelung des gerichtlichen Rechtsschutzes für den Bereich des einheitlichen Patents gemacht habe.

23.      Mit einem vierten Klagegrund machen das Königreich Spanien und die Italienische Republik geltend, dass der Rat durch den Erlass des angefochtenen Beschlusses die in Art. 20 Abs. 2 EUV geforderte Voraussetzung des letzten Mittels nicht beachtet habe.

24.      Mit einem fünften Klagegrund wird ein Verstoß gegen Art. 118 Abs. 1 AEUV und Art. 326 AEUV sowie Art. 20 Abs. 1 Unterabs. 1 EUV geltend gemacht. Das Königreich Spanien und die Italienische Republik sind insbesondere der Ansicht, der angefochtene Beschluss verstoße gegen Art. 326 AEUV, da er den Binnenmarkt sowie den wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt beeinträchtige, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten behindere und diskriminiere und zu Wettbewerbsverzerrungen unter den Mitgliedstaaten führe.

25.      In einem sechsten Klagegrund vertritt das Königreich Spanien die Ansicht, der angefochtene Beschluss beachte nicht die Art. 327 und 328 AEUV. Dieser Beschluss verpflichte es nämlich zum einen, auf das ihm durch Art. 65 EPÜ gewährte Recht, eine Übersetzung der Patentschrift ins Spanische zu verlangen, damit das Patent in Spanien Rechtswirkungen erzeuge, zu verzichten, und zum anderen werde die in Art. 328 AEUV vorgesehene Bedingung der Öffnung der Verstärkten Zusammenarbeit für die nicht teilnehmenden Mitgliedstaaten nicht beachtet, da diese Zusammenarbeit eine Sprachenregelung vorsehe, die es nicht akzeptieren könne.

A –    Vorbemerkungen

26.      Zum ersten Mal seit der Schaffung des Mechanismus der Verstärkten Zusammenarbeit mit dem Vertrag von Amsterdam ist der Gerichtshof aufgerufen, die Rechtmäßigkeit eines Beschlusses über die Ermächtigung zu einer solchen Zusammenarbeit zu prüfen. Zu diesem Zweck muss er die wesentlichen Punkte einer Kontrolle der Beachtung der Voraussetzungen für eine Ermächtigung in großen Zügen festlegen, um die Rechtmäßigkeit der Zusammenarbeit zu überprüfen.

27.      Meines Erachtens muss es sich dabei um eine beschränkte Prüfung handeln. Wie Generalanwalt Jacobs nämlich hervorgehoben hat, „sind die Grenzen zu berücksichtigen, die der Befugnis des Gerichtshofes bei der Nachprüfung gesetzgeberischer Maßnahmen des Rates gesetzt sind. Diese Grenzen ergeben sich aus dem fundamentalen Grundsatz der Trennung der Gewalten der Gemeinschaften. Soweit der Vertrag dem Rat eine weite Rechtssetzungsbefugnis einräumt, kann der Gerichtshof seine eigene Beurteilung der wirtschaftlichen Lage oder der Erforderlichkeit oder der Geeignetheit der erlassenen Maßnahmen nicht an die Stelle der Beurteilung des Rates setzen. Andernfalls würde er sich die gesetzgeberische Funktion des Rates anmaßen, indem er seine eigene Auffassung hinsichtlich der von den Gemeinschaften zu verfolgenden Wirtschaftspolitik vorschreiben würde.“(5)

28.      Im vorliegenden Fall ist es Sache des Rates, über die Einführung einer Verstärkten Zusammenarbeit zu entscheiden; er erteilt die Ermächtigung auf Vorschlag der Kommission und nach Zustimmung des Parlaments(6). Im Rahmen dieses Verfahrens haben diese Organe die Wirkungen der Verstärkten Zusammenarbeit anhand zahlreicher Punkte zu beurteilen, ein Gleichgewicht zwischen den verschiedenen in Rede stehenden Interessen herzustellen und über politische Fragen, die in ihre eigene Zuständigkeit fallen, zu entscheiden. Im Hinblick auf diese Punkte beurteilt der Rat, ob eine Verstärkte Zusammenarbeit das geeignete Mittel ist, um gemäß Art. 20 Abs. 1 Unterabs. 2 EUV die Verwirklichung der Ziele der Union zu fördern, ihre Interessen zu schützen und ihren Integrationsprozess zu stärken.

29.      Der Gerichtshof hat insoweit immer ein weites Ermessen des Unionsgesetzgebers in Bezug auf die Art und den Umfang der in den Tätigkeitsbereichen der Union zu treffenden Maßnahmen anerkannt. Er beschränkt sich daher auf die Prüfung, ob dieser die Wahlfreiheit nicht offensichtlich fehlerhaft oder ermessensmissbräuchlich ausgeübt hat oder ob er nicht offensichtlich die Grenzen seines Ermessens überschritten hat(7).

30.      Meines Erachtens hat der Gerichtshof somit die Prüfung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beschlusses im Licht dieser Erwägungen durchzuführen.

B –    Zum Klagegrund der fehlenden Befugnis, eine Verstärkte Zusammenarbeit zur Schaffung eines einheitlichen Patents zu begründen

1.      Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

31.      Nach Ansicht des Königreichs Spanien und der Italienischen Republik verstößt der angefochtene Beschluss gegen Art. 20 Abs. 1 EUV. Der Bereich, für den die Verstärkte Zusammenarbeit begründet und der gemäß dem neunten Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses in Art. 118 AEUV genannt werde, falle nämlich nicht unter die zwischen der Union und den Mitgliedstaaten geteilten Zuständigkeiten im Sinne des Art. 4 AEUV, sondern unter die ausschließliche Zuständigkeit nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. b AEUV, nämlich die Festlegung der für das Funktionieren des Binnenmarkts erforderlichen Wettbewerbsregeln. Folglich könne, da Art. 20 Abs. 1 EUV jede Verstärkte Zusammenarbeit im Bereich der ausschließlichen Zuständigkeit ausschließe, keine Verstärkte Zusammenarbeit zur Schaffung eines einheitlichen Patents begründet werden.

32.      Die Italienische Republik ist der Ansicht, dass die Art. 3 und 6 AEUV nur hinweisenden Charakter für die Zuständigkeitsbereiche der Union hätten. Der tatsächliche Umfang jeder Zuständigkeit der Union sei im Licht der Bestimmungen der Verträge zu den einzelnen Bereichen zu ermitteln, wie Art. 2 Abs. 6 AEUV feststelle.

33.      Das Königreich Spanien und die Italienische Republik tragen weiter vor, dass Art. 118 AEUV, obwohl er auf die Verwirklichung und das Funktionieren des Binnenmarkts verweise und obwohl er im Dritten Teil Titel VII – über gemeinsame Regeln betreffend Wettbewerb, Steuerfragen und Angleichung der Rechtsvorschriften – in Kapitel 3, das die Angleichung der Rechtsvorschriften betreffe, enthalten sei, der Union keine allgemeine Befugnis zur Harmonisierung im Bereich der Rechtstitel über geistiges Eigentum verleihe, um einen einheitlichen Schutz im Binnenmarkt zu gewährleisten, sondern eine spezifische Befugnis zur Schaffung von Rechtstiteln sowie von zentralisierten Zulassungs-, Koordinierungs- und Kontrollregelungen auf Unionsebene. Die in Art. 118 AEUV geregelte Materie sei deshalb eine Wettbewerbsregel, die für das Funktionieren des Binnenmarkts notwendig sei, und falle somit in die ausschließliche Zuständigkeit der Union nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. b AEUV.

34.      Das Königreich Spanien führt weiter aus, dass Patente angesichts ihrer Natur als Ausschließlichkeits- und Ausschlussrechte ihrem Inhaber ein Monopol einräumten und dadurch den freien Wettbewerb und den freien Waren- und Dienstleistungsverkehr beschränkten. Dies zeige also letztlich, dass die Schaffung eines einheitlichen Patents die Aufstellung von Wettbewerbsregeln betreffe, die für das Funktionieren des Binnenmarkts notwendig seien.

35.      Schließlich fällt nach Ansicht der Italienischen Republik die Schaffung einer neuen Rechtsform auf Unionsebene wie in Art. 118 AEUV vorgesehen nicht in den Zuständigkeitsbereich der Mitgliedstaaten. Sie begründet dies damit, dass, erachte man die Einführung einer Verstärkten Zusammenarbeit auf der Grundlage von Art. 118 AEUV als zulässig, dies bedeute, dass man die Koexistenz mehrerer europäischer Rechtstitel zulasse. Dieser Vorschrift, die den Zweck verfolge, die Existenz eines einheitlichen Rechtstitels sicherzustellen und einen einheitlichen Schutz der Rechte des geistigen Eigentums in der Union zu gewährleisten, würde folglich jede nützliche Wirkung genommen. Diese Analyse zeige, dass die in Art. 118 AEUV geregelte Materie in einen Bereich der ausschließlichen Zuständigkeit der Union falle.

36.      Der Rat trägt vor, die Bestimmungen zum Schutz der Rechte des geistigen Eigentums fielen unter den Binnenmarkt und die Union habe gemäß Art. 4 Abs. 2 Buchst. a AEUV in diesem Bereich eine geteilte Zuständigkeit. Da aber Art. 118 AEUV ausdrücklich die Verwirklichung und das Funktionieren des Binnenmarkts erwähne, falle der Bereich, der gemäß dem angefochtenen Beschluss Gegenstand der Verstärkten Zusammenarbeit sei, in die zwischen Union und Mitgliedstaaten geteilte Zuständigkeit.

37.      Außerdem ist der Rat der Ansicht, dass nicht die Natur der Maßnahmen der Union, nämlich eine Harmonisierungsmaßnahme, die Schaffung eines europäischen Rechtstitels oder der Abschluss eines internationalen Übereinkommens, sondern der Bereich, in den diese Maßnahmen fielen, deren ausschließliche Zuständigkeit bestimme.

38.      Darüber hinaus bemerkt der Rat, dass Titel VII („Gemeinsame Regeln betreffend Wettbewerb, Steuerfragen und Angleichung der Rechtsvorschriften“) des Dritten Teils des AEU-Vertrags drei Kapitel enthalte, nämlich Kapitel 1 („Wettbewerbsregeln“), Kapitel 2 („Steuerliche Vorschriften“) und Kapitel 3 („Angleichung der Rechtsvorschriften“), wobei Art. 118 AEUV in diesem letzten Kapitel enthalten sei. Außerdem stellt der Rat fest, dass Kapitel 1 („Wettbewerbsregeln“) keine einzige Rechtsgrundlage zur Schaffung von Rechtstiteln über geistiges Eigentum enthalte. Folglich falle die Schaffung dieser Titel, wie in der Verstärkten Zusammenarbeit vorgesehen, nur unter den Binnenmarkt, einen Zuständigkeitsbereich, der zwischen der Union und den Mitgliedstaaten geteilt sei.

39.      Die den Rat unterstützenden Streithelfer teilen dessen Ansicht in vollem Umfang. Die Kommission und das Vereinigte Königreich sind insbesondere der Ansicht, dass die Italienische Republik die Natur der der Union verliehenen Befugnisse und die Instrumente, die für die Ausübung dieser Befugnisse vorgesehen seien, vermenge. Die Kommission ist insoweit der Ansicht, dass der Umstand, dass eine Maßnahme wie das einheitliche Patent nur von der Union erlassen werden könne, nicht zwangsläufig eine ausschließliche Zuständigkeit impliziere. Es gehe nur um die Frage, ob die Mitgliedstaaten in einem bestimmten Bereich weiterhin handlungsbefugt seien oder ob sie die Befugnis zur Rechtsetzung und zum Erlass zwingender Maßnahmen allein der Union übertragen hätten.

2.      Würdigung

40.      Das Königreich Spanien und die Italienische Republik berufen sich darauf, dass es keine zwischen der Union und den Mitgliedstaaten geteilte Zuständigkeit für die Einführung einer Verstärkten Zusammenarbeit im Bereich des einheitlichen Patents gebe. Sie sind im Wesentlichen der Ansicht, dass die Schaffung eines solchen Patents zur ausschließlichen Zuständigkeit der Union gehöre, da es Teil der Wettbewerbsregeln sei, die für das Funktionieren des Binnenmarkts notwendig seien.

41.      Ich teile diese Auffassung aus folgenden Gründen nicht.

42.      Vor dem Vertrag von Lissabon haben sich die Verfasser der zuvor geltenden Verträge nicht mit der Frage der Kompetenzverteilung zwischen der Union und den Mitgliedstaaten befasst. Es wurde höchstens darauf hingewiesen, dass die Gemeinschaft in den Grenzen der ihr in den Verträgen übertragenen Zuständigkeiten und zugewiesenen Ziele tätig werde und dass die Gemeinschaft in Bereichen, die nicht in ihre ausschließliche Zuständigkeit fielen, nach dem Subsidiaritätsprinzip nur tätig werde, sofern und soweit die Ziele der in Betracht gezogenen Maßnahmen durch die Mitgliedstaaten nicht ausreichend erreicht werden können.

43.      Beim Europäischen Rat in Nizza im Jahr 2000 und dem in Laeken im Jahr 2001 haben die Mitgliedstaaten klar ihren Wunsch zum Ausdruck gebracht, die Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen der Union und ihren Mitgliedstaaten zu klären(8). So hat der Europäische Rat dieses Thema in der Erklärung von Laeken zur Zukunft der Europäischen Union(9) zu einem der vier großen Diskussionspunkte gemacht und die Ansicht vertreten, dass die Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen der Union und den Mitgliedstaaten verdeutlicht, vereinfacht und im Licht der neuen Herausforderungen, denen sich die Union gegenübersehe, angepasst werden müsste. Er hat weiter ausgeführt, dass ein erstes Bündel von Fragen, die gestellt werden müssten, sich darauf beziehe, wie diese Aufteilung transparenter gestaltet werden könne. Zu diesem Zweck hat er die Frage gestellt, ob eine deutlichere Unterscheidung zwischen drei Arten von Zuständigkeiten vorgenommen werden könne, nämlich der ausschließlichen Zuständigkeit der Union, der Zuständigkeit der Mitgliedstaaten und der zwischen der Union und den Mitgliedstaaten geteilten Zuständigkeit(10).

44.      Diese Absicht wird anschließend im Vertrag von Lissabon umgesetzt, der eine richtige Kategorisierung und klare Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen der Union und den Mitgliedstaaten(11) gemäß dem Grundsatz der begrenzten Einzelermächtigung(12) vornimmt. So bestimmt Art. 1 AEUV: „Dieser Vertrag regelt die Arbeitsweise der Union und legt die Bereiche, die Abgrenzung und die Einzelheiten der Ausübung ihrer Zuständigkeiten fest.“ In dieser Hinsicht ist Titel I des Ersten Teils dieses Vertrags völlig eindeutig, da er mit „Arten und Bereiche der Zuständigkeiten der Union“ überschrieben ist. Unter diesem Titel heißt es in Art. 2 Abs. 1 AEUV: „Übertragen die Verträge der Union für eine bestimmten Bereich eine ausschließliche Zuständigkeit, so kann nur die Union gesetzgeberisch tätig werden und verbindliche Rechtsakte erlassen.“

45.      Diese Bereiche sind in Art. 3 Abs. 1 AEUV aufgezählt; unter diese Vorschrift fällt u. a. die Festlegung der für das Funktionieren des Binnenmarkts erforderlichen Wettbewerbsregeln.

46.      Weiter werden im Ersten Teil Titel I des AEU-Vertrags, in Art. 4 Abs. 2 AEUV, die Hauptbereiche genannt, in denen die Union und die Mitgliedstaaten über eine geteilte Zuständigkeit verfügen. Gemäß Art. 4 Abs. 2 Buchst. a AEUV gehört der Binnenmarkt zu diesen Hauptbereichen.

47.      Nach alledem steht fest, dass die Frage, ob es sich um eine ausschließliche oder geteilte Zuständigkeit handelt, im Gegensatz zum Vorbringen des Königreichs Spanien und der Italienischen Republik nicht davon abhängt, ob nur die Union befugt ist, eine Maßnahme mit Wirkung für die gesamte Union zu erlassen, sondern von dem Bereich, zu dem die beabsichtigte Maßnahme gehört.

48.      In dieser Hinsicht bin ich entgegen der Auffassung des Königreichs Spanien und der Italienischen Republik der Meinung, dass der AEU-Vertrag eine abschließende und nicht nur beispielhafte Liste mit den Bereichen enthält, die zur ausschließlichen Zuständigkeit der Union gehören.

49.      Stellt man nämlich der Fassung von Art. 4 Abs. 2 AEUV diejenige von Art. 3 Abs. 1 AEUV gegenüber, zeigt diese, dass nur die dort aufgezählten Bereiche zur ausschließlichen Zuständigkeit der Union gehören. Art. 3 Abs. 1 AEUV lautet nämlich: „Die Union hat ausschließliche Zuständigkeit in folgenden Bereichen[(13)]“, und Art. 4 Abs. 2 AEUV, der die Bereiche behandelt, in denen die Union und die Mitgliedstaaten geteilte Zuständigkeiten besitzen, bestimmt: „Die von der Union mit den Mitgliedstaaten geteilte Zuständigkeit erstreckt sich auf die folgenden Hauptbereiche[(14)].“ Diesem letzten Satz ist zu entnehmen, dass die Verfasser des AEU-Vertrags nicht alle betroffenen Bereiche in die Liste nach Art. 4 Abs. 2 AEUV aufgenommen, sondern sich auf die Hauptbereiche konzentriert haben. Eine solche Absicht wird aus Art. 3 Abs. 1 AEUV nicht ersichtlich.

50.      Auch Art. 4 Abs. 1 AEUV bestätigt diese Beurteilung, da er vorsieht: „Die Union teilt ihre Zuständigkeit mit den Mitgliedstaaten, wenn ihr die Verträge außerhalb der in den Artikeln 3 und 6 [AEUV] genannten Bereiche eine Zuständigkeit übertragen.“ Da es somit als kennzeichnend für die geteilten Zuständigkeiten angesehen werden kann, dass es sich nicht um ausschließliche Zuständigkeiten handelt, müssen Letztere eindeutig bestimmt werden.

51.      Außerdem entspricht meines Erachtens der abschließende Charakter der Liste der Bereiche, in denen die Union über eine ausschließliche Zuständigkeit verfügt, dem Grundsatz der begrenzten Einzelermächtigung nach Art. 5 EUV. Nach diesem Grundsatz wird die Union nur innerhalb der Grenzen der Zuständigkeiten tätig, die ihr von den Mitgliedstaaten in den Verträgen übertragen wurden, und alle nicht der Union übertragenen Zuständigkeiten liegen bei den Mitgliedstaaten.

52.      Diese Würdigung ist im Sinne der von den Verfassern der Verträge gewollten Klarstellung der Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen Union und Mitgliedstaaten, wie ich in den Nrn. 42 bis 44 der vorliegenden Schlussanträge dargelegt habe.

53.      Unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen ist für die Frage, ob die Schaffung des einheitlichen Patents, wie es in Art. 118 AEUV vorgesehen ist, zur ausschließlichen Zuständigkeit der Union oder zur zwischen der Union und den Mitgliedstaaten geteilten Zuständigkeit gehört, der Bereich zu bestimmen, zu dem ein solcher Rechtstitel gehört.

54.      Beim bloßen Lesen dieser Vorschrift bestehen meines Erachtens keine Zweifel, dass die Schaffung eines europäischen Rechtstitels für geistiges Eigentum zum Binnenmarkt gehört. Die Fassung dieser Vorschrift ist meines Erachtens eindeutig, da sie vorsieht, dass dieser Rechtstitel „[i]m Rahmen der Verwirklichung oder des Funktionierens des Binnenmarkts“ zu schaffen ist.

55.      Weiter ist unstreitig, dass die Vereinheitlichung im Bereich des geistigen Eigentums eine wichtige Rolle bei der Beachtung der Grundprinzipien des Binnenmarkts spielt. Im Übrigen ist es offensichtlich, dass der Unionsgesetzgeber beim Erlass von Rechtsakten betreffend das geistige Eigentum immer das Ziel der Verwirklichung des reibungslosen Funktionierens des Binnenmarkts verfolgt hat(15). In dieser Hinsicht hat der Gerichtshof in einem Urteil, bei dem es im konkreten Fall um die Patentierung von Erfindungen ging, die embryonale Stammzellen einsetzten, die Tatsache betont, dass Unterschiede bei der Definition des Begriffs das mit der Richtlinie 98/44 bezweckte reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts beeinträchtigen würden(16).

56.      Die Einführung eines einheitlichen Patents bezweckt meines Erachtens, die Ziele der Verträge, wie sie in Art. 3 Abs. 3 EUV und Art. 26 AEUV genannt sind, nämlich die Verwirklichung und das ordnungsgemäße Funktionieren des Binnenmarkts, zu erreichen.

57.      Das Königreich Spanien und die Italienische Republik führen jedoch aus, dass, wenn die Schaffung eines solchen Patents tatsächlich für das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts notwendig sei, dies nichts daran ändere, dass es in Wirklichkeit zur Festlegung der Wettbewerbsregeln und damit zur ausschließlichen Zuständigkeit der Union nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. b AEUV gehöre. Dieser Auffassung kann ich mich nicht anschließen.

58.      Gemäß Art. 2 Abs. 6 AEUV ergeben sich der Umfang der Zuständigkeiten der Union und die Einzelheiten ihrer Ausübung aus den Bestimmungen der Verträge zu den einzelnen Bereichen. Um den genauen Inhalt eines Bereichs zu bestimmen, muss man auf die maßgeblichen Vorschriften des AEU-Vertrags Bezug nehmen. Für die Wettbewerbsregeln, die in Art. 3 Abs. 1 Buchst. b AEUV genannt sind, handelt es sich um die Art. 101 bis 109 AEUV.

59.      Diese Regeln werden im AEU-Vertrag festgelegt. Titel VII des Dritten Teils dieses Vertrags enthält die gemeinsamen Regeln betreffend Wettbewerb, Steuerfragen und Angleichung der Rechtsvorschriften. Das mit „Wettbewerbsregeln“ überschriebene Kapitel 1 ist in zwei Abschnitte unterteilt, von denen der erste Vorschriften für Unternehmen und der zweite staatliche Beihilfen betrifft. Zu den Wettbewerbsregeln gehören somit die Vorschriften für Unternehmen und die Regeln, die auf das Verhalten der Mitgliedstaaten gerichtet sind, das diese Unternehmen mittels staatlicher Beihilfen begünstigt. Es ist festzustellen, dass die Art. 101 AEUV bis 109 AEUV die Schaffung eines Rechtstitels für das geistige Eigentum nicht erwähnen.

60.      Ich bestreite nicht den Umstand, der vom Königreich Spanien vorgetragen wird, dass das geistige Eigentum im Allgemeinen und das Patent im Besonderen unter Berücksichtigung ihrer Natur ihren Rechtsinhabern ein Monopol gewähren, das den Wettbewerb beeinträchtigt. Im Übrigen hat der Gerichtshof in Bezug auf die Gemeinschaftsmarke deren Aufgabe als wesentlicher Bestandteil des Systems eines unverfälschten Wettbewerbs, das der Vertrag errichten will, bereits anerkannt(17). Es trifft zu, dass die Rechte, die sich aus einem Patent ergeben, den Austausch von Waren und Dienstleistungen sowie die Wettbewerbsverhältnisse im Binnenmarkt beeinträchtigen können. Jedoch genügt die Tatsache, dass ein Rechtstitel wie das einheitliche Patent sich auf den Binnenmarkt auswirken kann, nicht, um daraus einen Rechtstitel zu machen, der zu den Wettbewerbsregeln des Primärrechts, insbesondere im Sinne von Art. 3 Abs. 1 Buchst. b AEUV, gehört.

61.      Schließlich ist nach Ansicht der Italienischen Republik die Schaffung eines einheitlichen Patents keine Harmonisierung oder Angleichung nationaler Rechtsvorschriften, wie das Kapitel, zu dem Art. 118 AEUV gehöre, vermuten lasse, sondern die Schaffung eines neuen europäischen Rechtstitels, der zu den bestehenden nationalen Rechtstiteln hinzugefügt werde. Da tatsächlich allein die Union die Maßnahmen in Bezug auf die Schaffung eines einheitlichen Patents mit Rechtswirkungen für das gesamte Gebiet der Mitgliedstaaten erlassen könne, falle eine solche Schaffung zwangsläufig in die ausschließliche Zuständigkeit der Union.

62.      Meines Erachtens ist dieser Punkt für die Ermittlung der Zuständigkeit der Union nicht maßgeblich. Art. 5 Abs. 3 EUV sieht vor, dass nach dem Subsidiaritätsprinzip die Union in den Bereichen, die nicht in ihre ausschließliche Zuständigkeit fallen – folglich in den Bereichen, die zur geteilten Zuständigkeit gehören –, nur tätig wird, sofern und soweit die Ziele der in Betracht gezogenen Maßnahme von den Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden können, sondern auf Unionsebene besser zu verwirklichen sind. Es handelt sich somit nicht deshalb um eine ausschließliche Zuständigkeit, weil die angestrebten Ziele durch die Mitgliedstaaten nicht erreicht werden können.

63.      Zwar könnte mir das Urteil vom 2. Mai 2006, Parlament/Rat(18), entgegengehalten werden, in dem der Gerichtshof entschieden hat, dass die Schaffung einer neuen Rechtsform auf Unionsebene keine Angleichung nationaler Rechtsvorschriften darstellt, sondern diese überlagert und es somit ausschließt, Art. 114 AEUV als Rechtsgrundlage heranzuziehen(19).

64.      Meines Erachtens muss man jedoch das Urteil in seinem Kontext sehen. In der Rechtssache, in der dieses Urteil ergangen ist, war die geeignete Rechtsgrundlage für die Errichtung einer neuen Europäischen Genossenschaft zu ermitteln, da keine Bestimmung des Vertrags eine spezifische Rechtsgrundlage dafür vorsah. Der Gerichtshof hat daran erinnert, dass er im Gutachten 1/94 vom 15. November 1994(20) die Möglichkeit anerkannt habe, für die Schaffung neuer Schutzrechte im Bereich des geistigen Eigentums Art. 352 AEUV heranzuziehen, da Art. 114 AEUV nicht die geeignete Bestimmung sei, weil er auf die Angleichung der Rechtsvorschriften gerichtet sei und folglich nicht die Schaffung eines neuen Schutzrechts im Bereich des geistigen Eigentums, sondern eine Harmonisierung voraussetze(21). Er hat daraus den Schluss gezogen, dass Art. 114 AEUV keine geeignete Rechtsgrundlage für den Erlass einer Verordnung sein könne, die eine neue Rechtsform der Europäischen Genossenschaft schaffe und die zu Recht auf der Grundlage von Art. 352 AEUV erlassen worden sei, da man bei dieser Regelung, die die verschiedenen bestehenden nationalen Rechtsvorschriften unberührt lasse, nicht davon ausgehen könne, dass sie die Angleichung der für Genossenschaften geltenden Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten zum Gegenstand habe, sondern die Schaffung einer neuen Form einer Genossenschaft, die die nationalen Formen überlagere.

65.      Meines Erachtens kann man aus dem Urteil Parlament/Rat nicht ableiten, dass die Schaffung von Rechtstiteln für geistiges Eigentum nicht zur Zuständigkeit gehört, die zwischen der Union und den Mitgliedstaaten geteilt ist. In der Rechtssache, in der dieses Urteil erlassen wurde, ging es darum, ob beim Fehlen einer spezifischen Rechtsgrundlage Art. 114 AEUV oder Art. 352 AEUV die korrekte Rechtsgrundlage für die Schaffung einer Europäischen Genossenschaft ist.

66.      Dies gilt aber nicht für die Rechtssachen, die uns heute vorliegen. Seit dem Vertrag von Lissabon ist Art. 118 AEUV eine geeignete Rechtsgrundlage zur Schaffung von Rechtstiteln im Bereich des geistigen Eigentums, und diese Vorschrift ist ausdrücklich auf die Verwirklichung und das Funktionieren des Binnenmarkts gerichtet, einen Bereich, der in die von der Union mit den Mitgliedstaaten geteilten Zuständigkeit fällt.

67.      Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, den Klagegrund der fehlenden Befugnis für die Begründung einer Verstärkten Zusammenarbeit zur Schaffung des einheitlichen Patents als unbegründet zurückzuweisen.

C –    Zum Klagegrund eines Ermessensmissbrauchs

1.      Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

68.      Nach Ansicht des Königreichs Spanien und der Italienischen Republik ist die Verstärkte Zusammenarbeit, zu der der angefochtene Beschluss ermächtige, beschlossen worden, um sie auszuschließen und um die Verhandlungen über das einheitliche Patent und dessen Sprachenregelung zu beenden. Der Rat habe sich, weit entfernt von einer Integration, dem Ziel, das mit dem Mechanismus einer Verstärkten Zusammenarbeit letztlich erreicht werden müsse, für einen Ausschluss entschieden.

69.      Die Italienische Republik trägt außerdem vor, dass der angefochtene Beschluss erlassen worden sei, um die in Art. 118 Abs. 2 AEUV vorgesehene Einstimmigkeitsregel für Sprachenregelungen für die europäischen Rechtstitel im Bereich des geistigen Eigentums zu umgehen. Die Verstärkte Zusammenarbeit, zu der dieser Beschluss ermächtige, bewirke somit, dass entweder die Möglichkeit, ein einheitliches europäisches Patent zu schaffen, ausgeschlossen werde, da es nur im Hoheitsgebiet der teilnehmenden Mitgliedstaaten Wirkung habe, oder dass das Königreich Spanien und die Italienische Republik gezwungen würden, eine Sprachenregelung zu wählen, die sie nicht wollten. Weiter trägt die Italienische Republik vor, dass der geltend gemachte Ermessensmissbrauch bewirkt habe, dass Sinn und Zweck von Art. 118 Abs. 2 AEUV nicht beachtet worden sei, was einen Verstoß gegen Art. 326 Abs. 1 AEUV darstelle, der bestimme, dass eine Verstärkte Zusammenarbeit die Verträge und das Recht der Union achte.

70.      Im Übrigen erklärt das Königreich Spanien, dass, was es selbst betreffe, weder eine unzureichende Vorbereitung für die Übernahme der Pflichten und Befugnisse, die die Regelung über das einheitliche Patent mit sich bringe, vorliege, noch ein fehlender politischer Wille, sie anzunehmen. Nur die Sprachenregelung sei für das Königreich Spanien eine unüberwindbare Schwierigkeit, da es nicht bereit sei, die von der Kommission vorgeschlagene Sprachenregelung zu akzeptieren. Der angefochtene Beschluss habe keine andere Wirkung als diejenige, das Königreich Spanien von den Verhandlungen zu dem Thema auszuschließen und diese Schwierigkeit zu umgehen.

71.      Schließlich ist das Königreich Spanien der Ansicht, dass die Verstärkte Zusammenarbeit, zu der der angefochtene Beschluss ermächtige, in Wirklichkeit ein besonderes Übereinkommen im Sinne von Art. 142 des Europäischen Patentübereinkommens sei. Nach dieser Bestimmung „[kann e]ine Gruppe von Vertragsstaaten, die in einem besonderen Übereinkommen bestimmt hat, dass die für diese Staaten erteilten europäischen Patente für die Gesamtheit ihrer Hoheitsgebiete einheitlich sind, … vorsehen, dass europäische Patente nur für alle diese Staaten gemeinsam erteilt werden können“. Nach Ansicht des Königreichs Spanien wird ein Mechanismus, der im Völkerrecht vorgesehen sei, im vorliegenden Fall im Europäischen Patentübereinkommen, in das Unionsrecht eingeführt und als eine Verstärkte Zusammenarbeit dargestellt. Diese sei folglich zu anderen als in den Verträgen vorgesehen Zwecken verwendet worden.

72.      Der Rat trägt zunächst vor, dass die Nicht-Teilnahme des Königreichs Spanien an der Verstärkten Zusammenarbeit nichts anderes als die Folge seiner eigenen Entscheidung sei und dass von Seiten des Rates keinerlei Absicht bestehe, das Königreich Spanien und die Italienische Republik von dieser Zusammenarbeit auszuschließen. Diese Zusammenarbeit stehe gemäß dem 16. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses diesen beiden Mitgliedstaaten weiterhin jederzeit offen.

73.      Der Rat weist sodann darauf hin, dass eine Verstärkte Zusammenarbeit gerade dann eingeführt werde, wenn es nicht möglich sei, eine Übereinstimmung mit allen Mitgliedstaaten zu erzielen. Ihr Ziel sei es deshalb nicht, bestimmte Staaten auszuschließen. Darüber hinaus betont er, dass die Begründung einer Verstärkten Zusammenarbeit keinesfalls der Zustimmung aller Mitgliedstaaten unterliege, es sei denn, die Verträge sähen dies ausdrücklich vor, u. a., wenn die Verstärkte Zusammenarbeit den Bereich der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik gemäß Art. 329 Abs. 2 AEUV betreffe.

74.      Hinsichtlich des Vorbringens, der angefochtene Beschluss bewirke die Umgehung der in Art. 118 Abs. 2 AEUV vorgesehenen Einstimmigkeitsregel, ist der Rat der Ansicht, dass der Umstand, dass nur die Einstimmigkeit der an der Verstärkten Zusammenarbeit beteiligten Mitgliedstaaten erforderlich sei, die notwendige Konsequenz sei, die bei der Begründung einer solchen Zusammenarbeit in den Verträgen und insbesondere in Art. 330 AEUV vorgesehen sei, der bestimme, dass sich die Einstimmigkeit allein auf die Stimmen der Vertreter der an der Verstärkten Zusammenarbeit beteiligten Mitgliedstaaten beziehe.

75.      Was das Argument betrifft, der angefochtene Beschluss führe dazu, die Vorschriften von Art. 142 EPÜ zu umgehen, bemerkt der Rat zunächst, dass dieser Beschluss diese Bestimmung nicht erwähne. Folglich könne die Gültigkeit dieses Beschlusses mit diesem Argument nicht in Frage gestellt werden. Jedenfalls gibt es nach Ansicht des Rates keine Indizien, die die Feststellung erlaubten, der angefochtene Beschluss sei im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs zum Ermessensmissbrauch ausschließlich oder zumindest hauptsächlich zu anderen als den angegebenen Zwecken erlassen worden.

76.      Die Mitgliedstaaten sowie die Kommission und das Parlament, die Streithelfer zur Unterstützung des Rats sind, schließen sich auch diesem Vorbringen an. Insbesondere das Königreich der Niederlande und das Königreich Schweden erinnern an die lange Dauer und das Scheitern der Verhandlungen mit dem Ziel einer abschließenden Einigung zum einheitlichen Patent. Da es sich als unmöglich erwiesen habe, eine solche Einigung zu erzielen, sei der Rückgriff auf die Verstärkte Zusammenarbeit in Betracht gezogen worden. Es habe somit nicht die Absicht bestanden, das Königreich Spanien und die Italienische Republik auszuschließen, sondern in der Integration in diesem Bereich voranzuschreiten.

77.      Im Übrigen trägt die Französische Republik vor, dass sich die Möglichkeit, eine Verstärkte Zusammenarbeit in einem Bereich einzuführen, in dem der Rat einstimmig beschließe, eindeutig aus Art. 333 Abs. 1 AEUV ergebe, der laute: „Wenn nach einer Bestimmung der Verträge, die im Rahmen einer Verstärkten Zusammenarbeit angewendet werden könnte, der Rat einstimmig beschließen muss, kann der Rat nach Artikel 330 einstimmig einen Beschluss dahin gehend erlassen, dass er mit qualifizierter Mehrheit beschließt.“

78.      Darüber hinaus betont die Tschechische Republik, dass die Verstärkte Zusammenarbeit den betroffenen Mitgliedstaaten ermögliche, trotz einer Sperrminderheit in einem konkreten Bereich zusammenzuarbeiten. Sie stelle eine ausgewogene Lösung für das Problem dar, dass es in einem bestimmten Bereich nicht möglich sei, eine Einigung zu erzielen. In dieser Hinsicht erklärt das Königreich der Niederlande, dass die Zielsetzung des Mechanismus der Verstärkten Zusammenarbeit nicht darin bestehe, am Ende eine Zusammenarbeit zwischen allen Mitgliedstaaten zu erreichen, sondern darin, eine vertiefte Integration und Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten durchzuführen, die dies wünschten.

79.      Schließlich erwidert die Kommission auf das Vorbringen der Italienischen Republik, nach dem die Verstärkte Zusammenarbeit nicht eingeführt werden könne, wenn die Mitgliedstaaten, die entschieden, nicht teilzunehmen, grundsätzlich interessiert seien und den Wunsch hätten, an dem Gesetzgebungsverfahren in dem genannten Bereich mitzuwirken, dass, wenn einfache Willenserklärungen, an einem Integrationsprojekt teilzunehmen, als ausreichend angesehen würden, den Rückgriff auf eine Verstärkte Zusammenarbeit zu blockieren, dies im Wesentlichen bedeuten würde, ein Vetorecht für alle Mitgliedstaaten anzuerkennen.

2.      Würdigung

80.      Nach ständiger Rechtsprechung ist eine Maßnahme nur dann ermessensmissbräuchlich, wenn aufgrund objektiver, schlüssiger und übereinstimmender Indizien anzunehmen ist, dass sie ausschließlich oder zumindest hauptsächlich zu anderen als den angegebenen Zwecken oder mit dem Ziel erlassen worden ist, ein Verfahren zu umgehen, das der AEU-Vertrag speziell vorsieht, um die konkrete Sachlage zu bewältigen(22).

81.      Wie der Rat sowie die Mitgliedstaaten, die Kommission und das Parlament als seine Streithelfer bin ich nicht der Meinung, dass der angefochtene Beschluss einen Ermessensmissbrauch darstellt.

82.      Gemäß Art. 20 Abs. 1 Unterabs. 2 EUV ist eine Verstärkte Zusammenarbeit darauf ausgerichtet, die Verwirklichung der Ziele der Union zu fördern, ihre Interessen zu schützen und ihren Integrationsprozess zu stärken. Die Gründe für die Einführung eines Mechanismus der Verstärkten Zusammenarbeit waren die zunehmende Vielfalt der Mitgliedstaaten sowie ihrer besonderen Interessen und Bedürfnisse(23). Mit diesem Mechanismus soll eine Gruppe von Mitgliedstaaten in die Lage versetzt und ermutigt werden, nicht außerhalb, sondern innerhalb der Union zusammenzuarbeiten(24), wenn festgestellt wurde, dass die mit dieser Zusammenarbeit angestrebten Ziele von der Union insgesamt nicht verwirklicht werden können. Mit anderen Worten eine Verstärkte Zusammenarbeit ist für eine Gruppe von Mitgliedstaaten, die in einem bestimmten Bereich Maßnahmen durchführen möchten, ein Mittel, einer Blockierung zu begegnen und dabei innerhalb des institutionellen Rahmens der Union zu bleiben, und zwar unter Beachtung der in den Verträgen vorgesehenen Bedingungen.

83.      Folglich ist der Umstand selbst, dass durch die Einführung der Verstärkten Zusammenarbeit im Bereich der Schaffung eines einheitlichen Patents gewisse Mitgliedstaaten „ausgeschlossen“ sind, weil sie an dieser Zusammenarbeit nicht teilnehmen wollten, nicht geeignet, zu beweisen, dass der Rat einen Ermessensmissbrauch begangen hat, indem er die Ermächtigung zu dieser Zusammenarbeit erteilt hat. Es handelt sich dabei genau um das Wesensmerkmal des Mechanismus der Verstärkten Zusammenarbeit, wobei dieser „Ausschluss“ jedoch nicht unumkehrbar ist, da nach Art. 328 Abs. 1 Unterabs. 1 AEUV eine Verstärkte Zusammenarbeit allen Mitgliedstaaten jederzeit offensteht und sogar möglichst viele Mitgliedstaaten daran teilnehmen sollen(25).

84.      Im Übrigen glaube ich auch nicht, dass der Rat mit der Einführung einer Verstärkten Zusammenarbeit das Ziel verfolgt hat, die Einstimmigkeitsregel in Art. 118 Abs. 2 AEUV zu umgehen.

85.      Ich erinnere nämlich zum einen daran, dass der Mechanismus der Verstärkten Zusammenarbeit eingeführt wurde, um es einer Gruppe von Mitgliedstaaten zu ermöglichen, einer Blockierung in einem bestimmten Bereich abzuhelfen. Es versteht sich aber von selbst, dass die Wahrscheinlichkeit einer solchen Blockierung besonders in den Bereichen, in denen die Einstimmigkeit des Rates erforderlich ist, besteht. Folglich hat der Rat dadurch, dass er zuerst festgestellt hat, dass in Bezug auf die Sprachenregelung des einheitlichen Patents keine Einstimmigkeit vorliegt, und er zweitens entschieden hat, dieser Blockierung durch Einführung einer Verstärkten Zusammenarbeit abzuhelfen, nur auf ein ihm nach den Verträgen zur Verfügung stehendes Instrument zurückgegriffen.

86.      Zum anderen ist zu ergänzen, dass der AEU-Vertrag ausdrücklich vorsieht, dass die Abstimmungsregeln übertragen werden und für alle Mitgliedstaaten gelten, die an der Verstärkten Zusammenarbeit teilnehmen. So weist Art. 330 Abs. 1 und 2 AEUV darauf hin, dass alle Mitglieder des Rates an dessen Beratungen teilnehmen können, aber nur die Mitglieder des Rates, die die an der Verstärkten Zusammenarbeit beteiligten Mitgliedstaaten vertreten, stimmberechtigt sind, und dass die Einstimmigkeit sich allein auf die Stimmen der Vertreter der an der Verstärkten Zusammenarbeit beteiligten Mitgliedstaaten bezieht. Der Entscheidungsprozess und die Abstimmungsregeln hängen somit von dem Bereich ab, der von der Verstärkten Zusammenarbeit betroffen ist. Im vorliegenden Fall wird die Sprachenregelung für das einheitliche Patent nach Art. 118 Abs. 2 AEUV durch einen einstimmigen Beschluss der teilnehmenden Mitgliedstaaten festgelegt(26).

87.      Schließlich ist das Königreich Spanien der Ansicht, dass der angefochtene Beschluss ermessensmissbräuchlich sei, da der Rückgriff auf die Verstärkte Zusammenarbeit in Wirklichkeit darauf abziele, in Form einer Maßnahme der Union ein Instrument zu erlassen, das unter das Völkerrecht falle, wobei der angefochtene Beschluss zu einer Umgehung von Art. 142 EPÜ führe. In diesem Zusammenhang erwähnt es Art. 1 des Vorschlags der Kommission vom 13. April 2011 für eine Verordnung über die Umsetzung der Verstärkten Zusammenarbeit im Bereich der Schaffung eines einheitlichen Patentschutzes, der bestimmt, dass diese Regelung ein besonderes Übereinkommen im Sinne von Art. 142 EPÜ darstellt.

88.      Wie die Französische Republik ausgeführt hat, ist dieses Argument in Wirklichkeit darauf gerichtet, die Rechtmäßigkeit der zukünftigen Verordnung über die Umsetzung der Verstärkten Zusammenarbeit und nicht die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beschlusses in Zweifel zu ziehen.

89.      Jedenfalls sehe ich nicht, inwiefern dieses Argument beweisen soll, dass der Rat andere als die in dem Beschluss genannten Ziele verfolgt hat.

90.      Angesichts der vorstehenden Erwägungen bin ich der Meinung, dass keine objektiven, schlüssigen und übereinstimmenden Indizien vorliegen, die beweisen, dass der angefochtene Beschluss zu anderen Zwecken als den genannten oder mit dem Ziel, ein in den Verträgen besonders vorgesehenes Verfahren zu umgehen, erlassen wurde.

91.      Infolgedessen bin ich der Ansicht, dass der Klagegrund eines Ermessensmissbrauchs als unbegründet zurückzuweisen ist.

D –    Zum Klagegrund eines Verstoßes gegen das Gerichtssystem der Union

1.      Vorbringen der Parteien

92.      Das Königreich Spanien ist der Ansicht, der angefochtene Beschluss hätte die Schaffung eines Gerichtssystems vorsehen müssen, dem das einheitliche Patent zu unterstellen sei. Es bemerkt insoweit, dass der Gerichtshof in seinem Gutachten 1/09 vom 8. März 2011(27) darauf hingewiesen habe, dass das Gerichtssystem der Union ein vollständiges System von Rechtsbehelfen und Verfahren sei, das die Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Handlungen der Organe gewährleisten soll(28). Somit ist das Königreich Spanien der Ansicht, dass die Einführung neuer Instrumente im Rahmen des Unionsrechts, ohne Rechtsbehelfe und Verfahren vorzusehen, die die Kontrolle der Rechtmäßigkeit dieser Instrumente gewährleisteten, dem Gerichtssystem der Union, wie es von den Verfassern der Verträge entworfen worden sei und wie es sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs ergebe, widerspreche.

93.      Der Rat räumt zunächst ein, dass Rechtsbehelfe und Verfahren zur Sicherstellung der Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Rechtstitel im Bereich des geistigen Eigentums tatsächlich bestehen müssten, und zwar gemäß u. a. Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und der Rechtsprechung des Gerichtshofs.

94.      Zweitens wendet er jedoch ein, dass es nicht notwendig sei, für die gerichtliche Kontrolle jeder Maßnahme des Sekundärrechts ein eigenes Gerichtssystem oder spezifische Vorschriften zu schaffen, und dass es verfrüht sei, dazu zu verpflichten, in dem angefochtenen Beschluss einen spezifischen gerichtlichen Rahmen vorzusehen, in dem die Rechtmäßigkeit bestimmter Handlungen in Frage gestellt werden könne, die noch nicht feststünden.

95.      Jedenfalls weist der Rat darauf hin, dass das Fehlen solcher Vorschriften nicht das Fehlen einer gerichtlichen Kontrolle bedeute, da es den nationalen Behörden obliege, diese Kontrolle für alle Rechtsstreitigkeiten durchzuführen, in denen dem Gerichtshof keine Entscheidungsbefugnis zugewiesen wurde.

96.      Die Mitgliedstaaten sowie die Kommission und das Parlament, als Streithelfer zur Unterstützung des Rates, schließen sich dessen Vorbringen an. Die Kommission führt insbesondere aus, dass die Frage der Beilegung von Rechtsstreitigkeiten im Bereich des einheitlichen Patents in dem Augenblick geregelt werde, in dem die Rechtsakte zur Durchführung der im angefochtenen Beschluss vorgesehenen Verstärkten Zusammenarbeit erlassen würden, und das Königreich Schweden ist der Ansicht, dass das Fehlen von Vorschriften in Bezug auf die gerichtliche Kontrolle nicht die Gültigkeit des angefochtenen Beschlusses bestimme.

2.      Würdigung

97.      Das Königreich Spanien hat nach Art. 263 AEUV Klage gegen einen Beschluss des Rates erhoben, der die Ermächtigung zu einer Verstärkten Zusammenarbeit auf der Grundlage von Art. 329 AEUV erteilt.

98.      Der Gerichtshof muss also ermitteln, ob die Voraussetzungen für die Gültigkeit der Verstärkten Zusammenarbeit beachtet wurden. Folglich muss sich seine Kontrolle hier auf die Frage beschränken, ob dieser Beschluss des Rates die Voraussetzungen für die Durchführung einer Verstärkten Zusammenarbeit gemäß Art. 20 EUV und Art. 326 ff. AEUV erfüllt.

99.      Insoweit gehört die Frage der Schaffung eines eigenen Gerichtssystems für einheitliche Patente nicht zu den Voraussetzungen, die nach den maßgeblichen Bestimmungen der Verträge für die Umsetzung einer Verstärkten Zusammenarbeit erforderlich sind. Die Ermächtigung, die der Rat für die Durchführung einer Verstärkten Zusammenarbeit erteilt, ist nur die Prämisse für den Erlass weiterer Rechtsetzungsakte, die die Verstärkte Zusammenarbeit konkret umsetzen müssen. Im Übrigen hat die Kommission in ihrem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. April 2011 über die Umsetzung der Verstärkten Zusammenarbeit im Bereich der Schaffung eines einheitlichen Patentschutzes(29) die Frage des Schutzes durch die Patentgerichtsbarkeit behandelt(30).

100. Somit bin ich nach alledem der Meinung, dass der Klagegrund der Verletzung des Gerichtssystems der Union als unzulässig zurückzuweisen ist.

E –    Zum Klagegrund der Verletzung der Voraussetzung des letzten Mittels

1.      Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

101. Das Königreich Spanien und die Italienische Republik sind der Ansicht, dass der Rat dadurch, dass er mit dem Erlass des angefochtenen Beschlusses die Ermächtigung für die Verstärkte Zusammenarbeit erteilt habe, die nach Art. 20 Abs. 2 EUV geforderte Voraussetzung des letzten Mittels verletzt habe. Ich erinnere daran, dass nach dieser Vorschrift der Beschluss über die Ermächtigung zu einer Verstärkten Zusammenarbeit vom Rat als letztes Mittel erlassen wird, wenn dieser feststellt, dass die mit dieser Zusammenarbeit angestrebten Ziele von der Union in ihrer Gesamtheit nicht innerhalb eines vertretbaren Zeitraums verwirklicht werden können.

102. Insbesondere trägt das Königreich Spanien vor, der Begriff „letztes Mittel“ sei zwar nicht definiert, dennoch müsse er eng ausgelegt werden. Insoweit impliziere dieser Begriff im vorliegenden Fall, dass der streitige Gesetzgebungsvorschlag vertretbar und weder missbräuchlich noch diskriminierend sei, andernfalls sei es unvermeidlich, dass die Mitgliedstaaten keine Einigung erzielten.

103. Die Italienische Republik räumt insoweit ein, dass die Feststellung, die Voraussetzung des letzten Mittels sei eingehalten worden, vom Gerichtshof nur eingeschränkt überprüft werden könne, da dem Rat insoweit ein Ermessen eingeräumt sei, so dass die Rolle des Unionsrichters darauf beschränkt sei, einen offensichtlichen Ermessensfehler festzustellen. Der Fehler sei hier jedoch offensichtlich in Anbetracht der Tatsache, dass das Gesetzgebungspaket zum europäischen Patent schon von Beginn an in weiten Teilen unvollständig gewesen sei und auch unter Berücksichtigung der Kürze der Verhandlungen über die Sprachenregelung.

104. Insoweit tragen das Königreich Spanien und die Italienische Republik vor, dass nicht alle Verhandlungsmöglichkeiten unter den 27 Mitgliedstaaten ausgeschöpft worden seien und dass andere Lösungen hinsichtlich der Sprachenregelung hätten vorgeschlagen werden können. Sie sind der Ansicht, dass der Zeitraum zwischen dem oben genannten Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Sprachenregelung, der von der Kommission am 30. Juni 2010 vorgelegt worden sei, und dem Vorschlag einer Verstärkten Zusammenarbeit, der ebenfalls von der Kommission am 14. Dezember 2010(31) vorgelegt worden sei, nicht ausreiche, um davon auszugehen, dass diese Zusammenarbeit als letztes Mittel erfolgt sei und dass die angestrebten Ziele nicht innerhalb eines vertretbaren Zeitraums verwirklicht werden könnten. Das Königreich Spanien und die Italienische Republik sind der Ansicht, dass dieser Zeitraum von sechs Monaten keine ausgeglichenen und für die verschiedenen möglichen Optionen für eine Sprachenregelung offenen Debatten habe gewährleisten können. Im Vergleich mit der Verstärkten Zusammenarbeit, die im Rahmen des für die Ehescheidung und Trennung ohne Auflösung des Ehebands geltenden Gesetzes eingeführt worden ist, bemerken sie, dass vier Jahre vergangen seien, bevor der Gesetzgebungsvorschlag der Kommission vorgelegt worden sei, und dass zwei Jahre nach diesem Vorschlag erstmals über die Möglichkeit, eine Verstärkte Zusammenarbeit einzuführen, diskutiert worden sei.

105. Nach Ansicht des Rates muss sich die Überprüfung durch den Gerichtshof hier darauf beschränken, zu untersuchen, ob der angefochtene Beschluss nicht offensichtlich ermessensfehlerhaft sei. Der Rat könne nämlich besonders gut beurteilen, ob voraussehbar sei, dass eine Übereinkunft über das Patent der Union innerhalb eines vertretbaren Zeitraums erzielt werde. Er bemerkt insoweit, dass die Verträge nicht vorschrieben, dass zwischen dem Zeitpunkt, zu dem ein Vorschlag vorgelegt werde, und dem Zeitpunkt der Ermächtigung zu einer Verstärkten Zusammenarbeit ein bestimmter Zeitraum verstreichen müsse. Die wichtigen Elemente, die zu berücksichtigen seien, um zu ermitteln, ob es wahrscheinlich sei, dass die angestrebten Ziele innerhalb eines vertretbaren Zeitraums verwirklicht werden, seien die Intensität und der Inhalt der Verhandlungen und nicht ihre Dauer.

106. Der Rat bemerkt, dass jedenfalls zwischen der oben genannten Vorlage des Vorschlags einer Verordnung über das Patent der Union und dem Erlass des angefochtenen Beschlusses mehr als zehn Jahre vergangen seien.

107. Die Mitgliedstaaten sowie die Kommission und das Parlament als Streithelfer zur Unterstützung des Rates stimmen darin überein, dass die Verhandlungen über die Sprachenregelung in einer Sackgasse angelangt waren. Die Kommission fügt insbesondere hinzu, dass, wenn sich eine Partei darauf berufe, dass das zuständige Organ einen offensichtlichen Ermessensfehler begangen habe, der Unionsrichter nach ständiger Rechtsprechung beurteilen müsse, ob dieses Organ sorgfältig und unparteiisch alle Gesichtspunkte des Einzelfalls untersucht habe, auf die die daraus gezogenen Schlussfolgerungen gestützt seien(32). Die Kommission bemerkt, dass das Königreich Spanien und die Italienische Republik nicht erklären, welche tatsächlichen oder rechtlichen Gesichtspunkte der Rat nicht berücksichtigt oder ohne die gebotene Sorgfalt und Unparteilichkeit untersucht habe.

2.      Würdigung

108. Wie wir gesehen haben, ist die Verstärkte Zusammenarbeit ein Instrument, das einer Gruppe von Mitgliedstaaten zur Verfügung steht, die weitere Schritte unternehmen möchten, wenn eine Maßnahme mit der Teilnahme der gesamten Union nicht zum Ziel geführt werden kann. In keinem Fall darf dieses Instrument benutzt werden, um einen Kompromiss, der vorrangig angestrebt werden muss, zu vermeiden. Das ist meines Erachtens der Grund, warum die Zusammenarbeit als letztes Mittel herangezogen werden muss, wenn außerdem feststeht, dass die mit dieser Zusammenarbeit angestrebten Ziele von der Union in ihrer Gesamtheit nicht innerhalb eines vertretbaren Zeitraums verwirklicht werden können.

109. Weder die Bedingung „letztes Mittel“ noch der Begriff „vertretbarer Zeitraum“ wurde im Text der Verträge definiert.

110. Betreffend den Begriff des letzten Mittels ist anzumerken, dass Art. 43 Abs. 1 Buchst. c EUV in seiner Fassung nach Annahme des Vertrags von Amsterdam und vor Inkrafttreten des Vetrags von Lissabon vorsah, dass die Verstärkte Zusammenarbeit nur herangezogen werden kann, „wenn die Ziele der … Verträge mit den darin festgelegten einschlägigen Verfahren nicht erreicht werden konnten“. Dieser Wortlaut sollte zeigen, dass der Rat das Gesetzgebungsverfahren zu Ende führen musste und dass die Verstärkte Zusammenarbeit nur in Betracht gezogen werden konnte, wenn der Vorschlag abgelehnt worden war(33).

111. Mit dem Vertrag von Nizza und vor allem mit dem Vertrag von Lissabon verfolgten die Verfasser der Verträge offenbar die Absicht, diese Bedingung zu lockern, da nicht mehr auf die „[in den Verträgen vorgesehenen] einschlägigen Verfahren“ Bezug genommen wird. Im Übrigen ergibt sich aus den Verhandlungen über den Vertrag von Nizza, dass die Voraussetzung des letzten Mittels als ein größeres Hindernis für die Begründung einer Verstärkten Zusammenarbeit gesehen wurde(34). Folglich ist klar, dass diese Voraussetzung nicht zwangsläufig die Feststellung der Ablehnung eines Gesetzesvorschlags durch Abstimmung ist, sondern die Feststellung, dass eine echte Blockierung besteht, die auf allen Stufen des Gesetzgebungsverfahrens eintreten kann und die bestätigt, dass es nicht möglich ist, einen Kompromiss zu erzielen(35). Die Verstärkte Zusammenarbeit wäre somit das als letztes Mittel verwendete Instrument, wenn sich herausgestellt hat, dass im Wege des üblichen Gesetzgebungsverfahrens kein Kompromiss gefunden werden kann. Insoweit hat das Parlament den Ausdruck „außergewöhnliche Option für einen letzten Ausweg in einer politischen Notsituation“ als Definition der Verstärkten Zusammenarbeit verwendet(36).

112. Wohlgemerkt, um Kompromisslösungen zu bewahren und zu unterstützen, muss sich der Rat vergewissern, dass es offensichtlich ist, dass dieser Kompromiss nicht innerhalb eines vertretbaren Zeitraums gefunden werden kann.

113. Der EU-Vertrag definiert auch nicht den Begriff des vertretbaren Zeitraums. Art. 20 Abs. 2 EUV bestimmt jedoch, dass es Sache des Rates ist, festzustellen, dass die mit der Zusammenarbeit angestrebten Ziele von der Union in ihrer Gesamtheit nicht innerhalb eines vertretbaren Zeitraums tatsächlich verwirklicht werden können. Das ist meines Erachtens dadurch zu erklären, dass der Rat weiter am besten beurteilen kann, ob es möglich ist, dass am Ende eine Übereinkunft bei ihm erzielt wird. Er allein kennt die näheren Umstände des Gesetzgebungsverfahrens, den Inhalt der geführten Debatten und die ausweglosen Situationen, mit denen er konfrontiert werden kann.

114. In Anbetracht dieser Gesichtspunkte sowie derjenigen, auf die in den Nrn. 27 bis 29 der vorliegenden Schlussanträge hingewiesen worden ist, bin ich der Ansicht, dass der Rat über ein weites Ermessen verfügt, um zu ermitteln, ob auf die Verstärkte Zusammenarbeit tatsächlich als letztes Mittel zurückgegriffen wird, und um festzustellen, dass die angestrebten Ziele von der Union in ihrer Gesamtheit nicht in einem vertretbaren Zeitraum verwirklicht werden können.

115. Im Übrigen wird meines Erachtens diese Absicht der Verfasser der Verträge, dem Rat hinsichtlich der Beurteilung des letzten Mittels und des vertretbaren Zeitraums ein weites Ermessen einzuräumen, dadurch bestätigt, dass sie dagegen in den spezifischen Verfahren der Verstärkten Zusammenarbeit zur Einsetzung einer Europäischen Staatsanwaltschaft und im Bereich der polizeilichen Zusammenarbeit darauf geachtet haben, Fristen einzuführen. Was nämlich Erstere betrifft, sieht Art. 86 Abs. 1 zweiter und letzter Unterabsatz AEUV vor, dass, sofern hinsichtlich der Einsetzung einer Europäischen Staatsanwaltschaft keine Einstimmigkeit besteht, eine Gruppe von mindestens neun Mitgliedstaaten beantragen kann, dass der Europäische Rat mit dem Entwurf einer Verordnung befasst wird. Sofern kein Einvernehmen erzielt wird, mindestens neun Mitgliedstaaten aber eine Verstärkte Zusammenarbeit auf der Grundlage des betreffenden Entwurfs begründen möchten, teilen diese Mitgliedstaaten dies binnen vier Monaten dem Parlament, dem Rat und der Kommission mit(37).

116. Da der Rat somit über ein weites Ermessen verfügt, um zu beurteilen, ob im Sinne des Art. 20 Abs. 2 EUV die mit der Verstärkten Zusammenarbeit angestrebten Ziele von der Union in ihrer Gesamtheit nicht innerhalb eines vertretbaren Zeitraums verwirklicht werden können, muss sich die Kontrolle durch den Gerichtshof auf die Prüfung beschränken, ob die Ausübung dieses Ermessens nicht offensichtlich fehlerhaft oder missbräuchlich ist, oder auch, ob der Rat nicht offensichtlich die Grenzen seines Ermessens überschritten hat(38).

117. Insbesondere hat der Gemeinschaftsrichter zu kontrollieren, ob der Rat sorgfältig und unparteiisch alle relevanten Gesichtspunkte des Einzelfalls untersucht hat, auf die die daraus gezogenen Schlussfolgerungen gestützt sind(39).

118. Ich weise sogleich darauf hin, dass unter Berücksichtigung der relevanten Gesichtspunkte, die vom Königreich Spanien und der Italienischen Republik, vom Rat sowie den Streithelfern zu dessen Unterstützung dargelegt wurden, und unter Berücksichtigung der verschiedenen Akte, die am Ende zu dem angefochtenen Beschluss geführt haben, der Rat meines Erachtens keinen offensichtlichen Ermessensfehler begangen hat.

119. In ihrem oben genannten Vorschlag für einen Beschluss des Rates vom 14. Dezember 2010 stellt die Kommission die aufeinanderfolgenden Etappen des insoweit eingeleiteten Gesetzgebungsverfahrens dar, die in den Erwägungsgründen 3 und 4 des angefochtenen Beschlusses kürzer beschrieben sind und die den Rückgriff auf eine Verstärkte Zusammenarbeit rechtfertigen.

120. So wurde ein erster Vorschlag für eine Verordnung des Rates über das Gemeinschaftspatent von der Kommission am 1. August 2000 vorgelegt(40). Dieser bezweckte insbesondere, Übersetzungsverfahren vorzuschlagen, die einfach und kostengünstig waren, indem die Vorlage des Patents in einer offiziellen Sprache der EPO und die Übersetzung der Ansprüche in den beiden anderen Sprachen erlaubt wurden. Einer Pressemitteilung vom 26. November 2001 ist jedoch zu entnehmen, dass „der Rat … sich in einer langen Aussprache mit den verschiedenen Aspekten des Entwurfs eines Gemeinschaftspatents [befasste], insbesondere mit der Sprachenregelung und der Abgrenzung der Rolle der nationalen Patentämter gegenüber dem [EPA, dass es aber trotz] aller Bemühungen … nicht möglich war, auf dieser Ratstagung zu einer Einigung zu kommen“(41).

121. Aus einer Pressemitteilung vom 20. Dezember 2001 ergibt sich darüber hinaus, dass der Rat die Debatte über die Schaffung eines Gemeinschaftspatents fortgesetzt und sich dabei insbesondere mit der Sprachenregelung befasst hat, ohne jedoch zu einem Einvernehmen zu gelangen(42). Die Debatten gingen bis zum 11. März 2004 weiter(43), dem Tag, an dem der Rat festgestellt hat, dass es nicht möglich sei, wegen der Frage der Sprachenregelung ein politisches Einvernehmen zu erzielen(44).

122. Die Diskussionen wurden dann 2008 unter der slowenischen Präsidentschaft wieder aufgenommen. Insbesondere hat Letztere am 23. Mai 2008 einen revidierten Vorschlag für eine Verordnung des Rates über das Gemeinschaftspatent vorgelegt(45). Die Kommission erklärt in ihrem oben genannten Vorschlag für einen Beschluss vom 14. Dezember 2010, dass dieser revidierte Vorschlag für eine Verordnung im Rat unter den folgenden Präsidentschaften der Jahre 2008 und 2009 lange erörtert wurde(46).

123. Mit dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon und der neuen Rechtsgrundlage für die Schaffung eines Rechtstitels im Bereich des geistigen Eigentums, nämlich Art. 118 AEUV, hat die Kommission schließlich am 30. Juni 2010 den oben genannten Vorschlag für eine Verordnung des Rates über die Vorschriften betreffend die Übersetzung für das Patent der Europäischen Union erlassen. Dieser Vorschlag war Gegenstand zahlreicher Diskussionen(47), und in der Ratssitzung vom 10. November 2010 wurde schließlich die fehlende Einstimmigkeit in Bezug auf diesen Entwurf zu Protokoll genommen(48). Am 10. Dezember 2010 hat der Rat bestätigt, dass unüberwindbare Schwierigkeiten bestehen, die zu der Zeit und in absehbarer Zukunft eine einmütige Zustimmung unmöglich machen(49).

124. Meines Erachtens ist der Rat auf der Grundlage der Umstände des vorliegenden Falles zu Recht zu dem Ergebnis gekommen, dass es ihm nach jahrelangen Erörterungen, die immer in einem Misserfolg endeten, nicht möglich war, eine Einstimmigkeit zu erreichen, und folglich zu einer Handlung unter Beteiligung aller Mitgliedstaaten zu gelangen.

125. Es ergibt sich somit nicht, dass der Rat einen offensichtlichen Fehler bei der Gesamtwürdigung des Sachverhalts begangen hat. Kein Instrument des üblichen Gesetzgebungsverfahrens ermöglichte offensichtlich, die Blockierung zu diesem Zeitpunkt für die Zukunft aufzuheben. Die Verstärkte Zusammenarbeit war also offenbar das letzte Mittel, um die angestrebten Ziele zu verwirklichen.

126. Infolgedessen bin ich in Anbetracht der vorstehenden Erwägungen der Ansicht, dass der Klagegrund des Verstoßes gegen die Voraussetzung des letzten Mittels als unbegründet zurückzuweisen ist.

F –    Zum Klagegrund des Verstoßes gegen Art. 118 Abs. 1 AEUV und Art 326 AEUV sowie gegen Art. 20 Abs. 1 Unterabs. 1 EUV

1.      Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

127. Nach Ansicht des Königreichs Spanien und der Italienischen Republik verstößt der angefochtene Beschluss gegen Art. 326 AEUV, nach dem eine Verstärkte Zusammenarbeit weder den Binnenmarkt noch den wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt beeinträchtigen darf und weder ein Hindernis noch eine Diskriminierung für den Handel zwischen den Mitgliedstaaten darstellen noch zu Verzerrungen des Wettbewerbs zwischen den Mitgliedstaaten führen darf.

128. Das Königreich Spanien und die Italienische Republik tragen nämlich vor, dass die Verstärkte Zusammenarbeit, für die dieser Beschluss die Ermächtigung erteilt, eine Absorption der Wirtschafts- und Handelstätigkeit in Bezug auf neue Produkte zum Nachteil der nicht teilnehmenden Mitgliedstaaten begünstige. Darüber hinaus beeinträchtige diese Verstärkte Zusammenarbeit den Binnenmarkt, den freien Wettbewerb und den freien Warenverkehr, da die einheitlichen Patente nur in einem Teil des Hoheitsgebiets der Union Wirkung erzeugten.

129. Das Königreich Spanien und die Italienische Republik führen aus, dass der angefochtene Beschluss zu einer Diskriminierung zwischen den Unternehmen führe, da der Handel mit neuen Produkten nach der im siebten Erwägungsgrund dieses Beschlusses vorgesehenen Sprachenregelung für die Unternehmen begünstigt werde, die in den Sprachen Deutsch, Englisch und Französisch arbeiteten, während die Handelsbeziehungen der Unternehmen, die diese Sprachen nicht benutzten, eingeschränkt seien. Dies stelle ebenfalls eine Verletzung von Art. 326 AEUV dar.

130. Die Italienische Republik führt weiter aus, nach Art. 118 Abs. 1 AEUV sei der europäische Rechtstitel über die Rechte des geistigen Eigentums entweder einheitlich mit Wirkung im gesamten Hoheitsgebiet der Union, oder er sei nicht durchführbar. Im vorliegenden Fall erfülle die Verstärkte Zusammenarbeit diese Pflicht nicht, da sie eine Aufspaltung des Binnenmarkts zur Folge habe.

131. Im Übrigen verhindere die Verstärkte Zusammenarbeit die zusammenhängende Entwicklung der Industriepolitik und trage dazu bei, die Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten in technologischer Hinsicht zu vergrößern, und beeinträchtige dadurch den wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt. Die Patentregelung bezwecke nämlich, die Grenzen des Eigentumsrechts an einer Neuerung klar zu definieren, Investitionsanreize in Forschung und Entwicklung zu unterstützen und eine Grundlage für einen Markt für Technologien zu schaffen. Folglich schaffe das System, das durch die Verstärkte Zusammenarbeit eingeführt werde, einen großen Vorteil für die teilnehmenden Mitgliedstaaten zulasten der nicht teilnehmenden Mitgliedstaaten. Das Königreich Spanien fügt hinzu, dass die Sprachenregelung, die der Rat einführen wolle, den Transfer von Wissen und somit die wirtschaftliche und technologische Schöpfung und die Entwicklung einiger Mitgliedstaaten entscheidend begrenze, da die Unternehmen der Mitgliedstaaten, die die offiziellen Sprachen des einheitlichen Patents beherrschten, einen direkteren Zugang zu dem in den Patentunterlagen enthaltenen Wissen hätten. Die betroffenen Mitgliedstaaten neigten deshalb mehr dazu, Neuerungen zu schaffen, und hätten ein größeres und schnelleres Wirtschaftswachstum im Vergleich zu den anderen Mitgliedstaaten, für die der Zugang zu diesen Informationen eingeschränkt oder verwehrt sei.

132. Schließlich trägt das Königreich Spanien vor, dass der angefochtene Beschluss, mit dem die Ermächtigung für die Verstärkte Zusammenarbeit erteilt werde, das Ziel der Stärkung des Integrationsprozesses unter Verstoß gegen Art. 20 Abs. 1 Unterabs. 2 EUV nicht erfülle. Von einer Stärkung des Integrationsprozesses weit entfernt behindere diese Verstärkte Zusammenarbeit diesen, da sie in Wirklichkeit nur dazu bestimmt sei, die Mitgliedstaaten auszuschließen, die ernsthafte Probleme in Bezug auf die vorgeschlagene Sprachenregelung für das einheitliche Patent geltend gemacht hätten. Dadurch, dass der Rat ein bestimmtes Sprachenmodell anordne, ordne er eine politische Wahl an, die eine Spaltung in der Union bewirke und die weit von dem Integrationscharakter, den die Verstärkte Zusammenarbeit aufzuweisen habe, entfernt sei.

133. Der Rat ist nicht der Ansicht, dass die Verstärkte Zusammenarbeit, insbesondere die Sprachenregelung, die sie einführen werde, den wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt beeinträchtige. Es gebe keinen einzigen Grund, anzunehmen, dass weniger Anträge auf Anerkennung von Patenten für das Königreich Spanien und die Italienische Republik gestellt würden.

134. Der Rat führt aus, dass die Unternehmen derzeit die Möglichkeit hätten, zwischen der Beantragung eines Patents in allen Mitgliedstaaten oder der Beantragung eines Schutzes nur in bestimmten Mitgliedstaaten zu wählen, was eine Zergliederung des Marktes verursache. Der neue Schutz, den das einheitliche Patent verleihe, stelle eine zusätzliche Möglichkeit für die Unternehmen, unabhängig von ihrer geografischen Herkunft, dar, die diese Marktzergliederung reduziere, da diese Unternehmen einen Schutz durch das einheitliche Patent für das Hoheitsgebiet von 25 teilnehmenden Mitgliedstaaten erhalten könnten. Die genannte Zergliederung, auf die das Königreich Spanien und die Italienische Republik anspielten, habe in Wirklichkeit ihren Ursprung nicht in dem angefochtenen Beschluss, sondern in der aktuellen Situation.

135. Betreffend das Vorbringen des Königreichs Spanien, wonach der angefochtene Beschluss wegen der darin eingeführten Sprachenregelung diskriminierend sei, ist der Rat der Ansicht, dass dieses offensichtlich verfrüht und unzulässig sei, denn die endgültigen Modalitäten dieser Regelung seien noch nicht bekannt, da die genannte Regelung noch nicht erlassen worden sei.

136. Die Mitgliedstaaten sowie die Kommission und das Parlament, als Streithelfer zur Unterstützung des Rates, teilen die Ansicht des Rates. Insbesondere die Kommission betont, dass der angefochtene Beschluss ein reiner Verfahrensbeschluss sei, der den Anwendungsbereich und die Ziele einer Verstärkten Zusammenarbeit definiere, die noch ihre endgültige Form erhalten müsse. Die Beeinträchtigung des Binnenmarkts ergebe sich allenfalls aus den materiellen Vorschriften, die noch nicht angenommen seien, insbesondere aus denjenigen betreffend die Sprachenregelung. Der Gerichtshof dürfe nur prüfen, ob der angefochtene Beschluss zwangsläufig zu einer Verstärkten Zusammenarbeit führe, die gegen die Verträge verstoßen würde. Die Kommission erinnert insoweit an das Urteil vom 8. Juni 2010, Vodafone u. a.(50), in dem darauf hingewiesen werde, dass der Gerichtshof ein weites Ermessen des Unionsgesetzgebers in Bereichen anerkannt habe, in denen seine Tätigkeit sowohl politische als auch wirtschaftliche oder soziale Entscheidungen verlange und in denen er komplexe Prüfungen und Beurteilungen vornehmen müsse. Es gehe somit nicht darum, ob eine in diesem Bereich erlassene Maßnahme die einzig mögliche oder die bestmögliche gewesen sei; sie sei vielmehr nur dann rechtswidrig, wenn sie zur Erreichung des Ziels, das das zuständige Organ verfolgt, offensichtlich ungeeignet sei(51).

2.      Würdigung

137. Der Beschluss über die Ermächtigung zur Einführung einer Verstärkten Zusammenarbeit definiert den verfahrensrechtlichen Rahmen, innerhalb dessen im Anschluss weitere Rechtsakte erlassen werden, um diese Zusammenarbeit konkret umzusetzen. Folglich kann die gerichtliche Kontrolle des Beschlusses über die Ermächtigung nicht mit derjenigen der Rechtsakte, die im Anschluss im Rahmen der Verstärkten Zusammenarbeit erlassen werden, vermengt werden.

138. Auch wenn der Rat im angefochtenen Beschluss tatsächlich angesprochen hat, was die Sprachenregelung für das einheitliche Patent sein könnte, ist die Frage dieser Sprachenregelung keine entscheidende Bedingung, die die Gültigkeit des Beschlusses über die Ermächtigung zu einer Verstärkten Zusammenarbeit bestimmt. Diese Frage ist später zu behandeln, und sie muss Gegenstand eines gesonderten Rechtsakts sein, der von den teilnehmenden Mitgliedstaaten nach dem Verfahren in Art. 118 Abs. 2 AEUV einstimmig erlassen wird. Der Gerichtshof kann nur im Rahmen einer eventuellen anderen Klage gegen diesen Rechtsakt eine gerichtliche Kontrolle dieses Rechtsakts vornehmen.

139. Die Kontrolle durch den Gerichtshof beschränkt sich auf die Frage, ob der angefochtene Beschluss die Voraussetzungen erfüllt, die für die Umsetzung einer Verstärkten Zusammenarbeit gemäß Art. 20 EUV und Art. 326 ff. AEUV erforderlich sind(52).

140. Folglich bin ich der Meinung, dass das Vorbringen des Königreichs Spanien und der Italienischen Republik in Bezug auf die Sprachenregelung für das einheitliche Patent und in Bezug auf Art. 118 Abs. 1 AEUV als unzulässig zurückzuweisen ist.

141. Es ist also im Moment zu untersuchen, ob der angefochtene Beschluss die Bedingungen erfüllt, die in Art. 326 AEUV genannt sind. Das Königreich Spanien und die Italienische Republik sind nämlich der Ansicht, dass der angefochtene Beschluss diese Bedingungen nicht erfülle, da die Verstärkte Zusammenarbeit, für die somit eine Ermächtigung erteilt wurde, den Binnenmarkt und den wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt beeinträchtige. Im Übrigen sei diese Zusammenarbeit für den Handel zwischen den Mitgliedstaaten ein Hindernis und eine Diskriminierung, und sie führe zu Wettbewerbsverzerrungen zwischen den Mitgliedstaaten.

142. Aus den in den Nrn. 27 bis 29 der vorliegenden Schlussanträge genannten Gründen muss sich die Kontrolle durch den Gerichtshof auf die Prüfung beschränken, ob der Rat nicht offensichtlich einen Ermessensfehler begangen hat. Konkret muss der Gerichtshof prüfen, ob die Einführung einer Verstärkten Zusammenarbeit im Bereich der Schaffung eines einheitlichen Patents offensichtlich ungeeignet ist(53), da diese Zusammenarbeit den Binnenmarkt und den wirtschaftlichen sozialen und territorialen Zusammenhalt beinträchtigen würde, für den Handel zwischen den Mitgliedstaaten ein Hindernis und eine Diskriminierung darstellen würde und zu Verzerrungen des Wettbewerbs führen würde.

143. Meines Erachtens gibt es keinen Beweis dafür, dass dies der Fall ist, ganz im Gegenteil.

144. Der angefochtene Beschluss wurde vom Rat auf Vorschlag der Kommission erlassen. In diesem Vorschlag hat diese geprüft, ob die geplante Verstärkte Zusammenarbeit die nach den einschlägigen Bestimmungen der Verträge einzuhaltenden Bedingungen erfüllte. In dieser Hinsicht hat sie darauf hingewiesen, dass die verschiedenen nationalen Patentregelungen und die im Rahmen des EPÜ eingeführte europäische Regelung nebeneinander bestehen. Eine solche Verschiedenheit von Regelungen führt nach Ansicht der Kommission zu einer Zergliederung des Patentrechtsschutzes(54). Sie stützte sich insbesondere auf eine Untersuchung der Auswirkungen aus dem Jahr 2010(55), in der sie geprüft hat, welche Probleme mit der Verschiedenheit der Patentregelungen verbunden sind und welche Lösungen dafür möglich wären. Sie hat u. a. festgestellt, dass die Patentinhaber sich in der Praxis zur Zeit damit begnügten, ihre Erfindungen in einer beschränkten Anzahl von Mitgliedstaaten schützen zu lassen, insbesondere wegen der hohen Kosten und der Komplikationen im Zusammenhang mit der Übersetzung, der Kriterien für die Anerkennung, der amtlichen Gebühren und der Verpflichtung, einen zugelassenen Beauftragten zu benennen(56).

145. Unter Berufung auf den genannten Vorschlag(57) trägt der Rat vor, dass eine Verstärkte Zusammenarbeit darauf gerichtet sei, den wissenschaftlichen und technischen Fortschritt sowie das Funktionieren des Binnenmarkts zu fördern. Die Schaffung eines solchen Patentschutzes für eine Gruppe von Mitgliedstaaten dürfte den Patentschutz verbessern, indem ein kostengünstigerer und weniger komplizierter einheitlicher Patentschutz in den Hoheitsgebieten der teilnehmenden Mitgliedstaaten erlangt werden könne(58).

146. Im Übrigen führt der Rat im 14. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses aus, dass die Unternehmen der nicht teilnehmenden Mitgliedstaaten die Möglichkeit haben müssten, den einheitlichen Patentschutz im Hoheitsgebiet der teilnehmenden Mitgliedstaaten unter den gleichen Voraussetzungen zu erhalten wie die Unternehmen der teilnehmenden Mitgliedstaaten.

147. Ich bin nicht der Ansicht, dass die Beurteilung des Rates offensichtlich fehlerhaft ist.

148. Es ist nämlich unstreitig, dass eine Differenzierung des Schutzes innerhalb der Union für ein und dieselbe Erfindung eine Zergliederung des Binnenmarkts hervorruft, insbesondere weil ein solcher Schutz in manchen Mitgliedstaaten bestehen kann, in anderen aber nicht(59). Dies hat unmittelbar zur Folge, dass die Inhaber von Patenten große Schwierigkeiten haben, zu verhindern, dass Waren und Erzeugnisse aus Drittstaaten, die die genannten Patente beeinträchtigen, in Mitgliedstaaten eingeführt werden, in denen die genannten Patente nicht eingetragen sind.

149. Eine Verstärkte Zusammenarbeit zur Schaffung eines einheitlichen Patents, das in den Hoheitsgebieten mehrerer Mitgliedstaaten gleiche Wirkungen erzielt, im vorliegenden Fall in denjenigen von 25 Mitgliedstaaten, ist zwangsläufig ein Beitrag zur Verbesserung des Funktionierens des Binnenmarkts und zur Reduzierung der Handelshemmnisse und der Wettbewerbsverzerrungen zwischen den Mitgliedstaaten. Zu diesem Thema hat der Gerichtshof bereits 1968(60) anerkannt, dass die einzelstaatlichen Vorschriften über den Schutz des gewerblichen Eigentums in der Union noch nicht vereinheitlicht sind. Infolgedessen können sich aus der Begrenzung des Schutzbereichs des gewerblichen Eigentums auf den Einzelstaat und aus den Unterschieden zwischen den einschlägigen einzelstaatlichen Gesetzgebungen Hindernisse für den freien Verkehr der patentierten Erzeugnisse und den freien Wettbewerb innerhalb des Gemeinsamen Markts ergeben(61).

150. Im Übrigen ist nicht zu erkennen, inwiefern die Einführung einer solchen Verstärkten Zusammenarbeit den wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt beeinträchtigen würde. Nach Art. 174 AEUV entwickelt und verfolgt die Union weiterhin ihre Politik zur Stärkung ihres wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalts, um eine harmonische Entwicklung der Union als Ganzes zu fördern. Die Union muss sich insbesondere zum Ziel setzen, die Unterschiede im Entwicklungsstand der verschiedenen Regionen und den Rückstand der am stärksten benachteiligten Gebiete zu verringern. Das Ziel ist somit, den Unionsbürgern in jedem Hoheitsgebiet der Union Chancengleichheit und gleiche Lebensqualität zu garantieren.

151. Im vorliegenden Fall bestehen keine Zweifel daran, dass ein Mechanismus, der dazu bestimmt ist, ein einheitliches Patent zu schaffen mit der Folge eines einheitlichen Schutzes im Hoheitsgebiet mehrerer Mitgliedstaaten, zur harmonischen Entwicklung der gesamten Union beiträgt, da er zur Folge hat, dass bestehende Unterschiede zwischen diesen Mitgliedstaaten reduziert werden. Im Übrigen könnten alle Wirtschaftsbeteiligten in den Genuss eines solchen Patents kommen, da der Herkunftsort des Antragstellers eines einheitlichen Patents für dessen Erlangung gleichgültig ist(62).

152. Meines Erachtens hat der Rat somit dadurch, dass er die Ermächtigung für eine Verstärkte Zusammenarbeit im Hinblick auf die Schaffung eines einheitlichen Patents erteilt hat, keinen offensichtlichen Ermessensfehler begangen.

153. Infolgedessen bin ich nach alledem der Meinung, dass der Klagegrund des Verstoßes gegen Art. 118 Abs. 1 AEUV und Art. 326 AEUV sowie Art. 20 Abs. 1 Unterabs. 2 EUV als teilweise unzulässig und teilweise unbegründet zurückzuweisen ist.

G –    Zum Klagegrund des Verstoßes gegen die Art. 327 und 328 AEUV

1.      Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

154. Das Königreich Spanien weist darauf hin, dass Art. 327 AEUV vorsehe, dass eine Verstärkte Zusammenarbeit die Zuständigkeiten, Rechte und Pflichten der nicht daran beteiligten Mitgliedstaaten achte. Der Rat habe aber eine Sprachenregelung erlassen, die es verpflichte, auf das ihm in Art. 65 EPÜ verliehene Recht, eine Übersetzung der Patentbroschüre ins Spanische zu verlangen, damit es Rechtswirkungen in Spanien erzeuge, zu verzichten. Er ist darüber hinaus der Ansicht, dass der angefochtene Beschluss nicht das Recht des Königreichs Spanien beachte, in Zukunft an der Verstärkten Zusammenarbeit teilzunehmen, da der Rat eine Sprachenregelung erlassen habe, die dieser Mitgliedstaat nicht akzeptieren könne.

155. Der Rat ist insoweit der Ansicht, dass die Nicht-Teilnahme des Königreichs Spanien an der Verstärkten Zusammenarbeit allein auf dessen Willen beruhe. Er führt weiter aus, dass es offenkundig und vernünftig sei, dass, wenn die Organe der Union in einem Bereich gemeinsame Regeln erließen, es den Mitgliedstaaten nicht freistehe, in diesem Bereich zu beschließen, was sie wollten.

156. Im Übrigen bemerken der Rat und die Streithelfer zu seiner Unterstützung, diesem Klagegrund liege die falsche Prämisse zugrunde, dass es dem Königreich Spanien oder der Italienischen Republik sachlich oder rechtlich nicht möglich sei, an dieser Verstärkten Zusammenarbeit teilzunehmen.

2.      Würdigung

157. Nach meinem Verständnis trägt das Königreich Spanien mit diesem Klagegrund zum einen vor, dass der angefochtene Beschluss es unter Verletzung von Art. 327 AEUV verpflichte, auf das ihm in Art. 65 EPÜ verliehene Recht, eine Übersetzung der Patentschrift ins Spanische zu verlangen, damit das Patent Rechtswirkungen erzeuge, zu verzichten, und zum anderen, dass die Voraussetzung der in Art. 328 AEUV vorgesehenen Öffnung der Verstärkten Zusammenarbeit für die nicht teilnehmenden Mitgliedstaaten nicht beachtet sei, da diese Verstärkte Zusammenarbeit eine Sprachenregelung vorsehe, die das Königreich Spanien nicht akzeptieren könne.

158. Ich bin der Ansicht, dass dieser Klagegrund unzulässig ist.

159. Im Rahmen dieses Klagegrundes stützt das Königreich Spanien sein Vorbringen auf die Sprachenregelung des einheitlichen Patents, insbesondere auf den Vorschlag vom 13. April 2011 für eine Verordnung des Rates über die Umsetzung der Verstärkten Zusammenarbeit bei der Schaffung eines einheitlichen Patentschutzes im Hinblick auf die anzuwendenden Übersetzungsregelungen(63).

160. Wie wir aber in den Nrn. 138 f. der vorliegenden Schlussanträge gesehen haben, ist die Frage dieser Sprachenregelung keine Bedingung, die die Gültigkeit des Beschlusses über die Ermächtigung zu einer Verstärkten Zusammenarbeit bestimmt.

161. Das Königreich Spanien zielt in Wirklichkeit darauf ab, die Rechtmäßigkeit der künftigen Verordnung des Rates über die Umsetzung der Verstärkten Zusammenarbeit bei der Schaffung eines einheitlichen Patentschutzes im Hinblick auf die anzuwendenden Übersetzungsregelungen anzufechten.

162. Infolgedessen ist dieser Klagegrund meines Erachtens als unzulässig zurückzuweisen.

IV – Ergebnis

163. Aufgrund dessen schlage ich dem Gerichtshof vor,

1.      die Klagen abzuweisen;

2.      dem Königreich Spanien (Rechtssache C‑274/11) und der Italienischen Republik (Rechtssache C‑295/11) ihre eigenen Kosten aufzuerlegen, während der Rat der Europäischen Union und die ihn unterstützenden Streithelfer ihre eigenen Kosten tragen.


1 – Originalsprache: Französisch.


2–      ABl. L 76, S. 53, im Folgenden: angefochtener Beschluss.


3–      KOM(2010) 350 endg.


4 –      Übereinkommen, das am 5. Oktober 1973 in München unterzeichnet wurde und am 7. Oktober 1977 in Kraft getreten ist (im Folgenden: EPÜ).


5 – Vgl. Nr. 23 der Schlussanträge in der Rechtssache, in der das Urteil vom 17. Juli 1997, SAM Schiffahrt und Stapf (C‑248/95 und C‑249/95, Slg. 1997, I‑4475), ergangen ist.


6–      Siehe Art. 329 Abs. 1 Unterabs. 2 AEUV.


7 – Vgl. u. a. Urteile vom 18. März 1975, Deuka (78/74, Slg. 1975, 421, Randnr. 9), vom 17. Mai 1988, Erpelding (84/87, Slg. 1988, 2647, Randnr. 27), vom 12. September 1996, Fattoria autonoma tabacchi u. a. (C‑254/94, C‑255/94 und C‑269/94, Slg. 1996, I‑4235, Randnr. 56), vom 17. Juli 1997, National Farmers’ Union u. a. (C‑354/95, Slg. 1997, I‑4559, Randnr. 50), und vom 14. Dezember 2004, Swedish Match (C‑210/03, Slg. 2004, I‑11893, Randnr. 48 und die dort angeführte Rechtsprechung). Vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 15. Oktober 2009, Enviro Tech (Europe) (C‑425/08, Slg. 2009, I‑10035, Randnr. 47 und die dort angeführte Rechtsprechung).


8 – Vgl. dazu den Vermerk des Präsidiums vom 15. Mai 2002 zur Kompetenzabgrenzung zwischen der Europäischen Union und den Mitgliedstaaten – Gegenwärtiges System, Problemstellung und zu prüfende Optionen (CONV 47/02). Insbesondere sollte die Frage der Kompetenzabgrenzung die Kritik der Mitgliedstaaten selbst beantworten, die der Ansicht waren, dass die Union in einigen Bereichen weniger und in anderen Bereichen mehr tun sollte (Nr. 1).


9 – Erklärung vom 15. Dezember 2001.


10 – Vgl. auch Erklärung Nr. 23 zur Zukunft der Union im Anhang zum Vertrag von Nizza.


11 – Vgl. zu diesem Thema Blanquet, M., „Compétences de l’Union“, Jurisclasseur Europe, Bd.170.


12–      Siehe Art. 5 Abs. 1 EUV.


13–      Hervorhebung nur hier.


14–      Ebd.


15 – Vgl. u. a. den fünften Erwägungsgrund der Richtlinie 98/44 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Juli 1998 über den rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen (ABl. L 213, S. 13), den vierten Erwägungsgrund der Verordnung (EG) Nr. 6/2002 des Rates vom 12. Dezember 2001 über das Gemeinschaftsgeschmackmuster (ABl. 2002, L 3, S. 1) sowie die Erwägungsgründe 1 und 3 der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (ABl. L 167, S. 10).


16–      Vgl. Urteil vom 18. Oktober 2011, Brüstle (C‑34/10, Slg. 2011, I‑9821, Randnrn. 27 f.).


17 – Vgl. Urteile vom 26. April 2007, Alcon/HABM (C‑412/05 P, Slg. 2007, I‑3569, Randnr. 54), und vom 14. September 2010, Lego Juris/HABM (C‑48/09 P, Slg. 2010, I‑8403, Randnr. 38).


18–      C‑436/03, Slg. 2006, I‑3733.


19–      Randnrn. 36 bis 44.


20–      Slg. 1994, I‑5267.


21–      Randnr. 59.


22 – Vgl. u. a. Urteile vom 7. September 2006, Spanien/Rat (C‑310/04, Slg. 2006, I‑7285, Randnr. 69 und die dort angeführte Rechtsprechung), sowie vom 15. Mai 2008, Spanien/Rat (C‑442/04, Slg. 2008, I‑3517, Randnr. 49 und die dort angeführte Rechtsprechung).


23 – Vgl. S. 10 des Übermittlungsvermerks des Präsidiums vom 14. Mai 2003 zur Verstärkten Zusammenarbeit (CONV 723/03), der unter der folgenden Internet-Adresse verfügbar ist: http://www.europarl.europa.eu/meetdocs_all/committees/conv/20030520/723000de.pdf.


24–      Ebd.


25–      Art. 328 Abs. 1 Unterabs. 2 AEUV.


26 – Im Übrigen ist das Vorbringen der Italienschen Republik gegenüber dem Rat sehr überraschend, da die Einstimmigkeit bei der Ermächtigung zur Verstärkten Zusammenarbeit im Rahmen des für die Ehescheidung und Trennung ohne Auflösung des Ehebands geltenden Gesetzes, an der u. a. dieser Mitgliedstaat und das Königreich Spanien teilnehmen, offenbar kein Problem war, obwohl einer der von dieser Zusammenarbeit betroffenen Bereiche der in Art. 81 Abs. 3 AEUV vorgesehene Bereich ist, der ebenfalls Einstimmigkeit im Rat erfordert (siehe achter Erwägungsgrund des Beschlusses 2010/405/EU des Rates vom 12. Juli 2010 über die Ermächtigung zu einer Verstärkten Zusammenarbeit im Bereich des auf die Ehescheidung und Trennung ohne Auflösung des Ehebandes anzuwendenden Rechts [ABl. L 189, S. 12]).


27–      Slg. 2011, I‑1137,.


28–      Randnr. 70.


29–      KOM(2011) 215 endg.


30 – Siehe Art. 10 dieses Entwurfs (S. 8).


31 – Vorschlag für einen Beschluss des Rates über die Ermächtigung zu einer verstärkten Zusammenarbeit im Bereich der Schaffung eines einheitlichen Patentschutzes (KOM[2010] 790 endg.).


32–      Vgl. u. a. Urteil vom 18. Juli 2007, Industrias Químicas del Vallés/Kommission (C‑326/05 P, Slg. 2007, I‑6557, Randnr. 77 und die dort angeführte Rechtsprechung).


33 – Vgl. zu diesem Thema Bribosia, H., „Les coopérations renforcées: quel modèle d’intégration différenciée pour l’Union européenne? – Analyse comparative du mécanisme général de la coopération renforcée, du projet de coopération structure permanente en matière de défense, et de la pratique d’autres coopérations renforcées ‚prédéterminées‘ en matière sociale, au sein de l’Espace de liberté, sécurité et justice, et dans l’Union économique et monétaire“, Dissertation vom 26. Juni 2007, Europäisches Hochschulinstitut, Florenz, S. 97.


34 – Vgl. Konferenz der Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten betreffend das Positionspapier von Deutschland und Italien vom 4. Oktober 2000 (CONFER 4783/00), S. 4.


35 – Vgl. in diesem Sinne S. 18 des in Fn. 23 angeführten Übermittlungsvermerks.


36 – Vgl. Nr. 10 der Entschließung zur Umsetzung des Vertrags von Amsterdam: Bedeutung der verstärkten Zusammenarbeit (ABl. 1998, C 292, S. 143).


37–      Vgl. Art. 87 Abs. 3 Unterabs. 2 und 3 AEUV.


38–      Vgl. u. a. Urteil Enviro Tech (Europe), oben in Fn. 7 angeführt (Randnr. 47 und die dort angeführte Rechtsprechung).


39 – Vgl. Urteil Industrias Químicas del Vallés/Kommission, oben in Fn. 32 angeführt (Randnr. 77 und die dort angeführte Rechtsprechung).


40–      KOM(2000) 412 endg.


41 – Siehe S. 19 der Pressemitteilung 14400/01 (Presse 440) über die 2389. Tagung des Rates – Binnenmarkt, Verbraucherfragen, Tourismus, unter folgender Internetadresse verfügbar: http://register.consilium.europa.eu/pdf/de/01/st14/st14400.de01.pdf.


42 – Siehe S. 4 der Pressemitteilung 15489/01 (Presse 489) über die 2403. Tagung des Rates – Binnenmarkt, Verbraucherfragen, Tourismus, unter folgender Internetadresse verfügbar: http://register.consilium.europa.eu/pdf/de/01/st15/st15489.de01.pdf.


43 – Siehe S. 15 der Pressemitteilung 6874/03 (Presse 59) über die 2490. Tagung des Rates – Wettbewerbsfähigkeit (Binnenmarkt, Industrie und Forschung) vom 3. März 2003, unter folgender Internetadresse verfügbar: http://register.consilium.europa.eu/pdf/de/03/st06/st06874.de03.pdf, und S. 11 der Pressemitteilung 15141/03 (Presse 337) über die 2547. Tagung des Rates – Wettbewerbsfähigkeit (Binnenmarkt, Industrie und Forschung) vom 26. und 27. November 2003, unter folgender Internetadresse verfügbar: http://register.consilium.europa.eu/pdf/de/03/st15/st15141.de03.pdf.


44 – Siehe S. 15 der Pressemitteilung 6648/04 (Presse 62) über die 2570. Tagung des Rates – Wettbewerbsfähigkeit (Binnenmarkt, Industrie und Forschung), vom 11. März 2004, unter folgender Internetadresse verfügbar: http://register.consilium.europa.eu/pdf/de/04/st06/st06648.de04.pdf.


45 – Vorschlag verfügbar auf der Internetseite des Rates unter dem Aktenzeichen 9465/08.


46–      S. 4.


47 – Vgl. u. a. Unterlagen des Rates unter den Aktenzeichen 13031/10, 14377/10 und 15395/10.


48 – Siehe Pressemitteilung 16041/10 (Presse 297) zur außerordentlichen Sitzung des Rates – Wettbewerb (Binnenmarkt, Industrie, Forschung und Weltraum) vom 10. November 2010.


49–      Siehe vierten Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses.


50–      C‑58/08, Slg. 2010, I‑4999.


51–      Randnr. 52 dieses Urteils.


52–      Vgl. Nr. 98 der vorliegenden Schlussanträge.


53 – Vgl. in diesem Sinne Urteile Swedish Match, oben in Fn. 7 angeführt (Randnr. 48 und die dort angeführte Rechtsprechung), sowie vom 10. Januar 2006, IATA und ELFAA (C‑344/04, Slg. 2006, I‑403, Randnr. 80 und die dort angeführte Rechtsprechung).


54 – Vgl. S. 9 und 10 des oben genannten Vorschlags der Kommission.


55 – Vgl. Vorarbeiten der Kommission, Begleitunterlage zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Regelung der Übersetzung des Patents der Europäischen Union vom 30. Juni 2010 (SEC[2010] 796). Dieses Dokument ist in englischer Sprache verfügbar.


56–      S. 9 bis 12.


57–      Vgl. Erwägungsgründe 3 und 7 des angefochtenen Beschlusses.


58–      Vgl. elften Erwägungsgrund dieses Beschlusses.


59–      Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. Juli 1995, Spanien/Rat (C‑350/92, Slg. 1995, I‑1985, Randnrn. 34 bis 36).


60 – Urteil vom 29. Februar 1968, Parke und Davis (24/67, Slg. 1968, 81).


61–      S. 111.


62–      Siehe 14. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses.


63–      KOM(2011) 216 endg.