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Rechtsmittel der Schindler Holding Ltd, der Schindler Management AG, der Schindler SA, der Schindler Sàrl, der Schindler Liften BV und der Schindler Deutschland Holding GmbH gegen das Urteil des Gerichts (Achte Kammer) vom 13. Juli 2011 in der Rechtssache T-138/07, Schinder Holding Ltd u.a. gegen Europäische Kommission, unterstützt durch Rat der Europäischen Union, eingelegt am 28. September 2011

(Rechtssache C-501/11 P)

Verfahrenssprache: Deutsch

Verfahrensbeteiligte

Rechtsmittelführerinnen: Schindler Holding Ltd, Schindler Management AG, Schindler SA, Schindler Sàrl, Schindler Liften BV, Schindler Deutschland Holding GmbH (Prozessbevollmächtigte: R. Bechtold und W. Bosch, Rechtsanwälte, sowie Professor Dr. J. Schwarze)

Andere Verfahrensbeteiligte: Europäische Kommission, Rat der Europäischen Union

Anträge der Rechtsmittelführerinnen

Die Rechtsmittelführerinnen beantragen

1.    das Urteil des Gerichts (Achte Kammer) vom 13. Juli 2011 (Rechtssache T-138/07) aufzuheben;

2.    die Entscheidung der Kommission vom 21. Februar 2007 (COMP/E-1/38.823 -Aufzüge und Fahrtreppen) für nichtig zu erklären,

hilfsweise, die in dieser Entscheidung gegen die Rechtsmittelführerinnen verhängten Geldbußen für nichtig zu erklären oder herabzusetzen;

3.    hilfsweise zu den Anträgen Ziffer 1 und Ziffer 2, die Sache zur Entscheidung in Einklang mit der rechtlichen Beurteilung im Urteil des Gerichtshofes an das Gericht zurückzuverweisen;

4.    in jedem Fall die Kommission zu verurteilen, die Kosten der Rechtsmittelführerinnen für die Verfahren vor dem Gericht und dem Gerichtshof zu tragen.

Rechtsmittelgründe und wesentliche Argumente

Die Rechtsmittelführerinnen machen insgesamt dreizehn Rechtsmittelgründe geltend:

─    Erstens habe das Gericht gegen den Grundsatz der Gewaltenteilung und gegen die Anforderung an ein rechtsstaatliches Verfahren verstoßen, indem es der Auffassung ist, dass die Kommission für die Verhängung von Geldbußen zuständig sei, ohne dass das Gericht selbst die Kommissionsentscheidung vollumfänglich überprüft hätte.

─    Zweitens habe das Gericht gegen den Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme verstoßen, indem es eine Beweisführung durch Kronzeugen als zulässig erachte, wie dies in der derzeitigen Praxis der Kommission geschehe.

─    Drittens habe das Gericht gegen den Bestimmtheitsgrundsatz (Art. 7 der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten, nachfolgend: EMRK) verstoßen, indem es Art. 23 Abs. 2 der Verordnung 1/20031 als hinreichend bestimmte Gesetzesgrundlage für die Verhängung von Geldbußen angesehen hätte.

─    Viertens habe das Gericht verkannt, dass die Bußgeldleitlinien der Kommission von 1998 mangels Zuständigkeit der Kommission unwirksam seien.

─    Fünftens habe das Gericht zu Unrecht verneint, dass die Bußgeldleitlinien der Kommission von 1998 gegen das Rückwirkungsverbot und den Grundsatz des Vertrauensschutzes verstießen.

─    Sechstens habe das Gericht gegen den Verschuldensgrundsatz und die Unschuldsvermutung (Art. 27 Abs. 2 der Verordnung 1/2003; Art. 48 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, nachfolgend: Charta, Art. 6 Abs. 2 EMRK) verstoßen, indem es eine Zurechnung der Zuwiderhandlung durch Mitarbeiter an die betroffenen Unternehmen nicht für notwendig erachtet bzw. nicht durchgeführt habe.

─    Siebtens habe das Gericht zu Unrecht die Mithaftung der Schindler Holding angenommen. Hierbei griffen die angewandten Grundsätze über die Mithaftung der Muttergesellschaft in mitgliedstaatliche Kompetenzen ein. Zudem habe das Gericht sowohl die Rechtsprechung des Gerichtshofes überspannt, als auch gegen die Unschuldsvermutung (Art. 48 Abs. 1 Charta und Art. 6 Abs. 2 EMRK) verstoßen.

─    Achtens habe das Gericht rechtsfehlerhaft die Höchstgrenzen von Art. 23 Abs. 2 der Verordnung 1/2003 als nicht überschritten angesehen.

─    Neuntens sei die Schindler Holding hierdurch auch in ihrem Eigentumsrecht verletzt, da sich die Geldbußenfestsetzung wie eine Enteignung auswirke (Art. 17 Abs. 1 der Charta, Art. 1 des ersten Zusatzprotokolls der EMRK).

─    Zehntens habe das Gericht rechtsfehlerhaft die zu hohen Grundbeträge, die die Kommission angenommen habe, als gerechtfertigt angesehen.

─    Elftens habe das Gericht zu Unrecht gebilligt, dass die Kommission bestimmte Umstände nicht als Milderungsgründe akzeptiert habe. Hierbei habe das Gericht insbesondere die freiwillige Beendigung des Kartells in Deutschland sowie die Compliance-Maßnahmen der Rechtsmittelführerinnen verkannt.

─    Zwölftens habe das Gericht die von der Kommission zu niedrig angesetzten bzw. zu Unrecht nicht eingeräumten Kooperationsnachlässe als gerechtfertigt angesehen. Hierbei verkenne es die Beiträge der Rechtsmittelführerinnen. Auch verkenne es, dass die Kommission rechtsfehlerhaft zu geringe Nachlässe für die Zusammenarbeit außerhalb der Leniency-Bekanntmachung gewährt habe.

─    Dreizehntens habe das Gericht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen, indem es die Höhe der Geldbußen als noch zulässig angesehen habe.

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1 - Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 und 82 des Vertrags niedergelegten Wettbewerbsregeln; ABl. 2003, L 1, S. 1.