Language of document : ECLI:EU:C:2013:29

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Große Kammer)

22. Januar 2013(*)

„Wettbewerb – Kartelle – Europäischer Markt für Rohrverbindungen aus Kupfer und Kupferlegierungen – Haftung der Muttergesellschaft, die sich ausschließlich aus dem rechtswidrigen Verhalten ihrer Tochtergesellschaft ableitet – Grundsatz ne ultra petita – Wirkung einer Nichtigerklärung, die durch ein eine Tochtergesellschaft betreffendes Urteil ausgesprochen wird, auf die Rechtsposition der Muttergesellschaft“

In der Rechtssache C‑286/11 P

betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 6. Juni 2011,

Europäische Kommission, vertreten durch F. Castillo de la Torre, V. Bottka und R. Sauer als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Rechtsmittelführerin,

andere Partei:

Tomkins plc mit Sitz in London (Vereinigtes Königreich), Prozessbevollmächtigte: K. Bacon, Barrister, beauftragt durch S. Jordan, Solicitor,

Klägerin im ersten Rechtszug,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Große Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten V. Skouris, des Vizepräsidenten K. Lenaerts, der Kammerpräsidenten A. Tizzano, M. Ilešič, G. Arestis, der Kammerpräsidentin M. Berger und des Kammerpräsidenten E. Jarašiūnas sowie der Richter E. Juhász (Berichterstatter), A. Borg Barthet, J.‑C. Bonichot, M. Safjan, D. Šváby und der Richterin A. Prechal,

Generalanwalt: P. Mengozzi,

Kanzlerin: L. Hewlett, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 2. Mai 2012,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 19. Juli 2012

folgendes

Urteil

1        Mit ihrem Rechtsmittel beantragt die Europäische Kommission die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 24. März 2011, Tomkins/Kommission (T‑382/06, Slg. 2011, II‑1157, im Folgenden: angefochtenes Urteil), mit dem das Gericht zum einen die Entscheidung K(2006) 4180 der Kommission vom 20. September 2006 in einem Verfahren nach Artikel [81 EG] und Artikel 53 EWR-Abkommen (Sache COMP/F‑1/38.121 – Rohrverbindungen) (Zusammenfassung in ABl. 2007, L 283, S. 63, im Folgenden: streitige Entscheidung) teilweise für nichtig erklärt hat und zum anderen die gegen Tomkins plc (im Folgenden: Tomkins) verhängte Geldbuße herabgesetzt hat.

 Vorgeschichte des Rechtsstreits und der streitigen Entscheidung

2        In den Randnrn. 1 bis 3 sowie 12 f. des angefochtenen Urteils hat das Gericht folgende Feststellungen getroffen:

„1      Mit der [streitigen] Entscheidung … stellte die Kommission … fest, dass mehrere Unternehmen gegen Art. 81 Abs. 1 EG und Art. 53 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) verstoßen hätten, indem sie sich während unterschiedlicher Zeiträume zwischen dem 31. Dezember 1988 und dem 1. April 2004 an einer einheitlichen, komplexen und fortgesetzten Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln der Gemeinschaft in Form eines Bündels wettbewerbswidriger Vereinbarungen und abgestimmter Verhaltensweisen auf dem Markt für Rohrverbindungen (Fittings) aus Kupfer und Kupferlegierungen, die das gesamte EWR-Gebiet abdeckten, beteiligt hätten. Die Zuwiderhandlung habe in der Festsetzung der Preise, der Vereinbarung von Preislisten, Preisnachlässen und Rückvergütungen sowie von Mechanismen zur Durchführung von Preiserhöhungen, in der Aufteilung der nationalen Märkte sowie der Kunden, im Austausch anderer geschäftlicher Informationen sowie in der Teilnahme an regelmäßigen Treffen und im Unterhalten anderer Kontakte, um die Zuwiderhandlung zu erleichtern, bestanden.

2      Die Klägerin, [Tomkins], und ihre damalige Tochtergesellschaft, [Pegler] (vormals The Steel Nut & Joseph Hampton Ltd), gehören zu den Adressaten der [streitigen] Entscheidung.

3      Zwischen dem 17. Juni 1986 und dem 31. Januar 2004 hielt die Klägerin 100 % des Kapitals von Pegler, die Kupferfittings herstellte. Am 1. Februar 2004 wurde Pegler an ihre Geschäftsführung verkauft. Am 26. August 2005 wurden die Pegler Holdings Ltd und Pegler von der Aalberts Industries NV, einer anderen Adressatin der [streitigen] Entscheidung, übernommen.

12      In Art. 1 der [streitigen] Entscheidung stellte die Kommission fest, dass die Klägerin und ihre Tochtergesellschaft Pegler vom 31. Dezember 1988 bis zum 22. März 2001 gegen Art. 81 EG und Art. 53 EWR-Abkommen verstoßen hätten.

13      Für diese Zuwiderhandlung setzte die Kommission gegen die Klägerin und Pegler als Gesamtschuldner in Art. 2 Buchst. h der [streitigen] Entscheidung eine Geldbuße von 5,25 Millionen Euro fest.“

 Das angefochtene Urteil

3        Mit Klageschrift, die am 15. Dezember 2006 bei der Kanzlei des Gerichts einging, beantragte Tomkins u. a.,

–        die streitige Entscheidung für nichtig zu erklären, soweit sie die Dauer der Beteiligung von Pegler an der Zuwiderhandlung betreffe, und

–        die gegen sie und Pegler gesamtschuldnerisch verhängte Geldbuße herabzusetzen.

4        Nachdem die Klägerin erklärt hatte, die in ihrer Klage erhobenen Klagegründe teilweise nicht weiterzuverfolgen, machte sie als einzigen Klagegrund nur noch geltend, dass die Kommission die Dauer der Beteiligung von Pegler an der Zuwiderhandlung falsch bestimmt habe.

5        Wie sich nämlich aus der streitigen Entscheidung ergibt, rechnete die Kommission der Klägerin, die vom 17. Juni 1986 bis 31. Januar 2004 100 % des Kapitals von Pegler hielt, das rechtswidrige Verhalten dieses Unternehmens zu und nahm sie auf gesamtschuldnerische Zahlung der gegen ihre Tochtergesellschaft verhängten Geldbuße in Anspruch. Diese Zurechnung wurde mit dem bestimmenden Einfluss von Tomkins auf Pegler im Zeitraum der Zuwiderhandlung begründet.

6        Das Gericht hat in Randnr. 38 des angefochtenen Urteils ausgeführt, dass Tomkins lediglich als Muttergesellschaft von Pegler und aufgrund der Beteiligung von Pegler an dem Kartell zur Verantwortung gezogen worden sei und ihre Verantwortlichkeit daher nicht über diejenige von Pegler hinausgehen könne. Art. 1 der streitigen Entscheidung ist durch das Urteil des Gerichts vom 24. März 2011, Pegler/Kommission (T‑386/06, Slg. 2011, II‑1267), insoweit für nichtig erklärt worden, als die Kommission darin die Beteiligung von Pegler an dem fraglichen Kartell für den Zeitraum von 31. Dezember 1988 bis 29. Oktober 1993 feststellt. Da die Klägerin im ersten Rechtszug die Beteiligung von Pegler an der Zuwiderhandlung für diesen Zeitraum bestritten hatte, hat das Gericht die Folgen dieser Nichtigerklärung im Hinblick auf Tomkins geprüft.

7        Nach dem Hinweis in Randnr. 40 des angefochtenen Urteils auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs, wonach der Unionsrichter nicht ultra petita entscheiden darf, insbesondere nicht über Teile, die andere Adressaten betreffen und gegen die sich die Anträge der Klägerin nicht richten (Urteil vom 14. September 1999, Kommission/AssiDomän Kraft Products u. a., C‑310/97 P, Slg. 1999, I‑5363), hat das Gericht in Randnr. 42 des angefochtenen Urteils die Ansicht vertreten, dass die Klägerin und ihre Tochtergesellschaft, die mit der Nichtigkeitsklage in dem dem Urteil Pegler/Kommission zugrunde liegenden Rechtsstreit teilweise obsiegt hatte, aus wettbewerbsrechtlicher Sicht eine Einheit darstellten. Daher hat nach seiner Meinung die Entscheidung der Kommission, die Verantwortlichkeit der Klägerin zuzurechnen, zur Folge, dass dieser die teilweise Nichtigerklärung der streitigen Entscheidung in der genannten Rechtssache zugutekomme.

8        Das Gericht ist in Randnr. 44 des angefochtenen Urteils zum Ergebnis gekommen, dass es nicht ultra petita entscheide, wenn es im Fall einer Nichtigkeitsklage, die von einer Muttergesellschaft und ihrer Tochtergesellschaft jeweils getrennt erhoben worden sei, das Ergebnis der von der Tochtergesellschaft erhobenen Klage berücksichtige, sofern deren Klageanträge denselben Streitgegenstand beträfen wie die Klageanträge der Muttergesellschaft.

9        Da die Verantwortlichkeit der Muttergesellschaft streng an die Verantwortlichkeit von Pegler gekoppelt ist, weil Tomkins nicht zur gesamtschuldnerischen Zahlung einer Geldbuße verurteilt werden könnte, wenn ihr das rechtswidrige Verhalten von Pegler nicht zugerechnet worden wäre, hat das Gericht die streitige Entscheidung hinsichtlich des Beginns der Beteiligung der Klägerin an der Zuwiderhandlung, d. h. vom 31. Dezember 1988 bis zum 29. Oktober 1993, für nichtig erklärt und die Höhe der gegen Tomkins verhängten Geldbuße von 5,25 auf 4,25 Mio. Euro herabgesetzt, wovon 3,4 Mio. Euro gesamtschuldnerisch mit Pegler zu zahlen sind.

10      In Bezug auf das Ende der Zuwiderhandlung hat das Gericht in Randnr. 53 des angefochtenen Urteils entschieden, dass die Kommission zu Recht davon ausgegangen sei, dass Pegler nicht nachgewiesen habe, sich von der am 10. Juni 2000 geschlossenen Vereinbarung über eine Preiserhöhung ab dem 14. August 2000 distanziert zu haben, und sich daher kontinuierlich bis zum Zeitpunkt, zu dem die Kommission das Kartell für beendet gehalten habe, nämlich dem Zeitpunkt der von ihr im Laufe des Monats März 2001 durchgeführten unangekündigten Nachprüfungen, an dem Kartell beteiligt habe.

 Anträge der Parteien

11      Die Kommission beantragt,

–        das angefochtene Urteil aufzuheben und

–        die von Tomkins vor dem Gericht erhobene Klage zur Gänze abzuweisen.

12      Tomkins beantragt,

–        das Rechtsmittel zur Gänze als unbegründet zurückzuweisen und

–        der Kommission die Kosten sowohl des erstinstanzlichen Verfahrens als auch des Rechtsmittelverfahrens aufzuerlegen.

 Zum Rechtsmittel

 Vorbringen der Parteien

13      Die Kommission stützt ihr Rechtsmittel auf die folgenden fünf Gründe: Verstoß gegen den Urteilsgrundsatz ne ultra petita; Unrichtigkeit der Feststellung, dass die Klage der Muttergesellschaft und die ihrer Tochtergesellschaft denselben Streitgegenstand betroffen hätten; Nichtberücksichtigung des Umstands, dass Tomkins zu einem Unternehmen gehört habe, das eingeräumt habe, die Zuwiderhandlung begangen zu haben; Unzulänglichkeit und Widersprüchlichkeit der Begründung des angefochtenen Urteils sowie schließlich Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren.

 Zum ersten Rechtsmittelgrund

14      Mit ihrem ersten Rechtsmittelgrund macht die Kommission geltend, das Gericht habe dadurch, dass es auf der Grundlage von Tatsachen, die niemals von Tomkins vorgetragen worden seien, die streitige Entscheidung insoweit für nichtig erklärt habe, als sie sich auf einen Teil der in dieser Entscheidung festgestellten Dauer der Beteiligung an der Zuwiderhandlung beziehe, gegen die Regel verstoßen, wonach ein Gericht nicht ultra petita entscheiden dürfe. Die Rechtsprechung des Gerichtshofs, insbesondere das Urteil Kommission/AssiDomän Kraft Products u. a. und das Urteil vom 29. März 2011, ArcelorMittal Luxembourg/Kommission und Kommission/ArcelorMittal Luxembourg u. a. (C‑201/09 P und C‑216/09 P, Slg. 2011, I‑2239), lasse eine Ausnahme von dieser Regel auch nicht mit der Begründung gelten, die beiden Klägerinnen gehörten zum selben Unternehmen und wären gesamtschuldnerisch zur Verantwortung gezogen worden. Die Nichtigerklärung, die jede Klägerin als Adressatin einer Entscheidung durchsetzen möchte, sei zwangsläufig auf die von ihr in ihrer eigenen Rechtssache angeführten Klagegründe beschränkt. Davon könne bei Adressaten, die zu einem einzigen Unternehmen gehörten, keine Ausnahme gemacht werden.

15      Nach Auffassung der Kommission hat das Gericht den Begriff des Unternehmens als wirtschaftliche Einheit in Wettbewerbssachen im Sinne von Art. 101 AEUV und der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln [81 EG] und [82 EG] niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003, L 1, S. 1) mit dem verfahrensrechtlichen Begriff der juristischen Person, die vor den Unionsgerichten gemäß Art. 263 AEUV und der Verordnung Nr. 1/2003 Klage erhebt, verwechselt. Der Kommission zufolge, die sich auf das Urteil ArcelorMittal Luxembourg/Kommission und Kommission/ArcelorMittal Luxembourg u. a. stützt, hat eine Klage einer zu einem Konzern gehörenden Einheit keine Auswirkungen auf die Rechtsposition der anderen Einheiten des Konzerns. Es sei Sache des Adressaten der Entscheidung, über den Umfang seiner Klage vor den Unionsgerichten sowie über die Klagegründe, die er vortragen möchte, zu entscheiden. Wenn die teilweise Nichtigerklärung der die Tochtergesellschaft betreffenden Entscheidung einen materiellen Fehler der Kommission bestätige, aus dem die Muttergesellschaft möglicherweise Nutzen ziehen könnte, müsse Letztere diesen Fehler selbst vor dem Gericht geltend machen.

16      Die Kommission trägt vor, dass die Geldbußen, die gegen juristische Personen ein und desselben Unternehmens verhängt würden, verschieden ausfallen könnten, selbst wenn für einen bestimmten Teil dieser Geldbußen von einer gesamtschuldnerischen Haftung ausgegangen werde. Daher sei die gesamtschuldnerische Haftung zweier Einheiten desselben Unternehmens für die Übertragung der auf dem Urteil Kommission/AssiDomän Kraft Products u. a. beruhenden Rechtsprechung bezüglich einer Entscheidung ultra petita unerheblich. Im vorliegenden Fall sei die Verantwortlichkeit von Tomkins nicht streng an die von Pegler gekoppelt.

17      Dem Gericht ist nach Ansicht der Kommission ein Rechtsfehler unterlaufen, als es über den Klagegrund, der die Dauer der Zuwiderhandlung betreffe, entschieden habe, ohne die rechtlichen Argumente, die Tomkins ihrerseits zum Zeitpunkt des Beginns der Zuwiderhandlung vorgetragen habe, zu prüfen, und insoweit nur auf das Ergebnis des Urteils Pegler/Kommission verwiesen habe. Das Gericht habe so den Klagegegenstand neu ausgelegt und umgedeutet.

18      Außerdem habe das Gericht durch die Herabsetzung der Höhe der gegen Tomkins verhängten Geldbuße auf der Grundlage eines anderen Urteils ungebührlich in die Zuständigkeiten der Kommission eingegriffen. Es obliege Letzterer und nicht dem Gericht, die Konsequenzen aus diesem Urteil zu ziehen, indem sie gegebenenfalls die Höhe dieser Geldbuße herabsetze oder aufhebe, um diesem Nichtigkeitsurteil nachzukommen.

19      Nach Auffassung von Tomkins ist dieser erste Rechtsmittelgrund unzulässig, da die Kommission versuche, eine neuerliche Überprüfung des bereits vom Gericht geprüften Sachverhalts zu erreichen, insbesondere der Feststellungen zur Dauer der Tomkins zugerechneten Zuwiderhandlung, was in Widerspruch zum Wesen des Rechtsmittels stehe.

20      Hilfsweise trägt Tomkins vor, das Gericht habe nicht ultra petita entschieden und sei nicht von der einschlägigen Rechtsprechung abgewichen. Die Verkürzung der Dauer der Beteiligung von Pegler an der Zuwiderhandlung und die Herabsetzung der Höhe der Geldbuße mit der Begründung, der Kommission sei bei der Ermittlung dieser Dauer ein Fehler unterlaufen, sei einer der Hauptklagegründe gewesen, der in ihrer Klageschrift ausdrücklich angeführt worden sei. Außerdem seien die Urteile Kommission/AssiDomän Kraft Products u. a. sowie ArcelorMittal Luxembourg/Kommission und Kommission/ArcelorMittal Luxembourg u. a. nicht einschlägig.

21      Das Gericht habe keine Ausnahme von der Verfahrensregel, dass ein Gericht nicht ultra petita entscheiden dürfe, gemacht, sondern die Tatsachen der vorliegenden Rechtssache zutreffend gewürdigt, insbesondere, was die gesamtschuldnerische Haftung der beiden fraglichen Gesellschaften anbelange, die zum selben Konzern gehörten. Die Kommission habe bei ihrer Beurteilung des Sachverhalts in ihrer Rechtsmittelschrift den von Tomkins vorgebrachten Klagegrund, der sich auf die Verkürzung der Dauer der von Pegler begangenen Zuwiderhandlung sowie die Herabsetzung der geschuldeten Geldbuße bezogen habe, mit den tatsächlichen Ausführungen verwechselt, die sie hinsichtlich des genauen Beginns und Endes der Zuwiderhandlung zur Stützung ihrer Anträge vorgebracht habe. Die Kommission könne nicht geltend machen, dass Tomkins die ihr auferlegte Haftung tragen müsse, ihr aber nicht die Einschränkung der primären und unmittelbaren Haftung der fraglichen Tochtergesellschaft durch das Gericht zugutekommen könne, was auf eine Haftung hinausliefe, die nicht gesamtschuldnerisch sein könnte.

22      Was die Verwechslung der materiellen, auf dem Begriff des Unternehmens beruhenden Wettbewerbsregeln mit den auf dem Begriff der juristischen Person aufbauenden Verfahrensregeln angehe, so habe die Kommission eine falsche unionsrechtliche Qualifizierung vorgenommen. Das Gericht habe zu Recht einen engen und „unauflösbaren“ Zusammenhang zwischen den Urteilen Pegler/Kommission und Tomkins/Kommission angenommen, der im Sinne einer geordneten Rechtspflege Querverweise zwischen den beiden Rechtssachen rechtfertige.

 Zum zweiten Rechtsmittelgrund

23      Nach Ansicht der Kommission hat das Gericht rechtsfehlerhaft angenommen, dass die Anträge von Tomkins und ihrer Tochtergesellschaft Pegler im Rahmen ihrer Nichtigkeitsklage „denselben Streitgegenstand“ hätten. Der Kommission zufolge bestreiten diese beiden juristischen Personen ihre Beteiligung an der Zuwiderhandlung für unterschiedliche Zeiträume, nämlich Tomkins für den Zeitraum vom 31. Dezember 1988 bis zum 7. Februar 1989, d. h. 38 Tage, und Pegler für den Zeitraum vom 31. Dezember 1988 bis zum 29. Oktober 1993, d. h. eine Dauer von vier Jahren, neun Monaten und 29 Tagen. Diese Abweichungen und jene, die sich daraus ergeben, dass von diesen beiden Einheiten unterschiedliche Klagegründe und Argumente vorgebracht worden seien, stellen nach Ansicht der Kommission Anträge mit jeweils anderem Streitgegenstand dar.

24      Außerdem habe sich das Gericht in Randnr. 42 des angefochtenen Urteils auf eine in tatsächlicher Hinsicht falsche Prämisse gestützt, die geeignet sei, die Tatsachen zu verfälschen, da Tomkins angeblich geltend gemacht habe, dass „die [streitige] Entscheidung, wenn sie in Bezug auf Pegler für nichtig erklärt werden müsse, auch ihr gegenüber für nichtig zu erklären sei“. Tomkins habe aber diesen Klagegrund weder in ihrer Nichtigkeitsklageschrift noch in ihrer Erwiderung angeführt. Das Gericht habe daher den von der Klägerin erhobenen Klagegrund entstellt.

25      Nach Ansicht von Tomkins hat das Gericht zu Recht feststellt, dass ihre Anträge und die Anträge von Pegler „denselben Streitgegenstand“ hätten, da die beiden Parteien in ihrer jeweiligen Klageschrift ausdrücklich beantragt hätten, dass die Dauer der Beteiligung von Pegler an der Zuwiderhandlung, wie sie sich aus den Feststellungen der Kommission ergebe, verkürzt werde.

 Zum dritten Rechtsmittelgrund

26      Nach Auffassung der Kommission ist dem Gericht ein Rechtsfehler unterlaufen, als es die Haftung einer Einheit des „Unternehmens Tomkins“ mit der Begründung eingeschränkt habe, dass die Dauer der Beteiligung einer anderen Einheit dieses Unternehmens, nämlich der Tochtergesellschaft Pegler, an der Zuwiderhandlung verkürzt worden sei. Die Einschränkung der Haftung von Pegler für die Zuwiderhandlung sei aber auf Peglers anerkannte Stellung als „ruhende Gesellschaft“ gestützt gewesen und nicht darauf, dass der fragliche Konzern nicht an der Zuwiderhandlung beteiligt gewesen sei. Der Umstand, dass Pegler für einen bestimmten Zeitraum nicht die richtige Adressatin der streitigen Entscheidung innerhalb des Konzerns habe sein können, betreffe nur diese Tochtergesellschaft und befreie nicht das ganze Unternehmen von seiner Haftung für die Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln. Somit habe das Gericht die gegen Tomkins für den Zeitraum vom 20. Januar 1989 bis zum 29. Oktober 1993 verhängte Geldbuße nicht mit der Begründung, dass die „Verantwortlichkeit von Tomkins streng an die Verantwortlichkeit von Pegler gekoppelt ist“, und unter Berufung auf eine solche Koppelung, obwohl diese nicht existiere, rechtmäßig aufheben können.

27      Nach Ansicht von Tomkins ist der dritte Rechtsmittelgrund unzulässig, weil er auf eine Überprüfung von Tatsachen abziele, über die das Gericht bereits entschieden habe, und weil die Kommission dieses Verteidigungsmittel zudem im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht habe.

 Zum vierten Rechtsmittelgrund

28      Hilfsweise bringt die Kommission vor, das angefochtene Urteil sei unzulänglich begründet, da es nicht hinreichend deutlich mache, dass es vom Urteil Kommission/AssiDomän Kraft Products u. a. abweiche. Außerdem sei das Gericht in den Randnrn. 56 f. des angefochtenen Urteils, die den Abschreckungsmultiplikator beträfen, inkohärent und unklar, da es die Kommission auffordere, die Folgerungen für Tomkins aus der gesamtschuldnerischen Verantwortlichkeit zur Zahlung der Geldbuße zu ziehen, um dann selbst in Randnr. 59 dieses Urteils die Höhe der Geldbuße festzusetzen.

29      Tomkins hält diesen vierten Rechtsmittelgrund für nicht stichhaltig und weist darauf hin, dass das Urteil des Gerichts seine Überlegungen mit hinreichender Klarheit darstelle, so dass die Parteien daraus die Gründe für seine Entscheidung entnehmen könnten und der Gerichtshof seine Kontrolle ausüben könne.

 Zum fünften Rechtsmittelgrund

30      Nach Ansicht der Kommission hat das Gericht gegen den Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens und gegen das Recht auf ein faires Verfahren verstoßen, indem es ihr nicht Gelegenheit gegeben habe, zu seiner Absicht Stellung zu nehmen, die Höhe der gegen Tomkins verhängten Geldbuße herabzusetzen, und sich dabei auf Gründe gestützt habe, die von Pegler in einer anderen Rechtssache vorgetragen worden seien. Durch die Bezugnahme auf einen Teil eines anderen Urteils, obwohl dieser von Pegler zur Stützung ihrer Klage vorgebrachte Klagegrund von Tomkins während des schriftlichen Verfahrens nicht geltend gemacht worden sei, habe das Gericht die Verteidigungsrechte der Kommission verletzt.

31      Tomkins erachtet diesen Rechtsmittelgrund für unbegründet, da die Kommission in dem Verfahren, in dem das Urteil Pegler/Kommission ergangen sei, Partei gewesen sei und somit die Argumente hinsichtlich der Dauer der Zuwiderhandlung sehr wohl gekannt habe. Die Kommission habe dies während des Verfahrens, in dem das angefochtene Urteil ergangen sei, rein aus taktischen Gründen nicht als Verteidigungsmittel vorgebracht.

 Würdigung durch den Gerichtshof

 Zum ersten, zweiten und dritten Rechtsmittelgrund

32      Da sich der erste, der zweite und der dritte Rechtsmittelgrund weitgehend überschneiden, sind sie gemeinsam zu prüfen.

33      In Randnr. 38 des angefochtenen Urteils hat das Gericht festgestellt, dass „[d]er Klägerin … die Verantwortlichkeit für das fragliche Kartell nicht aufgrund ihrer unmittelbaren Beteiligung an dessen Tätigkeit zugewiesen [wurde]. Sie wurde lediglich als Muttergesellschaft aufgrund der Beteiligung von Pegler an dem Kartell zur Verantwortung gezogen. Ihre Verantwortlichkeit kann daher nicht über diejenige von Pegler hinausgehen.“

34      Zwischen den Parteien ist in der Tat unstreitig, dass sich die Verantwortlichkeit von Tomkins ausschließlich aus der Beteiligung ihrer Tochtergesellschaft Pegler an dem in der streitigen Entscheidung festgestellten Kartell ergibt.

35      Die Kommission macht mit diesen drei Rechtsmittelgründen im Wesentlichen jedoch geltend, dass unabhängig von der Verantwortlichkeit des aus diesen beiden Gesellschaften desselben Konzerns bestehenden Unternehmens für die in der streitigen Entscheidung festgestellte Zuwiderhandlung Tomkins im Rahmen des durch ihre Klage vor dem Gericht eingeleiteten Verfahrens nicht die Verkürzung der Dauer der Zuwiderhandlung zugutekommen könne, die vom Gericht in dem Verfahren festgesetzt worden sei, das durch eine eigenständige Klage eingeleitet worden sei, die Pegler auf der Grundlage von Argumenten, die Tomkins im Rahmen ihrer Klage nicht vorgetragen habe, vor dem Gericht erhoben habe.

36      Mit ihrem dritten Rechtsmittelgrund beruft sich die Kommission auf die Trennung der Haftung rechtlich eigenständiger Einheiten innerhalb eines Konzerns. Sie weist insbesondere darauf hin, dass die streitige Entscheidung sowohl an Tomkins als auch an Pegler gerichtet gewesen sei und die Feststellung hinsichtlich des Zeitraums vom 31. Dezember 1988 bis zum 29. Oktober 1993 mit der Begründung aufgehoben worden sei, dass Pegler zu Beginn „eine ruhende Gesellschaft im Sinne des englischen Gesellschaftsrechts“ gewesen sei und später „eine ruhende Gesellschaft, die im Auftrag tätig ist“.

37      Diese Überlegungen reichen jedoch nicht aus, um die Feststellung des Gerichts in Randnr. 38 des angefochtenen Urteils in Frage zu stellen, da es für die Haftungszuweisung an irgendeine Einheit eines Konzerns erforderlich ist, den Beweis zu erbringen, dass zumindest eine Einheit den Wettbewerbsregeln der Union zuwidergehandelt hat und dieser Umstand in einer Entscheidung festgestellt wird, die Endgültigkeit erlangt hat.

38      Im vorliegenden Fall ist ein solcher Beweis hinsichtlich des Zeitraums vom 31. Dezember 1988 bis zum 29. Oktober 1993 nicht endgültig erbracht worden, da das Gericht die streitige Entscheidung in Bezug auf diesen Zeitraum in seinem Urteil Pegler/Kommission teilweise für nichtig erklärt hat. Dabei ist unerheblich, aus welchem Grund das Nichtvorliegen eines rechtswidrigen Verhaltens von Pegler festgestellt worden ist.

39      Daher ist das Gericht zu Recht davon ausgegangen, dass die Haftung von Tomkins als Muttergesellschaft im vorliegenden Fall bloß abgeleitet und akzessorisch ist und somit von der Haftung ihrer Tochtergesellschaft Pegler abhängt, da den beiden Gesellschaften die Zahlung der Geldbuße, deren Herabsetzung beantragt worden ist, außerdem auch gesamtschuldnerisch auferlegt wurde.

40      Zudem betreffen der Antrag und das Vorbringen von Tomkins im ersten Rechtszug nach den Randnrn. 25 und 28 bis 30 des angefochtenen Urteils nicht ihre eigene Beteiligung an der Zuwiderhandlung, sondern bloß die von Pegler.

41      Mit ihrem ersten Rechtsmittelgrund macht die Kommission geltend, das Gericht habe durch die Verkürzung der Dauer der Zuwiderhandlung auch für Tomkins, ohne dass von dieser ein ausdrücklicher Antrag dazu gestellt worden wäre, unter Verstoß gegen die Rechtsprechung des Gerichtshofs, die insbesondere in den Urteilen Kommission/AssiDomän Kraft Products u. a. sowie ArcelorMittal Luxembourg/Kommission und Kommission/ArcelorMittal Luxembourg u. a. zum Ausdruck komme, ultra petita entschieden.

42      Die Kommission räumt im Rahmen ihres zweiten Rechtsmittelgrundes ein, Tomkins habe ebenso wie Pegler vor dem Gericht die in der streitigen Entscheidung festgestellte Dauer der Zuwiderhandlung bestritten. Sie betont jedoch, dass die Muttergesellschaft nicht denselben Zeitraum in Frage gestellt habe wie jenen, auf den sich ihre Tochtergesellschaft bezogen habe, sondern nur einen kleinen Teil dieses Zeitraums und mit anderen Argumenten als den von Pegler vorgebrachten. Die Kommission zieht daraus den Schluss, dass dem Gericht ein Rechtsfehler unterlaufen sei, als es in Randnr. 44 des angefochtenen Urteils entschieden habe, dass die von Pegler und von Tomkins getrennt voneinander erhobenen Klagen denselben Streitgegenstand hätten.

43      Es ist jedoch festzustellen, dass in einem Fall, in dem sich die Haftung der Muttergesellschaft vollständig von der Haftung ihrer Tochtergesellschaft ableitet und in dem beide Gesellschaften Klagen erhoben haben, mit denen u. a. beantragt wird, die Geldbuße aufgrund einer Verkürzung der Dauer der von der Tochtergesellschaft begangenen Zuwiderhandlung herabzusetzen, der Begriff „derselbe Streitgegenstand“ nicht verlangt, dass der Umfang der Klageschriften dieser beiden Gesellschaften und die Argumente, mit denen sie die von der Kommission festgestellte Dauer der Zuwiderhandlung bestreiten, identisch sind.

44      Da außer Streit steht, dass sowohl Pegler als auch Tomkins die Dauer der Zuwiderhandlung bestritten haben und ein Teil dieses Zeitraums identisch war, ist dem Gericht kein Rechtsfehler unterlaufen, als es zu den Feststellungen in Randnr. 44 des angefochtenen Urteils gelangt ist.

45      Das Vorbringen der Kommission, das Gericht habe den von Tomkins geltend gemachten Klagegrund entstellt, geht ins Leere und ist zurückzuweisen. Es ergibt sich nämlich aus den vorstehenden Randnummern des vorliegenden Urteils, dass das Gericht zu Recht festgestellt hat, dass der Streitgegenstand in der Klageschrift der Muttergesellschaft und der in der Klageschrift der Tochtergesellschaft identisch sind, und zwar unabhängig davon, ob Tomkins den im dritten Satz der Randnr. 42 des angefochtenen Urteils angeführten und in Randnr. 24 des vorliegenden Urteils wiedergegebenen Klageantrag gestellt hat.

46      Zu der in Randnr. 41 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung ist festzustellen, dass diese entgegen der Auffassung der Kommission für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits nicht herangezogen werden kann.

47      In der Rechtssache, in der das Urteil Kommission/AssiDomän Kraft Products u. a. ergangen ist, hatten nämlich im Unterschied zum Sachverhalt der vorliegenden Rechtssache AssiDomän Kraft Products AB und sechs andere schwedische Gesellschaften keine Klage gegen die Entscheidung der Kommission erhoben, die der Gerichtshof auf eine von anderen Unternehmen erhobene Klage hin teilweise für nichtig erklärt hatte.

48      In dem Rechtsstreit, der zum Urteil ArcelorMittal Luxembourg/Kommission und Kommission/ArcelorMittal Luxembourg u. a. führte und eine rechtliche Frage ganz anderer Natur betraf, nämlich das Ruhen der Verjährung bei der Vollstreckung der Sanktionen, ging es um drei Gesellschaften, die zum selben Konzern gehörten. Wie der Gerichtshof in Randnr. 149 dieses Urteils festgestellt hat, richtete sich die ursprüngliche Entscheidung der Kommission ausschließlich an eine dieser Gesellschaften, und diese Entscheidung war vom Gericht nur hinsichtlich dieser einen Gesellschaft für nichtig erklärt worden. Daher konnten sich aus einer solchen Nichtigerklärung keine Wirkungen in Bezug auf die beiden anderen Gesellschaften ergeben.

49      Somit hat das Gericht in einem Fall wie dem hier vorliegenden, in dem sich die Haftung der Muttergesellschaft ausschließlich von der Haftung der Tochtergesellschaft ableitet und in dem Mutter- und Tochtergesellschaft Parallelklagen mit demselben Streitgegenstand erhoben haben, das Ergebnis der von Pegler erhobenen Klage berücksichtigen und die streitige Entscheidung für den Zeitraum vor dem 29. Oktober 1993 auch hinsichtlich Tomkins für nichtig erklären können, ohne ultra petita zu entscheiden.

50      Die von der Kommission angesprochene Möglichkeit, dass sie selbst die hinsichtlich der Muttergesellschaft erlassene Entscheidung ändern oder zurückziehen könne, um die Konsequenzen aus dem Urteil des Gerichts zu ziehen, bietet insoweit keine hinreichende Gewähr für den Schutz der Rechte der Unternehmen im Anwendungsbereich des Wettbewerbsrechts der Union.

51      Nach alledem sind der erste, der zweite und der dritte Rechtsmittelgrund der Kommission unbegründet.

 Zum vierten Rechtsmittelgrund

52      Der vierte Rechtsmittelgrund besteht aus zwei Teilen.

53      Mit dem ersten Teil wirft die Kommission dem Gericht vor, keine hinreichende und klare Begründung für die teilweise Nichtigerklärung der streitigen Entscheidung gegeben zu haben. Sie wiederholt ausführlich Argumente, die sie bereits im Rahmen des ersten, des zweiten und des dritten Rechtsmittelgrundes ausgeführt hat.

54      Hierzu genügt ein Verweis auf die Erwägungen des Gerichtshofs im Rahmen dieser Rechtsmittelgründe, aus denen hervorgeht, dass die Vorwürfe der Kommission unbegründet sind.

55      Mit dem zweiten Teil macht die Kommission eine Inkohärenz oder Unklarheit der Begründung des angefochtenen Urteils geltend, da das Gericht zum einen die Kommission auffordere, sein Urteil Pegler/Kommission in Bezug auf den Abschreckungsmultiplikator zu berücksichtigen, und zum anderen in Randnr. 59 des angefochtenen Urteils die Höhe der gegen Tomkins verhängten Geldbuße selbst festsetze.

56      Das angefochtene Urteil lässt jedoch weder einen Widerspruch noch eine Unklarheit erkennen. Das Gericht hat nämlich die Höhe der Geldbuße nur herabgesetzt, soweit es die streitige Entscheidung in Bezug auf den Zeitraum vor dem 29. Oktober 1993 auch hinsichtlich Tomkins für nichtig erklärt hat. Dagegen hat das Gericht in den Randnrn. 56 bis 58 dieses Urteils die Konsequenz daraus gezogen, dass sich Tomkins mit ihrer Klage nicht gegen einen Fehler der Kommission bei der Anwendung des Abschreckungsmultiplikators gewandt hatte.

57      Somit ist der vierte Rechtsmittelgrund unbegründet.

 Zum fünften Rechtsmittelgrund

58      Mit diesem Rechtsmittelgrund macht die Kommission eine Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren geltend. Insbesondere wirft sie dem Gericht vor, ihr nicht Gelegenheit gegeben zu haben, zu seiner Absicht Stellung zu nehmen, sich auf Gründe zu stützen, die von Pegler vorgetragen worden seien.

59      Vorweg ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission nicht die Durchführung einer mündlichen Verhandlung in dieser Rechtssache beantragt hat. Wie das Gericht in Randnr. 23 des angefochtenen Urteils ausführt, hatte die Kommission in einem Schreiben erklärt, „sie stelle die Entscheidung über die Erforderlichkeit einer mündlichen Verhandlung unter den Umständen des vorliegenden Falles in das Ermessen des Gerichts“.

60      Die Rügen der Kommission hinsichtlich der Nichteinhaltung des Grundsatzes des kontradiktorischen Verfahrens und des Rechts auf ein faires Verfahren stützen sich auf die feste Überzeugung dieses Organs, dass es völlig unmöglich sei, der Muttergesellschaft, Tomkins, eine Verkürzung der für ihre Tochtergesellschaft Pegler festgestellten Dauer der Zuwiderhandlung zugutekommen zu lassen, wenn die Klagen nicht zur Gänze identisch seien.

61      Wie sich aus den Überlegungen und Schlussfolgerungen des Gerichtshofs im Rahmen des ersten, des zweiten und des dritten Rechtsmittelgrundes ergibt, besteht diese Möglichkeit aber unter bestimmten Umständen. Die Bejahung einer solchen Möglichkeit ist das Ergebnis einer rechtlichen Würdigung des Gerichts, zu der es berechtigt ist, ohne die Parteien vor Urteilsverkündung darüber unterrichten zu müssen. Ein solches Vorgehen stellt keine Verletzung der Verteidigungsrechte oder des Rechts auf ein faires Verfahren dar.

62      Folglich ist der fünfte Rechtsmittelgrund unbegründet.

63      Da keiner der von der Kommission angeführten Rechtsmittelgründe durchgreift, ist das Rechtsmittel zurückzuweisen.

 Kosten

64      Nach Art. 184 Abs. 2 der Verfahrensordnung entscheidet der Gerichtshof über die Kosten, wenn das Rechtsmittel unbegründet ist. Gemäß Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung, der aufgrund von Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Kommission mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag von Tomkins die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Große Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

1.      Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

2.      Die Europäische Kommission trägt die Kosten.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Englisch.