Language of document : ECLI:EU:C:2017:211

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Dritte Kammer)

15. März 2017(*)

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Art. 96 AEUV – Anwendbarkeit – Nationale Regelung, die es Taxidiensten untersagt, individuelle Sitzplätze zur Verfügung zu stellen – Nationale Regelung, die es Taxidiensten untersagt, ihr Fahrtziel im Voraus festzulegen – Nationale Regelung, die es Taxidiensten untersagt, Kunden anzusprechen“

In der Rechtssache C‑253/16

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht von der Cour d’appel de Bruxelles (Berufungsgericht Brüssel, Belgien) mit Entscheidung vom 21. April 2016, beim Gerichtshof eingegangen am 3. Mai 2016, in dem Verfahren

FlibTravel International SA,

Léonard Travel International SA

gegen

AAL Renting SA,

Haroune Tax SPRL,

Saratax SCS,

Ryad SCRI,

Taxis Bachir & Cie SCS,

Abdelhamid El Barjraji,

Abdelouahab Ben Bachir,

Sotax SCRI,

Mostapha El Hammouchi,

Boughaz SPRL,

Sahbaz SPRL,

Jamal El Jelali,

Mohamed Chakir Ben Kadour,

Taxis Chalkis SCRL,

Mohammed Gheris,

Les délices de Fes SPRL,

Abderrahmane Belyazid,

E.A.R. SCS,

Sotrans SPRL,

B.M.A. SCS,

Taxis Amri et Cie SCS,

Aramak SCS,

Rachid El Amrani,

Mourad Bakkour,

Mohamed Agharbiou,

Omar Amri,

Jmili Zouhair,

Mustapha Ben Abderrahman,

Mohamed Zahyani,

Miltotax SPRL,

Lextra SA,

Ismael El Amrani,

Farid Benazzouz,

Imad Zoufri,

Abdel-Ilah Bokhamy,

Ismail Al Bouhali,

Bahri Messaoud & Cie SCS,

Mostafa Bouzid,

BKN Star SPRL,

M.V.S. SPRL,

A.B.M.B. SCS,

Imatrans SPRL,

Reda Bouyaknouden,

Ayoub Tahri,

Moulay Adil El Khatir,

Redouan El Abboudi,

Mohamed El Abboudi,

Bilal El Abboudi,

Sofian El Abboudi,

Karim Bensbih,

Hadel Bensbih,

Mimoun Mallouk,

Abdellah El Ghaffouli,

Said El Aazzoui

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten L. Bay Larsen sowie der Richter M. Vilaras, J. Malenovský, M. Safjan und D. Šváby (Berichterstatter),

Generalanwalt: N. Wahl,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

–        der FlibTravel International SA und der Léonard Travel International SA, vertreten durch P. Frühling, avocat,

–        der AAL Renting SA und der Haroune Tax SPRL, vertreten durch V. Defraiteur, avocat,

–        der Saratax SCS, der Ryad SCRI, der Taxis Bachir & Cie SCS, von Abdelhamid El Barjraji, von Abdelouahab Ben Bachir, der Sotax SCRI, von Mostapha El Hammouchi, der Boughaz SPRL, der Sahbaz SPRL, von Jamal El Jelali, von Mohamed Chakir Ben Kadour, der Taxis Chalkis SCRL, von Mohammed Gheris, der Les délices de Fes SPRL, von Abderrahmane Belyazid, der E.A.R. SCS, der Sotrans SPRL, der B.M.A. SCS, der Taxis Amri et Cie SCS, der Aramak SCS, von Rachid El Amrani, von Mourad Bakkour, von Mohamed Agharbiou, von Omar Amri, von Jmili Zouhair, von Mustapha Ben Abderrahman, von Mohamed Zahyani, der Miltotax SPRL, der Lextra SA, von Ismael El Amrani, von Farid Benazzouz, von Imad Zoufri, von Abdel-Ilah Bokhamy, von Ismail Al Bouhali, der Bahri Messaoud & Cie SCS, von Mostafa Bouzid, der BKN Star SPRL, der M.V.S. SPRL, der A.B.M.B. SCS, der Imatrans SPRL, von Reda Bouyaknouden, von Ayoub Tahri, von Moulay Adil El Khatir, von Redouan El Abboudi, von Mohamed El Abboudi, von Bilal El Abboudi, von Sofian El Abboudi, von Karim Bensbih, von Hadel Bensbih, von Mimoun Mallouk, von Abdellah El Ghaffouli und von Said El Aazzoui, vertreten durch D. Ribant und I. Ferrant, avocats,

–        der Europäischen Kommission, vertreten durch W. Mölls und J. Hottiaux als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 21. Dezember 2016

folgendes

Urteil

1        Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 96 Abs. 1 AEUV.

2        Es ergeht im Rahmen einer Unterlassungsklage der FlibTravel SA (im Folgenden: FlibTravel) und der Léonard Travel International SA (im Folgenden: Léonard Travel), Gesellschaften, die Linienbusverkehr mit Überlandbussen betreiben, gegen natürliche und juristische Personen, die die Tätigkeit von Taxifahrern bzw. Taxibetreibern ausüben und ihnen gegenüber unlauteren Wettbewerb betrieben haben sollen.

 Belgischer Rechtsrahmen

3        Die Verordnung der Region Brüssel-Hauptstadt vom 27. April 1995 betreffend Taxidienstleistungen und Dienstleistungen der Vermietung von Fahrzeugen mit Fahrer (Moniteur belge vom 1. Juni 1995, S. 15510) in der durch die Verordnung vom 20. Juli 2006 (Moniteur belge vom 29. September 2006) geänderten Fassung (im Folgenden: Verordnung vom 27. April 1995) bestimmt in ihrem Art. 2 Abs. 1 und 2:

„1.      ‚Taxidienstleistungen‘ [sind] solche Dienstleistungen, die in der entgeltlichen Beförderung von Personen durch Kraftfahrzeuge mit Fahrer bestehen und folgende Voraussetzungen erfüllen:

a)      das Fahrzeug des Typs Personenkraftwagen, Kombifahrzeug oder Kleinbus im Sinne des Königlichen Erlasses vom 15. März 1968 zur Festlegung der allgemeinen Regelung über die technischen Anforderungen an Kraftfahrzeuge, ihre Anhänger, ihre Bestandteile und ihr Sicherheitszubehör ist nach der Art seiner Konstruktion und seiner Ausrüstung für die Beförderung von maximal neun Personen einschließlich des Fahrers geeignet und hierfür bestimmt;

b)      das Fahrzeug wird entweder an einem bestimmten Standplatz auf öffentlichen Straßen im Sinne der allgemeinen Straßenverkehrsordnung oder einem anderen Ort, der nicht dem öffentlichen Verkehr gewidmet ist, für die Öffentlichkeit bereitgestellt;

c)      die Bereitstellung betrifft das Fahrzeug und nicht jeden einzelnen Sitzplatz, wenn das Fahrzeug als Taxi verwendet wird, oder jeden einzelnen Sitzplatz des Fahrzeugs und nicht das Fahrzeug selbst, wenn das Fahrzeug als Sammeltaxi mit Genehmigung der Regierung der Region Brüssel-Hauptstadt verwendet wird;

d)      das Ziel wird vom Kunden festgelegt;

2.      ‚Dienstleistungen der Vermietung von Fahrzeugen mit Fahrer‘ [sind] alle entgeltlichen Dienstleistungen der Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen, die keine Taxidienstleistungen darstellen und mit Fahrzeugen des Typs Personenkraftwagen, Kombifahrzeug oder Kleinbus, mit Ausnahme von Fahrzeugen, die als Krankenwagen ausgestattet sind, erbracht werden“.

4        Art. 3 Abs. 1 dieser Verordnung lautet:

„Niemand darf ohne Genehmigung der Regierung einen Taxidienst mit einem oder mehreren Fahrzeugen mit Einstiegsort in einer öffentlichen Straße oder an einem anderen Ort, der nicht dem öffentlichen Verkehr gewidmet ist, im Gebiet der Region Brüssel-Hauptstadt betreiben.“

5        In Art. 16 der Verordnung heißt es:

„Niemand darf ohne Genehmigung der Regierung im Gebiet der Region Brüssel-Hauptstadt einen Dienst der Vermietung von Fahrzeugen mit Fahrer mit einem oder mehreren Fahrzeugen betreiben.

Nur die Inhaber einer von der Regierung erteilten Genehmigung dürfen Dienstleistungen erbringen, bei denen der Ort der Abfahrt für den Nutzer im Gebiet der Region Brüssel-Hauptstadt liegt.

…“

6        Nach Art. 31 Nr. 7 des Erlasses der Regierung der Region Brüssel-Hauptstadt vom 29. März 2007 betreffend Taxidienstleistungen und Dienstleistungen der Vermietung von Fahrzeugen mit Fahrer (Moniteur belge vom 3. Mai 2007, S. 23526) in der durch den Erlass der Regierung der Region Brüssel-Hauptstadt vom 27. März 2014 (Moniteur belge vom 17. April 2014) geänderten Fassung ist es den Fahrern untersagt, „Kunden anzusprechen oder durch einen anderen ansprechen zu lassen“.

 Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

7        FlibTravel und Léonard Travel betreiben im Rahmen einer Unterkonzessionsvereinbarung mit dem Brussels South Charleroi Airport einen Linienbusverkehr mit Überlandbussen u. a. zwischen dem Bahnhof Bruxelles-Midi in Brüssel (Belgien) und dem Flughafen Charleroi (Belgien).

8        Am 21. Mai 2014 erhoben FlibTravel und Léonard Travel gegen die Berufungsbeklagten des Ausgangsverfahrens vor dem Präsidenten des Tribunal de commerce francophone de Bruxelles (Französischsprachiges Handelsgericht Brüssel, Belgien) Klage auf Unterlassung von Praktiken, die ihres Erachtens den redlichen Marktpraktiken zuwiderlaufende Handlungen darstellen, da sie unter Verstoß gegen Art. 2 Abs. 1 Buchst. c und d der Verordnung vom 27. April 1995 vorgenommen würden.

9        Zur Stützung ihrer Unterlassungsklage bringen sie vor, dass die Berufungsbeklagten des Ausgangsverfahrens oder für sie arbeitende Personen am Bahnhof Bruxelles-Midi Reisende mit dem Ziel Flughafen Charleroi ansprächen, um sie in „Großraumtaxis“ zu gruppieren, um dann, wenn diese Taxis voll seien, dorthin zu fahren. Sie werfen den Berufungsbeklagten somit insbesondere vor, sie gruppierten Fahrgäste mit demselben Fahrtziel, sie gestalteten den Preis für ihre Dienstleistung pro Fahrgast und nicht pro Fahrzeug und sie sprächen die Kunden an.

10      Mit Urteil vom 11. Februar 2015 wies der Präsident des oben angeführten Gerichts sämtliche Anträge von FlibTravel und Léonard Travel mit der Begründung zurück, dass der behauptete Sachverhalt nicht nachgewiesen worden sei.

11      Am 13. Juli 2015 legten die Berufungsklägerinnen des Ausgangsverfahrens gegen dieses Urteil bei der Cour d’appel de Bruxelles (Berufungsgericht Brüssel, Belgien) Berufung ein.

12      Nach Ansicht dieses Gerichts ergibt sich aus Art. 2 Abs. 1 Buchst. c und d der Verordnung vom 27. April 1995, dass Taxibetreiber weder individuelle Sitzplätze anstatt des gesamten Fahrzeugs für ihre Fahrgäste bereitstellen noch deren Fahrtziel im Voraus festlegen dürfen. Zudem stellten die streitigen Praktiken ein Ansprechen im Sinne von Art. 31 Nr. 7 des Erlasses der Regierung der Region Brüssel-Hauptstadt vom 29. März 2007 betreffend Taxidienstleistungen und Dienstleistungen der Vermietung von Fahrzeugen mit Fahrer in der durch den Erlass der Regierung der Region Brüssel-Hauptstadt vom 27. März 2014 geänderten Fassung dar. Die Praktiken verstießen gegen diese Bestimmungen und liefen den redlichen Marktpraktiken zuwider. Daher seien sie verboten und könnten auf Antrag eines Betroffenen Gegenstand einer Unterlassungsanordnung sein.

13      Das vorlegende Gericht hegt jedoch Zweifel, ob diese Bestimmungen u. a. angesichts der mangelnden Notifizierung der Verordnung vom 27. April 1995 an die Europäische Kommission mit Art. 96 Abs. 1 AEUV vereinbar sind.

14      Es stellt sich insbesondere die Frage, ob die Anwendbarkeit von Art. 96 Abs. 1 AEUV auf den bei ihm anhängigen Fall voraussetzt, dass die betreffende Beförderung eine grenzüberschreitende Dimension aufweist, da diese Bestimmung den „Verkehr innerhalb der Union“ betrifft. Wegen der internationalen Dimension des betreffenden Bahnhofs und des betreffenden Flughafens kämen die vor ihm in Rede stehenden Beförderungsleistungen nicht ausschließlich nationalen Staatsangehörigen zugute. Das vorlegende Gericht stellt sich ferner die Frage nach der Auslegung der Begriffe „Frachten und Beförderungsbedingungen“ in dieser Bestimmung sowie die Frage, ob der nach dieser erlaubte Schutz bestimmter Industrien auf eine Beförderungsindustrie wie die, die Taxidienstleistungen anbietet, Anwendung findet.

15      Unter diesen Umständen und nach Befragung der Parteien über die Vereinbarkeit der Bestimmungen der Verordnung vom 27. April 1995 mit Art. 96 Abs. 1 AEUV hat die Cour d’appel de Bruxelles (Berufungsgericht Brüssel) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.      Ist Art. 96 Abs. 1 AEUV dahin auszulegen, dass er auf Frachten und Beförderungsbedingungen Anwendung finden kann, die von einem Mitgliedstaat den Betreibern von Taxidiensten auferlegt werden, wenn

a)      die betreffenden Taxifahrten nur ausnahmsweise über die nationalen Grenzen hinausführen,

b)      ein bedeutender Teil der Kunden der betreffenden Taxis aus Unionsbürgern oder in der Europäischen Union Gebietsansässigen besteht, die nicht Staatsangehörige oder Gebietsansässige des fraglichen Mitgliedstaats sind, und

c)      unter den konkreten Umständen der Rechtssache die streitigen Taxifahrten für den Fahrgast sehr häufig nur eine Etappe einer längeren Reise darstellen, deren Ankunfts- oder Abfahrtsort sich in einem anderen Land der Union als dem fraglichen Mitgliedstaat befindet?

2.      Ist Art. 96 Abs. 1 AEUV dahin auszulegen, dass er auf andere Betriebsbedingungen als Preisbedingungen und Bedingungen für die Erteilung der Genehmigung zur Ausübung der betreffenden Beförderungstätigkeit Anwendung finden kann, wie im vorliegenden Fall ein Verbot für Taxibetreiber, individuelle Sitzplätze statt des gesamten Fahrzeugs zur Verfügung zu stellen, und ein Verbot für diese Betreiber, das den Kunden vorgeschlagene Fahrtziel selbst zu bestimmen, was dazu führt, dass diese Betreiber daran gehindert werden, Kunden zu gruppieren, die das gleiche Ziel haben?

3.      Ist Art. 96 Abs. 1 AEUV dahin auszulegen, dass er – außer bei einer Genehmigung durch die Kommission – Maßnahmen der in der zweiten Frage genannten Art verbietet,

a)      die allgemein neben anderen Zielen bezwecken, Taxibetreiber vor der Konkurrenz von Unternehmen, die Fahrzeuge mit Fahrer vermieten, zu schützen, und

b)      die unter den konkreten Umständen der Rechtssache die spezielle Wirkung haben, die Betreiber von Überlandbussen vor der Konkurrenz durch Taxibetreiber zu schützen?

4.      Ist Art. 96 Abs. 1 AEUV dahin auszulegen, dass er – außer bei einer Genehmigung durch die Kommission – eine Maßnahme verbietet, die den Taxibetreibern das Ansprechen von Kunden untersagt, wenn diese Maßnahme unter den konkreten Umständen der Rechtssache bewirkt, dass ihre Fähigkeit, Kunden von einem konkurrierenden Überlandbusdienst anzulocken, eingeschränkt wird?

 Zu den Vorlagefragen

16      Mit seiner zweiten Frage, die zuerst zu prüfen ist, möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 96 Abs. 1 AEUV dahin auszulegen ist, dass er auf eine nationale Regelung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende, die die Bedingungen für die Erbringung von Taxidienstleistungen regelt, anwendbar ist.

17      Diese Bestimmung sieht vor, dass im Verkehr innerhalb der Union die von einem Mitgliedstaat auferlegten Frachten und Beförderungsbedingungen verboten sind, die in irgendeiner Weise der Unterstützung oder dem Schutz eines oder mehrerer bestimmter Unternehmen oder Industrien dienen, es sei denn, dass die Kommission die Genehmigung hierzu erteilt.

18      Nach ständiger Rechtsprechung sind bei der Auslegung einer Unionsvorschrift nicht nur ihr Wortlaut, sondern auch ihr Zusammenhang und die Ziele zu berücksichtigen, die mit der Regelung, zu der sie gehört, verfolgt werden (Urteil vom 16. November 2016, Hemming u. a., C‑316/15, EU:C:2016:879, Rn. 27 und die dort angeführte Rechtsprechung).

19      Aus dem Wortlaut von Art. 96 Abs. 1 AEUV ergibt sich insoweit, dass das Ziel dieser Vorschrift darin besteht, die für den Verkehr innerhalb der Union geltenden nationalen Regelungen bezüglich der Frachten und Beförderungsbedingungen, die in irgendeiner Weise der Unterstützung oder dem Schutz eines oder mehrerer bestimmter „Unternehmen“ oder Industrien dienen, zu regeln.

20      Mit dieser Vorschrift soll verhindert werden, dass die Mitgliedstaaten Unterstützungs- oder Schutzmaßnahmen erlassen, die mittelbar den Kunden des betreffenden Betreibers zugutekommen, der die genannten Frachten und Beförderungsbedingungen auf sie anwendet; Unterstützungs- oder Schutzmaßnahmen, die unmittelbar anderen Betreibern zugutekommen, die mit dem betreffenden Betreiber im Wettbewerb stehen, werden davon nicht erfasst.

21      Diese Auslegung wird durch Art. 96 Abs. 2 AEUV untermauert, wonach die Kommission für die Genehmigung einer grundsätzlich nach Art. 96 Abs. 1 AEUV verbotenen Maßnahme u. a. die Erfordernisse einer angemessenen Standortpolitik, die Bedürfnisse der unterentwickelten Gebiete und die Probleme der durch politische Umstände schwer betroffenen Gebiete zu berücksichtigen hat.

22      Daher ist Art. 96 Abs. 1 AEUV dahin auszulegen, dass er auf eine Regelung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende nicht anwendbar ist.

23      Die von den Berufungsbeklagten des Ausgangsverfahrens vorgebrachte gegenteilige Auslegung wäre im Übrigen geeignet, die praktische Wirksamkeit von Art. 58 AEUV zu beeinträchtigen, der im Einklang mit Art. 91 AEUV impliziert, dass die Anwendung der Grundsätze der freien Erbringung von Beförderungsdienstleistungen durch die Verwirklichung der gemeinsamen Verkehrspolitik erreicht wird (vgl. Urteil vom 22. Dezember 2010, Yellow Cab Verkehrsbetrieb, C‑338/09, EU:C:2010:814, Rn. 30), da Art. 96 Abs. 1 AEUV dann unmittelbar das Verbot eines Großteils der Maßnahmen zur Folge hätte, die als Beschränkungen der freien Erbringung von Beförderungsdienstleistungen eingestuft werden könnten, ohne dass der Unionsgesetzgeber eine solche Regelung erlassen hätte.

24      Nach alledem ist auf die zweite Frage zu antworten, dass Art. 96 Abs. 1 AEUV dahin auszulegen ist, dass er auf Taxibetreibern auferlegte Beschränkungen wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden nicht anwendbar ist.

25      In Anbetracht der Antwort auf die zweite Frage sind die anderen Fragen nicht zu beantworten.

 Kosten

26      Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Dritte Kammer) für Recht erkannt:

Art. 96 Abs. 1 AEUV ist dahin auszulegen, dass er auf Taxibetreibern auferlegte Beschränkungen wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden nicht anwendbar ist.

Unterschriften


*      Verfahrenssprache: Französisch.