Language of document : ECLI:EU:C:2010:264

SCHLUSSANTRÄGE DER GENERALANWÄLTIN

VERICA TRSTENJAK

vom 11. Mai 2010 (1)

Rechtssache C‑467/08

Sociedad General de Autores y Editores (SGAE)

gegen

Padawan S. L.

(Vorabentscheidungsersuchen der Audiencia Provincial de Barcelona [Spanien])

„Richtlinie 2001/29/EG – Urheberrechte und verwandte Schutzrechte – Art. 2 – Vervielfältigungsrecht – Art. 5 Abs. 2 Buchst. b – Ausnahmen und Beschränkungen – Gerechter Ausgleich – Reichweite – System der Abgabe auf Anlagen, Geräte und Medien, die im Zusammenhang mit digitaler Vervielfältigung stehen“





I –    Einleitung

1.        Die Erfindung des Buchdrucks durch Johannes Gutenberg um das Jahr 1450 stellte einen bedeutenden kulturhistorischen Einschnitt in der Geschichte Europas und der Welt dar. Dieses Ereignis, das die Einführung einer neuen Vervielfältigungsmethode implizierte und auf den ersten Blick nur technische Relevanz aufwies, war imstande, eine Medienrevolution auszulösen, die zu einem bemerkenswerten Aufblühen europäischen Geisteslebens führte. Es ermöglichte nämlich durch die exakte Reproduktion von Wissen in einem zuvor nie gekannten Ausmaß einen für immer mehr Bürger erschwinglichen Zugang zu Information und Bildung. Gefördert wurde damit eine massenhafte Verbreitung sowie ein reger Austausch von Ideen, was den Weg zum Kulturzeitalter der Renaissance und später der Aufklärung ebnete. Gleichzeitig gewann die Autorschaft an Bedeutung, da die Frage, wer was und in welchem sachlichen und zeitlichen Kontext verfasst hatte, immer wichtiger wurde. Daraus erwuchs die Notwendigkeit, das Recht von Urhebern an ihren Werken und der mit der Herstellung von Druckschriften befassten Drucker und Verleger effektiv zu schützen. Entstanden war damit die Grundidee des Urheberrechts. Die Probleme im Zusammenhang mit der Kontrolle von Vervielfältigungen literarischer und künstlerischer Werke erweisen sich im Rückblick als genauso alt wie die technischen Methoden zu ihrer Herstellung selbst(2). Sie haben, wie die vorliegende Rechtssache beweist, an Aktualität gewonnen, zumal die technologische Entwicklung hin zum digitalen Zeitalter neue Methoden und Geräte hervorgebracht hat, die mittlerweile jeder Person ermöglichen, Daten digital zu speichern, zu verändern und beliebig zu vervielfältigen. Dem Gesetzgeber und dem Richter kommt die sensible Aufgabe zu, sachgerechte Lösungen für diese neuen Herausforderungen zu entwickeln, die den Interessen der Urheber und der Nutzer gleichermaßen Rechnung tragen sollen.

2.        Im vorliegenden Vorabentscheidungsverfahren nach Art. 234 EG(3) stellt die Audiencia Provincial de Barcelona (im Folgenden: vorlegendes Gericht) dem Gerichtshof eine Reihe von Fragen betreffend die Auslegung des in Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29/EG zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft(4) aufgeführten Begriffs des „gerechten Ausgleichs“, der gemäß dieser Ausnahmeregelung den Inhabern von Urheberrechten im Fall der Vervielfältigung eines Werks oder eines sonstigen Schutzgegenstands zum privaten Gebrauch zusteht.

3.        Diese Fragen stellen sich im Rahmen eines Rechtsstreits, in dem die Sociedad General de Autores y Editores de España (SGAE; im Folgenden: Klägerin des Ausgangsverfahrens), eine spanische Verwertungsgesellschaft für Rechte des geistigen Eigentums, das Unternehmen Padawan S. L. (im Folgenden: Beklagte des Ausgangsverfahrens) auf Zahlung eines pauschalen Ausgleichs für Privatkopien für von ihr innerhalb eines genau umgrenzten Zeitraums vertriebene Speichermedien in Anspruch nimmt.

II – Rechtlicher Rahmen

A –    Unionsrecht

4.        Der zehnte Erwägungsgrund der Richtlinie 2001/29 besagt:

„Wenn Urheber und ausübende Künstler weiter schöpferisch und künstlerisch tätig sein sollen, müssen sie für die Nutzung ihrer Werke eine angemessene Vergütung erhalten, was ebenso für die Produzenten gilt, damit diese die Werke finanzieren können. Um Produkte wie Tonträger, Filme oder Multimediaprodukte herstellen und Dienstleistungen, z. B. Dienste auf Abruf, anbieten zu können, sind beträchtliche Investitionen erforderlich. Nur wenn die Rechte des geistigen Eigentums angemessen geschützt werden, kann eine angemessene Vergütung der Rechtsinhaber gewährleistet und ein zufrieden stellender Ertrag dieser Investitionen sichergestellt werden.“

5.        Der 31. Erwägungsgrund lautet:

„Es muss ein angemessener Rechts- und Interessenausgleich zwischen den verschiedenen Kategorien von Rechtsinhabern sowie zwischen den verschiedenen Kategorien von Rechtsinhabern und Nutzern von Schutzgegenständen gesichert werden. Die von den Mitgliedstaaten festgelegten Ausnahmen und Beschränkungen in Bezug auf Schutzrechte müssen vor dem Hintergrund der neuen elektronischen Medien neu bewertet werden. Bestehende Unterschiede bei den Ausnahmen und Beschränkungen in Bezug auf bestimmte zustimmungsbedürftige Handlungen haben unmittelbare negative Auswirkungen auf das Funktionieren des Binnenmarkts im Bereich des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte. Diese Unterschiede könnten sich mit der Weiterentwicklung der grenzüberschreitenden Verwertung von Werken und den zunehmenden grenzüberschreitenden Tätigkeiten durchaus noch deutlicher ausprägen. Um ein reibungsloses Funktionieren des Binnenmarkts zu gewährleisten, sollten diese Ausnahmen und Beschränkungen einheitlicher definiert werden. Dabei sollte sich der Grad ihrer Harmonisierung nach ihrer Wirkung auf die Funktionsfähigkeit des Binnenmarkts bestimmen.“

6.        Der 32. Erwägungsgrund enthält die folgende Aussage:

„Die Ausnahmen und Beschränkungen in Bezug auf das Vervielfältigungsrecht und das Recht der öffentlichen Wiedergabe sind in dieser Richtlinie erschöpfend aufgeführt. Einige Ausnahmen oder Beschränkungen gelten, soweit dies angemessen erscheint, nur für das Vervielfältigungsrecht. Diese Liste trägt den unterschiedlichen Rechtstraditionen in den Mitgliedstaaten Rechnung und soll gleichzeitig die Funktionsfähigkeit des Binnenmarkts sichern. Die Mitgliedstaaten sollten diese Ausnahmen und Beschränkungen in kohärenter Weise anwenden; dies wird bei der zukünftigen Überprüfung der Umsetzungsvorschriften besonders berücksichtigt werden.“

7.        Der 35. Erwägungsgrund lautet:

„In bestimmten Fällen von Ausnahmen oder Beschränkungen sollten Rechtsinhaber einen gerechten Ausgleich erhalten, damit ihnen die Nutzung ihrer geschützten Werke oder sonstigen Schutzgegenstände angemessen vergütet wird. Bei der Festlegung der Form, der Einzelheiten und der etwaigen Höhe dieses gerechten Ausgleichs sollten die besonderen Umstände eines jeden Falls berücksichtigt werden. Für die Bewertung dieser Umstände könnte der sich aus der betreffenden Handlung für die Rechtsinhaber ergebende etwaige Schaden als brauchbares Kriterium herangezogen werden. In Fällen, in denen Rechtsinhaber bereits Zahlungen in anderer Form erhalten haben, z. B. als Teil einer Lizenzgebühr, kann gegebenenfalls keine spezifische oder getrennte Zahlung fällig sein. Hinsichtlich der Höhe des gerechten Ausgleichs sollte der Grad des Einsatzes technischer Schutzmaßnahmen gemäß dieser Richtlinie in vollem Umfang berücksichtigt werden. In bestimmten Situationen, in denen dem Rechtsinhaber nur ein geringfügiger Nachteil entstünde, kann sich gegebenenfalls keine Zahlungsverpflichtung ergeben.“

8.        Im 38. Erwägungsgrund heißt es:

„Die Mitgliedstaaten sollten die Möglichkeit erhalten, unter Sicherstellung eines gerechten Ausgleichs eine Ausnahme oder Beschränkung in Bezug auf das Vervielfältigungsrecht für bestimmte Arten der Vervielfältigung von Ton-, Bild- und audiovisuellem Material zu privaten Zwecken vorzusehen. Dazu kann die Einführung oder Beibehaltung von Vergütungsregelungen gehören, die Nachteile für Rechtsinhaber ausgleichen sollen.“

9.        Art. 2 der Richtlinie bestimmt Folgendes:

„Vervielfältigungsrecht

Die Mitgliedstaaten sehen für folgende Personen das ausschließliche Recht vor, die unmittelbare oder mittelbare, vorübergehende oder dauerhafte Vervielfältigung auf jede Art und Weise und in jeder Form ganz oder teilweise zu erlauben oder zu verbieten:

a)       für die Urheber in Bezug auf ihre Werke,

b)       für die ausübenden Künstler in Bezug auf die Aufzeichnungen ihrer Darbietungen,

c)       für die Tonträgerhersteller in Bezug auf ihre Tonträger,

d)       für die Hersteller der erstmaligen Aufzeichnungen von Filmen in Bezug auf das Original und die Vervielfältigungsstücke ihrer Filme,

e)       für die Sendeunternehmen in Bezug auf die Aufzeichnungen ihrer Sendungen, unabhängig davon, ob diese Sendungen drahtgebunden oder drahtlos, über Kabel oder Satellit übertragen werden.“

10.      Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie schreibt Folgendes vor:

„Ausnahmen und Beschränkungen

(2)       Die Mitgliedstaaten können in den folgenden Fällen Ausnahmen oder Beschränkungen in Bezug auf das in Artikel 2 vorgesehene Vervielfältigungsrecht vorsehen:

b)       in Bezug auf Vervielfältigungen auf beliebigen Trägern durch eine natürliche Person zum privaten Gebrauch und weder für direkte noch indirekte kommerzielle Zwecke unter der Bedingung, dass die Rechtsinhaber einen gerechten Ausgleich erhalten, wobei berücksichtigt wird, ob technische Maßnahmen gemäß Artikel 6 auf das betreffende Werk oder den betreffenden Schutzgegenstand angewendet wurden.“

B –    Nationales Recht

11.      Den Angaben des vorlegenden Gerichts zufolge findet Art. 2 der Richtlinie 2001/29 seine Entsprechung in Art. 17 der durch das Real Decreto Legislativo 1/1996 vom 12. April 1996 genehmigten Neufassung des Gesetzes über geistiges Eigentum (Texto Refundido de la Ley de Propiedad Intelectual; im Folgenden: TRLPI), nach dem „dem Urheber … die ausschließliche Wahrnehmung der Verwertungsrechte an seinem Werk in jeglicher Form [zusteht]; dies gilt insbesondere für die Rechte der Vervielfältigung …, die mit Ausnahme der in diesem Gesetz vorgesehenen Fälle nur mit seiner Erlaubnis zulässig sind“, und den angrenzenden Artikeln, durch die das Recht auf Vervielfältigung auf sonstige Inhaber von Rechten des geistigen Eigentums erstreckt wurde.

12.      Art. 18 TRLPI stellt klar, dass unter Vervielfältigung „die Fixierung des Werks auf einem Träger, der seine Weitergabe und die Anfertigung von Kopien des gesamten Werks oder eines Teils von ihm ermöglicht“, zu verstehen ist.

13.      In Übereinstimmung mit Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29 gestattet Art. 31 Abs. 1 Nr. 2 TRLPI die Vervielfältigung bereits verbreiteter Werke ohne Genehmigung des Autors u. a. zum „privaten Gebrauch des Kopierenden, unbeschadet der Bestimmungen in Art. 25 und 99 Buchst. a dieses Gesetzes, sofern die Kopie nicht kollektiven oder kommerziellen Zwecken dient“.

14.      Art. 25 TRLPI in seiner bis zum Inkrafttreten des Änderungsgesetzes 23/2006 vom 7. Juli 2006(5) geltenden Fassung regelte sehr detailliert den Ausgleich, der den Inhabern von Rechten des geistigen Eigentums für die ausschließlich für den privaten Gebrauch erfolgte Vervielfältigung „durch Geräte oder Vorrichtungen nicht drucktechnischer Art von Werken, die in Form von Büchern oder ihnen durch Rechtsverordnung gleichgestellten Veröffentlichungen sowie Lautaufzeichnungen, Videoaufzeichnungen oder andere Ton-, Bild oder audiovisuelle Träger verbreitet werden“, zusteht.

15.      Dieser Ausgleich, der billig und einmalig zu sein hat, besteht in einer Abgabe, die auf Anlagen und Geräte zur Vervielfältigung von Büchern sowie auf Anlagen und Geräte zur Vervielfältigung von Laut- und Videoaufzeichnungen sowie Medien zur Ton-, Bild- oder audiovisuellen Vervielfältigung erhoben wird (Art. 25 Abs. 5 TRLPI). Die Gebühr ist von den Herstellern und Einführern dieser Geräte und Medien sowie den „Groß- und Einzelhändlern als Folgeerwerber dieser Erzeugnisse“ (Art. 25 Abs. 4 Buchst. a TRLPI) an die Verwertungsgesellschaften für Rechte des geistigen Eigentums zu entrichten (Art. 25 Abs. 7 TRLPI).

16.      Durch das Änderungsgesetz 23/2006 wurde Art. 25 TRLPI geändert, um die Abgabe ausdrücklich auch auf Anlagen, Geräte und Medien zur digitalen Wiedergabe auszuweiten. Die Festlegung des Ausgleichsbetrags bedarf der Genehmigung durch das Kultusministerium im Einklang mit dem Ministerium für Industrie, Tourismus und Handel nach dem folgendem Verfahren: Zuerst wird den Verwertungsgesellschaften und den Industrieverbänden, die mehrheitlich die zur Zahlung Verpflichteten vertreten, eine Frist von vier Monaten eingeräumt, um die Anlagen, Geräte und Datenträger, für die ein gerechter Ausgleich für Privatkopien zu zahlen ist, sowie die jeweils zu entrichtenden Beträge auszuhandeln. Sodann genehmigen das Kultusministerium und das Ministerium für Industrie, Tourismus und Handel nach Ablauf von drei Monaten nach der Mitteilung der Übereinkunft oder nach dem fruchtlosen Ablauf der Viermonatsfrist die Liste der Anlagen, Geräte und Datenträger, auf die die „Abgabe“ erhoben wird, sowie ihre jeweilige Höhe (Art. 25 Abs. 6 TRLPI).

17.      Das Gesetz stellt eine Reihe von Kriterien auf, die dabei zu berücksichtigen sind: a) der den Inhabern des Rechts des geistigen Eigentums durch die als Privatkopien katalogisierten Vervielfältigungen tatsächlich entstandene Schaden, b) der Umfang, in dem die Anlagen, Geräte und Datenträger für das Anfertigen von Privatkopien zum Einsatz kommen, c) die Speicherkapazität der für Privatkopien verwendeten Anlagen, Geräte und Datenträger, d) die Wiedergabequalität, e) die Verfügbarkeit sowie der Anwendungs- und Effektivitätsgrad der technologischen Mittel, f) die Speicherdauer der Vervielfältigungen und g) ein wirtschaftlich angemessenes Verhältnis zwischen den als Ausgleich auf die verschiedenen Anlagen und Geräte erhobenen Beträge gegenüber ihrem Endverkaufspreis (Art. 25 Abs. 6 TRLPI).

18.      Zur Umsetzung der vorstehenden Bestimmungen wurden durch die Orden Ministerial (Ministerialerlass) 1743/2008 vom 18. Juni 2008(6) die Anlagen, Geräte und Datenträger, für die ein Ausgleich für Privatkopien zu entrichten ist, sowie die Beträge, die vom Schuldner insoweit als Ausgleich zu zahlen sind, festgelegt.

III – Sachverhalt, Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

19.      Wie bereits eingangs erwähnt, handelt es sich bei der Klägerin des Ausgangsverfahrens um eine spanische Verwertungsgesellschaft für Rechte des geistigen Eigentums. Die Beklagte des Ausgangsverfahrens vertreibt elektronische Speichermedien u.a. in Form von CD‑Rs, CD‑RWs, DVD‑Rs und MP3-Geräten. Sie wird von der Klägerin auf Zahlung eines pauschalen Ausgleichs für Privatkopien für von ihr im Zeitraum zwischen September 2002 und September 2004 vertriebene Speichermedien in Anspruch genommen.

20.      Das erstinstanzliche Gericht gab der Klage statt und verurteilte die Beklagte zur Zahlung von 16 759,25 Euro zuzüglich Zinsen. Gegen dieses Urteil legte die Beklagte Rechtsmittel ein.

21.      Das vorlegende Gericht, das über das Rechtsmittel zu entscheiden hat äußert in seinem Vorlagebeschluss Unsicherheiten im Zusammenhang mit der richtigen Auslegung des Begriffs des „gerechten Ausgleichs“ in Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29. Es fragt sich dabei, ob die im Königreich Spanien geltende Regelung, wonach Anlagen, Geräte und Medien zur digitalen Wiedergabe unterschiedslos mit einer Abgabe für Privatkopien belastet werden, als mit der Richtlinie vereinbar angesehen werden kann. Es ist der Ansicht, dass eine Antwort auf seine Fragen insoweit Auswirkungen auf die Entscheidung in dem Ausgangsrechtsstreit haben werde, als von ihr abhänge, ob die Klägerin des Ausgangsverfahrens das Recht habe, einen gerechten Ausgleich für Privatkopien für sämtliche von der Beklagten im oben genannten Zeitraum verkauften CD‑Rs, CD‑RWs, DVD‑Rs und MP3-Geräte zu verlangen, oder nur für diejenigen Geräte und Datenträger zur digitalen Wiedergabe, die mutmaßlich für die Anfertigung von Privatkopien verwendet worden seien.

22.      Das vorlegende Gericht hat daher das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1.         Impliziert der Begriff „gerechter Ausgleich“ in Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29 eine Harmonisierung, unabhängig von der Befugnis der Mitgliedstaaten, diejenigen Vergütungssysteme auszuwählen, die sie für die Durchsetzung des Rechts auf einen „gerechten Ausgleich“ für die Inhaber von Rechten des geistigen Eigentums, die von der Einführung der Ausnahme für Privatkopien vom Recht auf Vervielfältigung betroffen sind, als sachgerecht erachten?

2.         Sind die Mitgliedstaaten unabhängig von dem System, das sie für die Bestimmung des gerechten Ausgleichs anwenden, verpflichtet, zwischen den Beteiligten – auf der einen Seite die Inhaber der Rechte des geistigen Eigentums, die von der Ausnahme für Privatkopien betroffen sind, als Gläubiger des Ausgleichs und auf der anderen Seite die unmittelbar oder mittelbar zu seiner Zahlung Verpflichteten – Ausgewogenheit herbeizuführen, und wird diese Ausgewogenheit durch die Rechtfertigung des gerechten Ausgleichs bestimmt, die darin besteht, den sich aus der Ausnahme für Privatkopien ergebenden Schaden zu beseitigen?

3.         Muss in den Fällen, in denen ein Mitgliedstaat sich für ein System der Gebühr oder Abgabe auf Anlagen, Geräte und Medien zur digitalen Wiedergabe entscheidet, diese Gebühr (der gerechte Ausgleich für Privatkopien) notwendigerweise nach dem durch Art. 5 Abs. 2 Buchst. b verfolgten Zweck und dem Kontext dieser Vorschrift mit dem mutmaßlichen Gebrauch der Anlagen und Medien zur Anfertigung von Vervielfältigungen, die von der Ausnahme für Privatkopien begünstigt sind, im Zusammenhang stehen, so dass die Erhebung der Gebühr gerechtfertigt wäre, wenn die Anlagen, Geräte und Medien zur digitalen Wiedergabe mutmaßlich für die Anfertigung von Privatkopien verwendet werden, andernfalls aber nicht?

4.         Ist bei einem System der „Abgabe“ für Privatkopien die unterschiedslose Anwendung der Abgabe auf Unternehmen und Freiberufler, die Geräte und Datenträger zur digitalen Wiedergabe eindeutig zu anderen Zwecken als dem der privaten Vervielfältigung erwerben, mit dem Begriff des „gerechten Ausgleichs“ vereinbar?

5.         Ist das von dem spanischen Staat eingeführte System, die Abgabe für Privatkopien auf sämtliche Anlagen, Geräte und Medien unterschiedslos zu erheben, mit der Richtlinie 2001/29 vereinbar, soweit ein angemessenes Verhältnis zwischen dem gerechten Ausgleich und der ihn rechtfertigenden Einschränkung des Rechts zur Anfertigung von Privatkopien nicht mehr besteht, weil sie weitgehend auf anders gelagerte Sachverhalte angewendet wird, bei denen keine Beschränkung von Rechten gegeben ist, die den finanziellen Ausgleich rechtfertigt?

IV – Verfahren vor dem Gerichtshof

23.      Der Vorlagebeschluss mit Datum vom 15. September 2008 ist am 31. Oktober 2008 bei der Kanzlei des Gerichtshofs eingegangen.

24.      Schriftliche Erklärungen haben die Parteien des Ausgangsverfahrens, die Regierungen des Königreichs Spanien, der Bundesrepublik Deutschland, des Vereinigten Königreichs, der Hellenischen Republik, der Französischen Republik, der Republik Finnland, der Portugiesischen Republik, das Centro Español de Derechos Reprográficos (CEDRO), die Entidad de Gestión de Derechos de los Productores Audiovisuales (EGEDA), die Asociación de Artistas Intérpretes o Ejecutantes – Sociedad de Gestión de España (AIE), die Asociación de Gestión de Derechos Intelectuales (AGEDI) sowie die Kommission innerhalb der in Art. 23 der Satzung des Gerichtshofs genannten Frist eingereicht.

25.      In der mündlichen Verhandlung, die am 4. März 2010 stattgefunden hat, haben die Prozessbevollmächtigten der Parteien des Ausgangsverfahrens, von EGEDA, AIE, AGEDI und CEDRO, die Bevollmächtigten der Regierungen des Königreichs Spanien, der Bundesrepublik Deutschland, der Hellenischen Republik sowie der Bevollmächtigte der Kommission Ausführungen gemacht.

V –    Wesentliches Vorbringen der Parteien

A –    Zur Zulässigkeit der Vorlagefragen

26.      Die spanische Regierung sowie das CEDRO schlagen dem Gerichtshof vor, die Vorlage für unzulässig zu erklären, da ihrer Ansicht nach das vorlegende Gericht ein Vorabentscheidungsersuchen im Rahmen eines Rechtsstreits stellt, auf den die Vorgängerbestimmung der spanischen Umsetzungsbestimmungen zur Richtlinie 2001/29 Anwendung findet. Anwendbar seien ausschließlich die noch vor Inkrafttreten des Änderungsgesetzes 23/2006 geltenden Bestimmungen des Art. 25 TRPLI. Die eventuellen Auslegungshinweise zum Begriff des „gerechten Ausgleichs“ in der Richtlinie 2001/29 seien daher nicht notwendig, um den Ausgangsrechtsstreit beizulegen.

27.      Die Klägerin des Ausgangsverfahrens schlägt ebenfalls vor, die Vorlage für unzulässig zu erklären, allerdings aus einem anderen Grund. Sie hält es für offensichtlich, dass der Ausgleich für die Privatkopie lediglich Gegenstand einer minimalen Harmonisierung geworden sei. Die Richtlinie 2001/29 lege weder die Methode, nach der ein gerechter Ausgleich für eine Privatkopie berechnet werden müsse, noch die Anlagen, Geräte und Medien, deren Verkauf die Forderung nach einem gerechten Ausgleich entstehen lasse, und auch nicht die konkreten Umstände fest, unter denen von einer Eintreibung abzusehen sei.

B –    Zur ersten Vorlagefrage

28.      Die Kommission, die Regierung des Vereinigten Königreichs, die deutsche und die finnische Regierung sowie die EGEDA und die AIE vertreten die Auffassung, dass der Begriff des „gerechten Ausgleichs“ in Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29 einer einheitlichen Auslegung in allen Mitgliedstaaten bedürfe und von jedem Mitgliedstaat innerhalb der Grenzen, die das Gemeinschaftsrecht und insbesondere die besagte Richtlinie festlege, angewandt werden müsse.

29.      Umgekehrt sind die spanische, die französische und teilweise auch die griechische Regierung, die Klägerin des Ausgangsverfahrens, das CEDRO und die AGEDI der Auffassung, dass der Wille des Gemeinschaftsgesetzgebers offenbar dahin gehe, die Harmonisierungsfunktion eines Begriffs, nämlich die des „gerechten Ausgleichs“ zu beschränken, und zwar deshalb, weil dieser erstens nicht notwendigerweise Aufnahme in die nationale Gesetzgebung der Mitgliedstaaten finden müsse und zweitens nicht die wesentlichen Anhaltspunkte enthalte, um die Parteien, den Gegenstand und den Inhalt der Rechtsbeziehung bestimmen zu können, was erforderlich sei, um auf einen harmonisierten Begriff auf europäischer Ebene schließen zu können. Daraus folge, dass mit dem Begriff des „gerechten Ausgleichs“ in Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29 keine Harmonisierung auf Gemeinschaftsebene verbunden sei.

C –    Zur zweiten Vorlagefrage

30.      Die Regierung des Vereinigten Königreichs und die griechische Regierung, die Beklagte des Ausgangsverfahrens sowie die EGEDA und die AGEDI machen geltend, dass jedes mitgliedstaatliche System zur Berechnung der Höhe des „gerechten Ausgleichs“ darauf achten müsse, dass ein Gleichgewicht bestehe zwischen den Urhebern und den Nutzern sowie zwischen den Personen, die von dieser Abgabe unmittelbar oder mittelbar belastet werden, indem dem gegebenenfalls von den Urhebern aufgrund der Gestattung von Privatkopien erlittenen Schaden bzw. Nachteil Rechnung getragen wird. Die französische und die deutsche Regierung tragen insbesondere vor, dass die Berechnung des „gerechten Ausgleichs“ den Urhebern ein angemessenes Entgelt für die Nutzung ihrer Werke ermöglichen soll.

31.      Hingegen machen die spanische Regierung und das CEDRO geltend, dem Wortlaut der Richtlinie 2001/29 könne kein Erfordernis der Ausgewogenheit entnommen werden. Ferner erklären sie, dass das Ziel dieses Ausgleichs nicht nur der Ersatz eines Schadens sein könne, zumal dieses Element lediglich ein „brauchbares Kriterium“ sein könne, was nicht bedeute, dass es entweder das einzig zu berücksichtigende oder gar das ausschlaggebende Kriterium sei, um den finanziellen Ausgleich festzulegen. Die deutsche Regierung vertritt ihrerseits die Auffassung, dass Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29 einem mitgliedstaatlichen System der angemessenen Vergütung nicht entgegenstehe, bei dem pauschal auf die mutmaßliche Nutzung der üblicherweise für die Herstellung von Privatkopien verwendeten Geräte abgestellt werde, sofern diese Methode nicht im Widerspruch zum Verhältnismäßigkeitsgrundsatz stehe.

32.      Die Kommission ist der Ansicht, dass, sofern die Richtlinie 2001/29 keine Bestimmungen zur Finanzierung des in Art. 5 Abs. 2 Buchst. b vorgesehenen gerechten Ausgleichs enthalte, es den Mitgliedstaaten freistehe, sowohl die Finanzierungsmodalitäten dieser Entschädigung als auch – in dem Fall, dass sie sie im Wege einer Abgabe finanzierten – die Einzelheiten dieser Abgabe festzulegen, allerdings stets innerhalb der durch das Gemeinschaftsrecht festgelegten Schranken, allen voran der Grundrechte und der allgemeinen Rechtsgrundsätze.

D –    Zur dritten Vorlagefrage

33.      Die Regierung des Vereinigten Königreichs und die französische Regierung sowie die Beklagte des Ausgangsverfahrens und die AGEDI sind der Meinung, dass wenn ein Mitgliedstaat beschließe, ein Abgabensystem einzuführen, das Anlagen, Geräte und Medien belaste, gemäß dem in Art. 5 Abs. 2 Buchst. b festgelegten Ziel, den Urhebern einen Ausgleich für die den erlittenen Schaden bzw. Nachteil zu gewähren, diese Abgabe einen Bezug zum mutmaßlichen Gebrauch dieser Anlagen und Geräte, die im Zusammenhang mit digitaler Vervielfältigung stünden, aufweisen müsse.

34.      Dagegen vertreten die spanische, die finnische und die griechische Regierung, sowie die EGEDA und das CEDRO die Auffassung, dass den Mitgliedstaaten Gestaltungsspielräume zustünden, die ihnen erlaubten, unterschiedliche Ausgleichssysteme einzuführen, was heutzutage tatsächlich der Fall sei. Es sei daher zulässig, dass im Rahmen dieser Vielfalt solche Systeme auf der Grundlage der objektiven Fähigkeit einer Anlage oder eines Geräts, Kopien zum privaten Gebrauch herzustellen, eingeführt würden. Es sei auch vernünftig, von der Grundannahme auszugehen, dass bereits die Herstellung oder der Import des Geräts die Mittel zur Verfügung stelle, um den Urhebern einen finanziellen Schaden zuzufügen, ungeachtet der Möglichkeit, dieses Kriterium anzupassen, wie es bereits in der spanischen Gesetzgebung anhand der konkreten Umstände und anderer zusätzlicher Gesichtspunkte der Fall gewesen sei.

35.      Die Kommission und die AIE weisen darauf hin, dass die Richtlinie 2001/29 den Mitgliedstaaten die Entscheidung überlasse, wer zur Finanzierung des „gerechten Ausgleichs“ beitragen solle und in welcher Form. Die Richtlinie stehe dem nicht entgegen, dass diejenigen, die von den Ausnahmen und Beschränkungen der Urheberrechte von Autoren, Künstlern, Interpreten, Produzenten oder Medienunternehmen profitierten, zu einer Beitragszahlung innerhalb der vom Gemeinschaftsrecht gesetzten Grenzen verpflichtet würden.

E –    Zur vierten Vorlagefrage

36.      Die Regierung des Vereinigten Königreichs und die französische Regierung sowie die Beklagte des Ausgangsverfahrens sind der Auffassung, dass die unterschiedslose Anwendung der Abgabe auf Unternehmen und Freiberufler, die Geräte und Datenträger zur digitalen Wiedergabe eindeutig zu anderen Zwecken als dem der privaten Vervielfältigung kauften, nicht mit dem Begriff des „gerechten Ausgleichs“ vereinbar sei. Insbesondere wenn der Mitgliedstaat ein System der Abgabe auf Anlagen, Geräte und Medien, die im Zusammenhang mit digitaler Vervielfältigung stünden, gewählt habe, ist es nach Ansicht der finnischen Regierung gerechtfertigt, keine Abgabe für solche Geräte vorzusehen, die zu rein beruflichen Zwecken verwendet würden.

37.      Dagegen sind die spanische und die griechische Regierung sowie die EGEDA, das CEDRO und die AGEDI der Ansicht, dass, auch wenn es zutreffend sei, dass das Kriterium der objektiven Geeignetheit der Anlage oder des Geräts auch aufgrund der subjektiven Verfassung des Erwerbers angepasst werden könne (sofern gewährleistet werde, dass er sie nicht zur Herstellung von Privatkopien verwenden werde), es nicht weniger richtig sei, dass es keinen Grund dafür geben könne, dieses subjektive Element in den Rang eines ausschlaggebenden Kriteriums zu erheben, zumal der Endzweck der Geräte nicht leicht festgestellt werden könne. Die Richtlinie 2001/29 verpflichte die Mitgliedstaaten nicht dazu, bestimmte Kategorien von Erwerbern von der Verpflichtung zur entsprechenden Ausgleichszahlung zu befreien. Die griechische Regierung vertritt die Auffassung, dass die Anlagen und Geräte, die zu beruflichen Zwecken verwendet würden, nicht von der Ausgleichszahlung befreit werden dürften, da es nicht möglich sei, den tatsächlichen Gebrauch, der von diesen Geräten gemacht werde, zu überprüfen.

38.      Die Kommission und die AIE weisen darauf hin, dass die Richtlinie 2001/29 einen Mitgliedstaat, der ein System der Abgabe auf Anlagen, Geräte und Medien, die im Zusammenhang mit der digitalen Vervielfältigung von geschützten Werken zum privaten Gebrauch stehen, eingeführt habe, nicht daran hindere, dieses System unabhängig davon anzuwenden, ob es sich bei dem Erwerber um eine Privatperson, ein Unternehmen oder einen Freiberufler handele.

F –    Zur fünften Vorlagefrage

39.      Die spanische und die französische Regierung sowie die SGAE, die EGEDA, das CEDRO und die AGEDI sind der Ansicht, dass die Regelung, für die sich der spanische Gesetzgeber entschieden habe, in Einklang mit der Richtlinie 2001/29 stehe. Obwohl die Kommission nicht ausdrücklich zu dieser Vorlagefrage Stellung nimmt, scheint auch sie von der Vereinbarkeit der spanischen Regelung mit der Richtlinie 2001/29 auszugehen.

40.      Die Beklagte des Ausgangsverfahrens ist hingegen der Auffassung, dass die spanische Regelung der Privatkopie insofern im Widerspruch zu Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29 und den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit und der Nichtdiskriminierung im Gemeinschaftsrecht stehe, als sie unterschiedslos auf alle Anlagen, Geräte und Medien, die im Zusammenhang mit digitaler Vervielfältigung stünden, ungeachtet dessen Anwendung finde, ob sie tatsächlich zur Herstellung von Privatkopien (und nicht für kommerzielle Zwecke) von Werken und sonstigen Schutzgegenständen verwendet würden.

VI – Rechtliche Würdigung

A –    Einleitende Ausführungen

41.      Die Richtlinie 2001/29, die am 23. Juni 2001 in Umsetzung des WIPO-Urheberrechtsvertrags(7) aus dem Jahr 1996 auf Gemeinschaftsebene in Kraft gesetzt wurde, bildet zusammen mit sechs weiteren Richtlinien die Grundlage des Urheberrechts der Europäischen Union(8). Sie ist eine Reaktion des Gemeinschaftsgesetzgebers auf die technische Entwicklung im Bereich der Informationstechnologie, die einerseits den Rechtsinhabern neue Formen der Produktion und der Verwertung eröffnet(9), andererseits den Schutz des geistigen Eigentums angesichts der Gefahr der Fälschung, Nachahmung sowie der unerlaubten Vervielfältigung von Werken und anderen Schutzobjekten vor neue Herausforderungen stellt(10). Zugleich bezweckt sie, dem berechtigten Interesse der Öffentlichkeit an einem Zugang zu solchen Schutzgegenständen entgegenzukommen. Die Richtlinie 2001/29 ist somit von dem Bemühen des Gemeinschaftsgesetzgebers geprägt, die Interessen der Rechtsinhaber und der Öffentlichkeit miteinander in Einklang zu bringen(11). Sie reiht sich ausweislich ihres zweiten Erwägungsgrundes in eine Reihe legislativer Maßnahmen, die der Europäische Rat auf seiner Tagung in Korfu am 24. und 25. Juni 1994 beschlossen hat und auf die Schaffung auf Gemeinschaftsebene eines allgemeinen und flexiblen Ordnungsrahmens für die Förderung der Entwicklung der Informationsgesellschaft in Europa abzielen.

42.      Die auf Grundlage von Art. 95 EG sowie Art. 47 Abs. 2 EG und Art. 55 EG erlassene Richtlinie stellt ausweislich ihres ersten Erwägungsgrundes einen Beitrag zur Gewährleistung eines unverfälschten Wettbewerbs innerhalb des Binnenmarkts dar. Gemäß ihrem sechsten Erwägungsgrund soll nämlich der Gefahr einer Zersplitterung des Binnenmarkts infolge von Unterschieden im Rechtsschutz im Wege einer Harmonisierung auf Gemeinschaftsebene begegnet werden. Der vierte Erwägungsgrund stellt klar, dass das Regelungsziel der Richtlinie 2001/29 in der Schaffung eines harmonisierten Rechtsrahmens zum Schutz des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte besteht, der durch eine erhöhte Rechtssicherheit und die Wahrung eines hohen Schutzesniveaus im Bereich des geistigen Eigentums substanzielle Investitionen in Kreativität und Innovation einschließlich der Netzinfrastruktur fördern und somit zu Wachstum und erhöhter Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie beitragen soll.

43.      In regelungspolitischer Hinsicht stellt die Richtlinie 2001/29 einen Kompromiss(12) dar, der trotz des erklärten Harmonisierungsziels den unterschiedlichen Rechtstraditionen und Auffassungen in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union – zu denen insbesondere das angelsächsische Copyright- und das kontinentaleuropäische Urheberschutzkonzept zählen(13) – hinreichend Rechnung trägt, etwa indem sie zahlreiche Ausnahmeregelungen vorsieht(14) und den Mitgliedstaaten beträchtliche Umsetzungsspielräume(15) lässt.

44.      Dies gilt auch für die Regelung in Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie, die den Mitgliedstaaten gestattet, im Hinblick auf die Vervielfältigung von geschützten Werken bzw. Leistungen zum privaten Gebrauch eine Ausnahme oder Beschränkung in ihren Rechtsordnungen vorzusehen, wobei in diesem Fall die Mitgliedstaaten jedoch ausdrücklich dazu verpflichtet sind, für einen „gerechten Ausgleich“ der Rechtsinhaber zu sorgen. Die Entscheidung, ob eine solche Ausnahme oder Beschränkung einzuführen ist, hat, worauf der Wortlaut dieser Bestimmung bereits hindeutet („können“), fakultativen Charakter, d. h., sie bleibt dem Ermessen der Mitgliedstaaten vorbehalten(16). Hingegen lässt sich die im Mittelpunkt der vorliegenden Rechtssache stehende Frage, wie ein solches Ausgleichssystem im Einzelnen ausgestaltet werden soll, nicht ohne Weiteres vom Wortlaut dieser Richtlinienbestimmung her beantworten. Hierzu bedarf es einer eingehenden Auslegung der Richtlinie unter Berücksichtigung aller dem Gerichtshof verfügbaren Auslegungsmethoden.

45.      Das Vorabentscheidungsersuchen zielt bei verständiger Würdigung der Vorlagefragen im Grunde darauf ab, vom Gerichtshof zu erfahren, wo die gemeinschaftsrechtlichen Grenzen des Umsetzungsspielraums der Mitgliedstaaten liegen und welche Kriterien sie bei der Ausgestaltung dieses „gerechten Ausgleichs“ angesichts der vom Richtliniengeber aufgestellten Vorgaben beachten müssen. Im Interesse der Übersichtlichkeit werde ich mich im Rahmen der rechtlichen Würdigung an die vom vorlegenden Gericht vorgegebene Reihenfolge der Fragen halten. Die Vorlagefragen 3 bis 5 sollen wegen des engen Sachzusammenhangs gemeinsam behandelt werden.

B –    Zur Zulässigkeit der Vorlage

1.      Statthaftigkeit des Auslegungsgegenstands und Entscheidungserheblichkeit der Vorlage

46.      Vor einer Untersuchung der Vorlagefragen ist jedoch auf die von der spanischen Regierung, dem CEDRO und der Klägerin des Ausgangsverfahrens erhobene Einrede der Unzulässigkeit der Vorlage einzugehen.

47.      Die spanische Regierung und das CEDRO machen im Wesentlichen geltend, die Vorlagefragen seien für die Entscheidung des Ausgangsrechtsstreits unerheblich, da nicht die spanischen Bestimmungen zur Umsetzung der Richtlinie 2001/29, sondern die Vorgängerbestimmungen anwendbar seien. Die Klägerin des Ausgangsverfahrens wiederum verweist auf den Umstand, dass die Richtlinie 2001/29 eine Mindestharmonisierung vorsehe, so dass die Frage, wie ein gerechter Ausgleich für die Herstellung von Vervielfältigungen zum privaten Gebrauch berechnet werden müsse, keine Frage des Gemeinschaftsrechts, sondern des nationalen Rechts sei, mit der Folge, dass es allein auf eine Auslegung der einschlägigen mitgliedstaatlichen Bestimmungen ankomme.

48.      Es ist festzustellen, dass die von den oben genannten Verfahrensbeteiligten erhobene Einrede der Unzulässigkeit – trotz offensichtlicher Unterschiede in der Argumentation – im Wesentlichen darauf gestützt wird, dass es im Hinblick auf eine Beilegung des Ausgangsrechtsstreits nicht auf eine Auslegung des Gemeinschaftsrechts, sondern vielmehr des nationalen Rechts ankomme. Die Verfahrensbeteiligten stellen somit rechtlich betrachtet zum einen das Vorliegen eines zulässigen Auslegungsgegenstands und zum anderen die Entscheidungserheblichkeit der Vorlage in Frage. Infolgedessen tragen sie auch vor, der Gerichtshof sei zur Auslegung nationaler Rechtsvorschriften nicht befugt.

49.      Letzteres ist zwar zutreffend und entspricht auch der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs(17), allerdings geht aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs ebenfalls hervor, dass diesem grundsätzlich nicht gestattet ist, eine Würdigung derjenigen Gründe vorzunehmen, die den nationalen Richter zur Vorlage einer bestimmten Frage veranlasst haben(18). So hat der Gerichtshof wiederholt darauf hingewiesen, dass es im Rahmen der Zusammenarbeit zwischen dem Gerichtshof und den nationalen Gerichten nach Art. 234 EG allein Sache des mit dem Rechtsstreit befassten nationalen Gerichts ist, in dessen Verantwortungsbereich die zu erlassende gerichtliche Entscheidung fällt, im Hinblick auf die Besonderheiten der bei ihm anhängigen Rechtssache sowohl die Erforderlichkeit einer Vorabentscheidung zum Erlass seines Urteils als auch die Erheblichkeit der dem Gerichtshof von ihm vorgelegten Fragen zu beurteilen(19).

50.      Sofern die von den nationalen Gerichten vorgelegten Fragen die Auslegung einer Bestimmung des Gemeinschaftsrechts betreffen, ist der Gerichtshof somit grundsätzlich gehalten, darüber zu befinden(20), es sei denn, er soll offensichtlich in Wirklichkeit dazu veranlasst werden, über einen konstruierten Rechtsstreit zu entscheiden oder Gutachten zu allgemeinen oder hypothetischen Fragen abzugeben, die begehrte Auslegung des Gemeinschaftsrechts steht in keinem Zusammenhang mit der Realität oder dem Gegenstand des Rechtsstreits oder der Gerichtshof verfügt nicht über die tatsächlichen oder rechtlichen Angaben, die für eine zweckdienliche Beantwortung der ihm vorgelegten Fragen erforderlich sind(21).

51.      Was das vorliegende Vorabentscheidungsverfahren anbelangt, wird der Gerichtshof zunächst einmal unstreitig um Auslegung von Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29 ersucht. Dies stellt zweifellos einen statthaften Auslegungsgegenstand nach Art. 234 Abs. 1 Buchst. b EG dar. Was die Frage der Entscheidungserheblichkeit angeht, lassen sich keine Anhaltspunkte für die These feststellen, die Vorlagefragen wiesen keinen Bezug zum Ausgangsrechtsstreit auf. Vielmehr scheint das Gegenteil der Fall zu sein, zumal das vorlegende Gericht in seinem Vorlagebeschluss(22) mehrfach darauf hinweist, dass eine Antwort auf die Vorlagefragen Auswirkungen auf die Entscheidung in dem Rechtsstreit, der Grundlage des Vorabentscheidungsersuchens ist, haben werde, da von ihr abhänge, inwieweit der Klägerin des Ausgangsverfahrens ein Anspruch auf einen gerechten Ausgleich zustehe. Den Ausführungen des vorlegenden Gerichts zufolge hängt dies nämlich davon ab, ob die geltende spanische Regelung in ihrer konkreten Ausgestaltung mit dem gemeinschaftsrechtlichen Begriff des „gerechten Ausgleichs“ überhaupt vereinbar ist, mit anderen Worten, ob sie den Anforderungen an einen „gerechten Ausgleich“ im Sinne des Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29 entspricht.

52.      Vor diesem Hintergrund ist es für die Beurteilung der Zulässigkeit des vorliegenden Vorabentscheidungsersuchens grundsätzlich irrelevant, auf die Anwendung welcher nationalen Bestimmungen es im Ausgangsverfahren genau ankommt. Dies zu beurteilen fällt in die Kompetenz des für die Auslegung und die Anwendung des nationalen Rechts auf den Ausgangsfall zuständigen nationalen Richters.

53.      Demnach ist das Vorabentscheidungsersuchen zulässig.

2.      Zum Argument der nachträglichen Einführung des Begriffs des „gerechten Ausgleichs“ in das spanische Urheberrecht

54.      Der Vollständigkeit halber möchte ich in diesem Zusammenhang auf das Vorbringen der spanischen Regierung eingehen, wonach eine Auslegung der Richtlinie 2001/29 nicht für die Beilegung des Rechtsstreits notwendig sei, da der Begriff des „gerechten Ausgleichs“ („compensación equitativa“) im Sinne des Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29 erst mit dem Gesetz 23/2006 vom 7. Juli 2006 in Art. 25 TRLPI als Ersatz für den bislang verwendeten Begriff der „gerechten Vergütung“ („remuneración equitativa“) eingefügt worden sei.

55.      Zunächst einmal ist festzustellen, dass die spanische Regierung weder dargelegt noch nachgewiesen hat, inwiefern der zuvor in der spanischen Gesetzgebung verwendete Begriff sich vom Begriff des „gerechten Ausgleichs“, was seinen normativen Inhalt angeht, unterscheidet. Unklar bleibt insbesondere, ob der spanische Gesetzgeber mit dieser Änderung lediglich eine semantische Präzisierung beabsichtigte, um die Terminologie seines nationalen Urheberrechts an die der Richtlinie 2001/29 anzupassen. Aufgrund der geringfügigen Änderungen im Wortlaut erscheint Letzteres wahrscheinlicher(23).

56.      Des Weiteren ist in Erinnerung zu rufen, dass das Verfahren nach Art. 234 EG auf einer Zusammenarbeit zwischen dem Gerichtshof und den nationalen Gerichten beruht, in deren Rahmen es nicht Sache des Gerichtshofs ist, über die Auslegung nationaler Vorschriften zu befinden und zu entscheiden, ob deren Auslegung durch das vorlegende Gericht richtig ist(24). Der Gerichtshof hat im Rahmen der Verteilung der Zuständigkeiten zwischen den Gemeinschaftsgerichten und denen der Mitgliedstaaten in Bezug auf den tatsächlichen und rechtlichen Rahmen, in den sich die Vorabentscheidungsfragen einfügen, in prozessrechtlicher Hinsicht vielmehr grundsätzlich von den Feststellungen des vorlegenden Gerichts auszugehen(25). Da dieser Aspekt vom vorlegenden Gericht nicht problematisiert worden ist, ist im Folgenden von dessen fehlender Relevanz für das vorliegende Vorabentscheidungsverfahren auszugehen.

57.      In Anbetracht der Notwendigkeit, dem nationalen Richter eine sachdienliche Antwort auf seine Vorlagefragen zu geben(26), halte ich es dennoch für erforderlich, vorsorglich darauf hinzuweisen, dass, sofern es im Rahmen des Ausgangsverfahrens – nicht zuletzt aufgrund der vorgenommenen Anpassungen des spanischen materiellen Rechts an die Vorgaben der Richtlinie – auf eine genaue Festlegung des zeitlich anwendbaren nationalen Rechts ankommen sollte, zu berücksichtigen ist, dass die Fakten, die Anlass zu diesem Rechtsstreit gegeben haben sich in einem Zeitraum zwischen September 2002 und September 2004 und damit größtenteils zu einem Zeitpunkt abgespielt haben, als erstens die Richtlinie 2001/29 bereits in Kraft war und zweitens die Mitgliedstaaten die erforderlichen Umsetzungsvorschriften erlassen mussten. Aus Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 ergibt sich nämlich, dass die Mitgliedstaaten verpflichtet waren, die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften zu erlassen, um dieser Richtlinie vor dem 22. Dezember 2002 nachzukommen.

58.      Sollte der Begriff des „gerechten Ausgleichs“ erst nachträglich mit dem Änderungsgesetz 23/2006 vom 7. Juli 2006 Aufnahme in das spanische Urheberrecht gefunden haben und rechtlich nicht mit dem Vorgängerbegriff identisch sein, so ist darauf hinzuweisen, dass die spanischen Gerichte jedenfalls ab Ablauf der Umsetzungsfrist zu einer richtlinienkonformen Auslegung verpflichtet waren. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs besteht nämlich ab Ablauf der Umsetzungsfrist die allgemeine Verpflichtung der nationalen Gerichte, das innerstaatliche Recht richtlinienkonform auszulegen(27). Die Verpflichtung zur richtlinienkonformen Auslegung bedeutet, das innerstaatliche Recht so weit wie möglich im Licht des Wortlauts und des Zwecks der betreffenden Richtlinie auszulegen, um die mit ihr verfolgten Ergebnisse zu erreichen, indem sie die diesem Zweck am besten entsprechende Auslegung der nationalen Rechtsvorschriften wählen und damit zu einer mit den Bestimmungen dieser Richtlinie vereinbaren Lösung gelangen(28).

C –    Zur ersten Vorlagefrage

59.      Mit der ersten Vorlagefrage begehrt das vorlegende Gericht Auskunft darüber, ob der Begriff „gerechter Ausgleich“ in Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29 eine Harmonisierung impliziert und ob es sich dabei um einen gemeinschaftlichen Begriff handelt, der gemeinschaftsautonom auszulegen ist.

60.      Die Richtlinie 2001/29 selbst enthält keine Legaldefinition dieses Begriffs. Es stellt sich somit die Frage, ob dieser Umstand einer Einordnung als gemeinschaftsrechtlicher Begriff entgegensteht.

61.      Für eine solche Einordnung lässt sich zunächst einmal die mittlerweile wohl ständige Rechtsprechung des Gerichtshofs(29) anführen, wonach die einheitliche Anwendung des Gemeinschaftsrechts und der Gleichheitssatz verlangen, dass die Begriffe einer Vorschrift des Gemeinschaftsrechts, die für die Ermittlung ihres Sinns und ihrer Bedeutung nicht ausdrücklich auf das Recht der Mitgliedstaaten verweist, in der Regel in der gesamten Gemeinschaft autonom und einheitlich auszulegen sind, wobei diese Auslegung unter Berücksichtigung des Regelungszusammenhangs und des mit der Regelung verfolgten Zwecks zu erfolgen hat. Verweist der Gemeinschaftsgesetzgeber in einem Gemeinschaftsrechtsakt jedoch stillschweigend auf die einzelstaatlichen Gebräuche, ist es nicht Sache des Gerichtshofs, dem verwendeten Begriff eine einheitliche gemeinschaftsrechtliche Definition zu geben(30).

62.      Bei einer stillschweigenden Verweisung auf nationale Gebräuche oder auch Regelungen zur Erläuterung des Begriffes wird somit auf eine gemeinschaftsrechtliche Definition des Begriffs verzichtet. Hier entfaltet das nationale Recht innerhalb des Gemeinschaftsrechts eine Auslegungswirkung. Verweisungen dieser Art sind insbesondere dann unumgänglich, wenn die Gemeinschaft aufgrund nicht ausgeübter oder gar fehlender Rechtsetzungskompetenz in einem spezifischen Bereich keine einheitliche Terminologie für das Gemeinschaftsrecht geschaffen hat. Sie sind somit eine Folge der dem Gemeinschaftsrecht gemäß Art. 5 EG innewohnenden Prinzipien der begrenzten Einzelermächtigung und der Subsidiarität(31).

63.      Da in der Richtlinie 2001/29 keine ausdrückliche Verweisung auf das Recht der Mitgliedstaaten enthalten ist, würde dies grundsätzlich für eine Einordnung als gemeinschaftsrechtlicher Begriff sprechen.

64.      Die oben genannte Rechtsprechung ist dahin gehend zu verstehen, dass der Gerichtshof offenbar von einer Vermutung für die autonome Auslegung aufgrund der Notwendigkeit einer einheitlichen Anwendung sowie der Gleichbehandlung ausgeht, die allerdings unter Umständen entkräftet werden kann(32), wenn eine einheitliche Begriffsbildung nicht möglich ist(33) oder eine nur teilweise erfolgte Harmonisierung dies gebietet(34).

65.      Solche Umstände liegen im vorliegenden Fall indes nicht vor, da der Inhalt dieses Begriffs sich im Wege einer systematischen und teleologischen Betrachtung einzelner Richtlinienbestimmungen unter Berücksichtigung der Erwägungsgründe hinreichend genau bestimmen lässt. Entsprechend der Rechtsprechung des Gerichtshofs gebietet die Auslegung einer Gemeinschaftsvorschrift, nicht nur ihren Wortlaut, sondern auch ihren Zusammenhang und die Ziele zu berücksichtigen, die mit der Regelung, zu der sie gehört, verfolgt werden(35).

66.      So wird dieser Begriff in Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie zur Beschreibung des Inhalts einer „Bedingung“ verwendet. Wie eingangs ausgeführt, müssen die Mitgliedstaaten diese Bedingung dann erfüllen, wenn sie Ausnahmen oder Beschränkungen in Bezug auf das in Art. 2 vorgesehene Vervielfältigungsrecht vorsehen. Des Weiteren erläutert der 35. Erwägungsgrund das Ziel eines solchen gerechten Ausgleichs. Danach kommt es darauf an, dass der Rechtsinhaber für die Nutzung seines geschützten Werks oder sonstigen Schutzgegenstands angemessen vergütet wird. Aber auch anderen Erwägungsgründen, wie etwa dem 31. und dem 32., lassen sich einzelne, im Rahmen dieser Schlussanträge noch näher zu erörternde gemeinschaftsrechtliche Vorgaben entnehmen, die die Mitgliedstaaten bei der Ausgestaltung eines solchen Ausgleichs erfüllen müssen. Die Richtlinie 2001/29 weist somit eine Regelungsdichte auf, die, wie die Regierung des Vereinigten Königreichs zutreffend feststellt(36), dem Rechtsanwender erlaubt, zumindest die Grundzüge eines solchen gerechten Ausgleichs zu bestimmen.

67.      Für eine Einordnung als gemeinschaftsrechtlicher Begriff spricht nicht zuletzt das Ziel der Richtlinie 2001/29 selbst, bestimmte Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft zu harmonisieren und auf diesem Wege den Wettbewerb im Binnenmarkt vor Verzerrungen zu schützen, die sich aus der Verschiedenheit der mitgliedstaatlichen Regelungen ergeben. Rechtsangleichung setzt notwendigerweise die Entwicklung autonomer gemeinschaftsrechtlicher Konzepte, einschließlich einer einheitlichen Terminologie, voraus, will sie ihr gesetzgeberisches Ziel nicht verfehlen(37). Eine eigene Begriffsbildung muss unabhängig davon möglich sein, ob den Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Umsetzung einer Richtlinie ein gewisser Spielraum zusteht. Die Sorge des Gemeinschaftsgesetzgebers um eine möglichst einheitliche Auslegung der Richtlinie 2001/29 hat sich u. a. in ihrem 32. Erwägungsgrund niedergeschlagen, in der die Mitgliedstaaten aufgefordert werden, die Ausnahmen und Beschränkungen in Bezug auf das Vervielfältigungsrecht in kohärenter Weise anzuwenden. Eine uneinheitliche Auslegung des zentralen Begriffs des „gerechten Ausgleichs“ in Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29 würde dieses Ziel geradezu vereiteln.

68.      Die vorstehenden Erwägungen werden in dem Urteil SENA(38) bestätigt, in dem der Gerichtshof aufgerufen war, den Begriff der „angemessenen Vergütung“ im Sinne des Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 92/100 zum Vermietrecht und Verleihrecht sowie zu bestimmten, dem Urheberrecht verwandten Schutzrechten im Bereich des geistigen Eigentums(39) auszulegen. Der Gerichtshof hat dort zunächst auf die oben angeführte Rechtsprechung zur autonomen Auslegung von Gemeinschaftsbegriffen verwiesen(40), um anschließend auf die Tatsache aufmerksam zu machen, dass die Richtlinie 92/100 keine Definition dieses Begriffs gab(41). Er ist dabei offenbar von der Annahme ausgegangen, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber bewusst von der Festlegung einer detaillierten und zwingenden Methode für die Berechnung dieser Vergütung abgesehen hatte(42). Infolgedessen hat er die Befugnis der Mitgliedstaaten, die Festsetzung einer solchen „angemessenen Vergütung“ im Einzelnen selbst zu regeln, indem sie „die sachnahen Kriterien festlegen, um innerhalb der vom Gemeinschaftsrecht, insbesondere der Richtlinie gezogenen Grenzen die Beachtung dieses Gemeinschaftsbegriffs zu gewährleisten“, ausdrücklich anerkannt(43) und sich darauf beschränkt, die Mitgliedstaaten aufzufordern, anhand der Ziele der Richtlinie 92/100, wie sie insbesondere in den Erwägungsgründen dargelegt werden, innerhalb der Gemeinschaft den Begriff der „angemessenen Vergütung“ möglichst einheitlich zu beachten(44). Zu betonen ist dabei, dass der Umstand, dass dieser Begriff einer Konkretisierung durch nationalrechtlich festzulegende Kriterien bedurfte, den Gerichtshof nicht davon abgehalten hat, zu erklären, dass der Begriff der „angemessenen Vergütung“ im Sinne des Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 92/100 in allen Mitgliedstaaten einheitlich auszulegen und von jedem Mitgliedstaat umzusetzen war(45). Der Gerichtshof hat somit auch unter den besonderen Umständen, die dieser Rechtssache zugrunde lagen, im Ergebnis eine Eigenschaft als Begriff des Gemeinschaftsrechts und die Notwendigkeit einer gemeinschaftsautonomen Auslegung bejahen können.

69.      Eine Übertragung dieser Grundsätze auf den Ausgangsfall erscheint mir denkbar, zumal die vorliegende Rechtssache ebenfalls die Auslegung eines Rechtsbegriffs auf dem Gebiet des Urheberrechts der Gemeinschaft zum Gegenstand hat, der bedingt durch den vom Gemeinschaftsgesetzgeber gewählten Regelungsansatz ähnlich unbestimmt und konkretisierungsbedürftig ist.

70.      Abschließend lässt sich für eine Einordnung als gemeinschaftsrechtlicher Begriff noch ein weiteres Argument anführen, das auf einer historischen Auslegung der Richtlinie 2001/29 beruht. Aus der Entstehungsgeschichte dieser Richtlinie lässt sich entnehmen, dass es sich bei dem Begriff des „gerechten Ausgleichs“ in Art. 5 Abs. 2 Buchst. b um ein „neues Konzept“ handeln sollte, das in Ermangelung einer Legaldefinition im Kommissionsvorschlag der Festlegung von Leitlinien von Seiten des Rates für dessen Anwendung bedurfte(46). Diese Leitlinien sind nunmehr im 35. Erwägungsgrund der Richtlinie zu finden. Daraus folgt, dass der Wille des Gemeinschaftsgesetzgebers dahin ging, ein neues Konzept auf Gemeinschaftsebene einzuführen, ohne an bereits bestehende Begriffe des mitgliedstaatlichen bzw. internationalen Urheberrechts(47) anzuknüpfen. Dies unterscheidet diesen Begriff etwa von dem in Art. 5 und Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 2006/115 verwendeten Begriff der „angemessenen Vergütung“, der seinen Ursprung im internationalen Urheberrecht(48) hat und wörtlich in die Gemeinschaftsrechtsordnung übernommen worden ist.

71.      Die Wahl eines neuen Konzepts für eine Vergütung der Urheber im Fall der Privatkopie scheint somit in Anbetracht seiner Entstehungsgeschichte, seiner Ausfüllungsbedürftigkeit, seiner Autonomie gegenüber mitgliedstaatlichen und internationalen Begrifflichkeiten sowie des Harmonisierungsziels der Richtlinie 2001/29 vom Bemühen des Gemeinschaftsgesetzgebers getragen zu sein, die bereits bestehenden, aus den unterschiedlichen Rechtstraditionen der Mitgliedstaaten entsprungenen nationalen Regelungen zu erfassen. Zugleich liegt die Vermutung nahe, dass es ihm an der Entwicklung eines möglichst flexiblen, regelmäßiger Überprüfungen in Abhängigkeit von der technologischen und wirtschaftlichen Entwicklung zugänglichen Konzepts gelegen sein muss(49).

72.      In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen ist die erste Vorlagefrage dahin gehend zu beantworten, dass der Begriff „gerechter Ausgleich“ in Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29 ein autonomer Begriff des Gemeinschaftsrechts ist, der in allen Mitgliedstaaten einheitlich auszulegen und von jedem Mitgliedstaat umzusetzen ist, wobei dieser für sein Gebiet die Kriterien festsetzt, die am besten geeignet sind, innerhalb der vom Gemeinschaftsrecht und insbesondere der Richtlinie gezogenen Grenzen die Beachtung dieses Gemeinschaftsbegriffs zu gewährleisten.

D –    Zur zweiten Vorlagefrage

73.      Mit seiner zweiten Vorlagefrage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob die Mitgliedstaaten verpflichtet sind, zwischen den Inhabern der Rechte des geistigen Eigentums und den unmittelbar oder mittelbar zur Zahlung des Ausgleichs Verpflichteten Ausgewogenheit herzustellen. Falls dies bejaht werden sollte, fragt das vorlegende Gericht, ob der zu erzielende gerechte Ausgleich seine Legitimation in der Beseitigung eines Schadens der Rechtsinhaber hat.

74.      Die erste Teilfrage ist aus meiner Sicht im Grundsatz zu bejahen. Die Notwendigkeit, eine solche Ausgewogenheit herbeizuführen, ergibt sich zunächst aus dem 31. Erwägungsgrund der Richtlinie 2001/29, in dem auf die Sicherstellung eines „angemessenen Rechts- und Interessenausgleichs“ zwischen den verschiedenen Kategorien von Rechtsinhabern und Nutzern von Schutzgegenständen Bezug genommen wird. Ferner weist der Wortlaut des Art. 5 Abs. 2 Buchst. b ausdrücklich darauf hin, dass die Beschränkung in Bezug auf die Privatkopie der Bedingung eines „gerechten Ausgleichs“ unterliegt. Dieser Begriff impliziert bereits in semantischer Hinsicht eine gewisse Ausgewogenheit zwischen widerstreitenden Interessen. Davon abgesehen ermöglicht der Rückgriff auf einen eigentlich rechtsphilosophischen Begriff wie den der „Gerechtigkeit“ seitens des Gemeinschaftsgesetzgebers ein tieferes Verständnis der legislativen Erwägungen hinter dieser Regelung. Erinnert sei in diesem Zusammenhang allein an Aristoteles, der in seiner Schrift „Nikomachische Ethik“ den ersten Versuch einer dogmatischen Untersuchung und Strukturierung dieses Begriffs unternommen hat, wobei er festgestellt hat, dass Gerechtigkeit nicht nur eine Tugend, sondern stets in Bezug auf andere zu denken ist. Ungerecht handle demnach derjenige, der mehr fordere, als ihm nach dem Gesetz zustehe. Umgekehrt herrsche Ungerechtigkeit, wenn jemand im Verhältnis zu seinen Leistungen zu wenig erhalte. Die Aufgabe, Gleichheit und damit Gerechtigkeit herzustellen, fällt nach Ansicht von Aristoteles üblicherweise dem Richter (dikastes) zu. Bemerkenswert ist dabei, dass er zur Veranschaulichung seiner Thesen zur „ausgleichenden Gerechtigkeit“ (iustitia commutativa) u.a. auf das Recht jedes Künstlers verwiesen hat, eine quantitativ und qualitativ entsprechende Vergütung für seine Werke zu erhalten(50). Daraus ist zu folgern, dass der gerechte Charakter dieses Ausgleichs, wie die Regierung des Vereinigten Königreichs zutreffend erklärt hat, im Wege der Abwägung der Interessen der Rechtsinhaber und der Nutzer erreicht werden muss.

75.      Der Umstand, dass das vorlegende Gericht in seiner Frage nicht ausdrücklich auf die „Nutzer“, sondern auf die „unmittelbar oder mittelbar zur Zahlung eines solchen gerechten Ausgleichs Verpflichteten“ Bezug nimmt, vermag diese Überlegungen nicht zu entkräften. Vielmehr muss die Vorlagefrage in den richtigen Kontext gesetzt werden, was einige Klarstellungen von meiner Seite erfordert. Die formale Eigenschaft als Schuldner des Ausgleichs als solche sagt noch nichts über die Identität jener natürlichen Person im Sinne des Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29 aus, die sich der Privatkopieregelung zunutze macht. Meines Erachtens ist vielmehr auf diese Person als auf den Schuldner abzustellen. Da der Nutzer die wirtschaftliche Last des Ausgleichs gemäß der Maxime cuius commoda, eius incommoda(51) zu tragen hat, sollten auch seine Interessen bei einer Interessenabwägung berücksichtigt werden. Dies scheint mir eher dem im 31. Erwägungsgrund der Richtlinie zum Ausdruck kommenden Willen des Gemeinschaftsgesetzgebers zu entsprechen.

76.      Davon abgesehen bestimmt Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29 nicht, wer überhaupt zur Zahlung verpflichtet sein soll. Auch der 35. Erwägungsgrund der Richtlinie leistet keine Hilfe bei der Auslegung. Unter Umständen kann es sich bei dem Schuldner durchaus um den Nutzer selbst handeln, wie dies etwa bei der in Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 92/100 vorgesehenen „angemessenen Vergütung“ der Fall ist(52). Des Weiteren ist zu berücksichtigen, dass in einem System des pauschalisierten Ausgleichs über eine Abgabe – wie in der spanischen Rechtsordnung vorgesehen – die unmittelbar zur Zahlung eines solchen gerechten Ausgleichs Verpflichteten, d. h. die Händler und Importeure gemäß Art. 25 Abs. 4 Buchst. a TRLPI, in der Regel diese Abgabe über den Kaufpreis an die Kunden und damit letztlich an die Nutzer weiterreichen werden(53). Für die Händler und Importeure erweist sich diese Regelung, wie die deutsche Regierung zutreffend anmerkt(54), im Ergebnis als neutral. Zwar haben sie den pauschalisierten Ausgleich an die Urheber abzuführen, allerdings erleiden sie dadurch keine Nachteile, da sie den Ausgleich über den Kaufpreis vom Nutzer erstattet erhalten. Insofern wäre es nicht richtig, allein auf die Interessen der Schuldner des Ausgleichs abzustellen. Dies schließt jedoch nicht aus, dass ihnen unter Umständen Bedeutung zukommt, etwa wenn sie in Wahrnehmung der Interessen der Nutzer handeln.

77.      Die erste Teilfrage ergibt daher erst Sinn, wenn man den vom vorlegenden Gericht verwendeten Ausdruck der „mittelbar Zahlungsverpflichteten“ untechnisch versteht, und zwar dahin gehend, dass damit die Nutzer gemeint sind, die letztlich die wirtschaftliche Last des Ausgleichs tragen. In diesem Fall würden die vorstehenden Erwägungen Anwendung finden.

78.      Was die zweite Teilfrage anbelangt, ist vorab darauf hinzuweisen, dass der „gerechte Ausgleich“ im Sinne des Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29 nicht etwa darauf abzielt, die Rechtsinhaber für illegale Handlungen im Zusammenhang mit der unerlaubten Vervielfältigung von Werken und anderen Schutzobjekten zu entschädigen. Ein Anspruch auf einen Ausgleich besteht nur im Zusammenhang mit einer Privatkopie, sofern sie nach den Urheberrechtsgesetzen der Mitgliedstaaten gestattet ist(55). Der Umstand, dass – etwa im Internet über sogenannte P2P(„peer to peer“)‑Tauschbörsen – eine weit verbreitete Verletzung des grundsätzlich umfassenden Vervielfältigungsrechts des Urhebers festzustellen ist, ist weder im Zusammenhang mit dieser Richtlinienbestimmung relevant, noch kann er als ein Faktor bei der Herbeiführung der Ausgewogenheit zwischen den Interessen der Rechtsinhaber und der Nutzer angesehen werden(56). Die auf diese Weise illegal gefertigten Kopien dienen nämlich meistens kommerziellen Zwecken. Jedenfalls dienen sie anderen Zwecken als dem „privaten Gebrauch“ im Sinne des Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29 und werden daher nicht von der Schrankenregelung erfasst(57).

79.      Dem Recht auf einen „gerechten Ausgleich“ im Sinne des Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29 wohnt, worauf die deutsche Regierung zutreffend hinweist, in erster Linie der Charakter einer Vergütung inne(58). Dies ergibt sich aus dem ersten Satz des zehnten Erwägungsgrundes, wonach Urheber und ausübende Künstler eine „angemessene Vergütung“ für die Nutzung ihrer Werke erhalten müssen, wenn sie weiter schöpferisch und künstlerisch tätig sein sollen. Der 35. Erwägungsgrund stellt klar, dass der „gerechte Ausgleich“ auch in diese Kategorie von Vergütungen einzuordnen ist, wenn darauf verwiesen wird, dass in bestimmten Fällen von Ausnahmen oder Beschränkungen Rechtsinhaber einen gerechten Ausgleich erhalten sollten, damit ihnen die Nutzung ihrer geschützten Werke oder sonstigen Schutzgegenstände angemessen vergütet wird.

80.      Dagegen lässt sich ein Rechtscharakter als reiner Schadensersatzanspruch, den das vorlegende Gericht dem Rechtsinstitut des „gerechten Ausgleichs“ offenbar unterstellt, nicht ohne Weiteres bestätigen. Zwar stellt das in Art. 2 der Richtlinie 2001/29 festgeschriebene ausschließliche Vervielfältigungsrecht einen Ausdruck des geistigen Eigentums des Urhebers dar. Eine Ausnahme davon bzw. Beschränkung desselben nach Art. 5 Abs. 2 Buchst. b kann deshalb als ein Eingriff in dieses gemeinschaftsrechtlich geschützte Grundrecht(59) aufgefasst werden. Allerdings muss bei der Bestimmung eines gerechten Ausgleichs nicht zwingend auf das Kriterium des Schadens abgestellt werden. Die Richtlinie erlaubt lediglich eine Orientierung am Schaden bzw. Nachteil, macht diese aber nicht zu verbindlichen Kriterien(60).

81.      So ist dem zweiten Satz des 35. Erwägungsgrundes der Richtlinie zu entnehmen, dass bei der Festlegung der Form, der Einzelheiten und der etwaigen Höhe dieses gerechten Ausgleichs die besonderen Umstände eines jeden Falls berücksichtigt werden sollen, wobei bei der Bewertung dieser Umstände ein etwaiger Schaden für den Rechtsinhaber als „brauchbares Kriterium“ herangezogen werden kann. Dies deutet darauf hin, dass ein etwaiger Schaden, wie die spanische Regierung zutreffend anmerkt, weder als einziges noch als ausschlaggebendes Kriterium bei der Bestimmung eines solchen „gerechten Ausgleichs“ angesehen werden kann, vielmehr nur eines von vielen Kriterien darstellt, auf welche die Mitgliedstaaten bei der Bemessung des gerechten Ausgleichs abstellen können. Hinzu können weitere, im 35. Erwägungsgrund der Richtlinie aufgeführte Kriterien kommen, wie etwa bereits in anderer Form erhaltene Zahlungen, der Grad des Einsatzes technischer Schutzmaßnahmen oder die Geringfügigkeit eines erlittenen Nachteils. Diese Aufzählung ist jedoch keinesfalls als abschließend anzusehen(61).

82.      Die Richtlinie 2001/29 plädiert in gewissen Maße für eine Bestandsgarantie zugunsten der Privatkopie, wenn es im ersten Satz des 38. Erwägungsgrundes heißt, dass die Mitgliedstaaten die Möglichkeit erhalten sollten, unter Sicherstellung eines gerechten Ausgleichs eine Ausnahme oder Beschränkung in Bezug auf das Vervielfältigungsrecht für bestimmte Arten der Vervielfältigung von Ton-, Bild- und audiovisuellem Material zu privaten Zwecken vorzusehen. Sie erkennt dabei den Mitgliedstaaten allerdings ein weites Ausgestaltungsermessen beim Aufbau ihrer jeweiligen nationalen Systeme zur Umsetzung dieses gerechten Ausgleichs zu(62), etwa wenn sie im zweiten Satz des 38. Erwägungsgrundes festschreibt, dass dazu die Einführung oder Beibehaltung von Vergütungsregelungen gehören kann, die Nachteile für Rechtsinhaber ausgleichen sollen.

83.      Dieser Regelungsansatz entspricht der Rechtsnatur einer Richtlinie, die gemäß Art. 249 Abs. 3 EG hinsichtlich des zu erreichenden Ziels verbindlich ist, jedoch den Mitgliedstaaten weitgehend die Wahl der Form und der Mittel überlässt(63). Dabei zeichnet sich die Richtlinie 2001/29 dadurch aus, dass sie einzelne, zum Teil wenig konkrete gemeinschaftsrechtliche Vorgaben enthält, etwa gemäß ihrem 35. Erwägungsgrund in Bezug auf die Form, die Einzelheiten und die Höhe des „gerechten Ausgleichs“. Mit der Umsetzung jeder Richtlinie verbunden ist die Verpflichtung eines jeden Mitgliedstaats, ein bestimmtes Ergebnis vorzuweisen(64), das im Fall der Richtlinie 2001/29 in der Sicherstellung eines finanziellen Ausgleichs zwischen den Urhebern und den Nutzern liegt, falls dieser Mitgliedstaat beschließt, Ausnahmen oder Beschränkungen in Bezug auf das Vervielfältigungsrecht der Urheber nach Art. 5 Abs. 2 Buchst. b vorzusehen(65).

84.      Nach alledem ist auf die erste Teilfrage der zweiten Vorlagefrage zu antworten, dass die Mitgliedstaaten unabhängig von dem System, das sie für die Bestimmung des gerechten Ausgleichs anwenden, verpflichtet sind, zwischen den Beteiligten – auf der einen Seite den Inhabern der Rechte des geistigen Eigentums, die von der Ausnahme für Privatkopien betroffen sind, als Gläubiger des Ausgleichs und auf der anderen Seite den unmittelbar oder mittelbar zu seiner Zahlung Verpflichteten – Ausgewogenheit herbeizuführen. Auf die zweite Teilfrage ist zu antworten, dass der Begriff „gerechter Ausgleich“ in Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29 als Leistung an den Rechtsinhaber zu verstehen ist, die unter Berücksichtigung aller Umstände der zugelassenen Privatkopie die angemessene Vergütung für die Nutzung seines geschützten Werks oder sonstigen Schutzgegenstands darstellt.

E –    Zu den Vorlagefragen 3 bis 5

85.      Die Fragen 3 bis 5 des vorlegenden Gerichts betreffen sämtlich die Ausgestaltung des Systems, das die Mitgliedstaaten bei Einführung einer Ausnahme oder Beschränkung nach Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29 zur Umsetzung der Bedingung eines gerechten Ausgleichs schaffen müssen. Sie zielen darauf ab, vom Gerichtshof feststellen zu lassen, welche gemeinschaftsrechtlichen Anforderungen ein nationales System, das eine pauschalierte Vergütung zugunsten des Rechtsinhabers für den mutmaßlichen Gebrauch von Anlagen, Geräten und Medien zur Anfertigung von Privatkopien vorsieht, wie es in Spanien gilt, erfüllen muss. Die strittige Frage der Vereinbarkeit einer solchen nationalen Regelung mit dem Gemeinschaftsrecht, in erster Linie der Richtlinie 2001/29, stellt sich insbesondere vor dem Hintergrund der unterschiedslosen Anwendung dieser Regelung auf eine ganze Reihe von Adressaten und technischen Geräten.

86.      Der Gerichtshof kann im Rahmen eines Verfahrens nach Art. 234 EG zwar nicht über die Vereinbarkeit nationaler Rechtsnormen mit den gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften entscheiden, er ist aber befugt, dem vorlegenden Gericht alle Hinweise zur Auslegung des Gemeinschaftsrechts zu geben, die das Gericht in die Lage versetzen, die Vereinbarkeit dieser Rechtsnormen mit der Gemeinschaftsregelung zu beurteilen(66).

1.      Erfordernis eines Zusammenhangs zwischen Ausgleich und mutmaßlichem Gebrauch zur Herstellung von Privatkopien

87.      Die dritte Vorlagefrage ist grundsätzlicher Natur und muss deshalb vorab untersucht werden. Mit ihr möchte das vorlegende Gericht wissen, ob zwischen der Abgabe, über die der gerechte Ausgleich finanziert werden soll, und dem mutmaßlichem Gebrauch der oben genannten Geräte und Speichermedien zwingend ein Zusammenhang bestehen muss. Mit anderen Worten, es wird nach der gemeinschaftsrechtlichen Konformität einer Methode der pauschalen Berechnung der Vergütung des Rechtsinhabers gefragt.

a)      Konnexität als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal

88.      Wie bereits dargelegt, kann eine Ausnahme bzw. Beschränkung nach Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29 als ein gemeinschaftsrechtlich gestatteter Eingriff in das ausschließliche Vervielfältigungsrecht des Rechtsinhabers aufgefasst werden(67), wobei diese Richtlinienbestimmung in einem solchen Fall zwingend einen Ausgleich zugunsten des Urhebers anordnet. Sofern ein Mitgliedstaat diese Regelung in seine nationale Rechtsordnung umsetzt, ist in der Fertigung einer Privatkopie durch eine natürliche Person die konkrete Eingriffshandlung zu sehen, die, vorbehaltlich weiterer gesetzlich festzulegender Kriterien, den Anspruch des Rechtsinhabers auf finanziellen Ausgleich auslöst.

89.      Insofern besteht durchaus eine Konnexität zwischen der Herstellung einer Privatkopie und der geschuldeten Vergütung. Dies gilt unabhängig davon, wie das jeweilige mitgliedstaatliche Vergütungssystem für den Ausgleich für Privatkopien im Einzelnen ausgestaltet ist und ob es etwa im Wege einer Abgabe finanziert wird. Folgerichtig ist auch aus der Sicht des Gemeinschaftsrechts zu fordern, dass zwischen der betreffenden Abgabe und dem Gebrauch der oben genannten Geräte und Speichermedien jedenfalls ein hinreichend enger Zusammenhang gegeben sein muss.

90.      Andererseits dürfen die Anforderungen an diesen Zusammenhang auch nicht so hoch geschraubt werden, dass letztlich eine tatsächliche Nutzung der betreffenden Geräte zum Zweck der Fertigung von Privatkopien zu fordern wäre. Vielmehr müsste bereits eine potenzielle Nutzungsmöglichkeit als ausreichend zu betrachten sein. Entsprechende Schlussfolgerungen lassen sich zum einen aus dem Urteil SGAE(68) ziehen, in dem der Gerichtshof den unbestimmten Rechtsbegriff der „öffentlichen Wiedergabe“ im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 ausgelegt und dabei die bloße Möglichkeit der Zugänglichmachung eines Werks für die Öffentlichkeit, im konkreten Fall mittels Fernsehapparaten, für ausreichend gehalten hat(69). Als unerheblich hat der Gerichtshof dagegen den Umstand erachtet, dass manche Nutzer nicht von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht hatten, etwa weil sie die Fernsehapparate nicht eingeschaltet hatten(70). Von großem Nutzen erweisen sich ferner die Ausführungen von Generalanwältin Sharpston in ihren Schlussanträgen in jener Rechtssache, in denen sie daran erinnert hat, dass entsprechend den grundlegenden Prinzipien des Urheberrechts dem Rechtsinhaber nicht der tatsächliche Genuss des Werks vergütet wird, sondern die bloße rechtliche Möglichkeit dazu(71).

b)      Wahrung der Konnexität in einem Abgabensystem, das Pauschalierungen gestattet

91.      Fraglich ist, ob das Erfordernis eines hinreichend engen Zusammenhangs zwischen der Nutzung des Rechts und dem entsprechenden finanziellen Ausgleich für Privatkopien im Rahmen eines nationalen Abgabensystems gewahrt ist, das sich der Methode der pauschalen Berechnung der Vergütung bedient.

92.      Das Erfordernis eines hinreichend engen Zusammenhangs hindert die Mitgliedstaaten jedenfalls nicht daran, in Ausübung des ihnen zustehenden weiten Umsetzungsspielraums aufgrund praktischer Erwägungen ein System einzuführen, das nicht auf das tatsächliche, sondern vielmehr auf das mutmaßliche Ausmaß der Herstellung von Privatkopien unter den Nutzern technisch dazu fähiger Geräte abstellt und folglich einen „gerechten Ausgleich“ nach Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29 auf der Basis einer Schätzung zu berechnen. Nicht zuletzt die nahezu faktische Unmöglichkeit, sowohl solche Vervielfältigungen effektiv zu kontrollieren als auch die genaue Anzahl der Privatkopien statistisch zu erfassen, dürfte die Einführung eines solchen Systems auf mitgliedstaatlicher Ebene notwendig erscheinen lassen(72). So ist anzunehmen, dass der Rechtsinhaber in aller Regel außerstande sein wird, zu erfahren, ob und von wem eine private Vervielfältigung vorgenommen wird. Eine direkte Erhebung beim Nutzer ist somit aus Praktikabilitätsgründen auszuschließen(73). Auf diese Schwierigkeiten weisen die spanische, die griechische und die deutsche Regierung sowie die Regierung des Vereinigten Königreichs ausdrücklich hin.

93.      Die nach spanischem Recht vorgesehene pauschalierte Vergütung des Rechtsinhabers, die an den mutmaßlichen Gebrauch der Geräte und Speichermedien anknüpft, überwindet diese praktischen Schwierigkeiten auf objektive Weise. Denn der Hersteller, Importeur oder Händler eines Geräts oder Speichermediums, das typischerweise tatsächlich für Vervielfältigungen genutzt wird, zahlt unmittelbar einen pauschalen Betrag, der als Vergütung für Privatkopien zugunsten sämtlicher Rechtsinhaber gefordert wird. Zwar obliegt die Zahlungspflicht nicht dem tatsächlichen Nutzer. Sie wird vielmehr auf die erstgenannte Personengruppe vorverlagert. Gleichwohl ist, wie bereits erwähnt, davon auszugehen, dass der Pauschalbetrag über den Kaufpreis an den Erwerber des Geräts oder Speichermediums und damit an den Nutzer weitergegeben wird(74). Damit knüpft die Vergütung im Ergebnis an die typische tatsächliche Nutzung des Geräts oder Speichermediums für die Fertigung von Privatkopien an.

94.      Das Abstellen auf die objektive Geeignetheit eines Geräts zur Herstellung von Privatkopien gründet, wie die spanische Regierung in ihren schriftlichen Ausführungen erklärt(75), gewissermaßen auf einer gesetzlichen Vermutung, der zufolge der Käufer aller Voraussicht nach von dieser Möglichkeit Gebrauch machen wird(76). Ein hinreichend enger Zusammenhang ist somit gegeben, solange diese Vermutung nicht durch konkrete Anhaltspunkte für das Gegenteil widerlegt ist. Diese gesetzliche Vermutung trägt der in Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29 vorausgesetzten Konnexität zwischen einerseits der Nutzung des Rechts und andererseits dem gerechten Ausgleich Rechnung. Folglich ist eine Methode, bei der die Vergütung des Rechtsinhabers pauschal berechnet wird, als grundsätzlich gemeinschaftsrechtskonform anzusehen.

c)      Ergebnis

95.      Auf die dritte Vorlagefrage ist somit zu antworten, dass, sofern sich ein Mitgliedstaat für ein System der Gebühr oder Abgabe auf Anlagen, Geräte und Medien zur digitalen Wiedergabe entscheidet, eine solche Gebühr nur dann auf Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29 gestützt werden kann, wenn die Anlagen, Geräte und Medien mutmaßlich zur Anfertigung von Vervielfältigungen benutzt werden, die von der Ausnahme für Privatkopien begünstigt sind.

2.      Zur unterschiedslosen Anwendung der Abgabe auf Unternehmen und Freiberufler

96.      Die vierte Vorlagefrage ist etwas spezifischerer Natur, da das vorlegende Gericht mit ihr auf eine Besonderheit des spanischen Abgabensystems aufmerksam macht. Es fragt sich, ob die darin vorgesehene unterschiedslose Erhebung der Abgabe insbesondere bei Unternehmen und Freiberuflern mit dem Begriff des „gerechten Ausgleichs“ vereinbar ist. Das vorlegende Gericht geht dabei von der Annahme aus, dass Unternehmen und Freiberufler die fraglichen Geräte und Datenträger zur digitalen Wiedergabe eindeutig zu anderen Zwecken als dem der privaten Vervielfältigung erwerben(77). In der Vorlagefrage enthalten ist somit eine wesentliche Tatsachenfeststellung, die der Gerichtshof in seine rechtliche Würdigung miteinbeziehen muss.

a)      Erforderliche Berücksichtigung der besonderen Umstände eines jeden Falls

97.      Eine unterschiedslose Erhebung der Abgabe, ohne der Tatsache in angemessener Weise Rechnung zu tragen, dass die fraglichen Geräte aufgrund branchenspezifischer Gegebenheiten zu anderen Zwecken als dem der privaten Vervielfältigung erworben werden könnten, kann nicht auf Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29 gestützt werden. Es handelt sich nicht um einen „gerechten Ausgleich“ im Sinne dieser Vorschrift, zumal den Mitgliedstaaten ausweislich des 35. Erwägungsgrundes ausdrücklich nahegelegt wird(78), bei der Festlegung der Form, der Einzelheiten und der etwaigen Höhe des gerechten Ausgleichs die besonderen Umstände eines jeden Falls zu berücksichtigen. Diese Vorgabe wäre im Ausgangsfall demnach nicht erfüllt.

b)      Erforderliche Konnexität zwischen Privatkopie und Ausgleich

98.      Darüber hinaus würde eine derartige Regelung unter den gegebenen Umständen in besonderem Maße die Konnexität außer Acht lassen, die laut Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29 zwischen der Eingriffshandlung und dem entsprechenden finanziellen Ausgleich bestehen muss. Es würde im Ausgangsfall nämlich bereits an einem Rechtsgrund für einen Ausgleich fehlen. Hauptvoraussetzung für einen Ausgleich ist nach dieser Bestimmung eine Vervielfältigung „durch eine natürliche Person zum privaten Gebrauch und weder für direkte noch indirekte kommerzielle Zwecke“.

99.      Eine unterschiedslose Belastung eines Unternehmens durch eine Abgabe zum Ausgleich für Privatkopien wäre nicht zu rechtfertigen, da die Privatkopie zunächst einmal „durch eine natürliche Person“ hergestellt worden sein muss, so dass eine Vervielfältigung „durch ein Unternehmen“ zumindest vom Wortlaut her nicht gedeckt ist. Doch auch wenn man bei lebensnaher Betrachtung davon ausginge, dass die Vervielfältigungshandlung notwendigerweise von einer natürlichen Person, etwa einem Angestellten des Unternehmens, vorgenommen werden dürfte, würde die Zurechenbarkeit einer Vervielfältigungshandlung an das Unternehmen Rechtsfragen aufwerfen, zu denen nicht abschließend Stellung genommen werden kann. Andererseits ergibt sich mittelbar aus dem Sinn und Zweck der Regelung in Art. 5 Abs. 2 Buchst. b, dass die fragliche Kopie jedenfalls für den privaten Gebrauch einer bestimmten Person“ gedacht sein muss. Ausgeschlossen wäre damit beispielsweise die Fertigung einer Privatkopie für den Gebrauch durch eine juristische Person, sofern darunter die Nutzung der Kopie durch eine Vielzahl von Personen zu verstehen ist(79).

100. Doch auch wenn man die Frage der Zurechenbarkeit einer Vervielfältigungshandlung ausnahmsweise bejahte, wäre der Tatbestand des Art. 5 Abs. 2 Buchst. b nicht erfüllt. Diese Bestimmung schließt ausdrücklich jede Art von Kopie für kommerzielle Zwecke aus, ungeachtet dessen, ob es sich dabei um legale (z. B. Sicherheitskopien) oder illegale geschäftliche Zwecke (z. B. Musikpiraterie) handelt. Sofern Unternehmen und Freiberufler, wie vom vorlegenden Gericht festgestellt, die besagten Geräte und Datenträger zur digitalen Wiedergabe „eindeutig zu anderen Zwecken als dem des privaten Gebrauchs erwerben“, etwa für berufliche Zwecke, wäre die Fallkonstellation, auf die das vorlegende Gericht hinweist, nicht von der Schrankenregelung des Art. 5 Abs. 2 Buchst. b erfasst(80). Eine finanzielle Vergütung der Rechtsinhaber würde demnach über das hinausgehen, was die Richtlinie 2001/29 im Hinblick auf die Gewährleistung eines „gerechten Ausgleichs“ tatsächlich fordert(81).

101. Rechtlich betrachtet hat die streitgegenständliche nationale Regelung eine Ausweitung des persönlichen und sachlichen Anwendungsbereichs von Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29 zur Folge, indem sie die darin vorgesehene Ausgleichsverpflichtung zum einen auf andere als natürliche Personen, zum anderen auf Sachverhalte erstreckt, die nicht einer Vervielfältigung „zum privaten Gebrauch“ entsprechen.

c)      Abschließende Regelung des „gerechten Ausgleichs“ in Art. 5 Abs. 2 Buchst. b

102. Welche Folgen sich daraus ergeben, richtet sich im Wesentlichen danach, ob Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29 eine abschließende Regelung im Hinblick auf den „gerechten Ausgleich“ für Privatkopien enthält oder nicht.

103.  Regeln Richtlinienbestimmungen einen bestimmten Aspekt abschließend, so sind darüber hinausgehende mitgliedstaatliche Regelungen für den gleichen Sachverhalt unzulässig. Ob eine Richtlinie eine solche abschließende Regelung zu treffen beabsichtigt, ist im Einzelfall unter Berücksichtigung des Wortlauts, der Zielsetzung und des Regelungssystems der Richtlinie zu prüfen(82). Dabei kann eine Richtlinie durchaus sowohl Regelungen enthalten, denen ein abschließender Charakter zukommt, wie zugleich auch Regelungen, die den Mitgliedstaaten ein Ermessen – etwa im Hinblick auf das Schutzniveau einer Bestimmung – überlassen(83).

104. Hierzu ist erneut darauf hinzuweisen, dass es sich bei dem „gerechten Ausgleich“ im Sinne dieser Richtlinienbestimmung um einen hinreichend bestimmten gemeinschaftsrechtlichen Begriff handelt. Trotz des verhältnismäßig niedrigen Harmonisierungsgrads der Richtlinie 2001/29, der insoweit dem einer Rahmenrichtlinie vergleichbar ist, legt die Regelung in Art. 5 Abs. 2 Buchst. b klar fest, unter welchen Umständen dem Rechtsinhaber ein Anspruch auf eine Vergütung zusteht. Zudem lässt sich der Anspruchsgegner aus dem Sinn und Zweck dieser Regelung mit Genauigkeit ermitteln. Es ist im Zweifel der von der Privatkopieregelung begünstigte Nutzer(84). Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass Art. 5 Abs. 2 Buchst. b in Bezug auf den „gerechten Ausgleich“ für Privatkopien eine abschließende gemeinschaftliche Regelung enthält, die den Mitgliedstaaten – zumindest für den Bereich der Privatkopien – verwehrt, den Kreis der Anspruchsgegner einseitig auf andere Personengruppen wie Unternehmen und Freiberufler zu erweitern, die erfahrungsgemäß Geräte und Datenträger zur digitalen Wiedergabe zu anderen Zwecken als dem des privaten Gebrauchs erwerben.

105. Dementsprechend kann eine Vergütung, die den Rechtsinhabern infolge der unterschiedslosen Anwendung einer Abgabe auf Unternehmen und Freiberufler aufgrund einer Privatkopieregelung zugesprochen wird, auch nicht als ein „gerechter Ausgleich“ im Sinne des Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29 angesehen werden.

106. Dies bedeutet allerdings nicht, dass die Erhebung einer urheberrechtlichen Abgabe von Unternehmen und Freiberuflern nach Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29 grundsätzlich verboten wäre. Diese Richtlinie harmonisiert nur bestimmte Aspekte des Urheberrechts. Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29 steht somit lediglich einer nationalen Regelung entgegen, die von Unternehmen und Freiberuflern eine Abgabe für den Ausgleich von Privatkopien auf Geräte, Medien und Anlagen verlangt, soweit anzunehmen ist, dass mit diesen Geräten, Medien und Anlagen keine Privatkopien im Sinne des Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29 erstellt werden. Einer nationalen Regelung, nach der eine Abgabe aus anderen Gründen erhoben wird, steht Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29 dagegen nicht entgegen(85).

d)      Ergebnis

107. Auf die vierte Vorlagefrage ist deshalb zu antworten, dass die Vergütung, die den Rechtsinhabern infolge der unterschiedslosen Anwendung einer Abgabe auf Unternehmen und Freiberufler aufgrund einer Privatkopieregelung zugesprochen wird, jedenfalls einem „gerechten Ausgleich“ im Sinne des Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29 nicht entspricht.

3.      Vereinbarkeit des spanischen Abgabensystems mit der Richtlinie 2001/29

108. Die fünfte Vorlagefrage hinsichtlich der Vereinbarkeit eines Abgabensystems wie das in Spanien geltende mit der Richtlinie 2001/29 ist im Lichte der vorstehenden Ausführungen und unter Berücksichtigung der Feststellungen des vorlegenden Gerichts zu beantworten.

109. Grundsätzlich ist ein über eine Abgabe finanziertes System zum Ausgleich für Privatkopien, das sich zur Bemessung des „gerechten Ausgleichs“ aus praktischen Erwägungen einer Pauschalierung bedient, angesichts des weiten Ausgestaltungsermessens der Mitgliedstaaten mit der Richtlinie 2001/29 vereinbar. Allerdings muss der nationale Gesetzgeber sicherstellen, dass das in Art. 5 Abs. 2 Buchst. b vorausgesetzte Verhältnis zwischen dem Eingriff in das an sich umfassende Vervielfältigungsrecht des Rechtsinhabers und dem diesem korrespondierenden finanziellen Ausgleich weitgehend gewahrt bleibt(86).

110. Sofern ein solches Verhältnis nicht mehr besteht, etwa weil die betreffende Abgabe weitgehend auf anders gelagerte Sachverhalte angewandt wird, bei denen keine Beschränkung von Rechten gegeben ist, die den finanziellen Ausgleich rechtfertigt, stellt die den Rechtsinhabern zugesprochene Vergütung jedenfalls keinen „gerechten Ausgleich“ im Sinne des Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29 dar.

111. Folglich ist auf die fünfte Vorlagefrage zu antworten, dass ein nationales System, das eine Abgabe für Privatkopien auf sämtliche Anlagen, Geräte und Medien unterschiedslos vorsieht, mit Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29/EG nicht vereinbar ist, soweit ein angemessenes Verhältnis zwischen dem gerechten Ausgleich und der ihn rechtfertigenden Einschränkung des Rechts zur Anfertigung von Privatkopien nicht mehr besteht, weil die Abgabe weitgehend auf anders gelagerte Sachverhalte angewandt wird, bei denen keine Beschränkung von Rechten gegeben ist, die den finanziellen Ausgleich rechtfertigt.

VII – Ergebnis

112. In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen schlage ich dem Gerichtshof vor, auf die Vorlagefragen der Audiencia Provincial de Barcelona wie folgt zu antworten:

1.         Der Begriff „gerechter Ausgleich“ in Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft ist ein autonomer Begriff des Gemeinschaftsrechts, der in allen Mitgliedstaaten einheitlich auszulegen und von jedem Mitgliedstaat umzusetzen ist, wobei dieser für sein Gebiet die Kriterien festsetzt, die am besten geeignet sind, innerhalb der vom Gemeinschaftsrecht und insbesondere der Richtlinie gezogenen Grenzen die Beachtung dieses Gemeinschaftsbegriffs zu gewährleisten.

2.         Der Begriff „gerechter Ausgleich“ ist als Leistung an den Rechtsinhaber zu verstehen, die unter Berücksichtigung aller Umstände der zugelassenen Privatkopie die angemessene Vergütung für die Nutzung seines geschützten Werks oder sonstigen Schutzgegenstands darstellt. Unabhängig von dem System, das die Mitgliedstaaten für die Bestimmung des gerechten Ausgleichs anwenden, sind sie verpflichtet, zwischen den Beteiligten – auf der einen Seite den Inhabern der Rechte des geistigen Eigentums, die von der Ausnahme für Privatkopien betroffen sind, als Gläubiger des Ausgleichs und auf der anderen Seite den unmittelbar oder mittelbar zu seiner Zahlung Verpflichteten – Ausgewogenheit herbeizuführen.

3.         Entscheidet sich ein Mitgliedstaat für ein System der Abgabe für den Ausgleich von Privatkopien auf Anlagen, Geräte und Medien zur digitalen Wiedergabe, so muss diese Abgabe notwendigerweise nach dem durch Art. 5 Abs. 2 Buchst. b verfolgten Zweck und dem Kontext dieser Vorschrift mit dem mutmaßlichen Gebrauch der Anlagen und Medien zur Anfertigung von Vervielfältigungen, die von der Ausnahme für Privatkopien begünstigt sind, im Zusammenhang stehen, so dass die Erhebung der Gebühr nur dann gerechtfertigt ist, wenn die Anlagen, Geräte und Medien zur digitalen Wiedergabe mutmaßlich für die Anfertigung von Privatkopien verwendet werden.

4.         Die unterschiedslose Anwendung einer Abgabe aufgrund einer Privatkopieregelung auf Unternehmen und Freiberufler, die Geräte und Datenträger zur digitalen Wiedergabe eindeutig zu anderen Zwecken als dem der privaten Vervielfältigung erwerben, entspricht nicht dem Begriff des „gerechten Ausgleichs“ im Sinne des Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29.

5.         Ein nationales System, das eine Abgabe für den Ausgleich von Privatkopien unterschiedslos auf sämtliche Anlagen, Geräte und Medien vorsieht, ist mit Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29 nicht vereinbar, soweit ein angemessenes Verhältnis zwischen dem gerechten Ausgleich und der ihn rechtfertigenden Einschränkung des Rechts zur Anfertigung von Privatkopien nicht mehr besteht, weil nicht angenommen werden kann, dass diese Anlagen, Geräte und Medien für die Anfertigung von Privatkopien verwendet werden.


1 – Originalsprache: Deutsch.


2 – In diesem Sinne auch Falcón Tella, R., „El llamado ‚canon por derechos de autor‘ (Copyright Levy) o compensación equitativa por copia privada (I): antecedentes y configuración en la Ley 23/2006, de 7 julio (RCL 2006, 1386)“, Quincena Fiscal Aranzadi, Nr. 15/2006, S. 1, der auf die Entwicklung verschiedener Vervielfältigungsmethoden hinweist. Siehe auch Ortega Díaz, J. F., „Medidas tecnológicas y derechos de autor“, Noticias de la Unión Europea, 2008, Nr. 286, S. 67, der auf die Herausforderungen für den Schutz des Urheberrechts hinweist, die die Erfindung z. B. des Fotokopierers und der Musikkassette in den achtziger Jahren sowie der Computer im sogenannten „Informationszeitalter“ geschaffen haben.


3 – Das Vorabentscheidungsverfahren ist gemäß dem Vertrag von Lissabon zur Änderung des Vertrags über die Europäische Union und des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft vom 13. Dezember 2007 (ABl. C 306, S. 1) nunmehr in Art. 267 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union geregelt.


4 – Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (ABl. L 167, S. 10).


5 – B.O.E. Nr. 162, vom 8. Juli 2006, S. 25561.


6 – B.O.E. Nr. 148 vom 19. Juni 2008, S. 27842.


7 – Der WIPO-Urheberrechtsvertrag ist ein 1996 von der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) verabschiedetes Sonderabkommen im Sinne des Art. 20 der Berner Übereinkunft; er bildet den Rahmen für die Anpassung der nationalen Urheberrechtsgesetze an die Anforderungen digitaler Netzmedien. Veröffentlicht in ABl. 2000, L 89, S. 8.


8 – Richtlinie 2009/24 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 über den Rechtsschutz von Computerprogrammen (ABl. L 111, S. 16), Richtlinie 2006/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zum Vermietrecht und Verleihrecht sowie zu bestimmten dem Urheberrecht verwandten Schutzrechten im Bereich des geistigen Eigentums (ABl. L 376, S. 28), Richtlinie 93/83/EWG des Rates vom 27. September 1993 zur Koordinierung bestimmter urheber- und leistungsschutzrechtlicher Vorschriften betreffend Satellitenrundfunk und Kabelweiterverbreitung (ABl. L 248, S. 15), Richtlinie 2006/116/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über die Schutzdauer des Urheberrechts und bestimmter verwandter Schutzrechte (ABl. L 372, S. 12), Richtlinie 96/9/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 1996 über den rechtlichen Schutz von Datenbanken (ABl. L 77, S. 20), Richtlinie 2001/84/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. September 2001 über das Folgerecht des Urhebers des Originals eines Kunstwerks (ABl. L 272, S. 32).


9 – Vgl. den fünften Erwägungsgrund.


10 – Vgl. den 22. Erwägungsgrund.


11 – Vgl. z. B. u. a. die Erwägungsgründe 9, 14, 23 der Richtlinie sowie die fünfte Begründungserwägung des WIPO-Urheberrechtsvertrags, die von der Notwendigkeit spricht, „ein Gleichgewicht zwischen den Rechten der Urheber und dem umfassenderen öffentlichen Interesse, insbesondere Bildung, Forschung und Zugang zu Informationen, zu wahren, wie dies in der Berner Übereinkunft zum Ausdruck kommt“.


12 – Buhrow, A., „Richtlinie zum Urheberrecht in der Informationsgesellschaft“, European Law Reporter, 2001, Heft 10, S. 313, versteht Art. 5 der Richtlinie 2001/29 als politischen Kompromiss, in dem die unterschiedlichen Rechtstraditionen und Auffassungen zum Ausdruck kamen. Nach Ansicht der Autorin bleibt der tatsächliche Umfang der Harmonisierung angesichts der zahlreichen Schrankenregelungen bis zur abschließenden Umsetzung in allen Mitgliedstaaten fraglich.


13 – Ullrich, J. N., „Clash of Copyrights – Optionale Schranke und zwingender finanzieller Ausgleich im Fall der Privatkopie nach Art. 5 Abs. 2 Buchst. b Richtlinie 2001/29/EG und Dreistufentest“, Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht – Internationaler Teil, 2009, Heft 4, S. 283, weist darauf hin, dass die Informationsgesellschaft in Europa wie auch im Rest der Welt sich einer Vielzahl nationaler Urheberrechtsordnungen ausgesetzt sieht, die sich im Hinblick auf Konzeption, Ausgestaltung und Begrenzung urheberrechtlichen Schutzes zum Teil erheblich unterscheiden. Nach Ansicht des Autors ist und bleibt die größte Herausforderung die Überbrückung der Unterschiede zwischen dem kontinentaleuropäischen Urheberschutzkonzept und dem angelsächsischen Copyright.


14 – Philapitsch, F., Die digitale Privatkopie, Graz 2007, S. 85, weist auf die beträchtliche Anzahl von Schrankenbestimmungen hin, die im Laufe des Rechtsetzungsprozesses entstanden seien. Waren es im Richtlinienvorschlag noch neun Bestimmungen, vermehrten sich diese im zweiten geänderten Vorschlag auf elf und schließlich durch den Gemeinsamen Standpunkt auf die endgültige Zahl von zweiundzwanzig.


15 – Nach Metzger, A./Kreutzer, T., „Richtlinie zum Urheberrecht in der Informationsgesellschaft – Privatkopie trotz technischer Schutzmaßnahmen?“, Multimedia und Recht, 2002, Heft 3, S. 139, lässt die Richtlinie den Mitgliedstaaten beträchtliche Spielräume für die Umsetzung. Der Grund hierfür sei, dass man sich über zentrale Fragen einer künftigen Urheberrechtsordnung auf europäischer Ebene nicht habe einigen können. Nach Ansicht von Guntrum, S., Zur Zukunft der Privatkopie in der Informationsgesellschaft, Hamburg 2007, S. 126, sprechen der fakultative Charakter und Wortlaut der europäischen Privatkopieschranke sowie die entsprechenden Erwägungsgründe für eine umfassende Gestaltungsmöglichkeit im Rahmen der Privatkopieschranke.


16 – In diesem Sinne Guntrum, S., a. a. O. (Fn. 15), S. 118, 125; Plaza Penadés, J., „Propiedad intelectual y sociedad de la información“, Contratación y nuevas tecnologías, Madrid 2005, S. 147; Bércovitz Rodríguez-Cano, R., „El canon de copia privada: escaramuza sobre el fuero“, Aranzadi Civil, Nr. 14/2009, S. 1; Hugenholtz, B./Guibault, L./van Geffen, S., „The Future of Levies in a Digital Environment“, 2003, erhältlich im Internet (http://www.ivir.nl/publications/other/DRM&levies-report.pdf), S. 32, weisen darauf hin, dass die Richtlinie 2001/29 den Mitgliedstaaten keine Verpflichtung bezüglich der Einführung einer Ausnahmeregelung für Privatkopien auferlege. Dem nationalen Gesetzgeber stehe es daher frei, Privatkopien ganz zu verbieten oder nur teilweise zu gestatten.


17 – Vgl. Urteil vom 23. November 1977, Enka (38/77, Slg. 1977, 2203, Randnr. 20).


18 – Vgl. Middeke, A., Handbuch des Rechtsschutzes in der Europäischen Union, 2. Aufl., München 2003, S. 226, Randnr. 38. Urteil vom 12. Juli 1979, Union Laitière Normande (244/78, Slg. 1979, 2663, Randnr. 5).


19 – Vgl. u. a. Urteile vom 18. Oktober 1990, Dzodzi (C‑297/88 und C‑197/89, Slg. 1990, I‑3763, Randnrn. 33 und 34), vom 8. November 1990, Gmurzynska-Bscher (C‑231/89, Slg. 1990, I‑4003, Randnrn. 18 und 19), vom 17. Juli 1997, Leur-Bloem (C‑28/95, Slg. 1997, I‑4161, Randnr. 24), vom 29. Januar 2008, Promusicae (C‑275/06, Slg. 2008, I‑271, Randnr. 36), und vom 12. Februar 2008, Kempter (C‑2/06, Slg. 2008, I‑411, Randnr. 42).


20 – Vgl. u. a. Urteile vom 13. März 2001, PreussenElektra (C‑379/98, Slg. 2001, I‑2099, Randnr. 38), vom 22. Mai 2003, Korhonen u. a. (C‑18/01, Slg. 2003, I‑5321, Randnr. 19), vom 5. Februar 2004, Schneider (C‑380/01, Slg. 2004, I‑1389, Randnr. 21), vom 19. April 2007, Asemfo (C‑295/05, Slg. 2007, I‑2999, Randnr. 30), und vom 23. April 2009, VTB-VAB (C‑261/07 und C‑299/07, Slg. 2009, I‑0000, Randnr. 32).


21 – Vgl. u. a. Urteile vom 16. Dezember 1981, Foglia/Novello (244/80, Slg. 1981, 3045, Randnr. 18), vom 15. Juni 1995, Zabala Erasun u. a. (C‑422/93 bis C‑424/93, Slg. 1995, I‑1567, Randnr. 29), vom 15. Dezember 1995, Bosman (C‑415/93, Slg. 1995, I‑4921, Randnr. 61), vom 12. März 1998, Djabali (C‑314/96, Slg. 1998, I‑1149, Randnr. 19), PreussenElektra (oben in Fn. 20 angeführt, Randnr. 39), Schneider (oben in Fn. 20 angeführt, Randnr. 22), vom 1. April 2008, Gouvernement de la Communauté française und Gouvernement wallon (C‑212/06, Slg. 2008, I‑1683, Randnr. 29), und VTB-VAB (oben in Fn. 20 angeführt, Randnr. 33).


22 – Siehe S. 2 und 13 des Vorlagebeschlusses.


23 – Vgl. die Präambel (Abschnitt I, vierter Absatz) zum Gesetz 23/2006 vom 7. Juli 2006, in der zu lesen ist, dass die Umsetzung der Richtlinie 2001/29 in das spanische Recht vorrangig den Grundsatz der „wortgetreuen Umsetzung“ jener Richtlinie sowie der „minimalen Reform der geltenden Gesetzgebung“ zum Ziel hatte. Ruiz Zapatero, G., „Naturaleza y límites constitucionales de la compensación equitativa por copia digital privada establecida en la Ley 23/2006 de modificación del texto refundido de la Ley de Propiedad Intelectual“, Jurisprudencia Tributaria Aranzadi, 2007, Heft 7, vertritt die Auffassung, dass die ursprüngliche Formulierung des Art. 25 TRLPI angesichts der unterschiedlichen Begrifflichkeit zur Richtlinie 2001/29 nicht länger habe aufrechterhalten werden können. Das Gesetz 23/2006 habe die notwendigen Präzisierungen vorrangig technischer Natur vorgenommen. Falcón Tella, R., a. a. O. (Fn. 2), S. 4, erklärt, dass die Änderung des bislang verwendeten Begriffs der „gerechten Vergütung“ in Art. 25 TRLPI aus der Absicht heraus entstanden sei, der Terminologie der Richtlinie 2001/29 zu folgen.


24 – Vgl. in diesem Sinne Urteile vom 3. Oktober 2000, Corsten (C‑58/98, Slg. 2000, I‑7919, Randnr. 24), und vom 29. April 2004, Orfanopoulos und Oliveri (C‑482/01 und C‑493/01, Slg. 2004, I‑5257, Randnr. 42).


25 – Vgl. Urteile vom 25. Oktober 2001, Ambulanz Glöckner (C‑475/99, Slg. 2001, I‑8089, Randnr. 10), vom 13. November 2003, Neri (C‑153/02, Slg. 2003, I‑13555, Randnrn. 34 und 35), vom 29. April 2004, Orfanopoulos und Oliveri (oben in Fn. 24 angeführt, Randnr. 42), und vom 21. April 2005, Lindberg (C‑267/03, Slg. 2005, I‑3247, Randnrn. 41 und 42).


26 – Es ergibt sich aus der Rechtsprechung, dass der Gerichtshof bemüht ist, sachdienliche Antworten auf die ihm vorgelegten Fragen zu geben. Siehe Urteile vom 19. November 2009, Sturgeon u. a. (C‑402/07 und C‑432/07, Slg. 2009, I‑2119, Randnr. 28), vom 24. März 2009, Danske Slagterier (C‑445/06, Slg. 2009, I‑0000, Randnr. 29), und vom 21. April 1991, Höfner und Elsner (C‑41/90, Slg. 1991, I‑1979, Randnr. 16).


27 – Urteile vom 4. Juli 2006, Adeneler u. a. (C‑212/04, Slg. 2006, I‑6057, Randnr. 115), und vom 14. Januar 2010, Plus Warenhandelsgesellschaft (C‑304/08, Slg. 2010, I‑0000, Randnr. 17).


28 – Vgl. Urteile vom 5. Oktober 2004, Pfeiffer u. a. (C‑397/01 bis C‑403/01, Slg. 2004, I‑8835, Randnrn. 115, 116, 118 und 119), und vom 4. Juli 2006, Adeneler u. a. (oben in Fn. 27 angeführt, Randnr. 111).


29 – Vgl. u. a. Urteile vom 18. Januar 1984, Ekro (327/82, Slg. 1984, 107, Randnr. 11), vom 19. September 2000, Linster (C‑287/98, Slg. 2000, I‑6917, Randnr. 43), vom 9. November 2000, Yiadom (C‑357/98, Slg. 2000, I‑9265, Randnr. 26), vom 6. Februar 2003, SENA (C‑245/00, Slg. 2003, I‑1251, Randnr. 23), vom 12. Oktober 2004, Kommission/Portugal (C‑55/02, Slg. 2004, I-9387, Randnr. 45), vom 27. Januar 2005, Junk (C‑188/03, Slg. 2005, I‑885, Randnrn. 27 bis 30), und vom 7. Dezember 2006, SGAE (C‑306/05, Slg. 2006, I‑11519, Randnr. 31).


30 – Vgl. Urteil Ekro (oben in Fn. 29 angeführt, Randnr. 14).


31 – Vgl. dazu meine Schlussanträge vom 3. Mai 2007 in der Rechtssache Zefeser (C‑62/06, Slg. 2007, I‑11995, Nrn. 32 und 33).


32 – So die Auffassung von Riesenhuber, K., Europäische Methodenlehre, Berlin 2006, S. 247, Randnr. 7.


33 – Vgl. Urteile vom 7. Juli 1992, Micheletti (C‑369/90, Slg. 1992, I‑4239, Randnrn. 10 bis 15), im Zusammenhang mit dem Begriff der „Staatsangehörigkeit“, vom 6. Oktober 1976, Tessili (12/76, Slg. 1976, 1473, Randnr. 14), in Bezug auf den Begriff des „Erfüllungsortes“ im Rahmen des Übereinkommens vom 27. September 1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen.


34 – Vgl. Urteil vom 11. Juli 1985, Danmols Inventar (105/84, Slg. 1985, 2639, Randnrn. 22 bis 27), zum Begriff des „Arbeitnehmers“ im Sinne der Richtlinie 77/187/EWG des Rates vom 14. Februar 1977 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Betriebsteilen.


35 – Vgl. u. a. Urteile vom 19. September 2000, Deutschland/Kommission (C‑156/98, Slg. 2000, I‑6857, Randnr. 50), vom 6. Juli 2006, Kommission/Portugal (C‑53/05, Slg. 2006, I‑6215, Randnr. 20), und vom 7. Dezember 2006, SGAE (oben in Fn. 29 angeführt, Randnr. 34).


36 – Siehe Randnr. 16 des Schriftsatzes der Regierung des Vereinigten Königreichs.


37 – Nach Ansicht von Riesenhuber, K., a. a. O. (Fn. 32), S. 246, Randnr. 6, bedeutet die Rechtsangleichung, dass ein autonomes gemeinschaftsrechtliches Konzept geschaffen werden soll. Wer angleichen wolle, müsse einen Maßstab schaffen. Durch dynamische Verweisung auf den jeweiligen Stand der nationalen Auslegung würde das Gemeinschaftsrecht seine Autonomie preisgeben, bei statischer Verweisung auf den ursprünglichen Zustand würde es versteinern. Rott, P., „What is the Role of the ECJ in EC Private Law?“, Hanse Law Review, Nr. 1/2005, S. 8, weist darauf hin, das der Grundsatz der autonomen Auslegung Schwierigkeiten in solchen Fällen bereite, in denen das Gemeinschaftsrecht Generalklauseln verwende. Der Autor spricht sich strikt dagegen aus, den Mitgliedstaaten die Freiheit zu überlassen, ihre eigene Auslegung dieses Begriffs zu finden. Dieser Ansatz sei inakzeptabel, wenn die Gemeinschaft eine Harmonisierung der mitgliedstaatlichen Gesetzgebung etwa auf der Grundlage von Art. 95 EG anstrebe. Die Verwendung von Generalklauseln sei eine in der kontinentaleuropäischen Rechtsordnung herkömmliche Regelungstechnik, die dann zur Anwendung komme, wenn es sich als nicht möglich erweise, bestimmte Tatbestandsmerkmale im Voraus zu definieren. Dies könne jedoch nicht zum Ziel haben, den Einfluss des Gemeinschaftsrechts auf die mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen einzuschränken.


38 – Urteil SENA (oben in Fn. 29 angeführt).


39 – ABl. L 346, S. 61.


40 – Urteil SENA (oben in Fn. 29 angeführt), Randnr. 21.


41 – Ebd., Randnrn. 7, 25, 34.


42 – Ebd., Randnr. 32.


43 – Ebd., Randnr. 34.


44 – Ebd., Randnr. 36.


45 – Ebd., Randnr. 38.


46 – Vgl. den Gemeinsamen Standpunkt (EG) Nr. 48/2000 vom 28. September 2000, vom Rat festgelegt gemäß dem Verfahren des Artikel 251 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft im Hinblick auf den Erlass einer Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (ABl. C 344, S. 1), 19. Erwägungsgrund.


47 – Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs sind Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts nach Möglichkeit im Licht des Völkerrechts auszulegen, insbesondere wenn mit ihnen ein von der Gemeinschaft geschlossener völkerrechtlicher Vertrag durchgeführt werden soll (vgl. u. a. Urteil vom 10. September 1996, Kommission/Deutschland, C‑61/94, Slg. 1996, I‑3989, Randnr. 52, vom 14. Juli 1998, Bettati, C‑341/95, Slg. 1998, I‑4355, Randnr. 20, und vom 7. Dezember 2006, SGAE, oben in Fn. 29 angeführt, Randnr. 35). Bestimmte Konventionen des internationalen Urheberrechts sehen die Möglichkeit der Unterzeichnerstaaten vor, in Bezug auf die den Urhebern von Werken gewährten Rechte Beschränkungen oder Ausnahmen in bestimmten Sonderfällen vorzusehen, so etwa die Revidierte Berner Übereinkunft (Art. 9), der WIPO-Urheberrechtsvertrag (Art. 10) und das Übereinkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums (TRIPS) (Art. 13). Gleichwohl lässt sich dem kein Konzept entnehmen, das mit dem Begriff des „gerechten Ausgleichs“ im Sinne des Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29 exakt übereinstimmen würde.


48 – Vgl. Art. 11bis Abs. 2 und Art. 13 Abs. 1 der Revidierten Berner Übereinkunft.


49 – So auch Carbajo Cascón, F., „Copia privada y compensación equitativa“, Noticias de la Unión Europea, Nr. 286/2008, S. 34 f.


50 – Siehe Aristoteles, Nikomachische Ethik, Fünftes Buch, Siebentes Kapitel – Kommutative Gerechtigkeit, 322 vor Chr., 1132b. Darin heißt es: „Das Gesagte muss auch noch in anderer Hinsicht, bei den Leistungen der verschiedenen Künste, vor Augen gehalten werden. Es wäre um sie geschehen, wenn der Künstler nicht tätig ein Produkt schüfe, das sich quantitativ und qualitativ bewerten ließe, und nicht leidend dafür sowohl quantitativ als qualitativ entsprechend ausgelohnt würde.“ (Deutsche Übersetzung: Eugen Rolfes, hrsg. von Günther Bien, 4. Aufl., Hamburg 1985, S. 110).


51 – Diese römisch-rechtliche Maxime besagt, dass derjenige, der den Nutzen aus einer Sache zieht, auch die Nachteile tragen sollte. Laut dem Vorbringen der spanischen Regierung liegt dieser Grundsatz dem spanischen Abgabensystem zugrunde.


52 – Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 92/100 bestimmt Folgendes: „Die Mitgliedstaaten sehen ein Recht vor, das bei Nutzung eines zu Handelszwecken veröffentlichten Tonträgers oder eines Vervielfältigungsstücks eines solchen Tonträgers für drahtlos übertragene Rundfunksendungen oder eine öffentliche Wiedergabe die Zahlung einer einzigen angemessenen Vergütung durch den Nutzer und die Aufteilung dieser Vergütung auf die ausübenden Künstler und die Tonträgerhersteller gewährleistet.“


53 – Davon geht offenbar Falcón Tella, R., „El llamado ‚canon por derechos de autor‘ (Copyright Levy) o compensación equitativa por copia privada (II): antecedentes y configuración en la Ley 23/2006, de 7 julio (RCL 2006, 1386)“, Quincena Fiscal Aranzadi, Nr. 17/2006, S. 1, aus, der auf den Sinn und Zweck der Abgabe hinweist, der seiner Meinung nach darin besteht, die Händler und – über sie – die Käufer von Anlagen, Geräten und Medien, die im Zusammenhang mit digitaler Vervielfältigung stehen, am gerechten Ausgleich teilnehmen zu lassen. Vgl. auch Carbajo Cascón, F., a. a. O. (Fn. 49), S. 26, der darauf hinweist, dass die zahlungsverpflichteten Hersteller, Importeure und Händler in der Regel diese Abgabe über den Kaufpreis an die Kunden weitergäben, womit sie für eine Ausgewogenheit zwischen den Interessen der Urheber und der Nutzer sorgten. Ähnlich auch Bércovitz Rodríguez-Cano, R., „Compensación equitativa por copia privada“, Aranzadi Civil, Nr. 16/2007, S. 2, und derselbe, a. a. O. (Fn. 16) , S. 1.


54 – Siehe S. 11, Randnr. 26 des Schriftsatzes der deutschen Regierung.


55 – In diesem Sinne Carbajo Cascón, F., a. a. O. (Fn. 49), S. 31, der in der Vervielfältigung von illegalen Schutzgegenständen (z. B. im Rahmen der Online-Musikpiraterie) keine „Privatkopien“ im Sinne der spanischen Regelung in Art. 31 Abs. 2 TRLPI sieht. Er weist dabei auf den eindeutigen Wortlaut dieser Regelung hin („… a partir de obras a las que haya accedido legalmente …“).


56 – Philapitsch, F., a. a. O. (Fn. 14), S. 91, vertritt die Auffassung, dass ein „gerechter Ausgleich“ nach Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29 lediglich für die legitime private Vervielfältigung vorgesehen sei, wie sie in der Richtlinie beschrieben werde. Der durch illegales Kopieren entstandene Schaden im weiteren Sinne solle auf diese Weise nicht ausgeglichen werden und sei dementsprechend auch kein zulässiges Kriterium für die Festlegung von Vergütungsschemata.


57 – In diesem Sinne Hugenholtz, B./Guibault, L./van Geffen, S., a. a. O. (Fn. 16), S. 32, die Vervielfältigungshandlungen, die über den privaten Gebrauch hinausgehen (z. B. Musikpiraterie), nicht vom Anwendungsbereich dieser Ausnahmeregelung erfasst sehen.


58 – Philapitsch, F., a. a. O. (Fn. 14), S. 90, spricht im Zusammenhang mit der Ausnahmeregelung in Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29 von einer „Vervielfältigungsvergütung“. Carbajo Cascón, F., a. a. O. (Fn. 49), S. 26, spricht in Bezug auf die Privatkopie von einem „Konzept der Vergütung“.


59 – Das Eigentumsrecht, unter das das Recht des geistigen Eigentums fällt, ist gemäß der Rechtsprechung des Gerichtshofs ein Grundrecht, das als allgemeiner Grundsatz des Gemeinschaftsrechts in der Gemeinschaftsrechtsordnung geschützt ist (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 12. September 2006, Laserdisken, C‑479/04, Slg. 2006, I‑8089, Randnr. 65, und Promusicae, oben in Fn. 19, Randnr. 62). Auch der neunte Erwägungsgrund der Richtlinie 2001/29 besagt, dass das geistige Eigentum als Bestandteil des Eigentums anerkannt worden ist.


60 – In diesem Sinne auch Ullrich, J. N., a. a. O. (Fn. 13), S. 291. Der Autor erklärt, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber mit der Aufführung des „Schadens“ als Kriterium der angelsächsischen Rechtstradition Rechnung habe tragen wollen, die dem durch die Privatkopie verursachten Schaden eine zentrale Rolle bei der Entscheidung über die Höhe des gewährten finanziellen Ausgleichs beimesse. Da dem kontinentaleuropäischen Urheberrecht dagegen die Relevanz eines Schadens zur Festlegung einer angemessenen Vergütung fremd sei, habe der Gemeinschaftsgesetzgeber entschieden, beide Rechtstraditionen dadurch miteinander in Einklang zu bringen, dass die Richtlinie zwar eine Orientierung am Schaden bzw. Nachteil erlaube, diese aber nicht zu verbindlichen Kriterien mache. Eines aber halte der 35. Erwägungsgrund allgemeinverbindlich fest: Sofern ein Rechtsinhaber aufgrund der ausgenommenen Privatkopie einen Nachteil erleide, der über die Geringfügigkeitsgrenze hinausgehe, sei für ihn nach allen Rechtstraditionen ein finanzieller Ausgleich zu regeln.


61 – Vgl. Nr. 35 der Schlussanträge von Generalanwalt Tizzano vom 26. September 2002 in der Rechtssache C‑245/00, SENA, Slg. 2003, I‑1251.


62 – Auch Lehmann, M., in: Handbuch des Urheberrechts (hrsg. von Ulrich Loewenheim), 1. Aufl., München 2003, S. 878, Randnr. 46, geht davon aus, dass der freien Diskretion der Mitgliedstaaten vorbehalten bleibt, wie der „gerechte Ausgleich“ im Sinne des Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29 zu berechnen und konkret zu organisieren ist.


63 – Vgl. Dreier, T., „Die Umsetzung der Urheberrechtsrichtlinie 2001/29/EG in deutsches Recht“, Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht, 2002, S. 28, wonach die Richtlinie 2001/29 ihrer Natur nach nur hinsichtlich des zu erreichenden Ziels verbindlich ist und den Mitgliedstaaten die Wahl der Form und der Mittel freistellt. Der Autor stellt dabei fest, dass die Richtlinie dem nationalen Gesetzgeber einen mitunter beträchtlichen Spielraum belasse, wobei er an die 20 fakultativen der insgesamt 21 Schrankenbestimmungen erinnert. Carbajo Cascón, F., a. a. O. (Fn. 49), S. 26, beklagt die fehlende Konkretheit der Richtlinienvorgaben, die seiner Ansicht nach das Harmonisierungsziel konterkariert. Ullrich, J. N., a. a. O. (Fn. 13), S. 291, weist darauf hin, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29 nach eingehender Bestandsaufnahme der betreffenden Regelungen in den Mitgliedstaaten entworfen habe. Dabei habe er festgestellt, dass, sofern dort ein Ausgleich geregelt gewesen sei, er nach übereinstimmender Rechtstradition aller Mitgliedstaaten die Gestalt einer finanziellen Kompensation gehabt habe, die nur hinsichtlich ihrer Form, Einzelheiten und Höhe Unterschiede aufgewiesen habe. Nach Ansicht des Autors hat der Gemeinschaftsgesetzgeber diesen kleinsten gemeinsamen Nenner in Art. 5 Abs. 2 Buchst. b fixieren wollen, während die Form und Details der Zahlung weiterhin die Mitgliedstaaten regeln sollten. Als Argument zieht der Autor den Wortlaut des zweiten Satzes des 35. Erwägungsgrundes heran.


64 – Der Begriff des „Ziels“ in der deutschen Fassung von Art. 249 Abs. 3 EG wird auch in der deutschsprachigen Rechtslehre im Sinne eines von der Richtlinie vorgegebenen „Ergebnisses“ verstanden. Gestützt wird diese Auffassung durch die Formulierung in anderen Sprachfassungen („résultat“, „result“, „resultado“, „risultato“, „resultaat“). Die Mitgliedstaaten haben folglich einen von der Richtlinie gewünschten Rechtszustand herbeizuführen (vgl. dazu Schroeder, W., in: EUV/EGV – Kommentar [hrsg. von Rudolf Streinz], München 2003, Art. 249 EGV, Randnr. 77, S. 2178, und Biervert, B., EU-Kommentar [hrsg. von Jürgen Schwarze], Baden-Baden 2000, Art. 249 EGV, Randnr. 25, S. 2089). Aus diesem Grund hat sich in der Rechtslehre der französische Begriff der „obligation de résultat“ eingebürgert (vgl. Lenaerts, K./Van Nuffel, P., Constitutional Law of the European Union, 2. Aufl., London 2006, Randnr. 17-123, S. 768).


65 – Nach Ansicht von Häuser, M., „Pauschalvergütung und digitale Privatkopie“, Computer und Recht, 2004, S. 830, stellt die Richtlinie unmissverständlich klar, dass der nationale Gesetzgeber, sofern er sich für die Privatkopie entscheide, verpflichtet sei, den Rechtsinhabern einen gerechten Ausgleich zu verschaffen. Damit werde klargestellt, dass die Schranke der Privatkopie und das System der Vergütungspflicht zwei Seiten der gleichen Medaille darstellten, die sich nicht trennen ließen.


66 – Vgl. u. a. Urteile vom 15. Juli 1964, Costa (6/64, Slg. 1964, 1251, 1268), Enka (oben in Fn. 17 angeführt, Randnr. 22), vom 15. Dezember 1993, Hünermund (C‑292/92, Slg. 1993, I‑6787, Randnr. 8), vom 29. November 2001, De Coster (C‑17/00, Slg. 2001, I‑9445, Randnr. 23), und vom 16. Januar 2003, Pansard u. a. (C‑265/01, Slg. 2003, I‑683, Randnr. 18).


67 – Siehe Nr. 80 dieser Schlussanträge.


68 – Urteil SGAE (oben in Fn. 29 angeführt).


69 – Ebd., Randnrn. 37, 38 und 43 f.


70 – Ebd., Randnr. 43.


71 – Vgl. Nr. 67 der Schlussanträge von Generalanwältin Sharpston vom 13. Juli 2006, SGAE. Darin verweist sie wiederum auf die Ausführungen von Generalanwalt La Pergola in seinen Schlussanträgen vom 9. September 1999, Egeda (C‑293/98, Slg. 2000, I‑629, Nr. 22), der Folgendes erklärt hatte: „[Die] Feststellung[, dass eine öffentliche Wiedergabe nicht angenommen werden könne, weil der tatsächliche Empfang des gesendeten Werks von einer eigenständigen Handlung des Gastes abhänge, ist] mit einem der grundlegenden Prinzipien des Urheberrechts nicht vereinbar …, wonach dem Rechtsinhaber nicht der tatsächliche Genuss des Werkes vergütet wird, sondern die bloße rechtliche Möglichkeit dazu. Man denke z. B. an den Verleger, der dem Autor die vereinbarten Lizenzgebühren für die verkauften Exemplare eines Romans unabhängig davon zahlen muss, ob diese von den Käufern tatsächlich gelesen wurden oder nicht. Genauso könnte ein Hotel, das für die interne – zeitgleiche, vollständige und unveränderte – Kabelverbreitung einer über Satellit übertragenen Erstsendung verantwortlich ist, sich nicht weigern, dem Urheber die ihm zustehende Vergütung zu zahlen, indem es sich darauf beriefe, dass das gesendete Werk im konkreten Fall von den potenziellen Fernsehzuschauern, die Zugang zu den in den Zimmern aufgestellten Fernsehgeräten haben, nicht empfangen worden sei.“


72 – Vgl. dazu den Bericht der Kommission „Fair compensation for acts of private copying“ vom 14. Februar 2008, erhältlich im Internet (http://ec.europa.eu/internal_market/copyright/docs/levy_reform/background_en.pdf). Darin wird die Abgabe für die Fertigung einer Privatkopie als eine Art Entschädigung für die Rechtsinhaber definiert, die auf der Überlegung gründet, dass der Akt der Fertigung einer Privatkopie aus praktischen Gründen nicht lizenziert werden kann und infolgedessen dem Rechtsinhaber einen wirtschaftlichen Nachteil zufügt. Ferner wird darauf hingewiesen, dass das System der Abgabe für Privatkopien auf mitgliedstaatlicher Ebene deshalb eingeführt worden sei, weil es keine Möglichkeit gegeben habe, die Vervielfältigung von Werken zum privaten Gebrauch effektiv zu beaufsichtigen und gegebenenfalls zu erlauben.


73 – In diesem Sinne Geerlings, J., „Das Urheberrecht in der Informationsgesellschaft und pauschale Geräteabgaben im Lichte verfassungs- und europarechtlicher Vorgaben“, Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht, 2004, Heft 3, S. 208, der das in Deutschland bereits seit 1965 (§ 53 Abs. 5 Urheberrechtsgesetz a. F./ §§ 54 und 54a Urheberrechtsgesetz n. F.) geltende Pauschalabgabensystem untersucht, das insoweit Ähnlichkeiten mit dem spanischen System aufweist. Das deutsche System beruht ebenfalls auf der Überlegung, dass die direkte Erhebung einer Gebühr beim Nutzer nicht praktikabel erscheint, mit der Folge, dass sie nicht durch die Vervielfältigungshandlung ausgelöst wird, sondern durch die Veräußerung von Geräten, die die Möglichkeit zu privaten Kopien ermöglichen.


74 – Siehe Nr. 76 dieser Schlussanträge.


75 – Siehe S. 19, Randnr. 44 des Schriftsatzes der spanischen Regierung.


76 – Vgl. Bercovitz Rodríguez-Cano, R. a. a. O. (Fn. 16), S. 2, dessen Ansicht nach Art. 25 TRLPI bei der Belastung mit einer Abgabe von einer widerlegbaren Vermutung iuris tantum ausgeht, wonach die erworbenen Geräte und Speichermedien zur Herstellung von Privatkopien bestimmt seien.


77 – Davon geht auch die Kommission in ihrem Bericht „Fair compensation for acts of private copying“ vom 14. Februar 2008 unter Verweis auf die Aussagen mehrerer Verwertungsgesellschaften aus (oben in Fn. 72 angeführt), Punkt 4.2, S. 12.


78 – Im 35. Erwägungsgrund heißt es: „Bei der Festlegung der Form, der Einzelheiten und der etwaigen Höhe dieses gerechten Ausgleichs sollten die besonderen Umstände eines jeden Falls berücksichtigt werden.“


79 – Vgl. Plaza Penadés, J., a. a. O. (Fn. 16), S. 152, nach dessen Ansicht von der Regelung in Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29 nicht die Kopie erfasst ist, die eine natürliche Person für den Gebrauch durch eine juristische Person (des öffentlichen Rechts oder des Zivilrechts) herstellt, sofern darunter die Nutzung der Kopie durch eine Vielzahl von Personen zu verstehen ist. Dagegen ist der Autor offenbar der Ansicht, dass auch eine juristische Person in den Genuss der Privatkopieregelung kommen kann, vorausgesetzt, die Kopie wird ausschließlich zum privaten Gebrauch der juristischen Person genutzt.


80 – Vgl. Plaza Penadés, J., a. a. O. (Fn. 16), S. 152, der eine Nutzung der betreffenden Kopie durch eine juristische Person für kommerzielle Zwecke nicht vom Anwendungsbereich der Regelung des Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29 gedeckt sieht.


81 – Vgl. in diesem Kontext die Antwort vom Kommissar für Binnenmarkt und Dienstleistungen McCreevy vom 19. September 2007 auf die schriftliche Anfrage des Abgeordneten des Europäischen Parlaments Romeva i Rueda vom 5. Juni 2007 zur Anwendung der Urheberrechtsabgabe auf digitales Trägermaterial in Spanien (E-2864/07). Darin bringt das Kommissionsmitglied die Auffassung der Kommission zum Ausdruck, wonach nur Geräte und Anlagen, die geeignet sind, Privatkopien herzustellen und tatsächlich dazu verwendet werden, mit einer Abgabe belastet werden dürfen. Der Kommission vertritt darüber hinaus die Ansicht, dass zu kommerziellen Zwecken verwendete Anlagen (z. B. in Unternehmen oder Behörden) nicht mit Abgaben belastet werden sollten, denn dies würde bedeuten, klar über den notwendigen Ausgleich für zulässige Handlungen (d. h. Anfertigung von Privatkopien) im Sinne der Richtlinie hinauszugehen.


82 – In diesem Sinne Herrnfeld, H.-H., EU-Kommentar (hrsg. von Jürgen Schwarze), 2. Aufl., Baden-Baden 2009, Art. 94, S. 1127, Randnr. 42.


83 – Vgl. Urteile vom 22. Juni 1993, Gallagher (C‑11/92, Slg. 1993, I‑3545, Randnrn. 11 ff.), und vom 5. Oktober 1994, Crespelle (C‑323/93, Slg. 1994, I‑5077, Randnrn. 33 ff.).


84 – Siehe Nrn. 75 bis 78 dieser Schlussanträge.


85 – Eine solche nicht an den Ausgleich für Privatkopien nach Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29 anknüpfende Abgabe, die vermutlich nicht vom Anwendungsbereich der Richtlinie 2001/29 erfasst wäre, würde die Regelungskompetenz der Mitgliedstaaten vorbehaltlich sonstiger gemeinschaftsrechtlicher Schranken unberührt lassen (vgl. Urteil vom 4. Juni 2009, Moteurs Leroy Somer, C‑285/08, Slg. 2009, I‑0000, Randnr. 31).


86 – Siehe Nr. 94 dieser Schlussanträge.