Language of document : ECLI:EU:C:2011:58

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

YVES BOT

vom 9. Februar 2011(1)

Rechtssache C‑442/09

Karl Heinz Bablok,

Stefan Egeter,

Josef Stegmeier,

Karlhans Müller,

Barbara Klimesch

gegen

Freistaat Bayern

(Vorabentscheidungsersuchen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs [Deutschland])

„Genetisch veränderte Lebensmittel – Verordnung (EG) Nr. 1829/2003 – Imkereiprodukte – Eintrag von Pollen genetisch veränderter Pflanzen – Folgen – Inverkehrbringen – Begriffe ‚genetisch veränderter Organismus‘ und ‚hergestellt aus GVO‘“





1.        Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (Deutschland) legt dem Gerichtshof mehrere Fragen zur Vorabentscheidung vor, die die Auslegung von Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 1829/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. September 2003 über genetisch veränderte Lebensmittel und Futtermittel(2) betreffen.

2.        In diesen Fragen geht es um den rechtlichen Status von Lebensmitteln wie Honig und aus Pollen hergestellten Nahrungsergänzungsmitteln, bei denen festgestellt wird, dass sie ungewollt in geringer Menge Pollen von genetisch veränderten Pflanzen wie dem von Monsanto hergestellten Mais MON 810 und damit genetisch veränderte DNA und genetisch veränderte Proteine enthalten.

3.        Das vorlegende Gericht möchte im Wesentlichen wissen, ob solche Lebensmittel der mit der Verordnung Nr. 1829/2003 eingeführten Regelung der Zulassung, Kennzeichnung und Überwachung genetisch veränderter Lebensmittel unterliegen.

4.        Von den Antworten des Gerichtshofs hängt ab, ob im Ausgangsverfahren Imker(3), die in der Nähe von Grundstücken, die dem Freistaat Bayern gehören und auf denen in den letzten Jahren zu Forschungszwecken der genetisch veränderte Mais MON 810 angebaut wurde, Bienenhäuser unterhalten, einen Ausgleichsanspruch in Geld haben.

5.        Der Gerichtshof hat sich in der vorliegenden Rechtssache also mit den Problemen auseinanderzusetzen, die durch die Koexistenz von genetisch veränderten Kulturen und den diese umgebenden konventionellen Kulturen entstehen. Der Unionsgesetzgeber überlässt es derzeit nach dem Subsidiaritätsprinzip den Mitgliedstaaten, Regelungen zur Sicherstellung dieser Koexistenz festzulegen. Wie die nationalen Bestimmungen, um die es im Ausgangsverfahren geht, zeigen, kann eine solche Regelung darin bestehen, dass eine entsprechende besondere Haftung eingeführt wird. Für die Anwendung einer solchen Haftungsregelung kann es insbesondere für die Ermittlung eines Schadens eines Landwirts, dessen Produktion kontaminiert wird, erforderlich sein, festzustellen, ob ein bestimmtes Produkt als genetisch verändertes Lebensmittel einzustufen ist und als solches gemäß der Verordnung Nr. 1829/2003 einer Zulassung für das Inverkehrbringen bedarf und Überwachungs- und Kennzeichnungspflichten unterliegt. Diese Qualifizierung stellt eines der Hauptprobleme der vorliegenden Rechtssache dar.

6.        In diesen Schlussanträgen werde ich dem Gerichtshof zunächst vorschlagen, festzustellen, dass Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie 2001/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. März 2001 über die absichtliche Freisetzung genetisch veränderter Organismen(4) in die Umwelt und zur Aufhebung der Richtlinie 90/220/EWG des Rates(5) und Art. 2 Nr. 4 der Verordnung Nr. 1829/2003 dahin auszulegen sind, dass Pollen einer genetisch veränderten Pflanze, der seine Aufgabe im Rahmen der Fortpflanzung der Pflanzen nicht mehr erfüllen kann, wenn er in Honig gelangt oder als Nahrungsergänzungsmittel verwendet wird, keinen „Organismus“ im Sinne dieser Bestimmungen darstellt.

7.        Ich werde dem Gerichtshof sodann vorschlagen, festzustellen, dass Art. 2 Nr. 10 der Verordnung Nr. 1829/2003 dahin auszulegen ist, dass ein Lebensmittel bereits dann als „hergestellt aus GVO“ anzusehen ist, wenn es Material aus genetisch veränderten Pflanzen enthält. Außerdem werde ich darauf hinweisen, dass Art. 3 Abs. 1 Buchst. c dieser Verordnung meines Erachtens dahin auszulegen ist, dass es sich bei Honig, der Pollen einer genetisch veränderten Pflanze enthält, sowie bei den Nahrungsergänzungsmitteln, die aus solchem Pollen hergestellt werden, um Lebensmittel handelt, die eine Zutat enthalten, die aus GVO hergestellt wird. Ich werde klarstellen, dass es insoweit nicht darauf ankommt, ob solchen Lebensmitteln das Material einer genetisch veränderten Pflanze absichtlich beigegeben wird.

8.        Schließlich werde ich dem Gerichtshof vorschlagen, festzustellen, dass Art. 3 Abs. 1 und Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1829/2003 dahin auszulegen sind, dass das ungewollte Vorhandensein in Honig von Pollen einer Maissorte wie etwa MON 810, für die gemäß der Richtlinie 90/220/EWG des Rates vom 23. April 1990 über die absichtliche Freisetzung genetisch veränderter Organismen in die Umwelt(6) eine Genehmigung für das Inverkehrbringen erteilt worden ist und von der nur bestimmte Erzeugnisse gemäß Art. 8 Abs. 1 Buchst. a dieser Verordnung als bereits existierende Erzeugnisse zugelassen sind, bedeutet, dass dieser Honig einer Zulassung für das Inverkehrbringen gemäß dieser Verordnung bedarf. Ich werde ergänzen, dass die in Art. 12 Abs. 2 und Art. 47 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1829/2003 vorgesehenen Toleranzgrenzen nicht analog auf das sich aus Art. 4 Abs. 2 dieser Verordnung ergebende Erfordernis der Zulassung für das Inverkehrbringen anwendbar sind.

I –    Rechtlicher Rahmen

A –    Unionsrecht

1.      Richtlinie 2001/18

9.        Nach ihrem Art. 1 in Verbindung insbesondere mit ihrem Erwägungsgrund 28 regelt die Richtlinie 2001/18 in der durch die Verordnung Nr. 1829/2003 und die Verordnung (EG) Nr. 1830/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. September 2003(7) geänderten Fassung die absichtliche Freisetzung genetisch veränderter Organismen in die Umwelt zu anderen Zwecken als dem Inverkehrbringen in der Europäischen Gemeinschaft sowie das Inverkehrbringen genetisch veränderter Organismen als Produkt oder in Produkten, wenn die beabsichtigte Verwendung des Produkts die absichtliche Freisetzung des Organismus/der Organismen in die Umwelt voraussetzt.

10.      Erwägungsgrund 4 der Richtlinie 2001/18 lautet:

„Lebende Organismen, die in großen oder kleinen Mengen zu experimentellen Zwecken oder in Form von kommerziellen Produkten in die Umwelt freigesetzt werden, können sich in dieser fortpflanzen und sich über die Landesgrenzen hinaus ausbreiten, wodurch andere Mitgliedstaaten in Mitleidenschaft gezogen werden können. Die Auswirkungen solcher Freisetzungen können unumkehrbar sein.“

11.      Nach Erwägungsgrund 5 der Richtlinie 2001/18 „[erfordert] [d]er Schutz der menschlichen Gesundheit und der Umwelt … eine gebührende Kontrolle der Risiken infolge der absichtlichen Freisetzung [von GVO] in die Umwelt“.

12.      Im Übrigen heißt es in Erwägungsgrund 13 der Richtlinie 2001/18, dass „[diese] … den internationalen Erfahrungen auf diesem Gebiet sowie den internationalen Handelsverpflichtungen in angemessener Weise Rechnung [trägt]. Sie sollte die Anforderungen des Protokolls von Cartagena über die biologische Sicherheit[(8)] zum Übereinkommen über die biologische Vielfalt[(9)] beachten.“

13.      Nach Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2001/18 dürfen GVO nur im Einklang mit Teil B bzw. Teil C der Richtlinie absichtlich freigesetzt oder in den Verkehr gebracht werden, d. h. im Wesentlichen nach Einreichung einer entsprechenden Anmeldung, der Bewertung der Risiken für die menschliche Gesundheit und die Umwelt und schließlich der Zulassung durch die zuständige Behörde.

14.      Nach Art. 4 Abs. 3 der Richtlinie 2001/18 sind Gegenstand der Bewertung, die Fall für Fall zu erfolgen hat, mögliche schädliche Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt, die unmittelbar oder mittelbar durch den Gentransfer von GVO auf andere Organismen auftreten können.

2.      Verordnung Nr. 1829/2003

15.      Nach Erwägungsgrund 1 der Verordnung Nr. 1829/2003 „[ist] [d]er freie Verkehr mit sicheren und gesunden Lebens- und Futtermitteln … ein wichtiger Aspekt des Binnenmarkts und trägt wesentlich zur Gesundheit und zum Wohlergehen der Bürger und zu ihren sozialen und wirtschaftlichen Interessen bei“.

16.      Nach Erwägungsgrund 2 der Verordnung Nr. 1829/2003 „[sollte] [b]ei der Durchführung der Politiken der Gemeinschaft … ein hohes Maß an Schutz für Leben und Gesundheit des Menschen gewährleistet werden“.

17.      Entsprechend heißt es in Erwägungsgrund 3 der Verordnung Nr. 1829/2003, dass „… Lebensmittel und Futtermittel, die aus [GVO] bestehen, diese enthalten oder daraus hergestellt werden (im Folgenden als ‚genetisch veränderte Lebensmittel und Futtermittel‘ bezeichnet) [zum Schutz der Gesundheit von Mensch und Tier] einer Sicherheitsprüfung nach einem Gemeinschaftsverfahren unterzogen werden [sollten], bevor sie in der Gemeinschaft in Verkehr gebracht werden“.

18.      In Erwägungsgrund 9 der Verordnung Nr. 1829/2003 wird hierzu weiter ausgeführt, dass „… genetisch veränderte Lebensmittel und Futtermittel nur dann für das Inverkehrbringen in der Gemeinschaft zugelassen werden [sollten], wenn eine den höchstmöglichen Anforderungen standhaltende wissenschaftliche Bewertung aller damit verbundenen Risiken für die Gesundheit von Mensch und Tier bzw. für die Umwelt unter der Verantwortung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit[(10)] … durchgeführt worden ist“.

19.      In Erwägungsgrund 11 der Verordnung Nr. 1829/2003 heißt es u. a.: „Wenn … bei der Herstellung von Lebensmitteln und/oder Futtermitteln verwendete GVO nach dieser Verordnung zugelassen worden sind, benötigen Lebensmittel und/oder Futtermittel, die diese GVO enthalten, daraus bestehen oder daraus hergestellt werden, keine Zulassung nach dieser Verordnung, sondern unterliegen den Erfordernissen der für diese GVO erteilten Zulassung.“

20.      In Erwägungsgrund 16 der Verordnung Nr. 1829/2003 wird ausgeführt, dass die Verordnung „… Lebensmittel und Futtermittel abdecken [sollte], die ‚aus‘ einem GVO, jedoch nicht solche, die ‚mit‘ einem GVO hergestellt sind. Entscheidend dabei ist, ob das Lebensmittel oder Futtermittel einen aus dem genetisch veränderten Ausgangsmaterial hergestellten Stoff enthält.“

21.      Art. 2 der Verordnung Nr. 1829/2003 enthält eine Liste von Definitionen von für die Anwendung der Verordnung relevanten Begriffen, mitunter unter Verweis auf die Definitionen dieser Begriffe in der Richtlinie 2000/13/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. März 2000 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Etikettierung und Aufmachung von Lebensmitteln sowie die Werbung hierfür(11), die Richtlinie 2001/18 oder die Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit(12).

22.      Diese Liste enthält u. a. folgende Begriffsbestimmungen:

–        „Lebensmittel“: alle Stoffe oder Erzeugnisse, die dazu bestimmt sind oder von denen nach vernünftigem Ermessen erwartet werden kann, dass sie in verarbeitetem, teilweise verarbeitetem oder unverarbeitetem Zustand von Menschen aufgenommen werden;

–        „Organismus“: jede biologische Einheit, die fähig ist, sich zu vermehren oder genetisches Material zu übertragen;

–        „[GVO]“: ein Organismus mit Ausnahme des Menschen, dessen genetisches Material so verändert worden ist, wie es auf natürliche Weise durch Kreuzen und/oder natürliche Rekombination nicht möglich ist;

–        „absichtliche Freisetzung“: jede Art von absichtlichem Ausbringen eines GVO oder einer Kombination von GVO in die Umwelt, bei dem keine spezifischen Einschließungsmaßnahmen angewandt werden, um ihren Kontakt mit der Bevölkerung und der Umwelt zu begrenzen und ein hohes Sicherheitsniveau für die Bevölkerung und die Umwelt zu erreichen;

–        „Umweltverträglichkeitsprüfung“: Bewertung der direkten oder indirekten, sofortigen oder späteren Risiken für die menschliche Gesundheit und die Umwelt, die mit der absichtlichen Freisetzung oder dem Inverkehrbringen von GVO verbunden sein können;

–        „genetisch veränderte Lebensmittel“: Lebensmittel, die GVO enthalten, daraus bestehen oder hergestellt werden;

–        „zur Verwendung als Lebensmittel/in Lebensmitteln bestimmte GVO“: GVO, der als Lebensmittel oder als Ausgangsmaterial für die Herstellung von Lebensmitteln verwendet werden kann;

–        „hergestellt aus GVO“: vollständig oder teilweise aus GVO abgeleitet, aber keine GVO enthaltend oder daraus bestehend;

–        „Zutat“: jeder Stoff, einschließlich der Zusatzstoffe, der bei der Herstellung oder Zubereitung eines Lebensmittels verwendet wird und – wenn auch möglicherweise in veränderter Form – im Enderzeugnis vorhanden bleibt.

23.      Der Anwendungsbereich der Verordnung Nr. 1829/2003 ist, was genetisch veränderte Lebensmittel angeht, in Art. 3 Abs. 1 dieser Verordnung festgelegt. Darin ist bestimmt, dass der Abschnitt „Zulassung und Überwachung“ Anwendung findet auf:

„a)      zur Verwendung als Lebensmittel/in Lebensmitteln bestimmte GVO,

b)      Lebensmittel, die GVO enthalten oder aus solchen bestehen,

c)      Lebensmittel, die aus GVO hergestellt werden oder Zutaten enthalten, die aus GVO hergestellt werden“.

24.      Art. 4 Abs. 2 der Verordnung lautet:

„Niemand darf einen zur Verwendung als Lebensmittel/in Lebensmitteln bestimmten GVO oder ein in Artikel 3 Absatz 1 genanntes Lebensmittel in Verkehr bringen, wenn der Organismus oder das Lebensmittel nicht über eine gemäß diesem Abschnitt erteilte Zulassung verfügt und die entsprechenden Zulassungsvoraussetzungen erfüllt.“

25.      Art. 4 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1829/2003 macht die Zulassung u. a. von dem Nachweis abhängig, dass der GVO oder das genetisch veränderte Lebensmittel keine nachteiligen Auswirkungen auf die Gesundheit von Mensch und Tier oder die Umwelt hat.

26.      Nach Art. 7 Abs. 5 der Verordnung Nr. 1829/2003 gilt die Zulassung, die gemäß dem in der Verordnung festgelegten Verfahren erteilt wird, in der gesamten Gemeinschaft zehn Jahre und ist erneuerbar.

27.      Für existierende Erzeugnisse ist in Art. 8 der Verordnung Nr. 1829/2003 bestimmt:

„(1)      Abweichend von Artikel 4 Absatz 2 können Erzeugnisse, die unter diesen Abschnitt fallen und die vor dem Geltungsbeginn dieser Verordnung rechtmäßig in der Gemeinschaft in Verkehr gebracht wurden, unter folgenden Voraussetzungen weiterhin in Verkehr gebracht, verwendet und verarbeitet werden:

a)      Bei Erzeugnissen, die gemäß der Richtlinie 90/220 … vor Inkrafttreten der Verordnung (EG) Nr. 258/97 [des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Januar 1997 über neuartige Lebensmittel und neuartige Lebensmittelzutaten(13)] oder gemäß den in der Verordnung … Nr. 258/97 genannten Bestimmungen in Verkehr gebracht wurden, melden die für das Inverkehrbringen der betreffenden Erzeugnisse verantwortlichen Unternehmer der Kommission innerhalb von sechs Monaten nach dem Geltungsbeginn dieser Verordnung das Datum, an dem die Erzeugnisse erstmals in der Gemeinschaft in Verkehr gebracht wurden;

b)      bei Erzeugnissen, die rechtmäßig in der Gemeinschaft in Verkehr gebracht wurden, jedoch nicht unter Buchstabe a) genannt sind, melden die für das Inverkehrbringen der betreffenden Erzeugnisse verantwortlichen Unternehmer der Kommission innerhalb von sechs Monaten nach dem Geltungsbeginn dieser Verordnung, dass die Erzeugnisse vor dem Geltungsbeginn dieser Verordnung in der Gemeinschaft in Verkehr gebracht wurden.

(2)      Der Meldung gemäß Absatz 1 sind die in Artikel 5 Absatz 3 und gegebenenfalls Absatz 5 genannten Unterlagen beizufügen; die Kommission leitet diese Unterlagen an die Behörde und die Mitgliedstaaten weiter. Die Behörde übermittelt dem gemeinschaftlichen Referenzlabor die in Artikel 5 Absatz 3 Buchstaben i) und j) genannten Unterlagen. Das gemeinschaftliche Referenzlabor testet und validiert die vom Antragsteller vorgeschlagene Methode zum Nachweis und zur Identifizierung.

(3)      Innerhalb eines Jahres nach dem Geltungsbeginn dieser Verordnung werden die betreffenden Erzeugnisse in das Register eingetragen, nachdem überprüft worden ist, dass alle erforderlichen Informationen vorgelegt und geprüft worden sind. …

(4)      Innerhalb von neun Jahren nach dem Datum, an dem die Erzeugnisse gemäß Absatz 1 Buchstabe a) erstmals in Verkehr gebracht wurden, jedoch auf keinen Fall eher als drei Jahre nach dem Geltungsbeginn dieser Verordnung, stellen die für das Inverkehrbringen verantwortlichen Unternehmer einen Antrag gemäß Artikel 11, der entsprechend gilt.

Innerhalb von drei Jahren nach dem Geltungsbeginn dieser Verordnung stellen die für das Inverkehrbringen von Erzeugnissen gemäß Absatz 1 Buchstabe b) verantwortlichen Unternehmer einen Antrag gemäß Artikel 11, der entsprechend gilt.

…“

28.      Nach Art. 9 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1829/2003 haben der Zulassungsinhaber und die sonstigen Beteiligten nach Erteilung einer Zulassung gemäß der Verordnung alle Bedingungen oder Einschränkungen zu erfüllen, die in der Zulassung auferlegt werden, und insbesondere dafür zu sorgen, dass Erzeugnisse, für die die Zulassung nicht gilt, nicht als Lebensmittel oder Futtermittel in Verkehr gebracht werden.

29.      In Art. 12 (Kapitel II Abschnitt 2 [„Kennzeichnung“]) der Verordnung Nr. 1829/2003 ist bestimmt:

„(1)      Dieser Abschnitt gilt für Lebensmittel, die als solche an den Endverbraucher oder an Anbieter von Gemeinschaftsverpflegung innerhalb der Gemeinschaft geliefert werden sollen und die:

a)      GVO enthalten oder daraus bestehen oder

b)      aus GVO hergestellt werden oder Zutaten enthalten, die aus GVO hergestellt werden.

(2)      Dieser Abschnitt gilt nicht für Lebensmittel, die Material enthalten, das GVO enthält, aus solchen besteht oder aus solchen hergestellt ist, mit einem Anteil, der nicht höher ist als 0,9 Prozent der einzelnen Lebensmittelzutaten oder des Lebensmittels, wenn es aus einer einzigen Zutat besteht, vorausgesetzt, dieser Anteil ist zufällig oder technisch nicht zu vermeiden.

…“

30.      In Art. 47 („Übergangsmaßnahmen bei zufälligem oder technisch nicht zu vermeidendem Vorhandensein von genetisch verändertem Material, zu dem die Risikobewertung befürwortend ausgefallen ist“) der Verordnung Nr. 1829/2003 ist bestimmt:

„(1)      Das Vorhandensein von Material in Lebensmitteln oder Futtermitteln, das GVO enthält, aus solchen besteht oder aus solchen hergestellt ist, mit einem Anteil, der nicht höher ist als 0,5 Prozent, gilt nicht als Verstoß gegen Artikel 4 Absatz 2 …, sofern

a)      es zufällig oder technisch nicht zu vermeiden ist;

b)      zu dem genetisch veränderten Material durch den (die) wissenschaftliche(n) Ausschuss (Ausschüsse) der Gemeinschaft oder die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit vor dem Geltungsbeginn dieser Verordnung eine befürwortende Stellungnahme abgegeben wurde;

c)      der entsprechende Zulassungsantrag nicht nach den einschlägigen Gemeinschaftsvorschriften abgelehnt worden ist;

d)      die Nachweisverfahren öffentlich verfügbar sind.

(5)      Dieser Artikel bleibt während eines Zeitraums von drei Jahren nach dem Geltungsbeginn dieser Verordnung anwendbar.“

3.      Richtlinie 2001/110/EG

31.      Art. 1 der Richtlinie 2001/110/EG des Rates vom 20. Dezember 2001 über Honig(14) lautet:

„Diese Richtlinie gilt für die in Anhang I beschriebenen Erzeugnisse. Diese Erzeugnisse müssen den in Anhang II festgelegten Anforderungen entsprechen.“

32.      Anhang I Nr. 1 der Richtlinie 2001/110 enthält folgende Begriffsbestimmung:

„Honig ist der natursüße Stoff, der von Bienen der Art Apis mellifera erzeugt wird, indem die Bienen Nektar von Pflanzen oder Absonderungen lebender Pflanzenteile oder sich auf den lebenden Pflanzenteilen befindliche Sekrete von an Pflanzen saugenden Insekten aufnehmen, durch Kombination mit eigenen spezifischen Stoffen umwandeln, einlagern, dehydrieren und in den Waben des Bienenstockes speichern und reifen lassen.“

33.      In Anhang II Abs. 1 bis 3 der Richtlinie 2001/110 wird näher ausgeführt:

„Honig besteht im Wesentlichen aus verschiedenen Zuckerarten, insbesondere aus Fructose und Glucose sowie aus organischen Säuren, Fermenten und beim Honigsammeln aufgenommenen festen Partikeln. …

Dem Honig dürfen weder Lebensmittelzutaten noch Lebensmittelzusatzstoffe noch andere Stoffe als Honig beigegeben worden sein, soll er als Honig in Verkehr gebracht oder in einem für den menschlichen Verzehr bestimmten Erzeugnis verwendet werden. Der Honig muss, soweit möglich, frei von organischen und anorganischen Fremdstoffen sein. …

Unbeschadet des Anhangs I Ziffer 2 Buchstabe b) Ziffer viii) dürfen dem Honig weder Pollen noch honigeigene Bestandteile entzogen werden, es sei denn, dass dies beim Entziehen von anorganischen oder organischen Fremdstoffen unvermeidbar ist.“

B –    Nationales Recht

34.      In § 36a des Gesetzes zur Regelung der Gentechnik (Gentechnikgesetz, im Folgenden: GenTG), der durch das Gesetz vom 21. Dezember 2004(15) eingeführt worden ist, ist bestimmt:

„(1)      Die Übertragung von Eigenschaften eines Organismus, die auf gentechnischen Arbeiten beruhen, oder sonstige Einträge von [GVO] stellen eine wesentliche Beeinträchtigung im Sinne von § 906 des Bürgerlichen Gesetzbuchs [im Folgenden: BGB] dar, wenn entgegen der Absicht des Nutzungsberechtigten wegen der Übertragung oder des sonstigen Eintrags Erzeugnisse insbesondere

1.      nicht in Verkehr gebracht werden dürfen oder

2.      nach den Vorschriften dieses Gesetzes oder nach anderen Vorschriften nur unter Hinweis auf die gentechnische Veränderung gekennzeichnet in den Verkehr gebracht werden dürfen …“

35.      Art. 906 Abs. 2 BGB in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Januar 2002(16) lautet:

„Das Gleiche gilt insoweit, als eine wesentliche Beeinträchtigung durch eine ortsübliche Benutzung des anderen Grundstücks herbeigeführt wird und nicht durch Maßnahmen verhindert werden kann, die Benutzern dieser Art wirtschaftlich zumutbar sind. Hat der Eigentümer hiernach eine Einwirkung zu dulden, so kann er von dem Benutzer des anderen Grundstücks einen angemessenen Ausgleich in Geld verlangen, wenn die Einwirkung eine ortsübliche Benutzung seines Grundstücks oder dessen Ertrag über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt.“

II – Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

36.      Monsanto wurde 1998 in Durchführung der Entscheidung 98/294/EG der Kommission vom 22. April 1998 über das Inverkehrbringen von genetisch verändertem Mais (Zea mays L., Linie MON 810) gemäß der Richtlinie 90/220(17) die Genehmigung für das Inverkehrbringen des genetisch veränderten Maises MON 810(18) erteilt.

37.      Mehrere aus Mais der Linie MON 810 hergestellte Erzeugnisse wurden nach der Verordnung Nr. 258/97 genehmigt und später gemäß Art. 8 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 1829/2003 als bestehende Erzeugnisse angemeldet. Es handelt sich dabei um Maismehl, Maisgluten, Maisgries, Maisstärke, Maisglukose und Maisöl.

38.      Monsanto beantragte 2007 die Erneuerung dieser Zulassungen. Dieser Antrag wird noch geprüft. Nach Art. 11 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1829/2003 verlängert sich der Zulassungszeitraum, bis eine Entscheidung getroffen wird.

39.      Allerdings wurde der Anbau des Maises MON 810 in Deutschland mit Bescheid des Bundesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit vom 17. April 2009 verboten, mit dem das vorläufige Ruhen der Inverkehrbringensgenehmigung angeordnet wurde.

40.      Der genetisch veränderte Mais MON 810 enthält ein Gen des Bodenbakteriums Bacillus turingiensis (Bt), das in der Maispflanze zur Bildung von Bt-Toxinen führt. Diese Bt-Toxine richten sich gegen die Raupen des Maiszünslers, einer für Mais schädlichen Schmetterlingsart, deren Larven bei einem Befall die Maispflanze in ihrer Entwicklung schwächen. Die im Bt-Mais gebildeten Bt-Toxine zerstören Zellen im Verdauungstrakt der Insektenlarven und führen dadurch zu deren Tod.

41.      Der Freistaat Bayern ist Eigentümer verschiedener Grundstücke, auf denen in den vergangenen Jahren zu Forschungszwecken MON 810‑Mais angebaut wurde. Er schließt es nicht aus, diesen Anbau wieder aufzunehmen, sobald das für das Bundesgebiet erlassene Anbauverbot außer Kraft tritt.

42.      Herr Bablok ist Betreiber einer Liebhaberimkerei. Er produziert in der Nähe der Anbauflächen des Freistaats Bayern Honig zum Verkauf und für den Eigenbedarf. Ferner produzierte er bis zum Jahr 2005 Pollen zum Verkauf als Lebensmittel in Form von Nahrungsergänzungsmitteln. Er beabsichtigt die Wiederaufnahme der Pollenproduktion, sobald das Risiko des Eintrags von genetisch verändertem Pollen nicht mehr besteht.

43.      Herr Egeter, Herr Stegmeier, Herr Müller und Frau Klimesch traten dem Ausgangsverfahren erst im Berufungsverfahren bei. Sie betreiben ebenfalls Liebhaberimkereien, teilweise nur zum Eigenbedarf. Ihre Bienenhäuser sind zwischen 1 km und 3 km von den Anbauflächen des Freistaats Bayern entfernt.

44.      Pollen, der von den Bienen als Nahrung gesammelt wird, kann entweder zufällig bei der Bildung des Honigs durch die Bienen in den Honig gelangen oder technisch bedingt bei dessen Ernte durch das Schleudern der Waben, durch das neben dem Inhalt der Honigzellen auch der Inhalt benachbarter Pollenzellen extrahiert werden kann.

45.      Im Jahr 2005 wurden im Maispollen, der von Herrn Bablok in Bienenstöcken geerntet worden war, die in 500 m Entfernung zum Versuchsgut des Freistaats Bayern aufgestellt waren, MON 810-DNA, und zwar 4,1 % in Relation zur Gesamt-Mais-DNA, sowie transgene Proteine (Bt-Toxin) festgestellt.

46.      Ferner wurde im Honig von Herrn Bablok in einzelnen Proben in sehr geringen Mengen auch MON 810-DNA nachgewiesen, die von dem Eintrag von Pollen dieses Maises stammt.

47.      In den Imkereiprodukten der anderen Kläger war zum Zeitpunkt des Erlasses des Vorlagebeschlusses keine MON 810-DNA nachgewiesen worden.

48.      Im Rahmen des Ausgangsverfahrens zwischen den Klägern des Ausgangsverfahrens und dem Freistaat Bayern, der von Monsanto Technology LLC, Monsanto Agrar Deutschland GmbH und Monsanto Europe SA unterstützt wird, muss das vorlegende Gericht über den Antrag auf Feststellung entscheiden, dass die betroffenen Imkereiprodukte durch den Pollen des Maises MON 810 im Sinne von § 36a GenTG und § 906 Abs. 2 BGB „wesentlich beeinträchtigt“ und damit nicht mehr verkehrs- oder gebrauchsfähig sind(19).

49.      Erstinstanzlich vertrat das Bayerische Verwaltungsgericht Augsburg in seinem Urteil vom 30. Mai 2008 die Auffassung, dass der Eintrag von Pollen des Maises MON 810 den Honig und die aus Pollen hergestellten Nahrungsergänzungsmittel zu zulassungspflichtigen Lebensmitteln mache, so dass diese Produkte nach Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1829/2003 ohne eine solche Zulassung nicht in den Verkehr gebracht werden dürften(20).

50.      Herr Bablok, der Freistaat Bayern sowie Monsanto Technology LLC und Monsanto Agrar Deutschland GmbH legten gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg Berufung zum Bayerischen Verwaltungsgerichtshof ein.

51.      Vor diesem Gericht tragen der Freistaat Bayern sowie Monsanto Technology LLC und Monsanto Agrar Deutschland GmbH vor, dass die Verordnung Nr. 1829/2003 auf Pollen der Maislinie MON 810, der im Honig enthalten sei oder als Nahrungsergänzungsmittel verwendet werde, nicht anwendbar sei, weil bei deren Zulassung zur Freisetzung in die Natur nach der Richtlinie 2001/18 die Folgen eines geringfügigen natürlichen Eintrags in Lebensmittel geprüft und daher mitgenehmigt worden seien.

52.      Im Übrigen stelle Pollen in Honig oder als Nahrungsergänzungsmittel keinen GVO im Sinne der Verordnung Nr. 1829/2003 dar, weil der Pollen in dem Zeitpunkt, in dem er in den Honig gelange oder zur Verwendung als Lebensmittel/Nahrungsergänzungsmittel bestimmt werde, keine konkret-individuelle Fortpflanzungsfähigkeit mehr besitze und das bloße Vorhandensein transgener DNA und/oder transgener Proteine hierfür nicht ausreiche.

53.      Die Verordnung Nr. 1829/2003 sei jedenfalls auf Honig als tierisches Lebensmittel nicht anwendbar. Anderenfalls müssten die Zulassungsvorschriften der Verordnung einschränkend ausgelegt werden. Bei einem zufälligen Eintrag von in der Natur rechtmäßig vorhandenem Pollen der Linie MON 810 wäre dann eine Genehmigung für das Inverkehrbringen erst ab einem Schwellenwert von 0,9 % wie demjenigen, der im Bereich der Kennzeichnung in Art. 12 Abs. 2 dieser Verordnung vorgesehen sei, erforderlich.

54.      Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof führt aus, dass der bisherige und mögliche künftige Anbau von Mais der Linie MON 810 bei verlängerter Inverkehrbringensgenehmigung rechtlich zulässig und folglich von den Klägern des Ausgangsverfahrens gemäß § 906 Abs. 2 BGB zu dulden sei.

55.      Im Hinblick auf diese Bestimmung erläutert das vorlegende Gericht, dass es für die im Ausgangsverfahren entscheidungserhebliche Frage, ob eine wesentliche Beeinträchtigung der Imkereiprodukte vorliege, darauf ankomme, ob diese Produkte bei einem Eintrag von Pollen der Linie MON 810 aufgrund von Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1829/2003 mangels Zulassung als genetisch veränderte Lebensmittel nicht mehr in den Verkehr gebracht oder jedenfalls nur unter Hinweis auf die genetische Veränderung gekennzeichnet in den Verkehr gebracht werden dürften.

56.      Das Vorhandensein von Pollen der Maislinie MON 810 könne solche Folgen nur dann haben, wenn die Imkereiprodukte, die diesen Pollen enthielten, in den Anwendungsbereich der Verordnung Nr. 1829/2003 fielen.

57.      Dies hänge zunächst davon ab, ob es sich bei Pollen wie dem im Ausgangsverfahren in Rede stehenden um einen „Organismus“ im Sinne von Art. 2 Nr. 4 dieser Verordnung und um einen „GVO“ im Sinne von Art. 2 Nr. 5 dieser Verordnung handele; in diesen beiden Bestimmungen werde auf die Definitionen dieser Begriffe in der Richtlinie 2001/18 verwiesen.

58.      Bei Pollen von Mais handele es sich um einen Organismus, da er sich zwar nicht selbst vermehren, aber unter natürlichen Bedingungen als männliche Geschlechtszelle genetisches Material auf die weiblichen Geschlechtszellen übertragen könne.

59.      Der Maispollen verliere seine Fähigkeit zur Befruchtung einer weiblichen Maisblüte allerdings innerhalb relativ kurzer Zeit aufgrund von Austrocknung, so dass er kein funktionsfähiger lebender Organismus mehr sei, nachdem der Honig, in dem der Pollen eingeschlossen sei, von den Bienen in Waben eingelagert und gedeckelt werde sowie bis zur Erntefähigkeit reifen müsse. Gleiches gelte für den Pollen in Pollenprodukten zu dem Zeitpunkt, zu dem diese zur Verwendung als Lebensmittel/Nahrungsergänzungsmittel bestimmt würden.

60.      Es spreche einiges dafür, dass ein „Organismus“ und ein „GVO“ nur als funktionstüchtige Einheit, d. h. lebende biologische Einheit, verstanden werden könnten. Es reiche nicht aus, dass die abgestorbenen Maispollenkörner transgene DNA oder transgene Proteine enthielten. Nach den Begriffen des „Organismus“ und des „GVO“ im Sinne der Richtlinie 2001/18 sei es erforderlich, dass die enthaltene Erbinformation auch auf einen entsprechenden Empfänger zur Rekombination konkret weitergegeben werden könne. Dafür spreche der Erwägungsgrund 4 dieser Richtlinie. Der Anknüpfungspunkt dieser Richtlinie scheine somit die Lebensfähigkeit und die damit verbundene Fortpflanzungsfähigkeit zu sein, und nicht nur der bloße Transport von DNA, die sich auf natürliche Weise nicht mehr selbständig vermehren könne.

61.      Allerdings sei fraglich, ob eine solche Auslegung nicht dem Zweck des Schutzes der Gesundheit von Mensch und Tier, der mit der Verordnung Nr. 1829/2003 verfolgt werde, widerspreche; diese Verordnung wolle nach ihren Erwägungsgründen 1 bis 3 und 9 nur sichere, gesunde und den höchstmöglichen Anforderungen standhaltende Lebensmittel/Futtermittel in den Verkehr bringen lassen. Mit einem solchen Zweck könnte es nicht vereinbar sein, dass Lebensmittel, die genetisch veränderte DNA oder Proteine in unbegrenzter Höhe enthielten, aus dem Schutzbereich der Verordnung ausgenommen würden. Insoweit könnte es im Rahmen dieser Verordnung im Hinblick auf für den Menschen sichere Lebensmittel also weniger auf die Frage der konkreten Fortpflanzungsfähigkeit des GVO ankommen, sondern bereits das Vorhandensein von genetisch verändertem Material von Relevanz sein.

62.      Vor diesem Hintergrund hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.      Ist der Begriff „GVO“ gemäß Art. 2 Nr. 5 der Verordnung Nr. 1829/2003 so auszulegen, dass er auch Material genetisch veränderter Pflanzen (hier Pollen der genetisch veränderten Maislinie MON 810) erfasst, das zwar genetisch veränderte DNA und genetisch veränderte Proteine (hier Bt-Toxin) enthält, aber zu dem Zeitpunkt, in dem es in ein Lebensmittel (hier Honig) gelangt oder zur Verwendung als Lebensmittel/Nahrungsergänzungsmittel bestimmt wird, keine konkret-individuelle Fortpflanzungsfähigkeit (mehr) besitzt?

2.      Für den Fall, dass Frage 1 zu verneinen ist:

a)      Ist es jedenfalls für Lebensmittel, die im Sinne von Art. 2 Nr. 10 der Verordnung Nr. 1829/2003 „hergestellt aus GVO“ sind, ausreichend, dass das Lebensmittel Material aus genetisch veränderten Pflanzen enthält, das zu einem früheren Zeitpunkt eine konkret-individuelle Fortpflanzungsfähigkeit besessen hat?

Falls dies zu bejahen ist:

b)      Ist der Begriff „hergestellt aus GVO“ im Sinne von Art. 2 Nr. 10, Art. 3 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 1829/2003 so auszulegen, dass er in Bezug auf GVO keinen bewussten zielgerichteten Produktionsprozess verlangt und auch den ungewollten und zufälligen Eintrag von (früheren) GVO in ein Lebensmittel (hier Honig bzw. Pollen als Nahrungsergänzungsmittel) erfasst?

3.      Für den Fall, dass die Frage 1 oder die Frage 2 zu bejahen ist:

Ist Art. 3 Abs. 1, Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1829/2003 so auszulegen, dass jeglicher Eintrag von in der Natur rechtmäßig vorhandenem genetisch verändertem Material in tierische Lebensmittel wie Honig deren Zulassungs- und Überwachungspflicht auslöst, oder können anderweitig geltende Schwellenwerte (z. B. nach Art. 12 Abs. 2 der Verordnung) entsprechend herangezogen werden?

III – Würdigung

63.      Mit den ersten beiden Fragen möchte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof wissen, ob der Fall, dass Pollen der genetisch veränderten Maislinie MON 810 in Honig enthalten ist oder als Nahrungsergänzungsmittel verwendet wird, unter die Verordnung Nr. 1829/2003 fällt. Die dritte Frage betrifft die Folgen, die die Einbeziehung solcher Erzeugnisse in den Anwendungsbereich dieser Verordnung hätte.

A –    Zur ersten Frage

64.      Mit seiner ersten Frage möchte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof wissen, ob Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie 2001/18 und Art. 2 Nr. 4 der Verordnung Nr. 1829/2003 dahin auszulegen sind, dass Pollen einer genetisch veränderten Pflanze, der, wenn er in den Honig gelangt oder als Nahrungsergänzungsmittel verwendet wird, seine Aufgabe im Rahmen der Fortpflanzung der Pflanzen nicht mehr erfüllen kann, einen „Organismus“ im Sinne dieser Vorschriften darstellt.

65.      In Art. 2 Nr. 4 der Verordnung Nr. 1829/2003 wird auf die Definition des Begriffs „Organismus“ in der Richtlinie 2001/18 verwiesen. Nach Art. 2 Nr. 1 dieser Richtlinie stellt „jede biologische Einheit, die fähig ist, sich zu vermehren oder genetisches Material zu übertragen“, einen Organismus dar.

66.      Wegen dieses ausdrücklichen Verweises in der Verordnung Nr. 1829/2003 muss der Begriff des Organismus in diesen beiden Rechtsakten dieselbe Bedeutung haben.

67.      Allein anhand des Wortlauts von Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie 2001/18 lässt sich die Vorlagefrage nicht ohne Weiteres beantworten. Da die Fähigkeit, sich zu vermehren oder genetisches Material zu übertragen, eines der Merkmale ist, die ein Lebewesen ausmachen, ebenso wie die Fähigkeit, sich am Leben zu erhalten und sich seinem jeweiligen Lebensraum anzupassen, neige ich allerdings bereits allein aufgrund des Wortlauts von Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie 2001/18 zu der Annahme, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber mit seiner Formulierung unter Organismen nur die biologischen Einheiten verstehen wollte, die zu dem für ihre Qualifizierung als GVO maßgeblichen Zeitpunkt tatsächlich die Fähigkeit besitzen, sich zu vermehren oder genetisches Material zu übertragen. Da die Biologie als Wissenschaft vom Leben definiert werden kann, und spezieller als die Wissenschaft, die sich mit der Fortpflanzung der Lebewesen befasst, könnte die Kombination des Ausdrucks „biologische Einheit“ mit dem Satzteil „die fähig ist, sich zu vermehren oder genetisches Material zu übertragen“ ein wenig redundant erscheinen, wenn damit nicht ausgedrückt werden sollte, dass nur diejenigen biologischen Einheiten gemeint sind, die aktiv und noch fähig sind, sich zu vermehren oder genetisches Material zu übertragen.

68.      Auch andere Bestimmungen der Richtlinie 2001/18 sprechen dafür, dass mit „Organismus“ im Sinne von Art. 2 Nr. 1 dieser Richtlinie nur lebende Organismen gemeint sind, d. h. Einheiten, deren Vitalfunktionen, in erster Linie die Funktion der Fortpflanzung, noch intakt sind.

69.      Zunächst wird in Erwägungsgrund 4 dieser Richtlinie darauf hingewiesen, dass „lebende Organismen[(21)], die in großen oder kleinen Mengen zu experimentellen Zwecken oder in Form von kommerziellen Produkten in die Umwelt freigesetzt werden, … sich in dieser fortpflanzen und sich über die Landesgrenzen hinaus ausbreiten [können], wodurch andere Mitgliedstaaten in Mitleidenschaft gezogen werden können. Die Auswirkungen solcher Freisetzungen können unumkehrbar sein.“ Betrachtet man Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie vor dem Hintergrund dieses Erwägungsgrundes, lässt sich also schließen, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber mit „biologische[n] Einheit[en], die fähig [sind], sich zu vermehren oder genetisches Material zu übertragen“, nur diejenigen meint, die zu dem Zeitpunkt, zu dem sie in die Umwelt freigesetzt werden, noch über ihre Vitalfunktionen verfügen, insbesondere in der Lage sind, sich fortzupflanzen und ihre genetischen Eigenschaften weiterzugeben.

70.      Sodann trägt die Richtlinie 2001/18 nach ihrem Erwägungsgrund 13 „den internationalen Erfahrungen auf diesem Gebiet sowie den internationalen Handelsverpflichtungen in angemessener Weise Rechnung. Sie sollte die Anforderungen des Protokolls … zum Übereinkommen über die biologische Vielfalt beachten“.

71.      Das Protokoll soll zur Sicherstellung eines angemessenen Schutzniveaus bei der sicheren Weitergabe, Handhabung und Verwendung der durch moderne Biotechnologie hervorgebrachten lebenden veränderten Organismen, die nachteilige Auswirkungen auf die biologische Vielfalt haben können, beitragen, wobei auch Risiken für die menschliche Gesundheit zu berücksichtigen sind. Der Anwendungsbereich des Protokolls ist ausdrücklich auf lebende Organismen beschränkt. Interessanterweise kommt die Definition eines „lebenden Organismus“ im Sinne dieses Protokolls der Definition in Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie 2001/18 sehr nahe. Nach Art. 3 Buchst. h des Protokolls bedeutet lebender Organismus nämlich „jede biologische Einheit, die genetisches Material übertragen oder vervielfältigen kann, einschließlich steriler Organismen, Viren und Viroiden“.

72.      Ferner ist festzustellen, dass in der Verordnung (EG) Nr. 1946/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Juli 2003 über grenzüberschreitende Verbringungen genetisch veränderter Organismen(22), mit der die im Protokoll vorgesehenen Verfahren in der Europäischen Union durchgeführt werden sollen, auf den Begriff des „Organismus“, wie er in Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie 2001/18 definiert ist, verweist, was die Annahme bestätigt, dass sich die Definitionen des „Organismus“ im Sinne dieser Bestimmung und des „lebenden Organismus“ im Sinne von Art. 3 Buchst. h des Protokolls überschneiden.

73.      Meines Erachtens werden mit dem Adjektiv „fähig“ in Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie 2001/18 bzw. mit dem Modalverb „kann“ in Art. 3 Buchst. h des Protokolls also diejenigen biologischen Einheiten bezeichnet, die noch konkret über die erforderlichen Eigenschaften verfügen, um sich zu vermehren oder genetisches Material zu übertragen. So gesehen ist mit dem Adjektiv „fähig“ bzw. dem Modalverb „kann“ nicht im weiteren Sinne eine allgemeine und abstrakte Fähigkeit der Fortpflanzung und der Übertragung genetischen Materials gemeint, die für eine bestimmte Art kennzeichnend wäre.

74.      Die Kläger des Ausgangsverfahrens sind anderer Auffassung. Ihrer Meinung nach ist bei der Definition des Organismus auf dessen allgemeine und abstrakte Fortpflanzungsfähigkeit abzustellen. Dies ergebe sich ganz klar aus Art. 3 Buchst. h des Protokolls, der in die Kategorie der „lebenden Organismen“ ausdrücklich sterile Organismen einbeziehe. Wenn auf die konkret-individuelle Fortpflanzungsfähigkeit abgestellt würde, würde es sich bei sterilen (also nicht mehr fortpflanzungsfähigen) genetisch veränderten Pflanzen zwar noch um Pflanzen, aber nicht mehr um Organismen handeln. Der Begriff des Organismus im Sinne der Richtlinie 2001/18 wäre dann enger als der biologische Begriff des Organismus, was der Absicht des Gemeinschaftsgesetzgebers zuwiderliefe.

75.      Diese Argumentation überzeugt mich nicht; die Kläger des Ausgangsverfahrens übersehen dabei nämlich, dass sterile Organismen, auch wenn sie sich nicht geschlechtlich fortpflanzen können, ihr genetisches Material dennoch im Wege der ungeschlechtlichen oder vegetativen Fortpflanzung vervielfältigen können. Ein steriler Organismus kann deshalb durchaus als eine Einheit angesehen werden, die über die konkrete Fähigkeit verfügt, genetisches Material zu übertragen(23).

76.      Zur Begründung ihrer Auffassung, dass in der Definition in Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie 2001/18 auf eine allgemeine und abstrakte Fortpflanzungsfähigkeit des Organismus abgestellt werde, führen die Kläger des Ausgangsverfahrens das Beispiel der Viren und Viroiden an. Diese Mikroorganismen lebten nicht. Sie könnten sich auch nicht selbständig vermehren. Aus der Anführung von Viren und Viroiden in Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 2009/41/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Mai 2009 über die Anwendung genetisch veränderter Mikroorganismen in geschlossenen Systemen(24) und in Art. 3 Buchst. h des Protokolls sei ersichtlich, dass unter den Begriff des Organismus nicht nur lebende Organismen fielen.

77.      Die Frage, ob es sich bei Viren und Viroiden um Lebewesen handelt, werde ich hier offen lassen; die Frage ist wissenschaftlich zu sehr umstritten. Im Hinblick auf ihre Fähigkeit, genetisches Material weiterzugeben, sollen mit dem in den genannten Bestimmungen vorkommenden Ausdruck „genetisches Material … übertragen“ offenbar gerade Einheiten wie Viren und Viroide in den Begriff des Organismus einbezogen werden, auch wenn sie selbst aktiv kein genetisches Material replizieren können. Viren sind nichtzelluläre Mikroorganismen, die aus genetisches Material enthaltenden Proteinen und Nukleinsäuren (DNA oder RNA) bestehen; sie sind nicht fähig, sich selbst zu replizieren, können aber ihr genetisches Material in andere Zellen (von Tieren, Pflanzen oder Mikroben) einpflanzen, wo es durch die Mechanismen dieser Zellen repliziert wird. Viroide sind Krankheitserreger, die Pflanzen befallen und aus kleinen, nackten (d. h. nicht von Proteinen umschlossenen) RNA-Molekülen bestehen. Sowohl Viren als auch Viroide nutzen die Zellen ihrer Wirtsorganismen, um ihr genetisches Material zu replizieren(25). Diese Unselbständigkeit schließt meines Erachtens aber nicht das Vorhandensein einer konkreten Fähigkeit der biologisch aktiven Viren und Viroiden aus, „genetisches Material zu übertragen“.

78.      Die Einbeziehung von sterilen Organismen sowie Viren und Viroiden in Definitionen, die derjenigen in Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie 2001/18 nahekommen, schließt deshalb meines Erachtens nicht aus, dass unter Organismus im Sinne dieser Bestimmung nur biologisch aktive Einheiten zu verstehen sind, die tatsächlich in der Lage sind, sich zu vermehren oder genetisches Material zu übertragen.

79.      Im Übrigen zeigen diese Beispiele nach meiner Meinung, warum nicht nur auf die Vermehrung, sondern auch auf die Übertragung von genetischem Material abgestellt wird. Der Gemeinschaftsgesetzgeber und, auf internationaler Ebene im Rahmen des Protokolls, die Staaten wollten, als sie auf die Vervielfältigung und die Übertragung genetischen Materials abgestellt haben, somit die verschiedenen Formen der Weitergabe von genetischem Material, sei es durch Vermehrung oder durch Übertragung genetischen Materials, erfassen.

80.      Die Kläger des Ausgangsverfahrens, in diesem Punkt von der griechischen Regierung unterstützt, bringen weitere Argumente zur Begründung ihrer Auffassung vor, dass Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie 2001/18 eine weite Definition der Organismen enthalte, die mehr umfasse als Lebewesen, die die konkrete Fähigkeit besäßen, sich zu vermehren oder genetisches Material zu übertragen. Sowohl das Vorsorgeprinzip als auch die Ziele des Umwelt- und Gesundheitsschutzes sprächen für einen solchen Ansatz. Dass der Gemeinschaftsgesetzgeber nicht nur auf die Vermehrung, sondern auch auf die Übertragung genetischen Materials abgestellt habe, bedeute eher, dass selbst Organismen, die ihre Vitalfunktionen verloren hätten, unter diese Definition fielen. Die Kläger des Ausgangsverfahrens stützen sich hierbei hauptsächlich auf den Begriff des horizontalen Gentransfers.

81.      Auch wenn das Phänomen selbst und sein Umfang nach wie vor wissenschaftlich umstritten sind, kann nämlich genetisches Material entweder vertikal, d. h. innerhalb derselben Art, oder horizontal, d. h. von einer Art zur anderen, übertragen werden.

82.      Nach einer der Hypothesen zur horizontalen Übertragung genetischen Materials wird das genetische Material einer genetisch veränderten Pflanze von Mikroorganismen, wie z. B. Bakterien, aufgenommen. Es kann sich dabei etwa um Pflanzenteile, wie z. B. Blätter, handeln, deren genetisches Material bei ihrer Zersetzung im Boden dort fortbesteht und dann von in diesem Ökosystem vorhandenen Bakterien aufgenommen werden kann. Es besteht auch die Hypothese, dass eine horizontale Übertragung dadurch erfolgen kann, dass Material einer genetisch veränderten Pflanze von im Verdauungstrakt eines Menschen vorhandenen Bakterien aufgenommen wird. Nach dieser Übertragung kann im Wirtsorganismus unter bestimmten Umständen (die ebenfalls wissenschaftlich umstritten sind) eine genetische Rekombination stattfinden.

83.      Die Kläger des Ausgangsverfahrens tragen vor, dass auch nach dem Tod einer biologischen Einheit das diese kennzeichnende genetische Material in deren Überresten fortbestehen könne, so dass die Übertragung genetischen Materials weiter möglich sei, und sie schließen daraus, dass der Begriff des „Organismus“ im Sinne von Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie 2001/18 auch tote biologische Einheiten umfassen müsse. Da toter Pollen, der im Honig enthalten sei oder als Nahrungsergänzungsmittel verwendet werde, nach einer Verarbeitung wie etwa dem Trocknen nicht stets sein genetisches Material verloren habe und sich somit immer noch in Richtung anderer Organismen oder Mikroorganismen verbreiten könne, sei dieser Pollen noch als „Organismus“ im Sinne dieses Artikels anzusehen. Solange also ein bestimmtes Material, auch wenn nicht mehr aktiv, noch genetische Informationen (DNA oder RNA) enthalte, die von anderen Einheiten aufgenommen werden könnten, sei es immer noch als „Organismus“ im Sinne dieses Artikels anzusehen.

84.      Ich teile diese Auffassung nicht, und zwar aus folgenden Gründen.

85.      Zunächst ist festzustellen, dass das Protokoll und die vorbereitenden und erläuternden Schriftstücke zu diesem Protokoll eher dafür sprechen, dass mit der Übertragung genetischen Materials – neben der Replikation – die verschiedenen Modalitäten der Weitergabe des genetischen Materials durch eine aktive biologische Einheit erfasst werden sollen. Da sich die Definitionen in Art. 3 Buchst. h des Protokolls und Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie 2001/18 ähneln, bezweifle ich, dass die Bezugnahme auf die Übertragung genetischen Materials im Rahmen der letzteren Bestimmung weiter reicht und damit auch die Fälle einer horizontalen Übertragung genetischen Materials durch tote biologische Einheiten umfasst.

86.      Außerdem kann eine biologische Einheit, wenn sie ihre Vitalfunktionen verloren hat, nicht mehr aktiv an der Übertragung des genetischen Materials mitwirken. Ihr kommt bei dieser Übertragung überhaupt keine Rolle mehr zu. Wenn eine Verbreitung ihres genetischen Materials in der Weise erfolgt, dass dieses durch Bakterien aufgenommen wird, handelt es sich um eine rein passive Weitergabe dieses Materials, die von der Umgebung abhängt, in dem sich dieses Material befindet. In einem solchen Fall kann meines Erachtens nicht angenommen werden, dass die biologische Einheit noch „fähig“ wäre, genetisches Material zu übertragen. Das heißt, das bloße Vorhandensein von DNA in biologischem Material, das keine Vitalfunktionen mehr hat, und die mögliche Aufnahme dieser DNA durch andere Organismen kommen meines Erachtens nicht der Fähigkeit einer biologischen Einheit, genetisches Material zu übertragen, im Sinne von Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie 2001/18 gleich.

87.      Im Übrigen läuft die Argumentation der Kläger des Ausgangsverfahrens, die den Fortbestand von genetischem Material nach dem Tod der biologischen Einheit unter bestimmten Umständen hervorhebt, möglicherweise darauf hinaus, den Organismus und sein genetisches Material, d. h. seine DNA, völlig gleichzusetzen, da die DNA, solange sie nicht zerstört ist, immer von einem anderen Organismus aufgenommen werden kann. Die beiden Begriffe dürfen aber nicht miteinander verwechselt werden. Das geht aus der Erläuterung in dem von der Kommission erstellten Leitfaden für die Anwendung der Richtlinie 90/220(26) hervor, in der es heißt:

„The definition of ‚organism‘ covers: micro-organisms, including viruses and viroids; plants and animals; including ova, seeds, pollen, cell cultures and tissue cultures from plants and animals. This definition does not cover naked r DNA and naked r-plasmids[(27)].“(28)

88.      Ich kann das Anliegen der Kläger des Ausgangsverfahrens, durch eine weite Fassung des Begriffs des Organismus zu gewährleisten, dass die Risiken im Zusammenhang mit einem horizontalen Transfer von genetischem Material stets in eine Bewertung einbezogen werden, durchaus nachvollziehen. Dieses berechtigte Anliegen allein rechtfertigt es aber nicht, unter den Begriff des Organismus alle – lebenden oder toten – biologischen Einheiten zu fassen, die einer Art angehören, die fähig ist, sich zu vermehren oder genetisches Material zu übertragen.

89.      Wenn der Gemeinschaftsgesetzgeber, wie ich annehme, den Begriff des „Organismus“ im Sinne von Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie 2001/18 auf aktive biologische Einheiten beschränken wollte, heißt das nämlich nicht, dass bei der Erteilung einer Freisetzungsgenehmigung für einen GVO keine Bewertung der Risiken im Zusammenhang mit einem horizontalen Transfer von genetischem Material dieses Organismus, ob lebend oder tot, vorgenommen würde. Das geht aus der Entscheidung 2002/623/EG der Kommission vom 24. Juli 2002 über Leitlinien zur Ergänzung des Anhangs II („Grundprinzipien für die Umweltverträglichkeitsprüfung“) der Richtlinie 2001/18(29) hervor. Im Rahmen der Ermittlung der Merkmale, die schädliche Auswirkungen haben können, weist die Kommission ausdrücklich auf die – vertikale oder horizontale – Übertragung von genetischem Material hin(30). Deshalb läuft die Auslegung von Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie 2001/18, die ich dem Gericht vorschlage, weder dem Vorsorgeprinzip noch dem Ziel des Umwelt- und Gesundheitsschutzes zuwider.

90.      Nach alledem kann Pollen des Maises MON 810, der nicht mehr lebensfähig ist und somit seine Aufgabe im Rahmen der Fortpflanzung dieser Pflanzensorte nicht mehr erfüllen kann, meines Erachtens nicht als „Organismus“ im Sinne von Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie 2001/18 und Art. 2 Nr. 4 der Verordnung Nr. 1829/2003 angesehen werden. Folglich stellt dieser Pollen keinen GVO im Sinne von Art. 2 Nr. 2 dieser Richtlinie(31) und Art. 2 Nr. 5 dieser Verordnung dar. Der Fall, mit dem sich das vorlegende Gericht zu befassen hat, d. h., dass nicht lebensfähiger Pollen einer genetisch veränderten Pflanze in Honig oder Nahrungsergänzungsmitteln enthalten ist, fällt somit weder unter die Kategorie der „zur Verwendung als Lebensmittel/in Lebensmitteln bestimmten GVO“ im Sinne von Art. 3 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 1829/2003 noch unter die Kategorie der „Lebensmittel, die GVO enthalten oder aus solchen bestehen“, im Sinne von Art. 3 Abs. 1 Buchst. b dieser Verordnung(32).

91.      Hierbei bin ich wie das vorlegende Gericht davon ausgegangen, dass es sich bei dem im Honig enthaltenen oder als Nahrungsergänzungsmittel verwendeten Pollen nicht mehr um eine lebende biologische Einheit, sondern um unbelebte Materie handelt, im Gegensatz z. B. zu einem Samen, der immer noch keimen könnte, wenn er in die Lebensmittelkette gelangen würde. Es ist natürlich letztlich Sache des vorlegenden Gerichts, anhand von wissenschaftlichen Gutachten, die ihm gegebenenfalls vorgelegt werden, zu prüfen, ob es sich bei Pollen, der unter den genannten Umständen verwendet wird, nicht mehr um eine lebende biologische Einheit handelt.

92.      Wie wir gleich sehen werden, bedeutet die von mir vorgeschlagene Antwort auf die erste Frage nicht, dass das Vorhandensein von Pollen einer genetisch veränderten Pflanze in Lebensmitteln überhaupt nicht in den Anwendungsbereich der Verordnung Nr. 1829/2003 fiele. Über den Begriff der Lebensmittel, die aus GVO hergestellt werden, können solche Sachverhalte nämlich im Rahmen der Verordnung erfasst und die Risiken im Zusammenhang mit einem horizontalen Gentransfer für diese Art von Lebensmitteln bewertet werden(33).

B –    Zur zweiten Frage

93.      Die zweite Vorlagefrage enthält zwei Aspekte. Das vorlegende Gericht möchte zunächst wissen, ob Art. 2 Nr. 10 der Verordnung Nr. 1829/2003 dahin auszulegen ist, dass ein Lebensmittel bereits dann als „hergestellt aus GVO“ anzusehen ist, wenn es Material aus genetisch veränderten Pflanzen enthält, das zu einem früheren Zeitpunkt eine konkret-individuelle Fortpflanzungsfähigkeit besessen hat. Für den Fall, dass dies zu bejahen sein sollte, möchte das Gericht weiter wissen, ob der Begriff „hergestellt aus GVO“ verlangt, dass das Material des GVO diesem Lebensmittel absichtlich beigegeben wird, oder ob er auch den ungewollten Eintrag dieses Materials in dieses Lebensmittel erfasst.

94.      Wie aus ihrem dritten Erwägungsgrund hervorgeht, liegt der Verordnung Nr. 1829/2003 maßgeblich der Gedanke zugrunde, dass genetisch veränderte Lebens- und Futtermittel zum Schutz der Gesundheit von Mensch und Tier einer Sicherheitsprüfung nach einem Gemeinschaftsverfahren unterzogen werden müssen, bevor sie in der Union in Verkehr gebracht werden.

95.      „[G]enetisch veränderte Lebensmittel“ sind nach Art. 2 Nr. 6 dieser Verordnung „Lebensmittel, die GVO enthalten, daraus bestehen oder hergestellt werden“.

96.      Der Anwendungsbereich der Verordnung Nr. 1829/2003 ist in deren Art. 3 Abs. 1 bestimmt. In diesen fallen erstens zur Verwendung als Lebensmittel/in Lebensmitteln bestimmte GVO, zweitens Lebensmittel, die GVO enthalten oder aus solchen bestehen, und drittens Lebensmittel, die aus GVO hergestellt werden oder Zutaten enthalten, die aus GVO hergestellt werden. Dieser Anwendungsbereich ist sehr umfassend, da nur Lebensmittel ausgeschlossen sind, die „mit“ einem GVO hergestellt werden.

97.      Der Unterschied zwischen der Kategorie der „aus“ einem GVO hergestellten Lebensmittel und der Kategorie der „mit“ einem GVO hergestellten Lebensmittel wird in Erwägungsgrund 16 der Verordnung Nr. 1829/2003 klar. Nach diesem Erwägungsgrund „[ist dabei] [e]ntscheidend, ob das Lebensmittel … einen aus dem genetisch veränderten Ausgangsmaterial hergestellten Stoff enthält“(34). In diesem Erwägungsgrund werden im Hinblick auf dieses Kriterium als Beispiele für Produkte, die mit GVO hergestellt worden sind und somit vom Anwendungsbereich der Verordnung Nr. 1829/2003 ausgeschlossen sind, „Produkte, die aus Tieren gewonnen worden sind, welche mit genetisch veränderten Futtermitteln gefüttert oder mit genetisch veränderten Arzneimitteln behandelt wurden“, angeführt. Nach dem gegenwärtigen Stand der Wissenschaft ist nämlich nicht erwiesen, dass die in einem genetisch veränderten Futtermittel enthaltene DNA oder allgemein ein Stoff dieses Futtermittels bzw. ein genetisch verändertes Arzneimittel auch in dem Fleisch eines Tieres vorhanden sein kann, das mit einem solchen Futtermittel gefüttert oder mit einem solchen Arzneimittel behandelt worden ist.

98.      Nach diesem maßgeblichen Kriterium, nämlich dem Vorhandensein eines aus dem genetisch veränderten Ausgangsmaterial hergestellten Stoffes in dem Lebensmittel, sind meines Erachtens sowohl der Honig, in dem Pollen des Maises MON 810 nachgewiesen werden kann, als auch die Nahrungsergänzungsmittel, die aus Pollen hergestellt werden und Pollen dieser Maissorte enthalten, als Lebensmittel anzusehen, die „aus“ GVO hergestellt werden.

99.      Anders als die Kommission meint, kommt es bei der Qualifizierung dieser Lebensmittel als „aus GVO hergestellt“ meines Erachtens weder auf die Unterscheidung zwischen diesen beiden Kategorien von Lebensmitteln noch auf die Unterscheidung zwischen einem natürlichen Honigbestandteil und einer Honigzutat an.

100. Die Kommission vertritt nämlich die Auffassung, dass zwar die Nahrungsergänzungsmittel, die Pollen eines GVO enthielten, als Lebensmittel, die aus GVO hergestellt würden, in den Anwendungsbereich der Verordnung Nr. 1829/2003 fielen, nicht aber Honig, in dem Spuren von Pollen einer genetisch veränderten Pflanze gefunden würden. Dieser Pollen sei als ein natürlicher Bestandteil von Honig einzustufen, und nicht als Zutat desselben.

101. Dieses Argument der Kommission lenkt unseren Blick auf den Wortlaut von Art. 3 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 1829/2003, der „Lebensmittel, die aus GVO hergestellt werden oder Zutaten enthalten, die aus GVO hergestellt werden“ dem Anwendungsbereich dieser Verordnung unterstellt. Dieser Artikel entwickelt, indem er auf den Begriff der „Zutaten“ abstellt, für Lebensmittel(35) die in Art. 2 Nr. 10 dieser Verordnung enthaltene Definition weiter.

102. Es ist also zu prüfen, ob Pollen, der in Honig enthalten ist oder als Nahrungsergänzungsmittel verwendet wird, nach der Definition in Art. 2 Nr. 13 der Verordnung Nr. 1829/2003 in Verbindung mit Art. 6 Abs. 4 der Richtlinie 2000/13 als „Zutat“ eingestuft werden kann. Nach dieser letzten Bestimmung ist Zutat „jeder Stoff, einschließlich der Zusatzstoffe, der bei der Herstellung oder Zubereitung eines Lebensmittels verwendet wird und – wenn auch möglicherweise in veränderter Form – im Enderzeugnis vorhanden bleibt“.

103. Während bei Pollen, der in aus Pollen hergestellten Nahrungsergänzungsmitteln enthalten ist, auf der Hand liegt, dass dieser eine Zutat dieser Nahrungsergänzungsmittel darstellt, sind bei dem im Honig enthaltenen Pollen insoweit einige Ausführungen zu machen.

104. In Anhang II der Richtlinie 2001/110 über Honig sind die „Merkmale der Zusammensetzung des Honigs“ beschrieben. Nach Abs. 1 dieses Anhangs besteht Honig nicht nur aus verschiedenen Zuckerarten, sondern auch aus anderen Stoffen wie etwa „beim Honigsammeln aufgenommenen festen Partikeln“.

105. Wie die Kläger des Ausgangsverfahrens erläutern, wird der Pollen, der für die Nährstoffversorgung der Jungbienen wichtig ist, von den Bienen auf den Blüten mit Hilfe ihres Haarkleids gesammelt. Die Beine der Bienen seien alle mit aus Haaren bestehenden Kämmen und Bürsten versehen, mit denen diese den Pollen sammeln und zu Klümpchen formen könnten. Im Bienenstock würden diese Klümpchen abgestreift und in speziellen Vorratszellen abgelegt. Diese befänden sich auf der Wabenoberfläche unmittelbar neben den Honigzellen.

106. Bei der Honigernte entnimmt der Imker die Honigwaben aus dem Bienenstock, um sie zu schleudern. Aufgrund der Zentrifugalkraft entleeren die Wabenzellen ihren Honig. In den Honigwaben befinden sich aber zwangsläufig immer auch Pollenzellen. So entleeren sich die Pollenzellen gleichzeitig mit den Honigzellen, und der Pollen vermischt sich mit dem Honig(36).

107. Nach Anhang II Abs. 3 der Richtlinie 2001/110 „[dürfen dem Honig] [u]nbeschadet des Anhangs I Ziffer 2 Buchstabe b) Ziffer viii)[(37)] … weder Pollen noch honigeigene Bestandteile entzogen werden, es sei denn, dass dies beim Entziehen von anorganischen oder organischen Fremdstoffen unvermeidbar ist“.

108. Aus dieser Bestimmung folgt, dass es sich beim Pollen um einen organischen Stoff handelt, der Wesensbestandteil des Honigs ist. Er ist kein Fremdkörper, keine Verunreinigung des Honigs, sondern ein normaler Bestandteil des Honigs, der im Prinzip nicht entzogen werden darf(38). Diese Eigenschaft als honigeigener Bestandteil ist unabhängig davon, wie oft der Pollen eingetragen wird und in welcher Menge er im Honig zu finden ist; diese Merkmale hängen von Zufällen bei der Herstellung und Ernte des Honigs ab.

109. Im Hinblick auf den Begriff der „Zutat“, wie er in Art. 6 Abs. 4 der Richtlinie 2000/13 definiert ist, lässt sich meines Erachtens nun recht leicht feststellen, dass Pollen ein besonderer Honigbestandteil und gleichzeitig ein Stoff ist, „der bei der Herstellung oder Zubereitung“ des Honigs „verwendet wird“ und „im Enderzeugnis vorhanden bleibt“.

110. Die von der Kommission vorgeschlagene Unterscheidung zwischen einer „Zutat“ und einem „natürlichen Bestandteil“ würde – abgesehen von ihrem theoretischen Charakter – den Eintrag von Pollen einer genetisch veränderten Pflanze im Honig vom Anwendungsbereich der Verordnung ausschließen, was dem vom Gemeinschaftsgesetzgeber in Erwägungsgrund 16 der Verordnung Nr. 1829/2003 klar ausgedrückten Willen zuwiderliefe, entscheidend darauf abzustellen, ob das Lebensmittel einen aus dem genetisch veränderten Ausgangsmaterial hergestellten Stoff enthält. Im Übrigen würde, wenn man der Auffassung der Kommission folgte, dass ein Stoff nur als „Zutat“ zu qualifizieren sei, wenn er durch den Eingriff des Menschen in das Lebensmittel gelange, die Ernte des Honigs durch Schleudern, wodurch Pollen mit dem Honig vermischt wird, gerade einen solchen Eingriff darstellen.

111. Bei dem im Honig enthaltenen Pollen des Maises MON 810 handelt es sich meines Erachtens auch ganz klar um eine Zutat, die im Sinne von Art. 3 Abs. 1 Buchst. c dieser Verordnung „aus GVO hergestellt [wird]“. Der in Rede stehende Pollen ist nämlich nach der Definition in Art. 2 Nr. 10 dieser Verordnung aus GVO „abgeleitet“ und nach den Ausführungen zur ersten Frage weder als einen GVO enthaltend noch als daraus bestehend anzusehen.

112. Nachdem feststeht, dass der Pollen eine Zutat des Honigs ist und dass es sich um eine Zutat handelt, die aus GVO hergestellt wird, ist der im Ausgangsverfahren in Rede stehende Honig meines Erachtens im Sinne von Art. 3 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 1829/2003 als ein Lebensmittel anzusehen, das eine solche Zutat „[enthält]“. Somit ist festzustellen, dass dieser Honig nach dieser Bestimmung in den Anwendungsbereich dieser Verordnung fällt.

113. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Imker die Absicht hat, seinem Honig Pollen einer genetisch veränderten Pflanze beizugeben – das ist der zweite Aspekt der zweiten Vorlagefrage.

114. Nach den Erläuterungen zu der Art und Weise, wie der Pollen in den Honig gelangt, ist dieser Eintrag, dessen Menge vom Zufall abhängt, nicht auf eine Willensentscheidung des Imkers zurückzuführen, sondern auf ein Ereignis, das wesentlicher Bestandteil der Herstellung des Honigs ist.

115. Die Anwendbarkeit der Verordnung Nr. 1829/2003, die voraussetzt, dass ein Lebensmittel entweder einen GVO oder einen aus dem genetisch veränderten Ausgangsmaterial hergestellten Stoff enthält (objektives Kriterium), kann nicht von dem subjektiven Kriterium abhängen, ob dieses Vorhandensein gewollt ist oder nicht. Ein solches subjektives Kriterium liefe dem mit der Verordnung Nr. 1829/2003 verfolgten Ziel des Schutzes der Gesundheit des Menschen zuwider, da das Risiko, das von einem genetisch veränderten Lebensmittel für die Gesundheit des Menschen ausgehen kann, nicht davon abhängt, ob der in Rede stehende Stoff bewusst oder unbewusst beigegeben worden ist.

116. Zudem weisen die Kläger des Ausgangsverfahrens zu Recht darauf hin, dass durch eine subjektivierende enge Auslegung des Begriffs „die aus GVO hergestellt werden“ der Anwendungsbereich der Bestimmungen der Verordnung Nr. 1829/2003 über die Kennzeichnung von genetisch veränderten Lebensmitteln in einer Weise eingegrenzt würde, die deren klarem Regelungsgehalt zuwiderliefe. Nach Art. 12 Abs. 1 Buchst. b dieser Verordnung sind nämlich Lebensmittel, die aus GVO hergestellt werden, als solche zu kennzeichnen. Diese Kennzeichnungspflicht entfällt nur, wenn der Anteil an Material aus GVO nicht höher ist als 0,9 %, vorausgesetzt, dieses Vorhandensein ist zufällig oder technisch nicht zu vermeiden. Diese letzte Voraussetzung ergäbe keinen Sinn, wenn ein Lebensmittel, allein weil das Vorhandensein von Material aus GVO in ihm zufällig oder technisch nicht zu vermeiden ist, nicht mehr als „aus GVO hergestellt“ anzusehen wäre und somit nicht mehr in den Anwendungsbereich der Verordnung Nr. 1829/2003 fiele.

117. Nach alledem ist Art. 2 Nr. 10 der Verordnung Nr. 1829/2003 dahin auszulegen, dass ein Lebensmittel bereits dann als „hergestellt aus GVO“ anzusehen ist, wenn es Material aus genetisch veränderten Pflanzen enthält. Ferner ist Art. 3 Abs. 1 Buchst. c dieser Verordnung dahin auszulegen, dass es sich bei Honig, der Pollen einer genetisch veränderten Pflanze enthält, sowie bei den Nahrungsergänzungsmitteln, die aus solchem Pollen hergestellt werden, um Lebensmittel handelt, die eine Zutat enthalten, die aus GVO hergestellt wird. Insoweit kommt es nicht darauf an, ob solchen Lebensmitteln das Material einer genetisch veränderten Pflanze absichtlich beigegeben wird.

118. Schließlich ist noch auf das Argument einzugehen, dass Honig ein tierisches Produkt sei und deshalb nicht in den Anwendungsbereich der Verordnung Nr. 1829/2003 falle. Das vorlegende Gericht bezieht sich insoweit auf eine vom Ständigen Ausschuss für die Lebensmittelkette und Tiergesundheit in einer Sitzung vom 23. Juni 2004 geäußerte Auffassung, wonach Honig ein tierisches Produkt sei und deshalb, wenn er nicht von genetisch veränderten Bienen produziert werde, nicht in den Anwendungsbereich der Verordnung falle. Meines Erachtens ist dies unerheblich.

119. Aus Anhang I Nr. 1 der Richtlinie 2001/110 geht hervor, dass Honig zwar von Bienen erzeugt wird, das Ausgangsmaterial aber sowohl pflanzlich (Nektar von Pflanzen oder Absonderungen lebender Pflanzenteile) als auch tierisch (sich auf den lebenden Pflanzenteilen befindliche Sekrete von an Pflanzen saugenden Insekten) ist. Im Übrigen haben wir gesehen, dass nach Anhang II Abs. 1 dieser Richtlinie „Honig [u. a.] aus … beim Honigsammeln aufgenommenen festen Partikeln [besteht]“. Wie bereits ausgeführt ist maßgebliches Kriterium dafür, dass der Honig in den Anwendungsbereich der Verordnung Nr. 1829/2003 fällt, die Tatsache, dass er Material einer genetisch veränderten Pflanze, im vorliegenden Fall Pollen, enthält(39).

120. Im Übrigen teile ich nicht die Auffassung der Kommission, dass sich aus dem 16. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1829/2003 ergebe, dass alle tierischen Erzeugnisse vom Anwendungsbereich dieser Verordnung ausgeschlossen seien. Die vom Gemeinschaftsgesetzgeber in diesem Erwägungsgrund angeführten Beispiele, wie etwa Produkte, die aus Tieren gewonnen worden sind, welche mit genetisch veränderten Futtermitteln gefüttert wurden, dienen allein der Veranschaulichung dessen, was unter die Kategorie der „mit“ einem GVO hergestellten Lebensmittel fällt, in denen das Vorhandensein eines aus dem genetisch veränderten Ausgangsmaterial hergestellten Stoffes festzustellen ist. In diesen Beispielen kommt meines Erachtens nicht der Wille des Gemeinschaftsgesetzgebers zum Ausdruck, tierische Erzeugnisse, die wie Honig einen aus dem genetisch veränderten Ausgangsmaterial hergestellten Stoff enthalten können, vom Anwendungsbereich der Verordnung Nr. 1829/2003 auszuschließen.

121. Zum Schluss meiner Prüfung der ersten beiden Vorlagefragen möchte ich zusammenfassen, wie ich die Unterteilung in Art. 3 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1829/2003 zur Bestimmung ihres Anwendungsbereichs verstehe.

122. Wie ich im Rahmen der Prüfung der ersten Frage dargelegt habe, können nur lebende oder – wenn man so will – biologisch aktive Organismen GVO darstellen. Mithin erfordern die in Art. 3 Abs. 1 Buchst. a („zur Verwendung als Lebensmittel/in Lebensmitteln bestimmte GVO“) und Buchst. b („Lebensmittel, die GVO enthalten oder aus solchen bestehen“) der Verordnung Nr. 1829/2003 beschriebenen Kategorien das Vorhandensein von Organismen, die noch leben, d. h. fähig sind, sich zu vermehren oder genetisches Material zu übertragen.

123. Wenn nun ein Lebensmittel leblose oder tote Bruchstücke eines GVO enthält, fällt es gemäß Art. 3 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 1829/2003 in deren Anwendungsbereich. Es ist auch im Sinne von Art. 2 Nr. 10 dieser Verordnung als „vollständig oder teilweise aus GVO abgeleitet, aber keine GVO enthaltend oder daraus bestehend“ anzusehen.

124. Hierbei ist hervorzuheben, dass es für die Einordnung eines Lebensmittels in diese Kategorie nach dem Erwägungsgrund 16 der Verordnung Nr. 1829/2003 entscheidend darauf ankommt, ob es einen Stoff enthält, der aus dem genetisch veränderten Ausgangsmaterial hergestellt wurde. Dieser letzte Ausdruck geht über das bloße Vorhandensein von genetischem Material im engeren Sinne, womit speziell die die funktionalen Erbeinheiten enthaltenden Nukleinsäuren (DNA) gemeint sind, hinaus. Es handelt sich ganz allgemein um einen Stoff pflanzlichen, tierischen oder sonstigen Ursprungs, der aus dem GVO gewonnen ist und noch DNA oder Proteine aufgrund der genetischen Veränderung enthalten kann, aber nicht enthalten muss. Dieses Fortbestehen von genetischem Material im Lebensmittel ist schwer vorhersehbar und hängt von der Art eines jeden Lebensmittels ab, je nachdem, ob mit der Verarbeitung des genetisch veränderten Ausgangsmaterials die Zerstörung des genetischen Materials einhergeht oder nicht(40).

125. Durch diese Aufteilung der drei Kategorien von Lebensmitteln behält Letztere ihre praktische Wirksamkeit. Wenn wir nämlich annehmen würden, dass die erste und zweite Kategorie auch die GVO und die Teile von GVO umfassten, die biologisch inaktiv sind, würde sich die Kategorie der „Lebensmittel, die aus GVO hergestellt werden oder Zutaten enthalten, die aus GVO hergestellt werden“ auf Lebensmittel reduzieren, in denen keine DNA nachgewiesen werden kann. Wie aber insbesondere aus dem die Kennzeichnung betreffenden Erwägungsgrund 21 der Verordnung Nr. 1829/2003 hervorgeht, soll es nach dem Willen des Gemeinschaftsgesetzgebers offenbar nicht auf die Nachweisbarkeit von DNA oder Proteinen aufgrund der genetischen Veränderung im Endprodukt ankommen.

126. Indem der Gemeinschaftsgesetzgeber das Kriterium des Vorhandenseins von DNA oder Proteinen aufgrund der genetischen Veränderung im Endprodukt, das vorher gegolten hat (wie sich insbesondere aus der Verordnung Nr. 1139/98 ergibt), aufgegeben hat, wollte er den Anwendungsbereich der Verordnung Nr. 1829/2003 ausdehnen: Durch Art. 3 Abs. 1 Buchst. c dieser Verordnung sollen alle aus GVO hergestellten Erzeugnisse eingeschlossen werden, und zwar unabhängig davon, ob DNA oder Proteine aufgrund der genetischen Veränderung im Endprodukt vorhanden sind.

C –    Zur dritten Frage

127. Nach dem Vorlagebeschluss ist aus Sicht des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs fraglich, ob die Vorschriften von Art. 3 Abs. 1 und Art. 4. Abs. 2 der Verordnung Nr. 1829/2003 entgegen ihrem Wortlaut einschränkend dahin ausgelegt werden können, dass für ein Lebensmittel wie Honig, das eine äußerst geringe, knapp über der Nachweisgrenze liegende Menge von Material einer genetisch veränderten Pflanze, im vorliegenden Fall Pollen der genetisch veränderten Maislinie MON 810, enthält, keine Genehmigung für das Inverkehrbringen erforderlich ist.

128. Das vorlegende Gericht ist der Ansicht, eine einschränkende Auslegung der in dieser Verordnung enthaltenen Zulassungsvorschriften könnte durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, wie er in Erwägungsgrund 24 der Verordnung im Bereich der Kennzeichnung zum Ausdruck komme, gerechtfertigt sein. Der äußerst geringe Eintrag von Pollen von genetisch verändertem Mais erfolge nicht zielgerichtet und könne gerade bei einem großflächigen Anbau von solchem Mais praktisch nicht vermieden werden.

129. Da Mais der Linie MON 810 im Rahmen der Erteilung der Genehmigung für das Inverkehrbringen gemäß der Richtlinie 90/220 einer Risikobewertung unterzogen worden sei, die alle potentiell negativen Umweltauswirkungen berücksichtigt habe, könnte es im Übrigen unter Sicherheits- und Gesundheitsaspekten mit dem Schutzzweck dieser Verordnung vereinbar sein, das Inverkehrbringen des Honigs mit Pollen dieser Maissorte bis zu einem gewissen Schwellenwert nicht unter das Verbot gemäß Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1829/2003 fallen zu lassen. Hinzu komme, dass auf der Ebene der Gemeinschaft für verschiedene Produkte, die aus dem Mais MON 810 hergestellt würden oder Zutaten enthielten, die aus diesem Mais hergestellt würden, eine Zulassung als Lebensmittel bestehe, wie z. B für Maismehl oder Maisgluten.

130. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof räumt allerdings ein, dass Wortlaut und Systematik der Verordnung Nr. 1829/2003 und das mit dieser Verordnung verfolgte Ziel des Schutzes der Gesundheit gegen eine solche einschränkende Auslegung des Erfordernisses der Zulassung für das Inverkehrbringen gemäß Art. 4 Abs. 2 dieser Verordnung sprechen könnten.

131. Das vorlegende Gericht möchte mit seiner dritten Frage also im Wesentlichen wissen, ob Art. 3 Abs. 1 und Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1829/2003 dahin auszulegen sind, dass das ungewollte Vorhandensein in Honig von Pollen einer Maissorte wie etwa MON 810, für die gemäß der Richtlinie 90/220 eine Genehmigung für das Inverkehrbringen erteilt worden ist und von der nur bestimmte Erzeugnisse gemäß Art. 8 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 1829/2003 als bereits existierende Erzeugnisse zugelassen sind, bedeutet, dass dieser Honig einer Zulassung für das Inverkehrbringen bedarf. Das vorlegende Gericht möchte ferner wissen, ob bei dem sich aus Art. 4 Abs. 2 dieser Verordnung ergebenden Erfordernis der Zulassung für das Inverkehrbringen eine analoge Anwendung der in Art. 12 Abs. 2 und Art. 47 Abs. 1 dieser Verordnung vorgesehenen Toleranzgehalte möglich ist.

132. Zur Beantwortung dieser Frage, die speziell den Pollen des Maises 810 enthaltenden Honig betrifft(41), ist zunächst der rechtliche Status dieser Pflanzensorte und der aus ihr hergestellten Lebensmittel zu klären, und zwar im Hinblick auf die Gemeinschaftsregelung über die absichtliche Freisetzung von GVO in die Umwelt einerseits und über die genetisch veränderten Lebensmittel andererseits.

133. Unter dem Blickwinkel der absichtlichen Freisetzung von GVO in die Umwelt, d. h. in erster Linie des Anbaus von GVO, war der Mais MON 810 Gegenstand der gemäß der Richtlinie 90/220 erlassenen Entscheidung 98/294. Wie bereits ausgeführt ist die Richtlinie 90/220 durch die Richtlinie 2001/18 aufgehoben und ersetzt worden.

134. Unter lebensmittelrechtlichem Blickwinkel wurden eine Reihe von aus Mais der Linie MON 810 hergestellten Erzeugnissen gemäß der Verordnung Nr. 258/97 genehmigt und später gemäß Art. 8 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 1829/2003 als bereits existierende Erzeugnisse angemeldet(42). Es handelt sich um Maismehl, Maisgluten, Maisgries, Maisstärke, Maisglukose und Maisöl.

135. Monsanto hat gemäß Art. 11 der Verordnung Nr. 1829/2003 die Erneuerung der Zulassung für diese Erzeugnisse beantragt. Dieser Antrag wird noch geprüft(43). Nach Art. 11 Abs. 4 dieser Verordnung verlängert sich der Zulassungszeitraum des Erzeugnisses automatisch, bis eine Entscheidung getroffen wird.

136. Monsanto und die polnische Regierung vertreten die Auffassung, dass die Zulassung eines GVO gemäß der Richtlinie 2001/18 oder der früheren Regelung, d. h. der Richtlinie 90/220, bedeute, dass alle möglichen Folgen des Anbaus dieses GVO auf die Umwelt bewertet worden seien, einschließlich der Folgen der Emission von Pollen durch genetisch veränderte Pflanzen und des Eintrags dieser Pollen in Lebensmittel wie etwa Honig. In einem solchen Fall sei deshalb keine Zulassung für das Inverkehrbringen gemäß Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1829/2003 erforderlich.

137. Ich teile diese Auffassung nicht. Meines Erachtens erfasst eine gemäß der Verordnung 2001/18 erteilte Zulassung nämlich nicht alle Auswirkungen der Freisetzung oder des Inverkehrbringens von GVO. Sonst würde der Sinn der Verordnung Nr. 1829/2003 in Frage gestellt, und GVO könnten ohne Beschränkung und besondere Bewertung Lebensmittel darstellen oder in solche Lebensmittel aufgenommen werden.

138. Bei der Richtlinie 2001/18 handelt es sich um eine Regelung mit horizontaler Wirkung, die Anwendung findet, soweit eine Regelung für einen bestimmten Bereich die Verwendung der GVO in diesem Bereich nicht regelt. Mit ihr wird, wie aus ihrem Titel ersichtlich ist, vor allem das Ziel verfolgt, vor der Zulassung der Freisetzung von GVO in die Umwelt deren mögliche Folgen auf die Umwelt zu bewerten.

139. Bei der Verordnung Nr. 1829/2003 handelt es sich um eine Regelung eines bestimmten Bereichs, nämlich der genetisch veränderten Lebensmittel. Angesichts ihres Ziels sieht diese Verordnung vor allem eine wissenschaftliche Bewertung aller mit diesen Lebensmitteln verbundenen Risiken für die Gesundheit von Mensch und Tier vor. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung ist zwar nicht ausgeschlossen, erfolgt aber nicht stets(44).

140. Die Richtlinie 2001/18 und die Verordnung Nr. 1829/2003 ergänzen sich somit: Die erste Regelung zielt auf die mit der absichtlichen Freisetzung von GVO in die Umwelt verbundenen Risiken ab, die zweite auf die Risiken, die von genetisch veränderten Lebensmitteln für die Gesundheit von Mensch und Tier ausgehen können. Wegen des spezifischen Prüfungsrahmens der Verordnung Nr. 1829/2003 kann nicht angenommen werden, dass eine gemäß der Richtlinie 2001/18 erteilte Zulassung für das Inverkehrbringen eines GVO alle Lebensmittel erfassen könnte, die diesen GVO enthalten, daraus bestehen oder hergestellt sind. Das heißt, eine gemäß der Richtlinie 2001/18 erteilte Zulassung greift nicht der „Evaluierung der Sicherheit“ der genetisch veränderten Lebensmittel vor, die nach den Ausführungen in Erwägungsgrund 3 der Verordnung Nr. 1829/2003 nach dieser Verordnung durchzuführen ist.

141. Aus Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1829/2003 lässt sich eindeutig entnehmen, dass jedes Inverkehrbringen eines zur Verwendung als Lebensmittel/in Lebensmitteln bestimmten GVO oder eines in Art. 3 Abs. 1 der Verordnung genannten Lebensmittels zum einen die gemäß Kapitel II Abschnitt 1 dieser Verordnung erteilte Zulassung und zum anderen die Erfüllung der entsprechenden Zulassungsvoraussetzungen verlangt.

142. Es kann sich dabei entweder um eine gemäß Art. 7 dieser Verordnung erteilte neue Zulassung oder um die Verlängerung einer früher für bestimmte Erzeugnisse erteilten Zulassung nach der Regelung über die bereits existierenden Erzeugnisse gemäß Art. 8 dieser Verordnung handeln.

143. In Erwägungsgrund 11 der Verordnung Nr. 1829/2003 heißt es u. a.: „Wenn … bei der Herstellung von Lebensmitteln und/oder Futtermitteln verwendete GVO nach dieser Verordnung zugelassen worden sind, benötigen Lebensmittel und/oder Futtermittel, die diese GVO enthalten, daraus bestehen oder daraus hergestellt werden, keine Zulassung nach dieser Verordnung, sondern unterliegen den Erfordernissen der für diese GVO erteilten Zulassung.“

144. Handelt es sich somit bei dem Honig, der Spuren von Pollen des Maises MON 810 enthält, um ein genetisch verändertes Lebensmittel, das ordnungsgemäß gemäß der Verordnung Nr. 1829/2003 zugelassen ist?

145. Ich würde dazu neigen, diese Frage zu bejahen, wenn wir es mit einer Entscheidung der Kommission zu tun hätten, mit der aus einer genetisch veränderten Pflanze wie dem Mais MON 810 hergestellte Lebensmittel ohne besondere Aufzählung oder Beschränkung zugelassen würden, so wie z. B. in der Entscheidung 2009/866/EG der Kommission vom 30. November 2009 über die Zulassung des Inverkehrbringens von aus der genetisch veränderten Maissorte MIR604 (SYN-IR6Ø4-5) bestehenden, diese enthaltenden oder aus dieser gewonnenen Erzeugnissen gemäß der Verordnung Nr. 1829/2003(45).

146. Das ist beim Mais MON 810 aber nicht der Fall; die einzigen Erzeugnisse aus diesem Mais, die als nach dieser Verordnung zugelassen angesehen werden können, sind Maismehl, Maisgluten, Maisgries, Maisstärke, Maisglukose und Maisöl. Es ist nicht auszuschließen, dass die Beschränkung der Zulassung auf diese Erzeugnisse eine Bedeutung im Zusammenhang mit der Lebensmittelsicherheit hat. Deshalb bin ich eher der Ansicht, dass sie nicht mit einer allgemeinen Zulassung des Inverkehrbringens von aus dem Mais MON 810 hergestellten Lebensmitteln vergleichbar ist.

147. Nach den derzeit für den Mais MON 810 und für daraus hergestellte Erzeugnisse erteilten Zulassungen bedarf meines Erachtens also jedes Lebensmittel, das nicht zu den oben genannten gehört und als aus dieser Pflanzensorte hergestellt angesehen werden kann, einer Zulassung für das Inverkehrbringen gemäß der Verordnung Nr. 1829/2003. Wenn dieses Erfordernis im Hinblick auf die Risiken, die von den Erzeugnissen aus Mais MON 810 für die Gesundheit des Menschen ausgehen, unverhältnismäßig erscheinen sollte, wäre es Sache der zuständigen Behörden, das Inverkehrbringen von aus dieser genetisch veränderten Maissorte hergestellten Lebensmitteln allgemein zuzulassen.

148. Jedenfalls können die Nachteile und praktischen Schwierigkeiten, die mit einem solchen Erfordernis der Zulassung für das Inverkehrbringen verbunden sein können, nicht durch eine Auslegung der Verordnung Nr. 1829/2003 ausgeglichen werden, die auf eine Toleranzgrenze hinausliefe, die einen Unternehmer von dem Erfordernis einer solchen Zulassung befreien könnte.

149. Allerdings sind Toleranzgrenzen in dieser Verordnung durchaus vorgesehen. Sie gelten allerdings für genau definierte Fälle.

150. Als Erstes ist in Art. 12 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1829/2003 bestimmt, dass die Kennzeichnungspflicht „nicht für Lebensmittel [gilt], die Material enthalten, das GVO enthält, aus solchen besteht oder aus solchen hergestellt ist, mit einem Anteil, der nicht höher ist als 0,9 % der einzelnen Lebensmittelzutaten oder des Lebensmittels, wenn es aus einer einzigen Zutat besteht, vorausgesetzt, dieser Anteil ist zufällig oder technisch nicht zu vermeiden“. Diese Toleranzgrenze gilt nur für die Pflicht zur Kennzeichnung genetisch veränderter Lebensmittel. Sie kann deshalb mangels eines entsprechenden Hinweises des Gemeinschaftsgesetzgebers nicht analog auf das sich aus Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1829/2003 ergebende Erfordernis einer Zulassung für das Inverkehrbringen angewandt werden.

151. Als Zweites führt Art. 47 Abs. 1 dieser Verordnung einen Schwellenwert von 0,5 % für das zufällige oder technisch nicht zu vermeidende Vorhandensein von genetisch verändertem Material in Lebensmitteln ein, das gemeinschaftsrechtlich nicht zugelassen ist, zu dem aber die Risikobewertung durch die zuständigen Stellen befürwortend ausgefallen ist. Was Lebensmittel angeht, so stellt nach dieser Bestimmung dieses Vorhandensein, wenn der Anteil nicht höher ist als 0,5 Prozent, keinen Verstoß gegen Art. 4 Abs. 2 der Verordnung dar.

152. Es handelt sich also um eine Ausnahme von dem Erfordernis der Zulassung für das Inverkehrbringen, die aber nur eine Übergangsmaßnahme darstellt(46), die nach Art. 47 Abs. 5 der Verordnung Nr. 1829/2003 nur während eines Zeitraums von drei Jahren nach dem Geltungsbeginn dieser Verordnung anwendbar war. Sie kann deshalb nicht analog auf eine Fallgestaltung wie die im vorliegenden Fall in Rede stehende angewandt werden.

153. Beim gegenwärtigen Stand der unionsrechtlichen Regelung von GVO ist es nach dem Subsidiaritätsprinzip Sache der nationalen Stellen, Regeln und Verfahren vorzusehen, die geeignet sind, die Nachteile, die durch die Koexistenz von genetisch veränderten Kulturen und den diese umgebenden konventionellen Kulturen entstehen können, auszugleichen, wenn sich die Lösung solcher Probleme nicht unmittelbar aus dem Unionsrecht ergibt. Der Ausgleich des Vermögensschadens eines Imkers, der daran gehindert ist, seine Erzeugnisse in den Verkehr zu bringen, stellt eine solche Lösung dar.

IV – Ergebnis

154. In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen schlage ich vor, die vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Fragen wie folgt zu beantworten:

1.      Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie 2001/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. März 2001 über die absichtliche Freisetzung genetisch veränderter Organismen in die Umwelt und zur Aufhebung der Richtlinie 90/220/EWG des Rates und Art. 2 Nr. 4 der Verordnung (EG) Nr. 1829/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. September 2003 über genetisch veränderte Lebensmittel und Futtermittel sind dahin auszulegen, dass Pollen einer genetisch veränderten Pflanze, der seine Aufgabe im Rahmen der Fortpflanzung der Pflanzen nicht mehr erfüllen kann, wenn er in Honig gelangt oder als Nahrungsergänzungsmittel verwendet wird, keinen „Organismus“ im Sinne dieser Bestimmungen darstellt.

2.      Art. 2 Nr. 10 der Verordnung Nr. 1829/2003 ist dahin auszulegen, dass ein Lebensmittel bereits dann als „hergestellt aus [genetisch veränderten Organismen]“ anzusehen ist, wenn es Material aus genetisch veränderten Pflanzen enthält. Ferner ist Art. 3 Abs. 1 Buchst. c dieser Verordnung dahin auszulegen, dass es sich bei Honig, der Pollen einer genetisch veränderten Pflanze enthält, sowie bei den Nahrungsergänzungsmitteln, die aus solchem Pollen hergestellt werden, um Lebensmittel handelt, die eine Zutat enthalten, die aus genetisch veränderten Organismen hergestellt wird. Insoweit kommt es nicht darauf an, ob solchen Lebensmitteln das Material einer genetisch veränderten Pflanze absichtlich beigegeben wird.

3.      Art. 3 Abs. 1 und Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1829/2003 sind dahin auszulegen, dass das ungewollte Vorhandensein in Honig von Pollen einer Maissorte wie etwa MON 810, für die gemäß der Richtlinie 90/220/EWG des Rates vom 23. April 1990 über die absichtliche Freisetzung genetisch veränderter Organismen in die Umwelt eine Genehmigung für das Inverkehrbringen erteilt worden ist und von der nur bestimmte Erzeugnisse gemäß Art. 8 Abs. 1 Buchst. a dieser Verordnung als bereits existierende Erzeugnisse zugelassen sind, bedeutet, dass dieser Honig einer Zulassung für das Inverkehrbringen gemäß dieser Verordnung bedarf. Die in Art. 12 Abs. 2 und Art. 47 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1829/2003 vorgesehenen Toleranzgrenzen sind nicht analog auf das sich aus Art. 4 Abs. 2 dieser Verordnung ergebende Erfordernis der Zulassung für das Inverkehrbringen anwendbar.


1 – Originalsprache: Französisch.


2 – ABl. L 268, S. 1.


3 – Herr Bablok, Herr Egeter, Herr Stegmeier, Herr Müller und Frau Klimesch, im Folgenden zusammen: Kläger des Ausgangsverfahrens.


4 – Im Folgenden: GVO.


5 – ABl. L 106, S. 1.


6 – ABl. L 117, S. 15.


7 – ABl. L 268, S. 24 (im Folgenden: Richtlinie 2001/18).


8 – Am 29. Januar 2000 in Montreal unterzeichnetes Protokoll von Cartagena über die biologische Sicherheit zum Übereinkommen über die biologische Vielfalt (im Folgenden: Protokoll).


9 – Am 5. Juni 1992 in Rio de Janeiro bei der Konferenz der Vereinten Nationen über Umwelt und Entwicklung (UNCED) zur Unterzeichnung aufgelegtes Übereinkommen. Es ist am 29. Dezember 1993 in Kraft getreten.


10 – Im Folgenden: Behörde.


11 – ABl. L 109, S. 29.


12 – ABl. L 31, S. 1.


13 –      ABl. L 43, S. 1.


14 – ABl. 2002, L 10, S. 47.


15 – BGBl. 2005 I S. 186.


16 – BGBl. 2002 I S. 42.


17 – ABl. L 131, S. 32.


18 – In Durchführung von Art. 1 dieser Entscheidung erteilte der französische Ministre de l’Agriculture et de la Pêche (Minister für Landwirtschaft und Fischerei) gemäß Art. 13 Abs. 4 dieser Richtlinie mit Erlass vom 3. August 1998 schriftlich seine Zustimmung zu diesem Inverkehrbringen (vgl. arrêté du 3 août 1998 portant consentement écrit, au titre de l’article 13, paragraphe 4, de la directive 90/220/CEE du 23 avril 1990, des décisions 98/293/CE et 98/294/CE du 22 avril 1998 concernant la mise sur le marché de maïs génétiquement modifiés [Zea mays L. T 25 et MON 810] [Erlass vom 3. August 1998 zur Erteilung der schriftlichen Zustimmung gemäß Art. 13 Abs. 4 der Richtlinie 90/220/EWG vom 23. April 1990, Entscheidungen 98/293/EG und 98/294/EG vom 22. April 1998 über das Inverkehrbringen von genetisch verändertem Mais (Zea mays L., Linie MON 810), JORF vom 5. August 1998, S. 11985]).


19 – Die Kläger des Ausgangsverfahrens präzisieren, dass sie beantragen, dem Freistaat Bayern aufzuerlegen, alle geeigneten Maßnahmen zu ergreifen, um zu verhindern, dass Pollen des Maises MON 810 in ihre Imkereierzeugnisse gelangt und die betreffenden Erzeugnisse somit ihre Verkehrs- und Verbrauchsfähigkeit verlieren.


20 – Die Kläger des Ausgangsverfahrens erläutern, dass sie auf der Grundlage dieser Feststellung nur Schadensersatz oder eine Entschädigung beanspruchen könnten und dass dieses Gericht es abgelehnt habe, einen Anspruch auf Schutz oder Unterlassung anzuerkennen, und zwar mit der Begründung, dass im konkreten Fall die schutzwürdigen Interessen des Anbaus (im vorliegenden Fall des Anbaus zu Forschungszwecken) überwögen.


21 – Hervorhebung nur hier.


22 – ABl. L 287, S. 1.


23 – Vgl. in diesem Sinne Mackenzie, R., u. a., „An explanatory guide to the Cartagena protocol on biosafety“, S. 51, Randnr. 205. Dieses Dokument kann im Internet abgerufen werden unter: http://bch.cbd.int/protocol/publications/iucn_guide_en.pdf.


24 – ABl. L 125, S. 75. In Art. 2 Buchst. a dieser Richtlinie ist ein Mikroorganismus definiert als „jede zelluläre oder nichtzelluläre mikrobiologische Einheit, die zur Vermehrung oder zur Weitergabe von genetischem Material fähig ist; hierzu zählen Viren, Viroide sowie tierische und pflanzliche Zellkulturen“.


25 – Vgl. Mackenzie, R., u. a., a. a. O., S. 51, Randnr. 204.


26 – Handbook for the implementation of directive 90/220/EEC on the deliberate release of genetically modified organisms to the environment, Band 1, Mai 1992, S. 17.


27 –      Hervorhebung nur hier.


28 –      Freie Übersetzung:


„Der Begriff ‚Organismus‘ umfasst: Mikroorganismen, einschließlich Viren und Viroiden, Pflanzen und Tiere, einschließlich Eiern, Samen, Pollen, pflanzlicher und tierischer Zell- und Gewebekulturen. Nackte rDNA und nackte R-Plasmide fallen nicht unter diesen Begriff.“


29 – ABl. L 200, S. 22.


30 – Ebd., S. 28 und 29. Das mit einem horizontalen Gentransfer verbundene Risiko ist also eines der Ereignisse, die bei jeder Beurteilung der GVO zu berücksichtigen sind. Das heißt aber nicht, dass es sich dabei deshalb um ein Begriffsmerkmal eines GVO handelte.


31 – Vgl. in diesem Sinne auch Erwägungsgrund 3 der Verordnung (EG) Nr. 1139/98 des Rates vom 26. Mai 1998 über Angaben, die zusätzlich zu den in der Richtlinie 79/112/EWG aufgeführten Angaben bei der Etikettierung bestimmter aus genetisch veränderten Organismen hergestellter Lebensmittel vorgeschrieben sind (ABl. L 159, S. 4), wonach die Richtlinie 90/220, die durch die Richtlinie 2001/18 ersetzt worden ist, ohne dass der Anwendungsbereich verändert worden wäre, „… nicht für nichtlebensfähige Produkte [gilt], die aus [GVO] hergestellt wurden“.


32 – Im Übrigen ist festzustellen – und dies stellt ein weiteres Argument dafür dar, dass die GVO lebende Organismen sind –, dass das Europäische Parlament in seiner Empfehlung für die zweite Lesung betreffend den Gemeinsamen Standpunkt des Rates im Hinblick auf den Erlass der Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über genetisch veränderte Lebensmittel und Futtermittel bei der Bezeichnung der Kategorie der Lebensmittel und Futtermittel, die GVO enthalten oder aus solchen bestehen, klarstellt, dass es sich um „lebende GVO“ handelt (vgl. Begründung, Buchst. b, S. 34).


33 – Ebenso wie andere schädliche Auswirkungen wie etwa Allergien.


34 – In der Begründung des Vorschlags für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über genetisch veränderte Lebens- und Futtermittel (KOM[2001] 425 endg.] wird so erläutert, dass diese „… Produkte abdecken [würde], die ‚aus einem GVO hergestellt sind‘, jedoch nicht solche, die ‚mit einem GVO hergestellt sind‘. Dies bedeutet im ersten Fall, dass ein Teil des Endprodukts – sei es das Lebensmittel oder das Futtermittel selbst oder eine seiner Zutaten – aus dem ursprünglichen genetisch veränderten Inhaltsstoff gewonnen wurde. Im zweiten Fall wird das Produkt mit Hilfe eines [GVO] hergestellt, es ist jedoch kein aus dem [GVO] gewonnener Stoff im Endprodukt enthalten.“ Als Beispiel für die zweite Kategorie wird in dem Vorschlag Käse angeführt, der mit einem genetisch veränderten Enzym hergestellt wird, welches nicht im Endprodukt bleibt (S. 5).


35 – Bei genetisch veränderten Futtermitteln wird in Art. 15 Abs. 1 Buchst. c hingegen in keiner Weise auf den Begriff der „Zutaten“ abgestellt.


36 – Was den zur Verwendung als Nahrungsergänzungsmittel bestimmten Pollen angeht, erläutern die Kläger des Ausgangsverfahrens, dass die Pollenkörner mittels vor dem Eingang der Bienenstöcke angebrachten „Pollenfallen“ gewonnen würden. Es handele sich dabei im Wesentlichen um ein Gitter, durch das sich die zurückkehrenden Arbeiterinnen hindurchzwängen müssten, wobei ihre Pollenhöschen abgestreift würden. Die Pollenklümpchen fielen dann in einen Auffangbehälter. Der so gewonnene Pollen werde dann gereinigt und getrocknet.


37 – Diese Bestimmung betrifft den besonderen Fall des filtrierten Honigs, d. h. des Honigs, der durch Entziehen von anorganischen oder organischen Fremdstoffen auf eine Weise gewonnen wird, bei der eine beträchtliche Menge von Pollen entzogen wird. Nach dem Erwägungsgrund 6 der Richtlinie 2001/110 ist der Verbraucher darüber durch eine entsprechende Angabe auf dem Etikett korrekt zu informieren.


38 – Anhand des im Honig enthaltenen Pollens lässt sich die botanische Herkunft des Honigs bestimmen. Mittels der Melissopalynologie, d. h. der Untersuchung des im Honig enthaltenen Pollens, lassen sich Mischungen und Betrugsfälle nachweisen und hinsichtlich ihrer Zusammensetzung zertifizierte Honige kennzeichnen.


39 – Die Frage könnte auch unter dem Gesichtspunkt des Vorhandenseins von Nektar einer genetisch veränderten Pflanze im Honig untersucht werden. Im vorliegenden Fall stellt sich dieses Problem aber nicht, da der Mais MON 810 keinen Nektar produziert.


40 – Zum Beispiel ist wahrscheinlich, dass ein in hohem Maße verarbeitetes Erzeugnis wie etwa aus genetisch verändertem Mais gewonnenes Öl, keine DNA-Spuren mehr enthält. Dennoch fällt dieses Erzeugnis weiter unter Art. 3 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 1829/2003.


41 – Die folgenden Ausführungen gelten allerdings auch für aus Pollen hergestellte Nahrungsergänzungsmittel.


42 – Ich beschränke mich auf die Anmeldungen von Lebensmitteln, auf die Anmeldungen von aus Mais MON 810 hergestellten Futtermitteln werde ich nicht eingehen. Für einen Gesamtüberblick wird auf das Gemeinschaftsregister genetisch veränderter Lebensmittel und Futtermittel verwiesen, das im Internet abrufbar ist unter: http://ec.europa.eu/food/dyna/gm_register/gm_register_auth.cfm?pr_id=11.


43 – Vgl. hierzu das wissenschaftliche Gutachen (Scientific Opinion) der für die Entscheidung über diesen Antrag zuständigen Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (The EFSA Journal [2009] 1149, S. 1 bis 85), im Internet abrufbar unter: http://www.efsa.europa.eu/de/efsajournal/doc/1149.pdf.


44 – Sie erfolgt bei GVO oder Lebensmitteln, die GVO enthalten oder aus solchen bestehen (vgl. insbesondere Art. 5 Abs. 5 und Art. 6 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1829/2003).


45 – ABl. L 314, S. 102.


46 – Vgl. Erwägungsgrund 26 der Verordnung Nr. 1829/2003.