Language of document : ECLI:EU:T:2017:128

BESCHLUSS DES GERICHTS (Erste erweiterte Kammer)

28. Februar 2017(*)

„Nichtigkeitsklage – Erklärung EU–Türkei vom 18. März 2016 – Pressemitteilung – Begriff ‚internationale Übereinkunft‘ – Ermittlung des Urhebers der Handlung – Tragweite der Handlung – Tagung des Europäischen Rates – Treffen der Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten der Europäischen Union in den Räumlichkeiten des Rates der Europäischen Union – Eigenschaft der Vertreter der Mitgliedstaaten der Union bei einer Zusammenkunft mit dem Vertreter eines Drittstaats – Art. 263 Abs. 1 AEUV – Unzuständigkeit“

In der Rechtssache T‑192/16

NF, wohnhaft auf der Insel Lesbos (Griechenland), Prozessbevollmächtigte: B. Burns, Solicitor, sowie P. O’Shea und I. Whelan, Barristers,

Kläger,

gegen

Europäischer Rat, vertreten durch K. Pleśniak, Á. de Elera-San Miguel Hurtado und S. Boelaert als Bevollmächtigte,

Beklagter,

wegen einer Klage nach Art. 263 AEUV auf Nichtigerklärung einer Übereinkunft mit dem Titel „Erklärung EU–Türkei, 18. März 2016“, die am 18. März 2016 zwischen dem Europäischen Rat und der Republik Türkei geschlossen worden sein soll,

erlässt

DAS GERICHT (Erste erweiterte Kammer)

unter Mitwirkung der Präsidentin I. Pelikánová sowie der Richter V. Valančius, P. Nihoul, J. Svenningsen (Berichterstatter) und U. Öberg,

Kanzler: E. Coulon,

folgenden

Beschluss

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

 Zu den Treffen der europäischen Staats- und Regierungschefs mit ihrem türkischen Amtskollegen vor dem 18. März 2016

1        Am 15. Oktober 2015 vereinbarten die Republik Türkei und die Europäische Union einen gemeinsamen Aktionsplan mit dem Titel „EU-Turkey joint action plan“ (im Folgenden: gemeinsamer Aktionsplan), der auf die Stärkung ihrer Zusammenarbeit im Bereich der Unterstützung vorübergehenden internationalen Schutz genießender syrischer Staatsangehöriger und im Bereich der Migrationssteuerung abzielte, um auf die durch die Situation in Syrien entstandene Krise zu reagieren.

2        Mit dem gemeinsamen Aktionsplan sollte in dreifacher Weise auf die Krisensituation in Syrien reagiert werden, nämlich erstens durch die Bekämpfung der Ursachen für die Massenflucht von Syrern an der Wurzel, zweitens durch die Gewährung von Unterstützung für die vorübergehenden internationalen Schutz genießenden Syrer und die sie aufnehmenden Gemeinden in der Türkei und drittens durch die Stärkung der Zusammenarbeit im Bereich der Verhinderung illegaler Migrationsströme in die Union.

3        Am 29. November 2015 kamen die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten der Union mit ihrem türkischen Amtskollegen zusammen (im Folgenden: erstes Treffen der Staats- und Regierungschefs). Am Ende dieses Treffens beschlossen sie, den gemeinsamen Aktionsplan in Kraft zu setzen und insbesondere ihre aktive Zusammenarbeit in Bezug auf Migranten, die keinen internationalen Schutz benötigen, auszubauen, indem sie diese an der Einreise in die Türkei und die Union hindern, die Anwendung der geltenden bilateralen Vorschriften über die Rückübernahme gewährleisten und dafür sorgen, dass Migranten, die keinen internationalen Schutz benötigen, zügig in ihre Herkunftsländer zurückkehren.

4        In einer am 8. März 2016 von den gemeinsamen Dienststellen des Europäischen Rates und des Rates der Europäischen Union veröffentlichten Erklärung der Staats- und Regierungschefs der Union heißt es, dass die Staats- und Regierungschefs der Union mit dem türkischen Ministerpräsidenten Gespräche über die Beziehungen zwischen der Union und der Republik Türkei und die Fortschritte bei der Umsetzung des gemeinsamen Aktionsplans geführt hätten. Diese Zusammenkunft fand am 7. März 2016 statt (im Folgenden: zweites Treffen der Staats- und Regierungschefs). In der Erklärung wird ausgeführt:

„Die Staats- und Regierungschefs stellen einvernehmlich fest, dass ein entschlossenes Vorgehen notwendig sei, um die Schleuserrouten zu schließen, das Geschäftsmodell der Schmuggler zu zerschlagen, [die] Außengrenzen [der Union] zu schützen und der Migrationskrise in Europa ein Ende zu bereiten. … Sie begrüßen ausdrücklich die heute von der [Republik] Türkei vorgelegten zusätzlichen Vorschläge zur Bewältigung der Migrationsproblematik. Sie vereinbaren, auf der Grundlage der vorgeschlagenen Grundsätze auf Folgendes hinzuarbeiten:

–      Rückkehr/Rückführung aller neuen irregulären Migranten, die von der Türkei aus auf den griechischen Inseln ankommen, auf Kosten der [Union];

–      für jeden von der Türkei von den griechischen Inseln rückübernommenen Syrer Neuansiedlung eines weiteren Syrers aus der Türkei in den [Mitgliedstaaten der Union] im Rahmen der bestehenden Verpflichtungen;

–      …

Der Präsident des Europäischen Rates wird diese Vorschläge weiter voranbringen und vor der Tagung des Europäischen Rates im März die Einzelheiten mit der [Republik] Türkei ausarbeiten. …

Durch das vorliegende Dokument werden den Mitgliedstaaten in Bezug auf Umsiedlung und Neuansiedlung keine neuen Verpflichtungen auferlegt.

…“

5        In ihrer Mitteilung COM(2016) 166 final an das Europäische Parlament, den Europäischen Rat und den Rat vom 16. März 2016 mit dem Titel „Nächste operative Schritte in der Zusammenarbeit zwischen der EU und der Türkei im Bereich der Migration“ (im Folgenden: Mitteilung vom 16. März 2016) führte die Europäische Kommission aus, am 7. März 2016 hätten „die Staats- und Regierungschefs [der Union] ausdrücklich die zusätzlichen Vorschläge der [Republik] Türkei [begrüßt] und [vereinbart], auf Grundlage von sechs Grundsätzen mit der Türkei zusammenzuarbeiten. Der Präsident des Europäischen Rates wurde beauftragt, diese Vorschläge weiter voranzubringen und vor der Tagung des Europäischen Rates im März die Einzelheiten mit der türkischen Seite auszuarbeiten. In dieser Mitteilung wird dargelegt, wie die sechs Grundsätze weiter vorangebracht werden sollten, damit das Potenzial der Zusammenarbeit zwischen der [Union] und der [Republik] Türkei unter Achtung des Europa- und des Völkerrechts voll ausgeschöpft werden kann.“

6        In der Mitteilung vom 16. März 2016 fügte die Kommission u. a. hinzu: „Die Rückkehr/Rückführung aller neuen irregulären Migranten und Asylbewerber aus Griechenland in die Türkei ist ein wesentliches Element der Bemühungen, die bisherige Logik, nach der Flüchtlinge und Migranten Schleuser bezahlen und ihr Leben riskieren, zu durchbrechen. … [D]erartige Regelungen [sollten] angesichts des derzeitigen Umfangs der Migrantenströme zwischen der Türkei und Griechenland als eine vorübergehende außerordentliche Maßnahme betrachtet werden, die einerseits erforderlich ist, um das menschliche Leid zu beenden und die öffentliche Ordnung wiederherzustellen, und die sich andererseits auf einen angemessenen operativen Rahmen stützen muss.“ In letzter Zeit seien hinsichtlich der Rückübernahme von irregulären Migranten und Asylbewerbern, die keinen internationalen Schutz benötigten, durch die Türkei auf der Grundlage des bilateralen Rückübernahmeabkommens zwischen der Hellenischen Republik und der Republik Türkei Fortschritte zu verzeichnen; dieses Abkommen solle ab dem 1. Juni 2016 durch das Abkommen zwischen der Europäischen Union und der Republik Türkei über die Rückübernahme von Personen mit unbefugtem Aufenthalt (ABl. 2014, L 134, S. 3) ersetzt werden.

7        Die Kommission kam in der Mitteilung vom 16. März 2016 zu folgendem Schluss: „Die Regelungen für die Rückführung aller neuen irregulären Migranten und Asylbewerber, die über die Ägäis von der Türkei nach Griechenland einreisen, … sind eine vorübergehende außerordentliche Maßnahme, mit der so schnell wie möglich begonnen werden sollte“. Aus diesem Blickwinkel stelle der in der Mitteilung „abgesteckte Rahmen … sicher, dass dieser Prozess dem Völker- und dem Europarecht entspricht, was eine ‚pauschale‘ Rückführungspolitik ausschließt“, und sie zeige auch auf, „welche legislativen und logistischen Schritte so schnell wie möglich vollzogen werden müssen, damit dieser Prozess in Gang kommen kann“.

 Zum Treffen am 18. März 2016 und zur Erklärung EU–Türkei

8        Am 18. März 2016 wurde auf der Website des Rates in Form der Pressemitteilung Nr. 144/16 eine Erklärung veröffentlicht, um die Ergebnisse einer Zusammenkunft der „Mitglieder des Europäischen Rates“ mit „ihrem türkischen Amtskollegen“ darzustellen, bei der es sich um „das dritte Treffen seit November 2015 zur Vertiefung der Beziehungen zwischen der Türkei und der EU und zur Bewältigung der Migrationskrise“ (im Folgenden: Treffen am 18. März 2016) gehandelt habe (im Folgenden: Erklärung EU–Türkei).

9        In der Erklärung EU–Türkei wird ausgeführt: „Die [Republik] Türkei und die … Union haben abermals betont, dass sie entschlossen sind, ihren gemeinsamen Aktionsplan vom 29. November 2015 umzusetzen. … Gleichwohl sind [sie] sich … bewusst, dass weitere rasche und entschlossene Anstrengungen erforderlich sind.“ Weiter heißt es darin:

„Um das Geschäftsmodell der Schleuser zu zerschlagen und den Migranten eine Alternative zu bieten, damit sie nicht ihr Leben aufs Spiel setzen, haben die EU und die [Republik] Türkei heute beschlossen, die irreguläre Migration aus der Türkei in die [Union] zu beenden. Um dieses Ziel zu erreichen, haben sie die folgenden zusätzlichen Maßnahmen vereinbart:

1)      Alle neuen irregulären Migranten, die ab dem 20. März 2016 von der Türkei auf die griechischen Inseln gelangen, werden in die Türkei rückgeführt. Hierbei wird das [Unionsrecht] und das Völkerrecht uneingeschränkt gewahrt, so dass jegliche Art von Kollektivausweisung ausgeschlossen ist. Alle Migranten werden nach den einschlägigen internationalen Standards und in Bezug auf den Grundsatz der Nicht-Zurückweisung geschützt. Es handelt sich hierbei um eine vorübergehende und außerordentliche Maßnahme, die zur Beendigung des menschlichen Leids und zur Wiederherstellung der öffentlichen Ordnung erforderlich ist. Migranten, die auf den griechischen Inseln ankommen, werden ordnungsgemäß registriert, und alle Asylanträge werden von den griechischen Behörden gemäß der Asylverfahrensrichtlinie auf Einzelfallbasis bearbeitet, in Zusammenarbeit mit dem [Hohen Flüchtlingskommissariat der Vereinten Nationen (UNHCR)]. Migranten, die kein Asyl beantragen oder deren Antrag gemäß der genannten Richtlinie als unbegründet oder unzulässig abgelehnt wird, werden in die Türkei rückgeführt. Mit Unterstützung durch Organe und Agenturen der [Union] ergreifen die [Republik] Türkei und [die Hellenische Republik] die notwendigen Maßnahmen und vereinbaren alle erforderlichen bilateralen Regelungen, einschließlich der Präsenz türkischer Beamter auf griechischen Inseln sowie griechischer Beamter in der Türkei ab dem 20. März 2016, um die Verbindungsarbeit sicherzustellen und dadurch das reibungslose Funktionieren dieser Regelungen zu erleichtern. Die Kosten für die Aktionen zur Rückführung irregulärer Migranten werden von der EU übernommen.

2)      Für jeden von den griechischen Inseln in die Türkei rückgeführten Syrer wird ein anderer Syrer aus der Türkei in der [Union] neu angesiedelt, wobei die [Kriterien der Vereinten Nationen] der Schutzbedürftigkeit berücksichtigt werden. Mit Unterstützung der Kommission, von Agenturen der [Union] und anderen Mitgliedstaaten sowie des UNHCR wird ein Mechanismus eingeführt werden, durch den die Anwendung dieses Grundsatzes von demselben Tag an, an dem die Rückführungen beginnen, sichergestellt wird. Vorrang erhalten Migranten, die vorher noch nicht irregulär in die [Union] eingereist sind und dies auch nicht versucht haben. Auf Seiten der EU wird die Neuansiedlung nach diesem Mechanismus zunächst durch die Einlösung der Verpflichtungen stattfinden, die die Mitgliedstaaten in den Schlussfolgerungen der im Rat vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten vom 20. Juli 2015 eingegangen sind; demnach stehen noch 18 000 Plätze für die Neuansiedlung zur Verfügung. Weiterer Neuansiedlungsbedarf wird mit einer ähnlichen freiwilligen Vereinbarung bis zu einer Grenze von 54 000 zusätzlichen Personen gedeckt werden …“

 Zur Situation des Klägers

10      Der Kläger, NF, ist pakistanischer Staatsangehöriger. Er gibt an, aus Furcht vor Verfolgungen und schwerwiegenden Angriffen auf seine Person aus der Islamischen Republik Pakistan geflohen zu sein. Er sei Ziel von Attentatsversuchen gewesen, die hätten verhindern sollen, dass er als einziger Sohn das Vermögen seiner Eltern erbe.

11      Nach seinen Angaben reiste der Kläger am 19. März 2016 per Boot aus der Türkei nach Griechenland ein. Am oder um den 11. April 2016 habe er bei den griechischen Behörden einen Asylantrag gestellt. Danach sei er in einem Aufnahmezentrum festgehalten worden, bis er am 18. April 2016 auf die Insel Lesbos (Griechenland) geflohen sei.

12      Der Kläger führt aus, er habe seinen Asylantrag nur deshalb gestellt, weil die griechischen Behörden ihn dazu gedrängt hätten. Wegen der langen Bearbeitungsdauer von Asylanträgen und der systemischen Mängel bei der Umsetzung des europäischen Asylsystems auf der Ebene sowohl der Verwaltung als auch der Gerichte in Griechenland habe er weder den Wunsch noch die Absicht gehabt, dort einen solchen Antrag zu stellen. Diese Mängel seien u. a. von den europäischen Gerichten im Urteil vom 21. Dezember 2011, N. S. u. a. (C‑411/10 und C‑493/10, EU:C:2011:865), und im Urteil des EGMR vom 21. Januar 2011, M.S.S. gegen Belgien und Griechenland (CE:ECHR:2011:0121JUD003069609), festgestellt worden.

13      Schließlich habe er mit der Stellung seines Asylantrags in Griechenland nur verhindern wollen, dass er in die Türkei ausgewiesen und dort möglicherweise festgehalten oder nach Pakistan abgeschoben werde.

 Verfahren und Anträge der Parteien

14      Mit Klageschrift, die am 22. April 2016 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat der Kläger die vorliegende Klage erhoben. Darin trägt er vor, die Erklärung EU–Türkei sei eine dem Europäischen Rat zurechenbare Handlung und verkörpere eine am 18. März 2016 zwischen der Union und der Republik Türkei geschlossene – von ihm in seinen Schriftsätzen als „streitige Übereinkunft“ bezeichnete – internationale Übereinkunft, und er beantragt,

–        die „Übereinkunft zwischen dem Europäischen Rat und der [Republik] Türkei vom 18. März 2016 mit dem Titel ‚Erklärung EU–Türkei, 18. März 2016‘“ (im Folgenden: angefochtene Handlung) für nichtig zu erklären;

–        dem Europäischen Rat die Kosten aufzuerlegen.

 Zum beschleunigten Verfahren und zur Verweisung der Rechtssache an die Erste erweiterte Kammer

15      Mit einem gleichzeitig mit der Klageschrift eingereichten gesonderten Schriftsatz hat der Kläger gemäß Art. 152 der Verfahrensordnung des Gerichts beantragt, im beschleunigten Verfahren zu entscheiden.

16      Am 10. Juni 2016 hat der Europäische Rat seine Stellungnahme zum Antrag auf Durchführung des beschleunigten Verfahrens abgegeben und im Wesentlichen geltend gemacht, dass die Voraussetzungen für die Anwendung dieses Verfahrens nicht erfüllt seien. Mit gesondertem Schriftsatz vom selben Tag hat er die Verweisung der vorliegenden Rechtssache an die Große Kammer gemäß Art. 28 Abs. 1 und 2 der Verfahrensordnung beantragt. Hilfsweise hat er gemäß Art. 28 Abs. 5 der Verfahrensordnung die Verweisung der Rechtssache an einen aus mindestens fünf Richtern bestehenden Spruchkörper beantragt.

17      Mit Schreiben vom 20. Juni 2016 hat die Kanzlei des Gerichts den Eingang des Antrags auf Verweisung der Rechtssache an die Große Kammer bestätigt und den Parteien mitgeteilt, dass sie gemäß Art. 28 Abs. 5 der Verfahrensordnung an einen aus fünf Richtern bestehenden Spruchkörper, und zwar die Siebte erweiterte Kammer, verwiesen worden ist.

18      Mit Entscheidung vom 22. Juni 2016 hat das Gericht beschlossen, dem Antrag auf Durchführung des beschleunigten Verfahrens stattzugeben.

 Zur Einrede des Europäischen Rates und zu den Anträgen auf Zulassung zur Streithilfe

19      Mit Schriftsatz, der am 11. Juli 2016 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat der Rat gemäß Art. 130 der Verfahrensordnung eine als „Unzulässigkeitseinrede“ bezeichnete Einrede erhoben.

20      Mit Schriftsatz, der am 19. Juli 2016 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, haben NQ, NR, NS, NT, NU und NV beantragt, als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge des Klägers zugelassen zu werden.

21      Mit Schriftsätzen, die am 20. und am 22. Juli 2016 eingegangen sind, haben das Königreich Belgien und die Hellenische Republik beantragt, als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge des Europäischen Rates zugelassen zu werden.

22      Mit Schriftsatz, der am 3. August 2016 eingegangen ist, hat die Kommission beantragt, als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge des „Rates der Europäischen Union“ zugelassen zu werden. Mit Berichtigungsschreiben vom 11. August 2016 hat die Kommission angegeben, sie wolle als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge des „Europäischen Rates“ zugelassen werden.

23      In seiner Einrede beantragt der Europäische Rat förmlich,

–        die Klage als „offensichtlich unzulässig“ abzuweisen;

–        dem Kläger die Kosten aufzuerlegen.

24      Am 3. August 2016 hat der Kläger zur Einrede des Europäischen Rates Stellung genommen und beantragt,

–        die Einrede zurückzuweisen;

–        die Klage für zulässig zu erklären;

–        den Europäischen Rat zur Tragung der ihm im Rahmen des Zwischenverfahrens entstandenen Kosten zu verurteilen.

25      Mit Schreiben der Kanzlei vom 3. Oktober 2016 sind die Parteien darüber informiert worden, dass ein neuer Berichterstatter bestimmt und die vorliegende Rechtssache der Ersten erweiterten Kammer, der dieser Richter angehört, neu zugewiesen worden ist.

 Zu den Antworten auf die prozessleitenden Maßnahmen

26      Mit Schreiben der Kanzlei vom 3. November 2016 ist der Europäische Rat ersucht worden, den vom Gericht gemäß Art. 89 Abs. 3 Buchst. a und d und Art. 90 Abs. 1 der Verfahrensordnung erlassenen prozessleitenden Maßnahmen nachzukommen, während der Rat und die Kommission vom Gericht gemäß Art. 24 Abs. 2 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union und Art. 89 Abs. 3 Buchst. c der Verfahrensordnung ersucht worden sind, einige Fragen zu beantworten und bestimmte Dokumente vorzulegen. In diesem Zusammenhang sind die Organe insbesondere ersucht worden, dem Gericht mitzuteilen, ob das Treffen am 18. März 2016 zu einer schriftlichen Übereinkunft geführt hatte, und gegebenenfalls alle Unterlagen zu übermitteln, anhand deren sich feststellen lässt, zwischen wem die in der Erklärung EU–Türkei erwähnten „zusätzlichen Maßnahmen“ vereinbart wurden.

27      In seinen am 18. November 2016 übermittelten Antworten auf die Fragen des Gerichts hat der Europäische Rat insbesondere ausgeführt, nach seiner Kenntnis sei es zwischen der Union und der Republik Türkei nicht zu einer Übereinkunft oder einem Vertrag im Sinne von Art. 218 AEUV oder Art. 2 Abs. 1 Buchst. a des Wiener Übereinkommens vom 23. Mai 1969 über das Recht der Verträge gekommen. Die mittels der Pressemitteilung Nr. 144/16 verbreitete Erklärung EU–Türkei sei nur „die Frucht eines internationalen Dialogs zwischen den Mitgliedstaaten und der [Republik] Türkei und sollte angesichts ihres Inhalts und der Absicht ihrer Urheber weder rechtliche Bindungswirkungen entfalten noch eine Übereinkunft oder einen Vertrag darstellen“.

28      Ferner hat der Europäische Rat eine Reihe von Dokumenten zum Treffen am 18. März 2016 vorgelegt, bei dem es sich nach seinen Angaben um ein Treffen der Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten der Union mit dem Vertreter der Republik Türkei und nicht um eine Tagung des Europäischen Rates unter Teilnahme dieses Drittstaats handelte.

29      Die Kommission hat dem Gericht in ihrer Antwort vom 18. November 2016 u. a. mitgeteilt, aufgrund des in der Erklärung EU–Türkei verwendeten Vokabulars, insbesondere der Verwendung des Wortes „will“ in ihrer englischen Fassung, sei klar, dass es sich nicht um eine rechtlich bindende Übereinkunft handele, sondern um eine politische Abmachung zwischen den „Mitgliedern des Europäischen Rates, d. h. den Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten, dem Präsidenten der Europäischen Rates und dem Kommissionspräsidenten“, die in der die Erklärung EU–Türkei enthaltenden Pressemitteilung Nr. 144/16 zum Treffen am 18. März 2016 in vollem Umfang wiedergegeben worden sei.

30      Der Rat hat in seiner Antwort vom 2. Dezember 2016 u. a. ausgeführt, er sei nicht der Urheber der Erklärung EU–Türkei und sei in keiner Weise in den strukturierten Dialog zwischen den Vertretern der Mitgliedstaaten und der Republik Türkei oder in die Aktivitäten des Präsidenten des Europäischen Rates, die zu dieser Erklärung geführt hätten, einbezogen gewesen. Die Vorarbeit im Ausschuss der Ständigen Vertreter (AStV) habe nur die Vorbereitung der Treffen des Europäischen Rates betroffen, von denen sich einige auf die Bewältigung der Migrationskrise bezogen hätten. Das Gipfeltreffen der Mitglieder des Europäischen Rates, bei denen es sich um die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten der Union handele, mit dem türkischen Ministerpräsidenten am 18. März 2016 habe der Rat hingegen nicht vorbereitet.

31      Im Übrigen teile der Rat in vollem Umfang den vom Europäischen Rat in seiner Einrede gemäß Art. 130 der Verfahrensordnung zum Ausdruck gebrachten Standpunkt. Insbesondere sei seines Wissens zwischen der Union und der Republik Türkei im Zusammenhang mit der Migrationskrise weder eine Übereinkunft noch ein Vertrag geschlossen worden.

32      Der Kläger hat sich in seiner Stellungnahme vom 19. Dezember 2016 gegen den Standpunkt des Europäischen Rates, des Rates und der Kommission gewandt, wonach zum einen bei dem Treffen am 18. März 2016 keine Übereinkunft mit der Republik Türkei geschlossen worden sei und zum anderen das Ergebnis der Gespräche mit diesem Drittstaat als politische Abmachung qualifiziert werden müsse. Insbesondere lasse das in der „streitigen Übereinkunft“ verwendete englische Wort „agree“ (das „beschlossen“ bedeute) den Schluss zu, dass es sich um eine zur Erzeugung von Rechtswirkungen gegenüber Dritten bestimmte Übereinkunft handele. Im Übrigen deute das Fehlen des Begriffs „Mitgliedstaaten“ darauf hin, dass die „streitige Übereinkunft“ nicht von den Mitgliedstaaten der Union geschlossen worden sein könne.

 Rechtliche Würdigung

33      Nach Art. 130 der Verfahrensordnung muss das Gericht, wenn der Beklagte mit gesondertem Schriftsatz beantragt, dass es vorab über die Unzulässigkeit oder die Unzuständigkeit entscheidet, so bald wie möglich über den Antrag entscheiden, gegebenenfalls nach Eröffnung des mündlichen Verfahrens.

34      Im vorliegenden Fall hält sich das Gericht aufgrund der Akten für hinreichend unterrichtet und beschließt, zu entscheiden, ohne dass der Vollversammlung die Verweisung der vorliegenden Rechtssache an die Große Kammer vorgeschlagen oder das mündliche Verfahren eröffnet zu werden braucht.

35      Der Europäische Rat macht im Rahmen der von ihm erhobenen Einrede in erster Linie geltend, dass das Gericht nicht für die Entscheidung über die vorliegende Klage zuständig sei.

36      Da die im AEU-Vertrag sowie in der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union und deren Anhang vorgesehenen Zuständigkeitsregeln für die Unionsgerichte Teil des Primärrechts sind und eine zentrale Stellung in der Rechtsordnung der Union einnehmen und da ihre Beachtung somit ein grundlegendes Erfordernis in dieser Rechtsordnung darstellt (Urteil vom 10. September 2015, Überprüfung Missir Mamachi di Lusignano/Kommission, C‑417/14 RX‑II, EU:C:2015:588, Rn. 57), hat das Gericht diese Frage als Erstes zu prüfen.

37      Zur Stützung seiner Einrede der Unzuständigkeit macht der Europäische Rat geltend, weder er noch eine der in Art. 263 Abs. 1 AEUV genannten Einrichtungen sei Urheber der vom Rat mittels der Pressemitteilung Nr. 144/16 verbreiteten Erklärung EU–Türkei, so dass es im vorliegenden Fall keine Berechtigung dafür gebe, ihn zu verklagen.

38      Die Erklärung EU–Türkei stamme von den Teilnehmern an einem internationalen Gipfeltreffen, das im konkreten Fall am 18. März 2016 am Rande der Tagung des Europäischen Rates und im Anschluss an sie stattgefunden habe. Daher sei die Erklärung den Mitgliedern des Europäischen Rates, bei denen es sich um die Mitgliedstaaten der Union handele, und ihrem „türkischen Gegenpart“ zuzurechnen, denn diese seien im Rahmen eines von der Tagung des Europäischen Rates gesonderten Treffens zusammengekommen. Dieses gesonderte Treffen habe nach zwei früheren gleichartigen Treffen der Staats- und Regierungschefs am 29. November 2015 und am 7. März 2016 stattgefunden, in deren Rahmen eine gemeinsame Erklärung, wie sie hier in Rede stehe und in der Pressemitteilung Nr. 144/16 wiedergegeben werde, oder ein gemeinsamer Aktionsplan veröffentlicht worden sei. Die Erklärung EU–Türkei könne daher nicht als Handlung des Europäischen Rates eingestuft werden.

39      Der Kläger tritt dieser Analyse entgegen und macht geltend, die von ihm als „streitige Übereinkunft“ bezeichnete angefochtene Handlung müsse in Anbetracht ihres Inhalts und aller Umstände ihres Erlasses als Handlung des Europäischen Rates angesehen werden, da die Mitgliedstaaten der Union entgegen dem Vorbringen des Europäischen Rates kollektiv innerhalb dieses Organs gehandelt und keine nationalen Befugnisse außerhalb der institutionellen Rahmens der Union ausgeübt hätten. Im Übrigen hätten sich der Europäische Rat und die Kommission aktiv an der Vorbereitung und Aushandlung der „streitigen Übereinkunft“ beteiligt, wie der Inhalt der Mitteilung vom 16. März 2016 zeige, und die „streitige Übereinkunft“ sei in Wirklichkeit eine internationale Übereinkunft.

40      Der Europäische Rat könne nicht zum einen behaupten, dass seine Mitglieder im vorliegenden Fall in ihrer Eigenschaft als Vertreter ihrer Regierungen oder Staaten gehandelt hätten, und zum anderen vorbringen, dass die Mitgliedstaaten dabei im Namen der Union hätten handeln und diese gegenüber einem Drittstaat an die „streitige Übereinkunft“ hätten binden können, die überdies gegen die geltenden Vorschriften des abgeleiteten Unionsrechts im Asylbereich verstoße.

41      Jedenfalls müsse auf den Wortlaut der mittels der Pressemitteilung Nr. 144/16 verbreiteten Erklärung EU–Türkei und insbesondere darauf abgestellt werden, dass darin zum einen davon die Rede sei, dass die „EU“ und die Republik Türkei einige zusätzliche Maßnahmen „vereinbart“ und bestimmte Aspekte „beschlossen“ und „bekräftigt“ hätten, und zum anderen spezielle, von jeder Partei akzeptierte Verpflichtungen aufgestellt würden, was bestätige, dass es sich um eine rechtlich bindende Übereinkunft handele. Überdies deuteten die Erläuterungen der Kommission zur Existenz eines bereits die Finanzierung von Rückführungsaktionen, die eine in der Erklärung EU–Türkei genannte zusätzliche Maßnahme darstelle, gestattenden Rahmens von Rechts- und Verwaltungsvorschriften darauf hin, dass die „streitige Übereinkunft“ in einem ihre Umsetzung ermöglichenden Kontext geschlossen worden sei; dies bestätige, dass die „streitige Übereinkunft“ Rechtsfolgen erzeugen könne.

 Einleitende Erwägungen

42      Vorab ist festzustellen, dass die in Art. 263 AEUV vorgesehene Nichtigkeitsklage gegen alle von den Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union erlassenen Vorschriften unabhängig von ihrer Rechtsnatur oder ihrer Form zulässig ist, sofern sie Rechtswirkungen entfalten sollen (Urteile vom 31. März 1971, Kommission/Rat, 22/70, EU:C:1971:32, Rn. 42, und vom 4. September 2014, Kommission/Rat, C‑114/12, EU:C:2014:2151, Rn. 38 und 39; vgl. auch Urteil vom 28. April 2015, Kommission/Rat, C‑28/12, EU:C:2015:282, Rn. 14 und 15 sowie die dort angeführte Rechtsprechung). Dass die Existenz einer Handlung, die Rechtswirkungen gegenüber Dritten entfalten soll, durch eine Pressemitteilung bekannt gegeben wurde oder dass sie in Form einer Erklärung ergangen ist, steht dabei weder der Möglichkeit entgegen, ihre Existenz festzustellen, noch schließt es die Zuständigkeit der Unionsgerichte für die Kontrolle ihrer Rechtmäßigkeit nach Art. 263 AEUV aus, sofern sie von einem Organ, einer Einrichtung oder einer sonstigen Stelle der Union ausgeht (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 30. Juni 1993, Parlament/Rat und Kommission, C‑181/91 und C‑248/91, EU:C:1993:271, Rn. 14).

43      Der Europäische Rat gehört nach dem Vertrag von Lissabon zu den Unionsorganen. Entgegen der früheren Rechtsprechung der Unionsgerichte (Beschlüsse vom 13. Januar 1995, Roujansky/Rat, C‑253/94 P, EU:C:1995:4, Rn. 11, und vom 13. Januar 1995, Bonnamy/Rat, C‑264/94 P, EU:C:1995:5, Rn. 11) sind daher die Handlungen dieses Organs, das nach Art. 15 EUV nicht gesetzgeberisch tätig wird und sich aus den Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten sowie seinem Präsidenten und dem Präsidenten der Kommission zusammensetzt, nicht mehr von der in Art. 263 AEUV vorgesehenen Rechtmäßigkeitskontrolle ausgenommen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 27. November 2012, Pringle, C‑370/12, EU:C:2012:756, Rn. 30 bis 37).

44      Aus Art. 263 AEUV geht allerdings hervor, dass die Unionsgerichte im Allgemeinen nicht dafür zuständig sind, über die Rechtmäßigkeit von Handlungen einer nationalen Behörde (Urteile vom 3. Dezember 1992, Oleificio Borelli/Kommission, C‑97/91, EU:C:1992:491, Rn. 9, und vom 15. Dezember 1999, Kesko/Kommission, T‑22/97, EU:T:1999:327, Rn. 83) oder einer Handlung von Vertretern nationaler Behörden mehrerer Mitgliedstaaten zu entscheiden, die im Rahmen eines in einer Verordnung der Union vorgesehenen Ausschusses tätig werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 17. September 2014, Liivimaa Lihaveis, C‑562/12, EU:C:2014:2229, Rn. 51). Auch die Handlungen von Vertretern der Mitgliedstaaten, die physisch in den Räumlichkeiten eines der Unionsorgane zusammengekommen sind und nicht in ihrer Eigenschaft als Mitglieder des Rates oder des Europäischen Rates tätig werden, sondern in ihrer Eigenschaft als Staats- oder Regierungschef der Mitgliedstaaten der Union, sind nicht der Rechtmäßigkeitskontrolle durch die Unionsgerichte unterworfen (Urteil vom 30. Juni 1993, Parlament/Rat und Kommission, C‑181/91 und C‑248/91, EU:C:1993:271, Rn. 12).

45      Insoweit genügt es jedoch nicht, dass eine Handlung von einem beklagten Organ als „Entscheidung der Mitgliedstaaten“ der Union bezeichnet wird, damit sie der durch Art. 263 AEUV geschaffenen Rechtsmäßigkeitskontrolle von, im konkreten Fall, Handlungen des Europäischen Rates entzogen ist. Vielmehr ist noch zu prüfen, ob die fragliche Handlung angesichts ihres Inhalts und der gesamten Umstände ihres Erlasses nicht in Wirklichkeit eine Entscheidung des Europäischen Rates darstellt (Urteil vom 30. Juni 1993, Parlament/Rat und Kommission, C‑181/91 und C‑248/91, EU:C:1993:271, Rn. 14).

 Zu den Urhebern der angefochtenen Handlung

46      Nach diesen Klarstellungen stellt das Gericht fest, dass im vorliegenden Fall die angefochtene Handlung in der Klageschrift förmlich als „Übereinkunft zwischen dem Europäischen Rat und der [Republik] Türkei vom 18. März 2016 mit dem Titel ‚Erklärung EU–Türkei, 18. März 2016‘“ bezeichnet wird, d. h. als ein vom Völkervertragsrecht erfasster Akt. Die Kontrolle der Rechtmäßigkeit von Akten des Völkervertragsrechts durch die Unionsgerichte darf sich jedoch nur auf die Handlung beziehen, mit der ein Organ die in Rede stehende internationale Übereinkunft umsetzen wollte, und nicht auf die Übereinkunft als solche (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 3. September 2008, Kadi und Al Barakaat International Foundation/Rat und Kommission, C‑402/05 P und C‑415/05 P, EU:C:2008:461, Rn. 286). Daher sind die Anträge des Klägers so auszulegen, dass sie im Wesentlichen auf die Nichtigerklärung einer Handlung abzielen, mit der der Europäische Rat im Namen der Union am 18. März 2016 eine Übereinkunft mit der Republik Türkei schließen wollte (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 9. August 1994, Frankreich/Kommission, C‑327/91, EU:C:1994:305, Rn. 17) und deren Inhalt in der mittels der Pressemitteilung Nr. 144/16 verbreiteten Erklärung EU–Türkei wiedergegeben worden sein soll.

47      Deshalb hat das Gericht zu prüfen, ob in der mittels der Pressemitteilung Nr. 144/16 verbreiteten Erklärung EU–Türkei eine Handlung zu sehen ist, die dem im vorliegenden Fall in Rede stehenden Organ – dem Europäischen Rat – zuzurechnen ist, und ob dieses Organ durch diese Handlung eine unter Verstoß gegen Art. 218 AEUV zustande gekommene und der angefochtenen Handlung entsprechende internationale Übereinkunft geschlossen hat, die der Kläger als „streitige Übereinkunft“ bezeichnet.

48      Da der Kläger für die Zwecke von Art. 21 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union die Pressemitteilung Nr. 144/16 als materielle Ausprägung der angefochtenen Handlung vorgelegt hat, sind der Kontext, in dem die mittels dieser Pressemitteilung verbreitete Erklärung EU–Türkei abgegeben wurde, sowie der Inhalt der Erklärung zu beurteilen, um zu klären, ob sie eine dem Europäischen Rat zuzurechnende Handlung darstellen oder auf die Existenz einer solchen Handlung hindeuten kann und damit der in Art. 263 AEUV vorgesehenen Rechtmäßigkeitskontrolle unterliegt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 30. Juni 1993, Parlament/Rat und Kommission, C‑181/91 und C‑248/91, EU:C:1993:271, Rn. 14), im vorliegenden Fall eine Handlung, die der angefochtenen Handlung entspricht und die vom Kläger so genannte „streitige Übereinkunft“ zum Abschluss bringt.

49      Nach den Angaben in der Erklärung EU–Türkei war das Treffen am 18. März 2016 das dritte Treffen seit November 2015. An den beiden vorangegangenen Treffen, die am 29. November 2015 und am 7. März 2016 stattfanden, nahmen die Vertreter der Mitgliedstaaten aber in ihrer Eigenschaft als Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten der Union teil und nicht als Mitglieder des Europäischen Rates.

50      Zum ersten Treffen der Staats- und Regierungschefs wurde nämlich eine Pressemitteilung mit dem Titel „Treffen der Staats- und Regierungschefs der [Union] mit der [Republik] Türkei, 29. [November] 2015 – Erklärung EU–Türkei“ veröffentlicht, in der es hieß, dass die „führenden Politiker der Europäischen Union“ mit ihrem „türkischen Amtskollegen“ zusammengekommen seien.

51      Zum zweiten Treffen der Staats- und Regierungschefs wurde eine Pressemitteilung mit dem Titel „Erklärung der Staats- und Regierungschefs der [Union]“ veröffentlicht, in der es hieß, dass sich die „Staats- und Regierungschefs der [Union]“ mit dem türkischen Ministerpräsidenten getroffen hätten und dass dabei vereinbart worden sei, auf der Grundlage der Grundsätze der von der Republik Türkei am 7. März 2016 vorgelegten zusätzlichen Vorschläge „auf Folgendes hinzuarbeiten: Rückkehr/Rückführung aller neuen irregulären Migranten, die von der Türkei aus auf den griechischen Inseln ankommen, auf Kosten der [Union]; für jeden von der [Republik] Türkei von den griechischen Inseln rückübernommenen Syrer Neuansiedlung eines weiteren Syrers aus der Türkei in den [Mitgliedstaaten der Union] im Rahmen der bestehenden Verpflichtungen“.

52      In diesem Kontext erging die Mitteilung der Kommission vom 16. März 2016, die einem Vorschlag im Sinne von Art. 294 Abs. 2 AEUV nicht gleichgestellt werden kann (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 30. Juni 1993, Parlament/Rat und Kommission, C‑181/91 und C‑248/91, EU:C:1993:271, Rn. 17 und 18). Darin heißt es: „Diese neue Phase der Zusammenarbeit zwischen der EU und der Türkei zur Bewältigung der Migrationskrise erfordert abgestimmte Anstrengungen Griechenlands und der Türkei, die von der Kommission, [den Agenturen der Union] und Partnerorganisationen unterstützt werden müssen. Erforderlich ist auch die Unterstützung seitens der Mitgliedstaaten, sowohl in Form der Bereitstellung von Personal als auch der Bereitschaft zu Zusagen im Bereich der Neuansiedlung.“

53      Die am Ende des Treffens vom 18. März 2016 mittels der Pressemitteilung Nr. 144/16 verbreitete Erklärung EU–Türkei unterscheidet sich jedoch in ihrer Aufmachung von den vorangegangenen, am Ende des ersten und des zweiten Treffens der Staats- und Regierungschefs verbreiteten Erklärungen.

54      In der Pressemitteilung Nr. 144/16 zum Treffen am 18. März 2016 heißt es nämlich erstens, dass die Erklärung EU–Türkei das Ergebnis eines Treffens der „Mitglieder des Europäischen Rates“ mit „ihrem türkischen Amtskollegen“ sei, zweitens, dass die „Mitglieder des Europäischen Rates“ mit ihrem türkischen Amtskollegen zusammengekommen seien, und drittens, dass „die EU und die [Republik] Türkei“ die in der Erklärung wiedergegebenen zusätzlichen Maßnahmen vereinbart hätten. Somit ist zu klären, ob die Verwendung dieser Begriffe impliziert, dass die Vertreter der Mitgliedstaaten, wie der Kläger geltend macht, in ihrer Eigenschaft als Mitglieder des Organs „Europäischer Rat“ am Treffen am 18. März 2016 teilnahmen oder dass sie in ihrer Eigenschaft als Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten der Union daran teilnahmen.

55      Hierzu ist festzustellen, dass die Pressemitteilung Nr. 144/16, mit der die Erklärung EU–Türkei verbreitet wurde, zwar in ihrer vom Kläger als Anlage zur Klageschrift vorgelegten Web-Version die Angabe „Auswärtige Angelegenheiten und internationale Beziehungen“ enthält, die sich grundsätzlich auf die Arbeiten des Europäischen Rates bezieht, doch trägt die vom Europäischen Rat vorgelegte PDF‑Fassung dieser Mitteilung den Vermerk „Internationaler Gipfel“, der grundsätzlich auf Treffen der Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten der Union mit Vertretern von Drittstaaten hinweist. Deshalb lässt sich aus der Verwendung dieser Angaben keine Schlussfolgerung ziehen.

56      Sodann ist zum Inhalt der Erklärung EU–Türkei festzustellen, dass die Verwendung des Ausdrucks „Mitglieder des Europäischen Rates“ und die Angabe, dass die Union zusätzliche Maßnahmen mit der Republik Türkei vereinbart habe, zwar darauf hindeuten könnten, dass die Vertreter der Mitgliedstaaten der Union bei dem Treffen am 18. März 2016 in ihrer Eigenschaft als Mitglieder des Organs „Europäischer Rat“ handelten und dass sie, obwohl diesem Organ die Gesetzgebungszuständigkeit in Art. 15 Abs. 1 EUV ausdrücklich abgesprochen wird, beschlossen, rechtlich gesehen außerhalb des in Art. 218 AEUV vorgesehenen Verfahrens eine Übereinkunft mit diesem Drittstaat zu schließen.

57      In seiner Antwort vom 18. November 2016 erläutert der Europäische Rat jedoch, dass der in der Erklärung EU–Türkei enthaltene Ausdruck „Mitglieder des Europäischen Rates“ als Bezugnahme auf die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten der Union verstanden werden müsse, da sie den Europäischen Rat bildeten. Im Übrigen sei der Hinweis in dieser Erklärung auf den Umstand, dass „die EU und die [Republik] Türkei“ bestimmte zusätzliche Maßnahmen vereinbart hätten, mit dem Bemühen zu erklären, im Rahmen einer Pressemitteilung die verwendeten Begriffe für die breite Öffentlichkeit zu vereinfachen.

58      Der Ausdruck „EU“ müsse in diesem journalistischen Kontext so verstanden werden, dass er sich auf die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten der Union beziehe. Insoweit sei hervorzuheben, in welcher Form die im vorliegenden Fall in Rede stehende Erklärung EU–Türkei veröffentlicht worden sei, nämlich in Form einer Pressemitteilung, die ihrem Wesen nach nur zur Information diene und nicht rechtsverbindlich sei. Dieser Informationsträger werde vom Pressedienst des Generalsekretariats des Rates für die breite Öffentlichkeit erstellt. Dies erkläre zum einen, dass sich im Kopf einiger über das Internet verbreiteter Dokumente wie der vom Kläger vorgelegten Web-Version der Pressemitteilung Nr. 144/16 zur Erklärung EU–Türkei die doppelte Angabe „Europäischer Rat/Rat der Europäischen Union“ befinde, und zum anderen, dass einige Dokumente bisweilen aus Versehen in unpassende Rubriken der gemeinsamen Website dieser beiden Organe und des Präsidenten des Europäischen Rates eingestellt würden.

59      Wegen des Zielpublikums eines solchen Informationsträgers würden in der Pressemitteilung, in der die Erklärung EU–Türkei wiedergegeben worden sei, bewusst vereinfachte Formulierungen, Begriffe der Alltagssprache und Verkürzungen verwendet. Aus dieser um Allgemeinverständlichkeit bemühten Darstellung könnten jedoch keine rechtlichen und normativen Beurteilungen abgeleitet werden, und sie könne insbesondere nichts am Inhalt oder an der Rechtsnatur des betreffenden Verfahrens – eines internationalen Gipfels, wie aus der PDF‑Version der Pressemitteilung zur Erklärung EU–Türkei hervorgehe – ändern.

60      Deshalb könne die unangebrachte Verwendung des Ausdrucks „Mitglieder des Europäischen Rates“ und des Begriffs „EU“ in einer Pressemitteilung wie der die Erklärung EU–Türkei wiedergebenden Pressemitteilung Nr. 144/16 keine Auswirkung auf den rechtlichen Status und die Rolle haben, in der die Vertreter der Mitgliedstaaten mit ihrem türkischen Amtskollegen zusammengekommen seien, im vorliegenden Fall in ihrer Eigenschaft als Staats- und Regierungschefs, und sie könne die Union in keiner Weise binden. Die mittels der Pressemitteilung Nr. 144/16 verbreitete Erklärung EU–Türkei sei in Wirklichkeit nur eine politische Verpflichtung der Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten der Union gegenüber ihrem türkischen Amtskollegen.

61      In Anbetracht dieser Erläuterungen des Europäischen Rates und unter Berücksichtigung der Ambivalenz des Ausdrucks „Mitglieder des Europäischen Rates“ und des Begriffs „EU“ in der mittels der Pressemitteilung Nr. 144/16 verbreiteten Erklärung EU–Türkei sind zur Bestimmung ihrer Tragweite die Dokumente zum Treffen am 18. März 2016 heranzuziehen.

62      Insoweit ist festzustellen, dass die vom Europäischen Rat auf Verlangen des Gerichts vorgelegten offiziellen Dokumente zum Treffen am 18. März 2016 zeigen, dass zwei gesonderte Veranstaltungen, nämlich die Tagung dieses Organs und ein internationaler Gipfel, parallel in rechtlich, protokollarisch und organisatorisch unterschiedlicher Weise durchgeführt wurden, was die unterschiedliche Rechtsnatur dieser beiden Veranstaltungen bestätigt.

63      Zum einen hat der Europäische Rat nämlich in seinen Antworten vom 18. November 2016 auf die Fragen des Gerichts unter Vorlage verschiedener von ihm verbreiteter Presseunterlagen erläutert, dass sich seine Tagung ursprünglich über zwei Tage erstrecken sollte; in Anbetracht der im Migrationsbereich eingetretenen Ereignisse sei aber entschieden worden, ihr nur einen Tag, und zwar den 17. März 2016, zu widmen und am zweiten ursprünglich für die Tagung des Europäischen Rates vorgesehenen Tag, dem 18. März 2016, ein Treffen der Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten der Union mit ihrem türkischen Amtskollegen durchzuführen, wobei dieses Treffen aus Kosten-, Sicherheits- und Effizienzgründen in dem auch für die Treffen des Europäischen Rates und des Rates genutzten Gebäude stattgefunden habe.

64      Zum anderen ergibt sich insbesondere aus einer vom Präsidenten des Europäischen Rates am 9. März 2016 an die verschiedenen Mitgliedstaaten der Union gerichteten Einladung, dass die „Mitglieder des Europäischen Rates“ für den 17. März 2016 zu einer Tagung des Europäischen Rates eingeladen wurden, die von 16.45 Uhr bis 19.30 Uhr dauern und an die sich ein Abendessen anschließen sollte, während für den 18. März 2016 vorgesehen war, dass die „Staats- und Regierungschefs der Union und der Regierungschef der Türkei“ in der Zeit von 9.15 Uhr bis 9.45 Uhr eintreffen und um 10 Uhr ein „Arbeitsfrühstück der Staats- und Regierungschefs der [Union] und des Regierungschefs der Türkei“ stattfindet. In einer vom Generalsekretariat des Rates an die Mission der Republik Türkei bei der Union gerichteten Note vom 11. März 2016 wird der Ablauf des Treffens vom 18. März 2016 in gleicher Weise geschildert, wobei der türkische Ministerpräsident zu einem Treffen mit den Staats- und Regierungschefs der Union und nicht mit den Mitgliedern des Europäischen Rates eingeladen wird.

65      Überdies heißt es in einer Note der Direktion Protokoll und Tagungen der Generaldirektion „Verwaltung“ des Rates vom 18. März 2016 mit dem Titel „Arbeitsprogramm des Protokolldienstes“ zu dem Treffen am 18. März 2016, dass die „Mitglieder des Europäischen Rates, der Ministerpräsident der Republik Türkei und die Hohe Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik“ zwischen 12 Uhr und 12.45 Uhr ohne protokollarische Reihenfolge eintreffen würden und dass ab 13 Uhr ein „Arbeitsessen für die Mitglieder des Europäischen Rates und die Hohe Vertreterin“ angeboten werde, ohne dass die Anwesenheit des türkischen Ministerpräsidenten erwähnt wird. Dagegen wurden nach dieser vom Protokolldienst erstellten Note die Teilnehmer zu einer „Arbeitssitzung der … Staats- und Regierungschefs und der Hohen Vertreterin [der Union] mit dem türkischen Ministerpräsidenten“ eingeladen, die ab 15 Uhr stattfinden sollte; dies bestätigt, dass die Vertreter der Mitgliedstaaten der Union in dieser Eigenschaft und nicht in ihrer Eigenschaft als Mitglieder des Europäischen Rates mit ihrem türkischen Amtskollegen zusammentreffen sollten.

66      Diese den Mitgliedstaaten der Union und der Republik Türkei offiziell übermittelten Dokumente belegen somit, dass die Vertreter der Mitgliedstaaten, ungeachtet des bedauerlicherweise mehrdeutigen Wortlauts der mittels der Pressemitteilung Nr. 144/16 verbreiteten Erklärung EU–Türkei, am 18. März 2016 in ihrer Eigenschaft als Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten in den gemeinsamen Räumlichkeiten des Europäischen Rates und des Rates, und zwar im Gebäude Justus Lipsius, mit dem türkischen Ministerpräsidenten zusammenkamen.

67      Insoweit lässt der Umstand, dass bei diesem Treffen auch die nicht förmlich eingeladenen Präsidenten des Europäischen Rates und der Kommission zugegen waren, nicht den Schluss zu, dass aufgrund der Anwesenheit aller dieser Mitglieder des Europäischen Rates das Treffen am 18. März 2016 zwischen dem Europäischen Rat und dem türkischen Ministerpräsidenten stattfand.

68      Der Europäische Rat hat nämlich unter Bezugnahme auf mehrere von seinem Präsidenten vorgelegte Dokumente vorgebracht, in der Praxis werde er von den Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten der Union mit der Vertretung und der Koordinierung der Verhandlungen mit der Republik Türkei in ihrem Namen betraut, was seine Anwesenheit bei dem Treffen am 18. März 2016 erkläre. Desgleichen sei die Anwesenheit des Kommissionspräsidenten darauf zurückzuführen, dass mit diesem Treffen der von der Kommission im Oktober 2015 auf das Ersuchen der Staats- und Regierungschefs der Union vom 23. September 2015 hin eingeleitete politische Dialog mit der Republik Türkei fortgesetzt worden sei. Wie der Europäische Rat zu Recht hervorhebt, ist in diesen Dokumenten aber hinsichtlich der Tätigkeiten am 18. März 2016 ausdrücklich und mehrfach von einem Treffen der Staats- und Regierungschefs der Union mit ihrem türkischen Amtskollegen und nicht von einer Tagung des Europäischen Rates die Rede. Dies gilt insbesondere für die unmittelbar nach dem Treffen am 18. März 2016 veröffentlichte Erklärung Nr. 151/16 des Präsidenten des Europäischen Rates mit dem Titel „Ausführungen von Präsident Tusk nach dem Treffen der Staats- und Regierungschefs der [Union] mit der Türkei“.

69      Unter diesen Umständen kommt das Gericht zu dem Ergebnis, dass der Ausdruck „Mitglieder des Europäischen Rates“ und der Begriff „EU“ in der mittels der Pressemitteilung Nr. 144/16 verbreiteten Erklärung EU–Türkei als Bezugnahmen auf die Staats- und Regierungschefs der Union verstanden werden müssen, die wie bei den ersten beiden Treffen der Staats- und Regierungschefs am 29. November 2015 und am 7. März 2016 mit ihrem türkischen Amtskollegen zusammenkamen und operative Maßnahmen zur Wiederherstellung der öffentlichen Ordnung, im Wesentlichen im griechischen Hoheitsgebiet, vereinbarten, die den Maßnahmen entsprechen, die bereits zuvor in den in Form von Pressemitteilungen am Ende der ersten beiden Treffen der Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten der Union mit ihrem türkischen Amtskollegen veröffentlichten Erklärungen angesprochen oder zum Ausdruck gebracht wurden. Dies wird dadurch bestätigt, dass in der am Ende des zweiten Treffens der Staats- und Regierungschefs am 29. November 2015 angenommenen Erklärung zur Bezeichnung der Vertreter der Mitgliedstaaten der Union, die bei diesem Treffen ebenso wie bei dem Treffen am 18. März 2016 in ihrer Eigenschaft als Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten tätig wurden, ebenfalls stets der Begriff „EU“ und der Ausdruck „führende Politiker der … Union“ verwendet wurden.

70      Aus diesem, der Bereitstellung der die Erklärung EU–Türkei wiedergebenden Pressemitteilung Nr. 144/16 auf der Website des Rates vorausgegangenen Gesamtkontext ergibt sich, dass der Europäische Rat als Organ in Bezug auf die Bewältigung der Migrationskrise keine Entscheidung traf, im Namen der Union eine Übereinkunft mit der türkischen Regierung zu schließen, und dass er die Union auch nicht im Sinne von Art. 218 AEUV verpflichtete. Folglich hat der Europäische Rat keine Handlung vorgenommen, die der angefochtenen Handlung, wie sie der Kläger beschreibt und wie sie in dieser Pressemitteilung inhaltlich wiedergegeben worden sein soll, entspräche.

71      Nach alledem kann die mittels der Pressemitteilung Nr. 144/16 verbreitete Erklärung EU–Türkei – unabhängig davon, ob sie, wie der Europäische Rat, der Rat und die Kommission geltend machen, eine Erklärung politischer Art ist oder vielmehr, wie der Kläger vorbringt, eine zur Erzeugung verbindlicher rechtlicher Wirkungen geeignete Handlung – weder als eine vom Europäischen Rat oder von einem anderen Organ, einer Einrichtung oder einer sonstigen Stelle der Union vorgenommene Handlung noch als Anhaltspunkt für das Vorliegen einer solchen, der angefochtenen Handlung entsprechenden Handlung angesehen werden.

72      Der Vollständigkeit halber ist in Anbetracht der Bezugnahme in der Erklärung EU–Türkei darauf, dass „die EU und die [Republik] Türkei … zusätzliche Maßnahmen vereinbart haben“, festzustellen, dass es sich, selbst wenn bei dem Treffen am 18. März 2016 informell eine internationale Übereinkunft geschlossen worden sein sollte – was im vorliegenden Fall vom Europäischen Rat, vom Rat und von der Kommission bestritten worden ist –, dabei um eine von den Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten der Union und dem türkischen Ministerpräsidenten geschlossene Übereinkunft handeln würde.

73      Im Rahmen einer Klage nach Art. 263 AEUV ist das Gericht aber nicht befugt, über die Rechtmäßigkeit einer von den Mitgliedstaaten geschlossenen internationalen Übereinkunft zu entscheiden (Urteil vom 5. Mai 2015, Spanien/Parlament und Rat, C‑146/13, EU:C:2015:298, Rn. 101).

74      Daher ist der vom Europäischen Rat erhobenen Einrede der Unzuständigkeit stattzugeben, wobei darauf hinzuweisen ist, dass Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union nicht darauf abzielt, das in den Verträgen vorgesehene Rechtsschutzsystem zu ändern (Urteil vom 3. Oktober 2013, Inuit Tapiriit Kanatami u. a./Parlament und Rat, C‑583/11 P, EU:C:2013:625, Rn. 97).

75      Da der Einrede der Unzuständigkeit stattgegeben wurde und die Klage daher abzuweisen ist, ist über die Anträge von NQ, NR, NS, NT, NU und NV sowie des Königreichs Belgien, der Hellenischen Republik und der Kommission auf Zulassung zur Streithilfe nicht mehr zu entscheiden.

 Kosten

76      Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Das Gericht kann jedoch gemäß Art. 135 Abs. 1 der Verfahrensordnung aus Gründen der Billigkeit entscheiden, dass eine unterliegende Partei neben ihren eigenen Kosten nur einen Teil der Kosten der Gegenpartei trägt oder gar nicht zur Tragung dieser Kosten zu verurteilen ist.

77      In Anbetracht der Umstände der vorliegenden Rechtssache und insbesondere der mehrdeutigen Formulierung in der Pressemitteilung Nr. 144/16 entscheidet das Gericht aus Gründen der Billigkeit, dass jede Partei ihre eigenen Kosten trägt.

78      Nach Art. 144 Abs. 10 der Verfahrensordnung tragen, wenn das Verfahren in der Hauptsache beendet wird, bevor über einen Antrag auf Zulassung zur Streithilfe entschieden wurde, der Antragsteller und die Hauptparteien jeweils ihre eigenen im Zusammenhang mit dem Antrag auf Zulassung zur Streithilfe entstandenen Kosten. Infolgedessen haben NF, der Europäische Rat sowie NQ, NR, NS, NT, NU, NV, das Königreich Belgien, die Hellenische Republik und die Kommission ihre eigenen im Zusammenhang mit den Anträgen auf Zulassung zur Streithilfe entstandenen Kosten zu tragen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Erste erweiterte Kammer)

beschlossen:

1.      Die Klage wird wegen Unzuständigkeit des Gerichts abgewiesen.

2.      Über die Anträge von NQ, NR, NS, NT, NU und NV sowie des Königreichs Belgien, der Hellenischen Republik und der Europäischen Kommission auf Zulassung zur Streithilfe ist nicht zu entscheiden.

3.      NF und der Europäische Rat tragen ihre eigenen Kosten.

4.      NQ, NR, NS, NT, NU und NV sowie das Königreich Belgien, die Hellenische Republik und die Kommission tragen ihre eigenen Kosten.

Luxemburg, den 28. Februar 2017

Der Kanzler

 

      Die Präsidentin

E. Coulon

 

      I. Pelikánová


*      Verfahrenssprache: Englisch.