Language of document : ECLI:EU:C:2010:484

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Zweite Kammer)

2. September 2010(*)

„Patentrecht – Arzneispezialitäten – Verordnung (EWG) Nr. 1768/92 – Art. 7, 19 und 19a Buchst. e – Ergänzendes Schutzzertifikat für Arzneimittel – Frist für die Einreichung der Anmeldung eines solchen Zertifikats“

In der Rechtssache C‑66/09

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Lietuvos Aukščiausiasis Teismas (Litauen) mit Entscheidung vom 10. Februar 2009, beim Gerichtshof eingegangen am 16. Februar 2009, in dem Verfahren

Kirin Amgen Inc.

gegen

Lietuvos Respublikos valstybinis patentų biuras,

Beteiligte:

Amgen Europe BV,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J. N. Cunha Rodrigues, der Richterin P. Lindh sowie der Richter A. Rosas, U. Lõhmus (Berichterstatter) und A. Ó Caoimh,

Generalanwalt: Y. Bot,

Kanzler: C. Strömholm, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 3. Februar 2010,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

–        der Kirin Amgen Inc., vertreten durch D. Ušinskaitė-Filonovienė, advokatė, und A. Pakėnienė, Patentanwältin im Beistand von C. Birss, QC,

–        der litauischen Regierung, vertreten durch D. Kriaučiūnas, I. Jarukaitis und L. Mickienė als Bevollmächtigte,

–        der tschechischen Regierung, vertreten durch M. Smolek als Bevollmächtigten,

–        der lettischen Regierung, vertreten durch K. Drēviņa und E. Eihmane als Bevollmächtigte,

–        der ungarischen Regierung, vertreten durch R. Somssich, K. Szíjjártó, M. Ficsor und M. Fehér als Bevollmächtigte,

–        der Europäischen Kommission, vertreten durch A. Steiblytė und H. Krämer als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 25. Februar 2010

folgendes

Urteil

1        Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 7 und 19 der Verordnung (EWG) Nr. 1768/92 des Rates vom 18. Juni 1992 über die Schaffung eines ergänzenden Schutzzertifikats für Arzneimittel (ABl. L 182, S. 1) in der Fassung aufgrund der Akte über die Bedingungen des Beitritts der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik und die Anpassungen der die Europäische Union begründenden Verträge (ABl. 2003, L 236, S. 33) (im Folgenden: Verordnung Nr. 1768/92 bzw. Beitrittsakte von 2003).

2        Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Gesellschaft Kirin Amgen Inc. (im Folgenden: Kirin Amgen) und dem Lietuvos Respublikos valstybinis patentų biuras (Staatliches Patentbüro der Republik Litauen) wegen dessen Weigerung, ihr ein ergänzendes Schutzzertifikat für ihr Arzneimittel Aranesp zu erteilen.

 Rechtlicher Rahmen

 Beitrittsakte von 2003

3        Art. 2 der Beitrittsakte von 2003 bestimmt:

„Ab dem Tag des Beitritts sind die ursprünglichen Verträge und die vor dem Beitritt erlassenen Rechtsakte der Organe und der Europäischen Zentralbank für die neuen Mitgliedstaaten verbindlich und gelten in diesen Staaten nach Maßgabe der genannten Verträge und dieser Akte.“

4        Nach Art. 20 dieser Akte werden „[d]ie in Anhang II aufgeführten Rechtsakte … nach Maßgabe jenes Anhangs angepasst“.

5        Durch Anhang II („Liste nach Artikel 20 der Beitrittsakte [von 2003]“) dieser Akte, Kapitel 4, Teil C, Abschnitt II („Ergänzende Schutzzertifikate“) wurde ein Art. 19a in die Verordnung Nr. 1768/92 eingefügt.

 Die Verordnung Nr. 1768/92

6        Der sechste, der siebte und der zehnte Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1768/92 lauten:

„Auf Gemeinschaftsebene ist eine einheitliche Lösung zu finden, um auf diese Weise einer heterogenen Entwicklung der nationalen Rechtsvorschriften vorzubeugen, die neue Unterschiede zur Folge hätte, welche geeignet wären, den freien Verkehr von Arzneimitteln innerhalb der Gemeinschaft zu behindern und dadurch die Schaffung und das Funktionieren des Binnenmarktes unmittelbar zu beeinträchtigen.

Es ist deshalb notwendig, ein ergänzendes Schutzzertifikat für Arzneimittel, deren Vermarktung genehmigt ist, einzuführen, das der Inhaber eines nationalen oder europäischen Patents unter denselben Voraussetzungen in jedem Mitgliedstaat erhalten kann. …

Auch die Festlegung der Übergangsregelung muss in ausgewogener Weise erfolgen. Diese Übergangsregelung muss es der Pharmaindustrie in der Gemeinschaft ermöglichen, den Rückstand gegenüber ihren Hauptkonkurrenten, die seit mehreren Jahren über Rechtsvorschriften verfügen, die ihnen einen angemesseneren Schutz einräumen, zum Teil auszugleichen. Dabei muss gleichzeitig darauf geachtet werden, dass mit der Übergangsregelung die Verwirklichung anderer rechtmäßiger Ziele in Verbindung mit den sowohl auf nationaler als auch auf Gemeinschaftsebene verfolgten Gesundheitspolitiken nicht gefährdet wird.“

7        In Art. 3 dieser Verordnung werden die Bedingungen für die Erteilung des ergänzenden Schutzzertifikats wie folgt festgelegt:

„Das Zertifikat wird erteilt, wenn in dem Mitgliedstaat, in dem die Anmeldung nach Artikel 7 eingereicht wird, zum Zeitpunkt dieser Anmeldung

a)      das Erzeugnis durch ein in Kraft befindliches Grundpatent geschützt ist;

b)      für das Erzeugnis als Arzneimittel eine gültige Genehmigung für das Inverkehrbringen gemäß der Richtlinie 65/65/EWG [des Rates vom 26. Januar 1965 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften über Arzneimittel (ABl. 1965, Nr. 22, S. 369) in der Fassung der Richtlinie 89/341/EWG des Rates vom 3. Mai 1989 (ABl. L 142, S. 11)] bzw. der Richtlinie 81/851/EWG [des Rates vom 28. September 1981 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Tierarzneimittel (ABl. L 317, S. 1) in der Fassung der Richtlinie 90/676/EWG des Rates vom 13. Dezember 1990 (ABl. L 373, S. 15)] erteilt wurde;

c)      für das Erzeugnis nicht bereits ein Zertifikat erteilt wurde;

d)      die unter Buchstabe b) erwähnte Genehmigung die erste Genehmigung für das Inverkehrbringen dieses Erzeugnisses als Arzneimittel ist.“

8        Art. 7 Abs. 1 dieser Verordnung bestimmt:

„Die Anmeldung des Zertifikats muss innerhalb einer Frist von sechs Monaten, gerechnet ab dem Zeitpunkt, zu dem für das Erzeugnis als Arzneimittel die Genehmigung für das Inverkehrbringen nach Artikel 3 Buchstabe b) erteilt wurde, eingereicht werden.“

9        Art. 13 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1768/92 lautet:

„Das Zertifikat gilt ab Ablauf der gesetzlichen Laufzeit des Grundpatents für eine Dauer, die dem Zeitraum zwischen der Einreichung der Anmeldung für das Grundpatent und dem Zeitpunkt der ersten Genehmigung für das Inverkehrbringen in der Gemeinschaft entspricht, abzüglich eines Zeitraums von fünf Jahren.“

10      Die Art. 19 bis 22 der Verordnung Nr. 1768/92 enthalten eine Übergangsregelung. Art. 19 hat folgenden Wortlaut:

„(1)       Für jedes Erzeugnis, das zum Zeitpunkt des Beitritts durch ein in Kraft befindliches Patent geschützt ist und für das als Arzneimittel eine erste Genehmigung für das Inverkehrbringen in der Gemeinschaft oder in Österreich, Finnland oder Schweden nach dem 1. Januar 1985 erteilt wurde, kann ein Zertifikat erteilt werden.

Bezüglich der in Dänemark, in Deutschland und in Finnland zu erteilenden Zertifikate tritt an die Stelle des 1. Januars 1985 der 1. Januar 1988.

Bezüglich der in Belgien, in Italien und in Österreich zu erteilenden Zertifikate tritt an die Stelle des 1. Januars 1985 der 1. Januar 1982.

(2)      Der Antrag auf Erteilung eines Zertifikats nach Absatz 1 ist innerhalb von sechs Monaten nach Inkrafttreten dieser Verordnung zu stellen.“

11      Art. 19a („Zusätzliche Bestimmungen über die Erweiterung der Gemeinschaft“) dieser Verordnung sieht vor:

„Unbeschadet der übrigen Bestimmungen dieser Verordnung gilt Folgendes:

a)      i)     Für jedes in der Tschechischen Republik durch ein geltendes Grundpatent geschützte Arzneimittel, für das in der Tschechischen Republik nach dem 10. November 1999 eine erste Genehmigung für das Inverkehrbringen als Arzneimittel erlangt wurde, kann ein Zertifikat erteilt werden, sofern die Anmeldung des Zertifikats binnen sechs Monaten nach dem Zeitpunkt, zu dem die erste Genehmigung für das Inverkehrbringen erlangt wurde, eingereicht wird;

ii)      Für jedes in der Tschechischen Republik durch ein geltendes Grundpatent geschützte Arzneimittel, für das frühestens sechs Monate vor dem Tag des Beitritts eine erste Genehmigung für das Inverkehrbringen als Arzneimittel in der Gemeinschaft erlangt wurde, kann ein Zertifikat erteilt werden, sofern die Anmeldung des Zertifikats binnen sechs Monaten nach dem Zeitpunkt, zu dem die erste Genehmigung für das Inverkehrbringen erlangt wurde, eingereicht wird;

...

e)      Für jedes Arzneimittel, das durch ein geltendes, nach dem 1. Februar 1994 angemeldetes Grundpatent geschützt ist und für das in Litauen vor dem Tag des Beitritts eine erste Genehmigung für das Inverkehrbringen als Arzneimittel erlangt wurde, kann ein Zertifikat erteilt werden, sofern die Anmeldung des Zertifikats binnen sechs Monaten nach dem Tag des Beitritts eingereicht wird.“

 Die Verordnung (EWG) Nr. 2309/93

12      Art. 12 Abs. 1 Unterabs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 2309/93 des Rates vom 22. Juli 1993 zur Festlegung von Gemeinschaftsverfahren für die Genehmigung und Überwachung von Human- und Tierarzneimitteln und zur Schaffung einer Europäischen Agentur für die Beurteilung von Arzneimitteln (ABl. L 214, S. 1) bestimmt:

„Unbeschadet des Artikels 6 der Richtlinie 65/65/EWG ist eine Genehmigung, die nach dem in dieser Verordnung festgelegten Verfahren erteilt worden ist, für die gesamte Gemeinschaft gültig. Sie umfasst die gleichen Rechte und Pflichten in jedem einzelnen Mitgliedstaat wie eine Genehmigung, die von dem jeweiligen Mitgliedstaat nach Artikel 3 der Richtlinie 65/65/EWG erteilt wird.“

13      Dieser Art. 3 wurde durch die Art. 4 Abs. 3 und 6 Abs. 1 der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel (ABl. L 311, S. 67) ersetzt.

 Ausgangsrechtsstreit und Vorlagefragen

14      Kirin Amgen ist für das Arzneimittel Aranesp Inhaberin eines am 16. August 1994 angemeldeten europäischen Patents, dessen Wirkungen auf Litauen erstreckt wurden. Am 8. Juni 2001 wurde ihr für dieses Arzneimittel eine Genehmigung für das Inverkehrbringen (im Folgenden: Genehmigung) gemäß der Verordnung Nr. 2309/93 (im Folgenden: Gemeinschaftsgenehmigung) erteilt. Am 29. Oktober 2004 reichte sie beim Lietuvos Respublikos valstybinis patentų biuras einen Antrag auf Erteilung eines ergänzenden Schutzzertifikats verbunden mit der Gemeinschaftsgenehmigung ein. Das ergänzende Schutzzertifikat wurde ihr mit einer Entscheidung des Patentbüros versagt, gegen die nach und nach bei verschiedenen nationalen Gerichten erfolglos Rechtsbehelfe eingelegt wurden.

15      Im Rahmen ihres beim vorlegenden Gericht eingelegten Rechtsbehelfs trägt Kirin Amgen vor, dass es für die Erteilung eines ergänzenden Schutzzertifikats in Litauen genüge, Inhaber einer Gemeinschaftsgenehmigung zu sein, und dass sie die in Art. 7 oder 19 der Verordnung Nr. 1768/92 genannte Sechsmonatsfrist für die Einreichung ihrer Anmeldung nicht habe verstreichen lassen, da diese Frist vom 1. Mai 2004 an, dem Zeitpunkt des Beitritts der Republik Litauen zur Europäischen Union, zu berechnen sei.

16      Vor diesem Hintergrund hat der Lietuvos Aukščiausiasis Teismas das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1.      Ist unter „Inkrafttreten dieser Verordnung“ im Sinne von Art. 19 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1768/92 im Fall der Republik Litauen der Zeitpunkt von deren Beitritt zur Europäischen Union zu verstehen?

2.      Falls die erste Frage zu bejahen ist: In welchem Verhältnis stehen die Art. 19 und 7 der Verordnung Nr. 1768/92 bei der Berechnung der Sechsmonatsfrist zueinander, und welche Bestimmung ist im vorliegenden Fall anzuwenden?

3.      Gilt die Genehmigung in der Europäischen Gemeinschaft in der Republik Litauen ab dem Zeitpunkt von deren Beitritt zur Europäischen Union uneingeschränkt?

4.      Falls die dritte Frage zu bejahen ist: Ist das Wirksamwerden der Genehmigung deren Erteilung im Sinne von Art. 3 Buchst. b der Verordnung Nr. 1768/92 gleichzustellen?

 Zum Antrag auf Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung

17      Mit Schriftsatz vom 30. Juni 2010 hat Kirin Amgen die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung beantragt und im Wesentlichen geltend gemacht, dass der in den Schlussanträgen des Generalanwalts vertretene Standpunkt fehlerhaft sei und dass in diesen Schlussanträgen neue Argumente in Bezug auf die Art. 3, 7 und 13 der Verordnung Nr. 1768/92, insbesondere zu deren Art. 3 Buchst. d, vorgetragen worden seien. Kirin Amgen stützt ihren Antrag auf den Anspruch auf rechtliches Gehör nach Art. 6 der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten.

18      Unter Berücksichtigung der Zielsetzung des kontradiktorischen Verfahrens, die darin besteht, zu verhindern, dass der Gerichtshof durch Vorbringen beeinflusst wird, das von den Parteien nicht erörtert werden konnte, kann der Gerichtshof nach Art. 61 seiner Verfahrensordnung die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung von Amts wegen, auf Vorschlag des Generalanwalts oder auch auf Antrag der Parteien anordnen, wenn er sich für unzureichend unterrichtet hält oder ein zwischen den Parteien nicht erörtertes Vorbringen als entscheidungserheblich ansieht (vgl. u. a. Beschluss vom 4. Februar 2000, Emesa Sugar, C‑17/98, Slg. 2000, I-665, Randnr. 18, sowie Urteil vom 8. September 2009, Liga Portuguesa de Futebol Profissional und Bwin International, C‑42/07, Slg. 2009, I‑0000, Randnr. 31 und die dort angeführte Rechtsprechung).

19      Im vorliegenden Fall ist der Gerichtshof nach Anhörung des Generalanwalts jedoch der Auffassung, dass er über sämtliche Informationen verfügt, die er für die Beantwortung der vorgelegten Fragen benötigt, und dass diese Informationen in den vor ihm abgegebenen Erklärungen erörtert worden sind.

20      Daher ist der Antrag auf Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung zurückzuweisen.

 Zu den Vorlagefragen

 Vorbemerkungen

21      Der Vorlageentscheidung und insbesondere den ersten beiden Fragen des vorlegenden Gerichts ist zu entnehmen, dass nach dessen Ansicht die Entscheidung des Ausgangsrechtsstreits wesentlich von der Auslegung des Art. 19 der Verordnung Nr. 1768/92 abhängt. Der Gerichtshof hat aber bereits entschieden, dass der Unionsgesetzgeber diesen Artikel in die Übergangsregelung dieser Verordnung eingefügt hat, um die nachteiligen Auswirkungen des Ablaufs oder der Verkürzung der Sechsmonatsfrist gemäß Art. 7 Abs. 1 dieser Verordnung zu begrenzen und es zu ermöglichen, dass Erzeugnisse, für die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Verordnung bereits eine Genehmigung als Arzneimittel vorlag, in den Genuss der durch diese Verordnung eingeführten Regelung kommen. Art. 19 Abs. 2 dieser Verordnung weicht unter den Voraussetzungen seines Abs. 1 von Art. 7 der Verordnung ab (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 12. Juni 1997, Yamanouchi Pharmaceutical, C‑110/95, Slg. 1997, I-3251, Randnr. 19, und vom 11. Dezember 2003, Hässle, C‑127/00, Slg. 2003, I‑14781, Randnr. 29).

22      Um unterschiedlichen Einschätzungen der Mitgliedstaaten Rechnung zu tragen – so der Gerichtshof weiter –, setzte Art. 19 der Verordnung Nr. 1768/92 im Rahmen einer Übergangsregelung je nach Mitgliedstaat in Bezug auf eine erste Genehmigung unterschiedliche Stichtage fest, wobei diese Festsetzung deshalb gerechtfertigt war, weil jeder dieser Zeitpunkte Ausdruck der Einschätzung des einzelnen Mitgliedstaats u. a. entsprechend seinem Gesundheitssystem ist, dessen Organisation und Finanzierung sich von einem Mitgliedstaat zum anderen unterscheiden (vgl. in diesem Sinne Urteil Hässle, Randnrn. 39 und 40). Diese Bestimmung spiegelt somit das Ergebnis von Verhandlungen wider und führt für verschiedene Mitgliedstaaten spezifische Mechanismen ein.

23      So legte Art. 19 der Verordnung Nr. 1768/92 für die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Verordnung zwölf Mitgliedstaaten der Gemeinschaft sowie für die drei Mitgliedstaaten, die ihr zum 1. Januar 1995 beigetreten sind, eine von Art. 7 dieser Verordnung abweichende Übergangsregelung für jedes Erzeugnis fest, für das zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verordnung eine erste Genehmigung in der Gemeinschaft nach einem in diesem Art. 19 genannten Zeitpunkt erteilt wurde.

24      Genau wie diese Bestimmung ist auch der gleichfalls zur Übergangsregelung zählende Art. 19a dieser Verordnung als Ausdruck des Ergebnisses von Verhandlungen mit den Mitgliedstaaten anzusehen, die der Union am 1. Mai 2004 beigetreten sind.

25      Folglich gilt Art. 19a der Verordnung Nr. 1768/92 für diese neuen Mitgliedstaaten und insbesondere Art. 19a Buchst. e für die Republik Litauen. Art. 19 dieser Verordnung betrifft hingegen nur die Staaten, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Verordnung Mitglieder der Gemeinschaft waren, sowie die Staaten, die anlässlich der Erweiterung am 1. Januar 1995 beigetreten sind.

26      Wäre nämlich Art. 19 der Verordnung Nr. 1768/92 so auszulegen, als beträfe er auch die Mitgliedstaaten, die am 1. Mai 2004 beigetreten sind, wären die in den einzelnen Unterabsätzen des Art. 19a dieser Verordnung zum Ausdruck kommenden Ergebnisse der Verhandlungen mit diesen möglicherweise bedeutungslos.

27      Es ist darauf hinzuweisen, dass es im Rahmen des durch Art. 267 AEUV eingeführten Verfahrens der Zusammenarbeit zwischen den nationalen Gerichten und dem Gerichtshof dessen Aufgabe ist, dem nationalen Gericht eine für die Entscheidung des bei diesem anhängigen Verfahrens sachdienliche Antwort zu geben. Hierzu hat der Gerichtshof die ihm vorgelegten Fragen gegebenenfalls umzuformulieren. Es ist nämlich Aufgabe des Gerichtshofs, alle Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts auszulegen, die die nationalen Gerichte benötigen, um die bei ihnen anhängigen Rechtsstreitigkeiten zu entscheiden, auch wenn diese Bestimmungen in den dem Gerichtshof von diesen Gerichten vorgelegten Fragen nicht ausdrücklich genannt sind (vgl. Urteil vom 26. Juni 2008, Wiedemann und Funk, C‑329/06 und C‑343/06, Slg. 2008, I‑4635, Randnr. 45 und die dort angeführte Rechtsprechung).

28      Unter diesen Umständen und in Anbetracht des Sachverhalts des Ausgangsrechtsstreits sind die Fragen des vorlegenden Gerichts, die zusammen zu prüfen sind, so zu verstehen, dass es im Wesentlichen wissen möchte, ob die Art. 7 und 19a Buchst. e der Verordnung Nr. 1768/92 dahin auszulegen sind, dass die eine oder die andere dieser Bestimmungen dem Inhaber eines in Kraft befindlichen Grundpatents für ein Erzeugnis ermöglicht, binnen sechs Monaten vom Zeitpunkt des Beitritts der Republik Litauen zur Union, nämlich dem 1. Mai 2004, an die Erteilung eines ergänzenden Schutzzertifikats zu beantragen, sofern mehr als sechs Monate vor diesem Zeitpunkt für dieses Erzeugnis eine Gemeinschaftsgenehmigung als Arzneimittel, nicht aber eine nationale Genehmigung in Litauen erteilt wurde.

 Zur Möglichkeit der Erlangung des ergänzenden Schutzzertifikats auf der Grundlage von Art. 19a Buchst. e der Verordnung Nr. 1768/92

29      Nach Art. 19a Buchst. e der Verordnung Nr. 1768/92 kann in Litauen ein ergänzendes Schutzzertifikat für ein Arzneimittel erteilt werden, das durch ein geltendes, nach dem 1. Februar 1994 angemeldetes Grundpatent geschützt ist und für das vor dem 1. Mai 2004 in Litauen eine erste nationale Genehmigung als Arzneimittel erlangt wurde, sofern die Anmeldung des ergänzenden Schutzzertifikats binnen sechs Monaten nach diesem Zeitpunkt eingereicht wurde.

30      Als von Art. 7 der Verordnung Nr. 1768/92 abweichende Übergangsregelung soll Art. 19a Buchst. e dieser Verordnung genau wie deren Art. 19 die nachteiligen Auswirkungen des Ablaufs oder der Verkürzung der in diesem Art. 7 genannten Frist für die Beantragung eines ergänzenden Schutzzertifikats in Litauen begrenzen, und er ermöglicht es, dass Erzeugnisse, für die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Verordnung bereits eine nationale Genehmigung als Arzneimittel vorlag, in den Genuss der durch diese Verordnung eingeführten Regelung kommen (vgl. entsprechend Urteil Hässle, Randnr. 29).

31      Nach ständiger Rechtsprechung sind die in den Beitrittsakten vorgesehenen Abweichungen eng auszulegen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 5. Dezember 1996, Merck und Beecham, C‑267/95 und C‑268/95, Slg. 1996, I‑6285, Randnr. 23, sowie vom 3. Dezember 1998, KappAhl, C‑233/97, Slg. 1998, I‑8069, Randnr. 18).

32      Bei der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Genehmigung, die Kirin Amgen am 8. Juni 2001 erteilt wurde, handelt es sich um eine Gemeinschaftsgenehmigung, nicht aber um eine nationale, in Litauen erlangte Genehmigung.

33      Nach Art. 19a Buchst. e der Verordnung Nr. 1768/92 kann ein ergänzendes Schutzzertifikat aber nur für ein Erzeugnis erteilt werden, für das eine erste Genehmigung als Arzneimittel in Litauen erlangt wurde. Diese Bestimmung sieht keine Ausnahme für Erzeugnisse vor, für die eine Gemeinschaftsgenehmigung erteilt wurde. Da diese Bestimmung klar und nicht mehrdeutig formuliert ist, ist sie im Einklang mit der Regel der strikten Auslegung von Übergangsregelungen in einer Weise auszulegen, die ihrem Wortlaut entspricht und den Willen des Unionsgesetzgebers zum Ausdruck bringt, wie er sich aus den Verhandlungen ergibt, die zur Beitrittsakte von 2003 geführt haben.

34      Im Kontext einer Übergangsregelung kann dieses Ergebnis auch nicht durch Art. 12 Abs. 1 Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 2309/93 in Frage gestellt werden, wonach die Gemeinschaftsgenehmigung in jedem einzelnen Mitgliedstaat die gleichen Rechte und Pflichten umfasst wie eine von diesem Mitgliedstaat erteilte nationale Genehmigung.

35      Folglich kann sich der Inhaber einer vor dem 1. Mai 2004 erlangten Gemeinschaftsgenehmigung nicht auf Art. 19a Buchst. e der Verordnung Nr. 1768/92 stützen, um in Litauen ein ergänzendes Schutzzertifikat zu erlangen, da diese Bestimmung eine Ausnahme von der in Art. 7 dieser Verordnung vorgesehenen Frist nur für den Inhaber einer nationalen Genehmigung vorsieht.

 Zur Möglichkeit der Erlangung eines ergänzenden Schutzzertifikats auf der Grundlage von Art. 7 der Verordnung Nr. 1768/92

36      Nach Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1768/92 in Verbindung mit deren Art. 3 Buchst. b und d muss die Anmeldung des ergänzenden Schutzzertifikats innerhalb einer Frist von sechs Monaten, gerechnet ab dem Zeitpunkt, zu dem die erste Genehmigung des Erzeugnisses als Arzneimittel im Anmeldemitgliedstaat erteilt wurde, eingereicht werden (vgl. Urteil Hässle, Randnr. 26).

37      Nach Art. 12 Abs. 1 Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 2309/93 umfasst die Gemeinschaftsgenehmigung die gleichen Rechte und Pflichten in jedem einzelnen Mitgliedstaat wie eine nationale Genehmigung, die von dem jeweiligen Mitgliedstaat nach den Art. 4 Abs. 3 und 6 Abs. 1 der Richtlinie 2001/83, die Art. 3 der Richtlinie 65/65 in der Fassung der Richtlinie 89/341 ersetzt haben, erteilt wird.

38      Kirin Amgen macht ebenso wie die Europäische Kommission geltend, dass der Inhaber einer Gemeinschaftsgenehmigung wie jener, um die es im Ausgangsverfahren gehe, auf der Grundlage von Art. 7 der Verordnung Nr. 1768/92 seine Anmeldung des ergänzenden Schutzzertifikats binnen sechs Monaten nach dem Inkrafttreten dieser Verordnung in Litauen einreichen könne. Zu diesem Zweck sei die Erlangung der Gemeinschaftsgenehmigung im Sinne des Art. 3 Buchst. b dieser Verordnung dem Zeitpunkt gleichzustellen, zu dem diese Genehmigung wirksam geworden sei, so dass davon auszugehen sei, dass sie am 1. Mai 2004 erlangt worden sei.

39      Wie Kirin Amgen, die Mitgliedstaaten, die schriftliche Erklärungen beim Gerichtshof eingereicht haben, und die Kommission vortragen, entfaltet eine Kommissionsentscheidung über die Erteilung einer Gemeinschaftsgenehmigung nach Art. 2 der Beitrittsakte von 2003 ihre Wirkungen in dem neuen Mitgliedstaat der Union zwar vom Zeitpunkt seines Beitritts an, so dass die Kirin Amgen am 8. Juni 2001 erteilte Gemeinschaftsgenehmigung in Litauen am 1. Mai 2004 wirksam wurde.

40      Jedoch kann dieser letztgenannte Zeitpunkt nicht dem Zeitpunkt der Erlangung der Genehmigung im Sinne des Art. 3 Buchst. b der Verordnung Nr. 1768/92 gleichgestellt werden.

41      In Ermangelung einer Definition des Begriffs „Erlangung“ in dieser Verordnung sind nämlich nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs bei der Auslegung einer Unionsvorschrift nicht nur ihr Wortlaut, sondern auch ihr Zusammenhang und die Ziele zu berücksichtigen, die mit der Regelung, zu der sie gehört, verfolgt werden (vgl. u. a. Urteile vom 17. November 1983, Merck, 292/82, Slg. 1983, 3781, Randnr. 12, vom 1. März 2007, Schouten, C‑34/05, Slg. 2007, I‑1687, Randnr. 25, vom 12. Februar 2009, Klarenberg, C‑466/07, Slg. 2009, I‑803, Randnr. 37, und vom 3. Dezember 2009, Yaesu Europe, C‑433/08, Slg. 2009, I‑0000, Randnr. 24).

42      Dem Wortlaut der Art. 19 und 19a der Verordnung Nr. 1768/92 ist insoweit klar zu entnehmen, dass der Begriff „Erlangung“ der Genehmigung sich von dem des „Wirksamwerdens“ unterscheidet, sofern die Erlangung dem Beitritt der betreffenden Mitgliedstaaten vorausgeht. In den meisten zum Zeitpunkt des Erlasses dieser Verordnung existierenden Sprachfassungen wird der Begriff „Erlangung“ einer Genehmigung aber sowohl in Art. 19 als auch in Art. 3 Buchst. b und 7 verwendet, und es spricht nichts dafür, ihn unterschiedlich danach auszulegen, in welcher Bestimmung er gebraucht wird. Vielmehr wird er in allen diesen Artikeln im selben Zusammenhang verwendet. Zwar verwenden einige Sprachfassungen dieser Verordnung, in deren Art. 3 Buchst. b und 7 einen anderen Ausdruck, insbesondere die englische, nämlich „granted“ (erteilt). Gleichwohl erfolgt die Erlangung einer Genehmigung jedoch zum Zeitpunkt ihrer Erteilung.

43      Kirin Amgen macht gleichwohl geltend, dass das Ziel der Verordnung Nr. 1768/92, eine einheitliche Patentschutzdauer für ein Medikament zu gewährleisten, zwangsläufig bedeute, dass die Erlangung einer Gemeinschaftsgenehmigung im Sinne des Art. 3 Buchst. b dieser Verordnung dem Wirksamwerden dieser Genehmigung in Litauen gleichgesetzt werden müsse. Jede andere Auslegung ließe ein System des Rechtsschutzes für geistiges Eigentum mit zwei Geschwindigkeiten entstehen, je nachdem, ob dieser Schutz in den Mitgliedstaaten, die der Union beiträten, oder in deren alten Mitgliedstaaten verwirklicht werde. Hätten die Inhaber einer Gemeinschaftsgenehmigung keine Möglichkeit, in einem neuen Mitgliedstaat ein ergänzendes Schutzzertifikat zu erlangen, würden Paralleleinfuhren aus diesem Mitgliedstaat möglich, die so das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts bedrohten.

44      Dieser Argumentation kann nicht gefolgt werden.

45      Was das mit der Verordnung Nr. 1768/92 verfolgte Ziel angeht, trifft es zwar zu, dass diese insofern eine einheitliche Lösung auf Unionsebene vorsieht, als ein ergänzendes Schutzzertifikat eingeführt wird, das der Inhaber eines nationalen oder europäischen Patents unter denselben Voraussetzungen in jedem Mitgliedstaat erhalten kann, und als sie insbesondere eine einheitliche Schutzdauer vorsieht (vgl. entsprechend Urteile vom 13. Juli 1995, Spanien/Rat, C‑350/92, Slg. 1995, I‑1985, Randnr. 34, und Hässle, Randnr. 37). Wie dem sechsten Erwägungsgrund dieser Verordnung zu entnehmen ist, soll durch sie auf diese Weise einer heterogenen Entwicklung der nationalen Rechtsvorschriften vorgebeugt werden, die Unterschiede zur Folge hätte, welche geeignet wären, den freien Verkehr von Arzneimitteln innerhalb der Gemeinschaft zu behindern und dadurch die Schaffung und das Funktionieren des Binnenmarkts unmittelbar zu beeinträchtigen.

46      Gleichwohl waren einige Mitgliedstaaten im Einklang mit dem zehnten Erwägungsgrund dieser Verordnung bestrebt, auf längere Sicht die Verwirklichung anderer rechtmäßiger Ziele in Verbindung mit ihren Gesundheitspolitiken zu gewährleisten, insbesondere die finanzielle Stabilität ihres Gesundheitssystems durch eine Unterstützung des Wirtschaftszweigs der Hersteller von Arzneimittelgenerika sicherzustellen (vgl. in diesem Sinne Urteil Hässle, Randnr. 38).

47      Um diesen unterschiedlichen Einschätzungen Rechnung zu tragen, enthalten die Art. 19 und 19a der Verordnung Nr. 1768/92 übergangsweise unterschiedliche Stichtage. Deren Festsetzung je nach Mitgliedstaat ist daher gerechtfertigt, weil jeder dieser Zeitpunkte die Einschätzung des einzelnen Mitgliedstaats u. a. entsprechend seinem Gesundheitssystem erkennen lässt, dessen Organisation und Finanzierung sich von einem Mitgliedstaat zum anderen unterscheiden (vgl. entsprechend Urteil Hässle, Randnrn. 39 und 40).

48      Demnach steht das Ziel der Verordnung Nr. 1768/92, einem Medikament unionsweit einen einheitlichen Schutz zu bieten, einer aus Beitrittsverhandlungen hervorgegangenen Übergangsregelung, die dazu führen kann, dass es in einigen Mitgliedstaaten für bestimmte Arzneimittel nicht möglich ist, ein ergänzendes Schutzzertifikat zu beantragen, nicht entgegen. Dieses Ergebnis, das, und sei es nur vorübergehend, das genannte Ziel und das Funktionieren des Binnenmarkts beeinträchtigen kann, ist durch diese rechtmäßigen Ziele in Verbindung mit den verfolgten Gesundheitspolitiken, zu denen auch die finanzielle Stabilität der Gesundheitssysteme der Mitgliedstaaten gehört, gerechtfertigt (vgl. in diesem Sinne Urteil Hässle, Randnr. 46).

49      Unter den Gegebenheiten des Ausgangsrechtsstreits liefe es dem Ergebnis der Verhandlungen, die zum Beitritt der Republik Litauen zur Union geführt haben, zuwider, ließe man zu, dass der Inhaber einer Gemeinschaftsgenehmigung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen sich auf Art. 7 der Verordnung Nr. 1768/92 stützen könnte, um in Litauen ein ergänzendes Schutzzertifikat zu erlangen. Art. 19a Buchst. e dieser Verordnung sieht die Möglichkeit, bei den zuständigen litauischen Behörden die Erteilung eines solchen ergänzenden Schutzzertifikats zu beantragen, nur auf der Grundlage einer in Litauen vor dem Beitritt dieses Staates erlangten ersten Genehmigung vor. Wie in Randnr. 33 des vorliegenden Urteils ausgeführt worden ist, sieht diese Bestimmung keine Ausnahme für Erzeugnisse vor, für die eine Gemeinschaftsgenehmigung erteilt wurde.

50      Könnte das Wirksamwerden einer Gemeinschaftsgenehmigung in einem neuen Mitgliedstaat mit deren Erlangung in diesem Staat gleichgesetzt werden, würde zudem jede Gemeinschaftsgenehmigung einen Anspruch auf Erteilung eines ergänzenden Schutzzertifikats begründen, wenn dieses binnen sechs Monaten nach dem Beitritt eines solchen Mitgliedstaats zur Union beantragt würde, und zwar selbst dann, wenn der Zeitpunkt der Erlangung dieser Genehmigung vor den in der Übergangsregelung der Verordnung Nr. 1768/92 genannten Zeitpunkten für die Erlangung läge. Auch dies liefe den Ergebnissen der Beitrittsverhandlungen zuwider.

51      Im Fall einer Gleichsetzung der Erlangung einer Genehmigung mit deren Wirksamwerden könnte nämlich, beispielsweise bezogen auf einen anderen Mitgliedstaat, der Inhaber einer vor dem 1. Mai 2004 erlangten Gemeinschaftsgenehmigung in der Tschechischen Republik bis zum 30. November 2004 ein ergänzendes Schutzzertifikat beantragen, obwohl Art. 19a Buchst. a Ziff. ii der Verordnung Nr. 1768/92 vorsieht, dass eine solche Anmeldung in diesem Mitgliedstaat nur innerhalb von sechs Monaten nach dem Zeitpunkt, zu dem die erste Genehmigung erlangt wurde, eingereicht werden kann.

52      Folglich stehen sowohl der Wortlaut als auch der Kontext der Art. 3 Buchst. b, 7 und 19a Buchst. e der Verordnung Nr. 1768/92 sowie deren Ziel und insbesondere das mit ihrer Übergangsregelung verfolgte Ziel der Gleichsetzung des Wirksamwerdens der Gemeinschaftsgenehmigung mit ihrer Erlangung im Sinne dieses Art. 3 Buchst. b entgegen.

53      Aufgrund der vorstehenden Erwägungen ist auf die Vorlagefragen zu antworten, dass die Art. 7 und 19a Buchst. e der Verordnung Nr. 1768/92 dahin auszulegen sind, dass sie dem Inhaber eines in Kraft befindlichen Grundpatents für ein Erzeugnis nicht ermöglichen, binnen sechs Monaten vom Zeitpunkt des Beitritts der Republik Litauen zur Union an die Erteilung eines ergänzenden Schutzzertifikats zu beantragen, sofern mehr als sechs Monate vor dem Beitritt für dieses Erzeugnis eine Gemeinschaftsgenehmigung als Arzneimittel nach der Verordnung Nr. 2309/93, für ein solches Erzeugnis aber keine Genehmigung in Litauen erlangt wurde.

 Kosten

54      Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Zweite Kammer) für Recht erkannt:

Die Art. 7 und 19a Buchst. e der Verordnung (EWG) Nr. 1768/92 des Rates vom 18. Juni 1992 über die Schaffung eines ergänzenden Schutzzertifikats für Arzneimittel in der Fassung aufgrund der Akte über die Bedingungen des Beitritts der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik und die Anpassungen der die Europäische Union begründenden Verträge sind dahin auszulegen, dass sie dem Inhaber eines in Kraft befindlichen Grundpatents für ein Erzeugnis nicht ermöglichen, binnen sechs Monaten vom Zeitpunkt des Beitritts der Republik Litauen zur Europäischen Union an die Erteilung eines ergänzenden Schutzzertifikats zu beantragen, sofern mehr als sechs Monate vor dem Beitritt für dieses Erzeugnis eine Genehmigung als Arzneimittel nach der Verordnung (EWG) Nr. 2309/93 des Rates vom 22. Juli 1993 zur Festlegung von Gemeinschaftsverfahren für die Genehmigung und Überwachung von Human- und Tierarzneimitteln und zur Schaffung einer Europäischen Agentur für die Beurteilung von Arzneimitteln, für ein solches Erzeugnis aber keine Genehmigung in Litauen erlangt wurde.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Litauisch.