Language of document : ECLI:EU:T:2012:325

URTEIL DES GERICHTS (Zweite Kammer)

27. Juni 2012(*)

„Wettbewerb – Kartelle – Markt für Selbstdurchschreibepapier – Festsetzung von Preisen – Entscheidung, mit der eine Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV festgestellt wird – Entscheidung, die nach Nichtigerklärung einer ersten Entscheidung ergangen ist – Zurechnung der Zuwiderhandlung zur Muttergesellschaft als unmittelbare Urheberin – Grundsatz der Gesetzmäßigkeit im Zusammenhang mit Straftaten und Strafen – Rechtssicherheit – Individuelle Bestrafung – Faires Verfahren – Gleichbehandlung – Angemessene Dauer – Verteidigungsrechte – Geldbußen – Verjährung – Mildernde Umstände – Kooperation“

In der Rechtssache T‑372/10

Bolloré mit Sitz in Ergué-Gabéric (Frankreich), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte P. Gassenbach, C. Lemaire und O. de Juvigny,

Klägerin,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch W. Mölls, F. Castillo de la Torre und R. Sauer als Bevollmächtigte, im Beistand von Rechtsanwalt N. Coutrelis,

Beklagte,

wegen Nichtigerklärung bzw. Abänderung der Entscheidung K(2010) 4160 endg. der Kommission vom 23. Juni 2010 in einem Verfahren nach Art. 101 AEUV und Art. 53 des EWR-Abkommens (Sache COMP/36212 – Selbstdurchschreibepapier)

erlässt

DAS GERICHT (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten N. J. Forwood sowie der Richter F. Dehousse (Berichterstatter) und J. Schwarcz,

Kanzler: C. Kristensen, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 1. Februar 2012

folgendes

Urteil

 Sachverhalt

1        Im Herbst 1996 übermittelte der Papierkonzern Sappi der Kommission der Europäischen Gemeinschaften Informationen, die bei ihr den Verdacht begründeten, dass es auf dem Markt für Selbstdurchschreibepapier eine geheime Absprache über die Festsetzung von Preisen gebe.

2        1997 führte die Kommission gemäß der Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962, Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln [81 EG] und [82 EG] (ABl. 1962, Nr. 13, S. 204), bei mehreren Herstellern von Selbstdurchschreibepapier, insbesondere bei Papeteries Mougeot, Sappi und weiteren Unternehmen, darunter Koehler und Arjo Wiggins Appelton plc (im Folgenden: AWA), Nachprüfungen durch.

3        Weder Copigraph, die in dieser Branche tätig ist, noch ihre 100%ige Muttergesellschaft Bolloré, die Klägerin, waren von diesen Nachprüfungen betroffen.

4        Im November 1998 veräußerte die Klägerin Copigraph an AWA.

5        1999 richtete die Kommission Auskunftsverlangen an mehrere Unternehmen, darunter AWA, Papeteries Mougeot, Divipa, Koehler und Copigraph. So erhielt Copigraph am 20. Dezember 1999 von der Kommission ein Auskunftsverlangen.

6        Am 26. Juli 2000 erließ die Kommission eine Mitteilung der Beschwerdepunkte (im Folgenden: erste Mitteilung der Beschwerdepunkte) gegenüber siebzehn Unternehmen, zu denen Copigraph, die Klägerin als deren Muttergesellschaft, AWA, Divipa, Papeteries Mougeot, Koehler, Sappi, Stora Enso Oyj (im Folgenden: Stora) und Mitsubishi HiTec Paper Bielefeld GmbH gehörten.

7        In der ersten Mitteilung der Beschwerdepunkte gab die Kommission an, sie wolle der Klägerin die Zuwiderhandlung deshalb zurechnen, weil sie als 100%ige Muttergesellschaft von Copigraph zur Zeit der Zuwiderhandlung für deren Teilnahme am Kartell verantwortlich gewesen sei.

8        Am 20. Dezember 2001 erließ die Kommission die Entscheidung 2004/337/EG in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] und Artikel 53 des EWR-Abkommens (Sache COMP/E-1/36.212 – Selbstdurchschreibepapier) (ABl. 2004, L 115, S. 1). In dieser Entscheidung rechnete die Kommission der Klägerin die gerügte Zuwiderhandlung nicht mehr nur als Muttergesellschaft von Copigraph, sondern auch aufgrund einer eigenen, unmittelbaren Beteiligung an den Tätigkeiten des Kartells zu.

9        Mit Klageschrift, die am 11. April 2002 bei der Kanzlei des Gerichts einging und unter dem Aktenzeichen T‑109/02 eingetragen wurde, erhob die Klägerin eine Nichtigkeitsklage gegen die Entscheidung 2004/337.

10      In seinem Urteil vom 26. April 2007, Bolloré u. a./Kommission (T‑109/02, T‑118/02, T‑122/02, T‑125/02, T‑126/02, T‑128/02, T‑129/02, T‑132/02 und T‑136/02, Slg. 2007, II–947, im Folgenden: Urteil Bolloré) stellte das Gericht fest, dass die erste Mitteilung der Beschwerdepunkte es der Klägerin nicht ermöglicht hatte, vom Vorwurf ihrer eigenen, unmittelbaren Beteiligung an den Kartelltätigkeiten oder auch nur von den Tatsachen, auf die die Kommission diesen Vorwurf in der Entscheidung 2004/337 gestützt hatte, Kenntnis zu erlangen, so dass sich die Klägerin im Verwaltungsverfahren nicht gegen diesen Vorwurf und diese Tatsachen verteidigen konnte (Urteil Bolloré, Randnr. 79).

11      In den Randnrn. 80 und 81 des Urteils Bolloré (oben in Randnr. 10 angeführt) befand das Gericht jedoch, dass der festgestellte Fehler nur dann die Nichtigerklärung der Entscheidung 2004/337 nach sich ziehe, wenn das Vorbringen der Kommission nicht auf der Grundlage anderer in dieser Entscheidung berücksichtigter Umstände, zu denen die betroffenen Unternehmen hätten Stellung nehmen können, rechtlich hinreichend bewiesen werden könne. Falls sich aber bei der materiell-rechtlichen Prüfung herausstelle, dass die Kommission die Klägerin zu Recht für die Beteiligung ihrer Tochtergesellschaft Copigraph am Kartell verantwortlich gemacht habe, so genüge der von der Kommission begangene Rechtsfehler nicht, um die Nichtigerklärung dieser Entscheidung zu rechtfertigen, da er deren verfügenden Teil nicht maßgeblich hätte beeinflussen können.

12      Diese Erwägungen veranlassten das Gericht nach der materiell-rechtlichen Prüfung dazu, die Verantwortlichkeit der Klägerin für das rechtswidrige Verhalten ihrer Tochtergesellschaft unabhängig von der unmittelbaren Beteiligung der Muttergesellschaft zu bejahen und die Entscheidung 2004/337 zu bestätigen, soweit die Kommission darin die Klägerin mit der Sanktion einer Geldbuße belegte.

13      Auf das von der Klägerin u. a. wegen Verletzung ihrer Verteidigungsrechte eingelegte Rechtsmittel hob der Gerichtshof mit Urteil vom 3. September 2009, Papierfabrik August Koehler u. a./Kommission (C‑322/07 P, C‑327/07 P und C‑338/07 P, Slg. 2009, I‑7191, im Folgenden: Urteil PAK) das Urteil Bolloré (oben in Randnr. 10 angeführt) auf und erklärte die Entscheidung 2004/337 für nichtig, soweit sie jeweils die Klägerin betrafen.

14      Der Gerichtshof stellte fest, dass der Umstand, dass in der Entscheidung 2004/337 die Verantwortlichkeit der Klägerin nicht nur wegen ihrer eigenen Beteiligung, sondern auch wegen ihrer Beteiligung in ihrer Eigenschaft als Muttergesellschaft von Copigraph bejaht worden war, es nicht ausschloss, dass sich diese Entscheidung möglicherweise auf Verhaltensweisen gründete, in Bezug auf die sich die Klägerin nicht hatte verteidigen können (Urteil PAK, oben in Randnr. 13 angeführt, Randnr. 44).

15      Weiter befand der Gerichtshof, dass das Gericht daher einen Rechtsfehler begangen hatte, indem es aus seiner Feststellung, dass die Verteidigungsrechte der Klägerin nicht beachtet worden waren, nicht die rechtlichen Konsequenzen gezogen hatte (Urteil PAK, oben in Randnr. 13 angeführt, Randnr. 45), und dass das Urteil Bolloré (oben in Randnr. 10 angeführt) deshalb aufzuheben war, soweit es die Klägerin betraf (Urteil PAK, oben in Randnr. 13 angeführt, Randnr. 46).

16      Der Gerichtshof entschied – in letzter Instanz gemäß Art. 61 Abs. 1 seiner Satzung – im Wesentlichen, dass der von der Klägerin gegen die Entscheidung 2004/337 angeführte Nichtigkeitsgrund der Verletzung der Verteidigungsrechte begründet und diese Entscheidung daher für nichtig zu erklären war, soweit sie die Klägerin betraf (Urteil PAK, oben in Randnr. 13 angeführt, Randnr. 48).

17      Nach dieser Nichtigerklärung erließ die Kommission am 15. September 2009 eine neue Mitteilung der Beschwerdepunkte (im Folgenden: zweite Mitteilung der Beschwerdepunkte), die sie an die Klägerin richtete.

18      In dieser Mitteilung unterrichtete die Kommission die Klägerin über ihre Absicht, sie für die Zuwiderhandlung als Muttergesellschaft von Copigraph sowie aufgrund ihrer unmittelbaren Beteiligung an dem Kartell zur Verantwortung zu ziehen (Randnrn. 7 und 378 der zweiten Mitteilung der Beschwerdepunkte).

19      Am 16. Februar 2010 gab die Klägerin ihre Stellungnahme zu dieser Mitteilung der Beschwerdepunkte ab.

20      Am 23. Juni 2010 erließ die Kommission nach Anhörung des Beratenden Ausschusses für Kartell- und Monopolfragen und in Ansehung des Abschlussberichts des Anhörungsbeauftragten die Entscheidung K(2010) 4160 endgültig in einem Verfahren nach Artikel 101 AEUV und Artikel 53 des EWR-Abkommens (Sache COMP/36212 – Selbstdurchschreibepapier, im Folgenden: angefochtene Entscheidung).

21      Nach ihren Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung will die Kommission mit dieser die vom Gerichtshof im Urteil PAK (oben in Randnr. 13 angeführt) festgestellte Rechtswidrigkeit durch Wiederaufnahme des Verfahrens an dem Punkt, an dem sie eingetreten ist, beseitigen (Erwägungsgründe 6 und 7 der angefochtenen Entscheidung).

22      Durch die zweite Mitteilung der Beschwerdepunkte habe der Verfahrensfehler, der der Kommission beim Erlass der Entscheidung 2004/337 unterlaufen sei, behoben werden sollen. Diese zweite Mitteilung der Beschwerdepunkte habe es der Klägerin ermöglicht, sich dagegen zu verteidigen, dass sie für ihre Beteiligung an der Zuwiderhandlung nicht nur als Muttergesellschaft aufgrund des rechtswidrigen Verhaltens ihrer Tochtergesellschaft Copigraph, sondern auch aufgrund ihrer eigenen unmittelbaren Beteiligung an dem Kartell zur Verantwortung gezogen werde (8. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).

23      Die angefochtene Entscheidung ergehe im Anschluss an die zweite Mitteilung der Beschwerdepunkte, ihr Wortlaut gehe in der Sache auf den der Entscheidung vom 20. Dezember 2001 zurück und berücksichtige das Urteil Bolloré (oben in Randnr. 10 angeführt) sowie das Urteil PAK (oben in Randnr. 13 angeführt) (9. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).

24      Die Kommission habe der Klägerin auf der Grundlage ihrer Mitteilung vom 18. Juli 1996 über die Nichtfestsetzung oder die niedrigere Festsetzung von Geldbußen in Kartellsachen (ABl. C 207, S. 4, im Folgenden: Mitteilung über Zusammenarbeit) über die 2001 gewährte Ermäßigung der Geldbuße um 20 % hinaus eine weitere Ermäßigung um 5 % gewährt (473. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).

25      Die Art. 1 und 2 Abs. 1 der angefochtenen Entscheidung lauten:

„Artikel 1

Bolloré hat gegen Artikel 101 Absatz 1 AEUV und Artikel 53 Absatz 1 des EWR‑Abkommens verstoßen, indem sie an einer Reihe von Vereinbarungen und abgestimmten Verhaltensweisen im Sektor Selbstdurchschreibepapier teilgenommen hat.

Die Zuwiderhandlung hat von Januar 1992 bis September 1995 gedauert.

Artikel 2

Gegen Bolloré wird wegen des in Artikel 1 genannten Verstoßes eine Geldbuße von 21 262 500 EUR festgesetzt.“

 Verfahren und Anträge der Parteien

26      Mit Klageschrift, die am 3. September 2010 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben.

27      Die Klägerin beantragt,

–        die Art. 1 und 2 der angefochtenen Entscheidung für nichtig zu erklären;

–        hilfsweise, die in Art. 2 der Entscheidung gegen sie verhängte Geldbuße ganz erheblich herabzusetzen;

–        der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

28      Die Kommission beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

 Entscheidungsgründe

29      Die Klägerin trägt sechs Klagegründe vor.

30      Mit dem ersten Klagegrund rügt sie eine Verletzung der Art. 6 und 7 der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (im Folgenden: EMRK) und der Art. 41, 47 und 49 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (ABl. 2007, C 303, S. 1, im Folgenden: Charta), die darin liege, dass bei der Festsetzung der gegen die Klägerin verhängten Sanktion gegen die Grundsätze der Gesetzmäßigkeit im Zusammenhang mit Straftaten und Strafen, der Rechtssicherheit und der individuellen Bestrafung verstoßen und das Recht auf ein faires Verfahren verletzt worden sei. Der zweite Klagegrund ist auf eine Verletzung der Verjährungsvorschriften gestützt. Der dritte Klagegrund ist auf einen Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung gestützt. Mit dem vierten Klagegrund werden eine Überschreitung der angemessenen Verfahrensdauer und das Fehlen einer Verteidigungsmöglichkeit aufgrund der langen Zeitspanne zwischen dem Ende der Zuwiderhandlung und der zweiten Mitteilung der Beschwerdepunkte gerügt. Mit dem fünften Klagegrund wird eine Verletzung der am 14. Januar 1998 mitgeteilten Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, die gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 und gemäß Artikel 65 Absatz 5 [KS] festgesetzt werden (ABl. 1998, C 9, S. 3, im Folgenden: Leitlinien von 1998), ein Verstoß gegen den Grundsatz der individuellen Zumessung von Strafen und gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz sowie eine Verletzung der Begründungspflicht geltend gemacht. Der sechste Klagegrund ist auf eine Verletzung der Mitteilung über Zusammenarbeit sowie einen Verstoß gegen die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Gleichbehandlung gestützt.

 Zum ersten Klagegrund: Verletzung der Art. 6 und 7 EMRK und der Art. 41, 47 und 49 der Charta

 Zum ersten Teil des Klagegrundes: Verstoß gegen die Grundsätze der Gesetzmäßigkeit im Zusammenhang mit Straftaten und Strafen und der Rechtssicherheit, wie sie in den Art. 6 und 7 EMRK und den Art. 41 und 49 der Charta vorgesehen sind, und gegen den von den Mitgliedstaaten der Europäischen Union anerkannten Grundsatz der individuellen Bestrafung

31      Die Klägerin trägt vor, die Kommission habe dadurch, dass sie gegen sie als Muttergesellschaft von Copigraph eine Sanktion verhängt habe, gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit im Zusammenhang mit Straftaten und Strafen verstoßen. Denn weder nach der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln [101 AEUV] und [102 AEUV] niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003, L 1, S. 1) noch nach dem AEU-Vertrag sei es möglich, gegen ein Unternehmen deswegen Sanktionen zu verhängen, weil es Muttergesellschaft eines Kartellbeteiligten sei. Der Grundsatz der Rechtssicherheit sei verletzt, weil die Verantwortlichkeit von Muttergesellschaften völlig unvorhersehbar sei. Schließlich verstoße die Verhängung der Sanktion gegen die Klägerin als Muttergesellschaft gegen den Grundsatz der individuellen Bestrafung.

32      Die Kommission erwidert zum Grundsatz der Gesetzmäßigkeit im Zusammenhang mit Straftaten und Strafen, zum einen lasse sich nicht bestreiten, dass die vorgeworfene Zuwiderhandlung in Art. 101 AEUV definiert sei, und zum anderen könne die Klägerin der Rechtsprechung nicht den Status einer Rechtsquelle absprechen. Ein Verstoß gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit liege nicht vor. Bei ihrem Hinweis auf den Grundsatz der individuellen Bestrafung lasse die Klägerin die Grundlage für die Verantwortlichkeit von Muttergesellschaften für ihre Tochtergesellschaften außer Acht.

33      Es ist darauf hinzuweisen, dass der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit im Zusammenhang mit Straftaten und Strafen, der zu den allgemeinen Grundsätzen des Unionsrechts gehört, die den gemeinsamen Verfassungstraditionen der Mitgliedstaaten zugrunde liegen, auch durch verschiedene völkerrechtliche Verträge, vor allem durch Art. 7 EMRK, gewährleistet wird (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 12. Dezember 1996, X, C‑74/95 und C‑129/95, Slg. 1996, I‑6609, Randnr. 25, vom 28. Juni 2005, Dansk Rørindustri u. a./Kommission, C‑189/02 P, C‑202/02 P, C‑205/02 P bis C‑208/02 P und C‑213/02 P, Slg. 2005, I‑5425, Randnrn. 215 bis 219, vom 3. Mai 2007, Advocaten voor de Wereld, C‑303/05, Slg. 2007, I‑3633, Randnr. 49, und vom 22. Mai 2008, Evonik Degussa/Kommission, C‑266/06 P, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 38).

34      Art. 7 EMRK und Art. 49 der Charta bestimmen, dass „[n]iemand … wegen einer Handlung oder Unterlassung verurteilt werden [darf], die zur Zeit ihrer Begehung nach innerstaatlichem oder internationalem Recht nicht strafbar war“.

35      Aus diesem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit im Zusammenhang mit Straftaten und Strafen folgt, dass das Gesetz die Straftaten und die für sie angedrohten Strafen klar definieren muss. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn der Rechtsunterworfene anhand des Wortlauts der einschlägigen Bestimmung und nötigenfalls mit Hilfe ihrer Auslegung durch die Gerichte erkennen kann, welche Handlungen und Unterlassungen seine strafrechtliche Verantwortung begründen (Urteile Advocaten voor de Wereld, oben in Randnr. 33 angeführt, Randnr. 50, und Evonik Degussa/Kommission, oben in Randnr. 33 angeführt, Randnr. 39).

36      Insoweit hat der Gerichtshof anerkannt, dass nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte der Begriff „Recht“ im Sinne von Art. 7 Abs. 1 EMRK dem in anderen Bestimmungen der EMRK verwendeten Begriff „Gesetz“ entspricht und sowohl das Gesetzes- als auch das Richterrecht umfasst (Urteile Dansk Rørindustri u. a./Kommission, oben in Randnr. 33 angeführt, Randnr. 216, und Evonik Degussa/Kommission, oben in Randnr. 33 angeführt, Randnr. 40).

37      So wenig sich bestreiten lässt und auch nicht bestritten wird, dass die hier in Rede stehende Zuwiderhandlung in Art. 101 AEUV und Art. 53 des EWR-Abkommens klar definiert ist, kann bestritten werden, dass sich auch die Zurechnung der von der Tochtergesellschaft begangenen Zuwiderhandlung an die Muttergesellschaft – weil diese Gesellschaften im Sinne des Wettbewerbsrechts der Union ein einziges Unternehmen darstellen und daher die Muttergesellschaft als ebenso an der Zuwiderhandlung beteiligt gilt wie ihre Tochtergesellschaft – nach einer bereits seit langem bestehenden Rechtsprechung des Gerichtshofs und des Gerichts klar aus dem Unionsrecht ergibt.

38      Der Gerichtshof hat nämlich in seinem Urteil vom 14. Juli 1972, Imperial Chemical Industries/Kommission (48/69, Slg. 1972, 619) festgestellt, dass der Umstand, dass eine Tochtergesellschaft eine eigene Rechtspersönlichkeit besaß, noch nicht auszuschließen vermag, dass ihr Verhalten der Muttergesellschaft zugerechnet werden kann. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Tochtergesellschaft ihr Marktverhalten nicht autonom bestimmt, sondern im Wesentlichen Weisungen ihrer Muttergesellschaft befolgt (Randnrn. 132 und 133 des Urteils).

39      In seinem Urteil vom 25. Oktober 1983, AEG-Telefunken/Kommission (107/82, Slg. 1983, 3151) hat der Gerichtshof AEG das Verhalten einer 100%igen Tochtergesellschaft zugerechnet, wobei er sich auf die Vermutung stützte, dass diese die Politik ihrer Muttergesellschaft befolgte (Randnr. 50 des Urteils).

40      In seinem Urteil vom 16. November 2000, Metsä-Serla u. a./Kommission (C‑294/98 P, Slg. 2000, I‑10065), hat der Gerichtshof darauf hingewiesen, dass nach ständiger Rechtsprechung das wettbewerbswidrige Verhalten eines Unternehmens, das sein Marktverhalten nicht selbständig bestimmt, sondern vor allem wegen der wirtschaftlichen und rechtlichen Bindungen zu einem anderen Unternehmen im Wesentlichen dessen Weisungen befolgt hat, dem anderen Unternehmen zugerechnet werden kann (Randnr. 27). Unter diesen Umständen stand die Auslegung von Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17 durch das Gericht nicht im Widerspruch zum Grundsatz der Gesetzmäßigkeit, da den Rechtsmittelführerinnen, denen das wettbewerbswidrige Verhalten der ihre Erzeugnisse vermarktenden Vereinigung zugerechnet wurde, wegen einer Zuwiderhandlung, die ihnen aufgrund dieser Zurechnung selbst zur Last gelegt wurde, gemäß diesem Artikel eine Geldbuße auferlegt worden war (Randnr. 28 des Urteils).

41      Schließlich hat der Gerichtshof in seinen Urteilen vom 10. September 2009, Akzo Nobel u. a./Kommission (C‑97/08 P, Slg. 2009, I‑8237, Randnr. 58), vom 20. Januar 2011, General Química u. a./Kommission (C‑90/09 P, Slg. 2011, I‑1, Randnr. 37), vom 29. März 2011, ArcelorMittal Luxembourg/Kommission und Kommission/ArcelorMittal Luxembourg u. a. (C‑201/09 P und C‑216/09 P, Slg. 2011, I‑2239, Randnr. 96), und vom 29. September 2011, Arkema/Kommission (C‑520/09 P, Slg. 2011, I‑8901, Randnr. 38), bekräftigt, dass einer Muttergesellschaft das Verhalten ihrer Tochtergesellschaft insbesondere dann zugerechnet werden kann, wenn die Tochtergesellschaft ihr Marktverhalten nicht autonom bestimmt, sondern im Wesentlichen Weisungen der Muttergesellschaft befolgt.

42      Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass entgegen dem Vorbringen der Klägerin die angefochtene Entscheidung, mit der gegen sie eine Sanktion verhängt wurde, weil sie die Muttergesellschaft eines Kartellbeteiligten war, mit dem sie eine wirtschaftliche Einheit bildete, nicht gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit im Zusammenhang mit Straftaten und Strafen verstößt.

43      Weiter sind die Voraussetzungen der Verantwortlichkeit von Muttergesellschaften für ihre Tochtergesellschaften nicht „völlig unvorhersehbar“, anders als die Klägerin meint, die darin einen Verstoß gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit sieht.

44      Zunächst hatte der Gerichtshof bereits vor dem Zuwiderhandlungszeitraum klar festgestellt, dass es eine Vermutung gibt, der zufolge eine Muttergesellschaft, die 100 % des Kapitals ihrer Tochtergesellschaft hält, tatsächlich einen bestimmenden Einfluss auf das Verhalten ihrer Tochtergesellschaft ausübt (Urteil AEG-Telefunken/Kommission, oben in Randnr. 39 angeführt, Randnr. 50).

45      Diese Lösung wurde dann seit dem in der vorstehenden Randnr. 44 genannten Urteil kontinuierlich angewandt (Urteile des Gerichts vom 1. April 1993, BPB Industries und British Gypsum/Kommission, T‑65/89, Slg. 1993, II‑389, Randnrn. 149 und 150, vom 14. Mai 1998, Stora Kopparbergs Bergslags/Kommission, T‑354/94, Slg. 1998, II‑2111, Randnr. 80, vom 20. April 1999, Limburgse Vinyl Maatschappij u. a./Kommission, T‑305/94 bis T‑307/94, T‑313/94 bis T‑316/94, T‑318/94, T‑325/94, T‑328/94, T‑329/94 und T‑335/94, Slg. 1999, II‑931, Randnrn. 960, 961 und 984, vom 30. September 2003, Michelin/Kommission, T‑203/01, Slg. 2003, II‑4071, Randnr. 290, vom 15. Juni 2005, Tokai Carbon u. a./Kommission, T‑71/03, T‑74/03, T‑87/03 und T‑91/03, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnrn. 58 bis 60, vom 15. September 2005, DaimlerChrysler/Kommission, T‑325/01, Slg. 2005, II‑3319, Randnrn. 219 bis 221, vom 27. September 2006, Akzo Nobel/Kommission, T‑330/01, Slg. 2006, II‑3389, Randnrn. 81 bis 83, Avebe/Kommission, T‑314/01, Slg. 2006, II‑3085, Randnr. 136, Jungbunzlauer/Kommission, T‑43/02, Slg. 2006, II‑3435, Randnr. 125, vom 12. September 2007, Prym und Prym Consumer/Kommission, T‑30/05, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 146, vom 12. Dezember 2007, Akzo Nobel u. a./Kommission, T‑112/05, Slg. 2007, II‑5049, Randnrn. 60 bis 62, vom 8. Juli 2008, Lafarge/Kommission, T‑54/03, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnrn. 541 bis 560, vom 8. Oktober 2008, Schunk und Schunk Kohlenstoff-Technik/Kommission, T‑69/04, Slg. 2008, II‑2567, Randnrn. 56 bis 58, vom 30. April 2009, Itochu/Kommission, T‑12/03, Slg. 2009, II‑883, Randnrn. 49 bis 51, vom 30. September 2009, Akzo Nobel u. a./Kommission, T‑175/05, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnrn. 91 und 92, und Hoechst/Kommission, T‑161/05, Slg. 2009, II‑3555, Randnr. 59).

46      Diese Feststellung, dass die gefundene Lösung seit dem Urteil AEG-Telefunken/Kommission (oben in Randnr. 39 angeführt) kontinuierlich angewandt wurde, wird nicht durch den Hinweis der Klägerin auf Nr. 198 der Schlussanträge des Generalanwalts Bot in den Rechtssachen ArcelorMittal Luxembourg/Kommission und Kommission/ArcelorMittal Luxembourg u. a. (oben in Randnr. 41 angeführt, Slg. 2011, I‑2239) in Frage gestellt, da der Gerichtshof in seinem Urteil in diesen Rechtssachen (Randnrn. 95 bis 100) den Vorschlägen des Generalanwalts in Nr. 213 seiner Schlussanträge nicht gefolgt ist.

47      Das Vorbringen, die Verantwortlichkeit der Muttergesellschaften sei unvorhersehbar, weil sie auf dem Unternehmensbegriff beruhe, der seinerseits ungenau sei und einer ständigen Entwicklung unterliege, ist zurückzuweisen.

48      Der Umstand, dass der Begriff „Unternehmen“ auf möglicherweise unterschiedliche Arten der Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit Anwendung findet, da er im Wettbewerbsrecht der Union nach der Rechtsprechung jede eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübende Einrichtung unabhängig von ihrer Rechtsform und der Art ihrer Finanzierung umfasst und in diesem Zusammenhang unter dem Begriff „Unternehmen“ eine wirtschaftliche Einheit zu verstehen ist, selbst wenn diese wirtschaftliche Einheit rechtlich aus mehreren natürlichen oder juristischen Personen gebildet wird (vgl. Urteil vom 10. September 2009, Akzo Nobel u. a./Kommission, oben in Randnr. 41 angeführt, Randnrn. 54 und 55 und die dort angeführte Rechtsprechung), ändert nämlich nichts daran, dass der Begriff des Unternehmens als wirtschaftliche Einheit völlig bestimmt und vorsehbar ist, was die Beziehungen zwischen Muttergesellschaften und 100%igen Tochtergesellschaften angeht.

49      Im Übrigen verstößt der Umstand, dass die Kommission die Sanktion nur gegen die Tochtergesellschaft oder nur gegen die Muttergesellschaft oder aber gegen beide verhängen kann, nicht gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit, nach dem Rechtsvorschriften klar und bestimmt und die unter das Gemeinschaftsrecht fallenden Tatbestände und Rechtsbeziehungen voraussehbar sein müssen (Urteil des Gerichtshofs vom 15. September 2005, Irland/Kommission, C‑199/03, Slg. 2005, I‑8027, Randnr. 69).

50      Die Wahlfreiheit der Kommission, die Sanktion der einen und/oder der anderen der Einheiten, Muttergesellschaft und Tochtergesellschaft, die ein Unternehmen bilden, das gegen Art. 101 AEUV bzw. Art. 53 des EWR-Abkommens verstoßen hat, ergibt sich nämlich eindeutig aus der gesamtschuldnerischen Natur ihrer Verantwortlichkeit, auf die in der oben in Randnr. 45 angeführten Rechtsprechung hingewiesen wird (vgl. in diesem Sinne auch Urteile des Gerichtshofs vom 2. Oktober 2003, Aristrain/Kommission, C‑196/99 P, Slg. 2003, I‑11005, Randnr. 99 am Ende, und Dansk Rørindustri u. a./Kommission, oben in Randnr. 33 angeführt, Randnr. 118 am Ende).

51      Was schließlich das Vorbringen angeht, die Verhängung der Sanktion gegen die Klägerin als Muttergesellschaft verstoße gegen den Grundsatz der individuellen Bestrafung, demzufolge jedermann nur für eigenes Handeln bestraft werden könne, genügt der Hinweis, dass dieses Vorbringen die Grundlage der Verantwortlichkeit der Muttergesellschaft verkennt, die keine verschuldensunabhängige Haftung für Dritte ist, sondern eine Haftung für eigenes Verschulden.

52      Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs beruht nämlich das Wettbewerbsrecht der Union auf dem Grundsatz der persönlichen Verantwortlichkeit der wirtschaftlichen Einheit, die die Zuwiderhandlung begangen hat. Ist die Muttergesellschaft Teil dieser wirtschaftlichen Einheit, wird sie gesamtschuldnerisch mit den anderen diese Einheit bildenden juristischen Personen für diese wettbewerbsrechtlichen Verstöße haftbar gemacht. Denn selbst wenn die Muttergesellschaft nicht unmittelbar an der Zuwiderhandlung beteiligt war, übt sie in einem solchen Fall einen bestimmenden Einfluss auf die Tochtergesellschaft(en) aus, die daran beteiligt war(en). In diesem Zusammenhang kann die Haftung der Muttergesellschaft daher nicht als eine verschuldensunabhängige Haftung angesehen werden (Urteil vom 10. September 2009, Akzo Nobel u. a./Kommission, oben in Randnr. 41 angeführt, Randnr. 77). In einem solchen Fall wird gegen die Muttergesellschaft selbst wegen einer Zuwiderhandlung vorgegangen, die ihr persönlich zur Last gelegt wird (Urteile Metsä-Serla u. a./Kommission, oben in Randnr. 40 angeführt, Randnr. 34, und Schunk Kohlenstoff-Technik u. a./Kommission, oben in Randnr. 45 angeführt, Randnr. 74).

53      Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass die Rüge der Klägerin, die angefochtene Entscheidung verstoße gegen die Grundsätze der Gesetzmäßigkeit im Zusammenhang mit Straftaten und Strafen und der individuellen Bestrafung, nicht zutrifft. Der erste Teil des ersten Klagegrundes ist daher zurückzuweisen.

 Zum zweiten Teil des ersten Klagegrundes: die Umstände der Anhörung der Klägerin verletzen das Recht auf ein faires Verfahren im Sinne von Art. 6 EMRK und der Art. 41 und 47 der Charta und verstoßen gegen das Gebot der Unparteilichkeit

54      Mit dem zweiten Teil ihres ersten Klagegrundes rügt die Klägerin im Wesentlichen, dass die Kommission ihr Recht auf ein faires Verfahren verletzt habe. Die Klägerin sei nämlich nicht von „ihren Richtern“ angehört worden, da keines der Mitglieder des Kommissionskollegiums an ihrer Anhörung teilgenommen habe. Zudem sei das Gebot der unparteiischen Durchführung des Verfahrens weder in objektiver noch in subjektiver Hinsicht eingehalten worden.

55      Die Kommission erwidert, sie sei kein Gericht. Dass keines der Kommissionsmitglieder an der Anhörung teilgenommen habe, mache das Verfahren, das ein Verwaltungsverfahren sei, nicht fehlerhaft. Die Rüge des Verstoßes gegen das Unparteilichkeitsgebot sei unbeachtlich, da sie auf der Annahme beruhe, dass die Kommission ein Gericht sei. Im Übrigen bestreite die Kommission gar nicht, diesem Gebot zu unterliegen, vielmehr habe sie es eingehalten.

56      Zunächst ist das Vorbringen zurückzuweisen, das Recht der Klägerin auf ein faires Verfahren sei dadurch verletzt worden, dass sie nicht von „ihren Richtern“ angehört worden sei.

57      Diesem Vorbringen liegt nämlich die Annahme zugrunde, dass die Kommission ein Gericht im Sinne von Art. 6 EMRK und Art. 47 der Charta sei. Die Kommission ist jedoch nach ständiger Rechtsprechung kein Gericht im Sinne dieser Bestimmungen (Urteil des Gerichtshofs vom 29. Oktober 1980, Van Landewyck u. a./Kommission, 209/78 bis 215/78 und 218/78, Slg. 1980, 3125, Randnr. 81; Urteile des Gerichts vom 14. Mai 1998, Enso Española/Kommission, T‑348/94, Slg. 1998, II‑1875, Randnr. 56, und Lafarge/Kommission, oben in Randnr. 45 angeführt, Randnr. 38).

58      Überdies ist insbesondere der Umstand, dass keines der Mitglieder des Kommissionskollegiums an der Anhörung der Klägerin teilnahm, kein Grund, weswegen das Verwaltungsverfahren fehlerhaft sein könnte.

59      So hat der Gerichtshof in einem Fall, in dem die Klägerin gerade rügte, dass die Mitglieder der Kommission bei ihrer Anhörung nicht zugegen gewesen seien, entschieden, dass in einem wettbewerbsrechtlichen Verwaltungsverfahren nichts dagegen einzuwenden ist, dass sich die Mitglieder der Kommission, die über die Verhängung von Geldbußen zu entscheiden haben, durch von der Kommission mit der Anhörung beauftragten Personen über die Ergebnisse der Anhörung unterrichten lassen (Urteil des Gerichtshofs vom 15. Juli 1970, Buchler/Kommission, 44/69, Slg. 1970, 733, Randnrn. 19 bis 23).

60      Diese Lösung, die darauf abhebt, dass das Verfahren vor der Kommission ein Verwaltungs- und nicht ein Gerichtsverfahren ist, wurde im Rahmen der Verordnung Nr. 99/63/EWG der Kommission vom 25. Juli 1963 über die Anhörung nach Artikel 19 Absätze 1 und 2 der Verordnung Nr. 17 des Rates (ABl. 1963, Nr. 127, S. 2268), insbesondere von deren Art. 9 Abs. 1, zugrunde gelegt. Sie ist im Kontext der Verordnung (EG) Nr. 773/2004 der Kommission vom 7. April 2004 über die Durchführung von Verfahren auf der Grundlage der Artikel [101 AEUV] und [102 AEUV] durch die Kommission (ABl. L 123, S. 18), insbesondere von deren Art. 14 Abs. 1, weiterhin gültig.

61      Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass die Rüge, das Recht auf ein faires Verfahren sei verletzt, weil die Klägerin „nicht von ihren Richtern angehört worden ist“, unbegründet ist.

62      Sodann ist das Vorbringen der Klägerin zu prüfen, wonach das Gebot der Unparteilichkeit des Verfahrens weder in objektiver noch in subjektiver Hinsicht eingehalten worden sei.

63      Als Erstes macht die Klägerin geltend, die Kommission habe dadurch gegen das Gebot der Unparteilichkeit verstoßen, dass sie die Aufgaben der Ermittlung und der Ahndung kumuliert habe.

64      Es ist jedoch festzustellen, dass auch diese Rüge ebenso wie die von der Klägerin in diesem Zusammenhang vorgenommene Verweisung auf das Urteil des EGMR vom 11. Juni 2009, Dubus S.A./Frankreich, Nr. 5242/04, auf der falschen Annahme beruhen, dass die Kommission ein Gericht im Sinne von Art. 6 EMRK und Art. 47 der Charta sei.

65      Die Kommission muss zwar, wie sie im Übrigen selbst hervorhebt, im Lauf des Verwaltungsverfahrens die allgemeinen Grundsätze des Unionsrechts beachten (vgl. Urteil des Gerichts vom 15. März 2000, Cimenteries CBR u. a./Kommission, T‑25/95, T‑26/95, T‑30/95 bis T‑32/95, T‑34/95 bis T‑39/95, T‑42/95 bis T‑46/95, T‑48/95, T‑50/95 bis T‑65/95, T‑68/95 bis T‑71/95, T‑87/95, T‑88/95, T‑103/95 und T‑104/95, Slg. 2000, II‑491, Randnr. 718 und die dort angeführte Rechtsprechung), zu denen das Recht auf ein faires Verfahren gehört, das in Art. 6 EMRK und Art. 47 der Charta aufgenommen worden ist und in dem Gebot der Unparteilichkeit, gegen das verstoßen worden sein soll, eine Ausprägung erfahren hat.

66      Der Umstand, dass die Kommission als administratives Organ Aufgaben sowohl der Ermittlung als auch der Ahndung von Zuwiderhandlungen gegen Art. 101 AEUV wahrnimmt, stellt jedoch keinen Verstoß gegen dieses Gebot der Unparteilichkeit dar, da ihre Entscheidungen der Kontrolle durch den Unionsrichter unterworfen sind (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichts Enso Española/Kommission, oben in Randnr. 57 angeführt, Randnrn. 56 bis 64, und vom 11. März 1999, Aristrain/Kommission, T‑156/94, Slg. 1999, II‑645, Randnrn. 102 und 103).

67      Dass die angefochtene Entscheidung erlassen wurde, nachdem eine erste Entscheidung vom Unionsrichter für nichtig erklärt worden war, stellt diese Beurteilung nicht in Frage.

68      Als Zweites macht die Klägerin geltend, die Kommission habe durch ihr Verhalten und ihre Äußerungen vor und während des Verfahrens, das zum Erlass der angefochtenen Entscheidung geführt habe, gegen das Gebot der subjektiven Unparteilichkeit verstoßen.

69      Die Klägerin nennt zum einen bestimmte Aussagen des für die Wettbewerbspolitik zuständigen Mitglieds der Kommission in Bezug auf Sachen, in denen aus Verfahrensgründen für nichtig erklärte Entscheidungen erneut erlassen werden sollten, zum anderen bestimmte Formulierungen, mit denen die Kommission das vorliegend in Rede stehende Verfahren bezeichnet habe, und schließlich bestimmte Formulierungen der angefochtenen Entscheidung, aus denen sich ergebe, dass diese für die Kommission lediglich eine „administrative Formalität“ dargestellt habe, deren für die Klägerin ungünstiger Ausgang außer Zweifel gestanden habe.

70      Insbesondere habe das für Wettbewerbspolitik zuständige Mitglied der Kommission schon vor der Einleitung des vorliegenden Verfahrens in vorangegangenen Pressemitteilungen über die erneute Entscheidung kein Geheimnis daraus gemacht, wie die Kommission mit Unternehmen zu verfahren gedenke, deren Rechtsverstöße vom Unionsrichter bestätigt worden seien. So sei gesagt worden, dass „die Unternehmen sicher sein können, einer Kartellgeldbuße nicht aus verfahrensrechtlichen Gründen zu entgehen“, und dass „die Kommission unmissverständlich klar gemacht [hat], dass Kartellteilnehmer einer Geldbuße nicht allein aus verfahrensrechtlichen Gründen entgehen können“.

71      Im Übrigen lasse die Wortwahl der Kommission zur Beschreibung des vorliegenden Verfahrens kaum Zweifel an dessen Hauptzweck und vorbestimmtem Ausgang: In ihrer Pressemitteilung über die angefochtene Entscheidung habe die Kommission von einem Neuerlass („re-adoption“) der Entscheidung gegenüber der Klägerin gesprochen, und in der angefochtenen Entscheidung beschreibe sie das vorliegend in Rede stehende Verfahren als bloße „Wiederaufnahme“ des ursprünglichen Verfahrens und nicht als neues Verfahren.

72      Schließlich habe mit der zweiten Mitteilung der Beschwerdepunkte nach eigenem Bekunden der Kommission der Klägerin der neue Beschwerdepunkt betreffend ihre eigene Beteiligung mitgeteilt werden sollen. Insoweit zeige der Umstand, dass sich die Kommission offenbar darüber gewundert habe, dass die Klägerin dieses Verfahren „ausnützt“, um zu der ersten Beschuldigung betreffend ihre Rolle als Muttergesellschaft Stellung zu nehmen, dass das vorliegend in Rede stehende Verfahren für die Kommission lediglich eine „bloße administrative Formalität“ darstelle.

73      Es ist festzustellen, dass die Versicherung der Kommission, entschlossen zu sein, die an wettbewerbswidrigen Kartellen Beteiligten nicht aus verfahrensrechtlichen Gründen ohne Sanktion nach Unionsrecht davon kommen zu lassen, kein Ausdruck von Parteilichkeit ist, sondern nichts weiter als die Erklärung eines klaren Willens, der voll im Einklang mit ihrem Auftrag steht, die festgestellten Verfahrensfehler jeweils im Einzelfall zu beseitigen, damit die Wirksamkeit des Wettbewerbsrechts der Union nicht geschwächt wird.

74      Im Übrigen liegt keine Parteilichkeit darin, dass die Kommission das Verfahren an dem Punkt wieder aufnimmt, an dem die Rechtswidrigkeit festgestellt wurde. Insoweit ergibt sich aus der Rechtsprechung, dass die Nichtigerklärung eines Rechtsakts der Union nicht notwendig die ihn vorbereitenden Handlungen berührt (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 12. November 1998, Spanien/Kommission, C‑415/96, Slg. 1998, I‑6993, Randnr. 32 und die dort angeführte Rechtsprechung), da das Verfahren zur Ersetzung des für nichtig erklärten Aktes grundsätzlich genau an dem Punkt wieder aufgenommen werden kann, an dem die Rechtswidrigkeit eingetreten ist (Urteil des Gerichtshofs vom 15. Oktober 2002, Limburgse Vinyl Maatschappij u. a./Kommission, C‑238/99 P, C‑244/99 P, C‑245/99 P, C‑247/99 P, C‑250/99 P bis C‑252/99 P und C‑254/99 P, Slg. 2002, I‑8375, Randnr. 73).

75      Im vorliegenden Fall beruht die Rechtswidrigkeit auf einem Unterschied zwischen der Entscheidung 2004/337 und der ersten Mitteilung der Beschwerdepunkte, da in dieser Entscheidung die Klägerin erstmals auch als unmittelbare Urheberin der Zuwiderhandlung zur Verantwortung gezogen wurde. Indem die Kommission eine neue Mitteilung der Beschwerdepunkte an die Klägerin richtete und sie darin auch in dieser Eigenschaft belangte, beseitigte sie die vom Gerichtshof festgestellte Rechtswidrigkeit.

76      Dass die Kommission in der englischen Fassung ihrer Pressemitteilung über die angefochtene Entscheidung davon sprach, eine Entscheidung „erneut erlassen“ („re-adopted“) zu haben – in der französischen Fassung heißt es „adoption d’une nouvelle décision“ („Erlass einer neuen Entscheidung“) – beweist nicht, dass die Kommission gegenüber der Klägerin im Rahmen des Verfahrens, das zu dieser Entscheidung führte, parteiisch gewesen wäre.

77      Die Klägerin erbringt keinen Nachweis dafür, dass die Kommission in der Wiederaufnahme des Verfahrens eine „bloße administrative Formalität“ gesehen habe in dem Sinne, dass sie dem Vorbringen der Klägerin in diesem Verfahren keinerlei Bedeutung beigemessen habe. Vielmehr hat die Kommission die angefochtene Entscheidung, in der im Übrigen die gegen die Klägerin festgesetzte Geldbuße ermäßigt wird, am Ende eines kontradiktorischen Verfahrens und in Ansehung des Vorbringens der Klägerin erlassen.

78      Überdies ist, soweit die Klägerin eine Voreingenommenheit der Kommission ihr gegenüber rügen will, darauf hinzuweisen, dass sich das Vorliegen einer Zuwiderhandlung allein nach den von der Kommission gesammelten Beweisen beurteilt. Ist am Ende des Verwaltungsverfahrens das Vorliegen einer Zuwiderhandlung erwiesen, so kann ein Beweis dafür, dass die Kommission während dieses Verfahrens verfrüht ihre Überzeugung vom Vorliegen dieser Zuwiderhandlung zum Ausdruck gebracht hat, den tatsächlichen Nachweis der Zuwiderhandlung selbst nicht entkräften. Es kommt in der Sache allein darauf an, ob der Beweis der Zuwiderhandlung erbracht ist oder nicht (Urteil des Gerichts Cimenteries CBR u. a./Kommission, oben in Randnr. 65 angeführt, Randnr. 726, und vom 5. April 2006, Degussa/Kommission, T‑279/02, Slg. 2006, II‑897, Randnr. 414).

79      Aufgrund der vorstehenden Erwägungen ist die Rüge eines Verstoßes gegen das Gebot der Unparteilichkeit zurückzuweisen.

80      Der erste Nichtigkeitsgrund ist somit, da er in keinem seiner Teile begründet ist, zurückzuweisen.

81      Was die weitere Prüfung der vorliegenden Klage angeht, ist festzustellen, dass der zweite Klagegrund, mit dem eine Verletzung der Regeln der Verfolgungsverjährung gerügt wird, seiner Natur nach nur die Verhängung der Geldbuße und nicht die Feststellung der Zuwiderhandlung selbst betreffen kann (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichts vom 6. Oktober 2005, Sumitomo Chemical und Sumika Fine Chemicals/Kommission, T‑22/02 und T‑23/02, Slg. 2005, II‑4065, Randnrn. 40 bis 64, und vom 16. November 2006, Peróxidos Orgánicos/Kommission, T‑120/04, Slg. 2006, II‑4441, Randnr. 18). Infolgedessen wird der zweite Klagegrund nach den Klagegründen geprüft, mit denen die Feststellung der Zuwiderhandlung in der angefochtenen Entscheidung angegriffen wird.

82      Daher ist die Prüfung der vorliegenden Klage mit dem dritten Klagegrund fortzusetzen.

 Zum dritten Klagegrund: Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung

83      Die Klägerin trägt vor, sie sei in der angefochtenen Entscheidung gegenüber Stora ungleich behandelt worden. Stora sei wie sie eine Muttergesellschaft, deren Tochtergesellschaft an einer Zuwiderhandlung beteiligt gewesen sei, sei aber, anders als sie, nicht als Muttergesellschaft mit einer Sanktion belegt worden, obwohl Stora bei der ersten Mitteilung der Beschwerdepunkte im Gegensatz zur Klägerin immer noch Minderheitsanteile an ihrer früheren Tochtergesellschaft gehalten und global zu den Marktführern auf dem Papiermarkt gehört habe.

84      Die Kommission trägt vor, Stora habe sich, als die Entscheidung 2004/337 erlassen worden sei, in einer anderen Situation als die Klägerin befunden. Jedenfalls könne ein Unternehmen seiner wettbewerbsrechtlichen Verantwortlichkeit nicht bloß wegen der unterschiedlichen Behandlung anderer Unternehmen entgehen. Schließlich verfüge die Kommission, wenn das Unternehmen, das eine Zuwiderhandlung begangen habe, bestimmt sei, über ein Ermessen, an wen sie die Entscheidung richte und wer die Geldbuße schulde.

85      Nach der Rechtsprechung verlangt der Grundsatz der Gleichbehandlung, dass vergleichbare Sachverhalte nicht unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte nicht gleichbehandelt werden, es sei denn, dass eine derartige Behandlung objektiv gerechtfertigt ist (Urteile des Gerichtshofs vom 13. Dezember 1984, Sermide, 106/83, Slg. 1984, 4209, Randnr. 28, und vom 14. Mai 1998, Milk Marque und National Farmers’ Union, C‑137/94, Slg. 2003, I‑7975, Randnr. 309).

86      Es ist zunächst festzustellen, dass sich Stora und die Klägerin, anders als diese vorträgt, nicht in vergleichbaren Situationen befanden.

87      Denn auch wenn diese beiden Unternehmen jeweils Tochtergesellschaften hatten, die an der Zuwiderhandlung beteiligt waren, und sie jeweils als Muttergesellschaften Adressaten der ersten Mitteilung der Beschwerdepunkte waren, so hatte die Kommission doch nur im Fall der Bolloré-Gruppe die Verantwortlichkeit der Muttergesellschaft für die Zuwiderhandlung auch als unmittelbare Urheberin festgestellt. So hatte die Kommission im 355. Erwägungsgrund der Entscheidung 2004/337 und dann im 376. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung ausdrücklich festgestellt, dass es für die unmittelbare Beteiligung der Klägerin an der Zuwiderhandlung Beweise gebe.

88      Diese von der Kommission angeführten Umstände konnten nur dazu beitragen, den Beweis für den bestimmenden Einfluss der Klägerin auf ihre Tochtergesellschaft während des Zuwiderhandlungszeitraums zu untermauern und damit ihre Verantwortlichkeit als Muttergesellschaft zu verstärken, während im Gegensatz dazu im Fall von Stora die Kommission im 360. Erwägungsgrund der Entscheidung 2004/337 und dann im 31. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung hervorhob, dass das Geschäft der Stora-Gruppe mit Selbstdurchschreibepapier bis Ende 1992 „direkt“ von der Stora Feldmühle AG geführt worden und dieser Geschäftsbereich Anfang 1993 einer neuen Tochtergesellschaft, der Stora Feldmühle AG, übertragen worden sei.

89      Mit diesen Feststellungen der Kommission ist hinreichend dargetan, dass sich die jeweiligen Muttergesellschaften der Stora- und der Bolloré-Gruppe während des Zuwiderhandlungszeitraums nicht in vergleichbaren Situationen befanden und dass somit die Zurechnung der Verantwortlichkeit für die Zuwiderhandlung an die Klägerin als Muttergesellschaft, während Stora schließlich nicht in dieser Eigenschaft mit einer Sanktion belegt wurde, nicht gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung verstößt.

90      Dass Stora nach dem Zuwiderhandlungszeitraum anders als die Klägerin weiterhin Anteile an ihrer früheren Tochtergesellschaft hielt und auf dem Weltmarkt für Papier tätig war, tut diesen Feststellungen keinen Abbruch.

91      Zu den vorstehenden Erwägungen, die hinreichend sind, kommt hinzu, dass im Fall der Bolloré-Gruppe die an der Zuwiderhandlung beteiligte Tochtergesellschaft (Copigraph) im Dezember 1999 ihre Tätigkeit einstellte und damit bei Erlass der Entscheidung 2004/337 wohl kaum zur Zahlung einer Geldbuße in der Lage war. Dagegen war die Tochtergesellschaft von Stora, die inzwischen an den Mitsubishi-Konzern veräußert worden war, beim Erlass der Entscheidung 2004/337 noch voll tätig.

92      Diese Umstände mögen zwar für sich allein nicht erklären, warum Stora 2001 nicht als Muttergesellschaft mit einer Sanktion belegt wurde, die Klägerin aber schon, doch erhellen sie den Kontext, in dem die Entscheidung 2004/337 erlassen wurde, sowie die konkrete Notwendigkeit für die Kommission, an Stelle der nicht mehr geschäftlich aktiven Tochtergesellschaft die Muttergesellschaft mit der Sanktion zu belegen, um die Wirksamkeit ihrer Entscheidung und deren abschreckende Wirkung auf die Klägerin zu gewährleisten, während diese Ziele im Fall von Stora über die Tochtergesellschaft erreicht werden konnten.

93      Schließlich ist jedenfalls darauf hinzuweisen, dass ein Unternehmen, das durch sein Verhalten gegen Art. 101 Abs. 1 EG verstoßen hat, nicht deshalb jeder Sanktion entgehen kann, weil gegen einen anderen Wirtschaftsteilnehmer, mit dessen Situation der Unionsrichter nicht befasst ist, keine Geldbuße verhängt worden ist (Urteil des Gerichtshofs vom 31. März 1993, Ahlström Osakeyhtiö u. a./Kommission, C‑89/85, C‑104/85, C‑114/85, C‑116/85, C‑117/85 und C‑125/85 bis C‑129/85, Slg. 1993, I‑1307, Randnr. 197; Urteile des Gerichts vom 5. Dezember 2006, Westfalen Gassen Nederland/Kommission, T‑303/02, Slg. 2006, II‑4567, Randnr. 141, und vom 1. Juli 2008, Compagnie maritime belge/Kommission, T‑276/04, Slg. 2008, II‑1277, Randnr. 94).

94      Aufgrund der vorstehenden Erwägungen ist der dritte Klagegrund zurückzuweisen.

 Zum vierten Klagegrund: Überschreitung der angemessenen Verfahrensdauer und Fehlen einer Verteidigungsmöglichkeit aufgrund der langen Zeitspanne zwischen dem Ende der Zuwiderhandlung und der zweiten Mitteilung der Beschwerdepunkte

95      Die Klägerin wirft der Kommission vor, ihr die zweite Mitteilung der Beschwerdepunkte nicht innerhalb einer angemessenen Frist zugestellt zu haben, sondern erst mehr als 14 Jahre nach den Vorgängen. Diese lange Zeitspanne beruhe darauf, dass die Kommission auf der Beibehaltung einer ersten Entscheidung bestanden habe, die der Gerichtshof dann für nichtig erklärt habe.

96      Die lange Zeitspanne zwischen dem Ende der Zuwiderhandlung und der zweiten Mitteilung der Beschwerdepunkte habe die Klägerin daran gehindert, sich gegen den Vorwurf ihrer Verantwortlichkeit als Muttergesellschaft von Copigraph zu verteidigen. Sie müsse sich nämlich jetzt erstmals in Bezug auf einen Sachverhalt verteidigen, der Copigraph zur Last gelegt werde, einen Sachverhalt, den sie im Rahmen des ursprünglichen Verfahrens nicht zu verantworten gehabt habe und in Bezug auf den sie sich jedenfalls nicht in diesem Verfahren habe verteidigen können.

97      Diese lange Zeitspanne habe die Klägerin außerdem daran gehindert, sich gegen den Vorwurf ihrer eigenen Beteiligung an der Zuwiderhandlung zu verteidigen.

98      Die Kommission trägt vor, bei der Reihe aufeinanderfolgender Verfahren im vorliegenden Fall könne von einer unangemessen langen Zeitspanne keine Rede sein. Für die Verhängung von Geldbußen werde der Grundsatz der angemessenen Verfahrensdauer durch die Verjährungsvorschriften umgesetzt.

99      Bei der genannten Zeitspanne von 14 Jahren würden die erste Mitteilung der Beschwerdepunkte und die Entscheidung 2004/337 übergangen. Zudem sei die Dauer des Verfahrens vor dem Unionsrichter nicht zu berücksichtigen. Dass die Kommission auf der Beibehaltung der Entscheidung 2004/337 „bestanden“ habe, sei ihr nicht vorzuwerfen.

100    Die Behauptung, durch die lange Zeitspanne zwischen dem Ende der Zuwiderhandlung und der zweiten Mitteilung der Beschwerdepunkte seien die Verteidigungsrechte der Klägerin beeinträchtigt worden, sei unbewiesen.

101    Hinsichtlich der Verantwortlichkeit der Klägerin als Muttergesellschaft von Copigraph unterscheide sich die zweite Mitteilung der Beschwerdepunkte nicht von der ersten. Die Klägerin hätte sich somit, wenn sie dies gewollt hätte, im Jahr 2000 in diesem Punkt verteidigen und den Sachverhalt bestreiten können. Dass sie dies nicht getan habe, gehe auf ihre Entscheidung hinsichtlich der Wahl ihrer Verteidigung zurück. Zu dem Umstand, dass die Klägerin nicht von Anfang an zu den Verfahrensbeteiligten gehört habe, weist die Kommission darauf hin, dass der kontradiktorische Verfahrensabschnitt mit der Mitteilung der Beschwerdepunkte beginne, dass die Unternehmen keinen Anspruch auf Durchführung einer Nachprüfung hätten, und dass die Art und Weise, wie sie die Untersuchung führe, nicht von der jeweiligen Situation der einzelnen Unternehmen abhängig sein könne. Im Übrigen habe die Klägerin in der Klage gegen die Entscheidung 2004/337 gezeigt, dass es ihr möglich gewesen sei, sich in der Sache zu verteidigen.

102    Auch hinsichtlich der Verantwortlichkeit der Klägerin für ihre eigene Beteiligung an der Zuwiderhandlung hält es die Kommission für unbewiesen, dass es der Klägerin unmöglich gewesen sei, sich zu verteidigen. Der in der angefochtenen Entscheidung dargelegte Sachverhalt sei derselbe wie der in der Entscheidung 2004/337 dargelegte und sei der Klägerin bekannt gewesen. Nachdem sie darüber unterrichtet worden sei, dass sie sowohl als Muttergesellschaft als auch als Arbeitgeberin von Personen, die an den Kartellbesprechungen teilgenommen hätten, zur Verantwortung gezogen werde, habe sie den Sachverhalt nicht bestritten, solange diese Personen noch bei ihr beschäftigt gewesen seien, und mache dieses Argument vielmehr erst seit deren Ausscheiden geltend.

103    Es ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission nach dem Grundsatz der angemessenen Verfahrensdauer, einem allgemeinen Grundsatz des Unionsrechts, der in Art. 47 Abs. 2 der Charta übernommen wurde, bei ihren Verwaltungsverfahren angemessene Fristen einzuhalten hat (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 15. Oktober 2002, Limburgse Vinyl Maatschappij u. a./Kommission, oben in Randnr. 74 angeführt, Randnr. 179, und Urteil des Gerichts vom 30. September 2003, Aristoteleio Panepistimio Thessalonikis/Kommission, T‑196/01, Slg. 2003, II‑3987, Randnr. 229).

104    Insoweit beurteilt sich nach ständiger Rechtsprechung die Angemessenheit der Dauer eines Verwaltungsverfahrens nach den besonderen Umständen des jeweiligen Einzelfalls und insbesondere dessen Kontext, den verschiedenen abgeschlossenen Verfahrensabschnitten, der Komplexität der Angelegenheit und ihrer Bedeutung für die verschiedenen Beteiligten (Urteil vom 15. Oktober 2002, Limburgse Vinyl Maatschappij u. a./Kommission, oben in Randnr. 74 angeführt, Randnr. 187; Urteile des Gerichts vom 16. September 1999, Partex/Kommission, T‑182/96, Slg. 1999, II‑2673, Randnr. 177, und Aristoteleio Panepistimio Thessalonikis/Kommission, oben in Randnr. 103 angeführt, Randnr. 230).

105    Ferner rechtfertigt die Überschreitung einer angemessenen Zeitspanne, sofern sie nachgewiesen sein sollte, nicht zwangsläufig die Nichtigerklärung der Entscheidung. Was die Anwendung der Wettbewerbsregeln angeht, kann nämlich die Überschreitung der angemessenen Zeitspanne nur bei einer Entscheidung, durch die Verstöße festgestellt werden, einen Grund für eine Nichtigerklärung darstellen, sofern erwiesen ist, dass der Verstoß gegen diesen Grundsatz die Verteidigungsrechte der betroffenen Unternehmen beeinträchtigt hat. Außerhalb dieser besonderen Fallgestaltung wirkt sich die Nichtbeachtung der Verpflichtung zur Entscheidung innerhalb einer angemessenen Zeitspanne nicht auf die Rechtsgültigkeit des Verwaltungsverfahrens im Rahmen der Verordnung Nr. 17 und der Verordnung Nr. 1/2003 aus (Urteile des Gerichtshofs vom 17. Dezember 1998, Baustahlgewebe/Kommission, C‑185/95 P, Slg. 1998, I‑8417, Randnr. 49, und vom 21. September 2006, Technische Unie/Kommission, C‑113/04 P, Slg. 2006, I‑8831, Randnrn. 47 und 48; Urteil des Gerichts vom 18. Juni 2008, Hoechst/Kommission, T‑410/03, Slg. 2008, II‑881, Randnr. 227; vgl. auch Schlussanträge der Generalanwältin Kokott in der Rechtssache Solvay/Kommission, C‑110/10 P, Urteil des Gerichtshofs vom 25. Oktober 2011, Slg. 2011, I‑10439, Nrn. 95 bis 106).

106    Im vorliegenden Fall macht die Klägerin im Wesentlichen geltend, die Kommission habe dadurch, dass sie mehr als 14 Jahre nach dem Ende der verfolgten Zuwiderhandlung die zweite Mitteilung der Beschwerdepunkte an sie gerichtet habe, die angemessene Zeitspanne überschritten und ihre Verteidigungsrechte beeinträchtigt. Durch diese späte Übermittlung sei der Klägerin nämlich die konkrete Möglichkeit zur Verteidigung genommen worden, und zwar sowohl als Muttergesellschaft von Copigraph als auch als unmittelbare Urheberin der Zuwiderhandlung. Die Dauer des Verfahrens sei im Wesentlichen darauf zurückzuführen, dass die Kommission im Dezember 2001 eine Entscheidung erlassen und trotz ihrer Klage auf der Beibehaltung dieser Entscheidung bestanden habe, die dann aber vom Gerichtshof durch das Urteil PAK (oben in Randnr. 13 angeführt) wegen Verletzung der Verteidigungsrechte für nichtig erklärt worden sei.

107    Zur Frage, ob im vorliegenden Fall die angemessene Zeitspanne eingehalten wurde, ist zunächst daran zu erinnern, dass sich die Angemessenheit der Dauer eines Verwaltungsverfahrens nach dessen Kontext und den verschiedenen abgeschlossenen Verfahrensabschnitten beurteilt (vgl. die oben in Randnr. 104 angeführte Rechtsprechung). Durch alleiniges Abstellen auf die von der Klägerin hervorgehobene Zeitspanne von 14 Jahren, ohne den Kontext und die verschiedenen abgeschlossenen Verfahrensabschnitte zu berücksichtigen, ließe sich die Frage, ob die Kommission das Erfordernis der angemessenen Dauer des Verfahrens eingehalten hat, nicht beantworten.

108    Im vorliegenden Fall war die erste Mitteilung der Beschwerdepunkte am 26. Juli 2000 an die Klägerin gerichtet worden, d. h., vier Jahre und zehn Monate nach dem Ende der Zuwiderhandlung und sechs Monate nach Beginn der Untersuchung im Januar 1997. Die Entscheidung 2004/337 erging ein Jahr und fünf Monate nach der ersten Mitteilung der Beschwerdepunkte.

109    Diese Zeitspannen gehen nicht über eine angemessene Dauer hinaus, insbesondere angesichts der zahlreichen von der Vorprüfung und dann von dem kontradiktorischen Verfahren betroffenen Unternehmen. Im Übrigen hat die Klägerin, wie die Kommission hervorhebt, nicht geltend gemacht – weder in ihrer Klage gegen die Entscheidung 2004/337 noch in ihrer vorliegenden Klage –, dass die Kommission in diesem Verfahrensabschnitt die angemessene Dauer überschritten habe.

110    Die Klägerin wirft der Kommission allenfalls vor, dass die Kommission sie zu spät in das Verwaltungsverfahren einbezogen habe, nämlich zu einem Zeitpunkt, zu dem Copigraph jedenfalls bereits an einen anderen Konzern veräußert gewesen sei. Diese Rüge wird unten in den Randnrn. 139 bis 154 geprüft.

111    Zu dem mit der Klage in der Rechtssache T‑109/02 begonnenen gerichtlichen Verfahren ist festzustellen, dass der Zeitraum, in dem der Unionsrichter die Rechtmäßigkeit der Entscheidung 2004/337 und die Gültigkeit des Urteils Bolloré (oben in Randnr. 10 angeführt) nachgeprüft hat, bei der Bestimmung der Dauer des Verfahrens vor der Kommission nicht zu berücksichtigen ist (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichts Limburgse Vinyl Maatschappij u. a./Kommission, oben in Randnr. 45 angeführt, Randnr. 123, und vom 25. Juni 2010, Imperial Chemical Industries/Kommission, T‑66/01, Slg. 2010, II‑2631, Randnr. 102). Im Übrigen hat der Gerichtshof im Urteil PAK (oben in Randnr. 13 angeführt, Randnrn. 146 bis 149) ausdrücklich festgestellt, dass die Dauer des Verfahrens vor dem Gericht nicht die angemessene Dauer überschritt.

112    Am 15. September 2009, d. h. zwölf Tage, nachdem der Gerichtshof die Entscheidung 2004/337 durch das Urteil PAK (oben in Randnr. 13 angeführt) für nichtig erklärt hatte, richtete die Kommission die zweite Mitteilung der Beschwerdepunkte an die Klägerin. Die angefochtene Entscheidung wurde dann am 23. Juni 2010, also knapp mehr als neun Monate nach dieser Mitteilung der Beschwerdepunkte, erlassen. Auch in diesem Fall ist davon auszugehen, dass die Dauer des von der Kommission nach der Nichtigerklärung der Entscheidung 2004/337 durchgeführten Verwaltungsverfahrens nicht die angemessene Frist überschritt.

113    Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass die Zeitspanne von 14 Jahren zwischen dem Ende der Zuwiderhandlung und der zweiten Mitteilung der Beschwerdepunkte sich durch eine Reihe aufeinanderfolgender Verfahrensabschnitte erklärt, von denen keiner die angemessene Dauer überschritt.

114    Die Klägerin hält jedoch die Überschreitung der angemessenen Verfahrensdauer für erwiesen. Angesichts des Rechts jeder Person auf Behandlung ihrer Angelegenheiten durch die Organe der Union innerhalb einer angemessenen Frist (Art. 47 der Charta) sei die Kommission nämlich nicht berechtigt gewesen, sie zu verfolgen und wegen Vorwürfen zu bestrafen, die 14 Jahre nach den Vorgängen bekannt gegeben worden seien. Diese extrem lange Zeitspanne sei im Wesentlichen darauf zurückzuführen, dass die Kommission im Dezember 2001 eine Entscheidung erlassen und trotz ihrer Klage auf der Beibehaltung dieser Entscheidung bestanden habe, die dann aber vom Gerichtshof durch das Urteil PAK (oben in Randnr. 13 angeführt) wegen Verletzung der Verteidigungsrechte für nichtig erklärt worden sei.

115    Soweit die Klägerin mit diesem Vorbringen die Überschreitung der angemessenen Verfahrensdauer geltend machen will, um die Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung in Bezug auf die Geldbuße auch unabhängig von der Frage zu erreichen, ob die Zuwiderhandlung nachgewiesen ist, ist darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung, auch wenn die Überschreitung eines angemessenen Zeitraums unter bestimmten Umständen die Nichtigerklärung einer Entscheidung rechtfertigen kann, mit der eine Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln festgestellt wird, nicht das Gleiche gilt, wenn die Höhe der in dieser Entscheidung festgesetzten Geldbußen angefochten wird, da sich die Befugnis der Kommission zur Festsetzung von Geldbußen nach einer Regelung richtet, die hierfür eine Verjährungsfrist vorsieht (Urteile des Gerichts vom 19. März 2003, CMA CGM u. a./Kommission, T‑213/00, Slg. 2003, II‑913, Randnr. 321, und vom 18. Juni 2008, Hoechst/Kommission, oben in Randnr. 105 angeführt, Randnr. 220).

116    Durch die Verordnung (EWG) Nr. 2988/74 des Rates vom 26. November 1974 über die Verfolgungs- und Vollstreckungsverjährung im Verkehrs- und Wettbewerbsrecht der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (ABl. L 319, S. 1) und deren Nachfolgerin im Wettbewerbsrecht, die Verordnung Nr. 1/2003, ist eine vollständige Regelung eingeführt worden, die im Einzelnen die Fristen festgelegt hat, innerhalb deren die Kommission ohne einen Verstoß gegen das grundlegende Gebot der Rechtssicherheit Geldbußen gegen Unternehmen festsetzen kann, gegen die Verfahren nach den Wettbewerbsvorschriften der Union anhängig sind. Insoweit geht auf dem Gebiet der Geldbußen im Rahmen der Anwendung der Wettbewerbsvorschriften der Union aus Art. 25 Abs. 5 der Verordnung Nr. 1/2003 (vorher Art. 2 Abs. 3 der Verordnung Nr. 2988/74) hervor, dass die Verjährung nach zehn Jahren eintritt, wenn sie gemäß Art. 25 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003 (vorher Art. 2 Abs. 1 der Verordnung) unterbrochen wurde, so dass die Kommission die Entscheidung über die Festsetzung von Geldbußen nicht unbegrenzt hinauszögern kann, ohne Gefahr zu laufen, dass Verjährung eintritt (Urteile CMA CGM u. a./Kommission, oben in Randnr. 115 angeführt, Randnr. 324, und vom 18. Juni 2008, Hoechst/Kommission, oben in Randnr. 105 angeführt, Randnr. 223).

117    Angesichts dieser Regelung ist für Überlegungen im Zusammenhang mit der Verpflichtung der Kommission, ihre Befugnis zur Verhängung von Geldbußen innerhalb eines angemessenen Zeitraums auszuüben, kein Raum (Urteile CMA CGM u. a./Kommission, oben in Randnr. 115 angeführt, Randnr. 324, und vom 18. Juni 2008, Hoechst/Kommission, oben in Randnr. 105 angeführt, Randnr. 224; vgl. in diesem Sinne auch Urteile des Gerichtshofs vom 14. Juli 1972, Geigy/Kommission, 52/69, Slg. 1972, 787, Randnrn. 20 bis 22, und Imperial Chemical Industries/Kommission, oben in Randnr. 38 angeführt, Randnrn. 46 bis 49).

118    Soweit die Klägerin die Überschreitung der angemessenen Verfahrensdauer geltend macht, um die Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung in Bezug auf die Geldbuße unabhängig von der Frage zu erreichen, ob die Zuwiderhandlung nachgewiesen ist, ist dieses Vorbringen folglich zurückzuweisen.

119    Soweit die Klägerin die Überschreitung der angemessenen Verfahrensdauer geltend macht, um die Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung in Bezug auf die Feststellung der Zuwiderhandlung auch dann zu erreichen, wenn ihre Verteidigungsrechte nicht verletzt sind, ist festzustellen, dass nach der oben in Randnr. 105 angeführten Rechtsprechung die Überschreitung der angemessenen Verfahrensdauer nur bei einer Entscheidung, durch die Zuwiderhandlungen gegen das Wettbewerbsrecht der Union festgestellt werden, einen Grund für die Nichtigerklärung darstellen kann, sofern erwiesen ist, dass der Verstoß gegen diesen Grundsatz die Verteidigungsrechte der betroffenen Unternehmen beeinträchtigt hat. Außerhalb dieser besonderen Fallgestaltung wirkt sich die Nichtbeachtung der Verpflichtung zur Entscheidung innerhalb einer angemessenen Verfahrensdauer nicht auf die Rechtsgültigkeit des Verwaltungsverfahrens im Rahmen der Verordnung Nr. 17 und der Verordnung Nr. 1/2003 aus.

120    Was sodann den Vorwurf angeht, die Kommission habe trotz der Klage gegen die Entscheidung 2004/337 auf deren Beibehaltung bestanden, genügt der Hinweis, dass zum einen nach Art. 278 AEUV „Klagen bei dem Gerichtshof der Europäischen Union … keine aufschiebende Wirkung [haben]“ und zum anderen für einen Rechtsakt die Vermutung der Gültigkeit spricht, solange er nicht für nichtig erklärt worden ist (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofs vom 8. Juli 1999, Hoechst/Kommission, C‑227/92 P, Slg. 1999, I‑4443, Randnr. 69, und vom 12. Februar 2008, CELF und Ministre de la Culture et de la Communication, C‑199/06, Slg. 2008, I‑469, Randnr. 60).

121    Soweit das Recht der Kommission in Abrede gestellt wird, nach der Nichtigerklärung der Entscheidung 2004/337 durch das Urteil PAK (oben in Randnr. 13 angeführt) das Verwaltungsverfahren wiederaufzunehmen, ist festzustellen, dass nach Art. 266 AEUV das Organ, dem das für nichtig erklärte Handeln zur Last fällt, die sich aus dem Nichtigkeitsurteil ergebenden Maßnahmen zu ergreifen hat.

122    Im Urteil PAK (oben in Randnr. 13 angeführt) hat der Gerichtshof im Anschluss an die Feststellung, dass in der Mitteilung der Beschwerdegründe angegeben werden muss, in welcher Eigenschaft dem Unternehmen die behaupteten Tatsachen zur Last gelegt werden (Randnr. 39), entschieden, dass für die Klägerin aus dem Wortlaut der Mitteilung der Beschwerdepunkte nicht ersichtlich war, dass die Kommission beabsichtigte, ihr in der Entscheidung 2004/337 die Zuwiderhandlung auch aufgrund ihrer eigenen, unmittelbaren Beteiligung an den Tätigkeiten des Kartells zuzurechnen (Randnr. 40).

123    Der Gerichtshof hat der Frage, ob die Klägerin etwa keine Möglichkeit haben werde, sich zu verteidigen, nicht vorgegriffen. Er hat lediglich festgestellt, dass der Umstand, dass in der Entscheidung 2004/337 die Verantwortung der Klägerin nicht nur wegen ihrer eigenen Beteiligung, sondern auch wegen ihrer Beteiligung in ihrer Eigenschaft als Muttergesellschaft von Copigraph bejaht worden war, es nicht ausschloss, dass sich diese Entscheidung möglicherweise auf Verhaltensweisen gründete, in Bezug auf die sich die Klägerin nicht verteidigen konnte (Urteil PAK, oben in Randnr. 13 angeführt, Randnr. 44).

124    Folglich enthielten die Erwägungen des Gerichtshofs nichts, was es der Kommission verwehrt hätte, als Maßnahme zur Durchführung des Urteils PAK (oben in Randnr. 13 angeführt) eine neue Mitteilung der Beschwerdepunkte an die Klägerin zu richten, in der diese nicht mehr nur als Muttergesellschaft von Copigraph, sondern auch als unmittelbare Urheberin der Zuwiderhandlung belangt wurde.

125    Die Kommission hat damit, anders als die Klägerin vorträgt, nicht versucht, die vom Gerichtshof festgestellte Verletzung der Verteidigungsrechte durch eine rein formale Maßnahme zu heilen.

126    Vielmehr hat sie durch die zweite Mitteilung der Beschwerdepunkte, in der sie die Klägerin unterrichtete, dass sie nicht nur als Muttergesellschaft von Copigraph, sondern auch als unmittelbare Urheberin belangt werde, das Urteil PAK (oben in Randnr. 13 angeführt) durchgeführt, indem sie ein neues kontradiktorisches Verfahren eröffnete, das der Klägerin die Möglichkeit bot, sich gegen sämtliche Vorwürfe zu verteidigen.

127    Es ist jedoch zu prüfen, ob der Klägerin, wie sie in ihrer Stellungnahme zu der zweiten Mitteilung der Beschwerdepunkte und in der vorliegenden Klage einwendet, aufgrund der langen Zeitspanne bis zu dieser Mitteilung der Beschwerdepunkte die Möglichkeit fehlte, sich gegen die darin erhobenen Anschuldigungen zu verteidigen.

128    In einem solchen Fall, für den die Klägerin beweispflichtig ist (vgl. in diesem Sinne Urteil Technische Unie/Kommission, oben in Randnr. 105 angeführt, Randnr. 61), wäre nämlich anzunehmen, dass mit dem Erlass der angefochtenen Entscheidung ihre Verteidigungsrechte verletzt wurden.

129    Daher ist der Einwand der Klägerin, sie habe sich aufgrund der langen Zeitspanne zwischen dem Ende der Zuwiderhandlung und der zweiten Mitteilung der Beschwerdepunkte nicht verteidigen können, zunächst in Bezug auf die Zurechnung der Zuwiderhandlung an sie als Muttergesellschaft von Copigraph und dann in Bezug auf die Zurechnung der Zuwiderhandlung an sie als unmittelbare Urheberin zu prüfen.

130    Was zunächst die Zurechnung der Zuwiderhandlung an sie als Muttergesellschaft von Copigraph angeht, trägt die Klägerin vor, sie sei nicht mehr in der Lage, sich zu verteidigen. Da nämlich die das Verhalten von Copigraph betreffenden Vorwürfe der Kommission in der ersten Mitteilung der Beschwerdepunkte unmittelbar Copigraph zugestellt worden seien, habe sie, die Klägerin, dieses Verhalten nicht selbst zu verantworten gehabt. Sie habe daher ihre Verteidigung auf die Gesichtspunkte bezogen, die ihre eigene Verantwortlichkeit als Muttergesellschaft gekennzeichnet hätten, d. h. auf ihr Verhalten als Einheit, die Copigraph kontrolliert habe. Als einzige Adressatin der zweiten Mitteilung der Beschwerdepunkte müsse sie sich nun aber auch gegen die Vorwürfe verteidigen, die das Verhalten von Copigraph beträfen, was ihr aufgrund der langen Zeitspanne praktisch unmöglich sei.

131    Jedenfalls habe sie sich schon im ersten Verwaltungsverfahren wegen Versäumnissen der Kommission bei dessen Durchführung nicht in Bezug auf das Verhalten von Copigraph verteidigen können. Noch weniger könne sie dies nun tun.

132    Als Erstes ist in Bezug auf den Einwand der Klägerin, sie habe im ersten Verwaltungsverfahren nicht das Verhalten von Copigraph zu verantworten gehabt, darauf hinzuweisen, dass die erste Mitteilung der Beschwerdepunkte sowohl der Klägerin als auch Copigraph zugestellt worden war und dass wegen der von diesen beiden Gesellschaften gebildeten wirtschaftlichen Einheit das Copigraph vorgeworfene Verhalten ebenso auch das der Klägerin war, da diese wegen einer Zuwiderhandlung belangt wurde, die ihr persönlich zur Last gelegt wurde (siehe oben, Randnr. 52).

133    Dass in der ersten Mitteilung der Beschwerdepunkte die Frage der Zurechenbarkeit der Zuwiderhandlung an die Klägerin und die Beschreibung der Vorgänge der Zuwiderhandlung gesondert behandelt wurden, zeigt lediglich, dass die Frage der Zurechenbarkeit der Zuwiderhandlung an die Klägerin spezifische Darlegungen erforderte. Diese Darlegungen traten aber, wie die Kommission hervorhebt, nur zu der Beschreibung der Vorgänge der Zuwiderhandlung hinzu, ohne diese etwa gegenüber der Muttergesellschaft zu ersetzen. Somit stellten diese Darlegungen entgegen dem Vorbringen der Klägerin keinen Beschwerdepunkt dar, der etwa von einem anderen, nur gegenüber der Tochtergesellschaft erhobenen Beschwerdepunkt gesondert gewesen wäre. Sie berechtigten die Klägerin nicht zu der Annahme, dass die Beschreibung der Vorgänge der Zuwiderhandlung sie nicht betreffe.

134    Die Klägerin erwidert, der Standpunkt der Kommission sei „unredlich, da von einem Unternehmen, das bestreitet, über ein anderes Unternehmen Kontrolle auszuüben, nicht verlangt werden kann, sich in seiner Verteidigung die Verantwortlichkeit für das Verhalten dieses Unternehmens aufzubürden“.

135    Diese Erwiderung verkennt die zum Zeitpunkt des Sachverhalts bereits ständige Rechtsprechung zur persönlichen Verantwortlichkeit einer Muttergesellschaft im Fall der wirtschaftlichen Einheit mit ihrer Tochtergesellschaft. Überdies ist es für sich allein betrachtet nicht widersprüchlich, neben einer Verteidigung, die auf das Fehlen einer wirtschaftlichen Einheit zwischen der Muttergesellschaft und der Tochtergesellschaft gestützt ist, hilfsweise eine Verteidigung zu wählen, die auf die Vorgänge der Zuwiderhandlung selbst zielt.

136    Schließlich ist diese Erwiderung auch insofern zurückzuweisen, als sie darauf hinausläuft, dass von einer Muttergesellschaft, die geltend macht, keine Kontrolle über ihre Tochtergesellschaft zu haben, nicht verlangt werden dürfte, gleichzeitig über die Mittel zu verfügen, sich in Bezug auf das Verhalten ihrer Tochtergesellschaft zu verteidigen.

137    Denn entweder hat die Muttergesellschaft keine Kontrolle über ihre Tochtergesellschaft, in welchem Fall sich die Frage der Verantwortlichkeit der Muttergesellschaft gar nicht stellt, mit der Folge, dass es für diese irrelevant ist, sich in Bezug auf das Verhalten ihrer Tochtergesellschaft verteidigen zu müssen, oder aber eine solche Kontrolle liegt vor, in welchem Fall es jedenfalls Sache der Muttergesellschaft ist, sei es durch Aufbewahrung ihrer Archive oder auf andere Weise, über die Mittel zu ihrer Verteidigung zu verfügen, wenn sie als Muttergesellschaft, die mit ihrer Tochtergesellschaft eine wirtschaftliche Einheit bildet, selbst belangt wird (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 30. September 2009, Hoechst/Kommission, oben in Randnr. 45 angeführt, Randnr. 171).

138    Aufgrund der vorstehenden Erwägungen ist das Vorbringen der Klägerin, der Inhalt der ersten Mitteilung der Beschwerdepunkte habe sie nicht betroffen, zurückzuweisen.

139    Als Zweites ist das Vorbringen zu prüfen, die Klägerin habe sich jedenfalls schon im ersten Verwaltungsverfahren wegen Versäumnissen der Kommission bei dessen Durchführung nicht in Bezug auf die Copigraph zur Last gelegten Vorgänge verteidigen können.

140    Die Klägerin macht geltend, sie sei von der Kommission zu spät in dieses Verwaltungsverfahren einbezogen worden; während sie Copigraph schon im November 1998 nebst sämtlichen Archiven an einen Dritten veräußert und Copigraph ihre Tätigkeit eingestellt habe. Sie habe sich daher bereits im ersten Verwaltungsverfahren nicht in Bezug auf die Zuwiderhandlungen von Copigraph verteidigen können. Noch weniger könne sie dies nun tun.

141    Anders als die anderen in dieser Sache mit einer Sanktion belegten Unternehmen sei sie von der Kommission über das laufende Verfahren in Unkenntnis gelassen worden, obwohl die Kommission doch von Anfang an über die Verbindung zwischen ihr und Copigraph voll informiert gewesen sei. Sie sei somit ungünstiger als die anderen beschuldigten Unternehmen behandelt worden.

142    Es ist darauf hinzuweisen, dass das wettbewerbsrechtliche Verwaltungsverfahren in zwei unterschiedliche, aufeinanderfolgende Abschnitte unterteilt ist, die jeweils einer eigenen inneren Logik folgen, nämlich einen Abschnitt der Voruntersuchung und einen kontradiktorischen Abschnitt. Der Abschnitt der Voruntersuchung, in dem die Kommission von ihren in der Verordnung Nr. 17 bzw. der Verordnung Nr. 1/2003 vorgesehenen Untersuchungsbefugnissen Gebrauch macht und der bis zur Mitteilung der Beschwerdepunkte währt, soll es der Kommission ermöglichen, alle relevanten Elemente zusammenzutragen, durch die das Vorliegen einer Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsvorschriften bestätigt oder nicht bestätigt wird, und eine erste Position zur Ausrichtung und zum weiteren Gang des Verfahrens einzunehmen. Dagegen hat es der kontradiktorische Abschnitt, der sich von der Mitteilung der Beschwerdepunkte bis zum Erlass der abschließenden Entscheidung erstreckt, der Kommission zu ermöglichen, sich abschließend zu der gerügten Zuwiderhandlung zu äußern (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofs Limburgse Vinyl Maatschappij u. a./Kommission, oben in Randnr. 74 angeführt, Randnrn. 181 bis 183, und vom 21. September 2006, Nederlandse Federatieve Vereniging voor de Groothandel op Elektrotechnisch Gebied/Kommission, C‑105/04 P, Slg. 2006, I‑8725, Randnr. 38; Urteil des Gerichts vom 8. Juli 2008, AC‑Treuhand/Kommission, T‑99/04, Slg. 2008, II‑1501 Randnr. 47).

143    Erst zu Beginn des kontradiktorischen Abschnitts des Verwaltungsverfahrens wird das betroffene Unternehmen durch die Mitteilung der Beschwerdepunkte über alle wesentlichen Gesichtspunkte informiert, auf die sich die Kommission in diesem Verfahrensstadium stützt, und verfügt zur Sicherstellung der wirksamen Ausübung seiner Verteidigungsrechte über ein Recht auf Zugang zu den Akten (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofs Limburgse Vinyl Maatschappij u. a./Kommission, oben in Randnr. 74 angeführt, Randnrn. 315 und 316; Nederlandse Federatieve Vereniging voor de Groothandel op Elektrotechnisch Gebied/Kommission, oben in Randnr. 142 angeführt, Randnr. 47, und vom 25. Januar 2007, Dalmine/Kommission, C‑407/04 P, Slg. 2007, I‑829, Randnr. 59).

144    Der Abschnitt der Voruntersuchung hat somit nicht den Zweck, den Unternehmen eine Verteidigung zu ermöglichen, sondern soll der Kommission ermöglichen, das erforderliche Material zusammenzutragen, wobei sie frei darüber entscheidet, wie sie ihre Untersuchung führt, und von den Unternehmen, die nach ihrer Ansicht über sachdienliche Informationen verfügen könnten, Auskünfte einholen kann. Die Kommission ist nicht verpflichtet, im Abschnitt der Voruntersuchung von allen Unternehmen, die sie im Verdacht hat, an Zuwiderhandlungen beteiligt zu sein, Auskünfte einzuholen oder ihnen die gleichen Fragen vorzulegen. Eine solche Verpflichtung könnte nämlich die Handlungsfreiheit der Kommission bei ihren Ermittlungen im Wettbewerbsbereich und damit die Wirksamkeit der Ermittlungen beeinträchtigen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 8. Juli 2004, Corus UK/Kommission, T‑48/00, Slg. 2004, II‑2325, Randnr. 212).

145    Der Gerichtshof hat zwar hinsichtlich der Einhaltung einer angemessenen Frist sinngemäß entschieden, dass die Beurteilung der Quelle etwaiger Beeinträchtigungen der wirksamen Ausübung der Verteidigungsrechte nicht auf den kontradiktorischen Abschnitt des Verwaltungsverfahrens beschränkt sein darf, sondern sich auf das gesamte Verwaltungsverfahren erstrecken und es in voller Länge einbeziehen muss (Urteile des Gerichtshofs Nederlandse Federatieve Vereniging voor de Groothandel op Elektrotechnisch Gebied/Kommission, oben in Randnr. 142 angeführt, Randnrn. 49 und 50, Technische Unie/Kommission, oben in Randnr. 105 angeführt, Randnrn. 54 und 55, und vom 29. September 2011, Elf Aquitaine/Kommission, C‑521/09 P, Slg. 2011, I‑8947, Randnr. 118).

146    Entsprechende Erwägungen gelten für die Frage, ob und inwieweit die Kommission verpflichtet ist, der betroffenen Einheit bereits ab dem Abschnitt der Voruntersuchung bestimmte Informationen zum Gegenstand und zum Zweck der Ermittlungen zur Verfügung zu stellen, die sie in die Lage versetzen, die Wirksamkeit ihrer Verteidigung im Rahmen des kontradiktorischen Abschnitts zu wahren (Urteil Elf Aquitaine/Kommission, oben in Randnr. 145 angeführt, Randnr. 119).

147    Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Kommission diese Einheit in jedem Fall bereits ab der ersten gegenüber dieser ergriffenen Maßnahme sogar auf die Möglichkeit von auf das Wettbewerbsrecht der Union gestützten Ermittlungs- oder Verfolgungsmaßnahmen hinweisen muss (vgl. Urteil Elf Aquitaine/Kommission, oben in Randnr. 145 angeführt, Randnr. 120 und die dort angeführte Rechtsprechung).

148    Darüber hinaus hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass der Grundsatz der persönlichen Verantwortlichkeit es der Kommission nicht verbietet, ins Auge zu fassen, zunächst die Gesellschaft, die einen Verstoß gegen die Wettbewerbsregeln begangen hat, mit einer Sanktion zu belegen, bevor sie untersucht, ob die Zuwiderhandlung gegebenenfalls deren Muttergesellschaft zugerechnet werden kann (Urteile des Gerichtshofs vom 24. September 2009, Erste Group Bank u. a./Kommission, C‑125/07 P, C‑133/07 P, C‑135/07 P und C‑137/07 P, Slg. 2009, I‑8681, Randnr. 82, und Elf Aquitaine/Kommission, oben in Randnr. 145 angeführt, Randnr. 121).

149    Sofern der Adressat einer Mitteilung der Beschwerdepunkte in die Lage versetzt wird, seinen Standpunkt zum Vorliegen und zur Erheblichkeit der von der Kommission behaupteten Tatsachen und Umstände im Lauf des kontradiktorischen Verwaltungsverfahrens in geeigneter Weise zu Gehör zu bringen, ist die Kommission daher entgegen dem Vorbringen der Klägerin grundsätzlich nicht verpflichtet, vor Übersendung der Mitteilung der Beschwerdepunkte eine Ermittlungsmaßnahme an diesen Adressaten zu richten (Urteil Elf Aquitaine/Kommission, oben in Randnr. 145 angeführt, Randnr. 122).

150    Folglich war die Kommission entgegen der Auffassung der Klägerin nicht verpflichtet, sie früher in das erste Verwaltungsverfahren einzubeziehen, als sie dies getan hat.

151    Jedenfalls hat die Klägerin, die Einsicht in die Akten der Kommission nehmen kann, vor dem Gericht ihre Behauptung, dass die Kommission vom Anfang des Verfahrens an über die Verbindung zwischen ihr und Copigraph voll informiert gewesen sei, nicht belegt. Auch wenn es nicht Sache des Gerichts ist, für die Klägerin den ihr obliegenden Beweis zu führen, ist festzustellen, dass das einzige dem Gericht vorliegende Schriftstück, das beweist, dass die Kommission zu einem bestimmten Zeitpunkt von der Verbindung zwischen der Klägerin und Copigraph wusste, nicht etwa von 1996 oder 1997 stammt, sondern offenbar die vom 10. Februar 2000 datierende Antwort von Copigraph auf das Auskunftsverlangen vom 20. Dezember 1999 ist. Dieses Auskunftsverlangen folgte unmittelbar auf die Mitteilung, die die Kommission mit Schreiben vom 9. Dezember 1999 von AWA erhalten hatte, dass dieses Unternehmen Copigraph erst im November 1998 erworben hatte. Die Kommission verlangte somit unmittelbar von Copigraph Auskünfte über ihre Tätigkeit vor diesem Erwerb. Im ersten Absatz ihrer Antwort unterrichtete Copigraph die Kommission über ihre Verbindung zu der Klägerin. Diese im Februar 2000 gegebenen Informationen, die nahezu identisch in die erste Mitteilung der Beschwerdepunkte übernommen wurden, waren der Grund dafür, dass diese Mitteilung an die Klägerin in ihrer Eigenschaft als Muttergesellschaft gerichtet wurde.

152    Das Vorbringen, die Klägerin habe Copigraph nebst Archiven veräußert und habe daher kein Mittel zu ihrer Verteidigung mehr gehabt, ist zurückzuweisen. Zum einen oblag es nämlich der Klägerin, bei der Veräußerung von Copigraph dafür zu sorgen, dass alle Unterlagen, die es ermöglichen, deren Tätigkeit nachzuvollziehen, in ihren Büchern oder Archiven aufbewahrt werden oder auf sonstige Weise, wie z. B. durch ein Recht auf Einsicht in die übertragenen Archive, zugänglich bleiben, damit sie insbesondere für den Fall gerichtlicher oder verwaltungsbehördlicher Maßnahmen über die nötigen Beweise verfügt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 30. September 2009, Hoechst/Kommission, oben in Randnr. 45 angeführt, Randnr. 171). Zum anderen liefe es darauf hinaus, der Kommission das Recht streitig zu machen, eine Muttergesellschaft nach Veräußerung ihrer Tochtergesellschaft zu verfolgen, wenn diesem Vorbringen stattgegeben würde.

153    Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass, sofern sich die Klägerin tatsächlich, wie sie behauptet, nicht gegen ihre Beschuldigung im zweiten Verwaltungsverfahren als Muttergesellschaft von Copigraph verteidigen konnte, diese fehlende Verteidigungsmöglichkeit nicht auf der langen Zeitspanne zwischen dem Ende der Zuwiderhandlung und der zweiten Mitteilung der Beschwerdepunkte oder auf Fehlern der Kommission, sondern allein auf der Klägerin zuzuschreibenden Umständen beruht.

154    Im Übrigen ist vorsorglich darauf hinzuweisen, dass die Behauptung, die Klägerin sei bereits im ersten Verwaltungsverfahren nicht in der Lage gewesen, sich in Bezug auf die Vorgänge der Zuwiderhandlung zu verteidigen, nicht überzeugt. Die Klägerin bestreitet nämlich nicht, dass sie diese Behauptung in der Rechtssache T‑109/02 nicht vorgetragen hatte. Hätte es für diese Behauptung einen sachlichen Grund gegeben, so hätte die Klägerin sicherlich nicht darauf verzichtet, sich darauf in ihrer Klage gegen die Entscheidung 2004/337 zu berufen. Zudem verteidigte sich die Klägerin in dieser Klage in Wirklichkeit in Bezug auf die Vorgänge der Zuwiderhandlung selbst, da sie die Dauer der Zuwiderhandlung bestritten und vorgetragen hatte, dass Copigraph in dem Kartell nur Mitläufer gewesen sei.

155    Infolgedessen ist das Vorbringen zurückzuweisen, dass sich die Klägerin aufgrund der langen Zeitspanne zwischen dem Ende der Zuwiderhandlung und der zweiten Mitteilung der Beschwerdepunkte im zweiten Verwaltungsverfahren nicht gegen ihre Beschuldigung als Muttergesellschaft von Copigraph habe verteidigen können.

156    Sodann ist die Behauptung der Klägerin zu prüfen, sie habe sich aufgrund der langen Zeitspanne zwischen dem Ende der Zuwiderhandlung und der zweiten Mitteilung der Beschwerdepunkte im zweiten Verwaltungsverfahren auch nicht in Bezug auf die Zurechnung der Zuwiderhandlung an sie als unmittelbare Urheberin verteidigen können.

157    In diesem Rahmen ist zunächst darauf hinzuweisen, dass sich die Ausführungen in der zweiten Mitteilung der Beschwerdepunkte, auf die sich die Kommission in der angefochtenen Entscheidung gestützt hat, um die Verantwortlichkeit der Klägerin als unmittelbare Urheberin festzustellen, ausschließlich auf die Teilnahme von Mitarbeitern der Klägerin an Kartelltreffen beziehen (vgl. Randnr. 376 der Mitteilung der Beschwerdepunkte und den 376. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). Wie aus dem 377. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung hervorgeht, ist der Standpunkt der Kommission nicht auf die Mitgliedschaft der Klägerin bei der Association of European Manufacturers of Carbonless Paper (Vereinigung Europäischer Hersteller von Selbstdurchschreibepapier, AEMCP), die an der Zuwiderhandlung beteiligt war, gestützt.

158    Die Kommission zog also als Beweis für die unmittelbare Beteiligung der Klägerin an dem Kartell den Umstand heran, dass zwei ihrer Mitarbeiter, Herr V. (Direktor des Papierwerks Thonon-les-Bains und Leiter des Geschäftsbereichs Spezialpapiere der Klägerin) und dessen Untergebener Herr B. (in der Verkaufsabteilung des Papierwerks Thonon-les-Bains der Klägerin), an Kartelltreffen teilgenommen hatten.

159    Die Klägerin bestreitet in ihrer Klage weder, dass diese beiden Personen ihre Mitarbeiter waren, noch, dass sie tatsächlich an Kartelltreffen teilgenommen hatten. Sie trägt nämlich vorliegend weder in der Klageschrift noch in der Erwiderung einen Klagegrund oder ein Argument vor, in dem sie insoweit einen Fehler der Kommission rügen würde. Sie hat lediglich in der mündlichen Verhandlung eine Bestätigung von Herrn B. vorgelegt, der zufolge dieser bei der Klägerin ab Februar 1995 tätig gewesen sei. Es ist jedoch festzustellen, dass diese neue Behauptung, deren verspäteter Vortrag durch nichts gerechtfertigt ist, gemäß Art. 48 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts unzulässig ist. Zudem wird diese Behauptung durch keinen auf das Belegschaftsregister der Klägerin gestützten Beweis untermauert, wohl aber durch die Antwort von Copigraph vom 10. Februar 2000 auf das Auskunftsersuchen vom 20. Dezember 1999 widerlegt, wonach Herr B. von 1994 an im Verkauf bei der Klägerin tätig war.

160    Die Klägerin beruft sich also für ihre Behauptung einer Verletzung ihrer Verteidigungsrechte im Wesentlichen lediglich darauf, dass die Kommission erst in der zweiten Mitteilung der Beschwerdepunkte die Anschuldigung erhoben habe, diese beiden Personen hätten als Vertreter der Klägerin gehandelt. Da diese beiden Mitarbeiter aber die Bolloré-Gruppe verlassen hätten und die Klägerin zu ihren etwaigen Tätigkeiten keine Verbindung mehr habe, sei es viel zu spät gewesen, um zu dieser neuen Anschuldigung der Kommission ihre Zeugenaussage einzuholen oder in den Archiven nachzuforschen.

161    Folglich sei ihr aufgrund der langen Zeitspanne zwischen dem Ende der Zuwiderhandlung und der zweiten Mitteilung der Beschwerdepunkte eine Verteidigung gegen den in der zweiten Mitteilung der Beschwerdepunkte erhobenen Vorwurf ihrer eigenen Beteiligung an der Zuwiderhandlung nicht mehr möglich gewesen.

162    Um ihre Auffassung zu verdeutlichen, legt die Klägerin eine Liste von Informationen und Unterlagen vor, die sie ihren Ausführungen zufolge, wäre sie rechtzeitig als unmittelbare Urheberin der Zuwiderhandlung belangt worden, für ihre Verteidigung von ihren beiden Mitarbeitern angefordert oder in ihren Archiven gesucht hätte.

163    Die von der Klägerin behauptete Neuheit der Beschwerdepunkte der Kommission ist zumindest zu relativieren.

164    Die Kommission hat die Zuwiderhandlung zwar erst in der zweiten Mitteilung der Beschwerdepunkte der Klägerin als unmittelbare Urheberin ordnungsgemäß zugerechnet.

165    Doch hatte die Klägerin, auch wenn die Entscheidung 2004/337 wegen Verletzung der Verteidigungsrechte der Klägerin für nichtig erklärt wurde, von diesem Zeitpunkt an tatsächliche Kenntnis davon, dass die Kommission ihr die Zuwiderhandlung wegen der Teilnahme ihrer Mitarbeiter, Herrn V. und Herrn B., an Kartelltreffen auch als unmittelbare Urheberin vorwarf. Die Klägerin war somit nicht 2009, sondern 2001 über den Standpunkt der Kommission unterrichtet worden.

166    Angesichts dieses Umstands kann sich die Klägerin nicht auf den Wortlaut der Klagebeantwortung der Kommission in der Rechtssache T‑109/02 stützen, um im Kern zu behaupten, dass die Zurechnung der Zuwiderhandlung an sie als unmittelbare Urheberin im Jahr 2009 für sie eine neue Beschuldigung gewesen sei. Denn unabhängig von dem Vorbringen der Kommission vor dem Gericht in der Rechtssache T‑109/02 lässt sich nicht bestreiten, dass die Beschuldigung als unmittelbare Urheberin in der Entscheidung 2004/337 enthalten war. Gerade dies war im Übrigen u. a. der Grund, aus dem die Klägerin die Klage in der Rechtssache T‑109/02 erhoben hatte und aus dem das Gericht im Urteil Bolloré (oben in Randnr. 10 angeführt) und der Gerichtshof im Urteil PAK (oben in Randnr. 13 angeführt) nicht anders konnten, als diesen Sachverhalt zu bestätigen.

167    Aus den gleichen Gründen kann sich die Klägerin auch nicht auf den Umstand berufen, dass der Anhörungsbeauftragte der Kommission in einem Schreiben vom 13. Januar 2010 darauf hinwies, dass die zweite Mitteilung der Beschwerdepunkte „eine völlig neue Beschuldigung [enthält], die sich auf mehr als 15 Jahre zurückliegende Vorgänge bezieht“. Seinem Kontext nach handelt es sich bei diesem Schreiben im Übrigen nur um einen Bescheid auf einen Antrag der Klägerin, die Frist für die Stellungnahme zu der zweiten Mitteilung der Beschwerdepunkte zu verlängern, in dem die Klägerin argumentiert hatte, dass es sich um „eine völlig neue Beschuldigung“ handele und dass die Vorgänge mehr als 15 Jahre zurücklägen. Völlig klar wird der Standpunkt des Anhörungsbeauftragten durch dessen ausdrücklichen Hinweis in seinem Abschlussbericht, dass „die Beschuldigung der unmittelbaren Beteiligung [der Klägerin] ihr in der [Entscheidung 2004/337] mitgeteilt worden ist“.

168    Schließlich ist über diese vorstehenden Erwägungen hinaus darauf hinzuweisen, dass die Kommission die in der Teilnahme von Herrn V. und Herrn B. an den Kartelltreffen liegenden tatsächlichen Vorgänge bereits vorgetragen hatte, um das Bestehen der damals Copigraph und der Klägerin als deren Muttergesellschaft vorgeworfenen Zuwiderhandlung festzustellen. Mit anderen Worten, bereits von der ersten Mitteilung der Beschwerdepunkte an war die Klägerin, wenn auch nur als Muttergesellschaft von Copigraph, von der Kommission wegen dieser tatsächlichen Vorgänge belangt worden.

169    Angesichts der Erwägungen in den Randnrn. 163 bis 168 dieses Urteils ist festzustellen, dass keiner der tatsächlichen Umstände, auf die in der zweiten Mitteilung der Beschwerdepunkte die Zurechnung der Zuwiderhandlung an die Klägerin als unmittelbare Urheberin gestützt wird, im Jahr 2009 neu, geschweige denn ein neuer Umstand war, in Bezug auf den sich die Klägerin aufgrund der langen Zeitspanne zwischen dem Ende der Zuwiderhandlung und der zweiten Mitteilung der Beschwerdepunkte nicht hätte verteidigen können.

170    Dieses Ergebnis wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Klägerin, um eine Verletzung ihrer Verteidigungsrechte aufgrund der langen Zeitspanne zwischen dem Ende der Zuwiderhandlung und der zweiten Mitteilung der Beschwerdepunkte nachzuweisen, vorbringt, sie hätte die in ihrer Erwiderung aufgelisteten Informationen und Unterlagen, wäre sie rechtzeitig als unmittelbare Urheberin der Zuwiderhandlung belangt worden, von ihren beiden Mitarbeitern angefordert oder in ihren Archiven gesucht.

171    Diesem Vorbringen liegt nämlich, wie im Übrigen aus dem von der Klägerin vorgelegten Schriftstück hervorgeht, die These zugrunde, dass die Zuwiderhandlung, die die Kommission der Klägerin selbst vorwirft, eine „andere“ Zuwiderhandlung sei als die, die ihr als Muttergesellschaft von Copigraph vorgeworfen werde, eine andere persönliche Zuwiderhandlung, in Form einer Beteiligung an der Zuwiderhandlung, die sich von der Beteiligung von Copigraph in tatsächlicher Hinsicht konkret unterscheide und für die die Klägerin daher spezifische Verteidigungsmittel hätte zusammentragen müssen.

172    Im vorliegenden Fall ist jedoch festzustellen, dass diese These, die die Klägerin in der Klage mehrfach wiederholt, nicht der Realität entspricht.

173    Sowohl aus der zweiten Mitteilung der Beschwerdepunkte als auch der angefochtenen Entscheidung geht nämlich eindeutig hervor, dass die Kommission der Klägerin keine andere Zuwiderhandlung und auch keine Beteiligung an der Zuwiderhandlung, die von derjenigen von Copigraph konkret verschieden wäre, vorwirft.

174    Die Zuwiderhandlung, die der Klägerin als Muttergesellschaft von Copigraph und als unmittelbare Urheberin vorgeworfen wird, ist ein und dieselbe Zuwiderhandlung, die in der „Teilnahme an einer Reihe von Vereinbarungen und abgestimmten Verhaltensweisen im Sektor Selbstdurchschreibepapier“ besteht (Art. 1 der angefochtenen Entscheidung, vgl. auch Randnr. 338 a. E. der zweiten Mitteilung der Beschwerdepunkte).

175    Die tatsächlichen Vorgänge, aus denen die Kommission die Beteiligung der Klägerin an dem Kartell auch als unmittelbare Urheberin ableitet, sind dieselben – seit Langem bekannten – wie diejenigen, aus denen die Kartellbeteiligung von Copigraph gefolgert werden konnte, nämlich die Teilnahme der Mitarbeiter der Klägerin, Herrn V. und Herrn B., an wettbewerbswidrigen Treffen (vgl. betreffend Copigraph die Randnrn. 282 bis 294 der zweiten Mitteilung der Beschwerdepunkte und die Erwägungsgründe 287 bis 298 der angefochtenen Entscheidung; vgl. betreffend die Klägerin Randnr. 376 der zweiten Mitteilung der Beschwerdepunkte und den 376. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung sowie die in den Anlagen 1 und II dieser beiden Dokumente wiedergegebenen Übersichten).

176    Dieses Vorliegen einer aus denselben tatsächlichen Vorgängen resultierenden einzigen Zuwiderhandlung kann, unabhängig von den Einlassungen der Klägerin hierzu, nicht durch bestimmte Formulierungen in der Klagebeantwortung (Randnr. 46) in Frage gestellt werden. Die Kommission bestätigt im Übrigen in der Klagebeantwortung (Randnr. 61) und der Gegenerwiderung (Randnr. 26) eindeutig, dass es um eine einzige Zuwiderhandlung gehe, die der Klägerin allenfalls in doppelter Eigenschaft vorgeworfen werde.

177    Dass es der Klägerin nicht möglich sein soll, Zeugen zu kontaktieren oder auf Archive zuzugreifen, um diese tatsächlichen Vorgänge zumindest bestreiten zu können – was die Klägerin vor dem Gericht allerdings nicht oder jedenfalls nur verspätet bzw. auf nicht überzeugende Weise getan hat –, ist daher bedeutungslos.

178    Die Behauptung, mit der Zeugenaussage von Herrn V. und Herrn B. hätte sich möglicherweise nachweisen lassen, dass die Klägerin nicht unmittelbar an der Zuwiderhandlung beteiligt gewesen sei, ist nicht glaubhaft.

179    Ausgehend von der nicht ernsthaft bestrittenen Tatsache, dass diese beiden Personen Mitarbeiter der Klägerin waren und dass jedenfalls Herr V. bei dem ersten Kartelltreffen vom 23. Januar 1992 als Vertreter der Klägerin bezeichnet wurde (vgl. 376. Erwägungsgrund Satz 3 der angefochtenen Entscheidung), beruht das Vorbringen der Klägerin nämlich im Ergebnis auf der Annahme – die angesichts der wirtschaftlichen Einheit zwischen der Klägerin und Copigraph unrealistisch ist –, dass ihre Mitarbeiter sich bei den Kartelltreffen für Copigraph an dem Kartell beteiligen konnten und sich gleichzeitig für die Klägerin von dem Kartell offen und überzeugend distanzieren konnten.

180    Dass die Behauptung, eine Zeugenaussage der früheren Mitarbeiter der Klägerin hätte der Verteidigung genützt, nicht glaubhaft ist, wird durch das Verhalten der Klägerin noch untermauert. Es ist nämlich bezeichnend, dass sie, obwohl ihr ab dem 20. Dezember 2001 bekannt war, dass die Kommission von ihrer unmittelbaren Beteiligung an der Zuwiderhandlung ausging, und sie damals sehr leicht die Zeugenaussage von Herrn B. – der damals noch bei ihr angestellt war – hätte einholen können, dies nicht tat.

181    Dieses Versäumnis der Klägerin und auch der Umstand, dass die Zeugenaussage dieser Person sonderbarerweise erst nach deren Ausscheiden aus dem Konzern unverzichtbar sein soll, während die Klägerin sie jahrelang hätte einholen können, bestätigen, dass diese Aussage für ihre Verteidigung keinerlei Nutzen gehabt hätte.

182    Schließlich ist jedenfalls festzustellen, dass die Klägerin keinerlei Beweis dafür vorgelegt hat, dass 2009 konkret keine Auskünfte von ihren früheren Mitarbeitern eingeholt werden konnten (vgl. wegen ähnlicher Erwägungen Urteil Technische Unie/Kommission, oben in Randnr. 105 angeführt, Randnr. 64). Insbesondere hat die Klägerin keinen Beweis dafür vorgelegt, dass sie sich unter Aufwendung einer gewissen Sorgfalt bemüht hätte, mit ihren früheren Mitarbeitern in Kontakt zu treten und sie zu einer Zeugenaussage zu veranlassen. In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin lediglich vage und jedenfalls nach Art. 48 der Verfahrensordnung verspätet in Bezug auf Herrn B. einen Krankheits- und anschließenden Sterbefall angeführt. Folglich ist die Behauptung, die Klägerin habe 2009 zu ihren früheren Mitarbeitern keinen Kontakt mehr gehabt, unbewiesen.

183    Was die Archive der Klägerin angeht, ist abgesehen davon, dass sie ab 2001 ihre Vorkehrungen treffen konnte, darauf hinzuweisen, dass, wenn eine Muttergesellschaft Unterlagen aufbewahren muss, die ihr für den Fall einer Inanspruchnahme als Muttergesellschaft, die mit ihrer Tochtergesellschaft eine wirtschaftliche Einheit bildet, eine Verteidigung ermöglichen (siehe oben, Randnr. 152), dies erst recht für ihr eigenes Verhalten und ihre eigenen Archive gilt. Das Vorbringen der Klägerin, es sei für eine Nachforschung in ihren eigenen Archiven zu spät gewesen, ist zurückzuweisen.

184    Angesichts der Erwägungen in den Randnrn. 156 bis 183 dieses Urteils ist die These der Klägerin zurückzuweisen, dass ihr aufgrund der langen Zeitspanne zwischen dem Ende der Zuwiderhandlung und der zweiten Mitteilung der Beschwerdepunkte eine Verteidigung im zweiten Verwaltungsverfahren in ihrer Eigenschaft als unmittelbare Urheberin der Zuwiderhandlung nicht mehr möglich gewesen sei. Unter den besonderen Umständen des vorliegenden Falles, die insbesondere darin bestehen, dass die Klägerin seit 2001 von den gegen sie von der Kommission erhobenen Vorwürfen wusste, dass 2009 gegenüber den 2001 mitgeteilten Beschwerdepunkten keine neue Anschuldigung erhoben wurde, dass es dieselben tatsächlichen Vorgänge waren, auf deren Grundlage die Klägerin wegen Beteiligung als unmittelbare Urheberin belangt wurde, und sie diese Vorgänge nicht – oder jedenfalls verspätet bzw. nicht überzeugend – bestritten hat, dass die Klägerin jahrelang untätig geblieben war und keinerlei Beweis dafür vorgelegt hat, dass sie sich 2009 unter Aufwendung einer gewissen Sorgfalt bemüht hätte, mit ihren früheren Mitarbeitern in Kontakt zu treten, und schließlich, dass die Klägerin nicht mit der Behauptung gehört werden kann, sie könne auf ihre eigenen Archive nicht mehr sachdienlich zugreifen, geht das Gericht davon aus, dass eine Verletzung der Verteidigungsrechte aufgrund der langen Zeitspanne bis zur Inanspruchnahme der Klägerin als unmittelbare Urheberin nicht bewiesen ist.

185    Aus alledem geht hervor, dass die Kommission die angemessene Verfahrensdauer nicht überschritten hat und dass eine Verletzung der Verteidigungsrechte der Klägerin aufgrund der langen Zeitspanne zwischen dem Ende der Zuwiderhandlung und der zweiten Mitteilung der Beschwerdepunkte unabhängig von der Dauer des Verfahrens im vorliegenden Fall nicht nachgewiesen ist, so dass der vierte Klagegrund zurückzuweisen ist.

 Zum zweiten Klagegrund: Verletzung der Verjährungsvorschriften

186    Die Klägerin macht geltend, aus den Verjährungsvorschriften ergebe sich, dass die Sanktionsbefugnis der Kommission durch Verjährung erloschen sei in Bezug auf Tatsachen, deren unmittelbare Urheberin Copigraph sei, und auf Tatsachen, deren mittelbare Urheberin die Klägerin als Muttergesellschaft von Copigraph sei, und schließlich auf Tatsachen, deren unmittelbare Urheberin die Klägerin sei. Gegenüber Copigraph sei die letzte Handlung, mit der die Verjährung unterbrochen worden sei, die erste Mitteilung der Beschwerdepunkte, da Copigraph gegen die Entscheidung 2004/337 keine Klage erhoben habe. Auch gegenüber der Klägerin als Muttergesellschaft sei die Verjährung eingetreten, da ihre Verantwortlichkeit in dieser Eigenschaft zu der von Copigraph akzessorisch sei. Gegenüber der Klägerin als unmittelbare Urheberin habe keine Handlung des ursprünglichen Verfahrens die Verjährung unterbrochen, die somit eingetreten sei. Die Kommission habe daher das Urteil des Gerichts vom 31. März 2009, ArcelorMittal Luxembourg u. a./Kommission (T‑405/06, Slg. 2009, II‑771, Randnrn. 143 bis 145), missachtet.

187    Die Kommission beanstandet die von der Klägerin getroffene „künstliche Unterscheidung“ zwischen einer Copigraph vorgeworfenen Zuwiderhandlung und einer anderen Zuwiderhandlung, die ihr als Muttergesellschaft vorgeworfen werde. Die Klägerin als Muttergesellschaft von Copigraph und Copigraph bildeten nämlich ein und dasselbe Unternehmen, beiden werde dieselbe Zuwiderhandlung zur Last gelegt.

188    Die Verjährung sei objektiver Natur und in Bezug auf die Klägerin zu beurteilen, die die einzige Adressatin der angefochtenen Entscheidung sei. Die Frage einer etwaigen Verjährung gegenüber Copigraph sei daher unerheblich. Zudem sei die Verweisung auf das Urteil ArcelorMittal Luxembourg u. a./Kommission (oben in Randnr. 186 angeführt) fehl am Platz, und es sei unerheblich, dass Copigraph gegen die Entscheidung 2004/337 keine Klage erhoben habe.

189    Der zugunsten der Klägerin als Muttergesellschaft geltend gemachten Verjährung liege die unzutreffende Annahme zugrunde, dass die Verantwortlichkeit der Muttergesellschaft zu der der Tochtergesellschaft „akzessorisch“ sei.

190    Bei der zugunsten der Klägerin als unmittelbarer Urheberin geltend gemachten Verjährung werde unzutreffend argumentiert, dass die Verjährung nicht unterbrochen worden sei, weil die Klägerin in der ersten Mitteilung der Beschwerdepunkte nur als Muttergesellschaft belangt worden sei. Verjährungsunterbrechende Handlungen, zu denen auch diese erste Mitteilung der Beschwerdepunkte gehöre, wirkten gegenüber allen an der Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmen und damit auch gegenüber der Klägerin. Selbst wenn – argumentationshalber unterstellt – davon auszugehen wäre, dass nicht dasselbe Unternehmen zur Verantwortung gezogen werde, wäre unbestreitbar, dass die Klägerin an der Zuwiderhandlung im Sinne der Rechtsprechung an der Zuwiderhandlung beteiligt gewesen sei.

191    Mit dem vorliegenden Klagegrund macht die Klägerin im Wesentlichen geltend, dass die Sanktionsbefugnis der Kommission ihr gegenüber als Muttergesellschaft von Copigraph durch Verjährung erloschen sei, da ihre Verantwortlichkeit in dieser Eigenschaft zu der ihrer Tochtergesellschaft akzessorisch sei und die Verjährung zu deren Gunsten eingetreten sei. Ferner sei die Verjährung auch für sie als unmittelbare Urheberin der Zuwiderhandlung eingetreten, da die Kommission nicht ihr gegenüber in dieser Eigenschaft innerhalb der Verjährungsfrist eine die Verjährung unterbrechende Handlung vorgenommen habe.

192    Zunächst ist das Vorbringen der Klägerin, soweit sie damit geltend macht, dass ihre Verantwortlichkeit zu der von Copigraph akzessorisch sei und dass die Verjährung zugunsten von Copigraph eingetreten sei, als unerheblich zurückzuweisen.

193    Wenn – wie vorliegend der Fall – zwischen einer Muttergesellschaft und ihrer Tochtergesellschaft eine wirtschaftliche Einheit besteht, wird nämlich die Muttergesellschaft genauso wie die Tochtergesellschaft als Urheberin der Zuwiderhandlung angesehen. Sie wird so behandelt, als hätte sie die Zuwiderhandlung selbst begangen (vgl. die oben in den Randnrn. 38 bis 41 und 52 angeführte Rechtsprechung und insbesondere das Urteil Metsä-Serla u. a./Kommission, oben in Randnr. 40 angeführt, Randnr. 34).

194    Dass die Tochtergesellschaft möglicherweise nicht mehr wegen der festgestellten Zuwiderhandlung mit einer Sanktion belegt werden kann, weil sie nicht mehr besteht, oder – wie dies die Klägerin im vorliegenden Fall behauptet – weil zu ihren Gunsten die Verjährung eingetreten ist, hat keinen Einfluss auf die Frage, ob dies bei der Muttergesellschaft möglich ist, die aufgrund der wirtschaftlichen Einheit mit ihrer Tochtergesellschaft selbst als Urheberin der Zuwiderhandlung gilt. Es trifft zwar zu, dass es keine Verantwortlichkeit der Muttergesellschaft gäbe, wenn nachgewiesen wäre, dass es keine Zuwiderhandlung gegeben hat, doch kann diese Verantwortlichkeit nicht deswegen entfallen, weil die Sanktion gegenüber der Tochtergesellschaft verjährt ist. Die Verjährung gemäß Art. 25 der Verordnung Nr. 1/2003 bewirkt nämlich nicht, dass eine Zuwiderhandlung verschwindet, sondern nur, dass der von ihr Begünstigte den Sanktionen entgeht.

195    Aus diesen Vorbemerkungen geht hervor, dass entgegen dem Vorbringen der Klägerin die Frage, ob die Verjährung gegenüber Copigraph eingetreten ist, keine Rolle spielt.

196    Es kommt allein darauf an, ob die Verjährung gegenüber der Klägerin eingetreten ist, die die einzige Adressatin der angefochtenen Entscheidung ist.

197    Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass gemäß Art. 25 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003 die Verjährung der Befugnis zur Festsetzung von Geldbußen oder Zwangsgeldern durch jede auf Ermittlung oder Verfolgung der Zuwiderhandlung gerichtete Handlung der Kommission unterbrochen wird und die Unterbrechung mit dem Tag eintritt, an dem die Handlung „mindestens einem an der Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmen oder einer beteiligten Unternehmensvereinigung“ bekannt gegeben wird.

198    Mit Art. 25 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003 soll somit der Bereich der Handlungen der Kommission abgesteckt werden, die eine Verjährungsunterbrechung herbeiführen.

199    Diese Bestimmung begrenzt diesen Bereich ausdrücklich auf Ermittlungs- oder Verfolgungshandlungen, die (mindestens) einem an der Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmen bekannt gegeben werden, d. h. letztlich einem Unternehmen, das in der Entscheidung, mit der die Zuwiderhandlung geahndet wird, als solches identifiziert wird.

200    So hat das Gericht im Urteil ArcelorMittal Luxembourg u. a./Kommission (oben in Randnr. 186 angeführt, Randnr. 143) ausgeführt, „[u]nter ‚an der Zuwiderhandlung beteiligtes Unternehmen‘ im Sinne [von Art. 25 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003] ist … jedes Unternehmen zu verstehen, das in einer Entscheidung der Kommission, mit der eine Zuwiderhandlung geahndet wird, als solches identifiziert wird“.

201    Gemäß Art. 25 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1/2003 wirkt die Unterbrechung gegenüber „allen“ an der Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmen und Unternehmensvereinigungen.

202    Mit Art. 25 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1/2003 soll somit der Kreis der Unternehmen abgesteckt werden, gegenüber denen eine Verjährungsunterbrechung wirkt.

203    Mit dem Wort „allen“ in dieser Bestimmung soll hervorgehoben werden, dass es auf die objektive Beteiligung des betreffenden Unternehmens an der Zuwiderhandlung ankommt, also unabhängig davon, in welcher Eigenschaft dieses Unternehmen an der Zuwiderhandlung beteiligt war, ob die Kommission dieses Unternehmen vor der Mitteilung der Beschwerdepunkte kannte, ob an das Unternehmen vor dieser Mitteilung der Beschwerdepunkte eine die Verjährung unterbrechende Handlung gerichtet worden war oder nicht oder ob das Unternehmen früher die Nichtigerklärung einer ihm gegenüber ergangenen ersten Sanktionsentscheidung der Kommission erwirkt hatte.

204    In diesem Sinne hat das Gericht im Urteil ArcelorMittal Luxembourg u. a./Kommission (oben in Randnr. 186 angeführt, Randnr. 145) zu den Unternehmen, gegenüber denen die Verjährung unterbrochen wird, festgestellt, dass sich die Wendung „an der Zuwiderhandlung beteiligt“ auf einen objektiven tatsächlichen Umstand, nämlich die Teilnahme an der Zuwiderhandlung, bezieht, der von einem subjektiven, vom jeweiligen Betrachter abhängigen Umstand wie dem der Identifizierung dieses Unternehmens im Verfahren verschieden ist.

205    Aus den vorstehenden Erwägungen zur Bedeutung und zur Tragweite von Art. 25 Abs. 3 und Abs. 4 der Verordnung Nr. 1/2003 ergibt sich, dass, wenn ein Unternehmen an der Zuwiderhandlung beteiligt war, d. h. letztlich, wenn es in der angefochtenen Entscheidung als solches identifiziert worden ist, ihm gegenüber die Verjährungsunterbrechung wirkt, die sich aus einer Ermittlungs- oder Verfolgungshandlung ergibt, die (mindestens) einem an der Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmen (ihm oder einem anderen) bekannt gegeben wurde, das ebenfalls als an der Zuwiderhandlung beteiligtes Unternehmen identifiziert worden ist.

206    Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass die Klägerin nicht nur in der angefochtenen Entscheidung als an der Zuwiderhandlung beteiligtes Unternehmen identifiziert ist, sondern darüber hinaus sämtliche gegen die Rechtmäßigkeit dieser Feststellung gerichteten Klagegründe zurückgewiesen worden sind.

207    Folglich ist die Klägerin, unabhängig von ihren Einlassungen hierzu, ein im Sinne von Art. 25 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1/2003 an der Zuwiderhandlung beteiligtes Unternehmen. Der von der Klägerin vorgetragene Umstand, dass sie erst in der zweiten Mitteilung der Beschwerdepunkte, also mehr als fünf Jahre nach dem Ende der Zuwiderhandlung, als unmittelbare Urheberin der Zuwiderhandlung belangt worden war, ist unerheblich; diesem Einwand liegt ein falsches Verständnis der Regelung des Art. 25 Abs. 3 und Abs. 4 der Verordnung Nr. 1/2003 zugrunde.

208    Darüber hinaus ist unstreitig, dass Ermittlungs- oder Verfolgungshandlungen „mindestens einem an der Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmen“ bekannt gegeben wurden, seien es die von der Kommission in den Jahren 1997 und 1999 vorgenommenen Ermittlungshandlungen (siehe oben, Randnrn. 2 und 5), die erste Mitteilung der Beschwerdepunkte vom 26. Juli 2000 oder die zweite Mitteilung der Beschwerdepunkte vom 15. September 2009.

209    Folglich wurde die Verjährung gegenüber der Klägerin, unabhängig von ihren Einlassungen hierzu, durch diese unterschiedlichen Handlungen unterbrochen. Das Vorbringen der Klägerin, wonach das Gericht im Urteil ArcelorMittal Luxembourg u. a./Kommission (oben in Randnr. 186 angeführt) entschieden haben soll, dass Ermittlungshandlungen gegen Dritte nicht die Verjährung gegenüber Unternehmen unterbrächen, die die Kommission kenne und deren Beteiligung an der Zuwiderhandlung sie aufgrund in ihrem Besitz befindlicher Unterlagen kennen müsse, liegt ein falsches Verständnis sowohl der Regelung von Art. 25 Abs. 3 und Abs. 4 der Verordnung Nr. 1/2003 als auch des Wortlauts des in Rede stehenden Urteils zugrunde (siehe oben, Randnr. 204).

210    Auch mit der Behauptung, die Kommission habe die Entscheidung 2004/337, da sie für nichtig erklärt worden sei, nicht heranziehen dürfen, um darzutun, dass die Klägerin „in einer Entscheidung der Kommission, mit der eine Zuwiderhandlung geahndet wird“ als an der Zuwiderhandlung Beteiligte identifiziert worden sei, wird die Regelung der Verjährung verkannt. Die Klägerin wird in der angefochtenen Entscheidung als an der Zuwiderhandlung beteiligt identifiziert, was zur Folge hat, dass die oben in Randnr. 208 angeführten Ermittlungs- und Verfolgungshandlungen die Verjährung ihr gegenüber tatsächlich unterbrochen haben.

211    Schließlich ist zu der Behauptung, in der Rechtsprechung des Gerichts und des Gerichtshofs habe eine „Entwicklung zugunsten einer effektiven Anwendung der Verjährungsvorschriften“ stattgefunden, indem entschieden worden sei, dass das Ruhen der Verjährung infolge Erhebung einer Klage nicht erga omnes, sondern nur gegenüber den Klägern wirke (Urteile ArcelorMittal Luxembourg u. a./Kommission, oben in Randnr. 186 angeführt, Randnr. 158, sowie ArcelorMittal Luxembourg/Kommission und Kommission/ArcelorMittal Luxembourg u. a, oben in Randnr. 41 angeführt, Randnrn. 141 bis 149), festzustellen, dass die Lösung des Unionsrichters in diesen Urteilen jedenfalls nur den Fall des Ruhens der Verjährung (Art. 25 Abs. 6 der Verordnung Nr. 1/2003) betrifft. Sie bedeutet also keineswegs, dass die Unterbrechung der Verjährung (Art. 25 Abs. 3 und Abs. 4 der Verordnung Nr. 1/2003) etwa nicht gegenüber allen an der Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmen gelten würde. Im Übrigen hat das Gericht in seinem Urteil ArcelorMittal Luxembourg u. a./Kommission (oben in Randnr. 186 angeführt) eindeutig die Regelung der Verjährungsunterbrechung, für die die Wirkung erga omnes in Art. 25 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1/2003 „ausdrücklich vorgesehen“ ist, von der Regelung des Ruhens der Verjährung unterschieden, für die die Frage „nicht geklärt“ war (Randnr. 153 Satz 1 des Urteils).

212    Im Ergebnis wurde die Verjährung, die im September 1995 begonnen hatte, gegenüber der Klägerin durch die in Randnr. 208 des vorliegenden Urteils genannten Handlungen, insbesondere die erste Mitteilung der Beschwerdepunkte (vom 26. Juli 2000) unterbrochen.

213    Die Verjährung, die somit ab dieser ersten Mitteilung der Beschwerdepunkte wieder von neuem begonnen hatte, ruhte gemäß Art. 25 Abs. 6 der Verordnung Nr. 1/2003 vom 11. April 2002 (Tag der Erhebung der Klage in der Rechtssache T‑109/02 vor dem Gericht durch die Klägerin) bis zum 3. September 2009 (Tag der Verkündung des Urteils PAK, oben in Randnr. 13 angeführt), und lief dann weiter bis zu ihrer Unterbrechung durch die zweite Mitteilung der Beschwerdepunkte vom 15. September 2009. Die Verjährung lief somit vom 26. Juli 2000 bis 15. September 2009 abzüglich des Zeitraums, in dem sie ruhte, ein Jahr und neun Monate lang.

214    Nach der zweiten Mitteilung der Beschwerdepunkte (15. September 2009) begann die Verjährung von neuem und lief bis zum Erlass der angefochtenen Entscheidung am 23. Juni 2010, also neun Monate später.

215    Daraus ergibt sich, dass die angefochtene Entscheidung innerhalb der Verjährungsfrist von fünf Jahren gemäß Art. 25 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 1/2003 erlassen wurde.

216    Auch die Frist von zehn Jahren gemäß Art. 25 Abs. 5 Satz 2 der Verordnung Nr. 1/2003 wurde eingehalten, da die Frist vom Ende der Zuwiderhandlung (September 1995) bis zur angefochtenen Entscheidung (Juni 2010) abzüglich des Zeitraums des gerichtlichen Verfahrens, in dem sie ruhte (11. April 2002 – 3. September 2009), sieben Jahre und vier Monate beträgt.

217    Aus alledem geht hervor, dass gegenüber der Klägerin keine Verjährung eingetreten ist, so dass der zweite Klagegrund zurückzuweisen ist.

 Zum fünften Klagegrund: Verstoß gegen die Leitlinien, gegen die Grundsätze der individuellen Zumessung von Strafen und der Verhältnismäßigkeit sowie gegen die Begründungspflicht

 Zum ersten Teil des Klagegrundes: Weigerung, die Geldbuße aufgrund des tatsächlichen und rechtlichen Kontextes des vorliegenden Verfahrens herabzusetzen

218    Die Klägerin macht geltend, die folgenden drei Gründe hätten zu einer spürbar niedrigeren Festsetzung der Geldbuße führen müssen: erstens, dass sie ihre Verteidigungsrechte nicht habe ausüben können, zweitens, dass Copigraph ihr nur kurze Zeit gehört habe, und drittens, dass Copigraph ein „kleiner Anbieter“ gewesen sei, dem nur eine passive und aufgenötigte Kartellbeteiligung vorgeworfen worden sei. Eine Herabsetzung der gegen die Klägerin verhängten Geldbuße sei umso mehr geboten, wenn man sie nach ihrer Höhe mit der Geldbuße vergleiche, die gegen AWA, die Marktführerin und Anführerin des Kartells, festgesetzt worden sei.

219    Die Kommission trägt vor, die drei genannten Gründe seien bereits zurückgewiesen worden, seien unerheblich bzw. seien berücksichtigt worden. Der von der Klägerin gezogene Vergleich mit AWA sei im Hinblick auf die Kriterien, die die Kommission angewandt habe, „vereinfachend und irreführend“.

220    Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission nach ständiger Rechtsprechung bei der Festlegung der Höhe der einzelnen Geldbußen über ein Ermessen verfügt (Urteile des Gerichts vom 6. April 1995, Martinelli/Kommission, T‑150/89, Slg. 1995, II‑1165, Randnr. 59, und vom 14. Mai 1998, Mo och Domsjö/Kommission, T‑352/94, Slg. 1998, II‑1989, Randnr. 268). Sie muss jedoch bei ihrer Beurteilung das Unionsrecht beachten, zu dem nicht nur die Bestimmungen des Vertrags, sondern auch die allgemeinen Rechtsgrundsätze gehören (Urteil des Gerichtshofs vom 9. Juli 2009, Peugeot und Peugeot Nederland/Kommission, T‑450/05, Slg. 2009, II‑2533, Randnr. 273). Diese Beurteilung ist der Kontrolle durch den Unionsrichter unterworfen, dessen Sache es ist, die ihm obliegende Rechtmäßigkeitskontrolle und die ihm durch Art. 31 der Verordnung Nr. 1/2003 eingeräumte Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung auf der Grundlage – neben etwaigen Gesichtspunkten zwingenden Rechts – der von der Klägerin geltend gemachten Gründe und zu deren Stützung vorgelegten Beweise auszuüben (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofs vom 8. Dezember 2011, Chalkor/Kommission, C‑386/10 P, Slg. 2011, I‑13089, Randnrn. 62 bis 64, und KME Germany u. a./Kommission, C‑389/10 P, Slg. 2011, I‑12789, Randnrn. 129 bis 131).

221    Nach ständiger Rechtsprechung ist die Schwere einer Zuwiderhandlung unter Berücksichtigung einer Vielzahl von Faktoren zu ermitteln, zu denen die besonderen Umstände der Sache, ihr Kontext und die Abschreckungswirkung der Geldbußen gehören (Urteile des Gerichtshofs Dansk Rørindustri u. a./Kommission, oben in Randnr. 33 angeführt, Randnr. 241, und vom 10. Mai 2007, SGL Carbon/Kommission, C‑328/05 P, Slg. 2007, I‑3921, Randnr. 43).

222    Im vorliegenden Fall ergibt sich aus der angefochtenen Entscheidung, dass die Kommission die Höhe der gegen die Klägerin verhängten Geldbuße nach der allgemeinen Methode festsetzte, die sie sich in den Leitlinien auferlegt hatte, nach deren Nr. 1 Abs. 1 „[d]er Grundbetrag [der Geldbuße] nach Maßgabe der Schwere und Dauer des Verstoßes als den einzigen Kriterien von Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 errechnet [wird]“.

223    Das Vorbringen, die Geldbuße müsse herabgesetzt werden, da sich die Klägerin aufgrund der langen Zeitspanne zwischen dem Ende der Zuwiderhandlung und der zweiten Mitteilung der Beschwerdepunkte nicht habe verteidigen können, ist angesichts der Feststellungen im Rahmen der Prüfung des vierten Nichtigkeitsgrundes als unbegründet zurückzuweisen.

224    Das Vorbringen, die Geldbuße müsse herabgesetzt werden, weil Copigraph der Klägerin, die sich aus dem Markt zurückgezogen habe, nur kurze Zeit gehört habe, ist ebenfalls zurückzuweisen, da unbestritten ist, dass die Klägerin während der gesamten Zuwiderhandlungsdauer die Muttergesellschaft von Copigraph war. Der Umstand, dass die Klägerin nach dem Ende der Zuwiderhandlung Copigraph veräußerte und sich aus dem Markt zurückzog, kann keine Herabsetzung der Geldbuße rechtfertigen.

225    Zu dem Vorbringen, Copigraph sei ein „kleiner Anbieter“ gewesen, ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission dies bei der Bemessung der Geldbuße berücksichtigte. Ein solcher Umstand kommt nämlich im Umsatz von Copigraph zum Ausdruck, der bei der Festsetzung des Grundbetrags der Geldbuße nach der Schwere berücksichtigt wurde (vgl. die Erwägungsgründe 434 bis 437 der angefochtenen Entscheidung).

226    Zu der Behauptung, die Kommission habe Copigraph nur eine passive und aufgenötigte Kartellbeteiligung vorgeworfen, ist festzustellen, dass die Kommission im Gegenteil in Copigraph und der Klägerin wie allen anderen Mitgliedern des Kartells aktive Mitglieder sah (455. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung) und dass, was eine aufgenötigte Beteiligung angeht, es Sache der betroffenen Unternehmen war, die Kommission über das rechtswidrige Verhalten und die Drohungen ihrer Wettbewerber zu informieren, um dies abzustellen (456. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).

227    Zu der Behauptung schließlich, die gegen die Klägerin festgesetzte Geldbuße sei ihrer Höhe nach prozentual bezogen auf den Marktumsatz mit der der Kartellanführerin AWA vergleichbar, genügt der Hinweis, dass es sich dabei um einen rein zufälligen Umstand handelt.

228    Sowohl die gegen die Klägerin festgesetzte Geldbuße (21,26 Mio. Euro, d. h., 35,43 % des Umsatzes der Klägerin auf dem relevanten Markt) als auch die gegen AWA verhängte Geldbuße (141,75 Mio. Euro, d. h., 37,26 % des Umsatzes von AWA auf dem relevanten Markt) sind lediglich das Ergebnis der von der Kommission jeweils im Fall der beiden Unternehmen angewandten Methode der Leitlinien nach dem Grundsatz der individuellen Zumessung von Strafen (vgl. zur Klägerin die Erwägungsgründe 414 bis 479 der angefochtenen Entscheidung, insbesondere die Erwägungsgründe 436, 442, 443, 450 bis 453, 461, 468, 473 und 479; vgl. zu AWA die Erwägungsgründe 369 bis 461 der Entscheidung 2004/337, insbesondere die Erwägungsgründe 409, 412, 415 bis 417, 424, 432, 433, 448, 452 und 461).

229    Aufgrund der vorstehenden Erwägungen ist der vorliegende erste Teil des fünften Klagegrundes zurückzuweisen.

 Zum zweiten Teil des fünften Klagegrundes: Weigerung, die Geldbuße wegen der Krise der Selbstdurchschreibepapierbranche herabzusetzen

230    Die Klägerin macht geltend, ein Kartell, mit dem dem unaufhaltsamen Rückgang einer Branche begegnet werden solle, dürfe nicht mit der gleichen Strenge behandelt werden wie ein auf Maximierung des Gewinns in einer florierenden Branche angelegtes Kartell. In der Praxis der Kommission gebe es dafür Beispiele, und auf diese Notwendigkeit sei auf nationaler und auf internationaler Ebene hingewiesen worden.

231    Im vorliegenden Fall habe die Kommission den Rückgang des Marktes erwähnt und auch unterstrichen, seine Berücksichtigung jedoch habe sie ohne Begründung abgelehnt, obwohl sich der Abwärtstrend der Branche fortgesetzt habe.

232    Die Kommission trägt vor, sie habe die wirtschaftliche Situation der Branche berücksichtigt. Der Vergleich mit früheren Entscheidungen sei unerheblich. Zudem habe die Krise die Branche erst am Ende der Zuwiderhandlung betroffen, was keinen mildernden Umstand darstelle, sondern die Schlussfolgerung stütze, dass das Kartell eine aussichtslose Situation künstlich verlängert habe. Im Übrigen sei die Kommission nicht verpflichtet, die schlechte Finanzlage einer Branche als mildernden Umstand zu berücksichtigen. Dass sich der Abwärtstrend der Branche nach der Entscheidung 2004/337 fortgesetzt habe, sei unerheblich.

233    Zum vorliegenden zweiten Teil des fünften Klagegrundes ist festzustellen, dass die Klägerin der Kommission nicht vorwerfen kann, die behauptete Krise der Selbstdurchschreibepapierbranche nicht als mildernden Umstand bei der Berechnung der Geldbuße anerkannt zu haben.

234    Die Kommission ist nämlich, wie sie im 460. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung ausdrücklich hervorgehoben hat und aus einer ständigen Rechtsprechung hervorgeht, nicht verpflichtet, die schlechte Finanzlage einer Branche als mildernden Umstand zu berücksichtigen, und muss nicht deshalb, weil sie in früheren Fällen die wirtschaftliche Situation der Branche als mildernden Umstand berücksichtigt hat, diese Praxis unbedingt fortsetzen (Urteile des Gerichts vom 14. Dezember 2006, Raiffeisen Zentralbank Österreich u. a./Kommission, T‑259/02 bis T‑264/02 und T‑271/02, Slg. 2006, II‑5169, Randnr. 510, Prym und Prym Consumer/Kommission, oben in Randnr. 45 angeführt, Randnr. 208, und vom 19. Mai 2010, Wieland-Werke u. a./Kommission, T‑11/05, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 227).

235    Wie die Kommission zutreffend ausgeführt hat (460. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung), entstehen Kartelle im Allgemeinen dann, wenn eine Branche in Schwierigkeiten ist. Folgte man der Argumentation der Klägerin, so müsste die Geldbuße regelmäßig in fast allen Fällen herabgesetzt werden (vgl. wegen ähnlicher Erwägungen Urteile Raiffeisen Zentralbank Österreich u. a./Kommission, oben in Randnr. 234 angeführt, Randnr. 510, Prym und Prym Consumer/Kommission, oben in Randnr. 45 angeführt, Randnr. 207, und Wieland-Werke u. a./Kommission, oben in Randnr. 234 angeführt, Randnr. 227).

236    Folglich ist der vorliegende zweite Teil des fünften Klagegrundes zurückzuweisen.

 Zum dritten Teil des fünften Klagegrundes: Verletzung der Begründungspflicht in Bezug auf die Parameter für die Berechnung der Höhe der Geldbuße

237    Die Klägerin trägt vor, für sie sei aus keinem der 65 Erwägungsgründe der angefochtenen Entscheidung, in denen die Abhilfen behandelt würden, ersichtlich, mit welchem Anteil ihre eigene Beteiligung an der Zuwiderhandlung bei der Berechnung der Höhe der Geldbuße berücksichtigt worden sei.

238    Die Kommission hält diese Kritik für unerheblich, da die Zuwiderhandlung, die der Klägerin aufgrund ihrer eigenen Beteiligung vorgeworfen worden sei, dieselbe sei wie die ihr aufgrund des Verhaltens ihrer Tochtergesellschaft zur Last gelegte. Da ein und dieselbe Zuwiderhandlung ein und demselben Unternehmen vorgeworfen werde, müsse bei der Berechnung der Höhe der Geldbuße nicht nach den beiden Eigenschaften unterschieden werden, in denen die Klägerin bestraft werde.

239    Dem vorliegenden dritten Teil des fünften Klagegrundes liegt die bereits zurückgewiesene These (siehe oben, Randnrn. 173 bis 176) zugrunde, dass die der Klägerin als unmittelbare Urheberin vorgeworfene Zuwiderhandlung eine andere sei als die, die ihr als Muttergesellschaft von Copigraph vorgeworfen werde.

240    Wie jedoch bereits festgestellt, war die Klägerin als unmittelbare Urheberin und als Muttergesellschaft von Copigraph an ein und derselben Zuwiderhandlung beteiligt. Diese Zuwiderhandlung wurde der Klägerin allenfalls in diesen beiden Eigenschaften zugerechnet.

241    Da es sich somit um den Vorwurf ein und derselben Zuwiderhandlung an ein und dasselbe Unternehmen handelt, brauchte die Kommission bei der Berechnung der Höhe der Geldbuße nicht nach den beiden Eigenschaften zu unterscheiden, in denen die Klägerin zur Verantwortung gezogen wurde.

242    Zudem wirkte sich, wie Generalanwalt Bot in seinen Schlussanträgen vom 2. April 2009 in der Rechtssache PAK (Urteil oben in Randnr. 13 angeführt, Nr. 103) hervorhob, der Umstand, dass die Klägerin in der Entscheidung 2004/337 auch als unmittelbare Urheberin für die Zuwiderhandlung zur Verantwortung gezogen worden war, nicht auf die Höhe der Geldbuße aus, da diese auf der Grundlage des Umsatzes auf dem Markt für Selbstdurchschreibepapier berechnet worden war, der vollständig von ihrer Tochtergesellschaft Copigraph erzielt worden war. Gleiches ist in der angefochtenen Entscheidung der Fall.

243    Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass für die Berechnung der Höhe der Geldbuße nicht zwischen den beiden Eigenschaften zu unterscheiden war, in denen die Klägerin für die Zuwiderhandlung für verantwortlich erklärt worden war.

244    Der vorliegende dritte Teil des fünften Klagegrundes, mit dem eine Verletzung der Begründungspflicht gerügt wird, ist daher zurückzuweisen.

245    Da der fünfte Klagegrund in keinem seiner Teile begründet ist, ist er zurückzuweisen.

 Zum sechsten Klagegrund: Verletzung der Mitteilung über Zusammenarbeit und Verstoß gegen die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Gleichbehandlung

246    Nach Auffassung der Klägerin ist die in der angefochtenen Entscheidung gewährte weitere Ermäßigung der Geldbuße um 5 % – über die bereits in der Entscheidung 2004/337 gewährte Ermäßigung der Geldbuße um 20 % hinaus – völlig unzureichend.

247    Die Klägerin habe in ihrer Stellungnahme zu der zweiten Mitteilung der Beschwerdepunkte eine weitere Ermäßigung der Geldbuße gemäß Abschnitt D Nr. 2 der Mitteilung über Zusammenarbeit beantragt. Sie habe nämlich, da sie sich zu diesem Punkt nicht habe verteidigen können, für den gesamten von der Kommission zugrunde gelegten Zuwiderhandlungszeitraum, d. h. von Januar 1992 bis September 1995, darauf verzichtet, zu bestreiten, dass Copigraph an dem Kartell beteiligt gewesen sei. Sie habe damit die Beteiligung von Copigraph an der Zuwiderhandlung für einen zusätzlichen Zeitraum von 25 Monaten eingeräumt, während Copigraph ihre Beteiligung nur für einen Zeitraum von 21 Monaten eingeräumt habe. Die Kommission habe ihr jedoch für ein Nichtbestreiten des Sachverhalts betreffend einen noch längeren Zeitraum eine Ermäßigung der Geldbuße gewährt, die 75 % niedriger als die bereits gewährte Ermäßigung der Geldbuße sei.

248    Ferner beanstandet die Klägerin die von der Kommission für die Beschränkung der weiteren Ermäßigung auf 5 % angeführten Gründe, wonach sie trotz des Nichtbestreitens allerlei Einwände gegen die Zuständigkeit der Kommission erhoben haben solle, wodurch deren Aufgabe nicht erleichtert worden sei. Die Klägerin trägt vor, sie habe lediglich in legitimer Weise ihre Verteidigungsrechte sowie die Verjährung geltend gemacht. Aufgrund der Fehler, die der Kommission ihr gegenüber unterlaufen seien, habe sie sich nicht mehr verteidigen und nicht über das Nichtbestreiten des Sachverhalts hinaus kooperieren können, weil sie danach nicht mehr die Zeugen habe kontaktieren und auf die Archive habe zugreifen können. Diese Situation habe eine Ungleichbehandlung der Klägerin gegenüber den anderen Unternehmen zur Folge.

249    Die Kommission erwidert, das Vorbringen der Klägerin ergebe keinen Sinn. Die Ermäßigung sei hauptsächlich aufgrund der Kooperation gewährt worden, die der Mitteilung der Beschwerdepunkte vorausgegangen sei. Die Ermäßigung aufgrund der Kooperation sei nicht proportional zur Dauer der eingeräumten oder nicht bestrittenen Zuwiderhandlung. Durch eine Ermäßigung der Geldbuße werde die Erleichterung der Arbeit der Kommission belohnt.

250    Das Nichtbestreiten des Sachverhalts durch die Klägerin liege nach der zweiten Mitteilung der Beschwerdepunkte, während mit der Zurückweisung der die Zuwiderhandlungsdauer betreffenden Klagegründe der Parteien im Urteil Bolloré (oben in Randnr. 10 angeführt) durch das Gericht praktisch der diesbezügliche Standpunkt der Kommission bestätigt werde. Die Klägerin habe somit in Wirklichkeit keine andere Wahl gehabt, als die Zuwiderhandlungsdauer nicht zu bestreiten. Zudem sei die Angabe der Klägerin, sie habe darauf verzichtet, zu bestreiten, dass Copigraph an dem Kartell beteiligt gewesen sei, weil sie sich zu diesem Punkt nicht habe verteidigen können, ein Beleg dafür, dass sie diese Haltung nach der zweiten Mitteilung der Beschwerdepunkte nicht eingenommen habe, um mit der Kommission zu kooperieren.

251    Es könne nicht überraschen, dass die Kommission den Umstand berücksichtige, dass die Klägerin zahlreiche Argumente vorgetragen habe, die ihr ihre Aufgabe nicht erleichtert hätten.

252    Schließlich sei der Klägerin die vor der Mitteilung der Beschwerdepunkte liegende Kooperation ihrer ehemaligen Tochtergesellschaft zugutegekommen, was für sie günstig sei angesichts der Kommissionspraxis, einer früheren Muttergesellschaft nicht die Kooperation ihrer ehemaligen Tochtergesellschaft zugute zu halten. Sollte das Gericht befinden, dass der Klägerin die weitere Ermäßigung um 5 % nicht hätte gewährt werden sollen, hätte die Kommission nichts gegen eine Erhöhung der Geldbuße.

253    Nach der Rechtsprechung findet die Ermäßigung von Geldbußen im Fall einer Zusammenarbeit von Unternehmen, die an Zuwiderhandlungen gegen das Wettbewerbsrecht der Union beteiligt sind, ihre Begründung in der Erwägung, dass eine solche Zusammenarbeit die Aufgabe der Kommission erleichtert (Urteile des Gerichts BPB de Eendracht/Kommission, oben in Randnr. 85 angeführt, Randnr. 325, vom 14. Mai 1998, Finnboard/Kommission, T‑338/94, Slg. 1998, II‑1617, Randnr. 363, und Mayr-Melnhof/Kommission, T‑347/94, Slg. 1998, II‑1751, Randnr. 330).

254    Eine niedrigere Festsetzung der Geldbuße auf der Grundlage der Mitteilung über Zusammenarbeit kann nur dann gerechtfertigt sein, wenn die gelieferten Informationen und allgemeiner das Verhalten des betreffenden Unternehmens insoweit als Zeichen einer echten Zusammenarbeit des Unternehmens angesehen werden können. Wie sich bereits aus dem Begriff „Zusammenarbeit“, wie er in der Mitteilung über Zusammenarbeit sowie insbesondere in der Einführung und in Abschnitt D Nr. 1 verwendet wird, ergibt, kann eine niedrigere Festsetzung auf der Grundlage der Mitteilung nur gewährt werden, wenn das Verhalten des betreffenden Unternehmens von einem solchen Geist der Zusammenarbeit zeugt (Urteile Dansk Rørindustri u. a./Kommission, oben in Randnr. 33 angeführt, Randnrn. 395 und 396, und Degussa/Kommission, oben in Randnr. 78 angeführt, Randnr. 383).

255    Im vorliegenden Fall beruht die gemäß Abschnitt D Nr. 2 erster Gedankenstrich der Mitteilung über Zusammenarbeit gewährte Ermäßigung der Geldbuße um 20 % darauf, dass Copigraph der Kommission vor der ersten Mitteilung der Beschwerdepunkte Unterlagen und Informationen zu dem Zeitraum September 1993 bis Mai 1995 übermittelt hatte, die zur Feststellung des Vorliegens eines Verstoßes für diesen Zeitraum beitrugen (vgl. die Erwägungsgründe 70, 446, 449 und 452 der Entscheidung 2004/337 sowie die Erwägungsgründe 463 bis 466 der angefochtenen Entscheidung).

256    Die zusätzliche Ermäßigung der Geldbuße um 5 % in der angefochtenen Entscheidung beruht auf dem Umstand, dass die Klägerin in ihrer Stellungnahme zu der zweiten Mitteilung der Beschwerdepunkte erklärt hatte, den Sachverhalt für den Zeitraum Januar 1992 (einschließlich) bis September 1993 (ausschließlich) nicht mehr zu bestreiten (471. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).

257    Das Vorbringen, die Kommission habe der Klägerin für ein Nichtbestreiten des Sachverhalts betreffend einen längeren Zeitraum (nach Angabe der Klägerin 25 Monate) als den von Copigraph nicht bestrittenen Zuwiderhandlungszeitraum (nach Angabe der Klägerin 21 Monate) eine zusätzliche Ermäßigung der Geldbuße (5 %) gewährt, die 75 % niedriger als die bereits in der Entscheidung 2004/337 gewährte Ermäßigung der Geldbuße um 20 % sei, ist – unabhängig davon, dass das Nichtbestreiten seitens der Klägerin nur einen Zeitraum von 20 Monaten und nicht von 25 Monaten betraf – zurückzuweisen.

258    Die Ermäßigung der Geldbuße nach der Mitteilung über Zusammenarbeit wird nämlich nicht proportional zu der Dauer der eingeräumten oder nicht bestrittenen Zuwiderhandlung bestimmt, sondern danach, ob die Kooperation die Arbeit der Kommission konkret erleichtert hat. Ein Nichtbestreiten zu einem Zeitpunkt, zu dem die Kommission bereits über hinreichende Beweise für die Feststellung des fraglichen Sachverhalts verfügt, stellt aber keine Erleichterung der Aufgabe der Kommission dar (vgl. in diesem Sinne Urteil Erste Group Bank u. a./Kommission, oben in Randnr. 148 angeführt, Randnrn. 288 bis 290).

259    Insoweit ist festzustellen, dass die ursprüngliche Ermäßigung der Geldbuße um 20 % für eine vor der ersten Mitteilung der Beschwerdepunkte liegende Kooperation von Copigraph mit der Kommission gewährt worden war. Wie von der Kommission vorgetragen, wird deren Arbeit durch eine aktive Kooperation, die wie im Fall von Copigraph in der Lieferung von Informationen besteht, die über eine bloße Antwort auf Auskunftsersuchen hinausgeht, mehr erleichtert als durch ein bloßes Nichtbestreiten des Sachverhalts nach Zugang der Mitteilung der Beschwerdepunkte.

260    Zudem liegt im vorliegenden Fall das Nichtbestreiten des Sachverhalts durch die Klägerin betreffend den Zeitraum Januar 1992 bis September 1993 nicht nur nach der ersten Mitteilung der Beschwerdepunkte, sondern noch nach dem Urteil Bolloré (oben in Randnr. 10 angeführt), in dem das Gericht sämtliche die Zuwiderhandlungsdauer betreffenden Klagegründe der verschiedenen Kläger geprüft und zurückgewiesen hat (vgl. Randnrn. 244 bis 371 dieses Urteils). In diesem Urteil hat das Gericht den Standpunkt der Kommission betreffend den wettbewerbswidrigen Zweck der Treffen, an denen die verschiedenen in der Entscheidung 2004/337 belangten Unternehmen – darunter Copigraph – teilgenommen hatten, bestätigt. Damit hat das Urteil Bolloré (oben in Randnr. 10 angeführt), auch wenn es gegenüber der Klägerin wegen Verletzung der Verteidigungsrechte für nichtig erklärt wurde, praktisch die Beurteilung der Kommission hinsichtlich der Zuwiderhandlungsdauer bestätigt. Im Urteil PAK (oben in Randnr. 13 angeführt, vgl. insbesondere Randnrn. 77 bis 81 und 97 bis 99) hat der Gerichtshof die die Zuwiderhandlungsdauer betreffenden Rügen zurückgewiesen.

261    Unter diesen Umständen war die Kommission zu der Annahme berechtigt, dass ihre Aufgabe dadurch, dass die Klägerin in ihrer Stellungnahme zu der zweiten Mitteilung der Beschwerdepunkte die Beteiligung von Copigraph an der Zuwiderhandlung für den Zeitraum Januar 1992 bis September 1993 nicht bestritt, nicht wirklich erleichtert worden war (472. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).

262    Da diese Feststellung es bereits für sich allein rechtfertigen kann, der Klägerin keine weitere Ermäßigung der Geldbuße zu gewähren, kann nicht behauptet werden, die von der Kommission dennoch aus den im 473. Erwägungsgrund angeführten Gründen gewährte weitere Ermäßigung der Geldbuße um 5 % habe offensichtlich nicht ausgereicht.

263    Aufgrund der vorstehenden Erwägungen ist der vorliegende sechste Klagegrund unabhängig davon zurückzuweisen, welche Einwände die Klägerin gegen die Gründe vortragen mag, die die Kommission im 473. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung dafür anführt, dennoch eine weitere Ermäßigung der Geldbuße um 5 % zu gewähren (siehe oben, Randnr. 248).

264    Zu diesen Einwänden ist jedoch festzustellen, dass es, anders als die Klägerin meint, keineswegs überrascht, wenn die Kommission im 473. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung ausführt, dass der Umstand, dass die Klägerin „den Sachverhalt nicht mehr bestreitet, sie nicht daran hinderte, allerlei Einwände gegen die Zuständigkeit der Kommission zu erheben, was deren Aufgabe nicht erleichterte“.

265    Die Kommission stellte im Wesentlichen lediglich fest, dass das Nichtbestreiten des Sachverhalts durch die Klägerin nicht auf einem wirklichen Willen beruhte, mit der Kommission zu kooperieren und damit ihre Aufgabe zu erleichtern, sondern untrennbar mit dem Vorbringen der Klägerin zusammenhing, sie habe sich aufgrund des Verschuldens der Kommission nicht verteidigen können. Damit beruhte das Nichtbestreiten des Sachverhalts seitens der Klägerin in Wirklichkeit nicht auf dem echten Kooperationswillen, der für eine Geldbußenermäßigung erforderlich ist (vgl. die oben in Randnr. 254 angeführte Rechtsprechung).

266    Die Kommission hat somit der Klägerin keinen Vorwurf in Bezug auf ihre Verteidigungsmittel gemacht, noch hat sie ihr das Recht abgesprochen, nach ihrem Gutdünken Argumente vorzutragen. Sie hat lediglich festgestellt, dass die Klägerin die Folgen der Wahl ihrer Verteidigungsmittel zu tragen habe.

267    Das Vorbringen der Klägerin, sie habe sich aufgrund des Verschuldens der Kommission nicht nur nicht verteidigen können, sondern habe auch nicht über das Nichtbestreiten des Sachverhalts hinaus kooperieren können, was eine Ungleichbehandlung der Klägerin gegenüber den anderen beschuldigten Unternehmen zur Folge habe, ist zurückzuweisen. Wie bereits im Rahmen der Prüfung des vierten Klagegrundes festgestellt, war nämlich die Kommission keineswegs dafür verantwortlich, dass die Klägerin im zweiten Verwaltungsverfahren behauptetermaßen daran gehindert gewesen sein soll, sich zu verteidigen. Überdies steht, wie in Randnr. 154 des vorliegenden Urteils festgestellt, dieser behaupteten Hinderung der Umstand entgegen, dass die Klägerin die Zuwiderhandlungsdauer in der Rechtssache T‑109/02 bestritten hat.

268    Aufgrund dieser Erwägungen ist der fünfte Klagegrund zurückzuweisen.

269    Da keiner der von der Klägerin zur Stützung ihrer Anträge auf Nichtigerklärung bzw. Abänderung vorgebrachten Klagegründe begründet ist, ist die Klage insgesamt abzuweisen.

 Kosten

270    Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Zweite Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Bolloré trägt ihre eigenen Kosten und die Kosten der Europäischen Kommission.

Forwood

Dehousse

Schwarcz

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 27. Juni 2012.

Unterschriften

Inhaltsverzeichnis


Sachverhalt

Verfahren und Anträge der Parteien

Entscheidungsgründe

Zum ersten Klagegrund: Verletzung der Art. 6 und 7 EMRK und der Art. 41, 47 und 49 der Charta

Zum ersten Teil des Klagegrundes: Verstoß gegen die Grundsätze der Gesetzmäßigkeit im Zusammenhang mit Straftaten und Strafen und der Rechtssicherheit, wie sie in den Art. 6 und 7 EMRK und den Art. 41 und 49 der Charta vorgesehen sind, und gegen den von den Mitgliedstaaten der Europäischen Union anerkannten Grundsatz der individuellen Bestrafung

Zum zweiten Teil des ersten Klagegrundes: die Umstände der Anhörung der Klägerin verletzen das Recht auf ein faires Verfahren im Sinne von Art. 6 EMRK und der Art. 41 und 47 der Charta und verstoßen gegen das Gebot der Unparteilichkeit

Zum dritten Klagegrund: Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung

Zum vierten Klagegrund: Überschreitung der angemessenen Verfahrensdauer und Fehlen einer Verteidigungsmöglichkeit aufgrund der langen Zeitspanne zwischen dem Ende der Zuwiderhandlung und der zweiten Mitteilung der Beschwerdepunkte

Zum zweiten Klagegrund: Verletzung der Verjährungsvorschriften

Zum fünften Klagegrund: Verstoß gegen die Leitlinien, gegen die Grundsätze der individuellen Zumessung von Strafen und der Verhältnismäßigkeit sowie gegen die Begründungspflicht

Zum ersten Teil des Klagegrundes: Weigerung, die Geldbuße aufgrund des tatsächlichen und rechtlichen Kontextes des vorliegenden Verfahrens herabzusetzen

Zum zweiten Teil des fünften Klagegrundes: Weigerung, die Geldbuße wegen der Krise der Selbstdurchschreibepapierbranche herabzusetzen

Zum dritten Teil des fünften Klagegrundes: Verletzung der Begründungspflicht in Bezug auf die Parameter für die Berechnung der Höhe der Geldbuße

Zum sechsten Klagegrund: Verletzung der Mitteilung über Zusammenarbeit und Verstoß gegen die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Gleichbehandlung

Kosten


* Verfahrenssprache: Französisch.