Language of document : ECLI:EU:T:2012:488

URTEIL DES GERICHTS (Sechste Kammer)

27. September 2012(*)

„Wettbewerb – Kartelle – Niederländischer Straßenbaubitumenmarkt – Entscheidung, mit der eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG festgestellt wird – Vorliegen und Qualifizierung einer Vereinbarung – Wettbewerbsbeschränkung – Leitlinien zur Anwendbarkeit von Art. 81 EG auf Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit – Verteidigungsrechte – Geldbuße – Erschwerende Umstände – Rolle als Anstifter und Anführer – Mangelnde Zusammenarbeit – Nachprüfungsbefugnisse der Kommission – Recht auf anwaltlichen Beistand – Ermessensmissbrauch – Berechnung der Geldbußen – Dauer der Zuwiderhandlung – Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung“

In der Rechtssache T‑357/06

Koninklijke Wegenbouw Stevin BV mit Sitz in Utrecht (Niederlande), Prozessbevollmächtigte: zunächst Rechtsanwälte E. Pijnacker Hordijk und Y. de Vries, dann Rechtsanwälte E. Pijnacker Hordijk und X. Reintjes,

Klägerin,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch A. Bouquet, A. Nijenhuis und F. Ronkes Agerbeek als Bevollmächtigte, zunächst im Beistand der Rechtsanwälte L. Gyselen, F. Tuytschaever und F. Wijckmans, dann des Rechtsanwalts L. Gyselen,

Beklagte,

wegen Nichtigerklärung der Entscheidung K(2006) 4090 endg. der Kommission vom 13. September 2006 in einem Verfahren gemäß Artikel 81 [EG] (Sache COMP/F/38.456 – Bitumen [Niederlande]), soweit sie die Klägerin betrifft, hilfsweise Ermäßigung der mit dieser Entscheidung gegen sie festgesetzten Geldbuße,

erlässt

DAS GERICHT (Sechste Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten M. Jaeger sowie der Richter N. Wahl und S. Soldevila Fragoso (Berichterstatter),

Kanzler: J. Plingers, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 26. Mai 2011

folgendes

Urteil

 Sachverhalt

I –  Die Klägerin

1        Koninklijke Volker Wessels Stevin ist ein niederländischer Konzern im Baubereich mit mehr als 100 aktiv tätigen Unternehmen. Die Muttergesellschaft, die Koninklijke Volker Wessels Stevin NV (im Folgenden: KVWS) ist im Straßenbau tätig, und zwar mittels der Volker Wessels Stevin Verkeersinfra BV und ihrer Tochtergesellschaft, der klagenden Koninklijke Wegenbouw Stevin BV, die für den ganzen Konzern Bitumen für die Asphalterzeugung in den Niederlanden einkauft und vertreibt. Während der Dauer der Zuwiderhandlung hielt KVWS über die Holdings Volker Wessels Stevin Infra BV und Volker Wessels Stevin Verkeersinfra das gesamte Kapital der Klägerin.

II –  Das Verwaltungsverfahren

2        Mit Schreiben vom 20. Juni 2002 zeigte British Petroleum (im Folgenden: BP) der Kommission der Europäischen Gemeinschaften an, dass auf dem niederländischen Straßenbaubitumenmarkt ein Kartell bestehe, und beantragte gemäß der Mitteilung der Kommission vom 19. Februar 2002 über den Erlass und die Ermäßigung von Geldbußen in Kartellsachen (ABl. C 45, S. 3, im Folgenden: Mitteilung über Zusammenarbeit) den Erlass von Geldbußen.

3        Am 1. Oktober 2002 nahm die Kommission u. a. in den Räumlichkeiten der Klägerin unangekündigte Nachprüfungen vor. Dabei verweigerte die Klägerin den Beamten der Kommission zunächst bis zur Ankunft ihrer auswärtigen Rechtsanwälte den Zutritt zu dem Gebäude und hinderte sie sodann am Betreten des Büros eines ihrer Direktoren. Deshalb ersuchte die Kommission die nationalen Behörden um Unterstützung, um ihre Nachprüfungen durchführen zu können. Die Beamten der Kommission errichteten am 3. Oktober 2002 zwei Protokolle über diese Vorfälle und übersandten sie der Klägerin im Rahmen der ihr von der Kommission am 19. Oktober 2004 gewährten Akteneinsicht.

4        Die Kommission richtete am 30. Juni 2003 Auskunftsverlangen an mehrere Gesellschaften, u. a. an die Klägerin, die am 12. September 2003 darauf antwortete. Am 10. Februar 2004 übersandte die Kommission ein neues Auskunftsverlangen, auf das KVWS am 2. März 2004 antwortete.

5        Am 12. September 2003 beantragte Kuwait Petroleum die Anwendung der Mitteilung über Zusammenarbeit und fügte eine Unternehmenserklärung bei. Auch die Shell Nederland Verkoopmaatschappij BV (im Folgenden: SNV) stellte am 10. Oktober 2003 einen derartigen Antrag, dem sie eine Unternehmenserklärung sowie die Erklärung eines früheren, im Ruhestand befindlichen Mitarbeiters beifügte. Ferner beantragten die Unternehmen Total und Nynäs in ihrer Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte, ihre Antwort auf das Auskunftsverlangen der Kommission nach der Mitteilung über Zusammenarbeit zu berücksichtigen.

6        Am 18. Oktober 2004 leitete die Kommission ein Verfahren ein und nahm eine Mitteilung der Beschwerdepunkte an, die sie am 19. Oktober 2004 an mehrere Gesellschaften, darunter KVWS, die Klägerin und Volker Wessels Stevin Infra übersandte.

7        Nach der Anhörung der betroffenen Gesellschaften am 15. und 16. Juni 2005 gaben Nynäs und Kuwait Petroleum am 28. und 30. Juni 2005 Erläuterungen zu bestimmten Erklärungen ab, auf die sich die Kommission in ihrer Mitteilung der Beschwerdepunkte gestützt hatte und die andere Gesellschaften bei der Anhörung bestritten hatten. Diese Erläuterungen wurden allen Beteiligten übersandt. Die Klägerin äußerte sich am 26. August 2005 zu diesen Dokumenten. Desgleichen antwortete sie am 28. Juni 2005 auf ein im Anschluss an eine mündliche Frage der Kommission in der Anhörung an sie gerichtetes Auskunftsverlangen; diese Antwort wurde am 24. Mai 2006 allen Beteiligten übersandt. Mit Schreiben vom 25. Januar 2006 an alle Beteiligten erläuterte die Kommission eine die Festsetzung der Preise betreffende Stelle in der Mitteilung der Beschwerdepunkte, auf das die Klägerin mit Schreiben vom 16. Februar 2006 antwortete. Schließlich übermittelte die Kommission der Klägerin am 24. Mai 2006 alle Stellen in den Erwiderungen der übrigen Unternehmen auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte, die sie als Beweise gegen die Klägerin zu verwenden beabsichtigte. Die Klägerin nahm am 12. Juni 2006 zu diesen Dokumenten Stellung.

III –  Die angefochtene Entscheidung

8        Am 13. September 2006 erließ die Kommission die Entscheidung K(2006) 4090 endg. in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] (Sache COMP/F/38.456 – Bitumen [Niederlande]) (im Folgenden: angefochtene Entscheidung), von der eine Zusammenfassung im Amtsblatt der Europäischen Union vom 28. Juli 2007 veröffentlicht ist (ABl. C 196, S. 40) und die der Klägerin am 25. September 2006 zugestellt wurde.

9        Die Kommission führte aus, dass die Unternehmen, an die die Entscheidung gerichtet war, an einer einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG beteiligt gewesen seien, die darin bestanden habe, dass sie für die betreffenden Zeiträume regelmäßig gemeinsam für Verkäufe und Ankäufe von Straßenbaubitumen in den Niederlanden den Bruttopreis, einen einheitlichen Rabatt auf den Bruttopreis für die an dem Kartell beteiligten Straßenbauunternehmen (im Folgenden: große Straßenbauunternehmen oder W5) und einen geringeren maximalen Rabatt auf den Bruttopreis für die anderen Straßenbauunternehmen (im Folgenden: andere oder kleine Straßenbauunternehmen) festgelegt hätten.

10      Wegen Begehung dieser Zuwiderhandlung in der Zeit vom 1. April 1994 bis 15. April 2002 wurde gegen die Klägerin gesamtschuldnerisch mit KVWS eine Geldbuße von 27,36 Mio. Euro verhängt.

11      Bei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße qualifizierte die Kommission die Zuwiderhandlung, obwohl der relevante räumliche Markt begrenzt war, aufgrund ihrer Art als besonders schwerer Verstoß (Randnr. 316 der angefochtenen Entscheidung).

12      Um der besonderen Bedeutung des Verhaltens der einzelnen am Kartell beteiligten Unternehmen und dessen tatsächlichen Auswirkungen auf den Wettbewerb Rechnung zu tragen, differenzierte die Kommission bei den betroffenen Unternehmen nach der am Marktanteil gemessenen Bedeutung auf dem relevanten Markt und teilte sie in sechs Kategorien ein.

13      Bei der Klägerin ergab sich so ein Ausgangsbetrag von 9,5 Mio. Euro (Randnr. 322 der angefochtenen Entscheidung). Die Kommission hielt es aufgrund der Größe und des Umsatzes des Konzerns Koninklijke Volker Wessels Stevin nicht für erforderlich, einen Multiplikationsfaktor auf die Klägerin anzuwenden, um die Abschreckungswirkung der Geldbuße sicherzustellen (Randnr. 323 der angefochtenen Entscheidung).

14      Zur Dauer der Zuwiderhandlung stellte die Kommission fest, dass die Klägerin einen Verstoß von langer Dauer begangen habe, da sich dieser über mehr als fünf Jahre hingezogen habe, und ging von einer Gesamtdauer von acht Jahren, vom 1. April 1994 bis 15. April 2002, aus; sie erhöhte den Ausgangsbetrag daher um 80 % (Randnr. 326 der angefochtenen Entscheidung). Deshalb wurde der anhand der Schwere und der Dauer der Zuwiderhandlung festgelegte Grundbetrag der Geldbuße für die Klägerin auf 17,1 Mio. Euro festgesetzt (Randnr. 335 der angefochtenen Entscheidung).

15      Die Kommission nahm zu Ungunsten der Klägerin mehrere erschwerende Umstände an: Erstens stellte sie fest, diese habe bei den Nachprüfungen in ihren Geschäftsräumen am 1. Oktober 2002 die Zusammenarbeit verweigert und versucht, die Untersuchungen zu behindern, und erhöhte daher den Grundbetrag der Geldbuße der Klägerin um 10 % (Randnrn. 340 und 341 der angefochtenen Entscheidung). Zweitens machte sie geltend, dass die Klägerin die Rolle des Anstifters und Anführers des Kartells gespielt habe, was eine weitere Erhöhung des Grundbetrags um 50 % rechtfertige (Randnrn. 342 bis 349 der angefochtenen Entscheidung).

16      Die Kommission erkannte der Klägerin im Übrigen keine mildernden Umstände zu (Randnrn. 350 bis 360 der angefochtenen Entscheidung).

 Verfahren und Anträge der Parteien

17      Die Klägerin hat mit Klageschrift, die am 5. Dezember 2006 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, die vorliegende Klage erhoben.

18      Das Gericht (Sechste Kammer) hat auf Bericht des Berichterstatters die mündliche Verhandlung eröffnet und im Rahmen prozessleitender Maßnahmen gemäß Art. 64 seiner Verfahrensordnung die Parteien aufgefordert, bestimmte Unterlagen vorzulegen und Fragen zu beantworten. Die Parteien sind dem fristgerecht nachgekommen.

19      In der Sitzung vom 26. Mai 2011 haben die Beteiligten mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet.

20      Da ein Mitglied der Sechsten Kammer an der weiteren Mitwirkung am Verfahren verhindert war, hat der Präsident des Gerichts sich gemäß Art. 32 § 3 der Verfahrensordnung selbst dazu bestimmt, die Kammer zu ergänzen.

21      Mit Beschluss vom 18. November 2011 hat das Gericht (Sechste Kammer) in seiner neuen Zusammensetzung die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung angeordnet und die Verfahrensbeteiligten darauf hingewiesen, dass sie in einer erneuten mündlichen Verhandlung gehört würden.

22      Mit Schriftsätzen vom 25. bzw. 28. November 2011 haben die Klägerin und die Kommission dem Gericht mitgeteilt, dass sie auf eine erneute Anhörung verzichteten.

23      Daraufhin hat der Präsident des Gerichts die mündliche Verhandlung geschlossen.

24      Die Klägerin beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären, soweit sie von ihr betroffen ist;

–        hilfsweise, Art. 2 der angefochtenen Entscheidung für nichtig zu erklären, soweit sie von ihm betroffen ist, und die gegen sie festgesetzte Geldbuße erheblich herabzusetzen;

–        der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

25      Die Kommission beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

26      Die Klägerin beantragt in erster Linie die Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung und hilfsweise die Aufhebung oder Herabsetzung der mit dieser Entscheidung von der Kommission gegen sie festgesetzten Geldbuße.

I –  Zu dem Antrag auf Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung

A –  Vorbemerkungen

27      Die Klägerin stützt ihren Antrag auf Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung auf drei Gründe: erstens Fehler bei der Tatsachenfeststellung oder ‑würdigung, zweitens Rechtsfehler bei der Beurteilung der Anwendungsvoraussetzungen des Art. 81 Abs. 1 EG und drittens Verstoß gegen eine wesentliche Formvorschrift und Verletzung ihrer Verteidigungsrechte.

1.     Vorbringen der Parteien

28      Die Klägerin weist darauf hin, dass die Kommission nach ständiger Rechtsprechung genaue und übereinstimmende Beweise für das Vorliegen eines Verstoßes gegen Art. 81 EG beibringen müsse und dass eventuelle Zweifel des Richters dem Unternehmen zugutekommen müssten (Urteile des Gerichts vom 8. Juli 2004, JFE Engineering u. a./Kommission, T‑67/00, T‑68/00, T‑71/00 und T‑78/00, Slg. 2004, II‑2501, Randnr. 179, und vom 27. September 2006, Dresdner Bank u. a./Kommission, T‑44/02 OP, T‑54/02 OP, T‑56/02 OP, T‑60/02 OP und T‑61/02 OP, Slg. 2006, II‑3567, Randnrn. 60 und 62). Im vorliegenden Fall habe die Kommission diese Grundsätze bei ihrer Prüfung des Vorliegens einer Zuwiderhandlung und bei der Qualifizierung der Art des Verstoßes nicht beachtet, denn sie habe zu Unrecht den in dem Preis- und Marktaufteilungskartell bestehenden besonders schweren Verstoß der Bitumenlieferanten (im Folgenden: Lieferanten) mit der einfachen von den großen Straßenbauunternehmen geschaffenen gemeinsamen Verhandlungsstruktur gleichgestellt, mit der diese nur auf das Kartell der Lieferanten hätten reagieren und günstigere Bezugsbedingungen erreichen wollen. Aufgrund dieser falschen Beurteilung des Funktionierens des Kartells habe die Kommission den Erklärungen der Lieferanten eine zu große Bedeutung beigemessen und Beweismittel unberücksichtigt gelassen, die sie selbst in der Mitteilung der Beschwerdepunkte aufgeführt habe und bei denen es sich zum Teil um zeitnahe Belege gehandelt habe.

29      Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

2.     Würdigung durch das Gericht

30      Nach Art. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 [EG] und 82 [EG] niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003, L 1, S. 1) und der früheren Rechtsprechung (Urteile des Gerichtshofs vom 17. Dezember 1998, Baustahlgewebe/Kommission, C‑185/95 P, Slg. 1998, I‑8417, Randnr. 58, und vom 8. Juli 1999, Kommission/Anic Partecipazioni, C‑49/92, Slg. 1999, I‑4125, Randnr. 86) trägt bei einem Verstoß gegen Art. 81 Abs. 1 EG die Behörde, die ihn behauptet, die Beweislast und hat die Beweismittel beizubringen, durch die das Vorliegen der eine Zuwiderhandlung darstellenden Tatsachen rechtlich hinreichend nachgewiesen wird. Der Unionsrichter hat ferner entschieden, dass dem Richter verbleibende Zweifel dem Unternehmen, an das die eine Zuwiderhandlung feststellende Entscheidung gerichtet ist, zugutekommen müssen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 14. Februar 1978, United Brands und United Brands Continental/Kommission, 27/76, Slg. 1978, 207, Randnr. 265); der Richter kann deshalb aufgrund der Unschuldsvermutung, besonders im Rahmen einer Klage auf Nichtigerklärung einer eine Geldbuße verhängenden Entscheidung, nicht zu dem Ergebnis gelangen, dass die Kommission die betreffende Zuwiderhandlung rechtlich hinreichend nachgewiesen hat, wenn ihm in dieser Frage ein Zweifel verbleibt (Urteil JFE Engineering u. a./Kommission, oben in Randnr. 28 angeführt, Randnr. 177). Jedoch muss nicht jeder von der Kommission vorgelegte Beweis diesen Kriterien notwendigerweise hinsichtlich jedes einzelnen Merkmals der Zuwiderhandlung genügen. Es reicht aus, dass das von der Kommission angeführte Indizienbündel bei seiner Gesamtwürdigung dieser Anforderung genügt (Urteil JFE Engineering u. a./Kommission, oben in Randnr. 28 angeführt, Randnr. 180). Somit muss das Gericht im Rahmen der Untersuchung des ersten Klagegrundes prüfen, ob die Kommission über ausreichende Beweise für das Vorliegen von Tatsachen verfügte, die eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 Abs. 1 EG darstellen.

31      Wie der Gerichtshof überdies festgestellt hat, braucht, wenn es der Kommission gelungen ist, Urkundenbeweise für die behauptete Zuwiderhandlung zu sammeln, die ausreichend erscheinen, um die Existenz einer wettbewerbswidrigen Vereinbarung zu belegen, nicht geprüft zu werden, ob das beschuldigte Unternehmen ein wirtschaftliches Interesse an der fraglichen Vereinbarung hatte (Urteil des Gerichtshofs vom 25. Januar 2007, Sumitomo Metal Industries und Nippon Steel/Kommission, C‑403/04 P und C‑405/04 P, Slg. 2007, I‑729, Randnr. 46). Somit braucht das Gericht, wenn es zu der Auffassung kommen sollte, dass die Kommission das Vorliegen von wettbewerbswidrigen Vereinbarungen nachgewiesen hat, auf die Ausführungen über das wirtschaftliche Interesse der Klägerin an der Vereinbarung nicht einzugehen.

32      Die Klägerin trägt weiter vor, die Kommission habe den Erklärungen der Lieferanten ganz allgemein zu große Bedeutung beigemessen und sei deshalb auf bestimmte Beweismittel nicht eingegangen. Die Kommission ist jedoch nicht verpflichtet, in der angefochtenen Entscheidung alle von den Parteien im Verwaltungsverfahren aufgestellten Behauptungen zu prüfen und zu beantworten; sie ist allerdings nach Art. 253 EG gehalten, ihre Überlegungen so klar und eindeutig zum Ausdruck zu bringen, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und das zuständige Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann. Dieses Begründungserfordernis ist nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach dem Inhalt des Rechtsakts, der Art der angeführten Gründe und nach dem Interesse zu beurteilen, das die Adressaten oder andere durch den Rechtsakt unmittelbar und individuell betroffene Personen an den Erläuterungen haben können. In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich und rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob die Begründung eines Rechtsakts den Anforderungen des Art. 253 EG genügt, nicht nur anhand seines Wortlauts zu beurteilen ist, sondern auch anhand seines Kontexts sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet (Urteile des Gerichtshofs vom 13. März 1985, Niederlande und Leeuwarder Papierwarenfabriek/Kommission, 296/82 und 318/82, Slg. 1985, 809, Randnr. 19, vom 29. Februar 1996, Belgien/Kommission, C‑56/93, Slg. 1996, I‑723, Randnr. 86, und vom 2. April 1998, Kommission/Sytraval und Brink’s France, C‑367/95 P, Slg. 1998, I‑1719, Randnr. 63).

B –  Fehler bei der Tatsachenfeststellung oder ‑würdigung

33      Die Klägerin wirft der Kommission sechs Fehler bei der Tatsachenfeststellung oder ‑würdigung vor.

1.     Zum ersten Fehler bei der Tatsachenfeststellung oder ‑würdigung: Verkennung des Gegensatzes zwischen den Interessen der Lieferanten und denen der großen Straßenbauunternehmen

a)     Vorbringen der Parteien

34      Die Klägerin führt aus, die Lieferanten und die großen Straßenbauunternehmen hätten diametral entgegengesetzte Interessen gehabt, denn die Ersteren seien bestrebt gewesen, die Verkaufspreise zu erhöhen und Kunden zu gewinnen, wobei sie versucht hätten, sich der Mitarbeit der Letzteren zu vergewissern. Die Kommission habe nicht dargetan, dass die großen Straßenbauunternehmen und die Lieferanten ein gemeinsames Ziel verfolgt hätten. Mehrere Beweismittel, u. a. eine interne Notiz von SNV vom 6. Februar 1995, belegten, dass nur die Lieferanten in den 80er Jahren ein Kartell errichtet hätten, an dem sie alle beteiligt gewesen seien. Dies habe die Kommission nicht berücksichtigt. Auch aus anderen Umständen ergebe sich, dass das von den Lieferanten errichtete Kartell zur Zusammenarbeit zwischen den großen Straßenbauunternehmen geführt habe, was die Kommission im Übrigen nicht bestritten habe. Dagegen habe die Zusammenarbeit zwischen den großen Straßenbauunternehmen erst in der ersten Hälfte der 90er Jahre begonnen, als die Asphaltproduktion in den Niederlanden grundlegend reorganisiert worden sei, was zu einer spürbaren Verringerung der Anzahl der Asphaltwerke und zur Errichtung von gemeinsam von mehreren großen Straßenbauunternehmen betriebenen Asphaltwerken geführt habe. Die Bitumengespräche mit den Lieferanten seien zudem die zwingende Konsequenz einer Gesetzesänderung in den Niederlanden gewesen, wo die Verdingungsunterlagen für den Straßenbau seit 1990 ein von den Straßenbauunternehmen beizubringendes Ursprungszeugnis zwingend vorgeschrieben hätten.

35      Außerdem wirft die Klägerin der Kommission vor, sie sei, um ihre Theorie vom Bestehen eines bilateralen Kartells zwischen den Lieferanten und den großen Straßenbauunternehmen zu untermauern, den Marktaufteilungsabsprachen zwischen den Lieferanten nicht weiter nachgegangen, obwohl die Mitteilung der Beschwerdepunkte zahlreiche Hinweise darauf enthalten habe und sie selbst zahlreiche Beweismittel dazu vorgelegt habe. Desgleichen habe die Kommission mehrere Indizien dafür, dass die Lieferanten vertrauliche Informationen über die Ausnutzung der Produktionskapazitäten, die Kunden und die Preise ausgetauscht hätten, und dafür, dass auch in anderen europäischen Ländern Kartelle zwischen diesen Lieferanten bestanden hätten, nicht zur Kenntnis genommen. Schließlich hätten die großen Straßenbauunternehmen niemals Kooperationsvereinbarungen über den Einkauf anderer Rohstoffe getroffen.

36      Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

b)     Würdigung durch das Gericht

37      Die Klägerin trägt vor, die Kommission habe Hinweise nicht berücksichtigt, denen zufolge sämtliche Lieferanten in den 80er Jahren ein Kartell errichtet hätten, während sich die großen Straßenbauunternehmen als Reaktion darauf erst in der ersten Hälfte der 90er Jahre daran beteiligt hätten. Sie stützt sich namentlich auf die interne Notiz von SNV vom 6. Februar 1995, die von der Kommission bei Nachprüfungen beschlagnahmt und zu den Verwaltungsakten genommen wurde. Aus diesem Dokument ergibt sich, dass ein Mitarbeiter von SNV einen zusammenfassenden Bericht über den niederländischen Straßenbaumarkt angefertigt hatte, in dem er die Überkapazität des Marktes und die „Ursprünge des Kartells“ seit 1980 beschrieb. So erwähnte er die Gründung von „Nabit“, einer Berufsorganisation der Bitumenproduzenten im Jahr 1980, einer Zeit instabiler Bitumenpreise, dann die Realisierung des Projekts „Star“, eines Kartells der fünf größten Straßenbauunternehmen und der wichtigsten Lieferanten, das 1993 beendet worden sei, und schließlich den Umstand, dass die großen Straßenbauunternehmen 1995 eine größere Preisstabilität gefordert hätten; dabei sollten die Volumina und die Marktaufteilung mehr oder minder auf dem Niveau von 1993 liegen. Abschließend wurde in dem Dokument auf die Verantwortung sowohl der staatlichen Stellen als auch der großen Straßenbauunternehmen und der Lieferanten für den Abschluss bestimmter Vereinbarungen hingewiesen. Anhand dieses Dokuments allein lässt sich jedoch nicht eindeutig bestimmen, ob vor 1994 ein Kartell bestanden hat und ob die Lieferanten das Kartell den großen Straßenbauunternehmen aufgezwungen haben.

38      Im Übrigen müssen auch andere in der angefochtenen Entscheidung genannte Beweismittel berücksichtigt werden. So beschrieben zwei Mitarbeiter von SNV in einer anderen internen Notiz vom 9. Februar 1995, die von der Kommission bei Nachprüfungen beschlagnahmt und zu den Verwaltungsakten genommen wurde, die Lage auf dem niederländischen Straßenbaumarkt und verwiesen insbesondere auf das Bestehen von Preis- und Marktabsprachen zwischen den großen Straßenbauunternehmen, die einen Sonderrabatt erhielten, und den Lieferanten zum Nachteil der öffentlichen Auftraggeber und der übrigen Unternehmen. Diese Mitarbeiter bezeichneten die Lage als „Zusammenarbeit zwischen zwei Kartellen“ und waren sich der Gefahr einer Sanktion seitens der Kommission bewusst. Sie gaben an, dass SNV seit 1992 versucht habe, diese Situation zu beenden, dies jedoch nicht erreicht habe, und prüften die möglichen Entwicklungen der Situation und die damit verbundenen Risiken (Fortführung der Zusammenarbeit und teilweise oder vollständige Beendigung der Zusammenarbeit). Dieses Schriftstück bestätigt die bilaterale Natur des Kartells und widerlegt die Theorie der Klägerin, dass vor 1994 allein auf Seiten der Lieferanten ein Kartell bestanden habe, das diese den großen Straßenbauunternehmen aufgezwungen hätten. Außerdem enthält ein auf den 20. Februar 1992 datierter, von der Kommission bei Nachprüfungen beschlagnahmter und zu den Verwaltungsakten genommener interner Bericht des Unternehmens Wintershall AG, eines Produzenten von Straßenbaubitumen und Adressaten der angefochtenen Entscheidung, durch die ihm eine Geldbuße von 11,625 Mio. Euro auferlegt wurde, einen Hinweis auf Kontakte zwischen SNV und der Klägerin, die SNV als Marktführer um Vorschläge für eine Zusammenarbeit zwischen den Lieferanten und den W5‑Unternehmen gebeten habe, die einem Einkaufsmonopol entsprochen habe. Diesem Bericht zufolge bemerkte Wintershall gegenüber der Klägerin bei deren Besuch in ihren Geschäftsräumen am 18. Februar 1992, dass dieses Vorgehen kartellrechtlich bedenklich sei. Die Klägerin hat versucht, den Beweiswert dieses Dokuments unter Hinweis darauf in Zweifel zu ziehen, dass sie nur wenig geschäftliche Kontakte zu Wintershall habe und dass es unwahrscheinlich sei, dass sie ihrem Gesprächspartner eine so vertrauliche Mitteilung gemacht habe. Es erscheint jedoch wenig plausibel, dass Wintershall in einem rein internen Protokoll von 1992 absichtlich eine falsche Information wiedergegeben hat. Jedenfalls reicht der Umstand, dass die Klägerin nur wenig geschäftliche Kontakte zu Wintershall hatte, auch wenn dies bewiesen wäre, für sich allein nicht aus, um den Beweiswert dieses Dokuments in Frage zu stellen.

39      Das Gericht ist deshalb der Überzeugung, dass die Kommission aufgrund mehrerer übereinstimmender Dokumente, die aus der Zeit der Zuwiderhandlung oder aus der Zeit vor ihrer Begehung stammen, zu Recht zu der Auffassung gekommen ist, dass das Kartell nicht auf ein zuvor von den Lieferanten errichtetes Kartell zurückging und dass diese es den großen Straßenbauunternehmen nicht aufgezwungen haben.

40      Die Klägerin wirft der Kommission außerdem vor, dass sie trotz zahlreicher Hinweise in der Mitteilung der Beschwerdepunkte den Marktaufteilungsabsprachen der niederländischen Lieferanten nicht weiter nachgegangen sei und nicht zur Kenntnis genommen habe, dass die Lieferanten vertrauliche Informationen über die Ausnutzung der Produktionskapazitäten, die Kunden und die Preise ausgetauscht hätten und dass auch in anderen europäischen Ländern Kartelle zwischen diesen Lieferanten bestanden hätten.

41      Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass das eventuelle Bestehen anderer Kartelle zwischen den Lieferanten nicht unvereinbar ist mit der Theorie vom Bestehen eines bilateralen Kartells zwischen diesen Lieferanten und den W5-Unternehmen und dass die Kommission nicht ausgeschlossen hat, dass die großen Straßenbauunternehmen andere Vereinbarungen mit den Lieferanten getroffen haben (Nrn. 174 und 175 der Mitteilung der Beschwerdepunkte).

42      Auch kann der Kommission nicht vorgeworfen werden, dass sie in der angefochtenen Entscheidung nicht auf etwaige andere Vereinbarungen eingegangen ist, denn ein solches Vorbringen hätte auch dann, wenn es stichhaltig wäre, keinen Einfluss auf die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung.

43      Jedenfalls ist auf die vorläufige Natur der Mitteilung der Beschwerdepunkte zu verweisen, der durch die Unionsverordnungen der Zweck zugewiesen wurde, den Unternehmen alle erforderlichen Angaben zur Verfügung zu stellen, damit sie sich sachgerecht verteidigen können, bevor die Kommission eine endgültige Entscheidung erlässt (Urteile des Gerichts vom 14. Mai 1998, Mo och Domsjö/Kommission, T‑352/94, Slg. 1998, II‑1989, Randnr. 63, Cascades/Kommission, T‑308/94, Slg. 1998, II‑925, Randnr. 42, und vom 28. Februar 2002, Compagnie générale maritime u. a./Kommission, T‑86/95, Slg. 2002, II‑1011, Randnr. 442). So darf die Kommission zwar ihre endgültige Entscheidung nur auf Beschwerdepunkte stützen, zu denen sich die Parteien äußern konnten (Art. 27 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1/2003), sie ist jedoch nicht verpflichtet, auf alle in der Mitteilung der Beschwerdepunkte genannten Umstände einzugehen, besonders, wenn diese als ungenügend erscheinen. Somit braucht die Entscheidung nicht notwendig ein genaues Abbild der Mitteilung der Beschwerdepunkte zu sein (Urteil des Gerichtshofs vom 29. Oktober 1980, van Landewyck u. a./Kommission, 209/78 bis 215/78 und 218/78, Slg. 1980, 3125, Randnr. 68).

44      Zum Vorbringen der Klägerin, die Errichtung des Kartells durch die großen Straßenbauunternehmen in den 90er Jahren sei eine Reaktion auf die Umstrukturierung des Asphaltmarkts durch den niederländischen Staat gewesen (Aufnahme eines Ursprungszeugnisses in die Verdingungsunterlagen für Straßenbauaufträge, was einen Wechsel des Lieferanten während eines Kalenderjahrs erschwert habe; Verringerung der Zahl der Asphaltwerke und Errichtung von mehreren großen Straßenbauunternehmen gemeinsam betriebener Asphaltwerke), ist festzustellen, dass die Klägerin nicht begründet hat, weshalb diese Änderungen der niederländischen Gesetze die zu den W5 gehörenden Unternehmen zur Errichtung des Kartells veranlassten. Nach der Rechtsprechung kann die Kommission bei Fehlen einer zwingenden Rechtsvorschrift, die ein wettbewerbswidriges Verhalten vorschreibt, nur dann auf eine fehlende Handlungsfreiheit der betroffenen Unternehmen schließen, wenn sich aufgrund objektiver, schlüssiger und übereinstimmender Indizien ergibt, dass diesen ihr Verhalten von den nationalen Behörden einseitig durch die Ausübung übermächtigen Drucks aufgezwungen wurde, etwa durch die Drohung mit dem Erlass staatlicher Maßnahmen, die ihnen erhebliche Verluste verursachen könnten (Urteil des Gerichts vom 11. Dezember 2003, Minoan Lines/Kommission, T‑66/99, Slg. 2003, II‑5515, Randnrn. 176 bis 179). Hier hat die Klägerin nichts dafür vorgetragen, dass das ihr vorgeworfene Verhalten auf der niederländischen Gesetzgebung beruhte.

45      Schließlich ist es für das Vorliegen der hier in Rede stehenden Zuwiderhandlung unerheblich, ob die großen Straßenbauunternehmen – selbst wenn dies nachgewiesen wäre − jemals Kooperationsvereinbarungen für den Einkauf anderer Rohstoffe getroffen haben.

46      Sonach ist der Kommission hinsichtlich der Interessen der Lieferanten und der großen Straßenbauunternehmen kein Beurteilungsfehler unterlaufen.

2.     Zum zweiten Fehler bei der Tatsachenfeststellung oder ‑würdigung betreffend den Inhalt der Vereinbarungen zwischen den Lieferanten und den großen Straßenbauunternehmen

a)     Vorbringen der Parteien

47      Nach Auffassung der Klägerin hat die Kommission den Inhalt der Vereinbarungen zwischen den Lieferanten und den großen Straßenbauunternehmen falsch beurteilt. Erstens seien es immer allein die Lieferanten gewesen, die die Erhöhungen des Bruttopreises für Straßenbaubitumen in den Niederlanden (im Folgenden: Bruttopreis) vorgenommen hätten, und es sei den großen Straßenbauunternehmen nur ein einziges Mal, im März 2000, gelungen, sich gegen die von den Lieferanten angekündigte Preiserhöhung zu wehren. Aus zahlreichen Aktenstücken, namentlich aus den Erklärungen von Kuwait Petroleum und Nynäs, zwei Bitumenlieferanten und Adressaten der angefochtenen Entscheidung, durch die ihnen Geldbußen von 16,632 bzw. 13,5 Mio. Euro auferlegt wurden, ergebe sich, dass die Lieferanten immer allein die Initiative für eine Preiserhöhung ergriffen und die großen Straßenbauunternehmen einbestellt hätten, um ihnen diese aufzuzwingen. Zweitens habe der den W5 von den Lieferanten gewährte Sonderrabatt aufgrund der von diesen Firmen bezogenen Bitumenmengen als wirtschaftlich gerechtfertigt gegolten und habe nur einen Ausgangspunkt für die Verhandlungen dargestellt, die jedes Straßenbauunternehmen mit jedem Lieferanten einzeln geführt habe. Drittens gehe aus zahlreichen Angaben in den Verwaltungsakten hervor, dass sich die kleinen Straßenbauunternehmen bei ihren Verhandlungen mit den Lieferanten ebenso verhalten hätten wie ihre größeren Konkurrenten, indem sie auf den niedrigsten Preisen bestanden hätten, und dass die W5-Unternehmen den Verdacht gehabt hätten, dass die Lieferanten ihnen einen höheren Rabatt gewährten. Als die W5 im Jahr 2000 bemerkt hätten, dass die kleinen Straßenbauunternehmen einen ebenso hohen Rabatt erhalten hätten wie sie, habe ihre Reaktion darin bestanden, individuell oder kollektiv (was allerdings nur einmal geschehen sei) einen höheren Rabatt von den Lieferanten zu verlangen. Die W5-Unternehmen hätten ohnehin keine Möglichkeit gehabt, zu kontrollieren, ob die Lieferanten ihre Versprechen einhielten, und erst recht nicht, sie zu bestrafen, wenn sie den kleinen Straßenbauunternehmen einen höheren Rabatt einräumten. Viertens habe die Kommission den irreführenden Eindruck erweckt, dass der den W5-Unternehmen gewährte Rabatt immer höher geworden sei, während er im Jahr 2002 auf das Niveau von 1994 gesunken, der Bruttopreis im Zeitraum der Zuwiderhandlung dagegen ständig gestiegen sei.

48      Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

b)     Würdigung durch das Gericht

49      Zu dem ersten Argument, durch mehrere Dokumente sei nachgewiesen, dass die Lieferanten allein die Initiative für die Erhöhung des Bruttopreises ergriffen hätten und dass der den W5 gewährte Rabatt nur von den bezogenen Mengen abgehangen habe, wobei die großen Straßenbauunternehmen diesen Rabatt im Übrigen ebenso wie die kleinen Straßenbauunternehmen einzeln mit jedem Lieferanten hätten aushandeln können, ist auf die Notwendigkeit hinzuweisen, die zwischen den W5 und den Lieferanten getroffenen Vereinbarungen insgesamt zu prüfen, da sie zugleich den Bruttopreis, den den W5 gewährten Mindestrabatt und den für die kleinen Straßenbauunternehmen geltenden maximalen Rabatt betrafen.

50      Erstens enthalten mehrere in der angefochtenen Entscheidung zitierte Dokumente die Bestätigung dafür, dass die beiden Parteien Vereinbarungen über den Bruttopreis getroffen haben, dieser also nicht, wie die Klägerin vorträgt, einseitig von den Lieferanten festgesetzt und den großen Straßenbauunternehmen aufgezwungen wurde. So werden in einer vom 8. Juli 1994 datierten Notiz der Firma Hollandsche Beton Groep (im Folgenden: HBG), einem niederländischen Straßenbauunternehmen und Adressaten der angefochtenen Entscheidung, mit der diesem eine Geldbuße von 7,2 Mio. Euro auferlegt wurde, Vereinbarungen zwischen den W5 und den Ölgesellschaften über den bis zum 1. Januar 1995 geltenden Bruttopreis erwähnt (Randnr. 94 der angefochtenen Entscheidung). Auch in einer internen Notiz von SNV ist von Preisabsprachen zwischen den W5 und den Lieferanten die Rede (Randnr. 89 der angefochtenen Entscheidung). Desgleichen verweist eine Notiz von SNV vom 14. Juli 2000 auf Kollektivvereinbarungen zwischen den Lieferanten und den W5 im Jahr 1995 (Randnr. 90 der angefochtenen Entscheidung). Zudem werden in den Notizen der Klägerin über die Bitumengespräche vom 12. März und 14. September 1999 deren Ergebnisse für den Bruttopreis und den den W5 gewährten Rabatt wiedergegeben (Randnrn. 104 und 106 der angefochtenen Entscheidung). Ferner geht aus den Notizen von HBG von 1999 und 2000 hervor, dass Absprachen über Preiserhöhungen und Entschädigungen getroffen wurden und dass die W5-Unternehmen den Vorschlag der Lieferanten, die Preise zum 1. April 2000 zu erhöhen, zurückwiesen (Randnrn. 107 und 110 der angefochtenen Entscheidung). Des Weiteren enthalten Notizen von HBG und der Klägerin einen Hinweis auf ein Bitumengespräch vom 1. März 2001, bei dem die Lieferanten bestrebt waren, den Bruttopreis zu senken, während die W5 es vorzogen, den geltenden Bruttopreis beizubehalten (Randnrn. 115 und 116 der angefochtenen Entscheidung). Schließlich räumte die Klägerin in ihrer Antwort vom 12. September 2003 auf ein Auskunftsverlangen der Kommission ebenso wie in ihrer Erwiderung vom 20. Mai 2005 auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte ein, dass sich die Lieferanten und die W5‑Unternehmen auf der Grundlage der Vorschläge der Lieferanten auf einen Bruttopreis einigten (Randnr. 97 der angefochtenen Entscheidung).

51      Die Feststellung, dass der Bruttopreis nicht einseitig von den Lieferanten festgelegt und den großen Straßenbauunternehmen aufgezwungen wurde, wird auch nicht durch die von der Klägerin zitierten Erklärungen von Kuwait Petroleum vom 12. September, 1. und 9. Oktober 2003 sowie von Nynäs vom 2. Oktober 2003 (Randnr. 70 der angefochtenen Entscheidung) widerlegt, denn diese gestatten lediglich die Schlussfolgerung, dass zwischen den Lieferanten vorbereitende Treffen stattfanden, bei denen sie sich auf die den großen Straßenbauunternehmen bei den Kartellgesprächen zu unterbreitenden Preisvorschläge einigten.

52      Zweitens wurde in der angefochtenen Entscheidung auf zahlreiche Dokumente Bezug genommen, die bestätigen, dass die Verhandlungen zwischen den Lieferanten und den großen Straßenbauunternehmen auch den den W5 gewährten Rabatt und den den übrigen Straßenbauunternehmen eingeräumten maximalen Rabatt zum Gegenstand hatten. Dies gilt zum Beispiel für die Antwort der Klägerin vom 12. September 2003 auf ein Auskunftsverlangen der Kommission, in dem die Klägerin angab, dass es in den Diskussionen zwischen den Lieferanten und den großen Straßenbauunternehmen zugleich um die „Listenpreise“ und die „Standardrabatte“ gegangen sei (Randnr. 72 der angefochtenen Entscheidung). Desgleichen wurde in einer internen Notiz von HBG vom 28. März 1994 auf den Standardpreis, den den W5 gewährten Rabatt und einen den übrigen Straßenbauunternehmen eingeräumten maximalen Rabatt Bezug genommen (Randnr. 93 der angefochtenen Entscheidung). Auch aus einer internen Notiz von HBG vom 24. Februar 1994 geht hervor, dass die großen Straßenbauunternehmen dem Umstand, dass sie einen Rabatt erhielten, der den kleinen Straßenbauunternehmen nicht gewährt wurde, und dass vermieden wurde, den Rabatt allen Straßenbauunternehmen zu gewähren, große Bedeutung beimaßen (Randnr. 95 der angefochtenen Entscheidung). Außerdem enthielt ein interner Bericht von HBG vom 14. September 1999 eine Zusammenfassung der im Jahr 1999 zwischen den W5 und den Lieferanten getroffenen Vereinbarungen über „Preiserhöhungen und entsprechende Entschädigungen“ (Randnr. 107 der angefochtenen Entscheidung). Aus der Antwort von Kuwait Petroleum vom 16. September 2003 auf ein Auskunftsverlangen der Kommission ergibt sich ebenfalls, dass das Bitumengespräch vom 27. März 1998 es ermöglichte, den Bruttopreis und die Rabatte festzusetzen (Randnr. 103 der angefochtenen Entscheidung). Auch in einer internen Notiz der Klägerin über ein Treffen vom 12. März 1999 wurde auf den Bruttopreis und den den W5 gewährten Rabatt hingewiesen (Randnr. 104 der angefochtenen Entscheidung). Im Übrigen wurde in Notizen von HBG und der Klägerin auf das Treffen vom 1. März 2001 Bezug genommen, wobei der vereinbarte Bruttopreis, der den W5 gewährte Rabatt und der den übrigen Straßenbauunternehmen gewährte Rabatt präzisiert wurden (Randnr. 116 der angefochtenen Entscheidung). Auch in einer internen Notiz der Klägerin vom 23. Mai 2001, die sie in ihrer Antwort vom 12. September 2003 auf ein Auskunftsverlangen bestätigte, wurden der Bruttopreis und der den W5 gewährte Rabatt angegeben (Randnr. 119 der angefochtenen Entscheidung). Desgleichen bemerkte die Klägerin in ihrer Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte, indem sie einen ihrer Mitarbeiter zitierte: „Erhöhungen der Standardpreise waren kein Problem, solange sich auch die Rabatte bewegten“ (Randnr. 149 der angefochtenen Entscheidung). Schließlich wurde in einer Untersuchung von SNV vom 9. Februar 1995 darauf hingewiesen, dass es für die W5-Unternehmen wichtig war, einen höheren Rabatt zu erhalten als die kleinen Straßenbauunternehmen (Randnr. 153 der angefochtenen Entscheidung).

53      Diese verschiedenen Umstände erbringen den Beweis dafür, dass die Vereinbarungen zwischen den W5 und den Lieferanten sowohl den Bruttopreis als auch den den W5-Unternehmen gewährten Sonderrabatt zum Gegenstand hatten. Dass es bei diesen Verhandlungen zwischen den Lieferanten und den W5 zu Meinungsverschiedenheiten und Konflikten gekommen sein soll, reicht – auch wenn es bewiesen wäre – für den Nachweis dafür, dass die Lieferanten den W5 Erhöhungen des Bruttopreises aufgezwungen haben, nicht aus.

54      Was zweitens das Argument der Klägerin betrifft, die den W5 gewährten Rabatte aufgrund der bezogenen Mengen seien wirtschaftlich gerechtfertigt gewesen, sind die einzeln von jedem Unternehmen der W5 abgenommenen Mengen zu prüfen, nicht dagegen die von allen W5‑Mitgliedern abgenommene Gesamtmenge. Insoweit ergibt sich aus der angefochtenen Entscheidung, dass den kleinen Straßenbauunternehmen nicht derselbe Rabatt gewährt wurde wie den Unternehmen der W5, obwohl sie manchmal einzeln größere Bitumenmengen kauften als diese. So gab ein Mitarbeiter von BP in einer Erklärung vom 12. Juli 2002 an, dass die Lieferanten häufig kleinen Straßenbauunternehmen, die größere Bitumenmengen von ihnen bezögen, entgegen den Vereinbarungen mit den W5 einen höheren Rabatt gewährten. Die Kommission hat im Übrigen in Randnr. 157 der angefochtenen Entscheidung schon auf dieses Vorbringen geantwortet, indem sie darauf hinwies, dass die großen Straßenbauunternehmen selbst eingeräumt hätten, dass sie im Allgemeinen einen zusätzlichen Rabatt aufgrund der individuell bezogenen Mengen aushandelten, und dass das Bestehen eines Sanktionsmechanismus für den Fall, dass den kleinen Straßenbauunternehmen ein höherer als der in den Vereinbarungen festgelegte Rabatt gewährt werde − selbst wenn man mit der Klägerin davon ausgehe, dass dieser Mechanismus nur ein einziges Mal angewandt worden sei − ein zusätzliches Indiz dafür darstelle, dass sich der den W5 eingeräumte Rabatt nicht nach den bezogenen Mengen gerichtet habe. Außerdem ergibt sich aus einem internen Dokument von HBG vom 23. Dezember 1999, dass der Rabatt den W5-Unternehmen bei den Bitumengesprächen „für das gesamte Volumen und im Interesse der gegenüber nicht beteiligten Unternehmen führenden Position“ gewährt wurde (Randnr. 108 der angefochtenen Entscheidung). Aufgrund dieser verschiedenen Umstände und der Bedeutung, die die W5 bei den Kartelltreffen der Höhe ihres Rabatts beimaßen (vgl. die vorstehende Randnr. 52) ist davon auszugehen, dass die Klägerin nicht nachgewiesen hat, dass der den W5 gewährte Rabatt von den abgenommenen Mengen abhing.

55      Drittens kann sich die Klägerin nicht darauf berufen, dass sich die kleinen Straßenbauunternehmen bei ihren Verhandlungen mit den Lieferanten ebenso verhalten hätten wie ihre größeren Konkurrenten, indem sie auf den niedrigsten Preisen bestanden hätten, denn nach dem Wettbewerbsrecht befindet sich ein Unternehmen, das seine Preise mit seinem Lieferanten individuell aushandelt, in einer anderen Situation als Unternehmen, die gemeinsam handeln.

56      Sodann ist zu der Behauptung der Klägerin, die W5-Unternehmen hätten keine Möglichkeit gehabt, zu kontrollieren, ob die Lieferanten ihre Versprechen einhielten, festzustellen, dass verschiedene übereinstimmende Beweise dafür vorliegen, dass die W5-Unternehmen Strafmaßnahmen für den Fall vorsahen, dass die Lieferanten den kleinen Straßenbauunternehmen einen höheren als den festgesetzten Rabatt gewährten (vgl. die nachstehenden Randnrn. 94 bis 96). Aus der angefochtenen Entscheidung ergibt sich nämlich, dass sich die Kommission auf mehrere übereinstimmende Angaben gestützt hat, wonach die W5-Unternehmen gegen Lieferanten, die kleinen Straßenbauunternehmen einen zu hohen Rabatt eingeräumt hatten, individuelle oder – zumindest in einem Fall – kollektive finanzielle Strafmaßnahmen ergriffen und im Fall der Entdeckung eines solchen Rabatts zu anderen Lieferanten wechselten (Randnrn. 82 bis 86 der angefochtenen Entscheidung). So enthält ein interner Bericht von Wintershall vom 4. März 1996 über einen Besuch bei dem Straßenbauunternehmen Heijmans NV einen Hinweis auf derartige im Jahr 1995 verhängte Strafmaßnahmen (Randnr. 82 der angefochtenen Entscheidung). Desgleichen wird in einem Bericht von HBG über das Bitumengespräch vom 14. September 1999 eine Frage bezüglich des zwei kleinen Straßenbauunternehmen gewährten hohen Rabatts aufgeworfen (Randnr. 83 der angefochtenen Entscheidung). Was das Jahr 2000 angeht, verwiesen sowohl die Klägerin selbst als auch BP auf eine kollektive Strafzahlung, die gegen die Lieferanten verhängt wurde, nachdem bemerkt worden war, dass der Firma Krekel, einem kleinen Straßenbauunternehmen, ein Rabatt gewährt worden war (Randnr. 84 der angefochtenen Entscheidung). Auch Kuwait Petroleum und BP beschrieben in ihren Erklärungen die Strafmaßnahmen, die ergriffen wurden, wenn festgestellt wurde, dass einem kleinen Straßenbauunternehmen ein zu hoher Rabatt gewährt worden war (Randnrn. 85 und 86 der angefochtenen Entscheidung). In der internen Notiz von SNV vom 9. Februar 1995 ist ebenfalls die Rede von einer drohenden Reduzierung der Bitumenbestellungen für den Fall, dass nicht zu den W5 gehörenden Unternehmen wettbewerbsfähige Angebote gemacht würden (Randnr. 86 der angefochtenen Entscheidung). Schließlich erwähnte auch die Klägerin in einem ein Vortreffen vom 4. Mai 2001 betreffenden Schriftstück eine gegen die Firma Nynäs wegen ihrer Preispolitik verhängte Strafe (Randnr. 117 der angefochtenen Entscheidung). Dies wurde von Kuwait Petroleum in ihrer Erklärung vom 12. September 2003 bestätigt (Randnr. 118 der angefochtenen Entscheidung).

57      Die viertens von der Klägerin aufgestellte Behauptung, der Bitumenpreis sei während der Dauer der Zuwiderhandlung ständig gestiegen, während der den W5 gewährte Rabatt im Jahr 2002 auf das Niveau von 1994 gefallen sei, ist sachlich falsch. Anhang 1 der angefochtenen Entscheidung zufolge hat nämlich der Bruttopreis zwischen 1994 und 2002 stark fluktuiert und ist nicht systematisch gestiegen, sondern zwischendurch auch regelmäßig gesunken. Bezüglich der Entwicklung des den W5 gewährten Sonderrabatts ergibt sich aus den in den Randnrn. 93 bis 125 der angefochtenen Entscheidung genannten Dokumenten, dass dieser im Allgemeinen den Erhöhungen des Bruttopreises folgte und somit in der Zeit von 1998 bis 2000 ständig stieg, um sich 2002 auf ungefähr demselben Niveau zu befinden wie 1994 (60 niederländische Gulden [NLG] im Jahr 2002, 50 NLG im Jahr 1994). Deshalb ist das Vorbringen der Klägerin, dass sich der den W5 gewährte Rabatt nicht so stark erhöht habe wie der Bruttopreis, unzutreffend.

58      Nach alledem ist der Kommission kein Fehler bei der Beurteilung des Inhalts der Vereinbarungen zwischen den Lieferanten und den großen Straßenbauunternehmen unterlaufen, so dass dieses zweite Vorbringen zurückzuweisen ist.

3.     Zum dritten Fehler bei der Tatsachenfeststellung oder ‑würdigung: falsche Beurteilung des Interesses der großen Straßenbauunternehmen an dem Kartell

a)     Vorbringen der Parteien

59      Die Klägerin trägt vor, die Kommission habe das Interesse der W5-Unternehmen an dem Kartell falsch beurteilt. So habe sie in der angefochtenen Entscheidung ihre in der Mitteilung der Beschwerdepunkte vertretene Theorie aufgegeben, wonach diese Unternehmen ein Interesse daran gehabt hätten, den Bruttopreis künstlich hoch zu halten, und stattdessen eine neue Theorie vertreten. Gestützt auf eine Notiz von SNV vom 6. Februar 1995 habe sie nunmehr vorgetragen, dass die W5-Mitglieder ein Interesse am gleichzeitigen erheblichen Ansteigen der Bitumenpreise gehabt hätten, das dazu geführt habe, dass der von einer gemeinnützigen Einrichtung, die die Preise für Straßenbaubitumen zu veröffentlichen hatte, festgesetzte Index anstieg. Sie hätten aber auch von einem Sinken der Bitumenpreise profitiert, wenn dieses progressiv und zeitlich gestreckt erfolgt sei, denn dies habe nicht zu einem Sinken dieses Index geführt und es ihnen ermöglicht, die Preissenkung nicht an die öffentlichen Auftraggeber weiterzugeben. Die Klägerin behauptet, ohne eine genaue Kenntnis von der Art und Weise der Festsetzung dieses Index zu haben, wisse sie doch, dass dieser monatlich neu festgesetzt werde, und zwar aufgrund der alle Einkaufspreise betreffenden Daten, die direkt von der den Index festsetzenden Einrichtung sowie einzeln bei einer gewissen Anzahl von Asphaltwerken erhoben würden. Diese Theorie der Kommission finde in der tatsächlichen Entwicklung dieses Index keine Bestätigung. Auch hätten sich die großen Straßenbauunternehmen bei dem Treffen vom 12. April 2000 einer Reduzierung des Bitumen-Bruttopreises nicht widersetzt; sie seien vielmehr nach ihrem Versuch, sich von den Bitumengesprächen mit den Lieferanten zurückzuziehen, von diesen mit der gleichzeitigen Senkung des Bruttopreises und des ihnen gewährten Rabatts bedroht worden, wogegen sie sich gewehrt hätten. Dies habe sich übrigens im März 2001 wiederholt. Die Klägerin weist ferner darauf hin, dass eine Preiserhöhung während der Straßenbausaison einem Straßenbauunternehmen nur Nachteile bringe, denn nur 5 % der Verträge enthielten eine Klausel, die eine Entschädigung nach Maßgabe der Entwicklung der Rohstoffpreise vorsehe. Manchmal sei es einem Straßenbauunternehmen möglich gewesen, eine Erhöhung des Bitumenpreises auch bei Fehlen einer solchen Klausel abzuwälzen; dies habe aber für alle Straßenbauunternehmen einschließlich der kleinen Straßenbauunternehmen gegolten. Abschließend trägt die Klägerin vor, dass Preiserhöhungen zu Beginn der Straßenbausaison leichter hätten abgewälzt werden können und dass alle Straßenbauunternehmen deshalb ein Interesse an einer Preisstabilität während der Saison gehabt hätten, wohingegen die Lieferanten jederzeit bestrebt gewesen seien, ihre Preise zu erhöhen.

60      Die Kommission weist das Vorbringen der Klägerin zurück.

b)     Würdigung durch das Gericht

61      Der Unionsrichter hat bereits entschieden, dass Teilnehmer an ein und demselben Kartell einander ergänzende wirtschaftliche Interessen haben können (Urteil des Gerichts vom 13. Dezember 2006, FNCBV u. a./Kommission, T‑217/03 und T‑245/03, Slg. 2006, II‑4987, Randnr. 322). In der vorliegenden Rechtssache kam die Kommission zu der Auffassung, dass die Lieferanten und die W5‑Mitglieder ein gemeinsames Interesse an Vereinbarungen über den Bruttopreis und die Rabatte gehabt hätten, die eine Wettbewerbsbeschränkung seitens der Lieferanten und der großen Straßenbauunternehmen bewirkt hätten. Die Klägerin ist der Meinung, dass die Kommission das von den W5 verfolgte Ziel falsch beurteilt habe, denn diese hätten nicht die Endverbraucher schädigen, sondern die Wirkungen der ihnen von den Lieferanten aufgezwungenen Preiserhöhungen begrenzen wollen.

62      Zunächst ist daran zu erinnern, dass, wie schon in Randnr. 31 ausgeführt, nicht geprüft zu werden braucht, ob das beschuldigte Unternehmen ein wirtschaftliches Interesse an den fraglichen Vereinbarungen hatte, wenn es der Kommission gelungen ist, Urkundenbeweise für die behauptete Zuwiderhandlung zu sammeln, die ausreichend erscheinen, um die Existenz einer wettbewerbswidrigen Vereinbarung zu belegen (Urteil Sumitomo Metal Industries und Nippon Steel/Kommission, oben in Randnr. 31 angeführt, Randnr. 46). Deshalb prüft das Gericht die Frage einer falschen Beurteilung des von den W5‑Mitgliedern verfolgten Ziels nur hilfsweise.

63      Vorab ist kurz auf die Funktionsweise des Centrum voor Regelgeving en Onderzoek in de Grond-, Water- en Wegenbouw en de Verkeerstechniek (Informations- und Technologiezentrum für Verkehr und Infrastruktur; im Folgenden: CROW) einzugehen, einer gemeinnützigen Einrichtung, die seit den 70er Jahren u. a. die Aufgabe hatte, monatlich die Preise für Straßenbaubitumen zu veröffentlichen (Randnrn. 25 und 26 der angefochtenen Entscheidung). Die zugrunde liegenden Daten sind zwischen den Parteien unstreitig.

64      Die Veröffentlichung des Straßenbaubitumenpreises durch das CROW erfolgte bis zum 1. November 1995 nach Konsultation mit den Asphalterzeugern. Danach wurden die Berechnungen vom CBS (Centraal Bureau voor de Statistiek), einer staatlichen Stelle, aufgrund einer Markterhebung bei einer Reihe von Asphaltwerken, d. h. vor einem eventuellen Rabatt zugunsten der Straßenbauunternehmen, vorgenommen. Dieser Preisindex, der vom CROW veröffentlicht wurde (CROW‑Index), diente als Referenz für die Ausschreibungen von langfristigen Straßenbauaufträgen. Denn die öffentlichen Auftraggeber waren bei diesen Aufträgen verpflichtet, die Straßenbauunternehmen zu entschädigen, wenn der CROW-Index einen bestimmten Schwellenwert überstieg. Umgekehrt mussten die Straßenbauunternehmen den öffentlichen Auftraggebern einen Preisausgleich gewähren, wenn der CROW-Index unter einen bestimmten Schwellenwert sank. Folglich wurden die Straßenbauunternehmen durch ein Ansteigen der Preise nicht benachteiligt, wenn diese gleichzeitig stiegen und so zu einer Erhöhung des CROW-Index führten. Dagegen hatten sie kein Interesse an einer Preissenkung, wenn diese zu einem Sinken des CROW-Index führte, da sie dann verpflichtet waren, ihren Vertragspartnern die Preisdifferenz zu erstatten.

65      Die Klägerin hat dem Gericht unter Hinweis darauf, dass sie keine genaue Kenntnis von der Art und Weise der Berechnung des CROW-Index habe, ein Dokument vorgelegt, in dem die tatsächliche Entwicklung dieses Index von 1997 bis 2005 wiedergegeben wird, und ausgeführt, dieses widerlege die von der Kommission in den Randnrn. 25 und 26 der angefochtenen Entscheidung vertretene Theorie, wonach die Lieferanten ihre Preise gleichzeitig erheblich erhöht und sie nur nach und nach über einen längeren Zeitraum gesenkt hätten. Dieses Dokument besagt jedoch nichts darüber, ob die Preise gleichzeitig stiegen, aber getrennt sanken. Es ermöglicht lediglich die Feststellung, dass der CROW‑Index für den Bitumenpreis im Zeitraum von 1997 bis 2005 ständig stieg, außer in der Zeit von Februar 1998 bis April 1999. Anhang 1 der angefochtenen Entscheidung enthält im Übrigen die Bestätigung dafür, dass der Bruttopreis für Straßenbauunternehmen im gesamten Zeitraum der Zuwiderhandlung um 253 NLG gestiegen ist. Deshalb ist das Gericht der Auffassung, dass die Prüfung der Funktionsweise dieses Index die Erklärung der Kommission bestätigt, dass bei Vorliegen von Verträgen, die eine Risikoklausel enthielten, die Straßenbauunternehmen durch eine Erhöhung der Preise keinen Nachteil erlitten und umgekehrt kein Interesse an einem Sinken der Preise hatten. Die genaue Art und Weise der Berechnung dieses Index, die zwischen den Parteien streitig ist, braucht jedoch nicht unbedingt bestimmt zu werden, um das Interesse der W5-Mitglieder an dem Kartell beurteilen zu können.

66      Die Klägerin bestreitet ferner die Behauptung der Kommission, dass sich die großen Straßenbauunternehmen in den Jahren 2000 und 2001 einer Senkung des Bruttopreises für Bitumen widersetzt hätten. Aus den Notizen, die einer ihrer Mitarbeiter bei dem Bitumengespräch vom 12. April 2000 machte und auf die die Kommission in Randnr. 111 der angefochtenen Entscheidung Bezug nahm, geht jedoch hervor, dass eine Senkung des Bruttopreises bei den großen Straßenbauunternehmen, die sie aufgrund eines Sinkens des CROW-Index teuer zu stehen kam, Unruhe auslöste. Die Klägerin führt aus, dieses Dokument müsse im damaligen Zusammenhang gesehen werden: Die großen Straßenbauunternehmen hätten den Lieferanten mitgeteilt, dass sie aus dem Kartell aussteigen wollten, worauf die Lieferanten ihnen gedroht hätten, den Bruttopreis und den ihnen gewährten Sonderrabatt auf einmal stark zu senken. Diese Behauptung wird jedoch auf keinerlei Beweise gestützt und lässt ohnehin nicht den Schluss zu, dass die Auffassung der Kommission, dass die großen Straßenbauunternehmen weder eine Senkung der Bitumenpreise noch eine Herabsetzung ihres Sonderrabatts wünschten, auf einem Beurteilungsfehler beruht.

67      Bezüglich des Jahres 2001 hat die Kommission in den Randnrn. 115 und 116 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, aus Unterlagen von HBG und der Klägerin gehe hervor, dass die Lieferanten den Bruttopreis wegen des zu großen Preisunterschieds gegenüber den Nachbarländern hätten senken wollen, während die W5-Unternehmen vorgeschlagen hätten, den Bruttopreis beizubehalten und ihren Rabatt zu erhöhen; am Ende sei beschlossen worden, den Bruttopreis leicht zu senken (–20 NLG) und den Rabatt auf einem hohen Niveau zu belassen (80 NLG). Dazu meint die Klägerin, die Kommission habe den Sachverhalt falsch beurteilt, denn aus diesen Unterlagen ergebe sich, dass die Lieferanten das Niveau der Preise nach Abzug des Rabatts beibehalten, den Bruttopreis und ihren Rabatt dagegen hätten senken wollen. Es ist jedoch festzustellen, dass die Kommission anhand dieser Unterlagen beweisen wollte, dass die großen Straßenbauunternehmen weder an einer Senkung des Bruttopreises noch an einer Reduzierung ihres Sonderrabatts interessiert waren und folglich nicht als bloße Opfer der Lieferanten angesehen werden können.

68      Im Übrigen versucht die Klägerin, die Bedeutung des CROW-Index herunterzuspielen, indem sie vorträgt, dass nur bei 5 % der öffentlichen Aufträge eine an die Entwicklung der Rohstoffpreise geknüpfte Entschädigungsklausel vorgesehen sei. Die Kommission weist darauf hin, dass nach den Bekundungen eines anderen zu den W5 gehörenden Straßenbauunternehmens 10 % bis 15 % der betreffenden Verträge eine solche Klausel enthielten. Das Gericht stellt fest, dass diese Frage zahlreichen Dokumenten zufolge Gegenstand von Diskussionen bei den Kartelltreffen war (Randnrn. 94 [Notiz von HBG vom 8. Juli 1994], 101 [interne Notiz von BP von 1996], 107 [Bericht von HBG vom 14. September 1999], 111 [Notizen der Klägerin vom 12. April 2000] und 115 [Notizen von HBG vom 16. Februar 2001] der angefochtenen Entscheidung), so dass sie unabhängig von der Zahl der betroffenen öffentlichen Aufträge als ein zentraler Verhandlungsgegenstand angesehen werden kann. Zudem hat die Klägerin selbst in ihrer Antwort vom 12. September 2003 auf ein Auskunftsverlangen vom 30. Juni 2003 auf diese Art von Klauseln hingewiesen und angegeben, dass sie für die Arbeiten, für die im Fall einer Erhöhung des Bitumenpreises im Vertrag keine Verrechnung vorgesehen gewesen sei, einen Sonderrabatt erhalten habe.

69      Die Klägerin bemerkt ferner, zwar habe ein Straßenbauunternehmen auch bei Fehlen einer Risikoklausel manchmal eine Erhöhung des Bitumenpreises auf den öffentlichen Auftraggeber abwälzen können, diese Möglichkeit habe aber für alle Straßenbauunternehmen einschließlich der kleinen Straßenbauunternehmen bestanden. Zudem habe eine Preiserhöhung zu Beginn der Straßenbausaison leichter von allen Straßenbauunternehmen abgewälzt werden können, so dass sie alle ein Interesse an einer Stabilität der Preise während der Saison gehabt hätten. Dieses Vorbringen genügt jedoch nicht, um die Beurteilung des Interesses der W5 am Kartell durch die Kommission in Frage zu stellen. Nach dem Wettbewerbsrecht ist nämlich zu unterscheiden zwischen bilateralen Verhandlungen zwischen zwei Unternehmen und Kollektivvereinbarungen über Preise und Sonderrabatte. Der Umstand, dass auch die kleinen Straßenbauunternehmen ein Interesse an Preisschwankungen zu Beginn der Straßenbausaison hatten, kann die negativen Auswirkungen der den W5 gewährten höheren Rabatte unter dem Gesichtspunkt des Wettbewerbsrechts nicht ausgleichen.

70      Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerin selbst in ihrer Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte ausführte, dass die W5-Mitglieder eine Erhöhung des Bruttopreises unter der Voraussetzung hätten hinnehmen können, dass sie einen höheren Rabatt erhielten als die kleinen Straßenbauunternehmen (Randnr. 149 der angefochtenen Entscheidung).

71      Aus alledem ergibt sich, dass die Lieferanten und die W5‑Unternehmen ein gemeinsames Interesse an Vereinbarungen über den Bruttopreis und die Rabatte hatten und dass sich das Interesse der großen Straßenbauunternehmen sowohl aus dem Mechanismus der Risikoklauseln bei öffentlichen Aufträgen als auch aus dem ihnen gewährten Sonderrabatt erklärt, der ihnen bei der Vergabe öffentlicher Aufträge gegenüber den kleinen Straßenbauunternehmen einen Wettbewerbsvorteil verschaffte. Der Kommission ist also bei der Beurteilung des Interesses der W5 an dem Kartell kein Fehler unterlaufen.

4.     Zum vierten Fehler bei der Tatsachenfeststellung oder ‑würdigung: mangelnde Auswirkungen des Kartells auf den Wettbewerb auf dem Straßenbaumarkt

a)     Vorbringen der Parteien

72      Die Klägerin wendet sich gegen das Vorbringen der Kommission, dass der Bitumenpreis ein sehr wichtiger Kostenfaktor für die Straßenbauunternehmen sei, während sie doch in ihrer Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte darauf hingewiesen habe, dass die Einkaufskosten für Bitumen nur ungefähr 1,5 % der Gesamtkosten eines Straßenbauvorhabens ausmachten, und die übrigen zu den W5 gehörenden Straßenbauunternehmen dies der Kommission bestätigt hätten. Da die sich aus dem den W5 gewährten Sonderrabatt ergebenden Preisunterschiede nur 1 % betragen hätten, habe die Kommission diese sachlich falsche Feststellung wahrscheinlich nur aufrechterhalten, um die bilaterale Natur des Kartells darzutun. Außerdem habe der Umstand, dass die großen Straßenbauunternehmen einen hohen Rabatt gefordert hätten, nur ihrer Einkaufsstrategie entsprochen und sei kein Mittel zur Einschränkung des Wettbewerbs gewesen. Schließlich dürfe die Kommission im Stadium des Gerichtsverfahrens kein Beweismittel mehr vorlegen.

73      Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

b)     Würdigung durch das Gericht

74      Vorab ist festzustellen, dass der wettbewerbswidrige Zweck und die wettbewerbswidrige Wirkung einer Vereinbarung keine kumulativen, sondern alternative Voraussetzungen für die Beurteilung sind, ob sie unter das Verbot des Art. 81 Abs. 1 EG fällt. Der durch die Konjunktion „oder“ gekennzeichnete alternative Charakter dieser Voraussetzung weist darauf hin, dass zunächst der eigentliche Zweck der Vereinbarung in Betracht zu ziehen ist, wobei die wirtschaftlichen Begleitumstände ihrer Durchführung zu berücksichtigen sind. Lässt jedoch die Prüfung des Inhalts der Vereinbarung keine hinreichende Beeinträchtigung des Wettbewerbs erkennen, so sind ihre Auswirkungen zu untersuchen. Die Vereinbarung wird nur dann von dem Verbot erfasst, wenn Voraussetzungen vorliegen, aus denen sich insgesamt ergibt, dass der Wettbewerb tatsächlich spürbar verhindert, eingeschränkt oder verfälscht worden ist. Die Auswirkungen einer Vereinbarung brauchen im Übrigen nicht geprüft zu werden, wenn feststeht, dass sie einen wettbewerbswidrigen Zweck verfolgt (Urteil des Gerichtshofs vom 6. Oktober 2009, GlaxoSmithKline Services u. a./Kommission, C‑501/06 P, C‑513/06 P, C‑515/06 P und C‑519/06 P, Slg. 2009, I‑9291, Randnr. 55). In der vorliegenden Rechtssache brauchte die Kommission somit nur nachzuweisen, dass die Vereinbarungen bezweckten, den Wettbewerb zu verhindern, einzuschränken oder zu verfälschen. Sie war dagegen nicht verpflichtet, die wettbewerbsbeschränkenden Auswirkungen dieser Vereinbarungen nachzuweisen.

75      Der angefochtenen Entscheidung zufolge war die Kommission der Auffassung, dass die Vereinbarungen, in denen der Bitumen-Bruttopreis, ein den W5‑Mitgliedern gewährter minimaler Sonderrabatt und ein den kleinen Straßenbauunternehmen eingeräumter maximaler Rabatt festgelegt wurden, bezweckten, den Wettbewerb im Straßenbausektor zu beeinträchtigen, und dass es deshalb für die Feststellung, ob sie unter das Verbot des Art. 81 Abs. 1 EG fielen, nicht nötig war, ihre konkreten Auswirkungen zu untersuchen (Randnrn. 155 bis 160). Die Kommission prüfte deshalb die Auswirkungen dieser Vereinbarungen in den Randnrn. 79 bis 86 und 169 bis 174 nur hilfsweise.

76      Die Klägerin ist der Überzeugung, dass die Kommission die Auswirkungen des Kartells auf den Straßenbaumarkt falsch beurteilt habe, insbesondere aufgrund des geringen Anteils der Kosten für den Ankauf von Bitumen an den Gesamtkosten eines Straßenbauvorhabens (1,5 %). Die Kommission zieht diese Zahl in Zweifel und bemerkt, dass die Klägerin eine sehr extensive Berechnungsmethode angewandt habe und dass in einem öffentlichen Dokument des niederländischen Statistikbüros von 2006 die Bedeutung des Bitumenpreises für die Kosten der Straßenbauarbeiten hervorgehoben werde. Die Klägerin hält dieses Dokument als Beweismittel für unbeachtlich, da es erst im gerichtlichen Verfahren vorgelegt worden ist.

77      Eine Entscheidung über die Beachtlichkeit dieses Dokuments zu fällen, ist nicht erforderlich, denn die Kommission hat sich zum Nachweis dafür, dass der den W5 gewährte Sonderrabatt Auswirkungen auf den Wettbewerb im Straßenbausektor hatte, noch auf weitere Umstände berufen. Sie hat nämlich in der angefochtenen Entscheidung, ohne den Anteil der Bitumenkosten an Straßenbauvorhaben zu beziffern, ausgeführt: „Wichtig für die W5 war weniger das absolute Niveau des Bitumen-Nettopreises als vielmehr die Tatsache, dass sie einen relativen Vorteil gegenüber nicht zu den W5 zählenden Straßenbauunternehmen hatten“, denn dieser relative Vorteil konnte „die W5 in die Lage versetzen, sich in öffentlichen Ausschreibungen für Projekte mit einem verhältnismäßig hohen Bitumenbedarf den Zuschlag zu sichern“ (Randnrn. 70 und 153 der angefochtenen Entscheidung). Diese Behauptung gründet sich auf mehrere übereinstimmende Unterlagen in den Verwaltungsakten. So führte die Klägerin erstens in ihrer Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte aus: „Die Bitumen-Nettopreise stellten folglich die tatsächlichen Gestehungskosten des Bitumens für das einzelne Straßenbauunternehmen dar, für das sie also den Ausgangspunkt für die Berechnung der Gestehungskosten einer Tonne Asphalt als Teil eines Straßenbauvorhabens bildeten.“ Zweitens unterstrich SNV in ihrer internen Notiz vom 9. Februar 1995, dass die W5‑Mitglieder „großen Wert darauf legten, einen möglichst niedrigen Einkaufpreis im Verhältnis zu den Wettbewerbern zu erhalten“, und dass das absolute Preisniveau weit weniger wichtig gewesen sei. Drittens betonte Kuwait Petroleum in ihrer Erklärung vom 9. Oktober 2003, den großen Straßenbauunternehmen sei bekannt gewesen, ob ein Lieferant dadurch gegen die Kartellvereinbarungen verstoßen habe, dass er einem kleinen Straßenbauunternehmen einen höheren Rabatt eingeräumt habe, und zwar dank Cobouw, einer niederländischen Tageszeitung, in der die Ausschreibungen und die Ergebnisse der Vergabeverfahren im Bausektor veröffentlicht würden (Randnr. 70 der angefochtenen Entscheidung). Schließlich bestätigte ein kleines Straßenbauunternehmen, die Firma Veba, in einem Protokoll vom 31. Oktober 2001 über einen Besuch bei der Firma Van Kessel, das Wichtigste für dieses Unternehmen sei nicht der absolute Preis gewesen, sondern die Möglichkeit, einen möglichst niedrigen Preis zu erhalten.

78      Nach Auffassung des Gerichts erbringen diese Umstände den Nachweis dafür, dass der den W5-Unternehmen gewährte Sonderrabatt Auswirkungen auf den Wettbewerb im Straßenbausektor hatte, ohne dass es erforderlich ist, eine Entscheidung über den genauen Anteil der Bitumenkosten an den Gesamtkosten eines Straßenbauvorhabens zu fällen.

79      Die Klägerin trägt weiter vor, der Umstand, dass die großen Straßenbauunternehmen einen hohen Rabatt gefordert hätten, habe nur ihrer Einkaufsstrategie entsprochen, die erfolgreich gewesen sei, jedoch kein Mittel zur Einschränkung des Wettbewerbs gewesen sei. Kollektivvereinbarungen über Preise und Sonderrabatte sind jedoch nach dem Wettbewerbsrecht grundsätzlich verboten und stellen im Gegensatz zu bilateralen kaufmännischen Verhandlungen zwischen zwei Unternehmen keine bloße Handelsstrategie dar.

80      Aus dem Vorstehenden folgt, dass die Kommission die Auswirkungen des Kartells auf den Straßenbaumarkt nicht falsch beurteilt hat.

5.     Zum fünften Fehler bei der Tatsachenfeststellung oder ‑würdigung, betreffend die Funktionsweise des Kartells: Ursprung und Entwicklung des Kartells im Lauf der Zeit und Sanktionsmechanismus

a)     Vorbringen der Parteien

81      Die Klägerin trägt vor, der Kommission seien im Hinblick auf die Funktionsweise des Kartells drei Fehler bei der Tatsachenfeststellung oder ‑würdigung unterlaufen.

82      Erstens habe sich die Kommission, obwohl mehrere übereinstimmende Erklärungen von Lieferanten (BP, Kuwait Petroleum und Nynäs) sowie ein internes Dokument der Klägerin den Nachweis dafür erbrächten, dass allein die Lieferanten die Initiative für das Kartell ergriffen hätten, in der angefochtenen Entscheidung auf die gegenteiligen Erklärungen von SNV gestützt.

83      Zweitens habe sich die Kommission bezüglich der Entwicklung des Kartells im Lauf der Zeit geirrt. So habe es vor 1996 zwischen den W5 und den Lieferanten keinerlei Diskussionen gegeben; danach hätten Treffen stattgefunden, bei denen es sich um reine Förmlichkeiten gehandelt habe, da sie sich nicht von bilateralen Diskussionen zwischen einem Lieferanten und einem einzelnen Käufer wie etwa den Diskussionen mit jedem kleinen Straßenbauunternehmen unterschieden hätten. Die Lage habe sich erst ab 1999 geändert, als die W5 es aufgrund der starken Entwicklung der Bitumenpreise und der Feststellung, dass den kleinen Straßenbauunternehmen eine hoher Rabatt gewährt worden sei, für zweckmäßig gehalten hätten, vor jedem Treffen mit den Lieferanten eine gemeinsame Position festzulegen.

84      Drittens habe die Kommission die Rolle der großen Straßenbauunternehmen bei der Anwendung des Sanktionsmechanismus falsch eingeschätzt. Diese hätten nämlich nur ein einziges Mal, im April 2000, einen zusätzlichen kollektiven Rabatt verlangt, nachdem sie festgestellt hätten, dass den kleinen Straßenbauunternehmen ein hoher Rabatt gewährt worden sei. Bei dieser Gelegenheit habe auch die Firma ExxonMobil, die die Kommission dennoch nicht als Mitglied des Kartells angesehen habe, den W5 einen zusätzlichen Rabatt gewährt. Der Kommission lägen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass ein Sanktionsmechanismus bei einer anderen Gelegenheit angewandt worden sei. Im Übrigen gehe aus mehreren Angaben in den Akten der Kommission hervor, dass auch die kleinen Straßenbauunternehmen die Anwendung der niedrigsten Preise am Markt nach Abzug des Rabatts verlangt hätten.

85      Die Kommission weist dieses Vorbringen insgesamt zurück.

b)     Würdigung durch das Gericht

86      Zu dem ersten Argument, das die Beweismittel für den Ursprung des Kartells betrifft, stellt die Kommission, gestützt auf mehrere übereinstimmende Dokumente, fest, dass die Lieferanten und die großen Straßenbauunternehmen gemeinsam die Initiative für das Kartell ergriffen hätten. Die in Randnr. 70 der angefochtenen Entscheidung angeführten Erklärungen von Lieferanten, auf die sich die Klägerin berufen hat, betreffen dagegen nur die Vortreffen der Lieferanten und enthalten keine Information über den Ursprung des Kartells.

87      Dagegen wird die These der Kommission, dass die W5 ebenso wie die Lieferanten an der Errichtung eines Kartells interessiert waren, durch mehrere Unterlagen aus der Zeit der Anfänge des Kartells bestätigt. So wurde in der internen Notiz von SNV vom 6. Februar 1995 auf die Unruhe der großen Straßenbauunternehmen angesichts der instabilen Bitumenpreise im Jahr 1994 hingewiesen, die „den CROW-Preis und das Ergebnis von Ausschreibungsverfahren gefährde[n]“. Ferner wurde in einer internen Notiz von SNV vom 9. Februar 1995 der bilaterale Charakter des Kartells bestätigt, das als „Zusammenarbeit zweier Kartelle“ bezeichnet wurde. Ebenso wurde in einem Bericht von Wintershall vom 20. Februar 1992 darauf hingewiesen, dass die Klägerin an SNV herangetreten sei und um Vorschläge für die künftige Zusammenarbeit zwischen den Lieferanten und den W5-Unternehmen gebeten habe. Schließlich brachte HBG in einer internen Notiz vom 8. Juli 1994 ihre Besorgnis über die Entscheidung der Lieferanten, die im März 1994 getroffenen Vereinbarungen nicht einzuhalten, zum Ausdruck.

88      Nach Auffassung des Gerichts hat die Kommission diese Unterlagen zu Recht als Nachweis dafür angesehen, dass die W5 zusammen mit den Lieferanten die Initiative für das Kartell ergriffen haben. Die Anweisungen des Sekretariats der Geschäftsleitung der Klägerin, auf die sich diese beruft und in denen es heißt, dass die Initiative für die Bitumengespräche zwischen den großen Straßenbauunternehmen und den Lieferanten von SNV ausgegangen sei − die aber eher die Frage nach dem Anführer des Kartells betreffen − können für sich allein die aus der Prüfung der genannten Unterlagen gezogene Schlussfolgerung nicht widerlegen.

89      Zweitens rügt die Klägerin, die Kommission habe die Entwicklung des Kartells im Lauf der Zeit falsch beurteilt. Aus der angefochtenen Entscheidung ergibt sich jedoch, dass mehrere übereinstimmende Beweismittel das Bestehen und die Entwicklung der Zuwiderhandlung von 1994 bis 2002 belegen (Randnrn. 93 bis 126).

90      So verweist die Kommission für die Jahre 1994 und 1995 auf Umstände, die das Bestehen von Vereinbarungen zwischen den Lieferanten und den W5 sowie die Durchführung dieser Vereinbarungen belegen (Randnrn. 93 bis 99 der angefochtenen Entscheidung).

91      Zwar hat sich der angefochtenen Entscheidung zufolge im Jahr 1996 der Mechanismus zur Erzielung dieser Vereinbarungen geändert, denn fortan waren SNV und die Klägerin nicht mehr allein zum Abschluss von Vereinbarungen für Rechnung aller am Kartell Beteiligten befugt. Diese organisatorische Änderung hat jedoch die Gegenstände des Kartells nicht berührt (Randnr. 100).

92      Desgleichen spricht nichts dafür, dass sich die Art der Kartelltreffen 1999 geändert hätte, und namentlich, dass sich die großen Straßenbauunternehmen erst seit dieser Zeit getroffen hätten, um die Zusammenkünfte mit den Lieferanten vorzubereiten. So ergibt sich u. a. aus der Antwort der Klägerin vom 12. September 2003 auf ein Auskunftsverlangen, dass die W5-Mitglieder unmittelbar vor (oder nach) den Bitumengesprächen mit den Lieferanten zusammenkamen, um gemeinsam die Zusammenkünfte vorzubereiten (bzw. zu beurteilen) (Randnr. 72 der angefochtenen Entscheidung). Auch mehrere Lieferanten bestätigten, dass sich die großen Straßenbauunternehmen vor den Bitumengesprächen trafen, um diese vorzubereiten (Randnrn. 73 bis 75 der angefochtenen Entscheidung). Im Übrigen spielt der Umstand, dass angeblich ab 1999 Spannungen zwischen den beiden Gruppen des Kartells aufgetreten sind, für die wettbewerbsrechtliche Beurteilung dieser Treffen keine Rolle. Schließlich ist das Vorbringen der Klägerin zurückzuweisen, dass es sich bei den Zusammenkünften der ersten Jahre nur um bilaterale Diskussionen zwischen Lieferanten und Käufern gehandelt habe, denn Kollektivvereinbarungen über Preise und Sonderrabatte können nicht mit bilateralen kaufmännischen Verhandlungen zwischen zwei Unternehmen gleichgesetzt werden.

93      Drittens trägt die Klägerin vor, die Kommission habe die Rolle der W5 bei dem Sanktionsmechanismus überbewertet, denn dieser sei nur einmal, nämlich im Jahr 2000, zum Tragen gekommen. Auch hätten die regelmäßigen Drohungen der W5, die Lieferanten zu wechseln, ein kaufmännisches Verhalten dargestellt, das sich von dem der kleinen Straßenbauunternehmen nicht unterschieden habe.

94      In der angefochtenen Entscheidung hat sich die Kommission jedoch zu Recht auf mehrere übereinstimmende Dokumente gestützt, aus denen sich ergibt, dass die W5 gegen Lieferanten, die kleinen Straßenbauunternehmen einen überhöhten Rabatt gewährten, individuelle und zumindest in einem Fall kollektive Geldstrafen verhängten oder, wenn sie einen solchen Rabatt bemerkten, den Lieferanten wechselten. So enthielt ein interner Bericht von Wintershall vom 4. März 1996 über einen Besuch bei der Firma Heijmans einen Hinweis auf diese Strafmaßnahmen im Jahr 1995 (Randnr. 82 der angefochtenen Entscheidung). Desgleichen wurde in einem Bericht von HBG über das Bitumengespräch vom 14. September 1999 eine Frage nach einem zwei kleinen Straßenbauunternehmen gewährten hohen Rabatt aufgeworfen (Randnr. 83 der angefochtenen Entscheidung). Für das Jahr 2000 verwiesen sowohl die Klägerin selbst als auch BP auf eine kollektive Strafzahlung, die Lieferanten nach der Entdeckung des der Firma Krekel, einem kleinen Straßenbauunternehmen, gewährten Rabatts auferlegt wurde (Randnr. 84 der angefochtenen Entscheidung). Auch Kuwait Petroleum bestätigte in ihren Erklärungen vom 9. Oktober 2003 das Bestehen dieses Sanktionsmechanismus (Randnr. 85 der angefochtenen Entscheidung). Ebenso erklärte BP am 16. September 2003 in Beantwortung eines Auskunftsverlangens, dass die Klägerin im Jahr 2002 kein Bitumen mehr von Veba bezog, nachdem sie festgestellt hatte, dass einem kleinen Straßenbauunternehmen ein hoher Rabatt gewährt worden war (Randnr. 86 der angefochtenen Entscheidung). Außerdem wurde in der internen Notiz von SNV vom 9. Februar 1995 darauf hingewiesen, dass in dem Fall, dass nicht zu den W5 gehörenden großen Straßenbauunternehmen wettbewerbsfähige Angebote gemacht wurden, mit einer Verringerung der Bitumenbestellungen gedroht wurde (Randnr. 86 der angefochtenen Entscheidung). Kuwait Petroleum bestätigte in ihrer Erklärung vom 12. September 2003, dass, wenn ein Lieferant einem kleinen Straßenbauunternehmen einen höheren als den festgesetzten Rabatt einräumte, die W5 drohten, kein Bitumen mehr von ihm zu beziehen (Randnr. 86 der angefochtenen Entscheidung). Schließlich erwähnte die Klägerin in einem das Vortreffen vom 4. Mai 2001 betreffenden Dokument eine Strafe, die gegen Nynäs wegen ihrer Preispolitik verhängt wurde (Randnr. 117 der angefochtenen Entscheidung); dies wurde von Kuwait Petroleum in ihrer Erklärung vom 12. September 2003 bestätigt (Randnr. 118 der angefochtenen Entscheidung). Dass Nynäs in ihrer schriftlichen Antwort auf bestimmte Fragen der Kommission angab, dass nur einmal eine kollektive Strafe verhängt worden sei, genügt nicht zur Widerlegung der Tatsache, dass eine individuelle Strafe gegen sie verhängt wurde.

95      Nach der Überzeugung des Gerichts hat die Kommission zu Recht angenommen, dass diese Dokumente eine genaue Beschreibung des Mechanismus der von den W5 im Jahr 2000 gegen die Lieferanten verhängten kollektiven Strafzahlung enthielten. Im Übrigen ergibt sich aus diesen Dokumenten insgesamt das Bestehen eines individuellen und kollektiven Sanktionsmechanismus bei Nichtbeachtung der Kartellvereinbarungen während der gesamten Dauer des Kartells. Die Strafen bestanden entweder in einer Beendigung der Bestellungen bei dem Lieferanten, der diese Vereinbarungen verletzt hatte, oder in einer dem betreffenden Lieferanten oder allen Lieferanten auferlegten Strafzahlung.

96      Aus alledem ergibt sich somit, dass der Kommission kein Fehler bei der Beurteilung des Ursprungs des Kartells, seiner Entwicklung im Lauf der Zeit und des Sanktionsmechanismus unterlaufen ist.

6.     Zum sechsten Fehler bei der Tatsachenfeststellung oder ‑würdigung, betreffend die Rolle von ExxonMobil im Kartell

a)     Vorbringen der Parteien

97      Die Klägerin trägt vor, ein weiterer Fehler der Kommission bei der Tatsachenfeststellung oder ‑würdigung bestehe darin, dass sie in der angefochtenen Entscheidung nicht mehr auf ExxonMobil zurückgekommen sei, obwohl sie in der Mitteilung der Beschwerdepunkte ausgeführt habe, dass sich ExxonMobil vollkommen an die Kartellvereinbarungen gehalten habe, über die sie regelmäßig informiert worden sei. So habe ExxonMobil einen großen Teil des den W5 im Jahr 2000 als Strafe gewährten Zusatzrabatts übernommen, wie sich aus der Gutschrift ergebe, die sie der Klägerin am 15. November 2000 übersandt habe. Dies sei wichtig für das Verständnis des Funktionierens des Kartells, dem sämtliche Lieferanten angehört hätten.

98      Die Kommission weist darauf hin, dass sie nicht über ausreichende Beweise für die Beteiligung von ExxonMobil an dem Kartell verfügt habe.

b)     Würdigung durch das Gericht

99      Das Vorbringen der Klägerin ist unbeachtlich, denn selbst wenn es sachlich zutreffend wäre, hätte es keinen Einfluss auf die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung, soweit sie die Klägerin betrifft (Urteile des Gerichts vom 5. Juni 1996, Günzler Aluminium/Kommission, T‑75/95, Slg. 1996, II‑497, Randnr. 55, vom 27. Februar 1997, FFSA u. a./Kommission, T‑106/95, Slg. 1997, II‑229, Randnr. 199, und vom 14. Mai 2002, Graphischer Maschinenbau/Kommission, T‑126/99, Slg. 2002, II‑2427, Randnr. 49). Denn selbst wenn es ausreichende Beweise für die Beteiligung von ExxonMobil an dem Kartell gäbe, würden dadurch das Bestehen der Zuwiderhandlung und die Beteiligung der Klägerin daran nicht in Frage gestellt. Wäre nachgewiesen, dass auch ExxonMobil und damit alle auf dem Markt tätigen Lieferanten an dem Kartell beteiligt waren, würde dies nichts an der Beurteilung der den Verstoß gegen Art. 81 Abs. 1 EG bildenden Tatsachen oder der Beteiligung der Klägerin an diesem Verstoß durch die Kommission ändern.

100    Deshalb sind dieses Vorbringen und damit die Gesamtheit der Argumente zurückzuweisen, mit denen die Klägerin zur Begründung ihres Antrags auf Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung Fehler der Kommission bei der in dieser Entscheidung vorgenommenen Tatsachenfeststellung oder ‑würdigung gerügt hat.

C –  Rechtsfehler

1.     Vorbemerkungen

101    Die Klägerin wirft der Kommission fünf Fehler bei der Subsumtion des Sachverhalts unter Art. 81 EG vor. Sie rügt insbesondere, dass die Kommission den den W5 eingeräumten Sonderrabatt gegenüber dem Preis- und Marktaufteilungskartell, das allein die Lieferanten errichtet hätten, überbewertet habe.

102    Dieses Vorbringen ist sachlich unzutreffend, denn aus den Randnrn. 155 bis 159 der angefochtenen Entscheidung geht hervor, dass die Kommission die verschiedenen Gegenstände der Vereinbarungen (Festsetzung der Preise, einheitlicher Rabatt für die W5, geringerer Rabatt für die übrigen Straßenbauunternehmen) anhand des Art. 81 Abs. 1 EG geprüft hat, ohne einem Gegenstand größeres Gewicht beizumessen als einem anderen.

2.     Zum ersten Fehler bei der rechtlichen Bewertung des Sachverhalts: fehlende Beteiligung der großen Straßenbauunternehmen an dem Kartell der Lieferanten

a)     Vorbringen der Parteien

103    Die Klägerin trägt vor, die Kommission habe die großen Straßenbauunternehmen bei der Beurteilung ihres Verhaltens anhand des Art. 81 EG zu Unrecht für alle Verhaltensweisen der Lieferanten verantwortlich gemacht. Nur weil sie nicht bei einer Wettbewerbsbehörde Beschwerde gegen die Lieferanten erhoben hätten, könne noch nicht gesagt werden, dass sie die Zuwiderhandlung begangen hätten.

104    Die Kommission weist darauf hin, dass die Interessen der Lieferanten und der großen Straßenbauunternehmen so weitgehend übereinstimmten, dass von einem wettbewerbswidrigen Verhalten beider Parteien gesprochen werden könne.

b)     Würdigung durch das Gericht

105    Das Gericht weist darauf hin, dass die Vereinbarungen zwischen den W5 und den Lieferanten insgesamt berücksichtigt werden müssen, da sie zugleich den Bruttopreis, den den W5 eingeräumten Mindestrabatt und den den kleinen Straßenbauunternehmen gewährten maximalen Rabatt betrafen (vgl. die vorstehenden Randnrn. 44 bis 53). Die Kommission hat bei ihrer Subsumtion dieser Vereinbarungen unter Art. 81 Abs. 1 EG zu Recht eine Gesamtbeurteilung vorgenommen. Diese Gesamtbeurteilung bedeutet jedoch nicht, dass sie das Verhalten der Lieferanten den großen Straßenbauunternehmen zugerechnet hat.

3.     Zum zweiten Fehler bei der rechtlichen Bewertung des Sachverhalts: Fehlen eines wettbewerbswidrigen Zwecks des Kartells

a)     Vorbringen der Parteien

106    Die Klägerin vertritt die Auffassung, die Kommission habe nicht nachgewiesen, dass die W5 mit ihrem Verhalten einen wettbewerbswidrigen Zweck zum Schaden der Endverbraucher verfolgt hätten.

107    Zum einen habe nämlich der Unionsrichter ausgeführt, dass bei einer Vereinbarung, die auf eine Begrenzung des Parallelhandels abziele, zwar grundsätzlich davon auszugehen sei, dass sie eine Einschränkung des Wettbewerbs bezwecke, dies jedoch nur insofern, als vermutet werden könne, dass dadurch den Endverbrauchern die genannten Vorteile vorenthalten würden (Urteil des Gerichts vom 27. September 2006, GlaxoSmithKline Services/Kommission, T‑168/01, Slg. 2006, II‑2969, Randnr. 121). Die W5 seien jedoch lediglich bestrebt gewesen, den günstigsten Rabatt zu erhalten, was durch das Volumen der von allen W5-Mitgliedern getätigten Einkäufe ermöglicht worden sei und letztlich den Endverbrauchern zugutegekommen sei.

108    Zum anderen könne aus dem Bemühen um Preisstabilität als solchem kein wettbewerbsbeschränkender Zweck entnommen werden.

109    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

b)     Würdigung durch das Gericht

110    Vereinbarungen fallen unter das Verbot des Art. 81 Abs. 1 EG, wenn sie „eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Gemeinsamen Marktes bezwecken oder bewirken“. Nach ständiger Rechtsprechung weist der durch die Konjunktion „oder“ gekennzeichnete alternative Charakter dieser Voraussetzung darauf hin, dass zunächst der eigentliche Zweck der Vereinbarung in Betracht zu ziehen ist, wobei die wirtschaftlichen Begleitumstände ihrer Durchführung zu berücksichtigen sind. Lässt jedoch die Prüfung der Bestimmungen dieser Vereinbarung keine hinreichende Beeinträchtigung des Wettbewerbs erkennen, so sind ihre Auswirkungen zu untersuchen, und es müssen, damit die Vereinbarung von dem Verbot erfasst wird, Voraussetzungen vorliegen, aus denen sich insgesamt ergibt, dass der Wettbewerb tatsächlich spürbar verhindert, eingeschränkt oder verfälscht worden ist (Urteile des Gerichtshofs vom 30. Juni 1966, LTM, 56/65, Slg. 1966, 282, 304, und vom 20. November 2008, Beef Industry Development Society und Barry Brothers, C‑209/07, Slg. 2008, I‑8637, Randnr. 15; Urteil des Gerichts vom 9. Juli 2009, Peugeot und Peugeot Nederland/Kommission, T‑450/05, Slg. 2009, II‑2533, Randnr. 43). Um zu beurteilen, ob eine Vereinbarung nach Art. 81 Abs. 1 EG verboten ist, brauchen ihre konkreten Auswirkungen daher nicht berücksichtigt zu werden, wenn sich ergibt, dass die Vereinbarung eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Gemeinsamen Marktes bezweckt (Urteile des Gerichtshofs vom 13. Juli 1966, Consten und Grundig/Kommission, 56/64 und 58/64, Slg. 1966, 322, 390 und 391, und vom 21. September 2006, Nederlandse Federatieve Vereniging voor de Groothandel op Elektrotechnisch Gebied/Kommission, C‑105/04 P, Slg. 2006, I‑8725, Randnr. 125). Diese Prüfung ist vor dem Hintergrund des Inhalts der Vereinbarung und des wirtschaftlichen Zusammenhangs, in den sie sich einfügt, vorzunehmen (Urteile des Gerichtshofs vom 28. März 1984, CRAM und Rheinzink/Kommission, 29/83 und 30/83, Slg. 1984, 1679, Randnr. 26, vom 6. April 2006, General Motors/Kommission, C‑551/03 P, Slg. 2006, I‑3173, Randnr. 66, und das vorgenannte Urteil Beef Industry Development Society und Barry Brothers, Randnr. 16). Schließlich ist diese Untersuchungsmethode allgemein anzuwenden und nicht einer Kategorie von Vereinbarungen vorbehalten (Urteil des Gerichts vom 2. Mai 2006, O2 [Germany]/Kommission, T‑328/03, Slg. 2006, II‑1231, Randnr. 67).

111    Die Klägerin kann sich nicht auf Randnr. 121 des in der vorstehenden Randnr. 107 angeführten Urteils GlaxoSmithKline Services/Kommission berufen, da dem Gerichtshof zufolge „Art. 81 EG, wie auch die übrigen Wettbewerbsregeln des Vertrags, nicht nur dazu bestimmt ist, die unmittelbaren Interessen einzelner Wettbewerber oder Verbraucher zu schützen, sondern die Struktur des Marktes und damit den Wettbewerb als solchen. Daher setzt die Feststellung, dass mit einer Vereinbarung ein wettbewerbswidriger Zweck verfolgt wird, nicht voraus, dass dadurch den Endverbrauchern die Vorteile eines wirksamen Wettbewerbs hinsichtlich der Bezugsquellen oder der Preise vorenthalten werden“ (Urteil GlaxoSmithKline Services u. a./Kommission u. a., oben in Randnr. 74 angeführt, Randnr. 63). Die Klägerin hat auf eine Frage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung selbst eingeräumt, dass dieses Vorbringen angesichts dieser Rechtsprechung wohl nicht durchgreifen werde.

112    Somit ist zu prüfen, ob die in Rede stehenden Vereinbarungen einen wettbewerbswidrigen Zweck verfolgten.

113    Art. 81 Abs. 1 EG bezeichnet ausdrücklich als verbotene Vereinbarung „die unmittelbare oder mittelbare Festsetzung der An- oder Verkaufspreise oder sonstiger Geschäftsbedingungen“ und „die Anwendung unterschiedlicher Bedingungen bei gleichwertigen Leistungen gegenüber Handelspartnern, wodurch diese im Wettbewerb benachteiligt werden“. Aus den vorstehenden Randnrn. 49 bis 58 geht hervor, dass die Vereinbarungen zum einen die Festsetzung der An‑ und Verkaufspreise für Bitumen und zum anderen die Gewährung eines Vorzugsrabatts für die W5-Mitglieder bezweckten. Somit ergibt sich schon aus der Natur dieser Vereinbarungen, dass sie bezweckten, den Wettbewerb innerhalb des Gemeinsamen Marktes zu verhindern, einzuschränken oder zu verfälschen.

114    Dieses Ergebnis wird auch nicht durch das Vorbringen der Klägerin in Frage gestellt, dass diese Vereinbarungen die Stabilität der Einkaufspreise bezweckt hätten. Diese Vereinbarungen müssen nämlich insgesamt geprüft werden, und das Bemühen um Preisstabilität unterscheidet sich nicht von einer Festsetzung der Einkaufspreise (Urteil des Gerichts vom 27. September 2006, Archer Daniels Midland/Kommission, T‑329/01, Slg. 2006, II‑3255, Randnr. 197).

115    Aus alledem ergibt sich nach Auffassung des Gerichts, dass die Kommission rechtlich hinreichend nachgewiesen hat, dass die W5-Mitglieder und die Lieferanten mit ihrem Verhalten einen wettbewerbswidrigen Zweck verfolgten.

4.     Zum dritten Fehler bei der rechtlichen Bewertung des Sachverhalts: Weigerung der Kommission, Art. 81 Abs. 3 EG und die Leitlinien über Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit anzuwenden

a)     Vorbringen der Parteien

116    Die Klägerin trägt vor, die Kommission habe den Sachverhalt insoweit rechtlich falsch bewertet, als sie den Umstand, dass die W5 kollektiv einen Rabatt ausgehandelt hätten, nicht als „gemeinsamen Einkauf“ im Sinne des Art. 81 Abs. 3 EG angesehen habe, der nach den Leitlinien zur Anwendbarkeit von Artikel 81 [EG] auf Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit (ABl. 2001, C 3, S. 2, im Folgenden: Leitlinien über Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit) zulässig sei.

117    Zunächst habe die Kommission in der angefochtenen Entscheidung ihr Verhalten ausschließlich anhand des Art. 81 Abs. 3 EG und nicht anhand der Leitlinien über Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit geprüft, die sie ohnehin zu eng ausgelegt habe. Diese Leitlinien seien jedoch auf sie anwendbar, da sie das Verhalten der Käufer auf ihrem eigenen Verkaufsmarkt beträfen und die Kommission nicht nachgewiesen habe, dass die W5 den Bruttopreis zusammen mit den Lieferanten festgesetzt hätten. So hätten sich die W5 in der vorliegenden Rechtssache abgestimmt, um im Interesse des Endverbrauchers günstigere Einkaufspreise zu erhalten, was einer gemeinsamen Einkaufsorganisation gleichkomme.

118    Weiter habe die Kommission bei der Prüfung ihres Verhaltens anhand von Art. 81 Abs. 3 EG mehrere Fehler gemacht. So habe sie erstens fälschlich eine Parallele zwischen den Begriffen des gemeinsamen Einkaufs und des gemeinsamen Verkaufs gezogen; nur der letztere sei nach Art. 81 EG verboten. Ferner hätte die Kommission eine Analyse der Marktmacht der großen Straßenbauunternehmen vornehmen müssen, um festzustellen, ob sie den Wettbewerb tatsächlich hätten einschränken können, wobei zu berücksichtigen sei, dass die kleinen Straßenbauunternehmen systematisch einen höheren Rabatt hätten aushandeln können als den, der den W5 gewährt worden sei.

119    Außerdem wendet sich die Klägerin gegen die Feststellung der Kommission in Randnr. 157 der angefochtenen Entscheidung, es sei nicht zutreffend, dass jedes einzelne Unternehmen der W5 immer eine größere Bitumenmenge abnehme als jedes einzelne kleine Straßenbauunternehmen. Diese Behauptung sei völlig unbewiesen und stelle eine bloße Hypothese dar, denn die Kommission habe bei den kleinen Straßenbauunternehmen keine Daten über ihre Einkäufe erhoben. Ein Lieferant könne einem Unternehmen, das weniger große Mengen einkaufe, ohnehin aus besonderen wirtschaftlichen Gründen, insbesondere wenn das Einkaufspotenzial dieser Firma sehr groß sei, einen höheren Rabatt einräumen. Dass das Verhalten der W5 mit dem Wettbewerbsrecht in Einklang gestanden habe, ergebe sich auch daraus, dass die Verhandlungen der W5 mit den Lieferanten nur darin bestanden hätten, einen kollektiven Mindestrabatt festzulegen, der in der Folgezeit habe erhöht werden können.

120    Schließlich wendet sich die Klägerin gegen Randnr. 313 der angefochtenen Entscheidung, in dem die Kommission ausführte, dass die großen Straßenbauunternehmen den Wettbewerb untereinander eingeschränkt hätten; jedes große Straßenbauunternehmen habe nämlich die Höhe seines Rabatts bilateral mit dem Lieferanten ausgehandelt. Dazu komme, dass nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs (Urteil des Gerichtshofs vom 12. September 2000, Pavlov u. a., C‑180/98 bis C‑184/98, Slg. 2000, I‑6451, Randnrn. 92 ff.) eine Regelung, die einschränkende Wirkungen nur in Bezug auf einen einzigen Kostenfaktor erzeuge, der dazu noch von geringer Bedeutung sei, den Wettbewerb nicht spürbar einschränke. Insoweit weist die Klägerin darauf hin, dass Bitumen nur 1,5 % der Gesamtkosten für ein Straßenbauunternehmen ausmache.

121    Die Kommission weist das gesamte Vorbringen der Klägerin zurück.

b)     Würdigung durch das Gericht

122    Nach ständiger Rechtsprechung ist es Sache der Unternehmen, die eine Freistellung nach Art. 81 Abs. 3 EG beantragen, anhand von Beweismaterial darzutun, dass diese gerechtfertigt ist. Deshalb kann der Kommission nicht vorgeworfen werden, keine anderen Lösungen vorgeschlagen und auch nicht angegeben zu haben, was ihrer Ansicht nach eine Freistellung rechtfertigen würde (Urteil des Gerichtshofs vom 17. Januar 1984, VBVB und VBBB/Kommission, 43/82 und 63/82, Slg. 1984, 19, Randnr. 52; und Urteil des Gerichts vom 30. September 2003, Atlantic Container Line u. a./Kommission, T‑191/98, T‑212/98 bis T‑214/98, Slg. 2003, II‑3275, Randnr. 220). Die Kommission hat im Rahmen ihrer Begründungspflicht lediglich die tatsächlichen und rechtlichen Gegebenheiten sowie die Erwägungen anzuführen, die sie zum Erlass der Entscheidung veranlasst haben, mit der der Antrag auf Freistellung zurückgewiesen worden ist; die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, dass die Kommission auf alle tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte eingeht, die sie im Verwaltungsverfahren vorgetragen hat (Urteil des Gerichts vom 21. Februar 1995, SPO u. a./Kommission, T‑29/92, Slg. 1995, II‑289, Randnrn. 262 und 263). Somit hat die Klägerin nachzuweisen, dass die Ablehnung der Kommission, ihr eine Freistellung gemäß Art. 81 Abs. 3 EG zu gewähren. auf einem Rechtsfehler oder einem Fehler bei der Tatsachenfeststellung oder ‑würdigung beruht.

123    Die Kommission hat in den Randnrn. 162 bis 168 der angefochtenen Entscheidung die Gründe angegeben, aus denen die Beteiligung der W5 an den Vereinbarungen ihrer Meinung nach nicht als gemeinsamer Einkauf im Sinne der Leitlinien über Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit anzusehen war. So hat sie in Randnr. 163 der angefochtenen Entscheidung daran erinnert, dass diese Leitlinien nicht bezweckten, Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit allgemein für zulässig zu erklären, sondern nur Grundsätze für ihre Bewertung gemäß Art. 81 EG aufstellten. In Randnr. 165 der angefochtenen Entscheidung hat sie dazu ausgeführt, dass die hier in Rede stehenden Vereinbarungen eine Beschränkung des Wettbewerbs bezweckt und für die nicht daran beteiligten Unternehmen Folgen gehabt hätten (Festsetzung der Preise für alle Straßenbauunternehmen in den Niederlanden und Festlegung einer Höchstgrenze für die Rabatte für die kleinen Straßenbauunternehmen). Zudem haben die W5, wie die Kommission zu Recht in Randnr. 166 der angefochtenen Entscheidung dargelegt hat, bei diesen Verhandlungen mit den Lieferanten ohnehin nicht „eingekauft“; diese hatten nur die Festsetzung der Preise und der Rabatte zum Gegenstand, also ein Verhalten, das in Ziff. 124 der Leitlinien über die Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit als verschleiertes Kartell qualifiziert wird. Darüber hinaus haben die W5 diese Vereinbarungen mit einer Gruppe von Verkäufern getroffen, die ebenfalls ein Kartellverhalten an den Tag legten. Schließlich ist Art. 81 Abs. 3 EG gar nicht anwendbar, denn nach Ziff. 133 der Leitlinien über Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit können Einkaufsvereinbarungen nicht freigestellt werden, wenn sie Beschränkungen auferlegen, die zur Erreichung der mit ihnen verbundenen wirtschaftlichen Vorteile nicht unerlässlich sind. Tatsächlich erlegten die hier in Rede stehenden Vereinbarungen den kleinen Straßenbauunternehmen Beschränkungen in Form begrenzter Rabatte auf; dabei handelte es sich um Beschränkungen, die Dritte betrafen und zur Erreichung der angestrebten wirtschaftlichen Vorteile nicht unerlässlich waren.

124    Sonach hat sich die Kommission entgegen dem Vorbringen der Klägerin nicht darauf beschränkt, ihr Verhalten allein nach Art. 81 Abs. 3 EG zu beurteilen, sondern sie hat auch die Leitlinien über Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit berücksichtigt.

125    Außerdem hält die Klägerin die Auffassung der Kommission für rechtsfehlerhaft, dass die Leitlinien über Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit kein besonderes Verhalten als zulässig vorsähen, sondern nur Grundsätze für die Bewertung derartiger Vereinbarungen gemäß Art. 81 EG enthielten. Aus Ziff. 1 dieser Leitlinien geht jedoch eindeutig hervor, dass in ihnen „die Grundsätze für die Bewertung von Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit gemäß Artikel 81 [EG] dargelegt“ werden. Der Kommission ist somit in diesem Punkt kein Rechtsfehler unterlaufen.

126    Die Klägerin meint des Weiteren, die Kommission habe den gemeinsamen Einkauf zu Unrecht einem gemeinsamen Verkauf gleichgestellt, der allein nach den Leitlinien über Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit verboten sei. So habe sie in Randnr. 159 der angefochtenen Entscheidung eine Voraussetzung hinzugefügt, durch die die Käufer verpflichtet würden, ein autonomes Marktverhalten an den Tag zu legen, während die Leitlinien über Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit keine derartige Voraussetzung aufstellten. Aus Randnr. 159 der angefochtenen Entscheidung, die sich auf die Anwendung des Art. 81 Abs. 1 EG und nicht des Art. 81 Abs. 3 EG bezieht, ergibt sich jedoch, dass die Kommission lediglich auf das die Besonderheiten des niederländischen Marktes betreffende Vorbringen einiger Unternehmen im Verwaltungsverfahren einging und nicht beabsichtigte, die Leitlinien über Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit auszulegen. Dieses Vorbringen ist daher zurückzuweisen.

127    Die Klägerin rügt ferner, dass die Kommission keine Untersuchung der Marktmacht der W5 vorgenommen habe, um zu prüfen, ob diese tatsächlich in der Lage gewesen seien, den Wettbewerb zu beschränken. Die Kommission hielt sich jedoch zu Recht nicht für verpflichtet, eine solche Untersuchung vorzunehmen, da es sich nicht um eine Kooperationsvereinbarung handelte, durch die die Käufer versucht hätten, ein Gegengewicht zu den Verkäufern zu bilden, sondern vielmehr um ein gemeinsames Preiskartell zwischen zwei Gruppen. Auch hat die Kommission in Randnr. 24 der angefochtenen Entscheidung vorab klargestellt, dass die W5-Mitglieder 36 der 51 in den Niederlanden bestehenden Asphaltwerke, also mehr als 70 % dieser Werke, kontrollierten. Außerdem brauchen nach Ziff. 18 der Leitlinien über Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit bei Vereinbarungen, die durch die Festsetzung der Preise, Begrenzung der Produktion oder Aufteilung der Märkte oder Kunden eine Wettbewerbsbeschränkung bezwecken und bei denen davon ausgegangen wird, dass sie negative Auswirkungen auf den Markt haben, die tatsächlichen Auswirkungen auf den Wettbewerb und den Markt nicht untersucht zu werden. Da die Kommission zu dem Ergebnis gekommen war, dass die fraglichen Vereinbarungen ihrem Wesen nach auf eine Behinderung des Wettbewerbs abzielten (Randnr. 165 der angefochtenen Entscheidung), brauchte sie die Marktmacht der zu den W5 gehörenden Unternehmen nicht genauer zu untersuchen.

128    Nach Auffassung der Klägerin hat die Kommission einen weiteren Fehler bei der Tatsachenfeststellung oder ‑würdigung gemacht, als sie, ohne irgendeinen Beweis dafür zu erbringen, ausgeführt habe, es treffe nicht zu, dass jedes einzelne Unternehmen der W5 immer eine größere Bitumenmenge abnehme als jedes einzelne kleine Straßenbauunternehmen. Aus der angefochtenen Entscheidung geht jedoch hervor, dass sich die Kommission für ihre Behauptung, dass sich der den großen Straßenbauunternehmen eingeräumte Rabatt nicht nach dem Einkaufsvolumen ihrer Mitglieder gerichtet habe und dass der ihnen gewährte Sonderrabatt bezweckt habe, die übrigen Straßenbauunternehmen zu schädigen, auf mehrere Beweismittel stützte (vgl. die vorstehenden Randnrn. 50 und 51). Auch bildet der Umstand, dass jedes W5‑Mitglied versuchte, außer dem kollektiven Rabatt noch einen Zusatzrabatt nach Maßgabe der bezogenen Mengen zu erhalten, ein zusätzliches Indiz dafür, dass der kollektive Rabatt nicht an das Einkaufsvolumen der W5-Mitglieder geknüpft war.

129    Schließlich wendet sich die Klägerin gegen das Vorbringen der Kommission, dass die Vereinbarungen bezweckten, den Wettbewerb zu beschränken (Randnrn. 166 und 313 der angefochtenen Entscheidung). Diese Vereinbarungen hätten weder den Wettbewerb zwischen den W5-Mitgliedern noch den Wettbewerb zwischen allen Straßenbauunternehmen beschränkt, denn Bitumen mache nur 1,5 % der Gesamtkosten dieser Unternehmen aus. Aus der angefochtenen Entscheidung geht jedoch hervor, dass die W5-Mitglieder dadurch, dass sie zusammen mit den Lieferanten, die 80 % des Marktes innehatten, den Bruttopreis und den Rabatt für alle ihre zukünftigen Einkäufe festsetzten, den potenziellen Wettbewerb untereinander beschränkten. Im Übrigen hat die Kommission, auch wenn der Gerichtshof in dem besonderen Fall einer Regelung, die die Pflichtmitgliedschaft in einem Zusatzrentensystem vorschrieb, entschieden hat, dass dies den Wettbewerb nicht beschränke (Urteil Pavlov u. a., oben in Randnr. 120 angeführt, Randnr. 95), zu Recht darauf hingewiesen, dass der den W5 gewährte Rabatt wegen des im Straßenbausektor bestehenden Ausschreibungsmechanismus Auswirkungen auf den Wettbewerb in diesem Sektor hatte (vgl. die vorstehenden Randnrn. 69 bis 73).

130    Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass der Kommission kein Rechtsfehler oder Fehler bei der rechtlichen Bewertung des Sachverhalts unterlaufen ist, als sie es abgelehnt hat, die Beteiligung der W5 an den Vereinbarungen als „gemeinsamen Einkauf“ im Sinne von Art. 81 Abs. 3 EG anzusehen, der nach den Leitlinien über Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit zulässig ist.

5.     Zum vierten Fehler bei der rechtlichen Bewertung des Sachverhalts: ungenaue Abgrenzung des relevanten Marktes und falsche Beurteilung der Marktposition der großen Straßenbauunternehmen

a)     Vorbringen der Parteien

131    Die Klägerin führt aus, die Kommission habe den Sachverhalt rechtlich falsch bewertet, indem sie bei der Beurteilung der Marktposition der W5 den relevanten Markt zu eng definiert habe. So habe sie, der Auffassung der Lieferanten folgend, den relevanten Markt nur deshalb eng definiert, um darzutun, dass der Marktanteil der großen Straßenbauunternehmen beim Einkauf 49,5 % betragen habe (Randnr. 29 der angefochtenen Entscheidung). Die Beanstandung der von der Kommission vorgenommenen Festlegung des Marktes habe keinen autonomen Charakter gegenüber den Rügen einer Beeinträchtigung des Wettbewerbs (Urteil des Gerichts vom 16. Dezember 2003, Nederlandse Federatieve Vereniging voor de Groothandel op Elektrotechnisch Gebied und Technische Unie/Kommission, T‑5/00 und T‑6/00, Slg. 2003, II‑5761, Randnr. 123).

132    Erstens habe die Kommission keine ausreichenden Gründe dafür angegeben, dass sie das Industriebitumen von dem relevanten Markt ausgeschlossen habe, und insbesondere nicht behauptet, dass es kein geeignetes Ersatzangebot gegeben habe.

133    Zweitens wendet sich die Klägerin gegen die Entscheidung der Kommission, den relevanten Markt räumlich auf die Niederlande zu beschränken. Im Zeitraum der Zuwiderhandlung habe nur noch Kuwait Petroleum Bitumen in den Niederlanden hergestellt, während die übrigen Lieferanten das in den Niederlanden vertriebene Bitumen aus Belgien oder Deutschland eingeführt und über eine strukturierte Vertriebsorganisation für die Benelux-Staaten verfügt hätten. Die Kommission habe auf diese Weise klare Anzeichen für eine grenzüberschreitende Abstimmung zwischen Lieferanten außer Acht gelassen. Desgleichen habe sie grundlos die übereinstimmenden Bekundungen mehrerer großer Straßenbauunternehmen zurückgewiesen, wonach die Lieferanten den niederländischen Bitumenmarkt von den anderen Märkten abgeschottet und sie daran gehindert hätten, sich im Ausland einzudecken (Randnr. 174 der angefochtenen Entscheidung). Hätte die Kommission dagegen bei ihrer Festlegung des relevanten Marktes Belgien und Westdeutschland berücksichtigt, so hätte der Marktanteil der W5 unter 15 % gelegen. Den Leitlinien über Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit zufolge besäßen mehrere Unternehmen, die an einem gemeinsamen Einkauf beteiligt seien, keine Marktmacht, wenn ihre gesamten Marktanteile unter 15 % lägen.

134    Die Kommission tritt dem gesamten Vorbringen der Klägerin entgegen.

b)     Würdigung durch das Gericht

135    Im Rahmen der Anwendung von Art. 81 EG muss die Kommission prüfen, ob die fragliche abgestimmte Verhaltensweise den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen geeignet ist und eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Gemeinsamen Marktes bezweckt oder bewirkt. Die Parteien streiten über den Umfang dieser Verpflichtung der Kommission und über die Festlegung des relevanten Marktes in der angefochtenen Entscheidung.

136    Nach der Rechtsprechung hat die Definition des relevanten Marktes im Rahmen der Anwendung des Art. 81 Abs. 1 EG nur den Zweck, zu ermitteln, ob die fragliche Vereinbarung den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen geeignet ist und eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Gemeinsamen Marktes bezweckt oder bewirkt (Beschluss des Gerichtshofs vom 16. Februar 2006, Adriatica di Navigazione/Kommission, C‑111/04 P, Randnr. 31; und Schlussanträge des Generalanwalts Mengozzi in der Rechtssache Archer Daniels Midland/Kommission, C‑511/06 P, Urteil des Gerichtshofs vom 9. Juli 2009, Slg. 2009, I‑5843, I‑5848, Nrn. 196 und 197).

137    Im Übrigen muss die Kommission, wie bereits in der Rechtsprechung des Gerichts ausgeführt worden ist, in einer Entscheidung nach Art. 81 EG nicht stets den relevanten Markt abgrenzen, sondern nur dann, wenn ohne eine solche Abgrenzung nicht bestimmt werden kann, ob das fragliche Kartell den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen geeignet ist und eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Gemeinsamen Marktes bezweckt oder bewirkt (Urteile des Gerichts vom 6. Juli 2000, Volkswagen/Kommission, T‑62/98, Slg. 2000, II‑2707, Randnr. 230, vom 8. Juli 2004, Mannesmannröhren-Werke/Kommission, T‑44/00, Slg. 2004, II‑2223, Randnr. 132, und vom 25. Oktober 2005, Groupe Danone/Kommission, T‑38/02, Slg. 2005, II‑4407, Randnr. 99).

138    Die Definition des relevanten Marktes ist notwendig, um zu prüfen, ob in einer bestimmten Situation die in Art. 81 Abs. 3 Buchst. b EG für die Nichtanwendung des Art. 81 Abs. 1 EG aufgestellte Voraussetzung erfüllt ist (vgl. in diesem Sinne die Bekanntmachung der Kommission über die Definition des relevanten Marktes im Sinne des Wettbewerbsrechts der Gemeinschaft [ABl. 1997, C 372, S. 5] und Urteil des Gerichts vom 19. März 2003, CMA CGM u. a./Kommission [T‑213/00, Slg. 2003, II‑913, Randnr. 226]); diese Prüfung ist dagegen nicht erforderlich, um festzustellen, ob die anderen drei Voraussetzungen des Art. 81 Abs. 3 EG erfüllt sind (Urteil CMA CGM u. a./Kommission, Randnr. 226).

139    In der vorliegenden Rechtssache hat die Kommission es zu Recht abgelehnt, Art. 81 Abs. 3 EG, namentlich Art. 81 Abs. 3 Buchst. b EG anzuwenden (siehe die vorstehenden Randnrn. 122 bis 130). Außerdem trägt die Klägerin vor, dass die falsche Definition des relevanten Marktes durch die Kommission einen Einfluss auf die Beurteilung der Marktmacht der W5-Mitglieder gehabt habe, die in Wirklichkeit weit weniger bedeutend gewesen sei als angenommen; sie bestreitet jedoch nicht, dass die fraglichen Vereinbarungen geeignet waren, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen und zumindest eine Stabilisierung der Einkaufspreise bezweckten. Dies aber bewirkte, wie schon dargelegt (Randnrn. 113 bis 115), eine Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Gemeinsamen Marktes. Da die Anwendung des Art. 81 EG keine vorherige Definition des relevanten Marktes erforderte, konnte sich die Kommission darauf beschränken, auf das vom Kartell betroffene Produkt und auf das betroffene Gebiet abzustellen.

140    Die Klägerin rügt, die Kommission habe keine ausreichenden Gründe dafür angegeben, dass sie das Industriebitumen von dem relevanten Markt ausgeschlossen habe, und insbesondere nicht behauptet, dass es kein geeignetes Ersatzangebot gegeben habe. Da sie jedoch nicht verpflichtet war, den Markt festzulegen, kann ihr insoweit keine Verletzung der Begründungspflicht vorgeworfen werden (vgl. das in Randnr. 137 angeführte Urteil Groupe Danone/Kommission, Randnr. 99).

141    Die Klägerin beanstandet ferner, dass die Kommission bei der räumlichen Definition des relevanten Marktes zu Unrecht nur auf die Niederlande abgestellt habe, obwohl nur eine einziges Ölgesellschaft Bitumen in den Niederlanden hergestellt habe, während die anderen Lieferanten ihr Bitumen aus Deutschland oder Belgien eingeführt hätten und einige von ihnen über eine Vertriebsorganisation für die Benelux-Staaten verfügt hätten. Aus den Randnrn. 27 und 28 der angefochtenen Entscheidung geht jedoch hervor, dass die Kommission diese Gegebenheiten berücksichtigt, aber zugleich darauf hingewiesen hat, dass der Vertrieb des Bitumen aufgrund der niederländischen Qualitätsanforderungen, des Mechanismus zur Risikokontrolle und der Eigentumsstrukturen bei den Asphaltwerken auf rein nationaler Ebene erfolgte.

142    Im Übrigen vermögen die Hinweise der Klägerin zur Begründung ihrer Behauptung, dass ein Kartell in Belgien bestanden habe, für sich allein nicht die Annahme zu stützen, dass die Definition des relevanten Marktes durch die Kommission auf einem Rechtsfehler beruhte. Jedenfalls hat die Kommission diese Hinweise in der angefochtenen Entscheidung berücksichtigt. Dabei handelt es sich zum einen um ein handgeschriebenes Protokoll von Kuwait Petroleum über eine Abstimmung zwischen Lieferanten (Nynäs, Klöckner, SNV, BP, Smid & Hollander und Kuwait Petroleum) vom 4. März 1994, in dem die Notwendigkeit betont wurde, „das Preisniveau in Belgien anzuheben“. Zum anderen geht es um Unterlagen, in denen darauf hingewiesen wurde, dass SNV über eine strukturierte Vertriebsorganisation in den Benelux-Staaten verfügte, in der von 1993 bis 1998 ein einziger Leiter für den Vertrieb von Bitumen in diesen Ländern verantwortlich war. Dasselbe gilt für ExxonMobil, deren Vertriebsorganisation in Belgien und in den Niederlanden von denselben Personen geleitet wurde.

143    Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die Definition des relevanten Marktes durch die Kommission weder auf einem Rechtsfehler noch auf einer falschen Bewertung des Sachverhalts beruhte.

6.     Zum fünften Fehler bei der rechtlichen Bewertung des Sachverhalts: keine indirekten Auswirkungen auf den nachgelagerten Straßenbaumarkt

a)     Vorbringen der Parteien

144    Nach Auffassung der Klägerin beruht die Annahme der Kommission, dass die in Rede stehenden Vereinbarungen indirekte Auswirkungen auf den nachgelagerten Straßenbaumarkt gehabt hätten, auf einer falschen rechtlichen Bewertung des Sachverhalts. Die Kosten für den Einkauf von Bitumen machten nur einen sehr kleinen Teil des Umsatzes der Straßenbauunternehmen in den Niederlanden aus, außer in den seltenen Fällen von Straßenbauvorhaben, die nur die Lieferung sehr großer Asphaltmengen erforderten (weniger als 10 % der Vorhaben) und bei denen die Straßenbauunternehmen ohnehin in der Lage seien, einen zusätzlichen Rabatt auszuhandeln. Die Kommission habe im Übrigen ihre Behauptung, dass ein kleiner Preisunterschied beim Einkauf von Bitumen eine entscheidende Rolle bei der Vergabe öffentlicher Aufträge spielen könne, nicht auf Berechnungen gestützt. Ferner habe sie nicht nachgewiesen, dass die Bruttopreise in den Niederlanden höher gewesen seien als im Ausland. Die Angaben über die Preisentwicklungen in mehreren Ländern seien nämlich in der nicht vertraulichen Fassung der von den Lieferanten stammenden Dokumente gestrichen worden, und aus mehreren Schriftstücken ergebe sich, dass die Preise in den Niederlanden tatsächlich mit denen in den Nachbarländern vergleichbar gewesen seien.

145    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

b)     Würdigung durch das Gericht

146    Die Klägerin trägt zunächst vor, die Kommission habe nicht nachgewiesen, dass der Bitumenpreis, der nur einen sehr kleinen Teil der Kosten eines Straßenbauvorhabens ausmache, den Wettbewerb durch seine indirekten Auswirkungen auf den nachgelagerten Straßenbaumarkt beeinflussen könne. Es ist jedoch daran zu erinnern (siehe die vorstehenden Randnrn. 74 bis 79 und 110 bis 115), dass die Vereinbarungen die Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezweckten. Deshalb war die Kommission nicht gehalten, die konkreten wettbewerbswidrigen Wirkungen dieser Vereinbarungen nachzuweisen.

147    Die Klägerin wirft der Kommission ferner vor, nicht ausreichend nachgewiesen zu haben, dass der Bruttopreis in den Niederlanden während des Zeitraums der Zuwiderhandlung höher gewesen sei als in den Nachbarländern. Aus der angefochtenen Entscheidung geht jedoch hervor (Randnr. 174), dass sich die Kommission auf mehrere bei ihren Nachprüfungen beschlagnahmte Dokumente gestützt hat, darunter eine interne Notiz von SNV vom 9. Februar 1995, in der auf Preisunterschiede zwischen den Niederlanden und ihren Nachbarländern hingewiesen wurde, die a priori nicht zu rechtfertigen seien, sowie auf eine Erklärung von Kuwait Petroleum vom 9. Oktober 2003, in der ebenfalls von einem Preisunterschied zwischen den Niederlanden und ihren Nachbarländern die Rede war. Die Kommission stützte sich außerdem auf in den Geschäftsräumen der Klägerin beschlagnahmte Notizen, die die Zusammenkünfte vom 12. April 2000 und vom 29. Januar 2002 betrafen. Diesen Notizen zufolge lagen die Nettopreise in den Niederlanden im Jahr 2000 um 25 NLG über den Preisen in Belgien (Randnr. 111 der angefochtenen Entscheidung). Ebenso ergibt sich aus diesen Notizen für 2002, dass der Nettopreis in den Niederlanden 183 Euro gegen 162 Euro in Deutschland und Belgien und 158 Euro in Frankreich betrug (Randnr. 123 der angefochtenen Entscheidung). Diese übereinstimmenden Beweise reichen zum Nachweis dafür aus, dass das Niveau des Bruttopreises in den Niederlanden höher war als in den Nachbarländern.

148    Dem von der Klägerin gegenüber der Kommission erhobenen Vorwurf bezüglich der vertraulichen Behandlung der Angaben der Lieferanten über die Preisentwicklungen in mehreren Ländern ist entgegenzuhalten, dass die Lieferanten angesichts des Umstands, dass kein wettbewerbswidriges Verhalten in den Nachbarländern festgestellt worden ist, das Recht hatten, die Informationen über die in diesen Ländern angewandten Preise als Geschäftsgeheimnis zu behandeln.

149    Aus dem Vorstehenden folgt, dass die Annahme der Kommission, dass die fraglichen Vereinbarungen indirekte Auswirkungen auf den nachgelagerten Straßenbaumarkt hatten, nicht auf einer falschen rechtlichen Bewertung des Sachverhalts beruhte.

150    Folglich ist das gesamte Vorbringen der Klägerin zur Stützung ihres Antrags auf Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung zurückzuweisen, soweit damit Rechtsfehler der Kommission in dieser Entscheidung gerügt werden.

D –  Zur Verletzung wesentlicher Formvorschriften und der Verteidigungsrechte

1.     Vorbringen der Parteien

151    Mit dem dritten und letzten Klagegrund, auf den die Klägerin ihren Antrag auf Nichtigerklärung stützt, rügt sie eine Verletzung wesentlicher Formvorschriften und ihrer Verteidigungsrechte dadurch, dass die Kommission ihr nicht alle Erwiderungen der anderen Unternehmen auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte übermittelt habe.

152    Die Übermittlung allein der Stellen in den Erwiderungen, auf die sich die Kommission in ihrer angefochtenen Entscheidung ausdrücklich zu stützen beabsichtigte, sei insoweit ungenügend. Die Übermittlung der vollständigen Erwiderungen sei aufgrund des horizontalen und vertikalen Charakters des Kartells und der Voreingenommenheit der Kommission zugunsten der Lieferanten besonders notwendig gewesen. Schließlich habe nicht die Kommission allein darüber zu entscheiden, in welche Erwiderungen auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte Einsicht gewährt werden müsse.

153    Die Kommission weist das gesamte Vorbringen der Klägerin zurück.

2.     Würdigung durch das Gericht

154    Ausweislich der Akten übersandte die Kommission der Klägerin am 24. Mai 2006 Auszüge aus den Erwiderungen der anderen Unternehmen auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte, die sie in der angefochtenen Entscheidung als Beweismittel zu verwenden beabsichtigte. Die Klägerin nahm dazu am 12. Juni 2006 Stellung und beantragte, ihr Einsicht in die vollständigen Erwiderungen der anderen Unternehmen auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte zu gewähren. Die Kommission gab diesem Antrag jedoch nicht statt.

a)     Allgemeine Grundsätze betreffend die Einsicht in die nach Erlass der Mitteilung der Beschwerdepunkte eingegangenen Dokumente

155    Art. 27 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 bestimmt:

„Die Verteidigungsrechte der Parteien müssen während des Verfahrens in vollem Umfang gewahrt werden. Die Parteien haben das Recht auf Einsicht in die Akten der Kommission, vorbehaltlich des berechtigten Interesses von Unternehmen an der Wahrung ihrer Geschäftsgeheimnisse. Von der Akteneinsicht ausgenommen sind vertrauliche Informationen sowie interne Schriftstücke der Kommission und der Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten.“

156    In Ziff. 8 der Mitteilung der Kommission über die Regeln für die Einsicht in Kommissionsakten in Fällen einer Anwendung der Artikel 81 [EG] und 82 [EG], der Artikel 53, 54 und 57 des EWR-Abkommens und der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates (ABl. 2005, C 325, S. 7) wird die „Akte der Kommission“ definiert als „sämtliche Schriftstücke bzw. Dokumente, die von der Generaldirektion Wettbewerb der Kommission während des Verfahrens erhalten, erstellt oder zusammengestellt wurden“. In Ziff. 27 der Mitteilung heißt es:

„Die Akteneinsicht wird auf Antrag und in der Regel einmalig nach Übermittlung der Mitteilung der Beschwerdepunkte gewährt, damit der Grundsatz der Fairness und die Verteidigungsrechte der Betroffenen gewahrt bleiben. In der Regel wird daher keine Einsicht in die Erwiderungen der übrigen Betroffenen auf die Beschwerdepunkte der Kommission gewährt.

Der Betroffene erhält dagegen Einsicht in Dokumente, die nach Übermittlung der Beschwerdepunkte in einem späteren Verfahrensstadium eingehen, sofern diese Dokumente neues be- oder entlastendes Beweismaterial zu den gegen diesen Betroffenen in den Beschwerdepunkten erhobenen Vorwürfen darstellen können. Dies gilt insbesondere insofern, als sich die Kommission auf neue Beweise zu stützen beabsichtigt.“

157    Nach ständiger Rechtsprechung stellt die Beachtung der Verteidigungsrechte in allen Verfahren, die zu Sanktionen, namentlich zu Geldbußen oder Zwangsgeldern führen können, einen fundamentalen Grundsatz des Unionsrechts dar, der auch in einem Verwaltungsverfahren beachtet werden muss (Urteile des Gerichtshofs vom 13. Februar 1979, Hoffmann-La Roche/Kommission, 85/76, Slg. 1979, 461, Randnr. 9, und vom 2. Oktober 2003, ARBED/Kommission, C‑176/99 P, Slg. 2003, I‑10687, Randnr. 19). Dazu bestimmt die Verordnung Nr. 1/2003, dass den Parteien eine Mitteilung der Beschwerdepunkte übersandt wird, in der alle wesentlichen Tatsachen, auf die sich die Kommission in diesem Stadium des Verfahrens stützt, klar angeführt sein müssen. Eine solche Mitteilung stellt eine Verfahrensgarantie dar, die Ausdruck eines tragenden Grundsatzes des Unionsrechts ist, dem zufolge die Verteidigungsrechte in allen Verfahren beachtet werden müssen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 3. September 2009, Papierfabrik August Koehler u. a./Kommission, C‑322/07 P, C‑327/07 P und C‑338/07 P, Slg. 2009, I‑7191, Randnrn. 34 und 35).

158    Der Zweck der Akteneinsicht besteht in Wettbewerbssachen insbesondere darin, es den Adressaten einer Mitteilung der Beschwerdepunkte zu ermöglichen, von den Beweisstücken in den Akten der Kommission Kenntnis zu nehmen, damit sie sinnvoll zu den Schlussfolgerungen Stellung nehmen können, zu denen die Kommission in ihrer Mitteilung der Beschwerdepunkte aufgrund dieser Beweisstücke gelangt ist. Die Akteneinsicht gehört somit zu den Verfahrensgarantien, die die Verteidigungsrechte schützen und insbesondere die effektive Ausübung des Anhörungsrechts sicherstellen sollen (vgl. Urteil Atlantic Container Line u. a./Kommission, oben in Randnr. 122 angeführt, Randnr. 334 und die dort angeführte Rechtsprechung). Dieses Recht bedeutet, dass die Kommission dem betroffenen Unternehmen die Möglichkeit geben muss, alle Schriftstücke in der Ermittlungsakte zu prüfen, die möglicherweise für seine Verteidigung erheblich sind (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 2. Oktober 2003, Corus UK/Kommission, C‑199/99 P, Slg. 2003, I‑11177, Randnr. 125; und Urteil des Gerichts vom 29. Juni 1995, Solvay/Kommission, T‑30/91, Slg. 1995, II‑1775, Randnr. 81). Zu ihnen gehören sowohl belastende als auch entlastende Schriftstücke mit Ausnahme von Geschäftsgeheimnissen anderer Unternehmen, internen Schriftstücken der Kommission und anderen vertraulichen Informationen (Urteile des Gerichtshofs Hoffmann-La Roche/Kommission, oben in Randnr. 157 angeführt, Randnrn. 9 und 11, und vom 7. Januar 2004, Aalborg Portland u. a./Kommission, C‑204/00 P, C‑205/00 P, C‑211/00 P, C‑213/00 P, C‑217/00 P und C‑219/00 P, Slg. 2004, I‑123, Randnr. 68).

159    Nach der Rechtsprechung wird das betroffene Unternehmen erst zu Beginn des kontradiktorischen Abschnitts des Verwaltungsverfahrens durch die Mitteilung der Beschwerdepunkte über alle wesentlichen Gesichtspunkte informiert, auf die sich die Kommission in diesem Verfahrensstadium stützt. Folglich gehört die Erwiderung der anderen Parteien auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte grundsätzlich nicht zu den Unterlagen der Ermittlungsakte, die die Beteiligten einsehen können (Urteil des Gerichts vom 30. September 2009, Hoechst/Kommission, T‑161/05, Slg. 2009, II‑3555, Randnr. 163). Will sich die Kommission auf eine Stelle einer Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte oder auf eine Anlage zu einer solchen Erwiderung stützen, um in einem Verfahren zur Anwendung von Art. 81 Abs. 1 EG das Bestehen einer Zuwiderhandlung nachzuweisen, so müssen die anderen Beteiligten dieses Verfahrens in die Lage versetzt werden, sich zu einem solchen Beweismittel zu äußern (vgl. Urteile des Gerichts vom 15. März 2000, Cimenteries CBR u. a./Kommission, „Zement“, T‑25/95, T‑26/95, T‑30/95 bis T‑32/95, T‑34/95 bis T‑39/95, T‑42/95 bis T‑46/95, T‑48/95, T‑50/95 bis T‑65/95, T‑68/95 bis T‑71/95, T‑87/95, T‑88/95, T‑103/95 und T‑104/95, Slg. 2000, II‑491, Randnr. 386, und vom 27. September 2006, Avebe/Kommission, T‑314/01, Slg. 2006, II‑3085, Randnr. 50 und die dort angeführte Rechtsprechung).

160    Im Übrigen stellt nach der Rechtsprechung zur Einsicht in die Verwaltungsakten aus der Zeit vor der Mitteilung der Beschwerdepunkte die unterbliebene Übermittlung eines Schriftstücks nur dann eine Verletzung der Verteidigungsrechte dar, wenn das betreffende Unternehmen dartut, dass sich die Kommission zur Untermauerung ihres Vorwurfs, dass eine Zuwiderhandlung vorliege, auf dieses Schriftstück gestützt hat (Urteile des Gerichtshofs vom 9. November 1983, Nederlandsche Banden-Industrie-Michelin/Kommission, 322/81, Slg. 1983, 3461, Randnrn. 7 und 9, sowie Aalborg Portland u. a./Kommission, oben in Randnr. 158 angeführt, Randnr. 71) und dass dieser Vorwurf nur durch Heranziehung des fraglichen Schriftstücks bewiesen werden konnte (Urteile des Gerichtshofs vom 25. Oktober 1983, AEG-Telefunken/Kommission, 107/82, Slg. 1983, 3151, Randnrn. 24 bis 30, und Aalborg Portland u. a./Kommission, oben in Randnr. 158 angeführt, Randnr. 71; Urteil Solvay/Kommission, oben in Randnr. 158 angeführt, Randnr. 58). Der Gerichtshof unterscheidet insoweit zwischen be- und entlastendem Material. Bei einem belastenden Schriftstück muss das betroffene Unternehmen dartun, dass das Ergebnis, zu dem die Kommission gekommen ist, anders ausgefallen wäre, wenn das Schriftstück ausgeschlossen worden wäre. Wurde dagegen ein entlastendes Schriftstück nicht übermittelt, so muss das betroffene Unternehmen nur nachweisen, dass das Unterbleiben seiner Offenlegung den Verfahrensablauf und den Inhalt der Entscheidung der Kommission zu seinen Ungunsten beeinflussen konnte (vgl. in diesem Sinne Urteil Aalborg Portland u. a./Kommission, oben in Randnr. 158 angeführt, Randnrn. 73 und 74). Diese Unterscheidung gilt auch für Schriftstücke aus der Zeit nach der Mitteilung der Beschwerdepunkte (Urteil des Gerichts vom 27. September 2006, Jungbunzlauer/Kommission, T‑43/02, Slg. 2006, II‑3435, Randnrn. 351 bis 359).

161    Im Übrigen verstößt das systematische Unterbleiben der Übermittlung der Erwiderungen der anderen Unternehmen auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte nicht gegen den Grundsatz der Wahrung der Verteidigungsrechte. Wie bereits ausgeführt, folgt aus diesem Grundsatz, dass die Kommission den betroffenen Unternehmen im Lauf des Verwaltungsverfahrens alle Tatsachen, Umstände und Unterlagen, auf die sie sich stützt, offenlegen muss, um sie in die Lage zu versetzen, zum Vorliegen und zur Erheblichkeit der behaupteten Tatsachen und Umstände sowie zu den von der Kommission für ihre Behauptungen herangezogenen Unterlagen Stellung zu nehmen.

162    Schließlich kann sich die Klägerin nicht auf die Rechtsprechung berufen, nach der es nicht allein Sache der Kommission – die die Beschwerdepunkte mitteilt und die Entscheidung über die Verhängung einer Sanktion trifft – sein kann, die für die Verteidigung des betroffenen Unternehmens nützlichen Schriftstücke zu bestimmen (Urteil Aalborg Portland u. a./Kommission, oben in Randnr. 158 angeführt, Randnr. 126; Urteile Solvay/Kommission, oben in Randnr. 158 angeführt, Randnrn. 81 und 83, und Atlantic Container Line u. a./Kommission, oben in Randnr. 158 angeführt, Randnr. 339). Diese Erwägung, die sich auf Dokumente bezieht, die in den Akten der Kommission enthalten sind, kann nämlich auf Antworten anderer betroffener Parteien auf die von der Kommission mitgeteilten Beschwerdepunkte keine Anwendung finden.

b)     Anwendung auf die vorliegende Rechtssache

163    Die Klägerin macht geltend, dass ihr Einsicht in die vollständigen Antworten der anderen Unternehmen auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte, die entlastendes Beweismaterial hätten enthalten können, hätte gewährt werden müssen.

164    Wie bereits dargelegt, war es Sache der Klägerin, einen Anfangsbeweis dafür zu erbringen, dass das Unterbleiben der Offenlegung dieser Antworten den Verfahrensablauf und den Inhalt der Entscheidung der Kommission möglicherweise zu ihren Ungunsten beeinflusst hat. Sie hat aber lediglich ganz allgemein und rein spekulativ behauptet, dass die Antworten der anderen Unternehmen auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte wegen des horizontalen und vertikalen Charakters des Kartells und der angeblichen Parteilichkeit der Kommission zugunsten der Lieferanten möglicherweise sie entlastendes Beweismaterial enthielt, jedoch keine genauen Angaben gemacht, die einen solchen Anfangsbeweis darstellen könnten.

165    Außerdem ist es bei einem Kartell, wie die Kommission geltend macht, recht unwahrscheinlich, dass ein Unternehmen Beweismaterial liefert, das die Rolle eines anderen Kartellunternehmens zu mindern geeignet ist, selbst wenn im vorliegenden Fall die Tatsache, dass das Kartell von zwei Gruppen mit potenziell gegensätzlichen Interessen errichtet wurde, erklärt, dass jede Seite die Tendenz hatte, ihre Rolle im Kartell zulasten der anderen herunterzuspielen. Jedenfalls kann der bloße Umstand, dass andere Unternehmen in ihren Antworten auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte die gleichen Argumente vorgetragen haben wie eine Klägerin, diese nach der Rechtsprechung nicht entlasten (Urteil Jungbunzlauer/Kommission, oben in Randnr. 160 angeführt, Randnrn. 353 bis 356). Die Klägerin hat also keinen Anfangsbeweis für die Nützlichkeit einer etwaigen Übermittlung der Antworten der anderen Unternehmen auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte erbracht.

166    Sonach hat die Kommission die Verteidigungsrechte der Klägerin nicht dadurch verletzt, dass sie es abgelehnt hat, ihr alle Antworten auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte vollständig zu übermitteln.

167    Aufgrund aller vorstehenden Ausführungen ist der auf Nichtigerklärung gerichtete Klageantrag zurückzuweisen.

II –  Zum Antrag auf Aufhebung oder Herabsetzung der Geldbuße

168    Die Klägerin stützt ihren Antrag auf Aufhebung oder Herabsetzung der Geldbuße auf zwei Gründe: erstens Fehler bei der Tatsachenfeststellung oder ‑würdigung und Rechtsfehler bei der Berechnung des Grundbetrags der Geldbuße und zweitens Fehler bei der Tatsachenfeststellung oder ‑würdigung und Rechtsfehler sowie Verletzung der Verteidigungsrechte bei der Annahme erschwerender Umstände.

169    Vorab ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerin im Rahmen ihres Antrags auf Aufhebung oder Herabsetzung der Geldbuße das Gericht offensichtlich ersucht, seine Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung auszuüben, jedoch fast ausschließlich zum Zweck der Berichtigung von angeblichen Fehlern bei der Tatsachenfeststellung oder ‑würdigung und Rechtsfehlern der Kommission. Denn abgesehen von der Rüge der Unverhältnismäßigkeit der Erhöhung der Geldbuße wegen Verweigerung der Zusammenarbeit erfordert kein zur Stützung der Klagegründe vorgebrachtes Argument die Ausübung der Befugnis des Gerichts zu unbeschränkter Nachprüfung mit dem Ziel, die Beurteilung der Kommission durch seine eigene zu ersetzen. Folglich muss das Gericht prüfen, ob diese Fehler nachgewiesen sind, und gegebenenfalls seine Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung ausüben, um sie soweit erforderlich zu berichtigen.

170    Auch wenn sich aus dem Antrag der Klägerin auf Aufhebung oder Herabsetzung der Geldbuße, wie ausgeführt, zu ergeben scheint, dass die Klägerin das Gericht ersucht, seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung fast ausschließlich im Rahmen der Beurteilung der ihrer Meinung nach unzutreffenden Überlegungen der Kommission auszuüben, rechtfertigt ihr Vorbringen zur Begründung dieses Antrags nach Auffassung des Gerichts keine andere Beurteilung als die, die die Kommission vorgenommen hat.

A –  Zur Festlegung des Grundbetrags der Geldbuße

171    Erstens rügt die Klägerin Fehler bei der Tatsachenfeststellung oder ‑würdigung und Rechtsfehler der Kommission bei der Berechnung des Grundbetrags der Geldbuße. Sie hält den Grundbetrag der gegen sie verhängten Geldbuße (17,1 Mio. Euro) aus vier Gründen für überhöht.

1.     Zu der Qualifizierung der Zuwiderhandlung als besonders schwerer Verstoß

a)     Vorbringen der Parteien

172    Die Klägerin macht in erster Linie geltend, die Kommission habe das Verhalten der W5‑Mitglieder zu Unrecht als besonders schweren Verstoß eingestuft, obwohl das gemeinsame Aushandeln eines möglichst hohen Rabatts beim Einkauf, mit dem nur einem Preis- und Marktaufteilungskartell der Lieferanten habe entgegengetreten werden sollen, nicht ebenso hätte behandelt werden dürfen wie dieses. So hätte die Kommission die Schwere des Verstoßes der W5-Mitglieder unterschiedlich bewerten und namentlich seine tatsächlichen Auswirkungen auf den Wettbewerb untersuchen müssen. Sie hätte im Übrigen auch ihre Behauptung, die großen Straßenbauunternehmen hätten wissen müssen, dass ihr Verhalten den Wettbewerb beschränke, begründen und nachweisen müssen, dass dieses Verhalten ebenso wie die angebliche künstliche Erhöhung der Bitumenpreise in den Niederlanden die kleinen Straßenbauunternehmen benachteiligt habe. Schließlich habe die Kommission selbst in der Mitteilung der Beschwerdepunkte eingeräumt, dass die geheimen Absprachen nur die Lieferanten und nicht die großen Straßenbauunternehmen betroffen hätten, die sich kaum Mühe gegeben hätten, ihre Kontakte zu verheimlichen. So seien die Einladungen zu den Treffen durch ihr Sekretariat erfolgt, und nach diesen Treffen sei wegen der summarischen Verhandlungsergebnisse und des Fehlens einer förmlichen Vereinbarung kein Protokoll errichtet worden.

173    Im Ergebnis meint die Klägerin, nach den Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, die gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 und gemäß Artikel 65 Absatz 5 [KS] festgesetzt werden (ABl. 1998, C 9, S. 3, im Folgenden: Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen) hätte die in Rede stehende Zuwiderhandlung allenfalls als minder schwerer Verstoß angesehen werden dürfen, was einem Grundbetrag von höchstens 1 Mio. Euro entspreche.

174    Die Kommission weist das gesamte Vorbringen der Klägerin zurück.

b)     Würdigung durch das Gericht

175    Nach Nr. 1 der Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen wird der Grundbetrag nach Maßgabe der Schwere und Dauer des Verstoßes errechnet, wobei bei der Ermittlung der Schwere eines Verstoßes seine Art und die konkreten Auswirkungen auf den Markt, sofern diese messbar sind, sowie der Umfang des betreffenden räumlichen Marktes zu berücksichtigen sind. So unterscheiden die Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen zwischen minder schweren Verstößen (in den häufigsten Fällen vertikale Beschränkungen des Handels mit begrenzten Auswirkungen auf den Markt), schweren Verstößen (horizontale oder vertikale Beschränkungen, die entschlossener angewandt werden und deren Auswirkungen auf den Gemeinsamen Markt umfassender sind) und besonders schweren Verstößen (horizontale Beschränkungen wie z. B. Preiskartelle, Marktaufteilungsquoten und sonstige Beschränkungen der Funktionsweise des Binnenmarkts).

176    Nach ständiger Rechtsprechung ist die Schwere der Zuwiderhandlungen anhand einer Vielzahl von Gesichtspunkten zu ermitteln, zu denen die besonderen Umstände der Rechtssache, ihr Kontext und die Abschreckungswirkung der Geldbußen gehören und bei deren Beurteilung die Kommission ein weites Ermessen besitzt (Urteile des Gerichtshofs vom 28. Juni 2005, Dansk Rørindustri u. a./Kommission, C‑189/02 P, C‑202/02 P, C‑205/02 P bis C‑208/02 P und C‑213/02 P, Slg. 2005, Slg. 2005, I‑5425, Randnr. 241, und vom 10. Mai 2007, SGL Carbon/Kommission, C‑328/05 P, Slg. 2007, I‑3921, Randnr. 43; Urteil des Gerichts vom 8. Oktober 2008, Schunk und Schunk Kohlenstoff-Technik/Kommission, T‑69/04, Slg. 2008, II‑2567, Randnr. 153). Im Übrigen sind nach der Rechtsprechung bei der Bemessung der Geldbußen sämtliche Faktoren zu berücksichtigen, die für die Beurteilung der Schwere der Verstöße eine Rolle spielen; dazu gehören namentlich die Rolle, die jedes Unternehmen bei dem Verstoß gespielt hat, sowie die Gefahr, die derartige Zuwiderhandlungen für die Ziele der Union bedeuten (Urteile des Gerichtshofs vom 7. Juni 1983, Musique Diffusion française u. a./Kommission, 100/80 bis 103/80, Slg. 1983, 1825, Randnrn. 120 und 129, und vom 8. November 1983, IAZ International Belgium u. a./Kommission, 96/82 bis 102/82, 104/82, 105/82, 108/82 und 110/82, Slg. 1983, 3369, Randnr. 52; und Urteil des Gerichts vom 27. Juli 2005, Brasserie nationale u. a./Kommission, T‑49/02 bis T‑51/02, Slg. 2005, II‑3033, Randnrn. 168 bis 183). Wurde eine Zuwiderhandlung von mehreren Unternehmen begangen, ist die relative Schwere des Tatbeitrags jedes Einzelnen von ihnen zu prüfen (Urteile des Gerichtshofs vom 8. Juli 1999, Hercules Chemicals/Kommission, C‑51/92 P, Slg. 1999, I‑4235, Randnr. 110, und Montecatini/Kommission, C‑235/92 P, Slg. 1999, I‑4539, Randnr. 207).

177    Als ihrer Natur nach besonders schweren Verstoß hat der Unionsrichter auch horizontale Preiskartelle oder Vereinbarungen eingestuft, die insbesondere auf die Aufteilung der Kunden oder auf die Abschottung des Gemeinsamen Marktes gerichtet sind (Urteile des Gerichts vom 15. September 1998, European Night Services u. a./Kommission, T‑374/94, T‑375/94, T‑384/94 und T‑388/94, Slg. 1998, II‑3141, Randnr. 136, Groupe Danone/Kommission, oben in Randnr. 137 angeführt, Randnr. 147, und vom 8. Juli 2008, BPB/Kommission, T‑53/03, Slg. 2008, II‑1333, Randnr. 279). Diese Vereinbarungen können allein schon aufgrund ihrer Natur als besonders schwerwiegend eingestuft werden, ohne dass diese Verhaltensweisen durch eine besondere geografische Ausdehnung oder besondere Auswirkungen gekennzeichnet zu sein brauchten (Urteil Brasserie nationale u. a./Kommission, oben in Randnr. 176 angeführt, Randnr. 178). Umgekehrt kann ein horizontales Kartell, das das gesamte Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats erfasst und eine Aufteilung des Marktes sowie eine Abschottung des Gemeinsamen Marktes bezweckt, nicht als minder schwerer Verstoß im Sinne der Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen eingestuft werden (Urteil Brasserie nationale u. a./Kommission, oben in Randnr. 176 angeführt, Randnr. 181). Somit brauchte die Kommission entgegen dem Vorbringen der Klägerin nicht die tatsächlichen Auswirkungen des in Rede stehenden Verhaltens auf den Wettbewerb zu untersuchen, um die Schwere des Verstoßes beurteilen zu können, indem sie den Nachweis dafür erbrachte, dass die Vereinbarungen die kleinen Straßenbauunternehmen benachteiligten und das Niveau des Bruttopreises in den Niederlanden künstlich in die Höhe trieben.

178    Die Kommission hat in den Randnrn. 312 bis 317 der angefochtenen Entscheidung dargelegt, dass die Klägerin einen besonders schweren Verstoß gegen Art. 81 Abs. 1 EG begangen habe. Eine Zuwiderhandlung, die darin bestehe, die Ver- und Ankaufspreise unmittelbar oder mittelbar festzusetzen und gegenüber Handelspartnern unterschiedliche Bedingungen bei gleichwertigen Leistungen anzuwenden, wodurch diese im Wettbewerb benachteiligt würden, gehöre zu den ihrer Natur nach besonders schweren Verstößen. Auch hätten sich die beiden an der Zuwiderhandlung beteiligten Gruppen über die Rechtswidrigkeit des Kartells im Klaren sein müssen, da die W5-Mitglieder den übrigen Straßenbauunternehmen absichtlich einen Schaden zugefügt hätten. Der geheime Charakter der getroffenen Kartellabsprachen erbringe insoweit einen zusätzlichen Beweis dafür, dass die Beteiligten sich ihrer Rechtswidrigkeit bewusst gewesen seien.

179    Die Klägerin bestreitet nicht die Angaben in Randnr. 312 der angefochtenen Entscheidung, dass das Kartell darin bestand, die Verkaufs- und Ankaufspreise unmittelbar oder mittelbar festzusetzen und gegenüber Handelspartnern unterschiedliche Bedingungen bei gleichwertigen Leistungen anzuwenden, wodurch diese im Wettbewerb benachteiligt wurden. Die so von der Kommission beschriebenen Mechanismen stellen die schwersten Formen von Verstößen gegen den Wettbewerb dar. Die Klägerin versucht lediglich, eine Unterscheidung zwischen verschiedenen Verhaltensweisen im Rahmen desselben Kartells vorzunehmen, indem sie geltend macht, die Kommission hätte das Verhalten der Lieferanten und das der großen Straßenbauunternehmen getrennt beurteilen müssen, denn die Ersteren seien für ein Preiskartell verantwortlich, während die Letzteren nur einen kollektiven Rabatt auf die Einkaufspreise ausgehandelt hätten. Wie das Gericht bereits ausgeführt hat (vgl. die vorstehenden Randnrn. 49 bis 58), müssen die zwischen den W5 und den Lieferanten getroffenen Vereinbarungen jedoch insgesamt betrachtet werden, denn sie betreffen zugleich den Bruttopreis, den den W5‑Mitgliedern gewährten Mindestrabatt und den den kleinen Straßenbauunternehmen eingeräumten maximalen Rabatt. Deshalb sind die von der Klägerin im vorliegenden Fall vorgetragenen Umstände nicht geeignet, die Richtigkeit der von der Kommission vorgenommenen Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung in Frage zu stellen. Somit kann die Schlussfolgerung der Kommission, dass die in Rede stehenden Vereinbarungen und Abstimmungen ihrem Wesen nach einen besonders schweren Verstoß darstellten, nicht ernsthaft bestritten werden.

180    Nach Auffassung der Klägerin war die Kommission verpflichtet, ihre in Randnr. 313 der angefochtenen Entscheidung aufgestellte Behauptung, die großen Straßenbauunternehmen hätten wissen müssen, dass ihr Verhalten den Wettbewerb beschränke, zu begründen. Außerdem hätten diese Vereinbarungen für die großen Straßenbauunternehmen keinen vertraulichen Charakter gehabt. Der Unionsrichter hat bereits entschieden, dass die Kommission bei der Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung den Umstand berücksichtigen kann, dass die Unternehmen weitreichende Vorsichtsmaßnahmen getroffen haben, um die Entdeckung eines Kartells zu verhindern (Urteil Schunk und Schunk Kohlenstoff-Technik/Kommission, oben in Randnr. 176 angeführt, Randnr. 154). Hier hat die Kommission darauf hingewiesen, dass auch die W5 geheime Vorkehrungen getroffen hätten, indem sie keine schriftlichen Einladungen zu den Kartelltreffen verschickt und kein Sitzungsprotokoll über diese Treffen errichtet hätten. Jedenfalls wurden, wie in Randnr. 313 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt wird, die dort genannten Faktoren gegenüber den in Randnr. 312 der angefochtenen Entscheidung erwähnten Umständen nur hilfsweise herangezogen. Deshalb hätte, selbst wenn der Einwand der Klägerin gegen die Berücksichtigung des geheimen Charakters des Kartells und des Bewusstseins seiner Rechtswidrigkeit als begründet angesehen werden könnte, dies nicht zur Folge, dass die Beurteilung der Art der Zuwiderhandlung durch die Kommission in Frage gestellt wird, wie sie sich aus den in Randnr. 312 der angefochtenen Entscheidung angeführten schlüssigen und ausreichenden Gründen ergibt (vgl. in diesem Sinne Urteil Schunk und Schunk Kohlenstoff-Technik/Kommission, oben in Randnr. 176 angeführt, Randnr. 157).

181    Nach alledem lässt die Einstufung der Zuwiderhandlung der Klägerin als besonders schwerer Verstoß keinen Beurteilungsfehler der Kommission erkennen. Deshalb ist der Antrag der Klägerin, das Kartell als minder schweren Verstoß zu qualifizieren, zurückzuweisen (Urteil Brasserie nationale u. a./Kommission, oben in Randnr. 176 angeführt, Randnr. 181).

2.     Zur falschen Beurteilung der Auswirkungen des Kartells auf den Markt

a)     Vorbringen der Parteien

182    In zweiter Linie wirft die Klägerin der Kommission vor, bei der Festsetzung des Grundbetrags der Geldbuße nicht die Auswirkungen des Kartells auf den Markt untersucht zu haben.

183    Die Kommission macht geltend, dass sie nicht verpflichtet gewesen sei, die konkreten Auswirkungen des Kartells auf den relevanten Markt zu berücksichtigen.

b)     Würdigung durch das Gericht

184    Die Kommission hat in Randnr. 314 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, dass die Bestimmung der Schwere der Zuwiderhandlung und die Berechnung der Geldbußen nicht von den Auswirkungen des Kartells auf den Markt abhingen. Die tatsächlichen Auswirkungen des Kartells könnten nicht ermittelt werden, weil nur unzureichende Informationen darüber vorlägen, wie sich die Bitumenpreise entwickelt hätten, wenn die Vereinbarungen nicht getroffen worden wären. Die Kommission brauche nur die Wahrscheinlichkeit dieser Auswirkungen abzuschätzen. Dazu hat sie ausgeführt, dass die getroffenen Vereinbarungen tatsächlich umgesetzt worden seien, einschließlich eines Vorzugsrabatts nur für die W5‑Mitglieder und des Sanktionsmechanismus im Fall der Nichteinhaltung der Vereinbarungen, wodurch künstliche Marktbedingungen geschaffen worden seien. Außerdem sei das Niveau des Bruttopreises in den Niederlanden höher gewesen als in den Nachbarländern, und der den W5-Unternehmen gewährte Sonderrabatt habe möglicherweise für die Erteilung öffentlicher Aufträge eine entscheidende Rolle gespielt.

185    Nach Nr. 1 der Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen wird der Grundbetrag „nach Maßgabe der Schwere und Dauer des Verstoßes errechnet, wobei bei der Ermittlung der Schwere eines Verstoßes seine Art und die konkreten Auswirkungen auf den Markt, sofern diese messbar sind, sowie der Umfang des betreffenden räumlichen Marktes zu berücksichtigen sind“.

186    Der Unionsrichter hat bestätigt, dass die Kommission nicht verpflichtet ist, die konkreten Auswirkungen der Zuwiderhandlung auf den Markt nachzuweisen, denn die Frage, ob und inwieweit die Einschränkung des Wettbewerbs zu einem Marktpreis geführt hat, der höher war als der, der ohne das Kartell gegolten hätte, ist kein entscheidendes Kriterium für die Festsetzung des Niveaus der Geldbußen (Urteile des Gerichtshofs Musique Diffusion française u a./Kommission, oben in Randnr. 176 angeführt, Randnrn. 120 und 129, und vom 16. November 2000, Stora Kopparbergs Bergslags/Kommission, C‑286/98 P, Slg. 2000, I‑9925, Randnrn. 68 bis 77; siehe auch Urteil des Gerichts vom 19. Mai 2010, KME Germany u. a./Kommission, T‑25/05, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 82 und die dort angeführte Rechtsprechung).

187    So hat der Gerichtshof ausgeführt, dass nach den Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen das Wesen der Zuwiderhandlung genügen kann, um sie unabhängig von ihren konkreten Auswirkungen auf den Markt und ihrem räumlichen Umfang als „besonders schwer“ einzustufen (vgl. die vorstehende Randnr. 177 und Urteil des Gerichtshofs vom 24. September 2009, Erste Group Bank u. a./Kommission, C‑125/07 P, C‑133/07 P, C‑135/07 P und C‑137/07 P, Slg. 2009, I‑8681, Randnr. 103). Dieses Ergebnis wird dadurch bestätigt, dass zwar in der Beschreibung der „schweren“ Verstöße ausdrücklich erwähnt wird, dass sie Auswirkungen auf den Markt haben und in einem größeren Teil des Gemeinsamen Marktes zum Tragen kommen müssen, die Beschreibung der „besonders schweren“ Verstöße aber kein Erfordernis konkreter Auswirkungen auf den Markt oder auf ein besonderes geografisches Gebiet enthält (Urteil Groupe Danone/Kommission, oben in Randnr. 137 angeführt, Randnr. 150). Der Gerichtshof hat ferner darauf hingewiesen, dass nach Nr. 1 Teil A Abs. 1 der Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen diese Auswirkungen nur zu berücksichtigen sind, sofern sie messbar sind (Urteile des Gerichtshofs vom 9. Juli 2009, Archer Daniels Midland/Kommission, oben in Randnr. 136 angeführt, Randnr. 125, und vom 3. September 2009, Prym und Prym Consumer/Kommission, C‑534/07 P, Slg. 2009, I‑7415, Randnr. 74).

188    Unter Berücksichtigung der Art der in Rede stehenden Zuwiderhandlung und des Umstands, dass die Kommission in der angefochtenen Entscheidung darauf hingewiesen hat, dass die konkreten Auswirkungen der Zuwiderhandlung nicht messbar sind (Randnrn. 314 bis 316), war sie nicht verpflichtet, für die Qualifizierung der Zuwiderhandlung als besonders schwerer Verstoß eine Beurteilung dieser konkreten Auswirkungen auf den Markt vorzunehmen.

189    Im Übrigen darf sich die Kommission nach der Rechtsprechung, wenn sie es für angebracht hält, für die Bemessung der Geldbuße die konkreten Auswirkungen der Zuwiderhandlung auf den Markt, sofern sie messbar sind, als fakultatives Element zu berücksichtigen, nicht auf eine bloße Vermutung beschränken, sondern muss konkrete, glaubhafte und ausreichende Indizien vorlegen, die ihr erlauben, die tatsächlichen Auswirkungen, die die Zuwiderhandlung auf den Wettbewerb auf dem genannten Markt haben konnte, zu beurteilen. Die zusätzliche Berücksichtigung dieses Punktes erlaubt es der Kommission, den Ausgangsbetrag der Geldbuße über den in den Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen festgelegten möglichen Mindestbetrag von 20 Mio. Euro hinaus zu erhöhen, ohne andere Grenze als die für den Gesamtbetrag der Geldbuße in Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 festgelegte Obergrenze von 10 % des im vorausgegangenen Geschäftsjahr erzielten Gesamtumsatzes des betroffenen Unternehmens (Urteil Prym und Prym Consumer/Kommission, oben in Randnr. 187 angeführt, Randnrn. 81 und 82).

190    Da die Kommission in der angefochtenen Entscheidung klargestellt hat, dass die konkreten Auswirkungen der Zuwiderhandlung nicht messbar seien und deshalb für die Bestimmung der Schwere des Verstoßes und die Berechnung der Geldbuße keine Rolle spielten, kann ihr nicht zum Vorwurf gemacht werden, dass sie in der Randnummer, in der von den konkreten Auswirkungen des Kartells auf den Markt die Rede war, auf die Umsetzung der fraglichen Vereinbarungen hingewiesen hat. Ebenso braucht die Frage, ob die übrigen von ihr beigebrachten Indizien zum Nachweis der tatsächlichen Auswirkungen der Zuwiderhandlung auf den Wettbewerb auf dem betroffenen Markt ausreichen, nicht geprüft zu werden.

3.     Zur Unverhältnismäßigkeit des Ausgangsbetrags

a)     Vorbringen der Parteien

191    In dritter Linie macht die Klägerin geltend, der Ausgangsbetrag ihrer Geldbuße von 9,5 Mio. Euro stehe zu dem Volumen ihrer Einkäufe, für die sie im Jahr 2001 7,7 Mio. Euro aufgewendet habe, außer Verhältnis. Die Kommission habe namentlich unberücksichtigt gelassen, dass das Kartell für die großen Straßenbauunternehmen den Einkaufspreis und nicht den Verkaufspreis betroffen habe und dass der Einkaufspreis nur einen sehr kleinen Teil ihrer Produktionskosten ausgemacht habe, für die sie nur einen Nettogewinn vor Steuern von weniger als 5 % erzielt habe. Zudem hätte die Kommission berücksichtigen müssen, dass sie diese Senkung ihrer Einkaufskosten durch ihre Angebote an ihre Kunden weitergegeben habe.

192    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

b)     Würdigung durch das Gericht

193    Nach Nr. 1 Buchst. A Abs. 6 der Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen sollten bei Verstößen, an denen mehrere Unternehmen beteiligt sind, in bestimmten Fällen die innerhalb der einzelnen Gruppen von Verstößen festgesetzten Beträge gewichtet werden, „um das jeweilige Gewicht und damit die tatsächliche Auswirkung des Verstoßes jedes einzelnen Unternehmens auf den Wettbewerb zu berücksichtigen, vor allem, wenn an einem Verstoß derselben Art Unternehmen von sehr unterschiedlicher Größe beteiligt waren“. Nach Nr. 1 Buchst. A Abs. 7 kann „[d]er Grundsatz der Strafgleichheit für die gleiche Verhaltensweise … gegebenenfalls dazu führen, dass abgestufte Beträge gegenüber den beteiligten Unternehmen festgesetzt werden, wobei dieser Abstufung keine arithmetische Formel zugrunde liegt“.

194    Die Kommission hat in den Randnrn. 318 bis 322 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, dass sie, um der spezifischen Bedeutung des rechtswidrigen Verhaltens jedes Kartellunternehmens und seinen tatsächlichen Auswirkungen auf den Wettbewerb Rechnung zu tragen, eine Unterscheidung zwischen den betreffenden Unternehmen nach Maßgabe ihrer jeweiligen Bedeutung auf dem maßgeblichen Markt getroffen habe. Unter Berücksichtigung der besonderen Art des Kartells, die die Verkäufer und die Käufer desselben Produkts in demselben Tätigkeitsbereich betroffen habe, habe sie die relative Bedeutung dieser Unternehmen anhand ihrer Marktanteile gemessen, die sie für die Lieferanten ausgehend von dem Wert der Verkäufe und für die Straßenbauunternehmen ausgehend von dem Wert der Käufe von Straßenbaubitumen im Jahr 2001 als dem letzten vollständigen Jahr der Zuwiderhandlung berechnet habe. So hat sie die Unternehmen in sechs Kategorien eingeteilt und die Klägerin in die dritte Kategorie eingereiht, der die Unternehmen mit einem Marktanteil zwischen 12,4 % und 13,5 % zugeordnet wurden, so dass sie für die Klägerin auf einen Ausgangsbetrag von 9,5 Mio. Euro kam. Im Übrigen hat sie in Randnr. 317 der angefochtenen Entscheidung dargelegt, dass sie, auch wenn für besonders schwere Verstöße Geldbußen von über 20 Mio. Euro festgesetzt werden könnten, den Betrag nur auf 15 Mio. Euro festgesetzt habe; dabei habe sie berücksichtigt, dass sich die Zuwiderhandlung auf in einem einzigen Mitgliedstaat verkauftes Straßenbaubitumen beschränkt habe, dass es um einen verhältnismäßig geringen Marktwert (62 Mio. Euro im Jahr 2001) gegangen sei und dass es viele Beteiligte gegeben habe.

195    Wie der Unionsrichter festgestellt hat, verfügt die Kommission bei der Bemessung der Geldbußen im Rahmen der Verordnung Nr. 1/2003 über ein Ermessen, um die Unternehmen zur Einhaltung der Wettbewerbsregeln anhalten zu können, und das Gericht hat nachzuprüfen, ob der Betrag der festgesetzten Geldbuße in einem angemessenen Verhältnis zur Schwere und Dauer der Zuwiderhandlung steht, und die Schwere der Zuwiderhandlung und die vom Kläger geltend gemachten Umstände gegeneinander abzuwägen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 21. Oktober 2003, General Motors Nederland und Opel Nederland/Kommission, T‑368/00, Slg. 2003, II‑4491, Randnr. 189).

196    Der Unionsrichter hat außerdem entschieden, dass die Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, auch wenn sie nicht vorsehen, dass die Geldbußen anhand des Gesamtumsatzes oder des relevanten Umsatzes berechnet werden, nicht ausschließen, dass diese Umsätze bei der Bemessung der Geldbuße berücksichtigt werden, damit die allgemeinen Grundsätze des Gemeinschaftsrechts gewahrt bleiben und sofern die Umstände dies erfordern; so kann die Kommission die betroffenen Unternehmen in mehrere Kategorien einteilen, indem sie den Umsatz heranzieht, den jedes Unternehmen mit den in Rede stehenden Produkten erzielt hat (vgl. in diesem Sinne Urteil Schunk und Schunk Kohlenstoff-Technik/Kommission, oben in Randnr. 176 angeführt, Randnrn. 176 und 177). Ebenso kann die Kommission die betroffenen Unternehmen nach ihrer Bedeutung auf dem Markt einteilen, die im Fall eines Kartells zwischen Verkäufern und Käufern anhand ihrer Marktanteile gemessen werden kann, die aufgrund des Umsatzes, den sie mit den fraglichen Verkäufen oder Einkäufen erzielen, berechnet werden.

197    Diese Methode, die Mitglieder eines Kartells im Hinblick auf eine differenzierte Behandlung im Stadium der Festsetzung der Ausgangsbeträge ihrer Geldbußen in Kategorien einzuteilen, die in der Rechtsprechung grundsätzlich als rechtmäßig anerkannt worden ist, obwohl dabei die Größenunterschiede zwischen Unternehmen derselben Kategorie unberücksichtigt bleiben, führt zu einer Pauschalierung des für die Unternehmen derselben Kategorie festgesetzten Ausgangsbetrags. So kann die Kommission die betroffenen Unternehmen in mehrere Kategorien einteilen, indem sie zum Beispiel Stufen von 5 % oder 10 % der Marktanteile anwendet. Der Unionsrichter hat jedoch darauf hingewiesen, dass eine solche Einteilung dem Grundsatz der Gleichbehandlung entsprechen muss und dass die Höhe der Geldbußen zumindest in angemessenem Verhältnis zu den Faktoren stehen muss, die für die Beurteilung der Schwere des Verstoßes eine Rolle gespielt haben; er prüft dann lediglich, ob diese Einteilung in sich stimmig und objektiv gerechtfertigt ist (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichts vom 8. Oktober 2008, SGL Carbon/Kommission, T‑68/04, Slg. 2008, II‑2511, Randnrn. 62 bis 70, und Hoechst/Kommission, oben in Randnr. 159 angeführt, Randnrn. 123 und 124).

198    Nach ständiger Rechtsprechung ist die Kommission bei der Bemessung der Geldbußen anhand der Schwere und Dauer der fraglichen Zuwiderhandlung nach Nr. 1 Teil A Abs. 6 der Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen nicht verpflichtet, die Geldbuße ausgehend von Beträgen zu berechnen, die auf dem Umsatz der betreffenden Unternehmen beruhen. Ebenso braucht sie im Fall eines Kartells zwischen Verkäufern und Käufern diese Berechnung nicht anhand des Umsatzes vorzunehmen, den die betreffenden Unternehmen mit ihren Verkäufen oder Einkäufen erzielen. Sie kann zwar den Umsatz des betreffenden Unternehmens oder im Fall eines Kartells zwischen Verkäufern und Käufern den Umsatz, den sie mit ihren Verkäufen oder Einkäufen des fraglichen Produkts erzielen, berücksichtigen, doch darf ihnen im Verhältnis zu anderen Beurteilungskriterien keine übermäßige Bedeutung beigemessen werden. Der Kommission verbleibt daher hinsichtlich der Frage, ob eine Gewichtung der Geldbußen nach der Größe des einzelnen Unternehmens angezeigt ist, ein gewisses Ermessen. So braucht sie, wenn gegen mehrere an derselben Zuwiderhandlung beteiligte Unternehmen Geldbußen festgesetzt werden, nicht dafür zu sorgen, dass in den Endbeträgen der Geldbußen der betreffenden Unternehmen eine Differenzierung nach ihrem Gesamtumsatz (Urteil des Gerichtshofs vom 25. Januar 2007, Dalmine/Kommission, C‑407/04 P, Slg. 2007, I‑829, Randnrn. 141 bis 144), nach ihrem Umsatz auf dem fraglichen Produktmarkt (Urteil des Gerichts vom 29. November 2005, Union Pigments/Kommission, T‑62/02, Slg. 2005, II‑5057, Randnr. 159) oder im Fall eines Kartells zwischen Verkäufern und Käufern nach dem Umsatz, den sie mit ihren Verkäufen oder Einkäufen auf dem fraglichen Markt erzielen, zum Ausdruck kommt.

199    Nach ständiger Rechtsprechung ist es für die Beurteilung der Frage, ob die Kommission gegen die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit, der Gleichbehandlung und der individuellen Zumessung von Strafen verstoßen hat, auch ohne Belang, dass die in den Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen dargelegte Berechnungsmethode nicht auf dem von den betreffenden Unternehmen mit ihren Verkäufen oder Einkäufen erzielten Wert basiert und es daher erlaubt, dass Ungleichheiten zwischen den Unternehmen auftreten, was den Zusammenhang zwischen ihren Umsätzen und der Höhe der ihnen auferlegten Geldbußen betrifft (Urteil des Gerichts vom 6. Mai 2009, Wieland-Werke/Kommission, T‑116/04, Slg. 2009, II‑1087, Randnrn. 86 und 87).

200    Das Gericht braucht somit nur zu prüfen, ob die von der Kommission vorgenommene Einteilung der Unternehmen schlüssig und objektiv gerechtfertigt war. Die Kommission hat in den Randnrn. 29 und 320 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, da die vorliegende Rechtssache ein Kartell zwischen Verkäufern und Einkäufern des gleichen Produkts in der gleichen Geschäftsregion betreffe, müsse eine einzige Rangliste entsprechend dem mit den Verkäufen oder Einkäufen des betroffenen Produkts erzielten Umsatz aufgestellt werden. Somit konnte die Kommission, obwohl das Kartell den Einkaufspreis für die großen Straßenbauunternehmen und den Verkaufspreis für die Lieferanten betraf, eine einzige Rangliste entsprechend dem mit den Verkäufen oder Einkäufen des betroffenen Produkts erzielten Umsatz aufstellen, ohne ihre Verpflichtung, eine schlüssige und objektiv gerechtfertigte Einteilung vorzunehmen, zu verletzen. Schließlich ergibt sich aus der genannten Rechtsprechung, dass die Kommission nicht verpflichtet war, zu berücksichtigen, dass die Klägerin – wenn dies bewiesen wäre – ihre dank des Kartells niedrigeren Einkaufskosten durch ihre Angebote an ihre Kunden weitergegeben hat, und dass der Einkaufspreis für Bitumen nur einen sehr kleinen Teil ihrer Produktionskosten ausmachte.

4.     Zur falschen Beurteilung der Dauer der Zuwiderhandlung

a)     Vorbringen der Parteien

201    In vierter Linie führt die Klägerin abschließend aus, sie habe frühestens ab 1996 und nicht ab 1994 an dem Verstoß teilgenommen. Das Aushandeln eines kollektiven Mindestrabatts könne nicht als wettbewerbsbeschränkende Vereinbarung angesehen werden, und die Kommission habe weder dargetan, dass vor 1996 Verhandlungen in einer anderen Form geführt worden seien, noch dass die Klägerin Vereinbarungen mit den Lieferanten über die Festsetzung eines maximalen Rabatts für die kleinen Straßenbauunternehmen getroffen habe. Die Klägerin räumt lediglich ein, dass die großen Straßenbauunternehmen ein einziges Mal im Jahr 2000 kollektiv mit den Lieferanten einen Zusatzrabatt ausgehandelt hätten, da sie festgestellt hätten, dass diese ihnen keinen effektiven Rabatt entsprechend dem Volumen ihrer Einkäufe gewährt hätten.

202    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

b)     Würdigung durch das Gericht

203    Die Kommission führte in Randnr. 326 der angefochtenen Entscheidung aus, dass die Klägerin vom 1. April 1994 bis 15. April 2002 an der Zuwiderhandlung beteiligt gewesen sei. Die Klägerin ist der Auffassung, dass die Kommission einen Fehler bei der Tatsachenfeststellung oder ‑würdigung gemacht habe, als sie nicht zwischen dem Verhalten der großen Straßenbauunternehmen und dem der Lieferanten unterschieden habe, denn nur diese hätten vor 1996 ein Kartell errichtet.

204    Aus mehreren Angaben in den Akten geht jedoch hervor, dass die großen Straßenbauunternehmen bereits vor 1996 an dem Kartell beteiligt waren, das schon damals den den W5 gewährten Sonderrabatt zum Gegenstand hatte (Randnrn. 175 bis 178 der angefochtenen Entscheidung). So werden in zwei am 28. März und 8. Juli 1994 bei HBG beschlagnahmten Dokumenten Vereinbarungen zwischen den W5 und den Lieferanten über den bis zum 1. Januar 1995 geltenden Bruttopreis und über den den W5 gewährten Sonderrabatt erwähnt (Randnrn. 93 und 94 der angefochtenen Entscheidung). Auch zwei interne Notizen von SNV vom 6. und 9. Februar 1995 enthalten einen Hinweis auf Vereinbarungen zwischen den W5 und den Lieferanten über Preise und Sonderrabatte (Randnr. 89 der angefochtenen Entscheidung). Schließlich bemerkte auch die Klägerin in ihrer Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte, dass schon während dieses Zeitraums eine gesonderte Zusammenkunft der W5 stattgefunden habe (Randnr. 177 der angefochtenen Entscheidung).

205    Die Klägerin bestreitet außerdem, dass es insbesondere vor 1996 für den den kleinen Straßenbauunternehmen eingeräumten Rabatt eine Höchstgrenze gegeben habe. Aus mehreren Dokumenten ergibt sich jedoch, wie oben in Randnr. 52 ausgeführt, dass diese seit 1994 Gegenstand der Kartelltreffen war. Dabei handelt es sich um Erklärungen der Lieferanten (Randnrn. 50, 53, 54 und 82 bis 86 der angefochtenen Entscheidung), Dokumente aus der Zeit der Zuwiderhandlung (Randnrn. 82 bis 85, 93, 95, 108, 115, 116 und 153 der angefochtenen Entscheidung) sowie Antworten der Klägerin auf ein Auskunftsverlangen der Kommission und auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte (Randnrn. 72, 97 und 119 der angefochtenen Entscheidung).

206    Auch dieses Vorbringen ist daher zurückzuweisen.

207    Im Ergebnis ist der auf Fehler bei der Tatsachenfeststellung oder ‑würdigung und Rechtsfehler bei der Berechnung des Grundbetrags der Geldbuße gestützte Klagegrund zurückzuweisen.

B –  Zu den erschwerenden Umständen

208    Mit dem zweiten Klagegrund rügt die Klägerin, dass die Kommission durch die Annahme erschwerender Umstände Fehler bei der Tatsachenfeststellung oder ‑würdigung und Rechtsfehler gemacht und ihre Verteidigungsrechte verletzt habe. Sie wirft der Kommission vor, die Geldbuße zu Unrecht erhöht zu haben, wobei sie sich zum einen auf ihre mangelnde Zusammenarbeit bei einer Nachprüfung und zum anderen auf ihre Rolle als Anstifterin und Anführerin des Kartells gestützt habe.

1.     Zu dem erschwerenden Umstand der Verweigerung der Zusammenarbeit bei einer Nachprüfung

a)     Vorbringen der Parteien

209    Die Klägerin trägt vor, die Entscheidung der Kommission, den Grundbetrag ihrer Geldbuße um 10 % zu erhöhen, da sie es abgelehnt habe, bei der Nachprüfung vom 1. Oktober 2002 mit der Kommission zusammenzuarbeiten, und während dieser Nachprüfung Behinderungsversuche unternommen habe, sei aus vier Gründen rechtsfehlerhaft.

210    Erstens habe die Kommission ihre Verteidigungsrechte dadurch verletzt, dass sie sie in der Mitteilung der Beschwerdepunkte nicht davon unterrichtet habe, dass die in Rede stehenden Vorfälle bei der Berechnung der Geldbuße berücksichtigt würden. Zwar habe die Kommission die beiden Vorfälle in dem das Verfahren betreffenden Teil der Mitteilung der Beschwerdepunkte erwähnt, daraus habe sie jedoch nicht schließen können, dass die Kommission beabsichtigte, diese Tatsachen bei der Berechnung der Geldbuße zu berücksichtigen, denn sie seien in dem die erschwerenden Umstände betreffenden Teil der Mitteilung der Beschwerdepunkte nicht erwähnt worden. Auch durch Mitteilungen von Beschwerdepunkten in anderen Verfahren habe sie von der diesbezüglichen Praxis der Kommission keine Kenntnis nehmen können, da es sich dabei nicht um öffentlich zugängliche Dokumente handele.

211    Zweitens sei der Vorwurf der Verweigerung der Zusammenarbeit sachlich falsch, denn es sei kein Verstoß gegen Art. 15 Abs. 1 der Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962, Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln [81 EG] und [82 EG] des Vertrages (ABl. 1962, 13, S. 204, aufgehoben und ersetzt durch die Verordnung Nr. 1/2003) oder gegen die nach Art. 14 Abs. 3 dieser Verordnung erlassene Nachprüfungsentscheidung festgestellt worden. So ergebe sich aus dem ersten die Weigerung betreffenden Protokoll, dass die Sekretärin des Direktors der Klägerin die Beamten der Kommission aufgefordert habe, vor dem Betreten der Geschäftsräume die Ankunft der auswärtigen Rechtsanwälte der Firma abzuwarten. Die Beamten hätten es jedoch abgelehnt zu warten und hätten sofort die Polizei gerufen und seien gewaltsam in die Büros eingedrungen, ohne auch nur zu fragen, ob es einen in der Firma tätigen Juristen gebe, der sie empfangen und begleiten könne. Dieser Vorfall habe entgegen dem Vorbringen der Kommission höchstens 20 Minuten gedauert. Die Kommission habe außerdem die Verteidigungsrechte der Klägerin verletzt, da sie ihr keine ausreichende Zeit gelassen habe, um Rechtsbeistand einzuholen, da sie keinen am Ort der Nachprüfung tätigen Firmenjuristen gehabt habe. Gegenstand des zweiten Protokolls sei die Weigerung der auswärtigen Rechtsanwälte der Klägerin gewesen, den Beamten das Betreten des Büros eines ihrer Direktoren, der abwesend gewesen sei, zu gestatten, denn sie hätten gemeint, dass sich dort kein Bitumen betreffendes Dokument befunden habe und dass sich der Durchsuchungsbefehl der Kommission nicht auf dieses Büro erstreckt habe. Die Kommission trägt vor, um das Büro betreten zu können, habe sie die Unterstützung der niederländischen Wettbewerbsbehörde anfordern müssen, die sich mit der Polizei in Verbindung gesetzt habe. Die Klägerin entgegnet, dieses Protokoll gebe nicht die Tatsachen wieder. Zwar hätten die Rechtsanwälte den Beamten der Kommission zunächst den Zutritt zu dem genannten Büro verweigert, hätten ihn dann jedoch sehr schnell gestattet, so dass nur von einem unbedeutenden Vorfall, nicht aber von einem Versuch der Behinderung der Nachprüfung die Rede sein könne. So werde in dem Protokoll nicht angegeben, dass in diesem kurzen Zeitraum jemand dieses Büro betreten habe oder Beweismittel hätte beiseiteschaffen können. Abschließend weist die Klägerin darauf hin, dass die beiden Protokolle, die am 3. Oktober 2002, also nach Abschluss der in Rede stehenden Nachprüfungen, errichtet worden seien, ihr erst im Rahmen der Akteneinsicht übermittelt worden seien, so dass sie nicht in der Lage gewesen sei, rechtzeitig dazu Stellung zu nehmen. Dies verstoße gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung der Justiz.

212    Drittens verstoße die Erhöhung der Geldbuße wegen Verweigerung der Zusammenarbeit gegen Art. 15 Abs. 1 der Verordnung Nr. 17, der zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt gegolten und eine Geldbuße von höchstens 5 000 Euro für den Fall vorgesehen habe, dass ein Unternehmen die in einer Entscheidung angeordnete Nachprüfung nicht duldete. Die Kommission sei nicht berechtigt gewesen, unter Berufung auf die Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen von diesen Bestimmungen abzuweichen, und habe ihr Ermessen überschritten, als sie versucht habe, der Klägerin diese Erhöhung in Anwendung der Verordnung Nr. 1/2003 aufzuerlegen.

213    Viertens schließlich stehe die Erhöhung der Geldbuße um 1,71 Mio. Euro wegen Verweigerung der Zusammenarbeit in keinem angemessenen Verhältnis zu den in den Protokollen der Kommission beschriebenen Tatsachen.

214    Die Kommission weist das gesamte Vorbringen der Klägerin zurück.

b)     Würdigung durch das Gericht

215    Aus der angefochtenen Entscheidung, namentlich aus ihren Randnrn. 32, 340 und 341 ergibt sich, dass die Kommission am 1. Oktober 2002 Nachprüfungen u. a. in den Geschäftsräumen der Klägerin vornahm. Dabei verweigerte die Klägerin den Beamten der Kommission zunächst bis zur Ankunft ihrer auswärtigen Rechtsanwälte den Zutritt zu den Gebäuden und hinderte sie sodann am Betreten des Büros eines ihrer Direktoren. Die Kommission ersuchte daraufhin die Polizei um Unterstützung, um die Nachprüfungen durchführen zu können. Die Beamten der Kommission errichteten am 3. Oktober 2002 über diese Vorfälle zwei Protokolle, die der Klägerin am 19. Oktober im Rahmen der von der Kommission gewährten Akteneinsicht übermittelt wurden. Die Klägerin macht gegen die Entscheidung der Kommission, aus diesem Grund den Grundbetrag ihrer Geldbuße um 10 % zu erhöhen, vier Argumente geltend.

 Zur Verletzung der Verteidigungsrechte im Zusammenhang mit dem Inhalt der Mitteilung der Beschwerdepunkte

216    Die Klägerin trägt erstens vor, die Kommission habe ihre Verteidigungsrechte dadurch verletzt, dass sie sie in der Mitteilung der Beschwerdepunkte nicht darüber unterrichtet habe, dass ihre Geldbuße wegen dieser zweifachen Verweigerung der Zusammenarbeit erhöht werden könne. Aus der Mitteilung der Beschwerdepunkte geht jedoch hervor, dass die Kommission in dem das Verfahren betreffenden Teil die zweifache Verweigerung der Zusammenarbeit erwähnt und als Verstoß gegen Art. 1 ihrer Entscheidung vom 26. September 2002 über die Anordnung der Nachprüfung bezeichnet hat (Nr. 85). Ferner hat sie in dem die Abhilfemaßnahmen betreffenden Teil der Mitteilung der Beschwerdepunkte an die Grundsätze für die Festsetzung der Geldbußen erinnert und ohne weitere Erläuterungen darauf hingewiesen, dass sie u. a. etwaige mildernde oder erschwerende Umstände berücksichtigen werde (Nr. 361).

217    Nach ständiger Rechtsprechung kommt die Kommission ihrer Verpflichtung zur Wahrung des Anhörungsanspruchs der Unternehmen nach, wenn sie in der Mitteilung der Beschwerdepunkte ausdrücklich darauf hinweist, dass sie prüfen werde, ob gegen die betroffenen Unternehmen Geldbußen zu verhängen seien, und ferner die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte anführt, die zu einer Geldbuße führen können, wie z. B. die Schwere und die Dauer der angenommenen Zuwiderhandlung sowie den Umstand, dass diese vorsätzlich oder fahrlässig begangen wurde. Dadurch gibt sie den Unternehmen die Angaben an die Hand, die für deren Verteidigung nicht nur gegen die Feststellung einer Zuwiderhandlung, sondern auch gegen die Verhängung von Geldbußen erforderlich sind (Urteil Musique Diffusion française u. a./Kommission, oben in Randnr. 176 angeführt, Randnr. 21; und Urteil des Gerichts vom 20. März 2002, ABB Asea Brown Boveri/Kommission, T‑31/99, Slg. 2002, II‑1881, Randnr. 78). Der Anhörungsanspruch der betroffenen Unternehmen gegenüber der Kommission wird somit, was die Bemessung der Geldbuße angeht, dadurch gewahrt, dass ihnen die Möglichkeit gegeben wird, zu Dauer, Schwere und Erkennbarkeit der Wettbewerbswidrigkeit der Zuwiderhandlung Stellung zu nehmen. Außerdem verfügen die Unternehmen bezüglich der Bemessung der Geldbuße über eine zusätzliche Garantie, weil das Gericht mit Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung entscheidet und mithin gemäß Art. 31 der Verordnung Nr. 1/2003 die Geldbuße aufheben oder herabsetzen kann (Urteil des Gerichts vom 6. Oktober 1994, Tetra Pak/Kommission, T‑83/91, Slg. 1994, II‑755, Randnr. 235; vgl. in diesem Sinne auch Urteil ABB Asea Brown Boveri/Kommission, Randnr. 79). Der Unionsrichter hat daraus gefolgert, dass sich die Kommission darauf beschränken kann, in der Mitteilung der Beschwerdepunkte ohne weitere Erläuterungen darauf hinzuweisen, dass sie berücksichtigen werde, welche Rolle die einzelnen Unternehmen bei den fraglichen Vereinbarungen gespielt hätten, und dass etwaige erschwerende oder mildernde Umstände ihren Niederschlag in der Höhe der Geldbuße finden würden, da in den Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen im Einzelnen angegeben wird, welche Umstände als erschwerend anzusehen sind (Urteil Groupe Danone/Kommission, oben in Randnr. 137 angeführt, Randnrn. 50 bis 56).

218    In der vorliegenden Rechtssache hat die Kommission in Einklang mit dieser Rechtsprechung in der Mitteilung der Beschwerdepunkte (Nrn. 357 bis 362) ausdrücklich ihre Absicht bekundet, den Adressaten Geldbußen aufzuerlegen, und ferner die tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte angegeben, die sie für die Bemessung der gegen die Klägerin zu verhängenden Geldbuße zu berücksichtigen beabsichtigte. Der Anhörungsanspruch der Klägerin wurde somit gewahrt. Was genauer den zu Ungunsten der Klägerin angenommenen erschwerenden Umstand der Verweigerung der Zusammenarbeit bei den Nachprüfungen angeht, so wird diese Verweigerung in den Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen als Beispiel für einen erschwerenden Umstand genannt; ferner hat die Kommission in der Mitteilung der Beschwerdepunkte darauf hingewiesen, dass sie berücksichtigen werde, welche Rolle die einzelnen Unternehmen bei den in Rede stehenden Vereinbarungen gespielt hätten, und dass etwaige erschwerende oder mildernde Umstände ihren Niederschlag in der Höhe der Geldbuße finden würden (Nr. 361). Somit konnte der Klägerin nicht unbekannt sein, dass die Kommission diesen erschwerenden Umstand möglicherweise heranziehen würde, wenn sie zu dem Schluss gelangen sollte, dass die dafür aufgestellten Voraussetzungen erfüllt waren. Die Kommission hat demnach die Verteidigungsrechte der Klägerin nicht verletzt.

 Zur falschen rechtlichen Bewertung des Sachverhalts

219    Zweitens macht die Klägerin geltend, die Ansicht der Kommission, bei den beiden in Rede stehenden Vorfällen handele es sich um eine Weigerung, die in der entsprechenden Entscheidung angeordnete Nachprüfung zu dulden, die unter Art. 15 Abs. 1 Buchst. c der zur Zeit dieser Nachprüfungen geltenden Verordnung Nr. 17 falle, beruhe auf einer falschen Bewertung des Sachverhalts. Sie habe nur ihre Verteidigungsrechte ausgeübt, als sie die Kommission aufgefordert habe, bis zum Eintreffen ihrer auswärtigen Rechtsanwälte mit den Nachprüfungen zu warten, und es den Beamten der Kommission jedenfalls sehr schnell ermöglicht, die beabsichtigten Nachprüfungen durchzuführen.

–       Zu dem ersten Vorfall

220    Ausweislich der Akten trafen Beamte der Kommission und Beamte der niederländischen Wettbewerbsbehörde am 1. Oktober 2002 um 9.30 Uhr mit einer Entscheidung der Kommission über die Durchführung von Nachprüfungen bei der Klägerin am Empfang ihrer Geschäftsräume in Utrecht ein. Die Sekretärin des Direktors verweigerte ihnen jedoch den Zutritt zu dem Gebäude und forderte sie auf, bis zur Ankunft der auswärtigen Rechtsanwälte der Klägerin in einem Warteraum im Erdgeschoss zu warten. Der Zutritt zu dem Gebäude wurde ihnen erst nach Eintreffen der Polizei gestattet, die die Beamten der niederländischen Wettbewerbsbehörde auf Bitten der Inspekteure der Kommission gerufen hatten. Nach Schätzung der Kommission betrug die durch diese Weigerung verursachte Verzögerung 47 Minuten. Die Klägerin ist der Auffassung, dass sie berechtigt gewesen sei, die Kommission aufzufordern, die Ankunft ihrer Rechtsanwälte, deren Kanzlei sich 60 km entfernt in Den Haag (Niederlande) befunden habe, abzuwarten, da sie keinen im Haus tätigen Firmenjuristen gehabt habe.

221    Das Gericht stellt fest, dass die Klägerin lediglich vorträgt, sie sei berechtigt gewesen, die Kommission aufzufordern, mit der vorgesehenen Nachprüfung bis zur Ankunft ihrer auswärtigen Fachanwälte für Wettbewerbsrecht zu warten, ohne sich dabei auf eine bestimmte Vorschrift des Rechts der Europäischen Union oder des niederländischen Rechts zu berufen.

222    In der Tat hat der Unionsrichter bereits entschieden, dass die bloße Ausübung der Verteidigungsrechte nicht als Verweigerung jeder Zusammenarbeit im Sinne von Ziff. 2 zweiter Gedankenstrich der Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen angesehen werden kann (Urteil des Gerichts vom 20. März 2002, HFB u. a./Kommission, T‑9/99, Slg. 2002, II‑1487, Randnr. 478, in diesem Punkt bestätigt durch das Urteil Dansk Rørindustri u. a./Kommission, oben in Randnr. 176 angeführt, Randnr. 353).

223    Zudem fußt nach ständiger Rechtsprechung der Rechtsgrundsatz eines fairen Verfahrens als allgemeiner Grundsatz des Unionsrechts auf den Grundrechten, die sich auch aus der am 4. November 1950 in Rom abgeschlossenen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (im Folgenden: EMRK) und insbesondere ihrem Art. 6 ergeben. So kann, wenn sich ein Kläger auf diesen Grundsatz beruft, davon ausgegangen werden, dass er sich stillschweigend auch auf Art. 6 EMRK beruft (Schlussanträge des Generalanwalts Geelhoed in der Rechtssache Salzgitter Mannesmann/Kommission, C‑411/04 P, Urteil vom 25. Januar 2007, Slg. 2007, I‑959, I‑962, Nrn. 45 bis 49).

224    Zur Beantwortung dieser Rüge muss das Gericht somit prüfen, ob die Kommission hier die Verfahrensgarantien eingehalten hat, die sich aus den allgemeinen Grundsätzen des Unionsrechts und der EMRK ergeben. Außerdem sind die Art. 47 Abs. 1 und 2 und Art. 48 Abs. 2 der am 7. Dezember 2000 in Nizza proklamierten Charta der Grundrechte der Europäischen Union (ABl. C 364, S. 1) zu beachten, die, auch wenn sie zur Zeit des Erlasses der angefochtenen Entscheidung nicht eine vergleichbare rechtliche Bindungswirkung hatten wie das primäre Gemeinschaftsrecht, doch als Quelle der Rechtsauslegung ein Licht auf die vom Unionsrecht garantierten Grundrechte warfen (Urteile des Gerichtshofs vom 27. Juni 2006, Parlament/Rat, C‑540/03, Slg. 2006, I‑5769, Randnr. 38, und vom 13. März 2007, Unibet, C‑432/05, Slg. 2007, I‑2271, Randnr. 37).

225    Nach Art. 6 Abs. 3 EMRK hat „[j]ede angeklagte Person [das Recht], sich selbst zu verteidigen [oder] sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen …“, und nach Art. 47 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union kann „[j]ede Person … sich beraten, verteidigen und vertreten lassen“.

226    Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass Bestimmungen über die Anwesenheit eines Rechtsanwalts bei den Nachprüfungen weder in der zur Zeit der Nachprüfungen geltenden Verordnung Nr. 17 noch in der Verordnung Nr. 1/2003 noch in der Verordnung (EG) Nr. 773/2004 der Kommission vom 7. April 2004 über die Durchführung von Verfahren auf der Grundlage der Artikel 81 [EG] und 82 [EG] (ABl. L 123, S. 18) enthalten sind.

227    Außerdem ist der Anspruch auf rechtliches Gehör im Wesentlichen im Rahmen von Gerichts- oder Verwaltungsverfahren gegeben, die auf die Abstellung einer Zuwiderhandlung oder auf Feststellung einer Rechtswidrigkeit gerichtet sind. Das Nachprüfungsverfahren nach Art. 14 der Verordnung Nr. 17 betrifft dagegen nicht die Abstellung einer Zuwiderhandlung oder die Feststellung einer Rechtswidrigkeit; es soll der Kommission vielmehr nur ermöglichen, die Unterlagen zusammenzustellen, die erforderlich sind, um das Bestehen und die Tragweite einer bestimmten Sach- und Rechtslage zu überprüfen. Erst wenn die auf diese Weise zusammengetragenen Beurteilungskriterien nach Auffassung der Kommission den Erlass einer Entscheidung, mit der eine Zuwiderhandlung festgestellt wird, zulassen, ist das Unternehmen gemäß Art. 19 Abs. 1 der Verordnung Nr. 17 vor Erlass einer solchen Entscheidung zu hören. Dieser Wesensunterschied zwischen Entscheidungen am Ende eines solchen Verfahrens und Nachprüfungsentscheidungen erklärt gerade den Wortlaut des Art. 19 Abs. 1, wo die Entscheidungen der Kommission aufgeführt sind, vor denen die Betroffenen zu hören sind, die Entscheidung nach Art. 14 Abs. 3 der Verordnung aber nicht erwähnt ist (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 26. Juni 1980, National Panasonic/Kommission, 136/79, Slg. 1980, 2033, Randnr. 21).

228    Der Unionsrichter hat jedoch klargestellt, dass verhindert werden muss, dass die Verteidigungsrechte in Voruntersuchungsverfahren in nicht wiedergutzumachender Weise beeinträchtigt werden; insbesondere gilt dies bei Nachprüfungen, die für die Erbringung von Beweisen für rechtswidrige Verhaltensweisen von Unternehmen, die geeignet sind, deren Haftung auszulösen, von entscheidender Bedeutung sein können. Wenngleich sich somit bestimmte Verteidigungsrechte nur auf streitige Verfahren im Anschluss an eine Mitteilung von Beschwerdepunkten beziehen, sind andere, beispielsweise das Recht auf Hinzuziehung eines juristischen Beistands und der vom Gerichtshof im Urteil vom 18. Mai 1982, AM & S Europe/Kommission (155/79, Slg. 1982, 1575) anerkannte Anspruch auf Wahrung der Vertraulichkeit des Schriftverkehrs zwischen Anwalt und Mandant, schon im Stadium der Voruntersuchung zu beachten (Urteile des Gerichtshofs vom 21. September 1989, Hoechst/Kommission, 46/87 und 227/88, Slg. 1989, 2859, Randnrn. 15 und 16, vom 17. Oktober 1989, Dow Benelux/Kommission, 85/87, Slg. 1989, 3137, Randnr. 27, und Dow Chemical Ibérica u. a./Kommission, 97/87 bis 99/87, Slg. 1989, 3165, Randnrn. 12 und 13).

229    Jedenfalls hat auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Strafverfahren anerkannt, dass Art. 6 EMRK zwar normalerweise vorschreibe, dass der Angeklagte vom Beginn der polizeilichen Verhöre an ein Recht auf anwaltlichen Beistand habe, dieses Recht jedoch aus triftigen Gründen Beschränkungen unterworfen werden könne; somit müsse in jedem Einzelfall unter Berücksichtigung des gesamten Verfahrens geprüft werden, ob dem Angeklagten durch die Beschränkung ein faires Verfahren vorenthalten worden sei (vgl. EGMR, Urteil Murray/Vereinigtes Königreich vom 8. Februar 1996, Recueil des arrêts et décisions, 1996‑I, § 63).

230    Im Rahmen der Bestimmungen des Art. 14 der Verordnung Nr. 17 muss jedoch sichergestellt werden, dass die Wahrung der Verteidigungsrechte nicht die praktische Wirksamkeit der Nachprüfungen beeinträchtigt, eines von der Kommission für die Wahrnehmung ihrer Aufgabe als Hüterin des Vertrags auf dem Gebiet des Wettbewerbs benötigten Instruments (Urteil des Gerichts vom 11. Dezember 2003, Ventouris/Kommission, T‑59/99, Slg. 2003, II‑5257, Randnr. 122). So hat der Gerichtshof anerkannt, dass Befugnisse zur Durchführung von Nachprüfungen ohne vorherige Mitteilung die grundlegenden Rechte der Unternehmen nicht beeinträchtigten, da die der Kommission in Art. 14 der Verordnung Nr. 17 übertragenen Befugnisse ihr die Erfüllung des ihr im Vertrag erteilten Auftrags ermöglichen sollen, über die Beachtung der Wettbewerbsregeln im Binnenmarkt zu wachen, Wettbewerbsverfälschungen zum Schaden des öffentlichen Interesses, der einzelnen Unternehmen und der Verbraucher zu vermeiden und die vom Vertrag gewollte Wettbewerbsordnung, die die Unternehmen zu achten haben, aufrechtzuerhalten (Urteil National Panasonic/Kommission, oben in Randnr. 227 angeführt, Randnr. 20).

231    Deshalb muss eine Abwägung zwischen den die Verteidigungsrechte betreffenden allgemeinen Grundsätzen des Unionsrechts und der praktischen Wirksamkeit der Nachprüfungsbefugnis der Kommission vorgenommen werden, wobei verhindert werden muss, dass entscheidungserhebliche Dokumente vernichtet oder beiseite geschafft werden.

232    Das Gericht ist daher der Auffassung, dass die Anwesenheit eines auswärtigen Rechtsanwalts oder eines in der Firma tätigen Rechtsanwalts bei einer Nachprüfung der Kommission möglich ist, die Rechtmäßigkeit der Nachprüfung aber nicht davon abhängt. So kann ein Unternehmen, das nicht über einen am Ort der Nachprüfung tätigen Juristen verfügt, telefonische Ratschläge eines Rechtsanwalts einholen und ihn bitten, so schnell wie möglich an diesen Ort zu kommen. Damit die Ausübung dieses Rechts auf anwaltlichen Beistand die ordnungsgemäße Durchführung der Nachprüfung nicht beeinträchtigt, muss es den damit beauftragten Personen ermöglicht werden, sofort alle Geschäftsräume zu betreten, dem Unternehmen die Nachprüfungsentscheidung zuzustellen und sich in den Büros ihrer Wahl aufzuhalten, ohne zu warten, bis das Unternehmen seinen Rechtsanwalt konsultiert hat. Den mit der Nachprüfung beauftragten Personen muss es ferner ermöglicht werden, die Telefongespräche und elektronischen Kontakte des Unternehmens zu kontrollieren, um insbesondere zu verhindern, dass dieses Kontakte mit anderen Unternehmen aufnimmt, bei denen ebenfalls eine Nachprüfung angeordnet wurde. Im Übrigen hängt die Zeit, die die Kommission einem Unternehmen für die Kontaktaufnahme mit seinem Anwalt lassen muss, bevor sie beginnt, die Bücher und sonstigen Unterlagen zu prüfen, Kopien davon anzufertigen, Räume oder Dokumente zu versiegeln oder mündliche Erklärungen von Vertretern oder Mitgliedern des Personals des Unternehmens einzuholen, von den besonderen Umständen jedes Einzelfalls ab und kann jedenfalls nur sehr kurz und auf das unbedingt Notwendige beschränkt sein.

233    Hier hat die Kommission die Verteidigungsrechte der Klägerin nicht dadurch verletzt, dass sie es ablehnte, der Aufforderung der Klägerin nachzukommen, vor Betreten ihrer Geschäftsräume, insbesondere des Büros ihres Generaldirektors, das Eintreffen ihrer auswärtigen Rechtsanwälte in einem Warteraum abzuwarten. Die Weigerung der Klägerin, den Beamten der Kommission vor der Ankunft ihrer Rechtsanwälte Zugang zu ihren Geschäftsräumen zu gewähren, die die Nachprüfungen um 47 Minuten verzögerte, ist deshalb als Weigerung, die in der Entscheidung angeordnete Nachprüfung zu dulden, im Sinne des Art. 15 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 17 anzusehen.

–       Zu dem zweiten Vorfall

234    Die Klägerin macht geltend, der Vorfall vom Nachmittag des 1. Oktober 2002 stelle keine Weigerung, die in der Entscheidung angeordnete Nachprüfung zu dulden, dar, da er nur sehr kurze Zeit gedauert und somit keine Gefahr bestanden habe, dass Unterlagen vernichtet oder beiseite geschafft werden konnten.

235    Den von der Kommission vorgelegten Unterlagen zufolge verweigerten die auswärtigen Rechtsanwälte der Klägerin jedoch nach ihrem Eintreffen am Nachmittag des 1. Oktober 2002 den Beamten der Kommission den Zutritt zum Büro eines der Direktoren der Klägerin mit der Begründung, dass sich dort kein das Bitumen betreffendes Dokument befinde, bis die Beamten der niederländischen Wettbewerbsbehörde auf Aufforderung der Kommission die Polizei anriefen. In dem von der Kommission errichteten Protokoll wird die Dauer der durch diese Diskussionen bewirkten Verzögerung nicht genau angegeben. In der Nachprüfungsentscheidung der Kommission vom 26. September 2002 wurden die Beamten indessen ermächtigt, zu den normalen Öffnungszeiten der Büros alle Räumlichkeiten, Grundstücke und Transportmittel des Unternehmens zu betreten und alle Bücher und Geschäftsunterlagen zu prüfen.

236    Nach der Rechtsprechung sind die Unternehmen jedoch verpflichtet, während der Voruntersuchung aktiv an den Nachprüfungen mitzuarbeiten (Urteil Aalborg Portland u. a./Kommission, oben in Randnr. 158 angeführt, Randnrn. 65, 207 und 208).

237    Im Übrigen lassen sowohl der Zweck der Verordnung Nr. 17 als auch die Aufzählung der den Beamten der Kommission eingeräumten Befugnisse in Art. 14 dieser Verordnung erkennen, dass die Nachprüfungen sehr weit gehen können. Dabei kommt dem Recht, alle Räumlichkeiten, Grundstücke und Transportmittel der Unternehmen zu betreten, insofern besondere Bedeutung zu, als es der Kommission damit ermöglicht werden soll, das Beweismaterial für Zuwiderhandlungen gegen die Wettbewerbsregeln an den Orten zu sammeln, an denen es sich normalerweise befindet, d. h. in den Geschäftsräumen der Unternehmen (Urteil vom 21. September 1989, Hoechst/Kommission, oben in Randnr. 228 angeführt, Randnr. 26).

238    Der Unionsrichter hat ferner darauf hingewiesen, dass die Kommission ihre Nachprüfungsbefugnis in allen Geschäftsräumen des von ihrer Entscheidung betroffenen Unternehmens ausüben kann, wobei sie die Verteidigungsrechte wahren muss (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. September 1989, Hoechst/Kommission, oben in Randnr. 228 angeführt, Randnrn. 14 und 15) und die mit dem Schutz des Eigentums zusammenhängenden Rechte zu beachten hat (vgl. EGMR, Urteil Colas Est u. a./Frankreich vom 16. April 2002, Recueil des arrêts et décisions, 2002, §§ 40 und 41; Urteil des Gerichtshofs vom 22. Oktober 2002, Roquette Frères, C‑94/00, Slg. 2002, I‑9011, Randnr. 29; und Beschluss des Gerichtshofs vom 17. November 2005, Minoan Lines/Kommission, C‑121/04 P, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 37). Ferner ist es Sache der Kommission und nicht des betroffenen Unternehmens oder eines Dritten, darüber zu entscheiden, ob der Kommission ein Schriftstück vorzulegen ist (Urteil AM & S Europe/Kommission, oben in Randnr. 228 angeführt, Randnr. 17).

239    Somit kann schon deshalb, weil die Rechtsanwälte der Klägerin den Beamten der Kommission zunächst den Zutritt zu dem Büro eines ihrer Direktoren verweigerten, angenommen werden, dass sich die Klägerin geweigert hat, die in der Entscheidung angeordnete Nachprüfung vollständig zu dulden, ohne dass die Kommission nachzuweisen braucht, dass die durch diese Weigerung bedingte Verzögerung dazu führen konnte, dass Unterlagen vernichtet oder beiseite geschafft wurden.

240    Aus allen diesen Erwägungen folgt, dass die Ansicht der Kommission, dass es sich bei den beiden Vorfällen um eine Weigerung, die in einer Entscheidung angeordnete Nachprüfung zu dulden, handele, nicht auf einer falschen Bewertung des Sachverhalts beruht.

 Zum Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung

241    Schließlich wirft die Klägerin der Kommission vor, dadurch gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung verstoßen zu haben, dass sie die Protokolle erst nach Abschluss der Nachprüfungen errichtet und ihr erst im Rahmen der Akteneinsicht, also nach der Mitteilung der Beschwerdepunkte, übermittelt und sie so gehindert habe, rechtzeitig dazu Stellung zu nehmen.

242    Die Kommission war indessen nach keiner Rechtsvorschrift verpflichtet, ein Protokoll über die Weigerung des betroffenen Unternehmens, sich innerhalb einer bestimmten Frist einer Nachprüfung zu unterwerfen, zu errichten und dem betroffenen Unternehmen binnen einer bestimmten Frist zu übermitteln. Nach Auffassung des Unionsrichters kann man jedoch nicht unter Berufung auf den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung in eine Verpflichtung verwandeln, was der Gesetzgeber nicht als eine solche angesehen hat (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 31. März 1992, Burban/Parlament, C‑255/90 P, Slg. 1992, I‑2253, Randnr. 20).

243    Das Gericht weist darauf hin, dass die Klägerin jedenfalls zu dem Zeitpunkt, als die Kommission ihr nach der Mitteilung der Beschwerdepunkte Akteneinsicht gewährte, die Möglichkeit hatte, zum Inhalt dieser beiden Protokolle Stellung zu nehmen, dies jedoch nicht getan hat.

 Zum Verstoß gegen Art. 15 der Verordnung Nr. 17

244    Drittens macht die Klägerin geltend, da zur entscheidungserheblichen Zeit nur die Verordnung Nr. 17 gegolten habe, hätte die Kommission weder die Verordnung Nr. 1/2003 anwenden dürfen, die keine Geltung besessen habe, noch die Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, die keine Ausnahmen von den Bestimmungen der Verordnung Nr. 17 hätten vorsehen können. Dadurch habe die Kommission ihr Ermessen missbraucht.

245    Art. 15 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 17 ermöglichte es der Kommission, gegen Unternehmen, die eine in einer Entscheidung angeordnete Nachprüfung nicht duldeten, eine Geldbuße von bis zu 5 000 Euro zu verhängen. Art. 15 Abs. 2 der Verordnung ermächtigte sie, gegen Unternehmen, die gegen Art. 81 Abs. 1 EG verstießen, Geldbußen von bis zu 10 % ihres Umsatzes zu verhängen, die unter Berücksichtigung der Schwere und der Dauer des Verstoßes zu berechnen waren. Somit ermöglichte es Art. 15 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 17 der Kommission, gegen ein Unternehmen eine Geldbuße wegen Verweigerung der Zusammenarbeit bei Nachprüfungen zu verhängen, auch wenn kein Verstoß gegen Art. 81 EG nachgewiesen war. Entgegen dem Vorbringen der Klägerin untersagte es also auch vor Erlass der Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen keine Bestimmung der Verordnung Nr. 17 der Kommission, eine Verweigerung der Zusammenarbeit während der Untersuchung im Rahmen der Festsetzung der globalen Höhe der Geldbuße nach Art. 15 Abs. 2 dieser Verordnung zu sanktionieren, statt gegen das Unternehmen eine gesonderte Geldbuße nach Art. 15 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung zu verhängen.

246    Nach der Rechtsprechung (vgl. u. a. Urteil des Gerichtshofs vom 13. November 1990, Fedesa, C‑331/88, Slg. 1990, I‑4023, Randnr. 24) besteht der Ermessensmissbrauch in der Vornahme einer Rechtshandlung durch ein Organ der Union ausschließlich oder zumindest überwiegend zu anderen als den angegebenen Zwecken oder mit dem Ziel, ein Verfahren zu umgehen, das der Vertrag speziell vorsieht, um die konkrete Sachlage zu bewältigen. So hat der Unionsrichter darauf hingewiesen, dass eine Rechtshandlung nur dann ermessensmissbräuchlich ist, wenn aufgrund objektiver, schlüssiger und übereinstimmender Indizien anzunehmen ist, dass sie ausschließlich oder zumindest vorwiegend zu anderen als den angegebenen Zwecken erlassen worden ist (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 11. November 2004, Ramondin u. a./Kommission, C‑186/02 P und C‑188/02 P, Slg. 2004, I‑10653, Randnr. 44 und die dort angeführte Rechtsprechung).

247    Deshalb ist zu prüfen, ob die Kommission, wie die Klägerin meint, die Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, in denen es ihr ausdrücklich ermöglicht wird, bei der Festsetzung der Geldbuße eine Verweigerung der Zusammenarbeit oder einen Behinderungsversuch während des Untersuchungsverlaufs als erschwerenden Umstand zu berücksichtigen, vorwiegend zu dem Zweck erlassen hat, die in Art. 15 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 17 festgesetzte Höchstgrenze von 5 000 Euro zu umgehen.

248    Der Unionsrichter hat bereits darauf hingewiesen, dass die Verordnung Nr. 17 der Kommission bei der Festsetzung der Geldbußen ein weites Ermessen einräumte. Somit kann die Einführung einer neuen Methode für die Berechnung der Geldbußen durch den Erlass der Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, die in einigen Fällen zu höheren Geldbußen führen konnte, ohne dass jedoch die in der Verordnung festgesetzte Höchstgrenze überschritten wurde, nicht als eine den Grundsätzen der Rechtmäßigkeit und der Rechtssicherheit widersprechende rückwirkende Verschärfung der rechtsverbindlich in Art. 15 der Verordnung Nr. 17 vorgesehenen Geldbußen angesehen werden (Urteil Dansk Rørindustri u. a./Kommission, oben in Randnr. 176 angeführt, Randnrn. 252, 254, 258, 260, 261 und 267, und Urteil des Gerichts vom 20. März 2002, LR AF 1998/Kommission, T‑23/99, Slg. 2002, II‑1705, Randnr. 235).

249    Der Unionsrichter hat ferner entschieden, dass Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17 keine abschließende Aufzählung der Kriterien, die die Kommission bei der Festsetzung der Geldbuße heranziehen konnte, enthielt und dass somit das Verhalten des Unternehmens im Verwaltungsverfahren und namentlich eine Verweigerung der Zusammenarbeit oder Behinderungsversuche während des Untersuchungsverlaufs zu den Gesichtspunkten gehören konnten, die bei dieser Festsetzung zu berücksichtigen sind (Urteile des Gerichtshofs vom 11. Januar 1990, Sandoz prodotti farmaceutici/Kommission, C‑277/87, Slg. 1990, I‑45, und vom 16. November 2000, Finnboard/Kommission, C‑298/98 P, Slg. 2000, I‑10157, Randnr. 56; Urteil HFB u. a./Kommission, oben in Randnr. 222 angeführt, Randnrn. 474 und 475, in diesem Punkt bestätigt durch Urteil Dansk Rørindustri u. a./Kommission, oben in Randnr. 176 angeführt, Randnr. 351).

250    Nach alledem hat die Klägerin nicht dargetan, dass die Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen dadurch, dass sie der Kommission ausdrücklich die Befugnis verleihen, bei der Festsetzung der Geldbuße eine Verweigerung der Zusammenarbeit oder einen Behinderungsversuch während des Untersuchungsverlaufs als erschwerenden Umstand zu berücksichtigen, vorwiegend zu dem Zweck erlassen wurden, das in Art. 15 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 17 vorgesehene Sanktionsverfahren und namentlich den Höchstbetrag von 5 000 Euro zu umgehen.

251    Im Ergebnis ist das Gericht der Auffassung, dass die Kommission in der vorliegenden Rechtssache die Möglichkeit hatte, eine Verweigerung der Zusammenarbeit dadurch zu sanktionieren, dass sie gegen das betreffende Unternehmen entweder eine Geldbuße im Höchstbetrag von 5 000 Euro gemäß Art. 15 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 17 festsetzte oder bei der Berechnung der gegen das Unternehmen gemäß Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17 (nunmehr Art. 23 Abs. 2 der zur Zeit des Erlasses der angefochtenen Entscheidung geltenden Verordnung Nr. 1/2003) verhängten Geldbuße den erschwerenden Umstand einer Verweigerung der Zusammenarbeit während des Untersuchungsverlaufs berücksichtigte. Es liegt somit kein Ermessensmissbrauch vor.

 Zur Unverhältnismäßigkeit der Erhöhung der Geldbuße wegen der Verweigerung der Zusammenarbeit

252    Viertens macht die Klägerin schließlich geltend, dass die Erhöhung des Grundbetrags der Geldbuße um 10 %, d. h. um 1,71 Mio. Euro, die die Kommission aufgrund einer Verweigerung der Zusammenarbeit vorgenommen hat, jedenfalls in keinem angemessenen Verhältnis zu den in den Protokollen beschriebenen Tatsachen stehe.

253    Bekanntlich stellt die Geldbuße ein Instrument der Wettbewerbspolitik der Kommission dar; diese muss somit bei der Festsetzung ihrer Höhe über einen Ermessensspielraum verfügen, um die Unternehmen zur Einhaltung der Wettbewerbsregeln anhalten zu können (Urteile des Gerichts vom 6. April 1995, Martinelli/Kommission, T‑150/89, Slg. 1995, II‑1165, Randnr. 59, vom 11. Dezember 1996, Van Megen Sports/Kommission, T‑49/95, Slg. 1996, II‑1799, Randnr. 53, und vom 21. Oktober 1997, Deutsche Bahn/Kommission, T‑229/94, Slg. 1997, II‑1689, Randnr. 127). Das Gericht hat jedoch nachzuprüfen, ob der Betrag der festgesetzten Geldbuße in einem angemessenen Verhältnis steht zur Dauer der festgestellten Zuwiderhandlung und zu den anderen Faktoren, die für die Beurteilung der Schwere des Verstoßes eine Rolle spielen, wie dem Einfluss, den das Unternehmen auf dem Markt ausüben konnte, dem Gewinn, den es aus seinem Verhalten ziehen konnte, dem Volumen und dem Wert der betroffenen Leistungen sowie der Gefahr, die die Zuwiderhandlung für die Ziele der Gemeinschaft bedeutet (Urteil Musique Diffusion française u. a./Kommission, oben in Randnr. 176 angeführt, Randnrn. 120 und 129).

254    Auch wenn die Kommission nicht an ihre frühere Praxis gebunden ist, ist es möglicherweise für das Gericht von Nutzen, bei der Beurteilung der Frage, ob die Erhöhung der gegen die Klägerin festgesetzten Geldbuße verhältnismäßig war, von den Erhöhungen Kenntnis zu nehmen, die die Kommission aus demselben Grund bei anderen Unternehmen vorgenommen hat. Es ist nämlich nicht auszuschließen, dass das Gericht es in Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung für angezeigt hält, diese Erhöhung noch zu verstärken. Dieselbe Erhöhung um 10 % wurde bereits in drei anderen Rechtssachen vorgenommen, in denen die Kommission Unternehmen durch eine besondere Erhöhung der Geldbuße wegen Verweigerung der Zusammenarbeit sanktioniert hat. So wurde ein Unternehmen in der Rechtssache „Griechische Fährschiffe“ durch eine Erhöhung bestraft, weil es die übrigen Gesellschaften von seinen Antworten auf das Auskunftsverlangen der Kommission unterrichtet und ihnen geraten hatte, ihre Preise zu ändern (Urteil Minoan Lines/Kommission, oben in Randnr. 44 angeführt, Randnrn. 335 bis 339). In der Sache Nintendo wurde durch diese Erhöhung ein Unternehmen bestraft, das auf ein Auskunftsverlangen eine falsche Antwort gegeben hatte (Entscheidung der Kommission vom 30. Oktober 2002, COMP/35.706 – PO Nintendo Distribution [ABl. 2003, L 255, S. 33]). Schließlich wurde in der Sache „Industriesäcke“ (Entscheidung der Kommission vom 30. November 2005, COMP/F/38.354 – Industriesäcke) durch diese Erhöhung ein Unternehmen bestraft, in dem einer seiner Angestellten ein von den Beamten der Kommission während der Nachprüfung ausgewähltes Dokument vernichtet hatte, und dies, obwohl das Unternehmen der Kommission in der Folgezeit eine Kopie dieses Dokuments übermittelte.

255    In der vorliegenden Rechtssache hält es das Gericht angesichts der relativ kurzen Dauer der Behinderung der Nachprüfungsmaßnahmen der Kommission durch die Klägerin nicht für angezeigt, in Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung die von der Kommission vorgenommene Erhöhung noch zu verstärken. Im Übrigen erscheint diese Erhöhung der Geldbuße um 10 % nicht unverhältnismäßig, wenn man zum einen das Verhalten der Klägerin während der Nachprüfungen und ihre wiederholten Behinderungsversuche an ein und demselben Tag berücksichtigt und zum anderen der Bedeutung der Nachprüfungen als eines von der Kommission für die Wahrnehmung ihrer Aufgabe als Hüterin des Vertrags auf dem Gebiet des Wettbewerbs benötigten Instruments (Urteil Ventouris/Kommission, oben in Randnr. 230 angeführt, Randnr. 122) sowie der Notwendigkeit Rechnung trägt, die Unternehmen zur Einhaltung der Wettbewerbsregeln anzuhalten.

256    Das Vorbringen der Klägerin ist daher zurückzuweisen.

2.     Zur Anstifter- und Anführerrolle

a)     Zur Anstifterrolle

 Vorbringen der Parteien

257    Nach Auffassung der Klägerin hat die Kommission dadurch, dass sie sie zusammen mit SNV als Anstifterinnen des Kartells angesehen hat, Fehler bei der Tatsachenfeststellung oder ‑würdigung gemacht, die die vollständige oder teilweise Nichtigerklärung der Erhöhung der gegen sie aus diesem Grund festgesetzten Geldbuße um 50 % rechtfertigten. Nach der Rechtsprechung sei der Begriff des Anstifters nur auf ein Unternehmen anwendbar, das andere Unternehmen gedrängt oder ermuntert hat, ein Kartell zu errichten oder ihm beizutreten (Urteil des Gerichts vom 15. März 2006, BASF/Kommission, T‑15/02, Slg. 2006, II‑497, Randnrn. 316 und 321). In der vorliegenden Rechtssache habe sich die Kommission auf zwei unzureichende Gründe gestützt, um ihr die Rolle der Anstifterin des Kartells zuzuschreiben, während sich SNV doch nur ihrer bedient habe, um an die anderen Straßenbauunternehmen der W5 heranzutreten.

258    Erstens habe sich die Kommission auf eine aus dem Zusammenhang gerissene Stelle in der Erwiderung der Klägerin auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte berufen. Aus diesem Schriftstück gehe lediglich hervor, dass SNV der Klägerin 1993 einen Preisvorschlag gemacht habe, den diese den W5 bei ihrem folgenden Treffen bekannt gegeben habe. Dies reiche zum Nachweis dafür, dass die Klägerin den W5 vorgeschlagen habe, ihn anzunehmen, nicht aus.

259    Zweitens habe sich die Kommission auf einen Bericht von Wintershall vom 20. Februar 1992 berufen, in dem es heiße, dass die Klägerin Wintershall mitgeteilt habe, dass sie an SNV herangetreten sei und sie gebeten habe, Vorschläge für eine Zusammenarbeit zwischen den Lieferanten und den W5 zu machen, und dass SNV ihr daraufhin ein Angebot eines Sonderrabatts für die W5 im Jahr 1993 gemacht habe. Dieses Dokument werde jedoch durch eine interne Notiz von SNV aus dem Jahr 1995 widerlegt, entspreche nicht den Erinnerungen des genannten Mitarbeiters der Klägerin und sei in der Sache unwahrscheinlich, da es sich bei Wintershall um eine Gesellschaft gehandelt habe, die wenig Kontakt zu der Klägerin gehabt habe.

260    Jedenfalls könne sich die Kommission zum Beweis für ihre Rolle als Anstifterin des Kartells nicht auf ein einziges Dokument berufen, das aus dem Jahr 1992, also aus der Zeit vor dessen Errichtung stamme und von keinem anderen in den Akten befindlichen Dokument bestätigt werde.

261    Die Kommission weist darauf hin, dass die Rechtsprechung zwischen Anstifter- und Anführerrolle unterscheide und dass das Gericht, falls es die Beweise für eine der beiden Rollen für nicht ausreichend erachten sollte, dennoch die Erhöhung der Geldbuße um 50 % aufrechterhalten könne (Urteil BASF/Kommission, oben in Randnr. 257 angeführt, Randnrn. 342 bis 349). Zur Qualifizierung als Anstifter eines Kartells heiße es in der Rechtsprechung weiter, dass das fragliche Unternehmen andere Unternehmen gedrängt oder ermuntert haben müsse, ein Kartell zu errichten oder ihm beizutreten (Urteil BASF/Kommission, oben in Randnr. 257 angeführt, Randnr. 321). Im vorliegenden Fall habe sie sich auf zwei Schriftstücke gestützt, aus denen hervorgehe, dass die Klägerin andere Unternehmen ermuntert habe, ein Kartell zu errichten, indem sie als größtes Straßenbauunternehmen die Initiative ergriffen habe, an SNV, die wichtigste Lieferantin, heranzutreten und sie um Vorschläge für eine zukünftige Zusammenarbeit der beiden Gruppen zu bitten, und indem sie sodann den übrigen W5-Unternehmen den Vorschlag von SNV, einen Sonderrabatt zu gewähren, unterbreitet habe. Die von einem Mitarbeiter der Klägerin im Jahr 2005 im Rahmen der Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte abgegebene Erklärung dahin gehend, dass er niemals die Initiative für die Zusammenkunft ergriffen habe, stehe somit im Widerspruch zu dem Bericht der Firma Wintershall, in dem eine Unterredung mit demselben Mitarbeiter geschildert werde. Die Kommission weist darauf hin, dass das Dokument von Wintershall von 1992, in dem von einer zukünftigen Zusammenarbeit die Rede sei, im Gegenteil mit dem Umstand zeitlich zusammenfalle, dass das Kartell im Jahr 1993 begonnen habe, wie sich namentlich aus der Erwiderung der Klägerin auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte ergebe, in der von Diskussionen mit SNV über einen den W5 ab 1993 gewährten Sonderrabatt die Rede sei.

 Würdigung durch das Gericht

262    Ist eine Zuwiderhandlung von mehreren Unternehmen begangen worden, so ist für die Bemessung der Geldbußen die relative Schwere des Tatbeitrags jedes einzelnen Unternehmens zu prüfen (Urteile des Gerichtshofs vom 16. Dezember 1975, Suiker Unie u. a./Kommission, 40/73 bis 48/73, 50/73, 54/73 bis 56/73, 111/73, 113/73 und 114/73, Slg. 1975, 1663, Randnr. 623, und Aalborg Portland u. a./Kommission, oben in Randnr. 158 angeführt, Randnr. 92), wobei insbesondere festzustellen ist, welche Rolle jedes Unternehmen bei der Zuwiderhandlung während der Dauer seiner Beteiligung an ihr gespielt hat (Urteil Kommission/Anic Partecipazioni, oben in Randnr. 30 angeführt, Randnr. 150, und Urteil des Gerichts vom 17. Dezember 1991, Enichem Anic/Kommission, T‑6/89, Slg. 1991, II‑1623, Randnr. 264).

263    Daraus ergibt sich u. a., dass bei der Bemessung der Geldbuße die von einem oder mehreren Unternehmen im Rahmen eines Kartells eingenommene Rolle als Anstifter oder Anführer berücksichtigt werden muss, da Unternehmen, die eine solche Rolle spielen, im Vergleich zu den anderen Unternehmen eine besondere Verantwortung tragen (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichts vom 14. Mai 1998, Mayr-Melnhof/Kommission, T‑347/94, Slg. 1998, II‑1751, Randnr. 291, und vom 29. April 2004, Tokai Carbon u. a./Kommission, T‑236/01, T‑239/01, T‑244/01 bis T‑246/01, T‑251/01 und T‑252/01, Slg. 2004, II‑1181, Randnr. 301).

264    In Einklang mit diesen Grundsätzen wird in Nr. 2 der Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen unter der Überschrift „Erschwerende Umstände“ eine nicht abschließende Liste der Umstände aufgestellt, die eine Erhöhung des Grundbetrags der Geldbuße rechtfertigen; dazu gehört u. a. die „Rolle als Anführer oder Anstifter des Verstoßes“ (Urteil BASF/Kommission, oben in Randnr. 257 angeführt, Randnrn. 280 bis 282).

265    Ein Unternehmen ist als Anstifter eines Kartells einzustufen, wenn es andere Unternehmen gedrängt oder ermuntert hat, das Kartell zu errichten oder ihm beizutreten. Dagegen genügt es nicht, dass das Unternehmen zu den Gründungsmitgliedern des Kartells gehörte. Diese Einstufung muss dem Unternehmen vorbehalten bleiben, das die Initiative ergriffen hat, indem es z. B. dem anderen die Zweckmäßigkeit einer Absprache dargelegt oder versucht hat, es von einer solchen Absprache zu überzeugen (Urteil BASF/Kommission, oben in Randnr. 257 angeführt, Randnr. 321). Der Unionsrichter verlangt von der Kommission aber nicht, dass sie über Beweismittel über Einzelheiten der Ausarbeitung oder Konzeption des Kartells verfügt. Er hat schließlich präzisiert, dass die Anstifterrolle den Zeitpunkt der Errichtung oder Ausweitung eines Kartells betrifft (Urteil BASF/Kommission, oben in Randnr. 257 angeführt, Randnr. 316), so dass denkbar ist, dass in ein und demselben Kartell mehrere Unternehmen gleichzeitig eine Anstifterrolle spielen.

266    Die Kommission führte in Randnr. 342 der angefochtenen Entscheidung aus, dass die Klägerin wegen ihrer Rolle als Anstifterin des Kartells eine besondere Verantwortung trage. Sie erinnerte daran, dass die Rechtsprechung als Anstifter eines Kartells ein Unternehmen qualifiziere, das andere Unternehmen gedrängt oder ermuntert hat, ein Kartell zu errichten oder ihm beizutreten (Urteil BASF/Kommission, oben in Randnr. 257 angeführt, Randnr. 321). Sie stützte sich insoweit auf drei Unterlagen, in denen von Initiativen berichtet wurde, die ihrer Meinung nach den Anfang des Kartells bildeten und mit denen andere Unternehmen überzeugt werden sollten, das Kartell zu errichten. Der angefochtenen Entscheidung zufolge erbringen diese Unterlagen den Beweis dafür, dass die Klägerin SNV um Vorschläge für eine Zusammenarbeit zwischen den Lieferanten und den W5 gebeten und sodann den anderen Straßenbauunternehmen den Vorschlag von SNV, ihnen Sonderrabatte zu gewähren, übermittelt habe. Dabei handele es sich um einen Auszug aus der Erwiderung der Klägerin auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte, eine Notiz von HBG vom 8. Juli 1994 und einen internen Bericht von Wintershall vom 20. Februar 1992.

267    So stützte sich die Kommission erstens in Randnr. 342 der angefochtenen Entscheidung unter Verweisung auf Randnr. 175 auf eine Notiz von HBG, einem anderen großen Straßenbauunternehmen, vom 8. Juli 1994. Dort war die Rede von Vereinbarungen, die im März 1994 zwischen den W5, vertreten durch die Klägerin, und den Lieferanten, vertreten durch SNV, getroffen und ab 1. April 1994 umgesetzt worden seien, von einem Gerücht, dass die Lieferanten diese Vereinbarungen möglicherweise nicht einhielten, und von der Notwendigkeit, einen Mitarbeiter der Klägerin dazu zu hören. Aus diesem Schriftstück gehe auch hervor, dass die Klägerin im Namen der W5 Vereinbarungen mit SNV getroffen habe und dass ein anderes großes Straßenbauunternehmen sie als den Gesprächspartner ansah, der unter den W5 am ehesten fähig gewesen sei, eine Funktionsstörung des Kartells zu beheben. Dieses Schriftstück stützt zwar die Auffassung, dass die Klägerin eines der Gründungsmitglieder des Kartells war, es reicht aber nicht aus, um im Sinne der oben in Randnr. 265 genannten Rechtsprechung den Beweis dafür zu erbringen, dass die Klägerin andere Unternehmen ermutigt oder überzeugt hat, dem Kartell beizutreten.

268    Zweitens berief sich die Kommission auf einen Auszug aus der Erwiderung der Klägerin auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte (Randnrn. 97 und 177 der angefochtenen Entscheidung), in dem diese selbst ausgeführt habe, dass es 1993 Diskussionen mit SNV über einen den W5 gewährten Sonderrabatt gegeben habe, und dass sie die Information über diesen Rabatt an die anderen W5-Mitglieder weitergeleitet habe. Durch die Übermittlung dieser Information an die anderen W5-Mitglieder hat die Klägerin diese jedoch nicht notwendigerweise ermutigen oder überzeugen wollen, dem Kartell beizutreten.

269    Drittens schließlich verwies die Kommission auf einen internen Bericht von Wintershall vom 20. Februar 1992. In diesem Bericht, der angefertigt wurde, nachdem der Mitarbeiter der Klägerin, der in der Folgezeit regelmäßig an den Kartelltreffen teilnahm, Wintershall am 18. Februar 1992 einen Besuch abgestattet hatte, heißt es, dass die Klägerin SNV als Marktführer um Vorschläge für eine Zusammenarbeit zwischen den Lieferanten und den W5 gebeten habe, die auf ein Einkaufsmonopol hinausgelaufen wären. Diesem Schriftstück zufolge äußerte Wintershall bei diesem Besuch gegenüber der Klägerin, dass dieses Vorgehen kartellrechtlich bedenklich sei.

270    Die Klägerin hat versucht, den Beweiswert dieses Schriftstücks unter Hinweis darauf in Zweifel zu ziehen, dass es durch eine interne Notiz von SNV von 1995 widerlegt werde, wonach diese allein die Initiative ergriffen habe, sich mit den W5 in Verbindung zu setzen. Es entspreche auch nicht den Erinnerungen ihres dort genannten Mitarbeiters und sei in der Sache unwahrscheinlich, denn es sei wenig glaubhaft, dass sie ihrem Gesprächspartner eine so vertrauliche Mitteilung gemacht habe. Das Gericht hält dieses Schriftstück jedoch für beweiskräftig, denn es erscheint wenig plausibel, dass Wintershall in einem rein internen Protokoll von 1992, also aus einer Zeit, in der noch kein Verdacht bestand, absichtlich eine falsche Information wiedergegeben hat. Im Übrigen enthält die Notiz von SNV vom 6. Februar 1995 entgegen dem Vorbringen der Klägerin keine Bestätigung dafür, dass die Initiative für das Kartell allein von den Lieferanten ausging (siehe oben, Randnr. 37).

271    Der Umstand, dass die Kommission glaubte, dass das Kartell erst am 1. April 1994 begonnen habe, vermindert jedoch den Beweiswert dieses Dokuments für die Qualifizierung der Klägerin als Anstifterin, da es mehr als zwei Jahre vor diesem Zeitpunkt aufgesetzt wurde. Dieses Dokument allein rechtfertigt somit nicht den Schluss, dass die Klägerin eine Anstifterrolle bei der in Rede stehenden Zuwiderhandlung gespielt hat.

272    Aus alledem folgt, dass die in der angefochtenen Entscheidung vertretene Auffassung der Kommission, dass die Klägerin bei der in Rede stehenden Zuwiderhandlung eine Anstifterrolle gespielt habe, da sie SNV um Vorschläge für eine Zusammenarbeit zwischen den Lieferanten und den W5 gebeten und den Vorschlag von SNV, Sonderrabatte zu gewähren, an die anderen Straßenbauunternehmen weitergeleitet habe, unzureichend begründet ist.

273    Da die Kommission zum Beweis der Rolle der Klägerin als Anstifterin bei der in Rede stehenden Zuwiderhandlung vor dem Gericht zu den in Randnr. 342 der angefochtenen Entscheidung dargelegten Tatsachen kein weiteres Beweismittel vorgebracht hat, wird sich die Prüfung des Gerichts auf ihre Rolle als Anführerin bei dieser Zuwiderhandlung konzentrieren.

b)     Zur Anführerrolle

 Vorbringen der Parteien

274    Die Klägerin führt aus, die Kommission habe ihr die Rolle als Anführerin des Kartells zugeschrieben, obwohl nichts dafür spreche. Nach der Rechtsprechung des Unionsrichters müsse die Kommission jedoch, um ein Unternehmen als Anführer einstufen zu können, beweisen, dass dieses konkrete Handlungen, die der Durchführung der wettbewerbswidrigen Absprachen einen entscheidenden Impuls gegeben hätten, unternommen und sich so klar von den anderen Teilnehmern der Absprache unterschieden habe (Urteil BASF/Kommission, oben in Randnr. 257 angeführt, Randnr. 374).

275    Hier habe die Kommission ihr Urteil, dass die Klägerin das Kartell angeführt habe, auf vier Behauptungen gestützt: Diese habe in den Jahren 1994 und 1995, den ersten Jahren des Kartells, bei den Verhandlungen mit den Lieferanten, die sie im Namen der großen Straßenbauunternehmen geführt habe, eine besondere Rolle gespielt; ab 1996 habe sie die Initiative für die Organisation der Kartelltreffen der Lieferanten mit den großen Straßenbauunternehmen ergriffen; sie habe die Veranstaltung dieser Kartelltreffen dadurch erleichtert, dass sie ihre Räume zur Verfügung gestellt habe, und habe schließlich den Vorsitz bei diesen Treffen geführt. Nach Auffassung der Klägerin ist keine dieser Behauptungen zutreffend.

276    Erstens habe die Kommission ihre Behauptung, dass die Klägerin von 1994 bis 1996 im Namen der großen Straßenbauunternehmen Vereinbarungen mit SNV getroffen habe, ausschließlich auf eine Notiz gestützt, die in den Räumen der Firma HBG beschlagnahmt worden sei. Diese enthalte jedoch nur Gerüchte, die sich zudem später als falsch herausgestellt hätten, da die Lieferanten ihre Preise im Dezember 1994 erhöht hätten. Einer ihrer Mitarbeiter sei im Übrigen in seinen Erklärungen diesen Gerüchten entgegengetreten, und der Verfasser der Notiz von HBG habe niemals an den Kartelltreffen teilgenommen.

277    Zweitens werde die Behauptung der Kommission, dass die Klägerin ab 1996 die Initiative für die Organisation der Kartelltreffen der Lieferanten mit den großen Straßenbauunternehmen ergriffen habe, nur auf Erklärungen gestützt, die SNV und Kuwait Petroleum im Rahmen ihres Versuchs, in den Genuss der Mitteilung über Zusammenarbeit zu kommen, abgegeben hätten; diese Erklärungen widersprächen einander und stünden außerdem im Widerspruch zu mehreren Aktenstücken wie den Anweisungen des Sekretariats der Geschäftsleitung der Klägerin. Mehrere Unterlagen enthielten die Bestätigung dafür, dass die Initiative für die Organisation dieser Treffen immer von SNV ausgegangen sei.

278    Drittens könne die Kommission ihre Auffassung, dass sie eine besondere Rolle gespielt habe, nicht daraus herleiten, dass sie ihre Geschäftsräume regelmäßig für die Veranstaltung der Kartelltreffen zur Verfügung gestellt habe. Denn dies erkläre sich zum einen aus der günstigen zentralen Lage ihrer Büros, und zum anderen hätten die Treffen manchmal an anderen Orten stattgefunden. Ferner sei die Kommission nicht berechtigt gewesen, sich auf ein Schreiben zu berufen, in dem sich die Firma Heijmans bei der Klägerin über mangelnde Absprachebereitschaft bei der Organisation des Treffens vom 16. Februar 2001 beklagt habe, denn dieses Schreiben sei nur Teil einer Korrespondenz zwischen einem Mitarbeiter von Heijmans und seinem Vorgänger, der nunmehr bei der Klägerin arbeite.

279    Viertens führt die Klägerin schließlich aus, dass die Behauptung, dass sie bei den Kartelltreffen den Vorsitz geführt habe, nur auf eine tendenziöse Erklärung eines Mitarbeiters von Kuwait Petroleum gestützt werde, die dieser im Rahmen der Mitteilung über Zusammenarbeit abgegeben habe und die sachlich falsch sei. Diese Erklärung habe für sich allein keinerlei Beweiskraft, umso mehr, als sie falsche Angaben enthalte. Ferner könne sich die Kommission nicht auf die Erklärung eines anderen Mitarbeiters von Kuwait Petroleum berufen, der nie persönlich an den Bitumengesprächen teilgenommen habe.

280    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

 Würdigung durch das Gericht

281    Nach ständiger Rechtsprechung ist, wenn eine Zuwiderhandlung von mehreren Unternehmen begangen wurde, im Rahmen der Bemessung der Geldbuße ihre jeweilige Rolle bei der Zuwiderhandlung während der Dauer ihrer Beteiligung daran zu ermitteln (Urteile Kommission/Anic Partecipazioni, oben in Randnr. 30 angeführt, Randnr. 150, und Enichem Anic/Kommission, oben in Randnr. 262 angeführt, Randnr. 264). Daraus folgt u. a., dass die von einem oder mehreren Unternehmen gespielte Rolle als Anführer eines Kartells bei der Bemessung der Geldbuße zu berücksichtigen ist, da die Unternehmen, die eine solche Rolle gespielt haben, im Verhältnis zu den anderen Unternehmen eine besondere Verantwortung tragen müssen (Urteil Finnboard/Kommission, oben in Randnr. 249 angeführt, Randnr. 45).

282    Im Einklang mit diesen Grundsätzen enthält Nr. 2 der Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen unter der Überschrift „Erschwerende Umstände“ eine nicht abschließende Aufzählung der Umstände, die zu einer Erhöhung des Grundbetrags der Geldbuße führen können; dazu gehört die „Rolle als Anführer oder Anstifter des Verstoßes“ (Urteil BASF/Kommission, oben in Randnr. 257 angeführt, Randnrn. 280 bis 282).

283    Um als Anführer eines Kartells eingestuft werden zu können, muss ein Unternehmen eine wichtige Antriebskraft für das Kartell gewesen sein oder eine besondere, konkrete Verantwortung für dessen Funktionieren getragen haben. Dieser Umstand ist im Rahmen einer Gesamtbetrachtung unter Berücksichtigung des Kontexts des betreffenden Falles zu bewerten (Urteile des Gerichts BASF/Kommission, oben in Randnr. 257 angeführt, Randnrn. 299, 300, 373 und 374, und vom 18. Juni 2008, Hoechst/Kommission, T‑410/03, Slg. 2008, II‑881, Randnr. 423). Sein Vorliegen ist u. a. daraus zu folgern, dass das Unternehmen dem Kartell durch punktuelle Initiativen spontan einen grundlegenden Impuls gegeben hat (Urteile BASF/Kommission, oben in Randnr. 257 angeführt, Randnrn. 348, 370 bis 375 und 427, und vom 18. Juni 2008, Hoechst/Kommission, Randnr. 426). Er lässt sich auch aus einer Gesamtheit von Indizien schließen, die das Bestreben des Unternehmens zeigen, die Stabilität und den Erfolg des Kartells zu sichern (Urteil BASF/Kommission, oben in Randnr. 257 angeführt, Randnr. 351).

284    Dieser Fall liegt vor, wenn das Unternehmen an den Treffen des Kartells im Namen eines anderen Unternehmens teilgenommen hat, das dabei nicht anwesend war, und dieses von den Ergebnissen dieser Treffen unterrichtet hat (Urteil BASF/Kommission, oben in Randnr. 257 angeführt, Randnr. 439). Das Gleiche gilt, wenn erwiesen ist, dass das betroffene Unternehmen im Rahmen der konkreten Betätigung des Kartells eine zentrale Rolle etwa dadurch spielte, dass es zahlreiche Treffen organisierte, die Informationen innerhalb des Kartells entgegennahm und verteilte und die meisten Vorschläge zur Arbeitsweise des Kartells machte (vgl. in diesem Sinne Urteil IAZ International Belgium u. a./Kommission, oben in Randnr. 176 angeführt, Randnrn. 57 und 58, und Urteil BASF/Kommission, oben in Randnr. 257 angeführt, Randnrn. 404, 439 und 461).

285    Ferner stellt die Tatsache, dass ein Unternehmen aktiv die Einhaltung der im Rahmen des Kartells getroffenen Absprachen überwacht hat, ein maßgebliches Indiz für seine Anführerrolle dar (Urteil HFB u. a./Kommission, oben in Randnr. 222 angeführt, Randnr. 577).

286    Hingegen ist es nicht zwingend Voraussetzung für die Einstufung eines Unternehmens als Anführer eines Kartells, dass das Unternehmen Druck ausgeübt oder sogar das Verhalten der anderen Kartellmitglieder bestimmt hat (Urteil BASF/Kommission, oben in Randnr. 257 angeführt, Randnr. 374). Auch die Marktstellung eines Unternehmens oder seine Ressourcen können keine Indizien für die Rolle als Anführer des Verstoßes darstellen, obwohl sie zum Kontext gehören, unter dessen Berücksichtigung solche Indizien zu bewerten sind (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichts vom 9. Juli 2003, Archer Daniels Midland und Archer Daniels Midland Ingredients/Kommission, T‑224/00, Slg. 2003, II‑2597, Randnr. 241, und BASF/Kommission, oben in Randnr. 257 angeführt, Randnr. 299).

287    Schließlich hat das Gericht bereits entschieden, dass die Kommission davon ausgehen durfte, dass mehrere Unternehmen eine Anführerrolle in einem Kartell gespielt haben (Urteil Archer Daniels Midland und Archer Daniels Midland Ingredients/Kommission, oben in Randnr. 286 angeführt, Randnr. 239).

288    Das Gericht hat somit nach Maßgabe der dargestellten Grundsätze zu beurteilen, ob die von der Kommission vorgebrachten Beweismittel für den Beweis genügen, dass die Klägerin im Kartell eine Anführerrolle gespielt hat.

289    Der angefochtenen Entscheidung zufolge ging die Kommission davon aus, dass SNV seitens der Lieferanten und die Klägerin seitens der W5 wegen ihrer jeweiligen Rolle als Anführerinnen des Kartells während dessen gesamter Dauer eine besondere Verantwortung getragen hätten (Randnrn. 343 bis 349). Sie stützte ihr Urteil, dass die Klägerin bei der Zuwiderhandlung eine Anführerrolle gespielt habe, im Wesentlichen auf vier Behauptungen: Die Klägerin habe in den Jahren 1994 und 1995 Kontakte zu SNV aufgenommen, die die Errichtung des Kartells ermöglicht hätten; ab 1996 habe sich SNV für eine Änderung der Preise mit der Klägerin in Verbindung gesetzt, worauf diese die anderen großen Straßenbauunternehmen zu einem Treffen eingeladen habe; die vorbereitenden Treffen der W5 und die Kartelltreffen seien häufig von der Klägerin organisiert worden, die die Einladungen versandt habe, und hätten in ihren Geschäftsräumen stattgefunden; sie sei die Sprecherin der großen Straßenbauunternehmen gewesen und habe bei den Treffen mit den Lieferanten die Diskussionsleitung übernommen. Dafür berief sich die Kommission auf verschiedene aus der Zeit des Kartells und der Zeit danach stammende Unterlagen. Nach Auffassung der Klägerin ist keine dieser Behauptungen zutreffend.

290    Die Kommission vertrat gestützt auf eine Notiz von HBG vom 8. Juli 1994 die Auffassung, dass die Klägerin bei den Verhandlungen mit den Lieferanten in den Jahren 1994 und 1995 eine herausragende Rolle gespielt habe.

291    Diesem internen Schriftstück von HBG zufolge wurde für das Jahr 1994 eine Vereinbarung zwischen den W5, vertreten durch einen Mitarbeiter der Klägerin, und den Ölgesellschaften, vertreten durch SNV, getroffen; diese Letzteren wollten jedoch unter Verletzung dieser Vereinbarung ihre Preise erhöhen, und HBG beabsichtigte deshalb, mit dem genannten Mitarbeiter der Klägerin Kontakt aufzunehmen. Zwar gibt dieses Schriftstück hinsichtlich der Entscheidung der Ölgesellschaften, ihre Preise zu erhöhen, offensichtlich nur ein Gerücht wieder, es verweist jedoch eindeutig auf das Bestehen einer durch Vermittlung von SNV und der Klägerin getroffenen Vereinbarung und darauf, dass sich HBG an die Klägerin gewandt hat, und bildet somit ein ernsthaftes Indiz für ihre Rolle als Anführerin des Kartells.

292    Ferner ist das Vorbringen der Klägerin zurückzuweisen, dass der Verfasser der Notiz von HBG niemals an einem Kartelltreffen teilgenommen habe, denn der Unionsrichter hat ausgeführt, dass der Umstand, dass Informationen aus zweiter Hand stammen, ohne Bedeutung für ihren Beweiswert ist (Urteil des Gerichts vom 10. März 1992, Shell/Kommission, T‑11/89, Slg. 1992, II‑757, Randnr. 86), und dass nach den allgemeinen Beweisregeln als sehr bedeutsam angesehen werden muss, dass die Dokumente in unmittelbarem Anschluss an die Treffen und offenkundig ohne den Gedanken daran, dass sie Unbefugten zur Kenntnis gelangen könnten, ausgearbeitet worden sind (Schlussanträge des zum Generalanwalt bestellten Richters Vesterdorf in der Rechtssache T‑1/89, Urteil des Gerichts vom 24. Oktober 1991, Rhône-Poulenc/Kommission, Slg. 1991, II‑867, II‑869). Der Verfasser der Notiz von HBG war für den Einkauf von Bitumen für HBG zuständig und arbeitete eng mit der Person zusammen, die direkt an den Bitumengesprächen mit den W5 und dann an den Kartelltreffen teilgenommen hat. Seine in der entscheidungserheblichen Zeit verfassten Notizen haben daher eine starke Beweiskraft.

293    Die Kommission hat weiter unter Berufung auf Erklärungen von SNV und Kuwait Petroleum dargelegt, dass die Klägerin seit 1996 zusammen mit SNV die Initiative für die Veranstaltung der Kartelltreffen ergriffen habe. Tatsächlich ergibt sich aus diesen Erklärungen (Erklärungen von SNV vom 10. Oktober 2003 und von Kuwait Petroleum vom 9. Oktober 2003, Randnr. 344 der angefochtenen Entscheidung), dass SNV der Klägerin jede Preisänderung mitteilen musste und dass diese beiden Unternehmen zusammenkamen, um zu entscheiden, ob hinreichender Anlass für ein Kartelltreffen bestand.

294    Die Dokumente, auf die sich die Klägerin beruft, um diese Erklärungen zu widerlegen, vermögen die Schlussfolgerung der Kommission, dass die Klägerin eine Anführerrolle gespielt hat, nicht zu entkräften. Dabei handelt es sich um die interne Notiz von SNV vom 6. Februar 1995, die Randnr. 110 der angefochtenen Entscheidung betreffend die von SNV an die Klägerin gerichtete Bitte, am 28. März 2000 ein Bitumengespräch zu organisieren, und die internen Anweisungen des Sekretariats der Geschäftsleitung der Klägerin vom 1. Oktober 2002, in denen es hieß, dass die Initiative für die Kartelltreffen von SNV ausgehe (Randnr. 345 der angefochtenen Entscheidung). Wie jedoch oben in Randnr. 37 ausgeführt worden ist, lässt sich aufgrund der Notiz von SNV vom 6. Februar 1995 nicht feststellen, ob die Lieferanten das Kartell den großen Straßenbauunternehmen aufgezwungen haben. Zudem reicht der Umstand, dass SNV im Jahr 2000 um die Anberaumung eines Kartelltreffens bat und dass in einem internen Schriftstück der Klägerin aus dem Jahr 2002 darauf hingewiesen wurde, dass die Initiative für die Treffen von SNV ausgehe, nicht aus, um die Behauptung der Kommission zu widerlegen, dass die Kartelltreffen nach Kontakten zwischen SNV und der Klägerin veranstaltet wurden. Es ist nämlich an den bilateralen Charakter dieses Kartells zu erinnern und darauf hinzuweisen, dass die Kommission nach Auffassung des Unionsrichters mehreren Kartellunternehmen die Anführerrolle zuweisen kann (Urteil Archer Daniels Midland und Archer Daniels Midland Ingredients/Kommission, oben in Randnr. 286 angeführt, Randnrn. 299 bis 301).

295    Die Kommission hat bei der Bejahung der Anführerrolle der Klägerin ferner berücksichtigt, dass diese regelmäßig ihre Räume für die Kartelltreffen zur Verfügung stellte. Sie stützte sich dabei auf die Antwort von Kuwait Petroleum vom 16. September 2003 auf ein Auskunftsverlangen, auf die Erklärungen von Kuwait Petroleum vom 9. Oktober 2003 (Randnr. 345 der angefochtenen Entscheidung), auf von der Klägerin versandte Einladungen zu dem Bitumengespräch vom 28. März 2000 (Randnr. 110 der angefochtenen Entscheidung, in der auf Telefaxe verwiesen wird, die die Klägerin am 16. und 21. März 2000 an SNV, NBM, HWZ, Ballast Nedam, Dura Vermeer und Heijmans schickte), sowie auf ein Schreiben, in dem sich Heijmans bei der Klägerin über mangelnde Absprachebereitschaft bei der Organisation des Treffens vom 16. Februar 2001 beklagte (Randnr. 346 der angefochtenen Entscheidung).

296    Die Klägerin entgegnet darauf, dass die Kartelltreffen manchmal aufgrund ihrer zentralen Lage in ihren Räumen stattgefunden hätten und dass die Kommission nicht berechtigt gewesen sei, ein Schreiben eines Angestellten von Heijmans als Beweismittel zu verwenden. Es ist jedoch festzustellen dass die Beschwerde von Heijmans bei der Klägerin unabhängig von dem Kontext, in dem sie erhoben wurde, einen überzeugenden Beweis für deren Anführerrolle bei der Organisation der Kartelltreffen erbringt, wobei sie unter Berücksichtigung der übrigen von der Kommission herangezogenen übereinstimmenden Dokumente gewürdigt werden muss. Im Übrigen kann die Klägerin ihre Rolle in dem Kartell nicht allein mit dem Hinweis auf die zentrale Lage ihrer Räumlichkeiten herunterspielen.

297    Schließlich hat die Kommission unter Berufung auf die Erklärungen von zwei Mitarbeitern von Kuwait Petroleum vom 1. Oktober 2003 die Ansicht vertreten, die Klägerin habe bis zum Jahr 2000 den Vorsitz bei den Kartelltreffen geführt (Randnrn. 346 und 347 der angefochtenen Entscheidung). Die Klägerin zieht die Stichhaltigkeit dieser Erklärungen in Zweifel und macht geltend, diese enthielten im Übrigen zahlreiche Fehler, und eine von ihnen stamme von einem Mitarbeiter, der niemals persönlich an den Kartelltreffen teilgenommen habe.

298    Es ist jedoch festzustellen, dass diese beiden Erklärungen miteinander übereinstimmen und dass der Assistent des Bitumendirektors von Kuwait Petroleum, der an den Kartelltreffen teilnahm, zumindest bei den Vortreffen der Lieferanten anwesend war und somit über die Kartelltreffen genau informiert war. Wie die Kommission zu Recht ausführt, ist ferner zu berücksichtigen, dass Kuwait Petroleum kein Interesse daran hatte, die Rolle der Klägerin während der Kartelltreffen hochzuspielen.

299    Das Gericht kommt aufgrund all dieser Erwägungen zu dem Ergebnis, dass die Kommission mehrere übereinstimmende Beweismittel vorgelegt hat, die bei einer Gesamtwürdigung den Schluss zulassen, dass die Klägerin eine wichtige Antriebskraft für das Kartell war und somit als Anführerin angesehen werden kann, da sie Kontakte zu SNV aufnahm, die die Errichtung des Kartells ermöglichten, ab 1996 die anderen großen Straßenbauunternehmen nach Zusammenkünften mit SNV zu Treffen einlud, zahlreiche Kartelltreffen in ihren Räumen veranstaltete und bei den Kartelltreffen als Sprecherin der W5 auftrat.

300    Der Kommission ist somit kein Beurteilungsfehler unterlaufen, als sie aufgrund eines Bündels von zusammenhängenden und übereinstimmenden Indizien zu dem Ergebnis gekommen ist, dass die Klägerin bei der Zuwiderhandlung die Anführerrolle gespielt hat.

3.     Der die erschwerenden Umstände betreffende Antrag

301    Wie oben in den Randnrn. 262 bis 273 ausgeführt, hat die Kommission rechtlich nicht hinreichend nachgewiesen, dass die Klägerin bei der vorliegenden Zuwiderhandlung eine Anstifterrolle gespielt hat. Das Gericht muss deshalb in Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung die Rolle untersuchen, die die Klägerin bei dieser Zuwiderhandlung gespielt hat. Insoweit ist festzustellen, dass die Kommission den Grundbetrag der Geldbuße der Klägerin wegen des erschwerenden Umstands gemäß Nr. 2 dritter Gedankenstrich der Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen einmalig um 50 % erhöht hat.

302    Zwar unterscheidet der Unionsrichter zwischen der Anstifter- und der Anführerrolle, er hält sich jedoch auch dann, wenn die von der Kommission für eine der beiden Rollen erbrachten Beweise nicht ausreichend sind, für berechtigt, in Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung die Erhöhung der Geldbuße aufrechtzuerhalten (vgl. für den Fall der Aufrechterhaltung nur der Anführerrolle, Urteil BASF/Kommission, oben in Randnr. 257 angeführt, Randnr. 354).

303    Das Gericht hält es in der vorliegenden Rechtssache aufgrund der oben in den Randnrn. 281 bis 300 dargelegten Bedeutung der Anführerrolle der Klägerin nicht für angezeigt, die genannte Erhöhung herabzusetzen. Denn aus der vorgenommenen Untersuchung ergibt sich namentlich, dass die Klägerin die Initiative für die Errichtung des Kartells ergriff, da sie ab 1996 die Vortreffen der W5‑Unternehmen sowie die Kartelltreffen organisierte, die in ihren Räumen stattfanden, und dass sie schließlich im Namen aller W5-Mitglieder die Diskussionsleitung bei den Treffen mit den Lieferanten übernahm.

 Kosten

304    Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Sechste Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die Koninklijke Wegenbouw Stevin BV trägt die Kosten.

Jaeger

Wahl

Soldevila Fragoso

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 27. September 2012.

Unterschriften

Inhaltsverzeichnis


Sachverhalt

I – Die Klägerin

II – Das Verwaltungsverfahren

III – Die angefochtene Entscheidung

Verfahren und Anträge der Parteien

Rechtliche Würdigung

I – Zu dem Antrag auf Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung

A – Vorbemerkungen

1.  Vorbringen der Parteien

2.  Würdigung durch das Gericht

B – Fehler bei der Tatsachenfeststellung oder ‑würdigung

1.  Zum ersten Fehler bei der Tatsachenfeststellung oder ‑würdigung: Verkennung des Gegensatzes zwischen den Interessen der Lieferanten und denen der großen Straßenbauunternehmen

a)  Vorbringen der Parteien

b)  Würdigung durch das Gericht

2.  Zum zweiten Fehler bei der Tatsachenfeststellung oder ‑würdigung betreffend den Inhalt der Vereinbarungen zwischen den Lieferanten und den großen Straßenbauunternehmen

a)  Vorbringen der Parteien

b)  Würdigung durch das Gericht

3.  Zum dritten Fehler bei der Tatsachenfeststellung oder ‑würdigung: falsche Beurteilung des Interesses der großen Straßenbauunternehmen an dem Kartell

a)  Vorbringen der Parteien

b)  Würdigung durch das Gericht

4.  Zum vierten Fehler bei der Tatsachenfeststellung oder ‑würdigung: mangelnde Auswirkungen des Kartells auf den Wettbewerb auf dem Straßenbaumarkt

a)  Vorbringen der Parteien

b)  Würdigung durch das Gericht

5.  Zum fünften Fehler bei der Tatsachenfeststellung oder ‑würdigung, betreffend die Funktionsweise des Kartells: Ursprung und Entwicklung des Kartells im Lauf der Zeit und Sanktionsmechanismus

a)  Vorbringen der Parteien

b)  Würdigung durch das Gericht

6.  Zum sechsten Fehler bei der Tatsachenfeststellung oder ‑würdigung, betreffend die Rolle von ExxonMobil im Kartell

a)  Vorbringen der Parteien

b)  Würdigung durch das Gericht

C – Rechtsfehler

1.  Vorbemerkungen

2.  Zum ersten Fehler bei der rechtlichen Bewertung des Sachverhalts: fehlende Beteiligung der großen Straßenbauunternehmen an dem Kartell der Lieferanten

a)  Vorbringen der Parteien

b)  Würdigung durch das Gericht

3.  Zum zweiten Fehler bei der rechtlichen Bewertung des Sachverhalts: Fehlen eines wettbewerbswidrigen Zwecks des Kartells

a)  Vorbringen der Parteien

b)  Würdigung durch das Gericht

4.  Zum dritten Fehler bei der rechtlichen Bewertung des Sachverhalts: Weigerung der Kommission, Art. 81 Abs. 3 EG und die Leitlinien über Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit anzuwenden

a)  Vorbringen der Parteien

b)  Würdigung durch das Gericht

5.  Zum vierten Fehler bei der rechtlichen Bewertung des Sachverhalts: ungenaue Abgrenzung des relevanten Marktes und falsche Beurteilung der Marktposition der großen Straßenbauunternehmen

a)  Vorbringen der Parteien

b)  Würdigung durch das Gericht

6.  Zum fünften Fehler bei der rechtlichen Bewertung des Sachverhalts: keine indirekten Auswirkungen auf den nachgelagerten Straßenbaumarkt

a)  Vorbringen der Parteien

b)  Würdigung durch das Gericht

D – Zur Verletzung wesentlicher Formvorschriften und der Verteidigungsrechte

1.  Vorbringen der Parteien

2.  Würdigung durch das Gericht

a)  Allgemeine Grundsätze betreffend die Einsicht in die nach Erlass der Mitteilung der Beschwerdepunkte eingegangenen Dokumente

b)  Anwendung auf die vorliegende Rechtssache

II – Zum Antrag auf Aufhebung oder Herabsetzung der Geldbuße

A – Zur Festlegung des Grundbetrags der Geldbuße

1.  Zu der Qualifizierung der Zuwiderhandlung als besonders schwerer Verstoß

a)  Vorbringen der Parteien

b)  Würdigung durch das Gericht

2.  Zur falschen Beurteilung der Auswirkungen des Kartells auf den Markt

a)  Vorbringen der Parteien

b)  Würdigung durch das Gericht

3.  Zur Unverhältnismäßigkeit des Ausgangsbetrags

a)  Vorbringen der Parteien

b)  Würdigung durch das Gericht

4.  Zur falschen Beurteilung der Dauer der Zuwiderhandlung

a)  Vorbringen der Parteien

b)  Würdigung durch das Gericht

B – Zu den erschwerenden Umständen

1.  Zu dem erschwerenden Umstand der Verweigerung der Zusammenarbeit bei einer Nachprüfung

a)  Vorbringen der Parteien

b)  Würdigung durch das Gericht

Zur Verletzung der Verteidigungsrechte im Zusammenhang mit dem Inhalt der Mitteilung der Beschwerdepunkte

Zur falschen rechtlichen Bewertung des Sachverhalts

–  Zu dem ersten Vorfall

–  Zu dem zweiten Vorfall

Zum Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung

Zum Verstoß gegen Art. 15 der Verordnung Nr. 17

Zur Unverhältnismäßigkeit der Erhöhung der Geldbuße wegen der Verweigerung der Zusammenarbeit

2.  Zur Anstifter- und Anführerrolle

a)  Zur Anstifterrolle

Vorbringen der Parteien

Würdigung durch das Gericht

b)  Zur Anführerrolle

Vorbringen der Parteien

Würdigung durch das Gericht

3.  Der die erschwerenden Umstände betreffende Antrag

Kosten


** Verfahrenssprache: Niederländisch.