Language of document : ECLI:EU:T:2014:113

URTEIL DES GERICHTS (Sechste Kammer)

12. März 2014(*)

„Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik – Restriktive Maßnahmen gegen Syrien – Einfrieren von Geldern – Aufnahme einer Person in die Listen der betroffenen Personen – Persönliche Beziehungen zu Mitgliedern des Regimes – Verteidigungsrechte – Faires Verfahren – Begründungspflicht – Beweislast – Anspruch auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz – Verhältnismäßigkeit – Eigentumsrecht – Recht auf Privatsphäre“

In der Rechtssache T‑202/12

Bouchra Al Assad, wohnhaft in Damaskus (Syrien), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte G. Karouni und C. Dumont,

Klägerin,

gegen

Rat der Europäischen Union, vertreten durch G. Étienne und M.‑M. Joséphidès als Bevollmächtigte,

Beklagter,

wegen teilweiser Nichtigerklärung erstens des Durchführungsbeschlusses 2012/172/GASP des Rates vom 23. März 2012 zur Durchführung des Beschlusses 2011/782/GASP über restriktive Maßnahmen gegen Syrien (ABl. L 87, S. 103), zweitens des Beschlusses 2012/739/GASP des Rates vom 29. November 2012 über restriktive Maßnahmen gegen Syrien und zur Aufhebung des Beschlusses 2011/782/GASP (ABl. L 330, S. 21), drittens der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 363/2013 des Rates vom 22. April 2013 zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 36/2012 über restriktive Maßnahmen angesichts der Lage in Syrien (ABl. L 111, S. 1, berichtigt im ABl. 2013, L 127, S. 27) und viertens des Beschlusses 2013/255/GASP des Rates vom 31. Mai 2013 über restriktive Maßnahmen gegen Syrien (ABl. L 147, S. 14), soweit diese Rechtsakte die Klägerin betreffen,

erlässt

DAS GERICHT (Sechste Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten H. Kanninen sowie der Richter G. Berardis (Berichterstatter) und C. Wetter,

Kanzler: C. Kristensen, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 12. September 2013

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Die Klägerin, Frau Bouchra Al Assad, ist syrische Staatsangehörige, Schwester des Präsidenten der Arabischen Republik Syrien Bashar Al Assad sowie Gattin und später Witwe eines weiteren Mitglieds der syrischen Regierung, Asif Shawkat.

2        Am 9. Mai 2011 erließ der Rat der Europäischen Union auf der Grundlage des Art. 29 EUV den Beschluss 2011/273/GASP über restriktive Maßnahmen gegen Syrien (ABl. L 121, S. 11).

3        Nach Art. 3 Abs. 1 dieses Beschlusses treffen die Mitgliedstaaten die Maßnahmen, die erforderlich sind, um den im Anhang des Beschlusses aufgeführten Personen, die für die gewaltsame Repression gegen die Zivilbevölkerung in Syrien verantwortlich sind, und den im Anhang des Beschlusses aufgeführten mit ihnen in Verbindung stehenden Personen die Einreise in oder die Durchreise durch ihr Hoheitsgebiet zu verweigern.

4        Art. 4 Abs. 1 des Beschlusses 2011/273 bestimmt, dass sämtliche Gelder und wirtschaftlichen Ressourcen, die im Besitz oder im Eigentum der für die gewaltsame Repression gegen die Zivilbevölkerung in Syrien verantwortlichen Personen und der mit ihnen verbundenen natürlichen oder juristischen Personen oder Organisationen stehen oder von diesen gehalten oder kontrolliert werden, eingefroren werden. Die Modalitäten dieses Einfrierens werden in den anderen Absätzen dieses Artikels definiert.

5        Nach Art. 5 Abs. 1 des Beschlusses 2011/273 erstellt der Rat die Liste der betroffenen Personen.

6        Am selben Tag erließ der Rat auf der Grundlage von Art. 215 Abs. 2 AEUV und des Beschlusses 2011/273 die Verordnung (EU) Nr. 442/2011 über restriktive Maßnahmen angesichts der Lage in Syrien (ABl. L 121, S. 1). Nach Art. 4 Abs. 1 der Verordnung sind sämtliche Gelder und wirtschaftlichen Ressourcen, die Eigentum oder Besitz der in Anhang II aufgeführten natürlichen oder juristischen Personen, Organisationen und Einrichtungen sind oder von diesen gehalten oder kontrolliert werden, einzufrieren.

7        Der Beschluss 2011/273 wurde ersetzt durch den Beschluss 2011/782/GASP des Rates vom 1. Dezember 2011 über restriktive Maßnahmen gegen Syrien und zur Aufhebung des Beschlusses 2011/273 (ABl. L 319, S. 56).

8        Die Art. 18 Abs. 1 und 19 Abs. 1 des Beschlusses 2011/782 entsprechen den Art. 3 Abs. 1 und 4 Abs. 1 des Beschlusses 2011/273, wobei die Ergänzung aufgenommen wurde, dass die dort angegebenen restriktiven Maßnahmen auch auf Personen zur Anwendung kommen, die vom Regime profitieren oder dieses unterstützen.

9        Die Verordnung Nr. 442/2011 wurde ersetzt durch die Verordnung (EU) Nr. 36/2012 des Rates vom 18. Januar 2012 über restriktive Maßnahmen angesichts der Lage in Syrien und zur Aufhebung der Verordnung Nr. 442/2011 (ABl. L 16, S. 1).

10      Durch den Durchführungsbeschluss 2012/172/GASP des Rates vom 23. März 2012 zur Durchführung des Beschlusses 2011/782 (ABl. L 87, S. 103) wurde der Name der Klägerin mit der folgenden Begründung in die in Anhang I des Beschlusses 2011/782 enthaltene Liste aufgenommen:

„Schwester von Bashar Al-Assad und Ehefrau von Asif Shawkat, dem stellvertretenden Stabschef für Sicherheit und Aufklärung. Angesichts der engen persönlichen Beziehung und inhärenten finanziellen Beziehung zum syrischen Präsidenten, Bashar Al-Assad, sowie zu weiteren Schlüsselfiguren des syrischen Regimes profitiert sie vom syrischen Regime und ist mit ihm verbunden.“

11      Durch die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 266/2012 des Rates vom 23. März 2012 zur Durchführung des Art. 32 Abs. 1 der Verordnung Nr. 36/2012 (ABl. L 87, S. 45) wurde der Name der Klägerin mit derselben Begründung wie oben in Rn. 10 aufgeführt in die Liste in Anhang II der Verordnung Nr. 36/2012 aufgenommen.

12      Am 24. März 2012 veröffentlichte der Rat im Amtsblatt der Europäischen Union die Mitteilung für die Personen und Einrichtungen, auf die die restriktiven Maßnahmen nach dem Beschluss 2011/782, durchgeführt durch den Durchführungsbeschluss 2012/172, und der Verordnung Nr. 36/2012, durchgeführt durch die Durchführungsverordnung Nr. 266/2012, Anwendung finden (ABl. C 88, S. 9, im Folgenden: Mitteilung vom 24. März 2012).

13      Nach dieser Mitteilung können die betroffenen Personen und Organisationen beim Rat unter Vorlage von entsprechenden Nachweisen beantragen, dass der Beschluss, sie in die Listen aufzunehmen, die den oben in Rn. 12 genannten Rechtsakten als Anhänge beigefügt wurden, überprüft wird.

 Verfahren und Vorbringen der Parteien

14      Die Klägerin hat mit Klageschrift, die am 16. Mai 2012 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, die vorliegende Klage auf Nichtigerklärung des Durchführungsbeschlusses 2012/172 erhoben, soweit dieser sie betrifft.

15      In ihrer Erwiderung hat die Klägerin diesen Antrag auf Nichtigerklärung bestätigt.

16      Mit Schriftsatz, der bei der Kanzlei des Gerichts am 30. Januar 2013 eingereicht wurde, hat die Klägerin angesichts des Umstands, dass der Rat zwischenzeitlich den Beschluss 2012/739/GASP vom 29. November 2012 über restriktive Maßnahmen gegen Syrien und zur Aufhebung des Beschlusses 2011/782 (ABl. L 330, S. 21) erlassen hatte, beantragt, ihren Antrag auf Nichtigerklärung derart ausweiten zu dürfen, dass nicht nur der Durchführungsbeschluss 2012/172, sondern auch der Beschluss 2012/739 erfasst werde, dessen Anhang I in Rn. 71 mit derselben wie oben in Rn. 10 aufgeführten Begründung ihren Namen enthalte (im Folgenden: auf den Beschluss 2012/739 gerichteter Antrag).

17      Mit Schreiben, das am 28. Februar 2013 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat der Rat mitgeteilt, dass er keine Bemerkungen zu dem auf den Beschluss 2012/739 gerichteten Antrag vorzubringen habe.

18      Das Gericht (Sechste Kammer) hat auf Bericht des Berichterstatters beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen.

19      Mit Schriftsatz, der bei der Kanzlei des Gerichts am 30. Juli 2013 eingereicht wurde, hat die Klägerin erneut beantragt, ihre Anträge anpassen zu dürfen, damit sich ihre Klage auch auf die Nichtigerklärung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 363/2013 des Rates vom 22. April 2013 zur Durchführung der Verordnung Nr. 36/2012 (ABl. L 111, S. 1, berichtigt im ABl. 2013, L 127, S. 27) und des Beschlusses 2013/255/GASP des Rates vom 31. Mai 2013 über restriktive Maßnahmen gegen Syrien (ABl. L 147, S. 14) richte, soweit diese Rechtsakte, denen die ihren Namen enthaltenden Listen als Anhänge beigefügt sind, ihre Situation berühren (im Folgenden: auf die Durchführungsverordnung Nr. 363/2013 gerichteter Antrag bzw. auf den Beschluss 2013/255 gerichteter Antrag).

20      Ebenfalls am 30. Juli 2013 hat die Klägerin beantragt, neue Beweismittel zum Tod ihres Ehegatten und zu dem Umstand, dass sie mit ihren Kindern in den Vereinigten Arabischen Emiraten wohnhaft sei, wo diese zur Schule gingen, benennen zu dürfen (im Folgenden: neue Beweismittel).

21      Durch Beschluss des Präsidenten der Sechsten Kammer des Gerichts vom 21. August 2013 sind die neuen Beweismittel zu den Akten genommen worden.

22      Mit Schreiben, das am 4. September 2013 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat der Rat mitgeteilt, dass er keine Bemerkungen zu dem auf die Durchführungsverordnung Nr. 363/2013 gerichteten und zu dem auf den Beschluss 2013/255 gerichteten Antrag vorzubringen habe.

23      Mit Schreiben, das am 6. September 2013 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat der Rat im Wesentlichen geltend gemacht, die neuen Beweismittel hätten keinen Einfluss auf den Ausgang des vorliegenden Rechtsstreits, da der Tod des Ehegatten der Klägerin und der Umstand, dass ihre Kinder in den Vereinigten Arabischen Emiraten zur Schule gingen, ihre Verbindungen zu dem syrischen Regime nicht veränderten. Weiterhin hat der Rat darauf hingewiesen, dass durch die von der Klägerin vorgelegten Unterlagen nicht bewiesen werde, dass sie selbst Syrien verlassen habe.

24      Die Parteien haben in der Sitzung vom 12. September 2013 mündlich verhandelt und mündliche Fragen des Gerichts beantwortet. Insbesondere hat die Klägerin bestätigt, dass die Klageschrift den Beschluss 2012/172 zum Gegenstand hatte, durch den ihr Name in Anhang I des Beschlusses 2011/782 aufgenommen worden war. Die entsprechende Äußerung ist im Sitzungsprotokoll festgehalten worden.

25      Bei dieser Gelegenheit hat das Gericht den Rat aufgefordert, den Nachweis zu erbringen, dass eine individuelle Mitteilung der Durchführungsverordnung Nr. 363/2013 an die Klägerin erfolgt ist.

26      Mit Schreiben, das am 25. September 2013 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat der Rat den Nachweis erbracht, dass er zum einen einem der Vertreter der Klägerin in der vorliegenden Rechtssache die Durchführungsverordnung Nr. 363/2013 und deren Berichtigung durch ein Einschreiben vom 13. Mai 2013 individuell mitgeteilt hat und dass zum anderen dieses Schreiben dem genannten Vertreter am 17. Mai 2013 zugegangen ist. Die Stellungnahme der Klägerin zu dem vom Rat erbrachten Nachweis ist am 7. Oktober 2013 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen.

27      Mit Schreiben vom 4. Oktober 2013 hat die Klägerin eine Aussetzung des Verfahrens beantragt, um dem Rat einen Antrag auf Überprüfung ihrer Lage vorlegen zu können.

28      Am 22. Oktober 2013 hat der Präsident der Sechsten Kammer des Gerichts nach Anhörung des Rates zum einen den Antrag auf Aussetzung zurückgewiesen und zum anderen beschlossen, die mündliche Verhandlung zu schließen.

29      Die Klägerin beantragt,

–        den Durchführungsbeschluss 2012/172 für nichtig zu erklären, soweit er sie betrifft;

–        den Beschluss 2012/739 für nichtig zu erklären, soweit er sie betrifft;

–        die Durchführungsverordnung Nr. 363/2013 für nichtig zu erklären, soweit sie sie betrifft;

–        den Beschluss 2013/255 für nichtig zu erklären, soweit er sie betrifft;

–        dem Rat die Kosten aufzuerlegen.

30      Der Rat beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

 Zur Zulässigkeit der Anträge auf Anpassung der Anträge

31      Die Klägerin hat beantragt, den Umfang ihrer Nichtigkeitsklage auszuweiten, damit sich diese auch auf den Beschluss 2012/739, die Durchführungsverordnung Nr. 363/2013 und den Beschluss 2013/255 richte.

 Zu dem auf den Beschluss 2012/739 gerichteten Antrag und zu dem auf den Beschluss 2013/255 gerichteten Antrag

32      Wie aus den vorstehenden Rn. 16 bis 19 hervorgeht, wurde nach Klageerhebung zum einen der Beschluss 2011/782 in der durch den Durchführungsbeschluss 2012/172 geänderten Fassung durch den Beschluss 2012/739 aufgehoben und ersetzt; zum anderen wurde, nachdem der letztgenannte Beschluss nicht mehr anwendbar war, der Beschluss 2013/255 erlassen. Der Name der Klägerin befindet sich mit derselben wie der in dem Beschluss 2012/172 enthaltenen Begründung, die oben in Rn. 10 aufgeführt wurde, auf den Listen, die dem Beschluss 2012/739 und dem Beschluss 2013/255 als Anhang I beigefügt wurden.

33      Insoweit ist festzustellen, dass ein Rechtsakt, der während des Verfahrens den ursprünglich angefochtenen Rechtsakt mit gleichem Gegenstand ersetzt, als neue Tatsache anzusehen ist, die den Kläger zur Anpassung seiner Anträge und Klagegründe berechtigt. Es kann nämlich nicht zugelassen werden, dass eine Einrichtung oder ein Organ der Europäischen Union den Rügen in einer gegen einen Rechtsakt eingereichten Klageschrift dadurch begegnen könnte, dass die angefochtene Entscheidung angepasst oder durch eine andere ersetzt und diese Änderung oder Ersetzung im Verfahren geltend gemacht wird, um es der Gegenpartei unmöglich zu machen, ihre ursprünglichen Anträge und Klagegründe auf die spätere Entscheidung auszudehnen oder gegen diese ergänzende Anträge zu stellen und zusätzliche Angriffsmittel vorzubringen (Urteile des Gerichtshofs vom 3. März 1982, Alpha Steel/Kommission, 14/81, Slg. 1982, 749, Rn. 8, und des Gerichts vom 28. Mai 2013, Al Matri/Rat, T‑200/11, Rn. 80).

34      Der auf den Beschluss 2012/739 gerichtete Antrag und der auf den Beschluss 2013/255 gerichtete Antrag sind zulässig. Denn angesichts der Zeitpunkte des Erlasses dieser Beschlüsse (29. November 2012 bzw. 31. Mai 2013), aufgrund deren die Klägerin weiterhin von den restriktiven Maßnahmen gegen Syrien betroffen ist, sind diese Anträge, die bei der Kanzlei des Gerichts am 30. Januar 2013 bzw. am 30. Juli 2013 eingegangen sind, offensichtlich innerhalb der für die fraglichen Beschlüsse jeweils geltenden Klagefristen gestellt worden.

 Zu dem auf die Durchführungsverordnung Nr. 363/2013 gerichteten Antrag

35      Wie aus der vorstehenden Rn. 11 hervorgeht, wurde der Name der Klägerin durch die Durchführungsverordnung Nr. 266/2012 der Liste in Anhang II der Verordnung Nr. 36/2012 hinzugefügt.

36      Es ist jedoch unstreitig, dass sich die Klageschrift in der vorliegenden Rechtssache nicht auf die Verordnung Nr. 36/2012, geändert durch die Durchführungsverordnung Nr. 266/2012, richtete.

37      Weiterhin ist unstreitig, dass die Durchführungsverordnung Nr. 363/2013 die Verordnung Nr. 36/2012 abändert.

38      Hierzu ergibt sich aus der oben in Rn. 33 angeführten Rechtsprechung, dass ein Antrag auf Anpassung der Anträge es dem Kläger gestatten soll, den Umfang seiner Klage auszuweiten, wenn der ursprünglich angefochtene Rechtsakt während des Verfahrens durch einen anderen Rechtsakt ersetzt oder abgeändert wurde.

39      Unter diesen Umständen ist die Unzulässigkeit des auf die Durchführungsverordnung Nr. 363/2013 gerichteten Antrags festzustellen, da die Klägerin den Gegenstand ihrer Klage auf einen Rechtsakt ausweitet, den sie in ihrer Klageschrift nicht angefochten hat, ohne dass es erforderlich wäre, darauf einzugehen, ob dieser Antrag innerhalb der Klagefrist gestellt wurde.

40      Demnach ist festzustellen, dass die Klägerin zur Erhebung einer Klage gegen den Durchführungsbeschluss 2012/172, durch den ihr Name in die in Anhang I des Beschlusses 2011/782 enthaltene Liste aufgenommen wurde, den Beschluss 2012/739 und den Beschluss 2013/255, soweit diese Rechtsakte sie betreffen, befugt ist (im Folgenden: angefochtene Beschlüsse).

 Zur Begründetheit

41      Zur Begründung ihrer Klage macht die Klägerin im Wesentlichen vier Klagegründe geltend:

–        Den ersten stützt sie auf die Verletzung der Verteidigungsrechte, des Rechts auf ein faires Verfahren und des Rechts auf einen effektiven gerichtlichen Rechtsschutz;

–        den zweiten auf den Verstoß gegen die Begründungspflicht;

–        den dritten auf den fehlenden Nachweis eines hinreichenden Bezugs zwischen ihr und der Situation, die dem Ergreifen restriktiver Maßnahmen gegen Syrien zugrunde lag;

–        den vierten auf eine Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit, des Rechts auf Eigentum und des Rechts auf Privatsphäre.

42      Zunächst ist der zweite, dann der erste, danach der dritte und zuletzt der vierte Klagegrund zu prüfen.

 Zum zweiten Klagegrund: Verstoß gegen die Begründungspflicht

43      Die Klägerin macht geltend, die angefochtenen Beschlüsse gäben nicht die besonderen und konkreten Gründe an, aus denen der Rat in Ausübung seines Ermessens annehme, dass sie den restriktiven Maßnahmen gegen Syrien zu unterwerfen sei. Die in diesen Beschlüssen gelieferte Begründung sei vage und allgemein und beschränke sich auf die Darstellung ihrer persönlichen und familiären Beziehungen, anstatt objektive Gesichtspunkte darzulegen, aus denen geschlossen werden könne, dass sie an den Machenschaften, für die die ihr nahestehenden Personen verantwortlich seien, beteiligt sei.

44      Weiterhin sei ihr nach dem Erlass der angefochtenen Beschlüsse keinerlei zusätzliche Begründung mitgeteilt worden.

45      Der Rat tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

46      In erster Linie ist darauf hinzuweisen, dass die Pflicht zur Begründung eines beschwerenden Rechtsakts, wie sie in Art. 296 Abs. 2 AEUV vorgesehen ist, dem Zweck dient, den Betroffenen so ausreichend zu unterrichten, dass er erkennen kann, ob der Rechtsakt sachlich richtig oder eventuell mit einem Mangel behaftet ist, der seine Anfechtung vor dem Unionsrichter zulässt, und außerdem dem Unionsrichter die Prüfung der Rechtmäßigkeit des Rechtsakts zu ermöglichen. Die so verstandene Begründungspflicht ist ein wesentlicher Grundsatz des Unionsrechts, von dem Ausnahmen nur aufgrund zwingender Erwägungen möglich sind. Die Begründung ist dem Betroffenen daher grundsätzlich gleichzeitig mit dem ihn beschwerenden Rechtsakt mitzuteilen; ihr Fehlen kann nicht dadurch geheilt werden, dass der Betroffene die Gründe für den Rechtsakt während des Verfahrens vor dem Unionsrichter erfährt (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 15. November 2012, Rat/Bamba, C‑417/11 P, Rn. 49, und Urteil des Gerichts vom 14. Oktober 2009, Bank Melli Iran/Rat, T‑390/08, Slg. 2009, II‑3967, Rn. 80).

47      Soweit nicht der Mitteilung bestimmter Umstände zwingende Erwägungen der Sicherheit der Union oder ihrer Mitgliedstaaten oder der Gestaltung ihrer internationalen Beziehungen entgegenstehen, hat daher der Rat die Person oder die Einrichtung, gegen die sich restriktive Maßnahmen richten, von den besonderen und konkreten Gründen in Kenntnis zu setzen, aus denen er zu der Auffassung gelangt, dass sie erlassen werden müssten. Er hat somit die sachlichen und rechtlichen Gesichtspunkte, von denen die Rechtmäßigkeit der betreffenden Maßnahmen abhängt, und die Erwägungen aufzuführen, die ihn zu ihrem Erlass veranlasst haben (vgl. in diesem Sinne Urteil Bank Melli Iran/Rat, oben in Rn. 46 angeführt, Rn. 81).

48      Außerdem muss die Begründung der Natur des betreffenden Rechtsakts und dem Kontext, in dem er erlassen worden ist, angepasst sein. Das Begründungserfordernis ist nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach dem Inhalt des Rechtsakts, der Art der angeführten Gründe und nach dem Interesse zu beurteilen, das die Adressaten oder andere durch den Rechtsakt unmittelbar und individuell betroffene Personen an Erläuterungen haben können. In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich oder rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob die Begründung ausreichend ist, nicht nur anhand des Wortlauts des Rechtsakts zu beurteilen ist, sondern auch anhand seines Kontextes sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet. Insbesondere ist ein beschwerender Rechtsakt hinreichend begründet, wenn er in einem Zusammenhang ergangen ist, der dem Betroffenen bekannt war und ihm gestattet, die Tragweite der ihm gegenüber getroffenen Maßnahme zu verstehen (Urteile Rat/Bamba, oben in Rn. 46 angeführt, Rn. 53 und 54, und Bank Melli Iran/Rat, oben in Rn. 46 angeführt, Rn. 82).

49      Vorliegend wurde vom Rat seit der Aufnahme des Namens der Klägerin in die Liste der restriktiven Maßnahmen gegen Syrien immer die nachfolgende Begründung geliefert:

„Schwester von Bashar Al-Assad und Ehefrau von Asif Shawkat, dem stellvertretenden Stabschef für Sicherheit und Aufklärung. Angesichts der engen persönlichen Beziehung und inhärenten finanziellen Beziehung zum syrischen Präsidenten, Bashar Al-Assad, sowie zu weiteren Schlüsselfiguren des syrischen Regimes profitiert sie vom syrischen Regime und ist mit ihm verbunden.“

50      Es ist festzustellen, dass die Klägerin dieser Begründung entnehmen konnte, dass ihr Name aufgrund ihrer persönlichen und familiären Beziehungen in die Liste der von den restriktiven Maßnahmen gegen Syrien betroffenen Personen aufgenommen wurde.

51      Die Bestätigung, dass der Klägerin bewusst war, dass der Rat sich auf diese Beziehungen gestützt hat, ergibt sich aus dem Umstand, dass sie im Rahmen der vorliegenden Klage einen Klagegrund, nämlich den dritten, geltend macht, in dem sie gerade bestreitet, dass der Rat allein aufgrund solcher Beziehungen restriktive Maßnahmen gegen sie ergreifen könne.

52      Da im Übrigen die Gründe für die vom Rat vorgenommene Auswahl klar in den angefochtenen Beschlüssen angegeben werden, ist das Gericht in der Lage, deren Stichhaltigkeit zu prüfen.

53      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei der Begründungspflicht um ein wesentliches Formerfordernis handelt, das von der Stichhaltigkeit der Gründe zu unterscheiden ist, die zur materiellen Rechtmäßigkeit des streitigen Rechtsakts gehört. Die Begründung eines Rechtsakts soll nämlich förmlich die Gründe zum Ausdruck bringen, auf denen dieser Rechtsakt beruht. Weisen die Gründe Fehler auf, so beeinträchtigen diese die materielle Rechtmäßigkeit des Rechtsakts, nicht aber dessen Begründung, die, obwohl sie fehlerhafte Gründe enthält, zureichend sein kann (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofs vom 10. Juli 2008, Bertelsmann und Sony Corporation of America/Impala, C‑413/06 P, Slg. 2008, I‑4951, Rn. 181, und Rat/Bamba, oben in Rn. 46 angeführt, Rn. 60).

54      Angesichts der dargelegten Erwägungen ist der Klagegrund eines Verstoßes gegen die Begründungspflicht zurückzuweisen. Die Stichhaltigkeit der der Klägerin vom Rat gelieferten Begründung ist im Rahmen des Klagegrundes zum fehlenden Nachweis eines hinreichenden Bezugs zwischen der Klägerin und der Situation, die dem Ergreifen restriktiver Maßnahmen gegen Syrien zugrunde lag, zu prüfen.

 Zum ersten Klagegrund: Verletzung der Verteidigungsrechte, des Rechts auf ein faires Verfahren und des Rechts auf einen effektiven gerichtlichen Rechtsschutz

55      Die Klägerin macht geltend, ihr Name sei in die Liste der von den restriktiven Maßnahmen gegen Syrien, die Strafcharakter hätten, betroffenen Personen aufgenommen worden, ohne dass sie zuvor von den Gründen für diese Aufnahme informiert und dazu angehört worden sei. Die Notwendigkeit eines mit diesen Maßnahmen verbundenen Überraschungseffekts habe einer Anhörung vor ihrem Erlass nicht entgegengestanden.

56      Weiterhin ist der Rat nach Ansicht der Klägerin seiner Verpflichtung nicht nachgekommen, ihr den Durchführungsbeschluss 2012/172 einschließlich der Gründe für ihre Aufnahme bekannt zu geben, obwohl ihre Anschrift nicht unbekannt gewesen sein könne. Die Veröffentlichung der Mitteilung vom 24. März 2012 habe ihr keine „konkrete Möglichkeit“ gegeben, zu ihrer Aufnahme Stellung zu nehmen. Das in dieser Mitteilung erwähnte Überprüfungsverfahren gestatte es ihr nämlich nicht, ihren Standpunkt gebührend zur Kenntnis zu bringen, und biete keine hinreichenden Garantien. Daher sei es unerheblich, dass sie keinen diesbezüglichen Antrag gestellt habe.

57      Schließlich habe sie nicht ihr Recht auf einen effektiven gerichtlichen Rechtsschutz ausüben können, da der Rat ihr nicht die Gründe mitgeteilt habe, aus denen sie von den restriktiven Maßnahmen gegen Syrien betroffen sei.

58      Der Rat tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

59      Hierzu ist festzustellen, dass das Grundrecht auf Wahrung der Verteidigungsrechte in einem Verfahren, das dem Erlass einer restriktiven Maßnahme vorausgeht, ausdrücklich in Art. 41 Abs. 2 Buchst. a der Charta der Grundrechte der Europäischen Union niedergelegt ist, der Art. 6 Abs. 1 EUV den gleichen rechtlichen Rang wie den Verträgen zuerkennt (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 21. Dezember 2011, Frankreich/Peopleʼs Mojahedin Organization of Iran, C‑27/09 P, Slg. 2011, I‑13427, Rn. 66).

60      Außerdem ist der Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes nach ständiger Rechtsprechung ein allgemeiner Grundsatz des Unionsrechts, der sich aus den gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten ergibt und in den Art. 6 und 13 der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten verankert ist und im Übrigen von Art. 47 der Grundrechtecharta bekräftigt worden ist (Urteile des Gerichtshofs vom 13. März 2007, Unibet, C‑432/05, Slg. 2007, I‑2271, Rn. 37, und vom 3. September 2008, Kadi und Al Barakaat International Foundation/Rat und Kommission, C‑402/05 P und C‑415/05 P, Slg. 2008, I‑6351, Rn. 335, im Folgenden: Urteil Kadi).

61      Darüber hinaus setzt die Effektivität der gerichtlichen Kontrolle – die sich insbesondere auf die Rechtmäßigkeit der Gründe erstrecken können muss, auf die sich eine Unionsbehörde zur Aufnahme des Namens einer Person oder einer Organisation in die von dieser Unionsbehörde erlassenen Liste der Adressaten der restriktiven Maßnahmen gestützt hat – nach ständiger Rechtsprechung voraus, dass die Unionsbehörde diese Gründe der betroffenen Person oder Organisation so weit wie möglich zu dem Zeitpunkt, zu dem ihre Aufnahme in die Liste beschlossen wird, oder wenigstens so bald wie möglich danach mitteilt, um den betreffenden Adressaten die fristgemäße Wahrnehmung ihres Rechts auf gerichtlichen Rechtsschutz zu ermöglichen (vgl. in diesem Sinne Urteil Kadi, Rn. 336).

62      Die Erfüllung dieser Verpflichtung zur Mitteilung der betreffenden Begründung ist nämlich sowohl erforderlich, um es den Adressaten der Restriktionen zu ermöglichen, ihre Rechte unter den bestmöglichen Bedingungen zu verteidigen und in Kenntnis aller Umstände zu entscheiden, ob es für sie von Nutzen ist, den Unionsrichter anzurufen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 15. Oktober 1987, Heylens u. a., 222/86, Slg. 1987, 4097, Rn. 15), als auch, um den Unionsrichter vollständig in die Lage zu versetzen, die ihm aufgrund des Vertrags obliegende Kontrolle der Rechtmäßigkeit des fraglichen Unionsrechtsakts auszuüben (Urteil Kadi, Rn. 337).

63      In Übereinstimmung mit den Anforderungen dieser Rechtsprechung sehen Art. 21 Abs. 2 und 3 des Beschlusses 2011/782, Art. 27 Abs. 2 und 3 des Beschlusses 2012/739 und Art. 30 Abs. 2 und 3 des Beschlusses 2013/255 vor, dass der Rat die betreffende Person entweder auf direktem Weg, falls ihre Anschrift bekannt ist, oder durch die Veröffentlichung einer Bekanntmachung von seinem Beschluss und den Gründen für die Aufnahme in die Liste in Kenntnis setzt und ihr dabei Gelegenheit zur Stellungnahme gibt. Wird eine Stellungnahme unterbreitet oder werden stichhaltige neue Beweise vorgelegt, so überprüft der Rat seinen Beschluss und unterrichtet die natürliche oder juristische Person, Organisation oder Einrichtung entsprechend.

64      In der vorliegenden Rechtssache wurde nach dem Erlass des Durchführungsbeschlusses 2012/172 die Mitteilung vom 24. März 2012 veröffentlicht und damit der Klägerin die Möglichkeit gegeben, beim Rat eine Stellungnahme einzureichen.

65      Der Umstand, dass diese Bekanntmachung nach der erstmaligen Aufnahme der Klägerin in die Liste der von den fraglichen restriktiven Maßnahmen betroffenen Personen erfolgte, kann für sich genommen nicht als Verstoß gegen die Verteidigungsrechte angesehen werden.

66      Nach der Rechtsprechung verlangen die Verteidigungsrechte und insbesondere der Anspruch auf rechtliches Gehör in Bezug auf restriktive Maßnahmen nicht, dass die Unionsbehörden die betreffende Begründung einer Person oder Organisation vor ihrer erstmaligen Aufnahme in die Liste, durch die die restriktiven Maßnahmen verhängt werden, mitteilen (vgl. in diesem Sinne Urteil Kadi, Rn. 338).

67      Eine solche vorherige Mitteilung könnte nämlich die Wirksamkeit der durch die Behörden angeordneten Maßnahmen des Einfrierens von Geldern und wirtschaftlichen Ressourcen beeinträchtigen (vgl. in diesem Sinne Urteil Kadi, Rn. 339).

68      Um ihr Ziel zu erreichen, müssen solche Maßnahmen naturgemäß einen Überraschungseffekt haben und unverzüglich zur Anwendung kommen (vgl. in diesem Sinne Urteil Kadi, Rn. 340).

69      Mithin war der Rat nicht verpflichtet, die Klägerin vor der erstmaligen Aufnahme ihres Namens in die Liste der von den restriktiven Maßnahmen gegen Syrien betroffenen Personen anzuhören.

70      Allerdings kann im Zusammenhang mit dem Erlass des Beschlusses 2012/739 und des Beschlusses 2013/255, bei denen es sich um Folgerechtsakte über den Verbleib des Namens der Klägerin auf der Liste der von den restriktiven Maßnahmen gegen Syrien betroffenen Personen handelt, das Argument des Überraschungseffekts dieser Maßnahmen grundsätzlich nicht geltend gemacht werden (vgl. in diesem Sinne entsprechend Urteil Frankreich/Peopleʼs Mojahedin Organization of Iran, oben in Rn. 59 angeführt, Rn. 62).

71      Nach der Rechtsprechung setzt der Anspruch auf Anhörung vor Erlass von Rechtsakten über die Beibehaltung restriktiver Maßnahmen gegenüber bereits von diesen Maßnahmen betroffenen Personen voraus, dass der Rat zulasten dieser Personen neue Erkenntnisse berücksichtigt hat (vgl. in diesem Sinne entsprechend Urteil Frankreich/Peopleʼs Mojahedin Organization of Iran, oben in Rn. 59 angeführt, Rn. 63).

72      Im vorliegenden Fall hatte der Rat beim Beschluss über den Verbleib des Namens des Klägerin auf der Liste der von den restriktiven Maßnahmen gegen Syrien betroffenen Personen keine neuen Erkenntnisse berücksichtigt, die der Klägerin nicht bereits im Anschluss an ihre erstmalige Aufnahme in die Liste mitgeteilt worden waren.

73      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerin gemäß den oben in Rn. 63 angeführten Bestimmungen die Möglichkeit hatte, auf eigene Initiative vom Rat angehört zu werden, ohne dass vor Erlass eines jeden Folgerechtsakts mangels Berücksichtigung neuer Erkenntnisse zulasten dieser Personen eine erneute ausdrückliche Einladung ausgesprochen wurde.

74      Die Klägerin hat von dieser Möglichkeit jedoch keinen Gebrauch gemacht.

75      Weiterhin hat der Rat am Tag der Veröffentlichung des Beschlusses 2012/739 im Amtsblatt der Europäischen Union die Mitteilung für die Personen und Einrichtungen veröffentlicht, auf die die restriktiven Maßnahmen nach dem Beschluss 2012/739 und der Verordnung Nr. 36/2012, durchgeführt durch die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1117/2012 des Rates (ABl. 2012, C 370, S. 6), Anwendung finden.

76      Ebenso hat der Rat am 23. April 2013 im Amtsblatt der Europäischen Union eine Mitteilung für die Personen und Einrichtungen veröffentlicht, auf die die restriktiven Maßnahmen nach dem Beschluss 2012/739, durchgeführt durch den Durchführungsbeschluss 2013/185/GASP des Rates, und der Verordnung Nr. 36/2012, durchgeführt durch die Durchführungsverordnung Nr. 363/2013 (ABl. C 115, S. 5), Anwendung finden.

77      Der Inhalt dieser Mitteilungen entspricht im Wesentlichen dem Inhalt der Mitteilung vom 24. März 2012.

78      Unter diesen Umständen ist davon auszugehen, dass die Klägerin während mehrerer Monate Gelegenheit hatte, die Umstände, die ihre Aufnahme und ihren Verbleib in dem Anhang der von den restriktiven Maßnahmen betroffenen Personen rechtfertigen, zu beanstanden.

79      Was den Umstand betrifft, dass der Rat der Klägerin keine Anhörung gewährt hat, ist festzustellen, dass weder die fragliche Regelung noch der allgemeine Grundsatz der Wahrung der Verteidigungsrechte den Betroffenen ein Recht auf eine solche Anhörung verleiht (vgl. entsprechend Urteil des Gerichts vom 23. Oktober 2008, Peopleʼs Mojahedin Organization of Iran/Rat, T‑256/07, Slg. 2008, II‑3019, Rn. 93 und die dort angeführte Rechtsprechung).

80      Zum Vorbringen der Klägerin zur fehlenden individuellen Mitteilung des Durchführungsbeschlusses 2012/172 ist festzustellen, dass die Klägerin noch nicht einmal versucht hat, die Behauptung des Rates, nach der ihm ihre Anschrift bei Erlass dieses Rechtsakts nicht vorgelegen habe, anzufechten.

81      Doch auch wenn man davon ausginge, dass die Anschrift der Klägerin dem Rat nicht unbekannt gewesen sein konnte, ist zum einen festzustellen, dass die fehlende individuelle Mitteilung des Durchführungsbeschlusses 2012/172 zwar für den Beginn der Klagefrist von Bedeutung ist, für sich allein jedoch nicht die Nichtigerklärung des fraglichen Rechtsakts rechtfertigen kann. Zum anderen führt die Klägerin keine Argumente zum Nachweis dafür an, dass die fehlende individuelle Mitteilung des Durchführungsbeschlusses 2012/172 vorliegend zu einer Verletzung ihrer Rechte geführt hat, die eine Nichtigerklärung des Beschlusses, soweit dieser sie betrifft, rechtfertigen würde.

82      Demnach ist festzustellen, dass die Verteidigungsrechte der Klägerin weder durch ihre Aufnahme noch durch ihren Verbleib auf den Listen der von den restriktiven Maßnahmen gegen Syrien betroffenen Personen verletzt wurden.

83      Folglich ist der vorliegende Klagegrund zurückzuweisen.

 Zum dritten Klagegrund: fehlender Nachweis eines hinreichenden Bezugs zwischen der Klägerin und der Situation, die dem Ergreifen restriktiver Maßnahmen gegen Syrien zugrunde lag

84      Die Klägerin rügt, die angefochtenen Beschlüsse enthielten keine Beweise für einen Bezug zwischen ihrer Person, ihrem Verhalten und ihren Tätigkeiten einerseits und den mit den restriktiven Maßnahmen gegen Syrien verfolgten Zielen andererseits. Da sie nur Hausfrau und Mutter sei und keine öffentliche oder wirtschaftliche Funktion ausübe, könnten die in den Beschlüssen erwähnten persönlichen und familiären Beziehungen allein nicht ihre Aufnahme in die Liste der von diesen Maßnahmen betroffenen Personen rechtfertigen. Weiterhin weist sie darauf hin, dass ihr Ehegatte zwischenzeitlich verstorben sei.

85      Der Rat sei aufgrund ihrer persönlichen und familiären Beziehungen fälschlicherweise davon ausgegangen, dass sie vom syrischen Regime profitiere und mit ihm verbunden sei, obwohl er sie nur dann in die fraglichen Listen hätte aufnehmen dürfen, wenn ihm Beweise für ein ihre persönliche Verantwortlichkeit begründendes tatsächliches Verhalten vorgelegen hätten. Die Klägerin beruft sich diesbezüglich insbesondere auf das Urteil des Gerichtshofs vom 13. März 2012, Tay Za/Rat (C‑376/10 P). Weiterhin könne sich das Gericht nicht auf die Überprüfung der abstrakten Wahrscheinlichkeit der vom Rat zugrunde gelegten Gründe beschränken, sondern habe sich zu vergewissern, dass sich dieser auf präzise und konkrete Informationen und Beweise gestützt habe, was vorliegend nicht der Fall sei. Es handele sich dabei um dieselbe Art von Kontrolle, die das Gericht auch im Zusammenhang mit restriktiven Maßnahmen gegen Terroristen anwende.

86      Schließlich trägt die Klägerin vor, das angebliche Fehlen jeglichen Beweises in den angefochtenen Beschlüssen könne nicht durch Auszüge von Internetseiten ausgeglichen werden, die vom Rat zum Nachweis ihrer Beteiligung am politischen Leben in Syrien vor Gericht vorgelegt wurden. Bei diesen Informationen handele es sich nämlich um reine Spekulation.

87      Der Rat tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

88      Hierzu ist festzustellen, dass nach Art. 18 Abs. 1 und Art. 19 Abs. 1 des Beschlusses 2011/782 die Einschränkungen für die Einreise in die Hoheitsgebiete der Mitgliedstaaten und das Einfrieren der Gelder und wirtschaftlichen Ressourcen nicht nur für die Personen gelten, die für die gewaltsame Repression gegen die Zivilbevölkerung in Syrien verantwortlich sind, sondern auch für die Personen, die vom Regime profitieren oder dieses unterstützen, und die mit ihnen in Verbindung stehenden Personen. Diese Bestimmungen finden sich weiter in Art. 24 Abs. 1 und Art. 25 Abs. 1 des Beschlusses 2012/739 bzw. Art. 27 Abs. 1 und Art. 28 Abs. 1 des Beschlusses 2013/255.

89      Der Rat hat sich somit einer Vermutung bedient, wonach für Personen mit nachgewiesenen Verbindungen zu Mitgliedern des syrischen Regimes anzunehmen sei, dass sie vom Regime profitierten oder dieses unterstützten und mithin mit ihm verbunden seien.

90      Im Hinblick auf die Klägerin vertrat der Rat die Auffassung, dass sie „von dem syrischen Regime [profitiere] und mit ihm verbunden [sei]“, da sie Schwester des Präsidenten Bashar Al Assad und Ehefrau von Asif Shawkat, dem stellvertretenden Stabschef für Sicherheit und Aufklärung, sei und enge Beziehungen zu weiteren Schlüsselfiguren des syrischen Regimes unterhalte.

91      Es ist zu prüfen, ob der Rat durch dieses Vorgehen rechtsfehlerhaft gehandelt hat.

92      Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass von restriktiven Maßnahmen, die gegen ein Drittland erlassen werden, nach der Rechtsprechung diejenigen Kategorien von natürlichen Personen erfasst werden können, deren Verbindung mit dem fraglichen Drittland ganz offensichtlich ist, also insbesondere die mit den Machthabern der entsprechenden Länder verbundenen Personen. Ein solches Kriterium kann mithin verwendet werden, sofern es in den Rechtsakten, die die betreffenden restriktiven Maßnahmen enthalten, vorgesehen ist und es den Zielen dieser Rechtsakte entspricht (vgl. in diesem Sinne Urteil Tay Za/Rat, oben in Rn. 85 angeführt, Rn. 68 und 69).

93      Im vorliegenden Fall ist erstens festzustellen, dass die Klägerin aufgrund ihrer familiären Beziehungen zum Präsidenten dieses Landes und aufgrund der von ihrem Ehegatten zu dessen Lebzeiten ausgeübten Ämter offensichtlich eine mit den Machthabern des syrischen Regimes verbundene Person ist.

94      Dagegen hatte der Rat zum einen nach dem Tod des Ehegatten den Beschluss 2012/739 diesbezüglich abzuändern und dieses Ereignis beim Erlass des Beschlusses 2013/255 zu berücksichtigen.

95      Andererseits handelt es sich bei der Bezugnahme auf „weitere Schlüsselfiguren des syrischen Regimes“ um eine zu vage Behauptung, die keine ausreichende Grundlage zur Rechtfertigung der Aufnahme und des Verbleibs der Klägerin in den Listen der von den restriktiven Maßnahmen betroffenen Personen bietet.

96      Der bloße Umstand, dass die Klägerin die Schwester von Bashar Al Assad ist, genügt jedoch, damit der Rat davon ausgehen kann, dass sie im Sinne der oben in Rn. 88 angeführten Bestimmungen mit den Machthabern Syriens in Verbindung steht, zumal eine Tradition der familienmäßigen Ausübung der Macht in dem Land besteht, die eine offenkundige Tatsache ist und die der Rat berücksichtigen durfte.

97      Daher widerspricht entgegen dem wesentlichen Vortrag der Klägerin die auf ihren Fall angewandte Vermutung, nach der sie vom syrischen Regime profitiert und mit ihm verbunden ist, nicht den Erkenntnissen aus dem vorstehend angeführten Urteil Tay Za/Rat. In diesem Urteil hat der Gerichtshof zwar erkannt, dass die Verbindung zwischen dem Staat, gegen den sich die vom Rat beschlossenen restriktiven Maßnahmen richten, und einer natürlichen Person, die Familienangehörige einer Führungskraft eines Unternehmens ist, die als mit der Regierung dieses Landes verbunden gilt, für eine Anwendung der restriktiven Maßnahmen auf diese Personen nicht ausreicht (vgl. in diesem Sinne Urteil Tay Za/Rat, oben in Rn. 85 angeführt, Rn. 63 bis 65). Der Gerichtshof hat jedoch anerkannt, dass Personen, deren Verbindung mit dem fraglichen Drittland ganz offensichtlich ist, also die Machthaber der entsprechenden Drittländer und mit ihnen verbundene Personen, in die Kategorien von natürlichen Personen fallen können, gegen die gezielte restriktive Maßnahmen gerichtet werden können (vgl. in diesem Sinne Urteil Tay Za/Rat, oben in Rn. 85 angeführt, Rn. 68). Vorliegend ist die Verbindung zwischen der Klägerin und dem syrischen Regime offenkundig deutlich direkter und kann mithin nicht den in dem vorstehend angeführten Urteil Tay Za/Rat dargestellten Einschränkungen unterliegen.

98      Zweitens ist zu prüfen, ob die vom Rat verwendete Vermutung, nach der sie vom syrischen Regime profitiert und mit ihm verbunden ist, in einem angemessenen Verhältnis zum verfolgten Ziel steht und ob sie widerlegbar ist; die Frage, ob sie die Verteidigungsrechte der Klägerin wahrt, wurde im Rahmen des ersten Klagegrundes geprüft.

99      Wie aus den Erwägungsgründen des Beschlusses 2011/273 hervorgeht, hat der Rat restriktive Maßnahmen gegen ein Drittland, nämlich Syrien, als Reaktion auf die gewaltsame Repression der Zivilbevölkerung durch die Sicherheitskräfte dieses Landes verhängt. Den angefochtenen Beschlüssen, die auf den Beschluss 2011/273 gefolgt sind, liegt dasselbe Anliegen zugrunde. Hätten die fraglichen restriktiven Maßnahmen nur die Machthaber des syrischen Regimes betroffen, so hätten die vom Rat verfolgten Zwecke vereitelt werden können, da die betroffenen Machthaber diese Maßnahmen mit Hilfe ihnen nahestehender Personen leicht hätten umgehen können. Dazu ist anzumerken, dass der Begriff des Drittlandes nach der Rechtsprechung nicht nur dessen Machthaber, sondern auch die mit ihnen verbundenen Personen erfassen kann (vgl. in diesem Sinne entsprechend Urteil Tay Za/Rat, oben in Rn. 85 angeführt, Rn. 43 und 63 und die dort angeführte Rechtsprechung).

100    Weiterhin ist festzustellen, dass es sich vorliegend um eine widerlegbare Vermutung handelt. Aus den oben in Rn. 63 angeführten Bestimmungen ergibt sich nämlich, dass der Rat den von den fraglichen restriktiven Maßnahmen betroffenen Personen die Möglichkeit einräumt, ihm eine Stellungnahme zu unterbreiten, und er seinen Beschluss überprüft, wenn stichhaltige neue Beweise vorgelegt werden oder eine Stellungnahme vorgelegt wird. Den von den restriktiven Maßnahmen betroffenen Personen bleibt es damit unbenommen, diese Vermutung durch den insbesondere auf Umstände und Informationen, über die nur sie verfügen, gestützten Nachweis, dass sie trotz ihrer persönlichen und familiären Beziehungen zu den Machthabern des syrischen Regimes nicht von ihm profitieren und mit ihm somit nicht verbunden sind, zu widerlegen.

101    Zwar ist es nach der Rechtsprechung Sache der zuständigen Unionsbehörde, die Stichhaltigkeit der gegen die betroffene Person vorliegenden Gründe nachzuweisen, und nicht Sache der betroffenen Person, den negativen Nachweis zu erbringen, dass diese Gründe nicht stichhaltig sind (Urteil des Gerichtshofs vom 18. Juli 2013, Kommission u. a./Kadi, C‑584/10 P, C‑593/10 P und C‑595/10 P, Rn. 121; vgl. in diesem Sinne auch Urteil Bank Melli Iran/Rat, oben in Rn. 46 angeführt, Rn. 37 und 107). Die Klägerin bestreitet vorliegend jedoch nicht den vom Rat zugrunde gelegten Umstand, dass sie die Schwester von Bashar Al Assad ist, sondern beschränkt sich auf eine Kritik der vom Rat daraus gezogenen Schlussfolgerungen, nämlich dass sie aufgrund dieses Umstands vom Regime profitiere und mit ihm verbunden sei.

102    Dagegen hat die Klägerin nicht von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, dem Rat ihre Stellungnahme zu unterbreiten, um zu erläutern, warum ihre familiäre Beziehung keine Rechtfertigung für ihre Aufnahme sein könne. Auch hat sie beim Rat nicht unter Übermittlung von Erläuterungen, aufgrund deren davon ausgegangen werden könnte, dass sie trotz ihrer Beziehung zu Bashar Al Assad nicht vom syrischen Regime profitiere und nicht mit ihm verbunden sei, eine erneute Prüfung ihrer Lage beantragt.

103    Die Klägerin hat sich vor Gericht zum einen auf bloße Behauptungen zu ihrer angeblichen Rolle als Hausfrau und Mutter beschränkt, auf die der Rat durch die beispielhafte Vorlage von Auszügen von Internetseiten verschiedener Medien über die politische Rolle der Klägerin reagiert hat. Diese Auszüge dienen nicht dem Nachweis der direkten Beteiligung der Klägerin an der Repression der Zivilbevölkerung in Syrien, sondern nur der Bestätigung, dass der Rat vermuten konnte, dass sie mit dem Regime verbunden war.

104    Zum anderen hat die Klägerin die neuen Beweismittel, insbesondere zu dem Umstand, dass ihre Kinder in den Vereinigten Arabischen Emiraten zur Schule gingen, vorgelegt (siehe oben, Rn. 20). Selbst wenn unterstellt wird, daraus könne gefolgert werden, dass die Klägerin selbst Syrien verlassen habe, reicht dieser Umstand für sich allein jedoch nicht für die Annahme aus, dass sie sich vom syrischen Regime distanziert habe und daher zur Flucht aus dem Land gezwungen gewesen sei. Wie vom Rat angemerkt, lässt sich der etwaige Wohnsitzwechsel der Klägerin nämlich durch zahlreiche andere Gründe wie beispielsweise die Verschlechterung der Sicherheitsbedingungen in Syrien erklären.

105    Drittens ist darauf hinzuweisen, dass die vom Rat vorgenommene Vermutung in den angefochtenen Beschlüssen vorgesehen ist (siehe oben, Rn. 88) und dass sie der Erreichung ihrer Zwecke dient (siehe oben, Rn. 99).

106    Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass dieser Klagegrund zurückzuweisen ist.

 Zum vierten Klagegrund: Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit, des Rechts auf Eigentum und des Rechts auf Privatsphäre

107    Die Klägerin macht geltend, ihre Aufnahme in die Liste der von den restriktiven Maßnahmen gegen Syrien betroffenen Personen verletze den insbesondere in Art. 52 Abs. 1 der Grundrechtecharta verankerten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Mangels jeden Nachweises eines vorwerfbaren Verhaltens ihrerseits sei diese Aufnahme nicht notwendig gewesen und entspreche auch nicht den mit diesen Maßnahmen verfolgten Zwecken.

108    Nach Ansicht der Klägerin verletzt das mit den angefochtenen Beschlüssen verbundene Einfrieren ihrer Gelder auch ihr durch Art. 17 Abs. 1 der Grundrechtecharta geschütztes Recht auf Eigentum, da sie dadurch an einer freien Nutzung ihrer Güter gehindert werde, ohne dass die Beschränkung ihres Rechts zur Erreichung der vom Rat verfolgten Ziele notwendig oder angemessen wäre. Trotz ihres Sicherungscharakters und des Umstands, dass die sie betreffenden restriktiven Maßnahmen nur auf wirtschaftliche Ressourcen innerhalb der Union zur Anwendung kämen, sei damit eine Verletzung ihres Rechts auf Eigentum verbunden, da sie nicht frei über ihre Güter verfügen könne.

109    Aus ähnlichen Gründen verletzten die von den fraglichen Maßnahmen auferlegten Einschränkungen ihrer Reisefreiheit ihr insbesondere in Art. 7 der Grundrechtecharta anerkanntes Recht auf Privatsphäre.

110    Schließlich weist die Klägerin darauf hin, dass die in den angefochtenen Beschlüssen vorgesehenen Möglichkeiten der Abweichung von diesen Beschränkungen nicht ausreichend seien, da diese einen zusätzlichen, nach erfolgter Beeinträchtigung der Substanz der fraglichen Rechte zu stellenden Antrag erforderlich machten und die Gewährung dieser Ausnahmen von einer Ermessensentscheidung des Rates und der Mitgliedstaaten abhängig sei.

111    Der Rat tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

112    Hierzu ist festzustellen, dass das Eigentumsrecht zu den allgemeinen Grundsätzen des Unionsrechts gehört und in Art. 17 der Grundrechtecharta verankert ist. Was das Recht auf Achtung der Privatsphäre betrifft, wird in Art. 7 der Grundrechtecharta das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens anerkannt (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 6. Dezember 2012, O u. a., C‑356/11 und C‑357/11, Rn. 76).

113    Nach ständiger Rechtsprechung genießen diese Grundrechte jedoch keinen absoluten Schutz, sondern müssen im Hinblick auf ihre gesellschaftliche Funktion gesehen werden (vgl. in diesem Sinne Urteil Kadi, Rn. 355). Folglich kann die Ausübung dieser Rechte Beschränkungen unterworfen werden, sofern diese tatsächlich dem Allgemeininteresse dienenden Zielen der Union entsprechen und nicht einen im Hinblick auf den verfolgten Zweck unverhältnismäßigen und nicht tragbaren Eingriff darstellen, der die so gewährleisteten Rechte in ihrem Wesensgehalt antasten würde (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofs vom 30. Juli 1996, Bosphorus, C‑84/95, Slg. 1996, I‑3953, Rn. 21, und vom 15. November 2012, Al-Aqsa/Rat und Niederlande/Al-Aqsa, C‑539/10 P und C‑550/10 P, Rn. 121).

114    Darüber hinaus gehört nach ständiger Rechtsprechung der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu den allgemeinen Grundsätzen des Unionsrechts und verlangt, dass die von einer unionsrechtlichen Bestimmung eingesetzten Mittel zur Erreichung der mit der betreffenden Regelung verfolgten Ziele geeignet sind und nicht über das dazu Erforderliche hinausgehen (Urteile des Gerichtshofs vom 12. Mai 2011, Luxemburg/Parlament und Rat, C‑176/09, Slg. 2011, I‑3727, Rn. 61, sowie Al-Aqsa/Rat und Niederlande/Al-Aqsa, oben in Rn. 113 angeführt, Rn. 122).

115    In der vorliegenden Rechtssache handelt es sich beim Einfrieren von Geldern und anderen wirtschaftlichen Ressourcen von Personen, die als mit dem syrischen Regime verbunden identifiziert wurden, sowie dem Verbot ihrer Einreise in das Hoheitsgebiet der Union (im Folgenden: fragliche Maßnahmen), die durch die angefochtenen Beschlüsse auferlegt wurden, um Sicherungsmaßnahmen, die nicht darauf abzielen, die betreffenden Personen zu enteignen oder ihnen ihr Recht auf Achtung ihrer Privatsphäre zu entziehen (vgl. in diesem Sinne entsprechend Urteil Kadi, Rn. 358). Gleichwohl sind die fraglichen Maßnahmen unbestreitbar mit einer Beschränkung des Gebrauchs des Eigentumsrechts der Klägerin und einer Beeinträchtigung ihrer Privatsphäre verbunden (vgl. in diesem Sinne entsprechend Urteil Al‑Aqsa/Rat und Niederlande/Al-Aqsa, oben in Rn. 113 angeführt, Rn. 120).

116    Was die Geeignetheit der fraglichen Maßnahmen zum Erreichen der damit verfolgten Ziele angesichts eines für die Völkergemeinschaft derart grundlegenden Ziels wie des Schutzes der Zivilbevölkerung betrifft, können diese Maßnahmen für sich genommen offensichtlich nicht als unangemessen angesehen werden (vgl. in diesem Sinne Urteile Bosphorus, oben in Rn. 113 angeführt, Rn. 26, Kadi, Rn. 363, sowie Al‑Aqsa/Rat und Niederlande/Al-Aqsa, oben in Rn. 113 angeführt, Rn. 123).

117    Hinsichtlich der Erforderlichkeit ist festzustellen, dass alternative und weniger belastende Maßnahmen, z. B. ein System einer vorherigen Erlaubnis oder eine Verpflichtung, die Verwendung der gezahlten Beträge nachträglich zu belegen, es – namentlich in Anbetracht der Möglichkeit einer Umgehung der auferlegten Beschränkungen – nicht ermöglichen, das angestrebte Ziel, nämlich die Ausübung von Druck auf die Unterstützer des die Zivilbevölkerung unterdrückenden syrischen Regimes, ebenso wirksam zu erreichen (vgl. entsprechend Urteil Al-Aqsa/Rat und Niederlande/Al-Aqsa, oben in Rn. 113 angeführt, Rn. 125).

118    Darüber hinaus ist festzustellen, dass es nach Art. 19 Abs. 3 bis 7 des Beschlusses 2011/782, Art. 25 Abs. 3 bis 11 des Beschlusses 2012/739 und Art. 28 Abs. 3 bis 11 des Beschlusses 2013/255 zum einen möglich ist, die Verwendung eingefrorener Gelder zur Deckung von Grundbedürfnissen oder zur Erfüllung bestimmter Verpflichtungen zu genehmigen, und zum anderen, spezifische Genehmigungen zu erteilen, um eingefrorene Gelder, sonstige Vermögenswerte oder wirtschaftliche Ressourcen freizugeben.

119    Weiterhin kann gemäß Art. 18 Abs. 6 des Beschlusses 2011/782, Art. 24 Abs. 6 des Beschlusses 2012/739 und Art. 27 Abs. 6 des Beschlusses 2013/255 die zuständige Behörde eines Mitgliedstaats die Einreise in sein Hoheitsgebiet insbesondere aus dringenden humanitären Gründen erlauben.

120    Der Verbleib des Namens der Klägerin auf Listen, die den angefochtenen Beschlüssen als Anhänge beigefügt wurden, ist schließlich auch nicht im Hinblick darauf, dass er ihrer Ansicht nach potenziell unbegrenzt ist, als unverhältnismäßig einzustufen. Er wird nämlich regelmäßig überprüft, um sicherzustellen, dass die Personen und Organisationen, die nicht mehr die Kriterien erfüllen, um auf der fraglichen Liste zu stehen, aus dieser gestrichen werden (vgl. entsprechend Urteil Kadi, Rn. 365, sowie Urteil Al-Aqsa/Rat und Niederlande/Al-Aqsa, oben in Rn. 113 angeführt, Rn. 129).

121    Daraus folgt, dass in Anbetracht der grundlegenden Bedeutung des Schutzes der Zivilbevölkerung Syriens und der in den angefochtenen Beschlüssen vorgesehenen Ausnahmen die von diesen Beschlüssen verursachten Beschränkungen des Eigentumsrechts der Klägerin und der Achtung ihrer Privatsphäre nicht unverhältnismäßig sind.

122    Folglich ist der vorliegende Klagegrund zurückzuweisen und damit die Klage insgesamt abzuweisen.

 Kosten

123    Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin mit ihren Anträgen unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag des Rates die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Sechste Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Frau Bouchra Al Assad trägt die Kosten.

Kanninen

Berardis

Wetter

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 12. März 2014.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Französisch.