Language of document : ECLI:EU:C:2011:674

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Erste Kammer)

20. Oktober 2011(*)

„Indirekte Steuern – Verbrauchsteuern auf Mineralöle – Unvereinbarkeit mit dem Unionsrecht – Nichterstattung der Verbrauchsteuer an Käufer von Erzeugnissen, auf die die Verbrauchsteuer abgewälzt worden ist“

In der Rechtssache C‑94/10

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Vestre Landsret (Dänemark) mit Entscheidung vom 11. Februar 2010, beim Gerichtshof eingegangen am 17. Februar 2010, in dem Verfahren

Danfoss A/S,

Sauer-Danfoss ApS

gegen

Skatteministeriet

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Tizzano sowie der Richter M. Safjan (Berichterstatter), A. Borg Barthet, E. Levits und J.‑J. Kasel,

Generalanwältin: J. Kokott,

Kanzler: C. Strömholm, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 17. Februar 2011,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

–        der Danfoss A/S, vertreten durch T. K. Kristjánsson und H. S. Hansen, advokaterne,

–        der Sauer-Danfoss ApS, vertreten durch A. Møllin und E. Vistisen, advokaterne,

–        der dänischen Regierung, vertreten durch V. Pasternak Jørgensen, K. Lundgaard Hansen und B. Weis Fogh als Bevollmächtigte,

–        der spanischen Regierung, vertreten durch M. Muñoz Pérez als Bevollmächtigten,

–        der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von G. Albenzio, avvocato dello Stato,

–        der polnischen Regierung, vertreten durch K. Rokicka als Bevollmächtigte,

–        der schwedischen Regierung, vertreten durch A. Falk als Bevollmächtigte,

–        der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch S. Hathaway als Bevollmächtigten im Beistand von P. Mantle, Barrister,

–        der Europäischen Kommission, vertreten durch N. Fenger und W. Mölls als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 24. März 2011

folgendes

Urteil

1        Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung des Unionsrechts im Bereich der Rückforderung rechtsgrundlos gezahlter Beträge und der Haftung des Mitgliedstaats wegen Erhebung einer mit diesem Recht unvereinbaren Abgabe.

2        Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Danfoss A/S (im Folgenden: Danfoss) und der Sauer-Danfoss ApS (im Folgenden: Sauer-Danfoss) auf der einen und dem Skatteministeriet (Ministerium für Steuern, im Folgenden: Skatteministerium) auf der anderen Seite über dessen Weigerung, ihnen eine unter Verstoß gegen das Unionsrecht erhobene Abgabe auf Mineralöle zu erstatten und den durch die Erhebung dieser rechtswidrigen Abgabe entstandenen Schaden zu ersetzen.

 Rechtlicher Rahmen

 Unionsrecht

3        Die Richtlinie 92/12/EWG des Rates vom 25. Februar 1992 über das allgemeine System, den Besitz, die Beförderung und die Kontrolle verbrauchsteuerpflichtiger Waren (ABl. L 76, S. 1) bestimmt in Art. 1:

„(1)      Diese Richtlinie regelt die Verbrauchsteuern und die anderen indirekten Steuern, die unmittelbar oder mittelbar auf den Verbrauch von Waren erhoben werden, mit Ausnahme der Mehrwertsteuer und der von der Gemeinschaft festgelegten Abgaben.

(2)      Die besonderen Vorschriften über die Sätze und die Struktur der Verbrauchsteuern auf steuerpflichtige Waren werden in besonderen Richtlinien niedergelegt.“

4        Art. 3 Abs. 1 und 2 dieser Richtlinie bestimmt:

„(1)      Diese Richtlinie findet auf Gemeinschaftsebene Anwendung auf die folgenden in den einschlägigen Richtlinien definierten Waren:

–        Mineralöle,

–        Alkohol und alkoholische Getränke,

–        Tabakwaren.

(2)      Auf die in Absatz 1 genannten Waren können andere indirekte Steuern mit besonderer Zielsetzung erhoben werden, sofern diese Steuern die Besteuerungsgrundsätze der Verbrauchsteuern oder der Mehrwertsteuer in Bezug auf die Besteuerungsgrundlage sowie die Berechnung, die Steuerentstehung und die steuerliche Überwachung beachten.“

5        Art. 1 der Richtlinie 92/81/EWG des Rates vom 19. Oktober 1992 zur Harmonisierung der Struktur der Verbrauchsteuern auf Mineralöle (ABl. L 316, S. 12) lautet:

„(1)      Die Mitgliedstaaten erheben nach Maßgabe dieser Richtlinie eine harmonisierte Verbrauchsteuer auf Mineralöle.

(2)      Die Mitgliedstaaten setzen ihre Steuersätze nach Maßgabe der Richtlinie 92/82/EWG zur Annäherung der Verbrauchsteuersätze für Mineralöle fest.“

6        Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 92/81 bestimmt:

„(1)      Über die allgemeinen Vorschriften über die steuerbefreite Verwendung verbrauchsteuerpflichtiger Erzeugnisse gemäß der Richtlinie 92/12/EWG hinaus und unbeschadet anderer Gemeinschaftsvorschriften befreien die Mitgliedstaaten unter den Voraussetzungen, die sie zur Sicherstellung der korrekten und einfachen Anwendung solcher Befreiungen und zur Verhinderung von Steuerhinterziehung und ‑vermeidung oder Missbrauch festlegen, die nachstehenden Erzeugnisse von der harmonisierten Verbrauchsteuer:

a)      nicht als Kraftstoff für Motoren oder zu Heizzwecken verwendete Mineralöle;

b)      Mineralöllieferungen zur Verwendung als Kraftstoff für die Luftfahrt mit Ausnahme der privaten nichtgewerblichen Luftfahrt.

…“

7        In der Mitteilung der Kommission vom 7. November 1990 über den Vorschlag einer Richtlinie des Rates zur Harmonisierung der Struktur der Verbrauchsteuern auf Mineralöle (KOM[90] 434 endg.) hieß es ausdrücklich, dass Schmier- und Hydrauliköle in den Genuss der in der Richtlinie 92/81 vorgesehenen Befreiung gelangen.

 Nationales Recht

8        Zur Umsetzung der Richtlinien 92/12 und 92/81 erließ der dänische Gesetzgeber das Gesetz Nr. 1029 vom 19. Dezember 1992 über die Energiesteuer auf Mineralölerzeugnisse (im Folgenden: Mineralölsteuergesetz). § 1 Abs. 1 dieses Gesetzes bestimmte:

„Mineralölerzeugnisse unterliegen im Inland einer Verbrauchsteuer. Der Satz wird wie folgt festgesetzt:

12)      Schmieröle, Hydrauliköle und andere ähnliche Erzeugnisse: 1,78 DKK je Liter.“

9        Die Verbrauchsteuer auf Schmier- und Hydrauliköle wurde von den Ölgesellschaften geschuldet, doch hieß es in den Erläuterungen zum Mineralölsteuergesetz, dass diese Abgabe wahrscheinlich auf die Käufer der besteuerten Öle abgewälzt werden würde.

10      Nach der Verkündung des Urteils vom 10. Juni 1999, Braathens (C‑346/97, Slg. 1999, I‑3419), das durch das Urteil vom 25. September 2003, Kommission/Italien (C‑437/01, Slg. 2003, I‑9861), bestätigt wurde, wonach die Einführung einer indirekten Abgabe auf von der harmonisierten Verbrauchsteuer befreite Erzeugnisse Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 92/81 jede praktische Wirksamkeit nehmen würde und daher nicht auf Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 92/12 gestützt werden könne, beschlossen die dänischen Steuerbehörden, die Erhebung der Steuer auf Schmier- und Hydrauliköle mit Wirkung vom 1. Dezember 2001 im Verwaltungsweg auszusetzen. Durch das Gesetz Nr. 395 vom 6. Juni 2002 wurde die Aufhebung der Steuer ebenfalls mit Wirkung vom 1. Dezember 2001 verfügt.

 Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

11      Vom 1. Januar 1995 bis zum 30. November 2001 kaufte Danfoss bei verschiedenen dänischen Ölgesellschaften Schmieröl; die Ölgesellschaften entrichteten die Mineralölsteuer bei der dänischen Staatskasse und wälzten dann den Gesamtbetrag von 6 108 054 DKK auf Danfoss ab.

12      Vom 1. Januar 1998 bis zum 30. November 2001 verkaufte Danfoss einen Teil dieser Öle an Sauer-Danfoss weiter und bezog in deren Verkaufspreis den Betrag der Mineralölsteuer in Höhe von insgesamt 1 686 096 DKK ein.

13      Nach der Aufhebung der Mineralölsteuer verlangten Danfoss und Sauer‑Danfoss von den dänischen Steuerbehörden die Erstattung des Teils des Gesamtpreises der von ihnen erworbenen Schmieröle, der auf die rechtswidrige Steuer entfiel, nämlich 6 108 054 DKK bzw. 1 686 096 DKK. Dabei machten sie geltend, dass Danfoss, wenn sie den gesamten von den Steuerbehörden geforderten Betrag erhalten sollte, den auf die einbezogene Mineralölsteuer entfallenden Teil des Verkaufspreises von Danfoss, der dem Betrag von 1 686 096 DKK entspreche, an Sauer-Danfoss zurückzahlen werde, die in diesem Fall ihre Forderung zurückziehen werde. Die Forderung von Sauer-Danfoss gegen das Ministerium ist daher subsidiär gegenüber der Forderung von Danfoss.

14      Ferner geht aus der Vorlageentscheidung hervor, dass die Ölgesellschaften keine Erstattung der Verbrauchsteuer verlangt haben, die auf die an Danfoss verkauften Schmieröle erhoben wurde.

15      Zur Begründung ihrer Forderungen machten die Klägerinnen des Ausgangsverfahrens geltend, da sie die finanziellen Folgen der rechtswidrigen Abgabe zu tragen gehabt hätten, gebiete der Grundsatz der Effektivität des Unionsrechts, dass sie allein und nicht die Ölgesellschaften berechtigt seien, deren Erstattung zu verlangen. Ferner verlangten sie vom dänischen Staat Ersatz des durch die Erhebung dieser Abgabe entstandenen Schadens.

16      Die Anträge der Klägerinnen des Ausgangsverfahrens wurden abgelehnt. Nach Ansicht der dänischen Behörden steht nämlich der Anspruch auf Rückzahlung rechtsgrundlos gezahlter Beträge nach dem Unionsrecht nur dem unmittelbar Abgabenpflichtigen zu und nicht den nachgelagerten Gliedern der Handelskette, die selbst nicht verpflichtet seien, die Abgabe zu entrichten, und im Übrigen keinen Betrag an die Staatskasse gezahlt hätten, dessen Erstattung sie verlangen könnten.

17      In Bezug auf den Schadensersatzanspruch schlossen die dänischen Behörden jede Entschädigung aus. In der Zeit vor der Verkündung des Urteils Braathens sei die Unvereinbarkeit der im Mineralölsteuergesetz vorgesehenen Abgabe nicht so offenkundig gewesen, dass ihre Erhebung die Haftung des Staates habe auslösen können; für die Zeit nach der Verkündung des Urteils sei es nicht möglich, zu bestimmen, auf welcher Stufe der Vertriebskette der Schaden eingetreten sei, weshalb kein unmittelbarer Kausalzusammenhang bestehe. Im Fall einer Abwälzung der nicht geschuldeten Abgabe hänge die Frage, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang bestimmte Unternehmen oder bestimmte Nutzer auf der vorgelagerten Stufe der Kette tatsächlich die Last dieser Abgabe getragen hätten, von mehreren Faktoren ab, insbesondere von der für die betreffenden Erzeugnisse vom Abgabenpflichtigen und jedem einzelnen Wirtschaftsteilnehmer auf der vorgelagerten Stufe praktizierten Preispolitik, von der Art und Weise, in der die Erzeugnisse genutzt würden, und vom Stand des Wettbewerbs auf dem betreffenden Markt.

18      Die Klägerinnen des Ausgangsverfahrens haben gegen die ablehnenden Entscheidungen über ihre Anträge Klage beim Vestre Landsret erhoben, das beschlossen hat, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.      Hindert das Gemeinschaftsrecht einen Mitgliedstaat daran, eine Rückzahlungsforderung zurückzuweisen, die von einem Unternehmen erhoben wird, auf das eine richtlinienwidrige Verbrauchsteuer abgewälzt worden ist, wenn die Zurückweisung – unter Umständen wie im Ausgangsverfahren – mit der Begründung erfolgt, dass nicht dieses Unternehmen die Steuer an den Staat entrichtet hat?

2.      Hindert das Gemeinschaftsrecht einen Mitgliedstaat daran, eine Schadensersatzforderung zurückzuweisen, die von einem Unternehmen erhoben wird, auf das eine richtlinienwidrige Verbrauchsteuer abgewälzt worden ist, wenn die Zurückweisung – unter Umständen wie im Ausgangsverfahren – mit der vom Mitgliedstaat hier angeführten Begründung erfolgt (nämlich dass das Unternehmen nicht der unmittelbar Geschädigte sei und dass zwischen einem möglichen Schaden und dem haftungsbegründenden Verhalten kein unmittelbarer Kausalzusammenhang bestehe)?

 Zu den Vorlagefragen

 Zur ersten Frage

19      Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob ein Mitgliedstaat einem Wirtschaftsteilnehmer, auf den der Betrag der nicht geschuldeten Abgabe abgewälzt worden ist, deren Erstattung mit der Begründung verweigern kann, dass er nicht der Abgabenpflichtige ist und demzufolge seinen Geldbetrag nicht bei den Steuerbehörden entrichtet hat.

20      Zur Beantwortung dieser Frage ist eingangs darauf hinzuweisen, dass der Anspruch auf Erstattung von Abgaben, die ein Mitgliedstaat unter Verstoß gegen das Unionsrecht erhoben hat, eine Folge und eine Ergänzung der Rechte darstellt, die den Einzelnen aus den Bestimmungen des Unionsrechts erwachsen, die diesen Abgaben entgegenstehen. Der Mitgliedstaat ist also grundsätzlich verpflichtet, unter Verstoß gegen das Unionsrecht erhobene Abgaben zu erstatten (vgl. Urteile vom 9. November 1983, San Giorgio, 199/82, Slg. 1983, 3595, Randnr. 12, vom 28. Januar 2010, Direct Parcel Distribution Belgium, C‑264/08, Slg. 2010, I‑731, Randnr. 45, und vom 6. September 2011, Lady & Kid u. a., C‑398/09, Slg. 2011, I‑0000, Randnr. 17).

21      Als Ausnahme vom Grundsatz der Erstattung nicht mit dem Unionsrecht vereinbarer Abgaben kann jedoch die Rückzahlung einer rechtsgrundlos erhobenen Abgabe nur abgelehnt werden, wenn sie zu einer ungerechtfertigten Bereicherung der Berechtigten führen würde, also wenn feststeht, dass die zur Zahlung dieser Abgaben herangezogene Person sie tatsächlich auf den Abnehmer abgewälzt hat (vgl. in diesem Sinne Urteil Lady & Kid u. a., Randnrn. 18 und 20).

22      Unter diesen Umständen hat nämlich nicht der Abgabenpflichtige die Last der ohne Rechtsgrund erhobenen Abgabe getragen, sondern der Abnehmer, auf den die Last abgewälzt worden ist. Würde man daher dem Abgabenpflichtigen den Abgabenbetrag erstatten, den er bereits auf den Abnehmer abgewälzt hat, käme dies einer Doppelzahlung an ihn gleich, die als ungerechtfertigte Bereicherung angesehen werden kann, ohne dass damit die Folgen der Rechtswidrigkeit der Abgabe für den Abnehmer beseitigt wären (Urteile vom 14. Januar 1997, Comateb u. a., C‑192/95 bis C‑218/95, Slg. 1997, I‑165, Randnr. 22, sowie Lady & Kid u. a., Randnr. 19).

23      Somit erweist es sich, dass der Anspruch auf Rückzahlung der rechtsgrundlos gezahlten Beträge die Folgen der Unvereinbarkeit der Abgabe mit dem Unionsrecht dadurch beheben soll, dass die mit dieser Abgabe zu Unrecht auferlegte wirtschaftliche Belastung des Wirtschaftsteilnehmers, der sie letztlich tatsächlich getragen hat, neutralisiert wird.

24      Nach dieser Feststellung ist noch darauf hinzuweisen, dass es nach ständiger Rechtsprechung in Ermangelung einer Unionsregelung für die Erstattung von Abgaben Sache der innerstaatlichen Rechtsordnung der einzelnen Mitgliedstaaten ist, die Voraussetzungen zu regeln, unter denen eine solche Erstattung verlangt werden kann; diese Voraussetzungen müssen allerdings den Grundsätzen der Gleichwertigkeit und der Effektivität entsprechen (vgl. Urteile vom 6. Oktober 2005, MyTravel, C‑291/03, Slg. 2005, I‑8477, Randnr. 17, und vom 15. März 2007, Reemtsma Cigarettenfabriken, C‑35/05, Slg. 2007, I‑2425, Randnr. 37).

25      Insoweit gebietet unter Berücksichtigung des Zwecks des Anspruchs auf Rückzahlung rechtsgrundlos gezahlter Beträge, wie er in Randnr. 23 des vorliegenden Urteils dargestellt worden ist, die Beachtung des Grundsatzes der Effektivität, dass die Voraussetzungen für die Geltendmachung dieses Anspruchs von den Mitgliedstaaten nach dem Grundsatz der Verfahrensautonomie so festgelegt werden, dass die wirtschaftliche Belastung, zu der die nicht geschuldete Abgabe geführt hat, neutralisiert werden kann.

26      Unter diesem Blickwinkel ist bereits entschieden worden, dass der Abgabenpflichtige dann Anspruch auf Erstattung der Abgabe durch die innerstaatlichen Behörden haben muss, wenn er nach dem nationalen Recht dem Endabnehmer den auf diesen abgewälzten Abgabenbetrag erstatten muss (vgl. Urteil Comateb u. a., Randnr. 24). Ebenso beachtet ein nationales Rechtssystem, in dem der Dienstleistungserbringer, der die Mehrwertsteuer irrtümlich an die Steuerbehörden entrichtet hat, deren Erstattung verlangen und der Dienstleistungsempfänger gegen ihn eine zivilrechtliche Klage auf Rückzahlung der nicht geschuldeten Leistung erheben kann, den Grundsatz der Effektivität, da es dem Dienstleistungsempfänger, der mit der irrtümlich in Rechnung gestellten Steuer belastet war, ermöglicht, die rechtsgrundlos gezahlten Beträge erstattet zu bekommen (vgl. Urteil Reemtsma Cigarettenfabriken, Randnr. 39).

27      Daraus erfolgt, dass ein Mitgliedstaat die Forderung eines Endabnehmers, auf den eine nicht geschuldete Abgabe abgewälzt worden ist, diese erstattet zu erhalten, grundsätzlich mit der Begründung zurückweisen kann, dass nicht der Endabnehmer sie an die Steuerbehörden gezahlt hat, sofern dieser, der letztlich mit dieser Abgabe belastet ist, nach dem nationalem Recht eine zivilrechtliche Klage auf Rückzahlung einer nicht geschuldeten Leistung gegen den Abgabenpflichtigen erheben kann.

28      Sollte jedoch die Erstattung durch den Abgabenpflichtigen unmöglich oder übermäßig erschwert sein, insbesondere im Fall von dessen Zahlungsunfähigkeit, würde es der Grundsatz der Effektivität gebieten, dass der Abnehmer seinen Antrag auf Erstattung unmittelbar an die Steuerbehörden richten kann und dass der Mitgliedstaat zu diesem Zweck die erforderlichen Mittel und Verfahrensmodalitäten vorsieht (vgl. Urteil Reemtsma Cigarettenfabriken, Randnr. 41).

29      Daher ist die erste Frage dahin zu beantworten, dass ein Mitgliedstaat einem Abnehmer, auf den eine nicht geschuldete Abgabe abgewälzt worden ist, deren Erstattung mit der Begründung verweigern kann, dass nicht er sie an die Steuerbehörden gezahlt hat, sofern dieser Abnehmer nach dem nationalen Recht eine zivilrechtliche Klage auf Rückzahlung der nicht geschuldeten Leistung gegen den Abgabenpflichtigen erheben kann und die Erstattung der nicht geschuldeten Abgabe durch den Abgabenpflichtigen nicht praktisch unmöglich oder übermäßig erschwert wird.

 Zur zweiten Frage

30      Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob ein Mitgliedstaat die Schadensersatzforderung eines Unternehmens, auf das vom Abgabenpflichtigen eine nicht geschuldete Abgabe abgewälzt worden ist, mit der Begründung zurückweisen kann, dass ein unmittelbarer Kausalzusammenhang zwischen der Erhebung dieser Abgabe durch den Staat und dem Schaden dieses Unternehmens von vornherein ausgeschlossen ist.

31      Damit fordert das vorlegende Gericht den Gerichtshof auf, klarzustellen, ob die freie Entscheidung des Abgabenpflichtigen, die nicht geschuldete Abgabe auf eine nachgelagerte Stufe abzuwälzen, als Bruch des unmittelbaren Kausalzusammenhangs zwischen der Handlung des Mitgliedstaats und dem Schaden, der dem Abnehmer entstanden ist, betrachtet werden kann.

32      Zunächst ist zu beachten, dass es nicht Sache des Gerichtshofs ist, die von den Klägerinnen des Ausgangsverfahrens beim vorlegenden Gericht erhobenen Klagen rechtlich als Forderung nach Erstattung nicht geschuldeter Abgaben oder als Schadensersatzforderung zu qualifizieren (vgl. Urteile vom 8. März 2001, Metallgesellschaft u. a., C‑397/98 und C‑410/98, Slg. 2001, I‑1727, Randnr. 81, und vom 12. Dezember 2006, Test Claimants in the FII Group Litigation, C‑446/04, Slg. 2006, I‑11753, Randnr. 201), und dass eine Schadensersatzklage neben einer Klage auf Rückzahlung nicht geschuldeter Beträge erhoben werden kann (vgl. in diesem Sinne Urteil Comateb u. a., Randnr. 34).

33      Ferner ist darauf hinzuweisen, dass die Geschädigten wegen Verletzung des Unionsrechts durch einen Mitgliedstaat einen Entschädigungsanspruch haben, wenn drei Voraussetzungen erfüllt sind: Die unionsrechtliche Norm, gegen die verstoßen worden ist, bezweckt die Verleihung von Rechten an die Geschädigten, der Verstoß gegen diese Norm ist hinreichend qualifiziert, und zwischen diesem Verstoß und dem den Geschädigten entstandenen Schaden besteht ein unmittelbarer Kausalzusammenhang (vgl. Urteile vom 26. Januar 2010, Transportes Urbanos y Servicios Generales, C‑118/08, Slg. 2010, I‑635, Randnr. 30, und vom 9. Dezember 2010, Combinatie Spijker Infrabouw De Jonge Konstruktie u. a., C‑568/08, Slg. 2010, I‑0000, Randnr. 87).

34      In Bezug auf das Erfordernis eines unmittelbaren Kausalzusammenhangs hat nach ständiger Rechtsprechung das nationale Gericht grundsätzlich zu prüfen, ob sich der behauptete Schaden mit hinreichender Unmittelbarkeit aus dem Verstoß des Mitgliedstaats gegen das Unionsrecht ergibt (vgl. Urteile vom 5. März 1996, Brasserie du pêcheur und Factortame, C‑46/93 und C‑48/93, Slg. 1996, I‑1029, Randnr. 65, vom 13. März 2007, Test Claimants in the Thin Cap Group Litigation, C‑524/04, Slg. 2007, I‑2107, Randnr. 122, und vom 17. April 2007, AGM-COS.MET, C‑470/03, Slg. 2007, I‑2749, Randnr. 83).

35      Der Gerichtshof kann jedoch, um dem vorlegenden Gericht eine sachdienliche Antwort zu geben, alle Hinweise geben, die er für erforderlich hält (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 18. Januar 2001, Stockholm Lindöpark, C‑150/99, Slg. 2001, I‑493, Randnr. 38, und vom 18. Juni 2009, Stadeco, C‑566/07, Slg. 2009, I‑5295, Randnr. 43).

36      Unter diesem Blickwinkel ist festzustellen, dass in einem nationalen Rechtssystem wie dem im Ausgangsverfahren in Rede stehenden, in dem ein unmittelbarer Kausalzusammenhang nur zwischen der Erhebung einer nicht geschuldeten Abgabe durch den Staat und dem Schaden, der dem Abgabenpflichtigen entstanden ist, festgestellt werden kann, das Erfordernis dieses Zusammenhangs nicht so aufgefasst werden darf, dass die Erlangung von Schadensersatz praktisch unmöglich oder übermäßig erschwert wird.

37      Daraus folgt, dass ein solches nationales Rechtssystem grundsätzlich im Einklang mit dem Grundsatz der Effektivität steht, sofern der Abnehmer, auf den der Abgabenpflichtige die Belastung mit dieser Abgabe abgewälzt hat, nach dem nationalen Recht seine Klage auf Ersatz des ihm hierdurch entstandenen Schadens gegen diesen Abgabenpflichtigen richten kann.

38      Entsprechend dem in Randnr. 28 des vorliegenden Urteils Ausgeführten würde jedoch, sollte der Ersatz des Schadens, der dem Abnehmer, der die wirtschaftliche Belastung mit der auf ihn abgewälzten nicht geschuldeten Abgabe getragen hat, entstanden ist, durch den Abgabenpflichtigen unmöglich oder übermäßig erschwert werden, insbesondere im Fall der Zahlungsunfähigkeit des Abgabenpflichtigen, es der Grundsatz der Effektivität gebieten, dass dieser Abnehmer seinen Antrag auf Erstattung unmittelbar an den Staat richten kann, ohne dass dieser ihm das Fehlen eines unmittelbaren Kausalzusammenhangs zwischen der Erhebung der nicht geschuldeten Abgabe und dem ihm entstandenen Schaden entgegenhalten könnte.

39      Daher ist die zweite Frage dahin zu beantworten, dass ein Mitgliedstaat die Schadensersatzforderung eines Abnehmers, auf den der Abgabenpflichtige eine nicht geschuldete Abgabe abgewälzt hat, mit der Begründung zurückweisen kann, dass ein unmittelbarer Kausalzusammenhang zwischen der Erhebung dieser Abgabe und dem entstandenen Schaden fehlt, sofern der Abnehmer diese Forderung nach dem nationalem Recht gegen den Abgabenpflichtigen richten kann und der Ersatz des ihm entstandenen Schadens durch den Abgabenpflichtigen nicht praktisch unmöglich oder übermäßig erschwert wird.

 Kosten

40      Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Erste Kammer) für Recht erkannt:

Die Bestimmungen des Unionsrechts sind dahin auszulegen, dass

1.      ein Mitgliedstaat einem Abnehmer, auf den eine nicht geschuldete Abgabe abgewälzt worden ist, deren Erstattung mit der Begründung verweigern kann, dass nicht er sie an die Steuerbehörden gezahlt hat, sofern dieser Abnehmer nach dem nationalem Recht eine zivilrechtliche Klage auf Rückzahlung der nicht geschuldeten Leistung gegen den Abgabenpflichtigen erheben kann und die Erstattung der nicht geschuldeten Abgabe durch den Abgabenpflichtigen nicht praktisch unmöglich oder übermäßig erschwert wird;

2.      ein Mitgliedstaat die Schadensersatzforderung eines Abnehmers, auf den der Abgabenpflichtige eine nicht geschuldete Abgabe abgewälzt hat, mit der Begründung zurückweisen kann, dass ein unmittelbarer Kausalzusammenhang zwischen der Erhebung dieser Abgabe und dem entstandenen Schaden fehlt, sofern der Abnehmer diese Forderung nach dem nationalen Recht gegen den Abgabenpflichtigen richten kann und der Ersatz des ihm entstandenen Schadens durch den Abgabenpflichtigen nicht praktisch unmöglich oder übermäßig erschwert wird.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Dänisch.