Language of document : ECLI:EU:C:2016:695

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

MICHAL BOBEK

vom 15. September 2016(1)

Rechtssache C375/15

BAWAG PSK Bank für Arbeit und Wirtschaft und Österreichische Postsparkasse AG

gegen

Verein für Konsumenteninformation

(Vorabentscheidungsersuchen des Obersten Gerichtshofs [Österreich])

„Rechtsangleichung – Richtlinie 2007/64/EG – Zahlungsdienste im Binnenmarkt – Rahmenverträge – Allgemeine vorvertragliche Unterrichtung – Informationen über Änderungen der Rahmenvertragsbedingungen – Erfordernis der Mitteilung von Informationen auf einem dauerhaften Datenträger – ‚Mitteilen‘ oder ‚Zugänglichmachen‘ von Informationen – Übermittlung von Informationen über die Mailbox auf einer E-Banking-Website im Internet“






I –    Einführung

1.        Die Richtlinie 2007/64/EG über Zahlungsdienste im Binnenmarkt(2) schreibt vor, dass der Zahlungsdienstleister dem Zahlungsdienstnutzer Änderungen des Rahmenvertrags in Papierform oder auf einem anderen dauerhaften Datenträger mitteilen muss.

2.        Bei der BAWAG PSK Bank für Arbeit und Wirtschaft und Österreichische Postsparkasse AG (im Folgenden: BAWAG) handelt es sich um eine in Österreich tätige Bank. Sie bietet ihren Kunden Verträge für das E-Banking im Internet an. In ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen für solche E-Banking-Verträge verwendet die BAWAG eine Vertragsklausel, wonach dem Kunden „Änderungsmitteilungen“ über die interne Mailbox ihres E-Banking-Systems im Internet übermittelt werden. Nach Ansicht des Vereins für Konsumenteninformation, eines Verbraucherverbands, steht eine solche Klausel nicht im Einklang mit der in der Richtlinie 2007/64 festgelegten Pflicht, Informationen auf einem „dauerhaften Datenträger“ zur Verfügung zu stellen.

3.        In der vorliegenden Rechtssache soll der Gerichtshof klarstellen, ob Informationen, die über eine E-Banking-Mailbox erteilt werden, im Sinne der Richtlinie 2007/64 durch einen „dauerhaften Datenträger“ „mitgeteilt“ (und nicht bloß „zugänglich gemacht“) werden. Allgemeiner wird der Gerichtshof erneut(3) ersucht, ein Gleichgewicht herzustellen zwischen einerseits den Mindestanforderungen an die Unterrichtung und den Schutz der Verbraucher und andererseits den technischen Entwicklungen aufgrund der (zweifellos auch durch Verbraucherpräferenzen verursachten) wachsenden Neigung der Wirtschaftsbeteiligten, Online- und papierlose Lösungen für die Kommunikation mit ihren Kunden einzurichten.

II – Rechtlicher Rahmen

A –    Unionsrecht

4.        Die Richtlinie 2007/64 enthält Regeln in Bezug auf die Transparenz der Vertragsbedingungen und die Informationspflichten für Zahlungsdienste(4). Diese Regeln legen die Informationspflichten der Zahlungsdienstleister gegenüber Zahlungsdienstnutzern fest, damit diese, wie es im 21. Erwägungsgrund heißt, „ein gleich hohes Maß an verständlichen Informationen … erhalten und so die Konditionen der verschiedenen Anbieter in der EU vergleichen und ihre Wahl in voller Kenntnis der Sachlage treffen können“.

5.        Gemäß dem 23. Erwägungsgrund der Richtlinie 2007/64 sollten die Informationen den Bedürfnissen der Nutzer angemessen sein und in standardisierter Form übermittelt werden. Allerdings sollten, so heißt es dort weiter, für Einzelzahlungen andere Informationspflichten gelten als für Rahmenverträge (die mehrere Zahlungsvorgänge betreffen). Im 24. Erwägungsgrund werden die Vorabinformationspflichten bei Rahmenverträgen klargestellt; außerdem wird dort anhand von Beispielen verdeutlicht, was unter einem „dauerhaften Datenträger“ zu verstehen ist. Im 25. Erwägungsgrund werden die Informationsanforderungen bei Einzelzahlungen im Gegensatz zu Rahmenverträgen dahin gehend präzisiert, dass die Informationen nicht in jedem Fall auf Papier oder einem anderen dauerhaften Datenträger gegeben werden müssen, es sei denn, dies wird vom Verbraucher verlangt.

6.        Der 27. Erwägungsgrund der Richtlinie 2007/64 unterscheidet zwischen zwei Wegen der Erteilung von Informationen durch den Zahlungsdienstleister: „Entweder sollte die Information mitgeteilt, d. h. vom Zahlungsdienstleister zu dem in dieser Richtlinie geforderten Zeitpunkt von sich aus übermittelt werden, ohne dass der Zahlungsdienstnutzer sie ausdrücklich anfordern muss, oder die Information sollte dem Zahlungsdienstnutzer unter Berücksichtigung seine[s] etwaigen Ersuchens um nähere Informationen zugänglich gemacht werden.“ Des Weiteren werden in diesem Erwägungsgrund anhand von Beispielen weitere Fälle dargestellt, in denen Informationen „zugänglich gemacht“ werden und der Verbraucher selbst aktiv werden muss, um Zugang zu ihnen zu erlangen.

7.        Art. 4 der Richtlinie 2007/64 enthält Begriffsbestimmungen. Nach Art. 4 Nr. 12 bezeichnet der Begriff „‚Rahmenvertrag‘ einen Zahlungsdienstvertrag, der die zukünftige Ausführung einzelner und aufeinanderfolgender Zahlungsvorgänge regelt und die Verpflichtung zur Einrichtung eines Zahlungskontos und die entsprechenden Bedingungen enthalten kann“. Gemäß Art. 4 Nr. 25 bezeichnet der Begriff „‚dauerhafter Datenträger‘ jedes Medium, das es dem Zahlungsdienstnutzer gestattet, an ihn persönlich gerichtete Informationen derart zu speichern, dass er sie in der Folge für eine für die Zwecke der Informationen angemessene Dauer einsehen kann, und das die unveränderte Wiedergabe gespeicherter Informationen ermöglicht“.

8.        Titel III („Transparenz der Vertragsbedingungen und Informationspflichten für Zahlungsdienste“) der Richtlinie 2007/64 enthält in seinem Kapitel 2 die Bestimmungen für „Einzelzahlungen“ (Art. 35 bis 39). In Kapitel 3 finden sich die Bestimmungen, die auf „Rahmenverträge“ anwendbar sind (Art. 40 bis 48).

9.        Der für „Rahmenverträge“ geltende Art. 41 („Allgemeine vorvertragliche Unterrichtung“) der Richtlinie 2007/64 lautet:

„(1)      Die Mitgliedstaaten schreiben vor, dass der Zahlungsdienstleister dem Zahlungsdienstnutzer rechtzeitig die Informationen und Vertragsbedingungen gemäß Artikel 42 in Papierform oder auf einem anderen dauerhaften Datenträger mitteilt, bevor der Zahlungsdienstnutzer durch einen Rahmenvertrag oder ein Vertragsangebot gebunden ist. Die Informationen und Vertragsbedingungen sind in einer Amtssprache des Mitgliedstaats, in dem der Zahlungsdienst angeboten wird, oder in einer anderen zwischen den Parteien vereinbarten Sprache klar und verständlich abzufassen.

…“

10.      Art. 44 der Richtlinie 2007/64 betrifft Änderungen der Rahmenvertragsbedingungen. Art. 44 Abs. 1 Unterabs. 1 lautet: „Der Zahlungsdienstleister schlägt Änderungen des Rahmenvertrags sowie der in Artikel 42 genannten Informationen und Vertragsbedingungen in der in Artikel 41 Absatz 1 vorgesehenen Weise spätestens zwei Monate vor dem geplanten Zeitpunkt ihrer Anwendung vor.“ Art. 44 Abs. 1 Unterabs. 2 bestimmt: „Sofern dies gemäß Artikel 42 Nummer 6 Buchstabe a vereinbart wurde, muss der Zahlungsdienstleister den Zahlungsdienstnutzer davon in Kenntnis setzen, dass seine Zustimmung zu den Änderungen als erteilt gilt, wenn er dem Zahlungsdienstleister seine Ablehnung nicht vor dem vorgeschlagenen Zeitpunkt des Inkrafttretens der geänderten Bedingungen angezeigt hat. In diesem Fall weist der Zahlungsdienstleister auch darauf hin, dass der Zahlungsdienstnutzer das Recht hat, den Rahmenvertrag vor dem vorgeschlagenen Tag der Anwendung der Änderungen kostenlos fristlos zu kündigen.“

B –    Österreichisches Recht

11.      Die Richtlinie 2007/64 wurde durch das Bundesgesetz über die Erbringung von Zahlungsdiensten (Zahlungsdienstegesetz, BGBl I Nr. 66/2009) in österreichisches Recht umgesetzt. § 26 dieses Gesetzes lautet:

„(1)      Der Zahlungsdienstleister hat dem Zahlungsdienstnutzer rechtzeitig, bevor der Zahlungsdienstnutzer durch einen Vertrag oder ein Vertragsangebot gebunden ist, die Informationen und Vertragsbedingungen

1.      im Fall eines Rahmenvertrages gemäß § 28 in Papierform oder, sofern der Zahlungsdienstnutzer damit einverstanden ist, auf einem anderen dauerhaften Datenträger mitzuteilen …

…“

12.      § 29 des Zahlungsdienstegesetzes betrifft Änderungen des Rahmenvertrags und hat folgenden Wortlaut:

„(1)      Der Zahlungsdienstleister hat

1.      dem Zahlungsdienstnutzer Änderungen des Rahmenvertrages spätestens zwei Monate vor dem geplanten Zeitpunkt ihrer Anwendung in der in § 26 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 vorgesehenen Weise vorzuschlagen und,

2.      sofern eine Vereinbarung gemäß § 28 Abs. 1 Z 6 lit. a getroffen wurde, darauf hinzuweisen,

a)      dass die Zustimmung des Zahlungsdienstnutzers zu den Änderungen als erteilt gilt, wenn er dem Zahlungsdienstleister seine Ablehnung nicht vor dem vorgeschlagenen Zeitpunkt der Anwendung der Änderungen angezeigt hat, und

b)      dass der Zahlungsdienstnutzer das Recht hat, den Rahmenvertrag vor dem Inkrafttreten der Änderungen kostenlos fristlos zu kündigen.“

III – Ausgangsrechtsstreit, Vorlagefragen und Verfahren vor dem Gerichtshof

13.      Die BAWAG verwendet für Kundenverträge über Bankdienstleistungen vorformulierte Verträge mit Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Die im Ausgangsverfahren streitige Vertragsklausel betrifft insbesondere die Teilnahme der Kunden am E-Banking-System der BAWAG im Internet. Sie lautet wie folgt:

„Mitteilungen und Erklärungen (insbesondere Kontonachrichten, Kontoauszüge, Kreditkartenabrechnungen, Änderungsmitteilungen etc.), die die Bank dem Kunden zu übermitteln oder zugänglich zu machen hat, erhält der Kunde, der E-Banking vereinbart hat, per Post oder durch Abrufbarkeit oder Übermittlung elektronisch im Wege des BAWAG P.S.K. E-Bankings.“

14.      Die Kommunikation über das in Rede stehende E-Banking-System geht nach Darstellung des vorlegenden Gerichts wie folgt vonstatten: Im Rahmen ihres E-Banking-Systems richtet die BAWAG für jeden Kunden eine Mailbox ein. Auf diese können die Kunden durch Einloggen mit ihrem persönlichen Passwort auf der E-Banking-Website zugreifen. Elektronische Nachrichten werden dann von der Bank an die Mailbox übermittelt. Ergänzende Mitteilungen, wie etwa Nachrichten an die private E‑Mail-Adresse des Kunden, mit denen dieser darüber informiert wird, dass eine Nachricht an die E-Banking-Mailbox versandt worden ist, erfolgen nicht.

15.      Im Ausgangsverfahren erhob der Verein für Konsumenteninformation Klage mit dem Antrag, der BAWAG die Aufnahme der streitigen Vertragsklausel in die Verträge, die sie mit ihren Kunden schließt, und die Anwendung der Klausel auf diese Kunden zu untersagen. Die Klage hatte in der ersten Instanz Erfolg; auch das Berufungsgericht entschied im Sinne des Klägers. Die Vertragsklausel stelle einen Verstoß gegen die zwingenden Vorschriften des § 26 Abs. 1 Z 1 in Verbindung mit § 29 Abs. 1 Z 1 des Zahlungsdienstegesetzes dar. Die BAWAG legte Revision beim Obersten Gerichtshof (Österreich) ein. In diesem Kontext hat der Oberste Gerichtshof das Verfahren ausgesetzt und folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1.      Ist Art. 41 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 36 Abs. 1 der Richtlinie 2007/64 dahin auszulegen, dass eine Information (in elektronischer Form), die von der Bank an die E‑Mail-Box des Kunden im Rahmen des Online-Banking (E-Banking) übermittelt wird, so dass der Kunde diese Information nach dem Einloggen auf der E-Banking-Website durch Anklicken abrufen kann, dem Kunden auf einem dauerhaften Datenträger mitgeteilt wird?

2.      Wenn Frage 1 verneint wird:

Ist Art. 41 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 36 Abs. 1 der Richtlinie 2007/64 dahin auszulegen, dass in einem solchen Fall

a)      die Information von der Bank zwar auf einem dauerhaften Datenträger zur Verfügung gestellt, aber nicht dem Kunden mitgeteilt, sondern diesem nur zugänglich gemacht wird, oder

b)      es sich überhaupt nur um ein Zugänglichmachen der Information ohne Verwendung eines dauerhaften Datenträgers handelt?

16.      Das Vorabentscheidungsersuchen ist am 15. Juli 2015 beim Gerichtshof eingegangen. Die BAWAG, der Verein für Konsumenteninformation, die italienische und die polnische Regierung sowie die Europäische Kommission haben schriftliche Erklärungen eingereicht. Am 30. Juni 2016 hat eine Sitzung stattgefunden, in der der Verein für Konsumenteninformation, die BAWAG und die Kommission mündlich verhandelt haben.

IV – Würdigung

A –    Vorbemerkungen

17.      Vor der inhaltlichen Würdigung der vom Obersten Gerichtshof (Österreich) gestellten Fragen bedürfen drei Punkte der Klarstellung.

1.      Einschlägige Bestimmungen der Richtlinie 2007/64

18.      Erstens ist, auch wenn das vorlegende Gericht in seinen Fragen auf Art. 41 Abs. 1 der Richtlinie 2007/64 „in Verbindung mit“ deren Art. 36 Abs. 1 abstellt, lediglich die erstgenannte Bestimmung für die vorliegende Rechtssache unmittelbar relevant.

19.      Den Angaben im Vorabentscheidungsersuchen lässt sich entnehmen, dass die hier in Rede stehende Vertragsklausel in einer E‑Banking‑Vereinbarung enthalten ist. Die E-Banking-Vereinbarung wird ergänzend zu einem Rahmenvertrag geschlossen. Somit betrifft die streitige Vertragsklausel die Mitteilung von Informationen nach Maßgabe eines Rahmenvertrags. Folglich ist Art. 36 Abs. 1 der Richtlinie 2007/64, der ausschließlich für Einzelzahlungen, d. h. nicht von einem Rahmenvertrag erfasste Zahlungen, gilt, auf den vorliegenden Fall nicht unmittelbar anwendbar.

20.      Gleichwohl ist Art. 36 Abs. 1 für die systematische Auslegung der Richtlinie insgesamt von Bedeutung. Die Bestimmung regelt die Art und Weise, in der Informationen über Einzelzahlungen zugänglich zu machen sind; sie unterscheidet sich ausdrücklich von der Art und Weise, in der die Informationen bei Rahmenverträgen mitgeteilt werden müssen. Die Bezugnahme auf Art. 36 Abs. 1 in den Fragen des vorlegenden Gerichts ist daher als ein Ersuchen um Auslegung des Verhältnisses zwischen beiden Bestimmungen zu verstehen, da diese die Informationsanforderungen regelnden Vorschriften – Art. 36 und Art. 41 – nach der Systematik der Richtlinie miteinander verknüpft sind.

21.      Zweitens liegt auf der Hand, dass die streitige Vertragsklausel – aus dem Blickwinkel der Richtlinie 2007/64 – auf eine Reihe recht unterschiedlicher Elemente Bezug nimmt, und zwar auf „Mitteilungen und Erklärungen (insbesondere Kontonachrichten, Kontoauszüge, Kreditkartenabrechnungen, Änderungsmitteilungen etc.) …“. Wie jedoch in den beim Gerichtshof eingereichten schriftlichen und mündlichen Erklärungen bestätigt worden ist, geht es vorliegend allein um das zuletzt genannte Element, also um Änderungsmitteilungen; dabei handelt es sich um das einzige Element, das zu Änderungen von Rahmenverträgen führen kann.

22.      Die für Änderungen von Rahmenverträgen maßgebende Bestimmung der Richtlinie 2007/64 ist Art. 44. Nach Art. 44 Abs. 1 schlägt „[d]er Zahlungsdienstleister … Änderungen des Rahmenvertrags … in der in Artikel 41 Absatz 1 vorgesehenen Weise … vor“. Ich gelange daher zu dem Ergebnis, dass im vorliegenden Fall die Art. 41 Abs. 1 und 44 Abs. 1 der Richtlinie 2007/64 relevant sind.

2.      Formulierung der gestellten Fragen

23.      Nach der Formulierung des Vorlagebeschlusses im vorliegenden Fall ist davon auszugehen, dass ein Zusammenhang zwischen der Art des für die Kommunikation verwendeten Trägers und dem Weg besteht, auf dem Informationen kommuniziert werden. Bedeutet der Umstand, dass ein dauerhafter Datenträger existiert, zwangsläufig auch, dass die Informationen „mitgeteilt“ werden? Falls die Informationen nicht auf einem dauerhaften Datenträger kommuniziert werden, werden sie dann lediglich „zugänglich gemacht“?

24.      Meines Erachtens sind diese beiden Elemente – die Art des für die Kommunikation verwendeten Trägers und der Weg, auf dem Informationen kommuniziert werden – getrennt zu prüfen. Das Medium ist zu trennen von dem Weg, auf dem Informationen geliefert werden.

25.      Die Richtlinie 2007/64 enthält keinen Anhaltspunkt dafür, dass der für Informationen verwendete Träger und der Weg der Informationsübermittlung Hand in Hand gehen müssen. Im Gegenteil: In verschiedenen Erwägungsgründen der Richtlinie wird erläutert, dass es sich um zwei verschiedene Fragen handelt. Im 24. Erwägungsgrund wird unter Nennung von Beispielen dargelegt, was unter einem „dauerhaften Datenträger“ zu verstehen ist. Der 27. Erwägungsgrund bezeichnet die beiden in der Richtlinie vorgesehenen Wege für die Kommunikation von Informationen („Mitteilen“ und „Zugänglichmachen“). Denkbar sind daher Fälle, in denen Informationen, selbst wenn sie sich auf einem „dauerhaften Datenträger“ befinden, dem Verbraucher nicht wirksam „mitgeteilt“, sondern lediglich „zugänglich gemacht“ werden, wie dies in verschiedenen Bestimmungen der Richtlinie beispielhaft zum Ausdruck kommt(5).

26.      Deshalb lassen sich die beiden Fragen des vorlegenden Gerichts vereinfachen und wie folgt umformulieren: 1. Handelt es sich bei den Informationen in der E-Banking-Mailbox um Informationen auf einem „dauerhaften Datenträger“? und 2. Werden diese Informationen von der Bank „mitgeteilt“ (und nicht nur „zugänglich gemacht“)?

3.      Sachverhaltsdarstellung durch das nationale Gericht

27.      Nach den Feststellungen des vorlegenden Gerichts ist für das vorliegende Verfahren davon auszugehen, dass die von der Bank über ihr E-Banking-System an die E-Banking-Mailbox der Kunden übermittelten elektronischen Nachrichten nicht verändert werden können. Sie werden während eines für die Zwecke der Information angemessenen Zeitraums von der Bank nicht gelöscht. Die Information kann auf dieselbe Art und Weise konsultiert und reproduziert (elektronisch wiedergegeben bzw. ausgedruckt) werden. Der Kunde kann die Nachrichten verwalten und auch löschen.

28.      Diese Darstellung wird allerdings vom Verein für Konsumenteninformation bestritten. Seiner Ansicht nach nimmt das vorlegende Gericht bereits eine rechtliche Würdigung der Tatsachen vor.

29.      Nach ständiger Rechtsprechung beruht das Verfahren nach Art. 267 AEUV auf einer klaren Aufgabentrennung zwischen den nationalen Gerichten und dem Gerichtshof. Die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts des Ausgangsrechtsstreits ist allein Sache des nationalen Gerichts(6).

30.      Im vorliegenden Fall hat das vorlegende Gericht die Merkmale des in Rede stehenden Mailbox- und E-Banking-Systems recht eingehend geprüft. Mit der nachfolgenden Würdigung in Abschnitt B.1 der vorliegenden Schlussanträge soll daher die Tragweite des Begriffs „dauerhafter Datenträger“ in der Richtlinie 2007/64 klargestellt werden.

31.      In den beim Gerichtshof eingereichten Erklärungen werden Fragen zu den Voraussetzungen aufgeworfen, die internetbasierte Kommunikationssysteme erfüllen müssen, um als „dauerhafter Datenträger“ gelten zu können. Vor diesem Hintergrund können, auch wenn die Beurteilung der technischen Merkmale des E-Banking-Systems der BAWAG als Sachverhaltselemente allein Sache des nationalen Gerichts ist, durch die Auslegung der Definition „dauerhafter Datenträger“ in der Richtlinie 2007/64 einige sachdienliche Kriterien aufgezeigt werden.

B –    Würdigung

1.      Dauerhafter Datenträger

32.      Die materiellen Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, um einen Träger oder ein Instrument als „dauerhaften Datenträger“ qualifizieren zu können, finden sich in der Begriffsbestimmung in Art. 4 Nr. 25 der Richtlinie 2007/64: a) Der Datenträger muss es ermöglichen, an den Kunden persönlich gerichtete Informationen derart zu speichern, dass er sie in der Folge für eine angemessene Dauer einsehen kann, und b) er muss die unveränderte Wiedergabe gespeicherter Informationen gewährleisten.

33.      Dieselben Kriterien finden sich auch in mehreren anderen Rechtsakten des abgeleiteten Unionsrechts, in denen der Begriff „dauerhafter Datenträger“ verwendet wird. Dieser erstmals in der Richtlinie 97/7/EG über Vertragsabschlüsse im Fernabsatz(7) enthaltene Begriff bezeichnet eine Alternative zu Papier als Informationsträger bzw. ‑medium. Die Richtlinie 97/7 enthielt zwar keine Definition des Begriffs „dauerhafter Datenträger“, doch hat der Gerichtshof das einheitliche Verständnis dieses Begriffs im Unionsrecht durch Heranziehung der vom Unionsgesetzgeber in anderen Rechtstexten angegebenen Definitionsmerkmale des Begriffs „dauerhafter Datenträger“ bestätigt(8). Die oben in Nr. 32 genannten Definitionsmerkmale finden sich auch in anschließenden Bestimmungen des abgeleiteten Rechts(9) und in Durchführungsvorschriften(10).

34.      Die Kernelemente der Definition – Speicherbarkeit und Reproduzierbarkeit – finden sich auch in anderen Rechtsakten, in denen der Begriff „dauerhafter Datenträger“ nicht ausdrücklich verwendet wird, etwa in der Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen Geschäftsverkehr(11).

a)      Dauerhafte Datenträger und das Internet

35.      Die Einführung des Begriffs „dauerhafter Datenträger“ und die Elemente seiner Definition zeugen vom Willen des Unionsgesetzgebers, das Spannungsverhältnis aufzulösen, das zwischen i) dem Erfordernis, sich der Entwicklung der Technologie, die den Geschäftsverkehr über das Internet beschleunigt, und anderer elektronischer Kommunikationsmittel anzupassen, und ii) dem Schutz der Verbraucherrechte durch Verbraucheraufklärung besteht. Durch die Gleichstellung von Papier als Träger mit anderen „dauerhaften Datenträgern“ in bestimmten Fällen trägt das Unionsrecht der technologischen Entwicklung und den wirtschaftlichen Interessen sowohl der Verbraucher als auch der Dienstleister an einem Wegfall von Papier als Träger Rechnung.

36.      Gleichzeitig soll aber mit den Definitionsmerkmalen des Begriffs „dauerhafter Datenträger“ – Speicherbarkeit und unveränderte Wiedergabe – der Schutz der Verbraucher als der schutzbedürftigeren Partei bei Vertragsverhältnissen dadurch erreicht werden, dass ein nur vorübergehender Erhalt der Verbraucherinformationen(12) und deren einseitige Änderung durch die Dienstleister verhindert werden. Diese Merkmale gewährleisten, wie es Generalanwalt Mengozzi formuliert hat, „dass die Informationen der Kontrolle des Kunden, nicht aber der Kontrolle desjenigen unterliegen, der sie erteilt hat“(13).

37.      Trotz der verhältnismäßig klaren Definition des Begriffs „dauerhafter Datenträger“ ist in der vorliegenden Rechtssache streitig, ob über eine E-Banking-Mailbox übermittelte Nachrichten die oben in Nr. 32 dargelegten Merkmale eines „dauerhaften Datenträgers“ erfüllen.

38.      Zunächst können nach Ansicht des Vereins für Konsumenteninformation E‑Mails und Websites im Internet nicht als „dauerhafte Datenträger“ eingestuft werden, da sie kein körperliches Speicherinstrument darstellen können.

39.      Diesem Argument kann meines Erachtens nicht gefolgt werden.

40.      Nunmehr steht fest, dass der Begriff „dauerhafter Datenträger“ flexibel definiert wird. Der Gerichtshof hat ihn als der Papierform „funktional gleichwertig“ bezeichnet(14) und ihn damit von jeder Vorgabe hinsichtlich der Gestalt des Informationsträgers gelöst.

41.      Außerdem spricht die Bezugnahme in Art. 4 Nr. 25 der Richtlinie 2007/64 auf „jedes Medium“ dafür, dass der Begriff „dauerhafter Datenträger“ weit zu verstehen ist und a priori keine bestimmte Kommunikationsform ausschließt.

42.      Der Begriff „dauerhafter Datenträger“ ist daher unabhängig von der physischen Struktur oder den Hardware-Eigenschaften eines Mediums oder Trägers. Er knüpft vielmehr an die funktionalen Merkmale an, die für seine Wirkungsweise bestimmend sind und es ihm ermöglichen, die Erfordernisse der Speicherbarkeit und der unveränderten Wiedergabe im Sinne von Art. 4 Nr. 25 der Richtlinie zu erfüllen. Solange also diese Bedingungen erfüllt sind, kann sich die tatsächliche Art und Form eines „dauerhaften Datenträgers“ mit der Entwicklung der technischen Möglichkeiten im Laufe der Zeit verändern.

43.      Zugegebenermaßen zeigt die Entwicklung der Unionsvorschriften in der Frage, ob internetbasierte Kommunikation die Voraussetzungen für „dauerhafte Datenträger“ erfüllen kann, einen gewissen Grad der Unsicherheit. So lässt sich dem 20. Erwägungsgrund der Richtlinie 2002/65 und Art. 2 Nr. 12 der Richtlinie 2002/92 eine gewisse Zurückhaltung gegenüber dem Internet entnehmen, denn dort heißt es, dass Internet-Websites nicht zu den „dauerhaften Datenträgern“ gehören, es sei denn, sie entsprechen den in der Definition enthaltenen Kriterien.

44.      Im 23. Erwägungsgrund der Richtlinie 2011/83 werden E‑Mails jedoch zu den Beispielen für dauerhafte Datenträger gezählt. Zudem wurde in der Richtlinie 2007/64 die zurückhaltende Einstellung gegenüber Internet-Websites wohl aufgegeben. In ihrem 24. Erwägungsgrund sind als Beispiel für „dauerhafte Datenträger“ nunmehr ausdrücklich Websites genannt, die „für einen dem Zweck der Information angemessenen Zeitraum konsultiert und unverändert reproduziert werden können“.

45.      Die Qualifizierung einer Internet-Website als „dauerhafter Datenträger“ aufgrund ihrer funktionalen Eigenschaften ist schließlich auch vom EFTA-Gerichtshof im Urteil Inconsult Anstalt/Finanzmarktaufsicht(15) im Kontext einer Rechtssache bestätigt worden, in der es um die Auslegung des Begriffs „dauerhafter Datenträger“ in der Richtlinie 2002/92 ging. Dort hat der EFTA-Gerichtshof entschieden, dass „gewöhnliche“ Websites nicht den Anforderungen entsprächen, um als „dauerhafter Datenträger“ angesehen werden zu können(16), während dies bei „fortgeschrittenen“ Websites durchaus der Fall sein könne, wenn sie die in der einschlägigen Definition vorgesehenen Anforderungen erfüllten(17).

46.      An dieser Stelle ist also festzuhalten, dass die Einstufung internetbasierter Kommunikationssysteme als „dauerhafte Datenträger“ nicht per se ausgeschlossen ist. Voraussetzung ist jedoch, dass ihre Funktionalität und ihr Betrieb den in Nr. 32 der vorliegenden Schlussanträge dargelegten Anforderungen von Art. 4 Nr. 25 der Richtlinie 2007/64 entsprechen.

b)      „E-Banking-Mailbox“ als dauerhafter Datenträger

47.      Die BAWAG und die Kommission sind der Auffassung, dass angesichts der Angaben im Vorabentscheidungsersuchen die in Rede stehende E-Banking-Mailbox den Anforderungen von Art. 4 Nr. 25 der Richtlinie entspreche.

48.      Der Verein für Konsumenteninformation macht dagegen geltend, dass das in Rede stehende E‑Banking-System die vorgenannten Anforderungen nicht erfülle, da der Server, auf dem sich die Mailbox befinde, von der BAWAG selbst verwaltet werde. Es sei daher nicht gewährleistet, dass die in der Mailbox gespeicherten Informationen unverändert blieben. Außerdem sei der Dienstleister in der Lage, den Zugang für Nutzer zu sperren. Im gleichen Sinne vertritt die polnische Regierung die Ansicht, dass sich E‑Mails von den im Wege des E‑Banking übermittelten Nachrichten unterschieden, da der Zahlungsdienstleister bei Letzteren in der Regel insbesondere nach Vertragsende die Möglichkeit habe, sie einseitig zu ändern oder den Zugang zu ihnen zu sperren, so dass eine unveränderte Wiedergabe der Informationen nicht gewährleistet sei.

49.      Meines Erachtens hängt die Antwort auf die Frage, ob eine E‑Banking‑Mailbox als „dauerhafter Datenträger“ angesehen werden kann, von der Erfüllung der in Art. 4 Nr. 25 der Richtlinie 2007/64 festgelegten Voraussetzungen ab, was das nationale Gericht im Licht der vom Gerichtshof aufgestellten Auslegungskriterien zu beurteilen hat.

50.      Das Urteil Content Services des Gerichtshofs ist dabei von begrenztem Nutzen. Darin hat der Gerichtshof im Kontext der Richtlinie 97/7 entschieden, dass Informationen, die dem Verbraucher nur über einen Hyperlink auf einer Website übermittelt würden, nicht als „dauerhafter Datenträger“ im Sinne von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie angesehen werden könnten(18). Allerdings war der Gerichtshof nicht mit dem Fall befasst, in dem eine Website gewährleistet, dass der Verbraucher Informationen speichern, auf sie zugreifen und sie wiedergeben kann(19). Um einen solchen Fall ging es jedoch im Urteil Inconsult Anstalt/Finanzmarktaufsicht des EFTA-Gerichtshofs(20).

51.      Anknüpfend an den Ansatz des EFTA-Gerichtshofs im Urteil Inconsult Anstalt/Finanzmarktaufsicht bin ich der Meinung, dass verschiedene Arten technischer Vorkehrungen wie internetbasierte Mailbox-Systeme je nach ihren Merkmalen und Funktionalitäten die Anforderungen an „dauerhafte Datenträger“ erfüllen können.

52.      Ohne eine erschöpfende Aufzählung geben oder das Spektrum der bestehenden oder möglichen technischen Vorkehrungen eingrenzen zu wollen, die den Voraussetzungen von Art. 4 Nr. 25 der Richtlinie 2007/64 entsprechen könnten, sind meines Erachtens zwei Szenarien denkbar, bei denen eine E-Banking-Mailbox als „dauerhafter Datenträger“ angesehen werden könnte(21). Erstens könnte davon ausgegangen werden, dass eine E-Banking-Mailbox per se die Anforderungen an einen „dauerhaften Datenträger“ erfüllt. Zweitens könnte ein solches System als Weg zur Übermittlung elektronischer Dokumente angesehen werden, die, sofern sie in einem entsprechenden Format bereitgestellt werden, als solche „dauerhafte Datenträger“ darstellen können. In beiden Fällen lautet die entscheidende Frage, ob die Informationen für eine angemessene Dauer gespeichert werden können und ob ihre unveränderte Wiedergabe gewährleistet ist. Bei beiden Szenarien setzt das Bestehen einer „Mailbox“ jedoch einen eigenständigen abgesicherten Speicherbereich voraus, auf den die Nutzer mittels Benutzernamen und Passwort zugreifen können.

53.      Beim ersten Szenario stellt eine E-Banking-Mailbox ein System dar, das dem Zahlungsdienstleister die Übermittlung von Informationen und dem Zahlungsdienstnutzer die Speicherung und Wiedergabe der Informationen erlaubt. In diesem Fall werden jedoch die gesonderten Funktionen der Mailbox als „dauerhafter Datenträger“ einerseits und als „Speicherträger“ andererseits in erheblichem Umfang aufgehoben.

54.      Was das Erfordernis der Speicherbarkeit betrifft, müssen die Informationen während einer für die Zwecke der betreffenden Information angemessene Dauer zugänglich sein, d. h. so lange, wie sie für den Zahlungsdienstnutzer zur Wahrung seiner Interessen gegenüber dem Zahlungsdienstleister relevant sind(22). Die Dauer der Verfügbarkeit der Informationen kann daher je nach deren Inhalt und den betroffenen vertraglichen Rechten und Pflichten variieren(23). Bei Änderungen der Rahmenvertragsbedingungen kann der Zeitraum der Zugänglichkeit über die Löschung des Kontos oder die Beendigung des Vertrags hinausgehen, um dem Zahlungsdienstnutzer die Kenntnisnahme seiner vertraglichen Rechte und erforderlichenfalls die Geltendmachung von Ersatzansprüchen zu ermöglichen.

55.      Neben dem Kriterium der Speicherbarkeit der Informationen für eine angemessene Dauer muss auch das Erfordernis der „unveränderten Wiedergabe“ erfüllt sein. Unter unveränderter Wiedergabe ist zu verstehen, dass der Zahlungsdienstleister technisch keine Möglichkeit hat, Informationen nach der Übermittlung an den Nutzer einseitig zu ändern oder zu löschen(24). Infolgedessen dürfte eine Mailbox, die sich auf dem Server des Zahlungsdienstleisters befindet und von diesem verwaltet wird, wohl kaum das Erfordernis der Gewährleistung einer „unveränderten Wiedergabe“ erfüllen, da sie technisch der Kontrolle des Zahlungsdienstleisters unterliegt.

56.      Trotz der augenscheinlichen Komplexität neuer Technologien bleibt der Ausgangspunkt bemerkenswert einfach: Das grundlegende Ziel der Rechtsvorschriften über die Unterrichtung der Verbraucher bei Vertragsschluss oder ‑änderungen besteht darin, die Verbraucher auf bestimmte Weise zu unterrichten und ihnen die Möglichkeit zu geben, die Informationen in einem sicheren Format zu späteren Beweiszwecken aufzubewahren. Ohne einer der Vertragsparteien bösen Willen zu unterstellen, kann durch eine der Kontrolle des Dienstleisters unterliegende „Mailbox“ definitionsgemäß nicht sichergestellt werden, dass die Verbraucher die an diese Mailbox gelieferten Informationen in der Folge in einem sicheren Format einsehen oder nutzen können. Um eine Parallele zu „prävirtuellen“ Zeiten zu ziehen: Eine solche Mailbox ähnelt einer Situation, in der den Kunden Papierfassungen ihrer Verträge mit einer Bank ausgehändigt wurden, alle Vertragsdokumente aber zwingend in einem Archivraum in der Bank selbst aufbewahrt werden mussten. Auch wenn Papier recht dauerhaft ist, kann aus der Sicht des Kunden wohl kaum davon die Rede sein, dass er die Informationen in den archivierten Vertragsdokumenten „in der Folge … einsehen kann“ und dass ihm eine „unveränderte Wiedergabe“ im Sinne von Art. 4 Nr. 25 der Richtlinie 2007/64 ermöglicht wird.

57.      Allerdings gibt es noch das zweite oben erwähnte Szenario. Beim ersten Szenario – und ebenso in den meisten der in der vorliegenden Rechtssache eingereichten Erklärungen – hat sich die Diskussion darauf konzentriert, ob die Mailbox als solche als „dauerhafter Datenträger“ angesehen werden kann. Die Konzentration auf diese Frage mag jedoch etwas in die Irre führen. Eine Mailbox lässt sich als Portal für die Mitteilung von Informationen auffassen. Dann ist die Mailbox nicht selbst als der Informationsträger anzusehen. Mit anderen Worten: Die Mailbox eines E-Banking-Systems könnte als „Gateway“ betrachtet werden, über das die betreffenden Informationen in Form elektronischer Dokumente übermittelt werden. Bei dieser Sichtweise lautet die entscheidende Frage nicht „Welche technischen Eigenschaften weist die Mailbox auf?“, sondern „Wie sehen die individuellen Nachrichten aus, die über die Mailbox versendet werden?“.

58.      Was das Format angeht, in dem die Informationen mitzuteilen sind, so müssen die an den Kunden persönlich gerichteten Informationen in einem elektronischen Dokument erteilt werden, dessen Format die unveränderte Wiedergabe der Informationen garantiert. Ohne mögliche technische Lösungen vorab beurteilen zu wollen, könnte dies durch ein elektronisches Format gewährleistet werden, das Änderungen grundsätzlich unmöglich macht und ein hinreichendes Maß an Authentizität der Informationen garantiert, wenn der Kunde sich später möglicherweise auf sie stützt.

59.      Da die Mailbox beim zweiten Szenario den Kanal für die Übermittlung von Dokumenten darstellt, selbst aber keine Speichereinrichtung ist, muss die Möglichkeit bestehen, die elektronischen Dokumente gesondert in einer Weise zu speichern, die es dem Nutzer erlaubt, das Dokument herunterzuladen und/oder auszudrucken. Angesichts der begrifflichen Trennung zwischen der Mailbox als Gateway und der Speichereinrichtung bedeutet bei diesem Szenario das Erfordernis der Speicherbarkeit nämlich, dass die Mailbox die sie passierenden Nachrichten und die Speichermöglichkeiten dem Kunden über eine benutzerfreundliche Schnittstelle zur Kenntnis bringen muss. Wie der EFTA-Gerichtshof hervorgehoben hat, muss sie „Elemente enthalten, die den Verbraucher mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit dazu anhalten, die Informationen in Papierform zu sichern oder auf einem anderen dauerhaften Datenträger zu speichern“(25).

60.      Wurden die betreffenden Informationen in Form eines elektronischen Dokuments übermittelt, das selbst einen „dauerhaften Datenträger“ darstellt, wäre das die Dauer der Zugänglichkeit der gespeicherten Informationen betreffende Kriterium aufgrund der Möglichkeit, das elektronische Dokument auf der eigenen Festplatte des Kunden zu speichern oder einen Ausdruck in einer eigenen Akte des Kunden aufzubewahren, grundsätzlich erfüllt. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass der Zahlungsdienstleister durch die Einrichtung einer „Mailbox“ den Eindruck erweckt, dass es sich um einen eigenen Bereich mit bestimmter Speicherkapazität für den Kunden handelt. Das bedeutet, dass die Dauer der Zugänglichkeit der Nachrichten in Form elektronischer Dokumente in der Mailbox selbst für die Zwecke der betreffenden Informationen angemessen sein muss, es sei denn, dem Kunden wird klar angezeigt, dass das elektronische Dokument nur für begrenzte Zeit in der E-Banking-Mailbox gespeichert werden kann und nach Ablauf einer ausdrücklich bezeichneten gebührenden Frist entfernt wird.

61.      Somit ist meines Erachtens das Erfordernis, dass sich Informationen auf einem „dauerhaften Datenträger“ im Sinne von Art. 4 Nr. 25 der Richtlinie 2007/64 befinden müssen, erfüllt, wenn die Informationen den Kunden in einem leicht zugänglichen und sicheren Format über eine elektronische Mailbox erteilt werden und es den Kunden freisteht, mit den Informationen nach Gutdünken zu verfahren. Um diese Situation mit einem Postamt zu vergleichen: Sie entspricht de facto dem Fall, dass dem Kunden ein „Brief“ ausgehändigt wird. Wie der einzelne Kunde dann damit verfährt – ob er ihn aufbewahrt oder wegwirft –, ist allein seine Sache.

62.      Abschließend ist hinzuzufügen, dass die beiden vorstehend dargestellten Szenarien sich nicht gegenseitig ausschließen. Meines Erachtens muss auf jeden Fall mindestens eines von ihnen vorliegen, damit dem Erfordernis der Kommunikation über einen „dauerhaften Datenträger“ Genüge getan wird. Allerdings lassen sich die technischen Merkmale beider Varianten auch kombinieren. So kann z. B. ein E‑Banking‑System, bei dem die Kontrolle des Dienstnutzers über seine Mailbox gewährleistet ist und bei dem der Dienstleister keine Möglichkeit hat, den Inhalt einseitig zu ändern oder zu löschen, zugleich als Gateway fungieren, über das die betreffenden Informationen in Form elektronischer Dokumente in einem Format geliefert werden, das ihre Unveränderbarkeit und Speicherbarkeit garantiert, und als Gateway, das dem Nutzer die Speicherung des Dokuments durch Ausdrucken oder Herunterladen ermöglicht.

63.      Infolgedessen bin ich der Auffassung, dass Art. 44 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 41 Abs. 1 und Art. 4 Nr. 25 der Richtlinie 2007/64 dahin auszulegen ist, dass Informationen, die ein Zahlungsdienstleister an die E-Banking-Mailbox des Kunden übermittelt, Informationen auf einem „dauerhaften Datenträger“ darstellen, sofern die E-Banking-Mailbox es dem Zahlungsdienstnutzer ermöglicht, an ihn persönlich gerichtete Informationen so zu speichern, dass er sie in der Folge für eine für die Zwecke der Informationen angemessene Dauer einsehen kann. Sie muss außerdem die unveränderte Wiedergabe der gespeicherten Informationen erlauben und somit verhindern, dass der Dienstleister auf die Informationen zugreift, sie verändert oder löscht. Eine E-Banking-Mailbox kann außerdem einen geeigneten Kanal für die Übermittlung von Informationen in Form elektronischer Dokumente darstellen, wenn diese Dokumente selbst die Anforderungen an einen „dauerhaften Datenträger“ erfüllen und wenn ein solches System den Nutzer dazu anhält, die Dokumente mit Hilfe einer leicht zugänglichen Funktion elektronisch zu speichern und/oder auszudrucken.

2.      „Mitteilen“ oder „Zugänglichmachen“ von Informationen

64.      Sollte das nationale Gericht feststellen, dass die in Rede stehende E-Banking-Mailbox oder die darin zur Verfügung gestellten Informationen die Anforderungen erfüllen, um als „dauerhafter Datenträger“ angesehen zu werden, bleibt noch zu prüfen, ob die Informationen über „Änderungsmitteilungen“ als im Sinne von Art. 41 Abs. 1 der Richtlinie 2007/64 „mitgeteilt“ anzusehen sind.

65.      Wie bereits in Nr. 25 der vorliegenden Schlussanträge dargelegt, sieht die Richtlinie 2007/64 zwei verschiedene Regelungen für die Kommunikation vor, für die jeweils unterschiedliche Anforderungen gelten.

66.      Wie die italienische Regierung in ihren schriftlichen Erklärungen zutreffend ausgeführt hat, kommen in den unterschiedlichen Formulierungen der Art. 36 und 37 („Zugänglichmachen“ von Informationen) im Gegensatz zu den Art. 41 und 42 („Mitteilen“ von Informationen) der Richtlinie 2007/64 zwei verschiedene Standards für die Übermittlung von Informationen an Zahlungsdienstnutzer zum Ausdruck. In Fällen, in denen die Richtlinie das Verb „mitteilen“ verwendet, ist meines Erachtens eine verstärkte Informationspflicht gemeint.

67.      Informationen über Rahmenvertragsänderungen, um die es im vorliegenden Fall geht, sind in Art. 44 Abs. 1 der Richtlinie 2007/64 geregelt. In dessen Unterabs. 1 heißt es, dass der Zahlungsdienstleister Änderungen des Rahmenvertrags sowie der in Art. 42 genannten Informationen und Vertragsbedingungen in der in Art. 41 Abs. 1 vorgesehenen Weise spätestens zwei Monate vor dem geplanten Zeitpunkt ihrer Anwendung vorschlägt. Diese Informationen müssen im Sinne von Art. 41 Abs. 1 der Richtlinie „mitgeteilt“ werden.

68.      Im 27. Erwägungsgrund der Richtlinie 2007/64 finden sich aufschlussreiche Hinweise zu den Begriffen „mitteilen“ und „zugänglich machen“. Darin heißt es, dass die Informationen „mitgeteilt“ werden, wenn sie „vom Zahlungsdienstleister zu dem … geforderten Zeitpunkt von sich aus übermittelt werden, ohne dass der Zahlungsdienstnutzer sie ausdrücklich anfordern muss“.

69.      Beim „Zugänglichmachen“ von Informationen muss der Nutzer eine aktivere Rolle spielen und die Informationen vom Zahlungsdienstleister anfordern. Im 27. Erwägungsgrund der Richtlinie 2007/64 werden folgende Beispiele für das „Zugänglichmachen“ angeführt: ausdrückliches Anfordern der Informationen vom Zahlungsdienstleister, sich in die Mailbox des Bankkontos einloggen oder eine Bankkarte in den Drucker für Kontoauszüge einführen. Der Begriff „zugänglich machen“ sieht also eine aktivere Rolle des Zahlungsdienstnutzers vor, der sich an den Dienstleister wenden muss, um die Informationen zu erlangen.

70.      Soweit im 27. Erwägungsgrund als Beispiel für das „Zugänglichmachen“ von Informationen der Fall genannt wird, dass der Zahlungsdienstnutzer „sich in die Mailbox des Bankkontos einloggt“, steht dies entgegen der vom vorlegenden Gericht vertretenen Ansicht nicht im Widerspruch zum 24. Erwägungsgrund der Richtlinie, in dem Websites als mögliche „dauerhafte Datenträger“ bezeichnet werden. Dass eine E-Banking-Mailbox die Voraussetzungen erfüllen kann, um als „dauerhafter Datenträger“ angesehen zu werden, bedeutet nicht, dass die Bank dem Kunden die Informationen „mitgeteilt“ hat. Wie bereits in den Nrn. 23 bis 26 der vorliegenden Schlussanträge dargelegt, ist der Träger, auf dem die Informationen mitgeteilt werden, von dem Weg zu unterscheiden, auf dem die Informationen übermittelt werden.

71.      Die Nennung der „Mailbox des Bankkontos“ als Beispiel für Informationen, die „zugänglich gemacht“ werden, im 27. Erwägungsgrund der Richtlinie hat ihren Grund gerade in den besonderen Merkmalen der Kommunikation über E-Banking-Systeme.

72.      Nach Ansicht der BAWAG (und auch des vorlegenden Gerichts) kommt es entscheidend darauf an, wer die Initiative zur Kommunikation der Information ergriffen hat. Wenn man dieser Argumentation folgt, wurde die Information im Sinne von Art. 41 Abs. 1 der Richtlinie 2007/64 „mitgeteilt“, weil vom Zahlungsdienstleister die Initiative zur Übermittlung der Information an den Kunden mittels der E-Banking-Mailbox ausging.

73.      Ich teile diese Ansicht nicht. Meiner Meinung nach ist die ursprüngliche Initiative weder der einzige noch der ausschlaggebende Faktor für die Beurteilung, ob die Information „mitgeteilt“ oder lediglich „zugänglich gemacht“ wurde. Wichtiger ist die effektive Übermittlung der Information. Die Information muss aus dem Bereich des Dienstleisters heraustreten und in die Kenntnissphäre des Nutzers gelangen. Selbst wenn also die Initiative zur Übermittlung der Information über eine interne E-Banking-Mailbox vom Zahlungsdienstleister ausgehen mag, stellt dieser Kanal als solcher nicht die effektive Übermittlung der Information in die Sphäre des Kunden sicher, so dass dieser Kenntnis von ihr erlangt.

74.      Um auf die bereits herangezogene Parallele zur „prävirtuellen“ Welt zurückzukommen: Eine vom Dienstleister verwaltete E-Banking-Mailbox ist weitgehend mit einem Postfach in einem Postamt oder mit einem persönlichen Schließfach in den Räumlichkeiten einer Bank vergleichbar. Ohne eine Mitteilung oder einen Hinweis kann man von Briefen, die in ein solches Fach gelegt werden und an den Kunden gerichtet sind, wohl kaum sagen, dass sie effektiv die persönliche Sphäre des Kunden erreicht haben.

75.      Ich bin ebenso wie die polnische Regierung der Meinung, dass zwischen einer persönlichen E‑Mail und dem internen Posteingang eines E-Banking-Systems unterschieden werden muss. Ein E‑Mail-Konto stellt heutzutage eine regelmäßige und übliche Kommunikationsform dar und gehört zum Alltag der meisten Durchschnittsverbraucher. Die Mailbox im E-Banking, selbst wenn sie – wenn auch mit einigen Vorbehalten – technisch letztlich als mit einer E‑Mail vergleichbar angesehen werden könnte, lässt sich hingegen kaum einem regelmäßig genutzten Instrument für die allgemeine und alltägliche Kommunikation der Verbraucher gleichstellen. Es handelt sich um eine für ihr Verhältnis zu einem speziellen Unternehmen (im vorliegenden Fall eine Bank) im speziellen Rahmen ihrer Bankgeschäfte eigentümliche Einrichtung. In der Regel besteht dabei jedoch keine Möglichkeit zur allgemeinen Kommunikation mit Dritten. Außerdem kann von den Verbrauchern vernünftigerweise nicht erwartet werden, dass sie die immer zahlreicher werdenden elektronischen Kommunikationssysteme jedes Dienstleisters im Rahmen ihrer vielgestaltigen Vertragsbeziehungen täglich abfragen.

76.      Demnach verlassen in einer E-Banking-Mailbox abgelegte Informationen, auch wenn dies auf Initiative des Zahlungsdienstleisters geschieht, nicht die besondere Sphäre der Bank, um in den Bereich der von den Kunden im Alltag regelmäßig genutzten Kommunikationsinstrumente zu gelangen. In diesem Sinne werden die Informationen nicht „mitgeteilt“.

77.      Dies gilt umso mehr, als in Fällen, in denen der Verbraucher im Einklang mit Art. 44 Abs. 1 Unterabs. 2 (bei entsprechender Vereinbarung nach Art. 42 Nr. 6 Buchst. a der Richtlinie) unterrichtet wird, seine Zustimmung zu Änderungen der Rahmenvertragsbedingungen als erteilt gilt, wenn er dem Zahlungsdienstleister seine Ablehnung nicht vor dem vorgeschlagenen Zeitpunkt des Inkrafttretens der geänderten Bedingungen angezeigt hat. Wie die polnische Regierung ausführt, ist es, wenn die Informationen lediglich über eine interne E-Banking-Mailbox kommuniziert werden, möglich oder sogar recht wahrscheinlich, dass die Kunden nicht erfahren, dass ihnen neue wichtige Informationen zur Verfügung stehen.

78.      Der Vollständigkeit halber ist jedoch darauf hinzuweisen, dass auch mittels anderer technischer Lösungen gewährleistet werden kann, dass Zahlungsdienstleister ihren Nutzern Informationen effektiv „mitteilen“.

79.      Meines Erachtens kann die „Mitteilung“ von Informationen „zweistufig“ erfolgen. Möglich wäre ein System, bei dem eine Mitteilung oder ein Hinweis an die private E‑Mail-Adresse des Kunden (oder eine SMS an sein privates Telefon oder auch ein schlichtes Hinweisschreiben) versandt wird, um den Kunden auf die Verfügbarkeit neuer Nachrichten in seiner E-Banking-Mailbox aufmerksam zu machen. Meiner Meinung nach wäre ein solches Verfahren eine geeignete Ergänzung zur Kommunikation von Informationen über eine E-Banking-Mailbox auf einem dauerhaften Datenträger, so dass dann eine „Mitteilung“ der Informationen vorläge. Eine technische Lösung dieser Art würde die effektive Mitteilung von Informationen an den Zahlungsdienstnutzer gewährleisten und zugleich die Vorteile des E‑Banking-Mailbox-Systems wahren, wie etwa die Möglichkeit, den Erhalt einer Empfangsbestätigung sicherzustellen.

80.      Meiner Ansicht nach liefe eine solche Lösung nicht den Feststellungen des Gerichtshofs im Urteil Content Services entgegen. Dort hat der Gerichtshof zwar ausgeführt, dass auf einer Website befindliche Informationen, die durch einen dem Verbraucher per E‑Mail übermittelten Link zugänglich gemacht würden, dem Verbraucher weder im Sinne von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 97/7 „erteilt“ würden, noch er sie im Sinne dieser Bestimmung „erhalten“ habe(26). Jedoch verfolgt die Richtlinie 97/7 nicht nur ein anderes Ziel als die Richtlinie 2007/64, sondern der Wortlaut der betreffenden Bestimmungen in beiden Richtlinien scheint auch nicht demselben Muster zu folgen(27). Außerdem unterscheidet sich der dem Urteil Content Services zugrunde liegende Sachverhalt, bei dem die Informationen nur über einen Link zu einer Website versandt wurden und die Merkmale eines „dauerhaften Datenträgers“ nicht vorlagen, grundlegend vom Sachverhalt der vorliegenden Rechtssache(28).

81.      Ich pflichte dem vorlegenden Gericht bei, dass die Zahl der für den Zugriff auf die betreffenden Informationen erforderlichen (Maus‑)Klicks nicht maßgebend dafür ist, ob die Informationen „mitgeteilt“ wurden. Denn im Fall von Rahmenverträgen im Sinne der Richtlinie 2007/64 besteht ja eine Vereinbarung zwischen dem Kunden und der Bank, wonach die Kommunikation über eine E-Banking-Mailbox erfolgt. Mehrere Klicks oder auch die Eingabe eines Benutzernamens und Passworts sind Handlungen, die nicht über das hinausgehen, was von Kunden zur Erlangung an sie versendeter Informationen erwartet wird.

82.      Schließlich hat die Kommission geltend gemacht, da der Zahlungsdienstnutzer dem Erhalt von Informationen über die E‑Banking-Mailbox zugestimmt habe, seien die für den Zugriff auf die Mailbox erforderlichen Schritte nicht als auf Initiative des Kunden erfolgt anzusehen. Wollte man diesem Argument folgen, hätte dies zweierlei zur Folge: Erstens müsste dann jede Kommunikation über die interne Mailbox als „mitgeteilt“ gelten. Zweitens stünde es den Verbrauchern de facto frei, durch Unterzeichnung einer E-Banking-Vereinbarung den in der Richtlinie 2007/64 vorgesehenen Schutz vertraglich abzubedingen.

83.      Meines Erachtens ist dieses Vorbringen zurückzuweisen.

84.      Verbraucher und Unternehmen befinden sich, wie es im 20. Erwägungsgrund der Richtlinie 2007/64 heißt, nicht in derselben Situation und brauchen nicht im selben Umfang geschützt zu werden. Unter Anerkennung der in der Realität naturgemäß ungleichen Kräfteverhältnisse wird dort ferner darauf hingewiesen, dass die Verbraucherrechte durch Vorschriften geschützt werden müssen, von denen vertraglich nicht abgewichen werden darf(29). Ohne die Verbraucher übermäßig bevormunden zu wollen: Genau dies ist das Kernanliegen des Verbraucherschutzrechts.

85.      Zugegebenermaßen ergibt sich aus Art. 42 Nr. 4 Buchst. a der Richtlinie, dass die Parteien die Kommunikationsmittel für die Informationsübermittlung oder Anzeigepflichten vereinbaren können. Dazu heißt es im 24. Erwägungsgrund, dass „Zahlungsdienstleister und Zahlungsdienstnutzer in einem Rahmenvertrag vereinbaren können [sollten], in welcher Weise nachträgliche Information über die ausgeführten Zahlungsvorgänge erfolgen soll, beispielsweise dass beim Internetbanking alle das Zahlungskonto betreffenden Informationen online zugänglich gemacht werden“. Diese die „nachträgliche Information über die ausgeführten Zahlungsvorgänge“ betreffende Feststellung lässt jedoch sowohl die Erfordernisse bezüglich der allgemeinen vorvertraglichen Unterrichtung nach Art. 41 Abs. 1 als auch die Informationspflichten bei Änderungen der Vertragsbedingungen nach Art. 44 der Richtlinie 2007/64 unberührt.

86.      Ferner sieht Art. 34 der Richtlinie 2007/64 ausdrücklich Ausnahmen von den in ihrem Titel III aufgestellten Informationspflichten vor. Nach ihrer Überschrift bezieht sich die genannte Vorschrift lediglich auf Kleinbetragszahlungsinstrumente und elektronisches Geld. Nach Art. 34 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie sind Abweichungen von den nach Art. 44 vereinbarten Informationsanforderungen nur in dem konkreten Rahmenvertrag zulässig(30). Zudem sind hinsichtlich der Informationen über Änderungen des Rahmenvertrags nach Art. 44 Abs. 1 keine vertraglichen Abweichungen erlaubt, wie dies etwa bei Änderungen der Zinssätze und Wechselkurse vorbehaltlich der Sonderregelung in Art. 44 Abs. 2 der Richtlinie 2007/64 möglich ist.

87.      Angesichts dessen bin ich der Ansicht, dass Art. 44 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 41 Abs. 1 der Richtlinie 2007/64 dahin auszulegen ist, dass Informationen über Änderungen eines Rahmenvertrags, die ein Zahlungsdienstleister ausschließlich über eine E-Banking-Mailbox übermittelt, nicht im Sinne von Art. 41 Abs. 1 der Richtlinie „mitgeteilt“, sondern dem Zahlungsdienstnutzer lediglich „zugänglich gemacht“ werden.

V –    Ergebnis

88.      Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, die vom Obersten Gerichtshof (Österreich) vorgelegten Fragen wie folgt zu beantworten:

1.         Art. 44 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 41 Abs. 1 und Art. 4 Nr. 25 der Richtlinie 2007/64/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2007 über Zahlungsdienste im Binnenmarkt, zur Änderung der Richtlinien 97/7/EG, 2002/65/EG, 2005/60/EG und 2006/48/EG sowie zur Aufhebung der Richtlinie 97/5/EG ist dahin auszulegen, dass Informationen, die ein Zahlungsdienstleister an die E-Banking-Mailbox des Kunden übermittelt, Informationen auf einem „dauerhaften Datenträger“ darstellen, sofern die E-Banking-Mailbox es dem Zahlungsdienstnutzer ermöglicht, an ihn persönlich gerichtete Informationen so zu speichern, dass er sie in der Folge für eine für die Zwecke der Informationen angemessene Dauer einsehen kann. Sie muss außerdem die unveränderte Wiedergabe der gespeicherten Informationen erlauben und somit verhindern, dass der Dienstleister auf die Informationen zugreift, sie verändert oder löscht. Eine E-Banking-Mailbox kann außerdem einen geeigneten Kanal für die Übermittlung von Informationen in Form elektronischer Dokumente darstellen, wenn diese Dokumente selbst die Anforderungen an einen „dauerhaften Datenträger“ erfüllen und wenn ein solches System den Nutzer dazu anhält, die Dokumente mit Hilfe einer leicht zugänglichen Funktion elektronisch zu speichern und/oder auszudrucken.

2.         Art. 44 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 41 Abs. 1 der Richtlinie 2007/64 ist dahin auszulegen, dass Informationen über Änderungen eines Rahmenvertrags, die ein Zahlungsdienstleister ausschließlich über eine E-Banking-Mailbox übermittelt, nicht im Sinne von Art. 41 Abs. 1 der Richtlinie „mitgeteilt“, sondern dem Zahlungsdienstnutzer lediglich „zugänglich gemacht“ werden.


1      Originalsprache: Englisch.


2      Richtlinie 2007/64/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2007 über Zahlungsdienste im Binnenmarkt, zur Änderung der Richtlinien 97/7/EG, 2002/65/EG, 2005/60/EG und 2006/48/EG sowie zur Aufhebung der Richtlinie 97/5/EG (ABl. 2007, L 319, S. 1). Die Richtlinie 2007/64 wird mit Wirkung vom 13. Januar 2018 aufgehoben und ersetzt durch die Richtlinie (EU) 2015/2366 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2015 über Zahlungsdienste im Binnenmarkt, zur Änderung der Richtlinien 2002/65/EG, 2009/110/EG und 2013/36/EU und der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 sowie zur Aufhebung der Richtlinie 2007/64 (ABl. 2015, L 337, S. 35).


3      Vgl. Urteil vom 5. Juli 2012, Content Services (C‑49/11, EU:C:2012:419). Zur Auslegung der Wendung „auf Papier oder auf einem anderen dauerhaften Datenträger“ im Kontext von Art. 10 der Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates (ABl. 2008, L 133, S. 66) vgl. Schlussanträge der Generalanwältin Sharpston in der Rechtssache Home Credit Slovakia (C‑42/15, EU:C:2016:431). Zur Auslegung von Art. 23 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil‑ und Handelssachen (ABl. 2001, L 12, S. 1) (Brüssel‑I-Verordnung), in dem von „[e]lektronische[n] Übermittlungen, die eine dauerhafte Aufzeichnung … ermöglichen“, die Rede ist, hatte sich der Gerichtshof im Urteil vom 21. Mai 2015, El Majdoub (C‑322/14, EU:C:2015:334), geäußert.


4      Vgl. Art. 1 Abs. 2 und 18. Erwägungsgrund.


5      So heißt es z. B. in Art. 43, dass der Zahlungsdienstnutzer die Vertragsbedingungen „in Papierform oder auf einem anderen dauerhaften Datenträger“ verlangen kann (d. h. der Kunde muss die Initiative ergreifen).


6      Vgl. z. B. Urteile vom 18. Februar 2016, Finanmadrid EFC (C‑49/14, EU:C:2016:98, Rn. 27 und die dort angeführte Rechtsprechung), und vom 3. September 2015, Costea (C‑110/14, EU:C:2015:538, Rn. 13 und die dort angeführte Rechtsprechung).


7      Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 1997 über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz (ABl. 1997, L 144, S. 19), aufgehoben durch die Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Rechte der Verbraucher, zur Abänderung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates und der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 85/577/EWG des Rates und der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. 2011, L 304, S. 64). Art. 5 der Richtlinie 97/7 sah vor, dass der Verbraucher eine Bestätigung der Informationen gemäß Art. 4 Abs. 1 Buchst. a bis f der Richtlinie vorab schriftlich oder auf einem anderen für ihn verfügbaren dauerhaften Datenträger erhalten muss.


8      Urteil vom 5. Juli 2012, Content Services (C‑49/11, EU:C:2012:419, Rn. 44). Der Gerichtshof verwies auf Art. 2 Buchst. f der Richtlinie 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. September 2002 über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen an Verbraucher und zur Änderung der Richtlinie 90/619/EWG des Rates und der Richtlinien 97/7/EG und 98/27/EG (ABl. 2002, L 271, S. 16), auf Art. 2 Nr. 12 der Richtlinie 2002/92/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Dezember 2002 über Versicherungsvermittlung (ABl. 2003, L 9, S. 3), auf Art. 3 Buchst. m der Richtlinie 2008/48 sowie auf Art. 2 Nr. 10 der Richtlinie 2011/83.


9      Vgl. z. B. Art. 2 Abs. 1 Buchst. h der      Richtlinie 2008/122/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Januar 2009 über den Schutz der Verbraucher im Hinblick auf bestimmte Aspekte von Teilzeitnutzungsverträgen, Verträgen über langfristige Urlaubsprodukte sowie Wiederverkaufs- und Tauschverträgen (ABl. 2009, L 33, S. 10), Art. 2 Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 2009/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) (ABl. 2009, L 302, S. 32), Art. 2 Nr. 17 der Richtlinie 2014/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 2014 über die Vergleichbarkeit von Zahlungskontoentgelten, den Wechsel von Zahlungskonten und den Zugang zu Zahlungskonten mit grundlegenden Funktionen (ABl. 2014, L 257, S. 214), Art. 4 Abs. 1 Nr. 62 der Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über Märkte für Finanzinstrumente sowie zur Änderung der Richtlinien 2002/92/EG und 2011/61/EU (ABl. 2014, L 173, S. 349) und Art. 2 Abs. 1 Nr. 18 der Richtlinie (EU) 2016/97 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Januar 2016 über Versicherungsvertrieb (Neufassung) (ABl. 2016, L 26, S. 19).


10      Vgl. z. B. Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie 2006/73/EG der Kommission vom 10. August 2006 zur Durchführung der Richtlinie 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates in Bezug auf die organisatorischen Anforderungen an Wertpapierfirmen und die Bedingungen für die Ausübung ihrer Tätigkeit sowie in Bezug auf die Definition bestimmter Begriffe für die Zwecke der genannten Richtlinie (ABl. 2006, L 241, S. 26).


11      Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt (ABl. 2000, L 178, S. 1), die in ihrem Art. 10 Abs. 3 vorsieht, dass „[d]ie Vertragsbestimmungen und die allgemeinen Geschäftsbedingungen … dem Nutzer so zur Verfügung gestellt werden [müssen], dass er sie speichern und reproduzieren kann“.


12      Vgl. entsprechend Schlussanträge der Generalanwältin Sharpston in der Rechtssache Home Credit Slovakia (C‑42/15, EU:C:2016:431, Nr. 24).


13      Schlussanträge des Generalanwalts Mengozzi in der Rechtssache Content Services (C‑49/11, EU:C:2012:126, Nr. 42).


14      Urteil vom 5. Juli 2012, Content Services (C‑49/11, EU:C:2012:419, Rn. 40 und 42).


15      Urteil vom 27. Januar 2010 (E-4/09, EFTA Court Report 2010, S. 86).


16      In Rn. 63 seines Urteils vom 27. Januar 2010, Inconsult Anstalt/Finanzmarktaufsicht (E-4/09, EFTA Court Report 2010, S. 86), hat der EFTA-Gerichtshof entschieden, dass eine „gewöhnliche Website“ – die als dynamischer elektronischer Host oder als Portal für die Bereitstellung von Informationen diene, die im Allgemeinen vom Betreiber der Website beliebig geändert werden könnten – nicht den Anforderungen an die Gewährleistung einer unveränderten Wiedergabe entspreche und daher nicht als dauerhafter Datenträger angesehen werden könne.


17      Diese Unterscheidung findet sich im Bericht der European Securities Markets Expert Group (ESME) von 2007 „On durable medium – Distance Marketing Directive and Markets in Financial Instruments Directive“, abrufbar unter http://ec.europa.eu/finance/securities/docs/esme/durable_medium_en.pdf.


18      Urteil vom 5. Juli 2012, Content Services (C‑49/11, EU:C:2012:419, Rn. 51).


19      Urteil vom 5. Juli 2012, Content Services (C‑49/11, EU:C:2012:419, Rn. 46).


20      Urteil des EFTA-Gerichtshofs vom 27. Januar 2010, Inconsult Anstalt/Finanzmarktaufsicht (E‑4/09, EFTA Court Report 2010, S. 86).


21      Im Urteil des EFTA-Gerichtshofs vom 27. Januar 2010, Inconsult Anstalt/Finanzmarktaufsicht (E‑4/09, EFTA Court Report 2010, S. 86), werden allgemein zwei Szenarien im Kontext von Websites angesprochen. Vgl. Rn. 64 ff. des Urteils.


22      Vgl. entsprechend Urteil des EFTA-Gerichtshofs vom 27. Januar 2010, Inconsult Anstalt/Finanzmarktaufsicht (E‑4/09, EFTA Court Report 2010, S. 86, Rn. 44).


23      Ebd.


24      Vgl. entsprechend Urteil des EFTA-Gerichtshofs vom 27. Januar 2010, Inconsult Anstalt/Finanzmarktaufsicht (E‑4/09, EFTA Court Report 2010, S. 86, Rn. 66).


25      Urteil des EFTA-Gerichtshofs vom 27. Januar 2010, Inconsult Anstalt/Finanzmarktaufsicht (E‑4/09, EFTA Court Report 2010, S. 86, Rn. 64 und 65).


26      Urteil vom 5. Juli 2012, Content Services (C‑49/11, EU:C:2012:419, Rn. 37).


27      In den verschiedenen Sprachfassungen von Art. 5 Abs. 1 und Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 97/7 werden andere Begriffe verwendet als in den Art. 41 Abs. 1 und 36 Abs. 1 der Richtlinie 2007/64. Vgl. Urteil vom 5. Juli 2012, Content Services (C‑49/11, EU:C:2012:419, Rn. 35).


28      Vgl. Urteil vom 5. Juli 2012, Content Services (C‑49/11, EU:C:2012:419, Rn. 46).


29      Weiter heißt es in diesem Erwägungsgrund, dass es den Unternehmen und Organisationen allerdings freistehen sollte, abweichende Vereinbarungen zu schließen. Die Mitgliedstaaten sollten jedoch vorsehen können, dass Kleinstunternehmen wie Verbraucher behandelt werden.


30      Gemäß der genannten Bestimmung sind Ausnahmen nur vorgesehen für „einzelne Zahlungsvorgänge bis höchstens 30 EUR … oder [für Zahlungsinstrumente,] die entweder eine Ausgabenobergrenze von 150 EUR haben oder Geldbeträge speichern, die zu keiner Zeit 150 EUR übersteigen“. Gemäß Art. 34 Abs. 2 können diese Grenzwerte für innerstaatliche Zahlungsvorgänge verringert oder verdoppelt und für Zahlungsinstrumente auf Guthabenbasis erhöht werden.