Language of document : ECLI:EU:C:2014:2132

Rechtssache C‑201/13

Johan Deckmyn

und

Vrijheidsfonds VZW

gegen

Helena Vandersteen u. a.

(Vorabentscheidungsersuchen des Hof van beroep te Brussel)

„Vorabentscheidungsersuchen – Richtlinie 2001/29/EG – Urheberrecht und verwandte Schutzrechte – Vervielfältigungsrecht – Ausnahmen und Beschränkungen – Begriff, Parodieʻ – Eigenständiger Begriff des Unionsrechts“

Leitsätze – Urteil des Gerichtshofs (Große Kammer) vom 3. September 2014

1.        Rechtsangleichung – Urheberrecht und verwandte Schutzrechte – Richtlinie 2001/29 – Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft – Vervielfältigungsrecht, Recht der öffentlichen Wiedergabe von Werken und Recht der öffentlichen Zugänglichmachung sonstiger Schutzgegenstände – Ausnahmen und Beschränkungen – Nutzung zum Zwecke von Parodien – Parodie – Eigenständiger Begriff des Unionsrechts

(Richtlinie 2001/29 des Europäischen Parlaments und des Rates, Art. 5 Abs. 3 Buchst. k)

2.        Rechtsangleichung – Urheberrecht und verwandte Schutzrechte – Richtlinie 2001/29 – Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft – Vervielfältigungsrecht, Recht der öffentlichen Wiedergabe von Werken und Recht der öffentlichen Zugänglichmachung sonstiger Schutzgegenstände – Ausnahmen und Beschränkungen – Nutzung zum Zwecke von Parodien – Begriff der Parodie – Bei der Anwendung dieser Ausnahme muss ein angemessener Ausgleich zwischen den betreffenden Interessen und Rechten gewahrt werden – Beurteilung durch das nationale Gericht

(Richtlinie 2001/29 des Europäischen Parlaments und des Rates, Art. 2, 3, und 5, Abs. 3 Buchst. k)

1.        Art. 5 Abs. 3 Buchst. k der Richtlinie 2001/29 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft ist dahin auszulegen, dass der in dieser Bestimmung enthaltene Begriff „Parodie“ ein eigenständiger Begriff des Unionsrechts ist.

(vgl. Rn. 17, Tenor 1)

2.        Art. 5 Abs. 3 Buchst. k der Richtlinie 2001/29 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft ist dahin auszulegen, dass die wesentlichen Merkmale der Parodie darin bestehen, zum einen an ein bestehendes Werk zu erinnern, gleichzeitig aber ihm gegenüber wahrnehmbare Unterschiede aufzuweisen, und zum anderen einen Ausdruck von Humor oder eine Verspottung darzustellen. Der Begriff „Parodie“ im Sinne dieser Bestimmung hängt nicht von den Voraussetzungen ab, dass die Parodie einen eigenen ursprünglichen Charakter hat, der nicht nur darin besteht, gegenüber dem parodierten ursprünglichen Werk wahrnehmbare Unterschiede aufzuweisen, dass sie vernünftigerweise einer anderen Person als dem Urheber des ursprünglichen Werkes zugeschrieben werden kann, dass sie das ursprüngliche Werk selbst betrifft oder dass sie das parodierte Werk angibt.

Bei der Anwendung der Ausnahme für Parodien im Sinne von Art. 5 Abs. 3 Buchst. k der Richtlinie 2001/29 in einem konkreten Fall muss ein angemessener Ausgleich zwischen zum einen den Interessen und Rechten der in den Art. 2 und 3 der Richtlinie genannten Personen auf der einen und der freien Meinungsäußerung des Nutzers eines geschützten Werkes, der sich auf die Ausnahme für Parodien im Sinne dieses Art. 5 Abs. 3 Buchst. k beruft, auf der anderen Seite gewahrt werden.

Es ist Aufgabe des vorlegenden Gerichts, unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Ausgangsverfahrens zu beurteilen, ob bei der Anwendung der Ausnahme für Parodien im Sinne von Art. 5 Abs. 3 Buchst. k der Richtlinie 2001/29 – sofern die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Zeichnung die genannten wesentlichen Merkmale der Parodie aufweist – dieser angemessene Ausgleich gewahrt wird.

(vgl. Rn. 33-35, Tenor 2)