Language of document : ECLI:EU:T:2011:360

Rechtssache T-53/07

Trade-Stomil sp. z o.o.

gegen

Europäische Kommission

„Wettbewerb – Kartelle – Markt für Butadienkautschuk und Emulsionsstyrol-Butadienkautschuk – Entscheidung, mit der eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG festgestellt wird – Beteiligung am Kartell – Zurechenbarkeit der Zuwiderhandlung – Geldbußen – Schwere und Dauer der Zuwiderhandlung – Mildernde Umstände“

Leitsätze des Urteils

Wettbewerb – Verwaltungsverfahren – Entscheidung der Kommission, mit der eine Zuwiderhandlung festgestellt wird – Beizubringende Beweise

(Art. 81 Abs. 1 EG)

In Bezug auf die Beweisführung für eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 Abs. 1 EG obliegt es der Kommission, die von ihr festgestellten Zuwiderhandlungen zu beweisen und Beweise beizubringen, die geeignet sind, das Vorliegen der Tatsachen, die eine Zuwiderhandlung darstellen, rechtlich hinreichend zu belegen. Daher muss die Kommission genaue und übereinstimmende Beweise beibringen, die die feste Überzeugung begründen, dass die Zuwiderhandlung begangen wurde.

Dem Richter verbleibende Zweifel müssen dem Unternehmen zugutekommen, an das die eine Zuwiderhandlung feststellende Entscheidung gerichtet ist. Der Richter darf daher nicht zu dem Schluss kommen, dass die Kommission das Vorliegen der betreffenden Zuwiderhandlung rechtlich hinreichend nachgewiesen hat, wenn bei ihm noch Zweifel in dieser Hinsicht bestehen.

Im Übrigen ist es üblich, dass die Tätigkeiten, mit denen wettbewerbswidrige Verhaltensweisen und Vereinbarungen verbunden sind, insgeheim ablaufen, dass die Zusammenkünfte heimlich stattfinden und dass die Unterlagen darüber auf ein Minimum reduziert werden. Selbst wenn die Kommission Schriftstücke findet, die eine unzulässige Kontaktaufnahme zwischen Wirtschaftsteilnehmern explizit bestätigen, handelt es sich folglich normalerweise nur um lückenhafte und vereinzelte Belege, so dass es häufig erforderlich ist, bestimmte Einzelheiten durch Schlussfolgerungen zu rekonstruieren. In den meisten Fällen muss daher das Vorliegen einer wettbewerbswidrigen Verhaltensweise oder Vereinbarung aus einer Reihe von Koinzidenzen und Indizien abgeleitet werden, die bei einer Gesamtbetrachtung mangels einer anderen schlüssigen Erklärung den Beweis für eine Verletzung der Wettbewerbsregeln darstellen können.

Reichen die von der Kommission herangezogenen Anhaltspunkte, auch wenn ihnen ein gewisser Beweiswert beigemessen werden kann, in Anbetracht von Widersprüchen in der Entscheidung der Kommission, insbesondere was die im Rahmen des Kartells durchgeführten Treffen angeht, und des Zweifels, der dem betreffenden Unternehmen zugutekommen muss, nicht aus, um die Feststellung des Vorliegens einer Zuwiderhandlung des betreffenden Unternehmens zu rechtfertigen, ist die Entscheidung der Kommission für nichtig zu erklären.

(vgl. Randnrn. 63-64, 76, 78)