Language of document : ECLI:EU:C:2013:691

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

MELCHIOR WATHELET

vom 24. Oktober 2013(1)

Rechtssache C‑616/11

T‑Mobile Austria GmbH

gegen

Verein für Konsumenteninformation

(Vorabentscheidungsersuchen des Obersten Gerichtshofs [Österreich])

„Rechtsangleichung – Zahlungsdienste – Generelles Verbot der Erhebung von Verwaltungsentgelten für die Nutzung eines Zahlungsinstruments – Vertrag zwischen einem Betreiber von Digital-Telefonie und Privatpersonen“





I –    Einleitung

1.        Das vorliegende Vorabentscheidungsersuchen betrifft die den Mitgliedstaaten in Art. 52 Abs. 3 der Richtlinie 2007/64/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2007 über Zahlungsdienste im Binnenmarkt, zur Änderung der Richtlinien 97/7/EG, 2002/65/EG, 2005/60/EG und 2006/48/EG sowie zur Aufhebung der Richtlinie 97/5/EG(2) (im Folgenden: Richtlinie) eingeräumte Möglichkeit, die häufig mit dem englischen Begriff „Surcharging“ bezeichnete Praxis der Berechnung von Aufschlägen zu untersagen oder zu begrenzen.

2.        Mit der Berechnung von Aufschlägen fordern die Unternehmen (Zahlungsempfänger) von ihren Kunden (Zahlern) Entgelte für die Nutzung eines bestimmten Zahlungsinstruments. Diese Praxis zielt darauf ab, die Kosten für die Nutzung insbesondere von Kredit- und Debitkarten dem Kunden (Zahler) aufzuerlegen.

3.        Die Fragen des vorlegenden Gerichts sind darauf gerichtet, zu bestimmen, ob Art. 52 Abs. 3 der Richtlinie auf Mobilfunkgesellschaften anwendbar ist, ob die Überweisung von Geldbeträgen ein Zahlungsinstrument im Sinne der Richtlinie ist und ob das in der Republik Österreich geltende generelle Verbot der Berechnung von Aufschlägen mit diesem Artikel vereinbar ist.

II – Rechtlicher Rahmen

A –    Unionsrecht

4.        Art. 1 der Richtlinie sieht vor:

„(1)      In dieser Richtlinie werden die Regeln festgelegt, nach denen die Mitgliedstaaten die folgenden sechs Kategorien von Zahlungsdienstleistern unterscheiden:

a)      Kreditinstitute im Sinne von Artikel 4 Nummer 1 der Richtlinie 2006/48/EG;

b)      E-Geld-Institute im Sinne von Artikel 1 Absatz 3 Buchstabe a der Richtlinie 2000/46/EG;

c)      Postscheckämter, die nach einzelstaatlichem Recht zur Erbringung von Zahlungsdiensten berechtigt sind;

d)      Zahlungsinstitute im Sinne dieser Richtlinie;

e)      die Europäische Zentralbank und die nationalen Zentralbanken, wenn sie nicht in ihrer Eigenschaft als Währungsbehörden oder andere Behörden handeln;

f)      die Mitgliedstaaten oder ihre regionalen oder lokalen Gebietskörperschaften, wenn sie nicht in ihrer Eigenschaft als Behörden handeln.

(2)      Darüber hinaus werden in dieser Richtlinie die Transparenz der Vertragsbedingungen und die Informationspflichten für Zahlungsdienste sowie die jeweiligen Rechte und Pflichten von Zahlungsdienstnutzern und Zahlungsdienstleistern bei der hauptberuflichen oder gewerblichen Erbringung von Zahlungsdiensten geregelt.“

5.        Art. 4 („Begriffsbestimmungen“) dieser Richtlinie lautet:

„Für die Zwecke dieser Richtlinie bezeichnet der Begriff

3.      ‚Zahlungsdienst‘ jede im Anhang aufgeführte gewerbliche Tätigkeit;

5.      ‚Zahlungsvorgang‘ die bzw. der vom Zahler oder Zahlungsempfänger ausgelöste Bereitstellung, Transfer oder Abhebung eines Geldbetrags, unabhängig von etwaigen zugrundeliegenden Verpflichtungen im Verhältnis zwischen Zahler und Zahlungsempfänger;

7.      ‚Zahler‘ eine natürliche oder juristische Person, die Inhaber eines Zahlungskontos ist und die einen Zahlungsauftrag von diesem Zahlungskonto gestattet oder – falls kein Zahlungskonto vorhanden ist – eine natürliche oder juristische Person, die den Auftrag für einen Zahlungsvorgang erteilt;

8.      ‚Zahlungsempfänger‘ eine natürliche oder juristische Person, die den bei einem Zahlungsvorgang transferierten Geldbetrag als Empfänger erhalten soll;

9.      ‚Zahlungsdienstleister‘ Rechtssubjekte im Sinne von Artikel 1 Absatz 1 sowie natürliche und juristische Personen, für die gemäß Artikel 26 eine Ausnahmeregelung gilt;

10.      ‚Zahlungsdienstnutzer‘ eine natürliche oder juristische Person, die einen Zahlungsdienst als Zahler oder Zahlungsempfänger oder in beiden Eigenschaften in Anspruch nimmt;

16.      ‚Zahlungsauftrag‘ jeden Auftrag, den ein Zahler oder Zahlungsempfänger seinem Zahlungsdienstleister zur Ausführung eines Zahlungsvorgangs erteilt;

19.      ‚Authentifizierung‘ ein Verfahren, mit dessen Hilfe der Zahlungsdienstleister die Nutzung eines bestimmten Zahlungsinstruments, einschließlich seiner personalisierten Sicherheitsmerkmale, überprüfen kann;

23.      ‚Zahlungsinstrument‘ jedes personalisierte Instrument und/oder jeden personalisierten Verfahrensablauf, das bzw. der zwischen dem Zahlungsdienstnutzer und dem Zahlungsdienstleister vereinbart wurde und das bzw. der vom Zahlungsdienstnutzer eingesetzt werden kann, um einen Zahlungsauftrag zu erteilen;

…“

6.        In Titel IV, der die „Rechte und Pflichten bei der Erbringung und Nutzung von Zahlungsdiensten“ behandelt, bestimmt Art. 52 („Entgelte“) Abs. 3:

„Der Zahlungsdienstleister darf dem Zahlungsempfänger nicht verwehren, vom Zahler für die Nutzung eines bestimmten Zahlungsinstruments ein Entgelt zu verlangen oder ihm eine Ermäßigung anzubieten. Die Mitgliedstaaten können jedoch das Recht auf Erhebung von Entgelten untersagen oder begrenzen, um der Notwendigkeit Rechnung zu tragen, den Wettbewerb und die Nutzung effizienter Zahlungsinstrumente zu fördern.“

7.        Die Bedeutung von Art. 52 Abs. 3 der Richtlinie wird im 42. Erwägungsgrund dieser Richtlinie wie folgt kommentiert:

„Im Interesse der Transparenz und des Wettbewerbs sollte der Zahlungsdienstleister den Zahlungsempfänger nicht daran hindern, vom Zahler ein Entgelt für die Nutzung eines bestimmten Zahlungsinstruments zu verlangen. Zwar sollte es dem Zahlungsempfänger freistehen, Entgelte für die Nutzung eines bestimmten Zahlungsinstruments zu erheben, doch können die Mitgliedstaaten beschließen, eine derartige Praxis zu verbieten oder einzuschränken, wenn dies ihrer Auffassung nach angesichts missbräuchlicher Preisgestaltung oder möglicher nachteiliger Auswirkungen der Preisgestaltung auf die Nutzung eines bestimmten Zahlungsinstruments gerechtfertigt ist, wobei der Notwendigkeit Rechnung zu tragen ist, den Wettbewerb und die Nutzung effizienter Zahlungsinstrumente zu fördern.“

8.        In Titel VI („Schlussbestimmungen“) sieht Art. 86 („Vollständige Harmonisierung“) der Richtlinie vor:

„(1)      Unbeschadet von Artikel 30 Absatz 2, Artikel 33, Artikel 34 Absatz 2, Artikel 45 Absatz 6, Artikel 47 Absatz 3, Artikel 48 Absatz 3, Artikel 51 Absatz 2, Artikel 52 Absatz 3, Artikel 53 Absatz 2, Artikel 61 Absatz 3 und der Artikel 72 und 88 dürfen die Mitgliedstaaten in den Bereichen, in denen diese Richtlinie harmonisierte Bestimmungen enthält, keine anderen als die in dieser Richtlinie festgelegten Bestimmungen beibehalten oder einführen.

…“

B –    Österreichisches Recht

9.        Nach den Ausführungen des vorlegenden Gerichts ist die Richtlinie in der Republik Österreich mit dem am 1. November 2009 in Kraft getretenen Zahlungsdienstegesetz (BGBl. I 2009/66; im Folgenden: ZaDiG) umgesetzt worden.

10.      § 1 Abs. 1 („Anwendungsbereich“) ZaDiG bestimmt:

„Dieses Bundesgesetz legt die Bedingungen fest, zu denen Personen Zahlungsdienste gewerblich in Österreich erbringen dürfen (Zahlungsdienstleister) und regelt die Rechte und Pflichten von Zahlungsdienstleistern und Zahlungsdienstnutzern im Zusammenhang mit Zahlungsdiensten, die an in Österreich ansässige Zahlungsdienstnutzer oder von in Österreich ansässigen Zahlungsdienstleistern erbracht werden, sowie den Zugang zu Zahlungssystemen.“

11.      § 27 („Entgelte“) Abs. 6 ZaDiG gewährleistet die Umsetzung von Art. 52 Abs. 3 der Richtlinie in österreichisches Recht und sieht vor:

„Der Zahlungsdienstleister darf dem Zahlungsempfänger nicht verwehren, dem Zahler für die Nutzung eines bestimmten Zahlungsinstruments eine Ermäßigung anzubieten. Die Erhebung von Entgelten durch den Zahlungsempfänger im Falle der Nutzung eines bestimmten Zahlungsinstruments ist unzulässig.“

III – Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

12.      Die T‑Mobile Austria GmbH (im Folgenden: T‑Mobile Austria) ist einer der Mobilfunkanbieter in Österreich. In dieser Eigenschaft schließt sie mit Verbrauchern Telekommunikationsverträge ab und verwendet dabei von ihr stets aktualisierte Allgemeine Geschäftsbedingungen, die in der im November 2009 geltenden Fassung folgende Klausel (im Folgenden: streitige Klausel) enthalten:

„§ 23

1.2      Alle Zahlungsarten werden als schuldbefreiend anerkannt, jedoch verrechnen wir Ihnen bei Zahlungen über Zahlschein oder Telebanking ein Bearbeitungsentgelt – der Betrag richtet sich nach den für Sie geltenden Tarifbestimmungen.“

13.      In Anwendung dieser Klausel hat ein Kunde, wenn er den Tarif „Call Europe“ anmeldet und verwendet, 3 Euro zusätzlich zu zahlen, wenn er eine „Zahlung ohne Bankeinzug oder Kreditkarte“ wählt, was insbesondere die Zahlung mit Zahlschein oder im Onlinebanking (Telebanking) umfasst.

14.      Mit seiner Klage im Ausgangsverfahren beantragt der Verein für Konsumenteninformation, T‑Mobile Austria zum einen zu untersagen, die streitige Klausel in die Verträge aufzunehmen, die sie mit ihren Kunden schließt, und zum anderen, sich im Rahmen bestehender Verträge darauf zu berufen. Der Verein für Konsumenteninformation führte zur Stützung seiner Klage aus, die streitige Klausel verstoße gegen die zwingenden Vorschriften von § 27 Abs. 6 Satz 2 ZaDiG.

15.      T‑Mobile Austria beantragte, die Klage abzuweisen, und berief sich dabei zunächst darauf, dass sie nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie und des ZaDiG falle, da sie kein „Zahlungsdienstleister“, sondern ein Mobilfunkbetreiber sei. Ein Zahlschein sei in Ermangelung personalisierter Sicherheitsmerkmale auch kein „Zahlungsinstrument“ im Sinne von Art. 4 Nr. 23 der Richtlinie. Schließlich sei die Umsetzung von Art. 52 Abs. 3 der Richtlinie durch § 27 Abs. 6 Satz 2 ZaDiG nicht richtlinienkonform erfolgt, da der österreichische Gesetzgeber die Untersagung von Entgelten für bestimmte Zahlungsinstrumente nicht aus den in Art. 52 Abs. 3 der Richtlinie genannten Gründen gerechtfertigt habe.

16.      Das Erstgericht gab dem Klagebegehren des Vereins für Konsumenteninformation vollinhaltlich statt, und das Urteil wurde in der Berufung bestätigt. Das Berufungsgericht war der Ansicht, dass die Überweisung mit Zahlschein kein Zahlungsinstrument im Sinne von Art. 4 Nr. 23 dieser Richtlinie darstelle, stellte aber fest, Art. 52 Abs. 3 der Richtlinie sei von der Vollharmonisierung ausgenommen, so dass der nationale Gesetzgeber auf jeden Fall ein generelles Verbot der Einhebung von zusätzlichen Entgelten, wie das in § 27 Abs. 6 ZaDiG erlassene Verbot, sowohl hinsichtlich der Zahlungsinstrumente im Sinne der Richtlinie als auch hinsichtlich anderer Zahlungsmethoden, wie Überweisungen mit Zahlschein, vorsehen könne. Außerdem diene dieses Verbot den in Art. 52 Abs. 3 letzter Satz der Richtlinie genannten Zwecken der Förderung des Wettbewerbs und eines funktionierenden Preissystems.

17.      T‑Mobile Austria erhob gegen diese Entscheidung Revision beim Obersten Gerichtshof. Das vorlegende Gericht, gegen dessen Entscheidungen im nationalen Recht kein Rechtsmittel gegeben ist, stellte fest, dass die im Ausgangsverfahren aufgeworfenen Fragen vom Gerichtshof noch nicht entschieden worden seien; es hat das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof die folgenden Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1.      Ist Art. 52 Abs. 3 der Richtlinie 2007/64/EG des Europäischen Parlaments und Rates vom 13. November 2007 über Zahlungsdienste im Binnenmarkt dahin auszulegen, dass er auch auf das Vertragsverhältnis zwischen einem Mobilfunkbetreiber als Zahlungsempfänger und seinen Privatkunden (Verbraucher) als Zahler Anwendung zu finden hat?

2.      Sind ein vom Zahler eigenhändig unterschriebener Zahlschein bzw. das auf einem unterschriebenen Zahlschein beruhende Verfahren zur Erteilung von Überweisungsaufträgen sowie das zur Erteilung von Überweisungsaufträgen im Onlinebanking (Telebanking) vereinbarte Verfahren als „Zahlungsinstrumente“ im Sinne des Art. 4 Nr. 23 und des Art. 52 Abs. 3 der Richtlinie 2007/64 anzusehen?

3.      Ist Art. 52 Abs. 3 der Richtlinie 2007/64 dahin auszulegen, dass er der Anwendung nationaler Rechtsvorschriften entgegensteht, die ein generelles und insbesondere nicht zwischen verschiedenen Zahlungsinstrumenten differenzierendes Verbot der Erhebung von Entgelten durch den Zahlungsempfänger vorsehen?

IV –  Verfahren vor dem Gerichtshof

18.      Das Vorabentscheidungsersuchen ist am 30. November 2011 beim Gerichtshof eingegangen. Der Verein für Konsumenteninformation, T‑Mobile Austria, die österreichische, die deutsche, die französische, die italienische und die portugiesische Regierung sowie die Europäische Kommission haben schriftliche Erklärungen abgegeben. Eine mündliche Verhandlung hat am 11. September 2013 stattgefunden, in der der Verein für Konsumenteninformation, die österreichische und die deutsche Regierung sowie die Kommission mündliche Erklärungen abgegeben haben.

V –    Würdigung

A –    Zur ersten Vorlagefrage

19.      Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die den Mitgliedstaaten in Art. 52 Abs. 3 Satz 2 der Richtlinie eingeräumte Möglichkeit, die Erhebung von Entgelten zu untersagen oder zu begrenzen, auf das Vertragsverhältnis zwischen einem Mobilfunkbetreiber und seinem Kunden anwendbar ist.

1.      Zur Zulässigkeit

20.      Der Verein für Konsumenteninformation ist der Ansicht, dass auf diese Frage nicht zu antworten sei, weil eine Antwort für das vorlegende Gericht nicht im Sinne von Art. 267 AEUV „erforderlich“ sei, um über den Rechtsstreit des Ausgangsverfahrens entscheiden zu können. Für seine Klageberechtigung sei es unerheblich, ob Art. 52 Abs. 3 der Richtlinie auf das Vertragsverhältnis zwischen T‑Mobile Austria und ihre Kunden anwendbar sei, und er sei aufgrund österreichischer öffentlich-rechtlicher Vorschriften berechtigt, Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucher einzureichen.

21.      Diesem Vorbringen kann nicht gefolgt werden. Wie in der Rechtsprechung des Gerichtshofs klar zum Ausdruck kommt, „liegt die Beurteilung der Erheblichkeit und der Erforderlichkeit der Vorabentscheidungsfrage in der alleinigen Verantwortung des Gerichts, das das Vorabentscheidungsersuchen beschließt“(3), außer „wenn die erbetene Auslegung des [Unions]rechts offensichtlich in keinem Zusammenhang mit der Realität oder dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits steht, wenn das Problem hypothetischer Natur ist oder wenn der Gerichtshof nicht über die tatsächlichen und rechtlichen Angaben verfügt, die für eine zweckdienliche Beantwortung der ihm vorgelegten Fragen erforderlich sind“(4).

22.      Das Vorbringen des Vereins für Konsumenteninformation fällt nicht unter diese Ausnahme. Darüber hinaus sind seine Erwägungen zu seiner Prozessfähigkeit für die Beurteilung der Erforderlichkeit der Vorlagefrage kaum erheblich. Selbst wenn das österreichische öffentliche Recht ihm diese Fähigkeit verleiht, kann es für das nationale Gericht weiterhin zweckdienlich sein, zu wissen, ob Art. 52 Abs. 3 der Richtlinie anwendbar ist, wenn der Zahlungsempfänger, im vorliegenden Fall T‑Mobile Austria, ein Mobilfunkanbieter ist und als solcher nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie fallen könnte.

23.      Folglich ist die erste Frage als zulässig anzusehen.

2.            Zur Beantwortung der Fragen

24.      Nach Auffassung von T‑Mobile Austria kann ein Vertragsverhältnis nur dann unter die Richtlinie fallen, wenn der sachliche Anwendungsbereich dieser Richtlinie eröffnet ist. Daher ist sie der Ansicht, dass die Vertragsverhältnisse von Mobilfunkbetreibern davon, einschließlich von Art. 52 Abs. 3 der Richtlinie, auszuschließen seien, da sie keine Zahlungsdienstleister im Sinne von Art. 1 Abs. 1 dieser Richtlinie seien und da sie keine Zahlungsdienste im Sinne von Art. 4 Nr. 3 der genannten Richtlinie erbrächten.

25.      Sie kommt zu dem Schluss, dass die Richtlinie unter Berücksichtigung ihres Art. 2 Abs. 1, nach dem diese Richtlinie „für Zahlungsdienste [gilt], die innerhalb der [Union] geleistet werden“, nicht auf sie anwendbar sei, da die Vertragsverhältnisse mit ihren Kunden nicht den Charakter eines Zahlungsdienstes hätten.

26.      Dagegen sind der Verein für Konsumenteninformation, die österreichische, die deutsche, die französische, die italienische und die portugiesische Regierung sowie die Kommission übereinstimmend der Ansicht, dass Art. 52 Abs. 3 der Richtlinie auf die Vertragsverhältnisse von T‑Mobile mit ihren Kunden anwendbar sei.

27.      Nach ihrer Ansicht ist dies dem Wortlaut dieses Artikels, der zum einen dem Zahlungsdienstleister verbiete, dem Zahlungsempfänger zu verwehren, vom Zahler für die Nutzung eines bestimmten Zahlungsinstruments ein Entgelt zu verlangen oder ihm eine Ermäßigung anzubieten, und zum anderen den Mitgliedstaaten erlaube, das Recht des Zahlungsempfängers, vom Zahler für die Nutzung eines Zahlungsinstruments Entgelte zu erheben, zu untersagen oder zu begrenzen, um den Wettbewerb und die Nutzung effizienter Zahlungsinstrumente zu fördern, klar zu entnehmen.

28.      Meines Erachtens besteht kein Zweifel, dass T‑Mobile Austria ein Zahlungsempfänger im Sinne dieses Artikels ist, was sie nicht bestreitet. Gemäß Art. 4 Nr. 8 der Richtlinie bedeutet „Zahlungsempfänger“ „eine … juristische Person, die den bei einem Zahlungsvorgang transferierten Geldbetrag als Empfänger erhalten soll“. Als Gläubigerin der von ihren Kunden getätigten Zahlungen ist T‑Mobile Austria somit Empfängerin dieser Zahlungen im Sinne dieses Artikels und im Sinne von Art. 52 Abs. 3 dieser Richtlinie.

29.      Es besteht auch kein Zweifel, dass die Kunden von T‑Mobile Austria Zahler im Sinne der Richtlinie sind, die sie in ihrem Art. 4 Nr. 7 als „natürliche oder juristische Person[en], die Inhaber eines Zahlungskontos [sind] und die einen Zahlungsauftrag von diesem Zahlungskonto gestatte[n] oder – falls kein Zahlungskonto vorhanden ist – … natürliche oder juristische Person[en], die den Auftrag für einen Zahlungsvorgang erteil[en]“, definiert.

30.      Obwohl, wie die Kommission ausführt, Satz 1 von Art. 52 Abs. 3 der Richtlinie unmittelbar nur das Verhältnis zwischen dem Zahlungsdienstleister und dem Zahlungsempfänger betrifft, wobei der Zahlungsdienstleister dem Zahlungsempfänger nicht verwehren kann, vom „Zahler für die Nutzung eines bestimmten Zahlungsinstruments“ ein Entgelt zu verlangen oder ihm eine Ermäßigung anzubieten, regelt er zugleich, wenn auch indirekt, das Verhältnis zwischen dem Zahlungsempfänger und dem Zahler.

31.      Was den zweiten Satz dieser Vorschrift betrifft, so können die Mitgliedstaaten hiernach das Recht auf Erhebung von Entgelten untersagen oder begrenzen und somit das Verhältnis zwischen dem Zahlungsempfänger, im vorliegenden Fall T‑Mobile Austria und dem Zahler, hier ihrem Kunden, unmittelbar regeln, wenn, wie es im 42. Erwägungsgrund der Richtlinie heißt, „dies ihrer Auffassung nach angesichts missbräuchlicher Preisgestaltung oder möglicher nachteiliger Auswirkungen der Preisgestaltung auf die Nutzung eines bestimmten Zahlungsinstruments gerechtfertigt ist“.

32.      Aus alledem ergibt sich, dass im Kontext von Art. 52 Abs. 3 der Richtlinie die Praxis, ein Entgelt für die Nutzung eines bestimmten Zahlungsinstruments zu verlangen, jedenfalls hauptsächlich das Verhältnis zwischen dem Zahlungsempfänger und dem Zahler betrifft. Ferner ist meines Erachtens, wie die Kommission ausführt, nicht ersichtlich, wie die Mitgliedstaaten die ihnen mit Art. 52 Abs. 3 dieser Richtlinie eingeräumte Befugnis tatsächlich ausüben könnten, wenn nur das Verhältnis zwischen dem Zahlungsempfänger und seinem Zahlungsdienstleister in Rede stehen würde.

33.      Ich teile somit die vom Verein für Konsumenteninformation, von der österreichischen, der deutschen, der französischen, der italienischen und der portugiesischen Regierung sowie von der Kommission vertretene Ansicht.

34.      Somit schlage ich dem Gerichtshof vor, auf die erste Vorlagefrage zu antworten, dass Art. 52 Abs. 3 der Richtlinie auf das Vertragsverhältnis zwischen einem Mobilfunkbetreiber als Zahlungsempfänger und seinem Kunden (Verbraucher) als Zahler Anwendung findet.

B –    Zur zweiten Vorlagefrage

35.      Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob zum einen „ein vom Zahler eigenhändig unterschriebener Zahlschein bzw. das auf einem unterschriebenen Zahlschein beruhende Verfahren zur Erteilung von Überweisungsaufträgen“ und zum anderen das Verfahren zur Erteilung von Überweisungsaufträgen im Onlinebanking (Telebanking) „Zahlungsinstrumente“ im Sinne von Art. 4 Nr. 23 und Art. 52 Abs. 3 der Richtlinie sind.

36.      Es ist zunächst auf einen Unterschied zwischen der deutschen und der französischen Sprachfassung der Richtlinie hinzuweisen. Während die französische Fassung „Zahlungsinstrument“ als „tout dispositif personnalisé et/ou ensemble de procédures“ (jedes personalisierte Instrument und/oder jeder Verfahrensablauf) definiert, verwendet die deutsche Fassung das Adjektiv „personalisiert“ sowohl für die Beschreibung des Instruments als auch für den Verfahrensablauf („jedes personalisierte Instrument und/oder jeden personalisierten Verfahrensablauf“)(5). In anderen Sprachfassungen, wie der englischen und der griechischen Sprachfassung, sind beide Lesarten möglich(6).

37.      Allerdings wirkt sich dieser sprachliche Unterschied auf meine Würdigung nicht aus. Der Zahlschein und die Erteilung eines Überweisungsauftrags im Onlinebanking können personalisiert sein, unabhängig davon, ob sie ein „Instrument“ oder ein „Verfahrensablauf“ sind: der Zahlschein durch die eigenhändige Unterschrift und die Erteilung eines Überweisungsauftrags im Onlinebanking durch die Verwendung personalisierter Sicherheitsmerkmale (z. B. einer Geheimzahl [PIN-Code]). Somit können beide den Anforderungen sowohl der deutschen als auch der französischen Sprachfassung der Richtlinie genügen.

38.      Hinsichtlich der Frage, ob ein ordnungsgemäß unterschriebener Zahlschein und die Erteilung von Überweisungsaufträgen im Onlinebanking „Zahlungsinstrumente“ im Sinne der Richtlinie sind, bestehen bei den Verfahrensbeteiligten unterschiedliche Meinungen.

39.      Was den ordnungsgemäß unterschriebenen Zahlschein betrifft, sind der Verein für Konsumenteninformation, die österreichische, die französische, die italienische und die portugiesische Regierung sowie die Kommission der Ansicht, dass es sich um ein „Zahlungsinstrument“ im Sinne von Art. 4 Nr. 23 der Richtlinie handele, das auf der Grundlage einer Vereinbarung zwischen dem Zahlungsdienstleister und dem Zahlungsdienstnutzer zur Erteilung eines Zahlungsauftrags im Sinne von Art. 4 Nr. 16 dieser Richtlinie verwendet werde, d. h. um den Transfer eines Geldbetrags einzuleiten. Die geforderte Personalisierung ergebe sich daraus, dass der Zahlschein vom Zahler eigenhändig unterschrieben sei und damit die Zurechenbarkeit des Zahlungsauftrags zum Zahlungsdienstnutzer ermögliche.

40.      Zur Frage der Personalisierung bemerkt die Kommission, dass aus dem Wortlaut von Art. 4 Nr. 23 der Richtlinie nicht geschlossen werden könne, zur eigenhändigen Unterschrift müsse ein zwingendes personalisiertes Sicherheitsmerkmal hinzukommen, damit der ordnungsgemäß unterzeichnete Zahlschein ein Zahlungsinstrument im Sinne dieser Richtlinie sei.

41.      Die französische Regierung führt weiter aus, in Anbetracht des Ziels der Richtlinie, einen Binnenmarkt für Zahlungsdienste in der Union zu schaffen, könne nicht mit Erfolg geltend gemacht werden, dass der Unionsgesetzgeber ein so gebräuchliches Zahlungsmittel wie das Überweisungsverfahren vom Begriff „Zahlungsinstrument“ habe ausschließen wollen.

42.      Dagegen widersprechen T‑Mobile Austria und die deutsche Regierung dieser Auslegung von Art. 4 Nr. 23 der Richtlinie. T‑Mobile Austria ist der Ansicht, dass das ein „Zahlungsinstrument“ ein Sicherheitsmerkmal voraussetze und dass dieses Kriterium durch die bloße eigenhändige Unterschrift auf einem Zahlschein nicht erfüllt sei. Die Personalisierung des Zahlungsinstruments müsse bereits vor der Unterschrift vorliegen, was bedeute, dass das Zahlungsinstrument auch ohne Unterschrift personalisiert sein müsse.

43.      Die deutsche Regierung ist der Ansicht, dass der Zahlschein weder ein Instrument noch ein Verfahrensablauf im Sinne von Art. 4 Nr. 23 dieser Richtlinie sei. Sie verweist auf mehrere Bestimmungen der Richtlinie, in denen der Begriff „Zahlungsinstrument“ auf eine Art und Weise verwendet werde, die zeige, dass Zahlscheine nicht eingeschlossen seien.

44.      So verweist diese Regierung u. a. auf Art. 57 der Richtlinie, nach dem der Zahlungsdienstleister ein Zahlungsinstrument an den Zahlungsdienstnutzer „ausgibt“ und sicherstellt, dass die „personalisierten Sicherheitsmerkmale jedes Zahlungsinstruments keiner anderen Person als dem zur Nutzung des Zahlungsinstruments berechtigten Zahlungsdienstnutzer zugänglich sind“(7), und auf Art. 55 Abs. 2 betreffend die Sperrung eines Zahlungsinstruments, wenn objektive Gründe im Zusammenhang mit der Sicherheit des Zahlungsinstruments dies rechtfertigen (z. B. bei unberechtigter oder betrügerischer Verwendung).

45.      Die deutsche Regierung ist somit der Ansicht, dass der Begriff „Zahlungsinstrument“ seine Anwendung auf Zahlscheine ausschließe. Ein Zahlschein führe nämlich nicht von selbst zur Ausstellung eines Zahlungsinstruments an den Zahlungsdienstnutzer und erfordere keine Verwendung von personalisierten Sicherheitsmerkmalen, wie das bei einer Kreditkarte der Fall sei. Ferner sei auch die Sperrung des Zahlscheins nicht denkbar.

46.      Die deutsche Regierung hat in der mündlichen Verhandlung – an der T‑Mobile Austria nicht teilgenommen hat – ihren Standpunkt aufrechterhalten und erklärt, ihres Erachtens sei ein Zahlschein ein Zahlungsauftrag im Sinne von Art. 4 Nr. 16, nicht aber ein Zahlungsinstrument im Sinne von Art. 4 Nr. 23 der Richtlinie.

47.      Was die Erteilung von Überweisungsaufträgen im Onlinebanking (Telebanking) betrifft, tragen der Verein für Konsumenteninformation, die österreichische, die deutsche, die französische, die italienische und die portugiesische Regierung sowie die Kommission vor, dass sie die in Art. 4 Nr. 23 der Richtlinie festgelegten konstitutiven Merkmale eines Zahlungsinstruments aufweise. Insbesondere folge sie einem spezifischen Verfahren, in dessen Rahmen der Zahlungsdienstnutzer auf eine elektronische Plattform zugreife. Die Personalisierung eines solchen Verfahrens werde im Allgemeinen durch die Sicherheitsmerkmale und die Authentifizierungsmaßnahmen gewährleistet. Dies sei hier der Fall, da das vorlegende Gericht bestätige, dass der Zahler eine Geheimzahl (PIN) verwenden müsse, um Zugang zu der elektronischen Plattform zu erhalten, und eine Transaktionsnummer (TAN), die erforderlich sei, um den Zahlungsauftrag zu authentifizieren.

48.      Dagegen ist T‑Mobile Austria der Ansicht, dass auch die Erteilung von Überweisungsaufträgen im Onlinebanking kein Zahlungsinstrument darstelle.

49.      Meines Erachtens ist die zweite Frage zu bejahen. Eine Überweisung wird nämlich unabhängig davon, ob sie durch einen ordnungsgemäß unterschriebenen Zahlschein oder auf elektronischem Wege (vom vorlegenden Gericht Telebanking genannt) eingeleitet wird, sowohl von Nr. 3 als auch von Nr. 23 des Art. 4 erfasst.

50.      Zwar fragt das vorlegende Gericht den Gerichtshof nicht ausdrücklich nach der Überweisungstechnik im Ganzen, sondern nach dem unterschriebenen Zahlschein und der Erteilung von Überweisungsaufträgen im Onlinebanking. Bei einem unterschriebenen und dem Zahlungsdienstleister übergebenen Zahlschein oder der Erteilung eines Zahlungsauftrags im Onlinebanking handelt es sich weniger um „[ein] personalisierte[s] Instrument und/oder [einen] personalisierte[n] Verfahrensablauf, das bzw. der zwischen dem Zahlungsdienstnutzer und dem Zahlungsdienstleister vereinbart wurde und das bzw. der vom Zahlungsdienstnutzer eingesetzt werden kann, um einen Zahlungsauftrag zu erteilen“(8), als um den Zahlungsauftrag selbst, d. h. „[einen] Auftrag, den ein Zahler … seinem Zahlungsdienstleister zur Ausführung eines Zahlungsvorgangs erteilt“(9).

51.      Jedoch ist die Frage des vorlegenden Gerichts meines Erachtens über ihren Wortlaut hinaus darauf gerichtet, ob die Schritte, die die Durchführung eines Transfers von Geldbeträgen ermöglichen, nämlich das Ausfüllen und eigenhändige Unterschreiben des Zahlscheins und seine Übergabe an den Zahlungsdienstleister oder die Erteilung eines Überweisungsauftrags im Onlinebanking im Ganzen gesehen ein „Zahlungsinstrument“ im Sinne der Richtlinie darstellen.

52.      Dies vorausgeschickt, ist die Richtlinie meines Erachtens auf Überweisungen anwendbar, unabhängig davon, ob sie mit einem vom Zahler eigenhändig unterschriebenen Zahlschein oder elektronisch eingeleitet werden. In Art. 4 Nr. 3 wird der Begriff „Zahlungsdienst“ als „jede im Anhang aufgeführte gewerbliche Tätigkeit“ definiert; in Nr. 3 dieses Anhangs wird „[die] Ausführung von Zahlungsvorgängen einschließlich des Transfers von Geldbeträgen auf ein Zahlungskonto beim Zahlungsdienstleister des Nutzers oder bei einem anderen Zahlungsdienstleister: … Ausführung von Überweisungen einschließlich Daueraufträgen“ genannt.

53.      Sodann erfüllt die Überweisung die in Art. 4 Nr. 23 der Richtlinie genannten Kriterien, da sie einen Verfahrensablauf darstellt, der entweder auf elektronischem Weg oder unter Verwendung eines Papierträgers dem Zahlungsdienstnutzer und Zahler ermöglicht, seinem Zahlungsdienstleister, oft einer Bank, den Auftrag zu erteilen, Geldbeträge von seinem Konto auf das Konto, das der Zahlungsempfänger bei seinem eigenen Zahlungsdienstleister eröffnet hat, zu übertragen.

54.      Die Anerkennung einer Überweisung als Zahlungsinstrument wird durch die Praxis der Europäischen Zentralbank (EZB), Überweisungen („credit transfers“) unter den Zahlungsinstrumenten im einheitlichen Euro-Zahlungsverkehrsraum („Single Euro Payments Area“ [SEPA]) aufzuführen, bestätigt(10).

55.      Diese Schlussfolgerung wird auch unterstützt durch die neue, „Folgenabschätzung“ genannte Studie (im Folgenden: Folgenabschätzung) vom 24. Juli 2013, Begleitunterlage zum Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Zahlungsdienste im Binnenmarkt, zur Änderung der Richtlinien 2002/65/EG, 2013/36/EU und 2009/110/EG sowie zur Aufhebung der Richtlinie 2007/64/EG (KOM[2013] 547 endgültig, im Folgenden: Richtlinienvorschlag)(11).

56.      Diese Folgenabschätzung, die aktuell nur auf Englisch zur Verfügung steht, stuft Überweisungen („credit transfers“) wiederholt als Zahlungsinstrumente ein, indem sie z. B. feststellt, dass „[p]ayment cards, followed by credit transfers and direct debits, are the most popular non-cash payment instruments in the EU“(12).

57.      Man muss sich in diesem Stadium in Erinnerung rufen, dass Art. 52 Abs. 3 der Richtlinie das Recht des Zahlungsempfängers, Aufschläge zu berechnen („Surcharging“), betrifft, d. h. das Recht des Zahlungsempfängers, dem Kunden (Zahler) die Kosten aufzuerlegen, die infolge der Wahl eines bestimmten Zahlungsinstruments durch diesen Kunden entstanden sind.

58.      Wie sich aus der Folgenabschätzung ergibt, ist die Berechnung von Aufschlägen bei kartenbasierten Zahlungen sehr gebräuchlich(13). Diese Feststellung findet sich im 63. Erwägungsgrund des Richtlinienvorschlags wieder(14), aber der Umstand, dass hauptsächlich bei der Verwendung von Zahlungskarten Zuschläge berechnet werden, und selbst die Möglichkeit, dass Art. 52 Abs. 3 der Richtlinie auf der Grundlage dieser Feststellung verfasst wurde, reichen nicht aus, um die anderen Zahlungsinstrumente, wie Überweisungen, aus seinem Anwendungsbereich auszuschließen.

59.      Jedenfalls ist die Ansicht der deutschen Regierung, der unterschriebene Zahlschein stelle im Gegensatz zur Überweisung im Onlinebanking kein Zahlungsinstrument dar, nicht überzeugend. Es würde nämlich, wie die Kommission in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, jeder Logik entbehren, diese beiden Methoden der Verwendung des gleichen Zahlungsinstruments, nämlich der Überweisung, unterschiedlich zu behandeln.

60.      Auf die zweite Frage ist somit zu antworten, dass eine Überweisung von Geldbeträgen („credit transfer“), die entweder mit einem vom Zahler eigenhändig unterschriebenen Zahlschein oder im Onlinebanking („Telebanking“) eingeleitet wurde, als „Zahlungsinstrument“ im Sinne von Art. 4 Nr. 23 und Art. 52 Abs. 3 der Richtlinie anzusehen ist.

C –    Zur dritten Vorlagefrage

61.       Mit seiner dritten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 52 Abs. 3 Satz 2 der Richtlinie die Republik Österreich ermächtigt, in § 27 Abs. 6 ZaDiG ein Verbot der Berechnung von Aufschlägen einzuführen, das allgemein anwendbar ist und insbesondere nicht zwischen den verschiedenen Zahlungsinstrumenten differenziert.

62.      Zu dieser Frage ist der Verein für Konsumenteninformation, der insoweit von der österreichischen, der deutschen, der französischen, der italienischen und der portugiesischen Regierung sowie von der Kommission unterstützt wird, der Meinung, dass das in § 27 Abs. 6 ZaDiG aufgestellte generelle Verbot der Berechnung von Aufschlägen Art. 52 Abs. 3 der in Rede stehenden Richtlinie korrekt umsetze.

63.      Zum einen fördere diese Vorschrift nämlich die Verwendung von vom Standpunkt des Zahlers aus effizienten Zahlungsinstrumenten, indem sie dem Zahlungsempfänger verbiete, zusätzliche Entgelte zu erheben, und ihm gleichzeitig erlaube, Ermäßigungen anzubieten, um einen Anreiz für die Verwendung von Instrumenten zu schaffen, die aus seiner Sicht effizienter erschienen.

64.      Zum anderen fördere diese Vorschrift den Wettbewerb, indem sie die Preistransparenz erhöhe, da die Erhebung zusätzlicher Entgelte im Zusammenhang mit der Nutzung eines Zahlungsinstruments den Vergleich der auf dem Markt angebotenen Preise für die Verbraucher erschwere.

65.      Darüber hinaus sind die deutsche Regierung und die Kommission der Ansicht, dass Art. 52 Abs. 3 Satz 2 der Richtlinie bei der Option, die Berechnung von Aufschlägen generell zu verbieten oder zu begrenzen, um den Wettbewerb und die Nutzung effizienter Zahlungsinstrumente zu fördern oder einer missbräuchlichen Preisgestaltung durch den Zahlungsempfänger vorzubeugen, ein weites Ermessen einräume.

66.      T‑Mobile Austria beruft sich erstens darauf, dass Art. 52 Abs. 3 der Richtlinie den Mitgliedstaaten nicht erlaube, ein generelles Verbot auszusprechen, sondern nur das Verbot, ein Entgelt für die Benutzung eines bestimmten Zahlungsinstruments zu verlangen.

67.      Zweitens trägt sie vor, dass nach Art. 52 Abs. 3 der Richtlinie ein solches Verbot der Notwendigkeit Rechnung tragen müsse, den Wettbewerb und die Nutzung effizienter Zahlungsinstrumente zu fördern. Ein generelles Verbot treffe aber effiziente und nicht effiziente Zahlungsinstrumente gleichermaßen. Weiter führt sie in dieser Hinsicht aus, der 42. Erwägungsgrund der Richtlinie präzisiere, dass die Mitgliedstaaten beschließen könnten, die Berechnung von Aufschlägen zu verbieten, wenn dies ihrer Auffassung nach angesichts missbräuchlicher Preisgestaltung oder möglicher nachteiliger Auswirkungen der Preisgestaltung auf die Nutzung eines bestimmten Zahlungsinstruments gerechtfertigt sei, was bei der streitigen Klausel nicht der Fall sei.

68.      Drittens ist sie der Ansicht, dass eine Auslegung der Richtlinie im Licht des Rechts auf Berufsfreiheit und des Eigentumsrechts (Art. 15 und 17 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union) erlauben müsse, zusätzliche Kosten, die sich aus ineffizienten Zahlungsweisen wie Zahlscheinen ergäben, zu verrechnen.

69.      Ich teile den vom Verein für Konsumenteninformation, von der österreichischen, der deutschen, der französischen, der italienischen und der portugiesischen Regierung sowie von der Kommission vertretenen Standpunkt.

70.      Wie die deutsche Regierung und die Kommission bin ich der Ansicht, dass der Wortlaut von Art. 52 Abs. 3 der Richtlinie den Mitgliedstaaten ein weites Ermessen für die Entscheidung einräumt, ob und wie sie von der Möglichkeit Gebrauch machen möchten, die Berechnung von Aufschlägen zu verbieten oder zu begrenzen. Satz 2 dieses Artikels bestimmt nämlich ganz klar, dass die „Mitgliedstaaten … das Recht auf Erhebung von Entgelten untersagen oder begrenzen [können]“, mit der einzigen Einschränkung, dass „der Notwendigkeit Rechnung zu tragen [ist], den Wettbewerb und die Nutzung effizienter Zahlungsinstrumente zu fördern“.

71.      Der 42. Erwägungsgrund der Richtlinie bestätigt, dass es die Absicht des Unionsgesetzgebers war, den Mitgliedstaaten dieses weite Ermessen einzuräumen Nach diesem Erwägungsgrund „können die Mitgliedstaaten beschließen, [die Berechnung von Aufschlägen] zu verbieten oder einzuschränken, wenn dies ihrer Auffassung nach angesichts missbräuchlicher Preisgestaltung oder möglicher nachteiliger Auswirkungen der Preisgestaltung auf die Nutzung eines bestimmten Zahlungsinstruments gerechtfertigt ist“(15).

72.      Die Mitgliedstaaten können somit die Praxis der Berechnung von Aufschlägen verbieten oder begrenzen, selbst generell, um den Wettbewerb und die Nutzung effizienter Zahlungsinstrumente zu fördern oder einer missbräuchlichen Preisgestaltung vorzubeugen.

73.      T‑Mobile Austria betont die Verwendung des Begriffs „bestimmtes Zahlungsinstrument“(16) in Art. 52 Abs. 3 Satz 1 der Richtlinie und trägt vor, ein generelles Verbot der Berechnung von Aufschlägen sei nicht möglich. Auf dieser Grundlage macht sie geltend, die Richtlinie gebe den Mitgliedstaaten nur die Möglichkeit, die Berechnung von Aufschlägen für bestimmte Zahlungsinstrumente zu verbieten oder zu begrenzen, und zwar unter der Voraussetzung, dass jede Entscheidung über ein Verbot oder eine Begrenzung getroffen werde, „um der Notwendigkeit Rechnung zu tragen, den Wettbewerb und die Nutzung effizienter Zahlungsinstrumente zu fördern“.

74.      Meines Erachtens ist es logisch, das Art. 52 Abs. 3 Satz 1 der Richtlinie auf ein „bestimmtes Zahlungsinstrument“ Bezug nimmt, da keine Rede davon sein kann, dem Zahlungsdienstleister zu verbieten, einem Zahlungsempfänger die Berechnung von Aufschlägen nur in dem Fall zu verwehren, in dem er die Aufschläge auf alle Zahlungsinstrumente anwenden würde. Aber die Folge ist natürlich, dass diese Worte im zweiten Satz dieses Artikels nicht verwendet werden, da die Mitgliedstaaten den Umfang des Verbots oder der Begrenzung der Berechnung von Aufschlägen frei bestimmen können (z. B. nur auf bestimmte Zahlungsinstrumente).

75.      In der mündlichen Verhandlung wies die österreichische Regierung auf die Gründe hin, die den österreichischen Gesetzgeber veranlasst haben, die Berechnung von Aufschlägen generell zu verbieten. In den Erläuterungen der Begründung zu § 27 Abs. 6 ZaDiG wird das Interesse der Transparenz und des Wettbewerbs angeführt(17). Auch wenn es Sache des vorlegenden Gerichts ist, die Erwägungen des Berufungsgerichts zu bestätigen, nämlich dass das generelle Verbot der Berechnung von Aufschlägen den in Art. 52 Abs. 3 der Richtlinie genannten Erwägungen des Allgemeininteresses(18) ausreichend „Rechnung getragen“ hat, scheint es, dass der österreichische Gesetzgeber die Grenzen des Ermessens, das ihm in diesem Artikel und im 42. Erwägungsgrund der Richtlinie eingeräumt worden ist, beachtet hat. Zu den im Allgemeininteresse liegenden Zielen, die in Art. 52 Abs. 3 der Richtlinie genannt sind, sind meines Erachtens einige ergänzende Überlegungen angebracht.

76.      Die Folgenabschätzung hat gezeigt, dass die Praxis der Berechnung von Aufschlägen oft zu einer missbräuchlichen Preisgestaltung durch einige Händler führte, nämlich zu Entgelten, die gegenüber den Kosten des Händlers für den Abschluss der Transaktion unverhältnismäßig hoch waren, insbesondere in dem Fall, in dem die Verbraucher zusätzliche Entgelte nicht durch Verwendung eines anderen Zahlungsinstruments vermeiden konnten(19).

77.      Dieselbe Studie macht deutlich, dass Aufschläge auch berechnet wurden, um zusätzliche Einkünfte zu erzielen, anstatt zu dem Zweck, das tatsächliche Entgelt, das der Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers diesem bei der Nutzung eines Zahlungsinstruments in Rechnung gestellt hat, auf den Zahler abzuwälzen(20).

78.      Um diese Art von Missbrauch und die enorme Schwierigkeit, die Übereinstimmung der tatsächlichen Kosten mit dem geforderten Entgelt genau zu ermitteln, zu vermeiden, besteht für die Mitgliedstaaten in Art. 52 Abs. 3 der Richtlinie die Möglichkeit, die Berechnung von Aufschlägen ganz einfach zu verbieten(21).

79.      Im vorliegenden Fall stellte sich die Frage, ob das Entgelt in Höhe von 3 Euro, das T‑Mobile Austria dem Zahler in Rechnung gestellt hatte, den tatsächlichen Kosten entsprach, die T‑Mobile dadurch entstanden, dass der Zahler die Begleichung der Rechnung durch Überweisung gewählt hatte. Wie die französische Regierung ausführt, hat der Zahlungsempfänger, der Geldbeträge aus einer inländischen oder europäischen Überweisung erhält, im Allgemeinen ein sehr geringes oder sogar kein Entgelt zu entrichten. Die Gutschrift auf dem Konto des Zahlungsempfängers erfolgt nämlich, außer im Fall einer unvollständigen Anweisung, automatisch, ohne aktives Eingreifen des Zahlungsdienstleisters.

80.      In ihren schriftlichen Erklärungen hat T‑Mobile Austria dagegen ausgeführt, dass die Bearbeitung von Zahlungen, die mit Zahlschein erfolgt seien, beträchtliche Kosten verursache, ohne dies näher zu erläutern; sie hat auch nicht auf das Vorbringen der französischen Regierung geantwortet, da sie an der mündlichen Verhandlung nicht teilgenommen hat.

81.      Es ist deshalb sehr gut möglich, dass die 3 Euro, die T‑Mobile Austria für jeden Überweisungsauftrag in Rechnung stellte, nicht bezweckten, das von ihr gezahlte Entgelt auf die Kunden abzuwälzen, sondern Letztere davon abzuhalten, ihre Rechnungen mittels Überweisung zu begleichen, denn im Gegensatz zum Bankeinzug, insbesondere im Lastschriftverfahren, ermöglicht das Verfahren der Überweisung dem Zahlungsempfänger nicht, den Zahlungsvorgang einzuleiten. Diese Praxis stünde nicht in Einklang mit Art. 52 Abs. 3, der die Zahlungsempfänger ermächtigt, entweder ein Entgelt für ihre tatsächlichen Kosten zu erheben oder Ermäßigungen anzubieten, um einen Anreiz für die Zahler zu schaffen, Zahlungsinstrumente zu verwenden, die aus der Sicht des Zahlungsempfängers effizienter sind. Somit entspricht die Entscheidung des österreichischen Gesetzgebers, die Berechnung von Aufschlägen zu verbieten, voll und ganz dem Ziel, das der Unionsgesetzgeber in den 42. Erwägungsgrund der Richtlinie eingefügt hat, nämlich einer missbräuchlichen Preisgestaltung vorzubeugen.

82.      Was die in Art. 52 Abs. 3 der Richtlinie genannte Förderung des Wettbewerbs betrifft, ist das öffentliche Interesse an der Preistransparenz zu beachten, die von einer Vorschrift wie § 27 Abs. 6 ZaDiG geschützt wird(22). Wie die österreichische Regierung nämlich bemerkt, verhindert das generelle Verbot der Berechnung von Aufschlägen, dass ein Unternehmen vom Kunden bei der Nutzung eines bestimmten Zahlungsinstruments einen höheren Endpreis als den mitgeteilten fordert, den der Kunde mit anderen Preisangeboten vergleicht.

83.      Auch die Merkmale des im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Sektors sind zu berücksichtigen. Unter den Mobilfunkanbietern herrscht ein harter Wettbewerb hinsichtlich der Abonnementpreise, der Minutenpreise und der Pauschalangebote. Wie die österreichische Regierung ausführt, vergleichen die Verbraucher für ihre Entscheidung, ein bestimmtes Abonnement zu kaufen, die Preise und nicht die Entgelte für die Nutzung von Zahlungsinstrumenten.

84.      Was die Förderung effizienter Zahlungsinstrumente betrifft, die auch in Art. 52 Abs. 3 der Richtlinie genannt ist, betont T‑Mobile Austria zu Recht die Notwendigkeit, die Interessen sowohl der Zahlungsempfänger als auch der Zahler zu berücksichtigen. Diese beiden Gruppen haben zwar oft gegensätzliche Interessen, doch ist in der Richtlinie nicht vorgesehen, dass den Interessen der einen Gruppe gegenüber den Interessen der anderen Gruppe der Vorzug zu gewähren ist.

85.      Jedoch darf man nicht vergessen, dass Art. 52 Abs. 3 der Richtlinie und § 27 Abs. 6 ZaDiG T‑Mobile Austria erlauben, ihren Kunden Ermäßigungen anzubieten, um Anreize für sie zu schaffen, Zahlungsinstrumente zu nutzen, die aus ihrer Sicht effizienter sind.

86.      Allerdings können, selbst wenn T‑Mobile Austria das Lastschriftverfahren als das effizienteste Zahlungsinstrument betrachtet, einige Zahler aus Gründen, die mit der Art ihres Bankkontos oder ihrem Wunsch, die Rechnung vor der Zahlung zu prüfen, zusammenhängen, noch die Überweisung vorziehen.

87.      Wie der Verein für Konsumenteninformation ausführt, haben manche Verbraucher Bankkonten, für die ein Lastschriftverfahren nicht oder nur für sehr begrenzte Beträge möglich ist (was bei Studenten oder Beziehern der „Mindestrente“ usw. der Fall ist). Wenn in ihrem Fall das Guthaben auf dem Konto nicht ausreicht, um die Einziehung zu decken, stellt die Bank dem Zahler und nicht dem Zahlungsempfänger die Gebühr für die Ablehnung in Rechnung, was keine zusätzlichen Kosten für den Zahlungsempfänger bedeutet. Vom Standpunkt dieser Verbraucher aus ist also die Überweisung das effizienteste Zahlungsinstrument, weil es ihnen ermöglicht, ein Ausführungsdatum zu wählen, an dem ihr Konto ein ausreichendes Guthaben aufweist, um die Zahlung unter Beachtung der vom Zahlungsempfänger festgesetzten Frist vorzunehmen. Außerdem ermöglicht die Überweisung, im Gegensatz zur Einzugsermächtigung, dem Verbraucher, die Rechnung vor der Zahlung zu prüfen. Mit anderen Worten, die Effizienz des Zahlungsinstruments darf nicht nur von Seiten des Zahlungsempfängers beurteilt werden.

88.      Im Übrigen kann eine Vorschrift wie § 27 Abs. 6 ZaDiG dadurch, dass sie Regeln und Praktiken vorschreibt, die zu einer Ausübung der Berufsfreiheit unter Achtung des Wettbewerbs, der Effizienz der Zahlungsinstrumente und der Verbraucher notwendig sind, nicht, wie T‑Mobile Austria vorträgt, ihre Grundrechte, insbesondere ihr Eigentumsrecht und ihr Recht auf Berufsfreiheit, die in den Art. 15 und 17 der Charta enthalten sind, beeinträchtigen.

89.      Das Vorbringen von T‑Mobile Austria, das sich auf Art. 19 der Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Rechte der Verbraucher, zur Abänderung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates und der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 85/577/EWG des Rates und der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates(23) stützt, ist auch zu verwerfen. Nach diesem Artikel sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, „Unternehmern [zu verbieten], von Verbrauchern für die Nutzung von Zahlungsmitteln Entgelte zu verlangen, die über die Kosten hinausgehen, die dem Unternehmer für die Nutzung [eines bestimmten] Zahlungsmittel[s] entstehen“. Diese den Mitgliedstaaten auferlegte Pflicht enthält nichts, was ihre Möglichkeit, die Berechnung von Aufschlägen generell zu verbieten, beeinträchtigt.

90.      Nach alledem ist auf die dritte Frage meines Erachtens zu antworten, dass Art. 52 Abs. 3 der Richtlinie dahin auszulegen ist, dass er der Anwendung nationaler Vorschriften wie § 27 Abs. 6 ZaDiG, die ein generelles, nicht zwischen den verschiedenen Zahlungsinstrumenten differenzierendes Verbot der Erhebung von Entgelten durch den Zahlungsempfänger vorsehen, nicht entgegensteht.

91.      Dieses Ergebnis wäre nicht anders, wenn der Gerichtshof bei der zweiten Frage entscheiden würde, dass Überweisungen, die im Onlinebanking oder auf einem Papierträger ausgeführt werden, sowie der unterschriebene Zahlschein keine Zahlungsinstrumente darstellen.

92.      In diesem Fall würde es nämlich, wie der Verein für Konsumenteninformation und die deutsche Regierung ausführen, den Mitgliedstaaten jederzeit freistehen, die Berechnung von Aufschlägen bei der Nutzung der Überweisung zur Durchführung von Zahlungen zu verbieten, da nach Art. 86 der Richtlinie ihr Art. 52 Abs. 3 keine harmonisierte Vorschrift ist. Eine solche Entscheidung würde somit in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fallen, weil die Richtlinie nicht anwendbar wäre.

D –    Zeitliche Begrenzung der Wirkungen des Urteils

93.      Für den Fall, dass der Gerichtshof zu dem Ergebnis kommen sollte, dass die Überweisung als Zahlungsinstrument im Sinne der Richtlinie anzusehen ist und dass Art. 52 Abs. 3 der Richtlinie einem generellen Verbot der Berechnung von Aufschlägen wie in § 27 Abs. 6 ZaDiG nicht entgegensteht, beantragt T‑Mobile Austria die Begrenzung der zeitlichen Wirkungen des Urteils.

94.      T‑Mobile Austria trägt vor, ein solcher Fall hätte massive finanzielle Auswirkungen auf die Telekommunikationsunternehmen nicht nur in Österreich, sondern in allen Mitgliedstaaten, in denen die Berechnung von Aufschlägen erlaubt sei, und auf die Unternehmen anderer Wirtschaftszweige, die in diesen Mitgliedstaaten Aufschläge berechneten.

95.      Insoweit ist daran zu erinnern, dass nach ständiger Rechtsprechung die Auslegung einer Vorschrift des Unionsrechts durch den Gerichtshof in Ausübung der ihm durch Art. 267 AEUV verliehenen Befugnis, die Bedeutung und Tragweite dieser Vorschrift, so wie sie seit ihrem Inkrafttreten zu verstehen und anzuwenden ist oder gewesen wäre, erläutert und verdeutlicht. Daraus folgt, dass die Gerichte die Vorschrift in dieser Auslegung auch auf Rechtsverhältnisse, die vor Erlass des auf das Ersuchen um Auslegung ergangenen Urteils entstanden sind, anwenden können und müssen, wenn alle sonstigen Voraussetzungen für die Anrufung der zuständigen Gerichte in einem die Anwendung dieser Vorschrift betreffenden Streit vorliegen(24).

96.      Nur ganz ausnahmsweise kann der Gerichtshof also aufgrund des allgemeinen unionsrechtlichen Grundsatzes der Rechtssicherheit die für die Betroffenen bestehende Möglichkeit beschränken, sich auf die Auslegung, die er einer Bestimmung gegeben hat, zu berufen, um in gutem Glauben begründete Rechtsverhältnisse in Frage zu stellen. Eine solche Beschränkung ist nur dann zulässig, wenn zwei grundlegende Kriterien erfüllt sind, nämlich guter Glaube der Betroffenen und die Gefahr schwerwiegender Störungen(25).

97.      Wie der Gerichtshof im Urteil Santander Asset Management SGIIC u. a. bemerkt hat, hat er „auf diese Lösung nur unter ganz bestimmten Umständen zurückgegriffen, namentlich, wenn eine Gefahr schwerwiegender wirtschaftlicher Auswirkungen bestand, die insbesondere mit der großen Zahl von Rechtsverhältnissen zusammenhingen, die gutgläubig auf der Grundlage der als gültig betrachteten Regelung eingegangen worden waren, und wenn sich herausstellte, dass die Einzelnen und die nationalen Behörden zu einem mit dem Unionsrecht unvereinbaren Verhalten veranlasst worden waren, weil eine objektive, bedeutende Unsicherheit hinsichtlich der Tragweite der Unionsbestimmungen bestand, zu der eventuell auch das Verhalten anderer Mitgliedstaaten oder der Kommission beigetragen hatte“(26).

98.      Im vorliegenden Fall hat T‑Mobile Austria, wie der Gerichtshof im Urteil Santander Asset Management SGIIC u. a. festgestellt hat, „nichts vorgetragen, was dem Gerichtshof die Beurteilung erlaubte, ob für [sie] tatsächlich die Gefahr schwerwiegender wirtschaftlicher Auswirkungen besteht“(27). Überdies hat sie, obwohl sie in ihren schriftlichen Erklärungen ohne weitere Ausführungen nur „massive finanzielle Auswirkungen“ genannt hat, nicht an der mündlichen Verhandlung teilgenommen, in der sie diesen Punkt hätte klären und die Entgelte, die sie ihren Kunden rechtswidrig in Rechnung gestellt haben soll, hätte beziffern können.

99.      Ferner lag keine „objektive, bedeutende Unsicherheit hinsichtlich der Tragweite der Unionsbestimmungen …, zu der eventuell auch das Verhalten anderer Mitgliedstaaten oder der Kommission beigetragen hatte“, vor, da, wie die Folgenabschätzung gezeigt hat, 14 Mitgliedstaaten die Berechnung von Aufschlägen allgemein verboten haben(28), da die Kommission niemals gegen diese Vorschriften eingeschritten ist und da selbst eine der Regierungen der Mitgliedstaaten, die die Berechnung von Zuschlägen erlauben, nämlich die deutsche Regierung, die Auffassung vertreten hat, dass ein generelles Verbot der Berechnung von Aufschlägen, wie es in § 27 Abs. 6 ZaDiG enthalten ist, mit Art. 52 Abs. 3 der Richtlinie vereinbar sei.

100. Demnach besteht kein Anlass, die zeitlichen Wirkungen des vorliegenden Urteils zu begrenzen.

VI – Ergebnis

101. Ich schlage dem Gerichtshof somit vor, die Vorabentscheidungsfragen des Obersten Gerichtshofs wie folgt zu beantworten:

1.      Art. 52 Abs. 3 der Richtlinie 2007/64/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2007 über Zahlungsdienste im Binnenmarkt, zur Änderung der Richtlinien 97/7/EG, 2002/65/EG, 2005/60/EG und 2006/48/EG sowie zur Aufhebung der Richtlinie 97/5/EG findet auf das Vertragsverhältnis zwischen einem Mobilfunkbetreiber als Zahlungsempfänger und seinem Kunden (Verbraucher) als Zahler Anwendung.

2.      Eine Überweisung („credit transfer“), die entweder mit einem vom Zahler eigenhändig unterschriebenen Zahlschein oder im Onlinebanking („Telebanking“) eingeleitet wurde, ist als „Zahlungsinstrument“ im Sinne von Art. 4 Nr. 23 und Art. 52 Abs. 3 der Richtlinie 2007/64 anzusehen.

3.      Art. 52 Abs. 3 der Richtlinie 2007/64 ist dahin auszulegen, dass er der Anwendung nationaler Vorschriften wie § 27 Abs. 6 ZaDiG, die ein generelles, nicht zwischen den verschiedenen Zahlungsinstrumenten differenzierendes Verbot der Erhebung von Entgelten durch den Zahlungsempfänger vorsehen, nicht entgegensteht.


1 – Originalsprache: Französisch.


2 – ABl. L 319, S. 1.


3 – Urteil vom 16. Dezember 2008, Cartesio (C‑210/06, Slg. 2008, I‑9641, Randnr. 96).


4 – Ebd. (Randnr. 67). Vgl. auch Urteil vom 7. Juni 2007, van der Weerd u. a. (C‑222/05 bis C‑225/05, Slg. 2007, I‑4233, Randnr. 22).


5 – Hervorhebung nur hier.


6 – Gemäß der englischen Sprachfassung „‚payment instrument‘ means any personalised device(s) and/or set of procedures“ und nach der griechischen Sprachfassung „‚μέσο πληρωμών‘: κάθε εξατομικευμένος μηχανισμός ή/και σειρά διαδικασιών“.


7 – Hervorhebung nur hier.


8 – Art. 4 Nr. 23 der Richtlinie.


9 – Art. 4 Nr. 16 der Richtlinie.


10 – Vgl. Internetseiten http://www.ecb.europa.eu/paym/pol/activ/instr/html/index.en.html; http://www.ecb.europa.eu/paym/sepa/about/instruments/html/index.en.html.


11 – Nach den Ausführungen der Kommission in der mündlichen Verhandlung ist der Grund für diesen Vorschlag u. a. die Notwendigkeit, die Praxis der Mitgliedstaaten zur Frage des Verbots der Berechnung von Aufschlägen zu harmonisieren. Die Folgenabschätzung zeigt nämlich, dass 14 Mitgliedstaaten die Berechnung von Aufschlägen allgemein verboten haben, während zwölf Mitgliedstaaten sie erlauben und ein einziger, nämlich das Königreich Dänemark, sie nur gegenüber der Nutzung von Debitkarten verbietet.


12 – „Zahlungskarten sind vor Überweisungen und Debitkarten die beliebtesten bargeldlosen Zahlungsinstrumente in der EU“. Vgl. Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen (SWD[2013] 288 final, S. 7).


13 – Vgl. Folgenabschätzung, S. 131.


14 – Vgl. COM(2013) 547: „surcharging is in practice limited to card-based payments“ („die Zuschlagsberechnung beschränkt sich in der Praxis auf kartenbasierte Zahlungen“).


15 – Hervorhebung nur hier.


16 – Hervorhebung nur hier.


17 – Abrufbar auf der Internetseite des Parlaments der Republik Österreich: http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXIV/I/I_00207/fname_159443.pdf (im Folgenden: Erläuterungen der Begründung, S. 34).


18 – Vgl. Nr. 16 dieser Schlussanträge, am Ende.


19 – Vgl. Folgenabschätzung, S. 158.


20 – Ebd. (S. 135).


21 – In der aktuellen Fassung beseitigt der Richtlinienvorschlag zum einen die Möglichkeit der Mitgliedstaaten, die Berechnung von Aufschlägen zu verbieten oder zu begrenzen, sieht zum anderen aber vor, dass die geforderten Entgelte nicht höher sein dürfen als die Kosten, die dem Zahlungsempfänger für die Nutzung eines Zahlungsinstruments entstehen (vgl. Art. 55 Abs. 3 des Vorschlags für eine Richtlinie). Darüber hinaus verbietet er die Berechnung von Aufschlägen für die Nutzung von Zahlungsinstrumenten, für die im Rahmen einer neuen Verordnung über Interbankenentgelte für kartengebundene Zahlungsvorgänge (vgl. Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über Interbankenentgelte für kartengebundene Zahlungsvorgänge, KOM[2013] 550 endgültig) Interbankenentgelte festgelegt wurden (vgl. Art. 55 Abs. 4 des Richtlinienvorschlags). In der mündlichen Verhandlung hat die Kommission erklärt, dass, obwohl der Richtlinienvorschlag die Berechnung von Aufschlägen verbiete, die höher seien als die tatsächlichen Kosten, er nichts vorsehe, das dem Zahler ermögliche, zu überprüfen, dass das ihm auferlegte Entgelt nicht höher sei als das des Zahlungsempfängers, was meines Erachtens zu zahlreichen Rechtsstreitigkeiten führen wird. Die Diskussion in der vorliegenden Rechtssache über die Mehrkosten von 3 Euro, die bei einer Zahlung durch Überweisung auferlegt wurden, veranschaulicht dies.


22 – Vgl. Erklärungen zur Begründung, S. 34.


23 – ABl. L 304, S. 64.


24 – Vgl. Urteile vom 3. Oktober 2002, Barreira Pérez (C‑347/00, Slg. 2002, I‑8191, Randnr. 44), vom 17. Februar 2005, Linneweber und Akritidis (C‑453/02 und C‑462/02, Slg. 2005, I‑1131, Randnr. 41), sowie vom 6. März 2007, Meilicke u. a. (C‑292/04, Slg. 2007, I‑1835, Randnr. 34).


25 – Vgl. Urteile vom 10. Januar 2006, Skov und Bilka (C‑402/03, Slg. 2006, I‑199, Randnr. 51), vom 3. Juni 2010, Kalinchev (C‑2/09, Slg. 2010, I‑4939, Randnr. 50), und vom 10. Mai 2012, Santander Asset Management SGIIC u. a. (C‑338/11 bis C‑347/11, Randnr. 59).


26 – Randnr. 60. Vgl. auch Urteile vom 27. April 2006, Richards (C‑423/04, Slg. 2006, I‑3585, Randnr. 42), und Kalinchev (oben in Fn. 25 angeführt, Randnr. 51).


27 – Randnr. 62. Vgl. in diesem Sinn Urteile vom 21. Oktober 2010, Albron Catering (C‑242/09, Slg. 2010, I‑10309, Randnr. 38), sowie vom 18. Oktober 2012, Mednis (C‑525/11, Randnr. 45).


28 – Vgl. Fn. 11 dieser Schlussanträge.