Language of document : ECLI:EU:C:2016:43

Rechtssache C‑430/14

Valsts ieņēmumu dienests

gegen

Artūrs Stretinskis

(Vorabentscheidungsersuchen der Augstākā tiesa)

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Zollunion – Zollkodex der Gemeinschaften – Art. 29 Abs. 1 Buchst. d – Zollwertermittlung – Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 – Art. 143 Abs. 1 Buchst. h – Begriff der ‚verbundenen Personen‘ im Hinblick auf die Ermittlung des Zollwerts – Verwandtschaftliche Verbindungen zwischen dem Käufer, bei dem es sich um eine natürliche Person handelt, und dem Leiter der verkaufenden Gesellschaft“

Leitsätze – Urteil des Gerichtshofs (Fünfte Kammer) vom 21. Januar 2016

Zollunion – Gemeinsamer Zolltarif – Zollwert – Transaktionswert – Festsetzung – Begriff der verbundenen Personen – Verwandtschaftliche Verbindungen zwischen dem Käufer, bei dem es sich um eine natürliche Person handelt, und dem Leiter der verkaufenden Gesellschaft – Verwandter des Käufers, der innerhalb der juristischen Person die Macht hat, den Kaufpreis der Waren zugunsten dieses Käufers zu beeinflussen – Einbeziehung

(Verordnung Nr. 2913/92 des Rates, Art. 29 Abs. 1 Buchst. d; Verordnung Nr. 2454/93 der Kommission, Art. 143 Abs. 1 Buchst. h)

Art. 143 Abs. 1 Buchst. h der Verordnung Nr. 2454/93 mit Durchführungsvorschriften zu der Verordnung Nr. 2913/92 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften in der durch die Verordnung Nr. 46/1999 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass ein Käufer, bei dem es sich um eine natürliche Person handelt, und ein Verkäufer, bei dem es sich um eine juristische Person handelt, innerhalb deren ein Verwandter des Käufers die tatsächliche Macht hat, den Kaufpreis der Waren zugunsten dieses Käufers zu beeinflussen, als verbundene Personen im Sinne von Art. 29 Abs. 1 Buchst. d der genannten Verordnung Nr. 2913/92 in der durch die Verordnung Nr. 82/97 geänderten Fassung anzusehen sind.

In Art. 143 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2454/93 sind nämlich Art. 29 Abs. 2 Buchst. a des Zollkodex entsprechend die Situationen angeführt, in denen der Kaufpreis der betroffenen Waren durch die zwischen den Parteien des Geschäfts bestehende Verbundenheit beeinflusst worden sein kann. Gemäß Art. 143 Abs. 1 Buchst. h der genannten Verordnung ist dies insbesondere dann der Fall, wenn diese Parteien Mitglieder derselben Familie sind.

Die Gefahr, dass miteinander verwandte Personen den Kaufpreis eingeführter Waren beeinflussen, besteht aber auch dann, wenn es sich beim Verkäufer um eine juristische Person handelt, innerhalb deren ein Verwandter des Käufers die Macht hat, den Kaufpreis zugunsten des Letzteren zu beeinflussen.

Unter diesen Umständen und im Hinblick auf die mit der Zollwertregelung der Union verfolgten Ziele könnte es die praktische Wirksamkeit von Art. 29 Abs. 1 Buchst. d des Zollkodex beeinträchtigen, von vornherein auszuschließen, dass ein Käufer und ein Verkäufer als verbundene Personen im Sinne des Art. 143 Abs. 1 Buchst. h der Verordnung Nr. 2454/93 angesehen werden können, weil eine der Parteien des Kaufvertrags eine juristische Person ist. In diesem Fall würde den Zollbehörden nämlich die Möglichkeit genommen, gemäß Art. 29 Abs. 2 Buchst. a des Zollkodex die Begleitumstände des betreffenden Verkaufs zu prüfen, obwohl Gründe zu der Annahme bestünden, dass der Zollwert der eingeführten Waren durch eine zwischen dem Käufer und einem Mitglied der verkaufenden juristischen Person bestehende verwandtschaftliche Verbundenheit beeinflusst werden konnte.

Für die Beurteilung, ob eine natürliche Person innerhalb der verkaufenden juristischen Person die Macht hat, den Kaufpreis eingeführter Waren zugunsten eines mit ihr verwandten Käufers zu beeinflussen, bilden die von ihr innerhalb dieser juristischen Person ausgeübten Funktionen oder, gegebenenfalls, der Umstand, dass sie dort als Einzige tätig ist, maßgebliche Faktoren, die die Zollbehörden zu berücksichtigen haben.

(vgl. Rn. 24-29, 31 und Tenor)