Language of document : ECLI:EU:T:2010:297

URTEIL DES GERICHTS (Achte Kammer)

Nicht vertrauliche Fassung

8. Juli 2010(*)

„Staatliche Beihilfen – Ausbildungsbeihilfen – Entscheidung, mit der die Beihilfe für mit dem Gemeinsamen Markt teils vereinbar und teils unvereinbar erklärt wird – Erforderlichkeit der Beihilfe – Positive externe Effekte – Begründungspflicht“

In der Rechtssache T‑396/08

Freistaat Sachsen (Deutschland),

Land Sachsen-Anhalt (Deutschland),

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte T. Müller-Ibold und T. Graf,

Kläger,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch F. França, K. Gross und B. Martenczuk als Bevollmächtigte,

Beklagte,

wegen teilweiser Nichtigerklärung der Entscheidung 2008/878/EG der Kommission vom 2. Juli 2008 über die staatliche Beihilfe, die Deutschland zugunsten von DHL gewähren will (ABl. L 312, S. 31),

erlässt

DAS GERICHT (Achte Kammer)

unter Mitwirkung der Präsidentin M. E. Martins Ribeiro sowie der Richter S. Papasavvas (Berichterstatter) und A. Dittrich,

Kanzler: T. Weiler, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 13. Januar 2010

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Die DHL-Gruppe (im Folgenden: DHL) gehört zu den führenden Konzernen im Sektor für Expresssendungen. Ihre Anteile werden zu 100 % von der Deutsche Post AG gehalten.

2        Nach Verhandlungen mit verschiedenen Flughäfen beschloss DHL im Jahr 2005, ihr europäisches Luftfrachtdrehkreuz ab dem Jahr 2008 von Brüssel (Belgien) nach Leipzig/Halle (Deutschland) zu verlegen.

3        DHL errichtete so in Leipzig/Halle ein neues Logistikzentrum für Expresssendungen und Luftfracht mit einem Gesamtinvestitionsvolumen von 250 000 000 Euro, das seit April 2008 vollständig in Betrieb ist. Im Rahmen dieser Ansiedlung wurde DHL eine Regionalbeihilfe in Höhe von 70 855 000 Euro gewährt, hinsichtlich deren die Kommission der Europäischen Gemeinschaften keine Einwände erhob (Entscheidung vom 20. April 2004: Staatliche Beihilfe Nr. N 608/2003 – Luftlogistikzentrum von DHL Airways GmbH in Leipzig/Halle).

4        Das Logistikzentrum wird von der DHL Hub Leipzig GmbH und der European Air Transport Leipzig GmbH betrieben, die beide über andere Tochterunternehmen zu 100 % im Eigentum der Deutschen Post stehen. DHL Hub Leipzig ist für die Bodenabfertigungsdienste im Zusammenhang mit der Luftfrachtbeförderung verantwortlich und European Air Transport Leipzig für die technische Kontrolle der Flugzeugflotte von DHL.

5        Im Logistikzentrum werden die Bodenabfertigungsdienste sowie die Preflight- und Ramp-Checks für alle ankommenden und abgehenden Flugzeuge durchgeführt.

6        Mit Schreiben vom 21. Dezember 2006 meldeten die deutschen Behörden gemäß Art. 88 Abs. 3 EG ein Ausbildungsbeihilfevorhaben zugunsten von DHL bei der Kommission an. Sie teilten dabei ihre Absicht mit, die von DHL geplanten Ausbildungsmaßnahmen für 485 Beschäftigte ihres Logistikzentrums in Höhe von 7 753 307 Euro zu bezuschussen. Diese Beihilfe sollte je zur Hälfte durch den Freistaat Sachsen und das Land Sachsen-Anhalt bereitgestellt werden.

7        Mit Schreiben vom 27. Juni 2007 teilte die Kommission der Bundesrepublik Deutschland ihre Entscheidung mit, das Verfahren nach Art. 88 Abs. 2 EG zu eröffnen. Diese Entscheidung und die Aufforderung an alle Beteiligten zur Abgabe einer Stellungnahme zu der beabsichtigten Beihilfe wurden im Amtsblatt der Europäischen Union vom 12. September 2007 (ABl. C 213, S. 28) veröffentlicht.

8        Mit Schreiben vom 26. September bzw. 15. und 26. Oktober 2007 reichten die Bundesrepublik Deutschland, DHL und UPS Deutschland Stellungnahmen ein.

9        Mit Schreiben vom 16. und 20. November 2007 übermittelte die Kommission den deutschen Behörden die Stellungnahmen von DHL und UPS Deutschland und forderte sie zur Äußerung auf. Die genannten Behörden kamen dem mit Schreiben vom 14. Dezember 2007 nach.

10      Mit E-Mails vom 12. Februar und 5. Juni 2008 bat die Kommission die deutschen Behörden um zusätzliche Auskünfte. Die Antworten darauf erfolgten mit Schreiben vom 14. Februar, 31. März und 17. Juni 2008.

 Angefochtene Entscheidung

11      Am 2. Juli 2008 erließ die Kommission die Entscheidung 2008/878/EG über die staatliche Beihilfe, die Deutschland zugunsten von DHL gewähren will (ABl. L 312, S. 31; im Folgenden: angefochtene Entscheidung).

12      Darin stellte sie fest, dass sich die fragliche Beihilfe zum einen auf Kosten in Höhe von [vertraulich](1) Euro beziehe, die DHL auf jeden Fall, also auch ohne die Beihilfe, tragen müsste, und zum anderen auf Kosten in Höhe von [vertraulich] Euro für Ausbildungsmaßnahmen, die über das gesetzlich vorgeschriebene und das für den Betrieb des Unternehmens notwendige Maß hinausgingen.

13      Sie war deshalb der Auffassung, dass der Teil der Beihilfe, der für die betreffenden Ausbildungsmaßnahmen nicht erforderlich sei, nicht zu zusätzlichen Ausbildungsmaßnahmen führe, sondern normale betriebliche Aufwendungen des Unternehmens decke und somit eine Senkung der üblicherweise von diesem zu tragenden Kosten ermögliche. Daher hielt sie diesen Teil der Beihilfe für geeignet, zu einer Wettbewerbsverzerrung und Beeinträchtigung der Handelsbedingungen zu führen, so dass er sich nicht auf der Grundlage von Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG rechtfertigen lasse. Nach der Feststellung, dass auch keiner der anderen in Art. 87 Abs. 2 und 3 EG genannten Ausnahmetatbestände gegeben sei, kam sie somit zu dem Ergebnis, dass die Beihilfe in Höhe von 6 175 198 Euro, die Kosten in Höhe von [vertraulich] Euro entspreche, nicht die Kriterien der Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt erfülle.

14      Bei den übrigen angemeldeten Maßnahmen, die Kosten von [vertraulich] Euro ausmachten und einem Beihilfebetrag von 1 578 109 Euro entsprächen, war sie dagegen der Ansicht, dass sie die in Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG niedergelegten Kriterien für die Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt erfüllten.

15      Art. 1 der angefochtenen Entscheidung lautet:

„Artikel 1

Die staatliche Beihilfe, die [die Bundesrepublik] Deutschland zugunsten von DHL gewähren will, ist in Höhe von 6 175 198 [Euro] nicht mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar.

Der übrige Teil der staatlichen Beihilfe in Höhe von 1 578 109 [Euro], die [die Bundesrepublik] Deutschland zugunsten von DHL gewähren will, ist gemäß Artikel 87 [EG] mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar.“

 Verfahren und Anträge der Parteien

16      Mit Klageschrift, die am 15. September 2008 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, haben die Kläger, der Freistaat Sachsen und das Land Sachsen-Anhalt, die vorliegende Klage erhoben.

17      Auf Bericht des Berichterstatters hat das Gericht (Achte Kammer) beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen.

18      Die Parteien haben in der Sitzung vom 13. Januar 2010 mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet.

19      Die Kläger beantragen,

–        Art. 1 Abs. 1 der angefochtenen Entscheidung für nichtig zu erklären;

–        der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

20      Die Kommission beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        den Klägern die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

21      Die Kläger stützen ihre Klage auf fünf Klagegründe, nämlich im Wesentlichen erstens einen Verstoß gegen die Verordnung (EG) Nr. 68/2001 der Kommission vom 12. Januar 2001 über die Anwendung der Artikel 87 [EG] und 88 [EG] auf Ausbildungsbeihilfen (ABl. L 10, S. 20), zweitens die Verkennung der positiven externen Effekte der fraglichen Ausbildungsmaßnahmen, drittens die Missachtung der Anreizeffekte der Beihilfe für die Standortwahl, viertens die Anwendung unsachgemäßer Kriterien bei der Beurteilung der Erforderlichkeit der Beihilfe und fünftens eine unzureichende Begründung.

22      Das Gericht hält es im vorliegenden Fall für sachgerecht, den ersten, den dritten und den vierten Klagegrund zu prüfen, bevor es in die Würdigung des zweiten und dann des fünften Klagegrundes eintritt.

 Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen die Verordnung Nr. 68/2001

 Vorbringen der Parteien

23      Nach Ansicht der Kläger widerspricht die Einführung eines Erforderlichkeitskriteriums als Voraussetzung für die Vereinbarkeit der in Rede stehenden Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt den in der Verordnung Nr. 68/2001 vorgesehenen Prüfungskriterien.

24      Sie machen zum Ersten geltend, diese Verordnung sehe keine Prüfung der Erforderlichkeit von Ausbildungsbeihilfen vor. Nach ihrem Art. 4 beurteile sich nämlich die Vereinbarkeit einer Ausbildungsbeihilfe mit dem Gemeinsamen Markt nach deren Intensität und den beihilfefähigen Kosten. Die Prüfung der Erforderlichkeit der Beihilfe sei dagegen weder für die Ausbildungsbeihilfen unterhalb des Freistellungsschwellenwerts nach Art. 5 der Verordnung noch für die Ausbildungsbeihilfen über diesem Schwellenwert vorgesehen. Die Behauptung, die Erforderlichkeit der Ausbildungsbeihilfen werde nach der Verordnung Nr. 68/2001 deshalb geprüft, weil sie für die freigestellten Beihilfen vermutet werde (59. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung), sei falsch, weil die Erforderlichkeit, wenn sie vermutet werde, nicht geprüft zu werden brauchte.

25      Zum Zweiten seien die Kriterien der Verordnung Nr. 68/2001 auch für die Beihilfen oberhalb des Freistellungsschwellenwerts verbindlich. Zunächst einmal ergebe sich nämlich aus dem vierten Erwägungsgrund und der Entstehungsgeschichte dieser Verordnung, dass diese vor allem aus Gründen der Rechtssicherheit verbindliche Kriterien für die Prüfung der Ausbildungsbeihilfen über dem Freistellungsschwellenwert festlege. Wenn die Kommission neue Prüfkriterien für die nicht freigestellten Beihilfen einführen könnte, ginge insoweit die Rechtssicherheit verloren, wodurch der vierte Erwägungsgrund seines Zwecks beraubt würde. Auch gehe aus der Verordnung Nr. 68/2001, die den Gemeinschaftsrahmen für Ausbildungsbeihilfen (ABl. 1998, C 343, S. 10; im Folgenden: Gemeinschaftsrahmen von 1998) ersetzt habe, nicht hervor, dass die Prüfung der Erforderlichkeit der Beihilfen gegenüber diesem Gemeinschaftsrahmen, der eine solche Prüfung für die Beihilfen für allgemeine Ausbildung und die Beihilfen in den benachteiligten Regionen nicht vorgesehen habe, habe verschärft werden sollen. Insoweit könne der besagte Gemeinschaftsrahmen, auch wenn er nicht mehr fortgelte, im vorliegenden Fall doch als Auslegungshilfe dienen. Im Übrigen gehe, selbst wenn in anderen Sprachfassungen von einer Ersetzung des Gemeinschaftsrahmens von 1998 durch diese Verordnung die Rede sei, die Kontinuität zwischen diesen Texten aus der deutschen Fassung des vierten Erwägungsgrundes der Verordnung Nr. 68/2001 hervor. Schließlich dürften nach der Verordnung Nr. 68/2001 die anmeldepflichtigen und die nicht anmeldepflichtigen Ausbildungsbeihilfen, was das Erforderlichkeitskriterium angehe, nicht unterschiedlich behandelt werden, da sich diese beiden Beihilfekategorien nur in ihrer Höhe, nicht aber in ihrer Intensität unterschieden.

26      Auf das Vorbringen der Kommission, dass die Beihilfe wegen ihrer Höhe gemäß dem 16. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 68/2001 auf der Grundlage von Art. 87 Abs. 3 EG zu prüfen sei, erwidern die Kläger, dass diese Verordnung mit dem genannten Erwägungsgrund nicht ihre Anwendung insgesamt ausschließe, sondern nur die Freistellung von der Anmeldungspflicht, was auch durch Art. 5 dieser Verordnung bestätigt werde. Insoweit stünden die Erwägungsgründe 4 und 16 dieser Verordnung nicht in Widerspruch zueinander. Der 16. Erwägungsgrund stelle nämlich in Verbindung mit Art. 5 klar, dass eine Anmeldung in bestimmten Fällen erforderlich sei, während der vierte Erwägungsgrund regele, anhand welcher materieller Kriterien die Kommission ihre Prüfung vorzunehmen habe. Der in der Verordnung Nr. 68/2001 angelegte Unterschied zwischen den freigestellten und den nicht freigestellten Beihilfen bestehe auch allein darin, dass bei den Erstgenannten die Kontrolle durch die Kommission ex ante erfolge. Anders als die Kommission behaupte, gelte deshalb für die nicht freigestellten Beihilfen kein strengerer Prüfungsmaßstab. Ferner könne nicht behauptet werden, dass es keinen Sinn ergebe, die Prüfung durch die Kommission auf die technischen Voraussetzungen der Verordnung Nr. 68/2001 zu beschränken. Die Prüfung dieser Voraussetzungen erfordere nämlich die Beurteilung wirtschaftlich komplexer Sachverhalte, und die Begrenzung der Freistellung auf Beihilfen bestimmter Höhe gehe auf andere Überlegungen zurück, die vor allem darauf abzielten, dass die Kommission ihre Ressourcen auf die wichtigsten Fälle konzentrieren könne. Deshalb sei die Kommission zu Unrecht der Ansicht, dass Art. 87 Abs. 3 EG die Beurteilungsgrundlage für die nicht freigestellten Beihilfen sei, denn die materielle Prüfung der Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt habe insbesondere anhand der Kriterien zu erfolgen, die in der Verordnung Nr. 68/2001 niedergelegt seien. Unter diesen Umständen müssten die fraglichen Beihilfen, da die Kommission nicht bestritten habe, dass sie den Freistellungskriterien der Verordnung Nr. 68/2001 entsprächen, gemäß deren viertem Erwägungsgrund als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden.

27      Zum Dritten könne die Kommission von den Prüfkriterien für Ausbildungsbeihilfen nur abweichen, wenn Besonderheiten des Einzelfalls dies rechtfertigten, was hier nicht der Fall sei. Zunächst sei die Verordnung Nr. 68/2001 einschließlich ihres vierten Erwägungsgrundes gemäß Art. 249 Abs. 2 EG verbindlich, so dass von den in ihr niedergelegten Grundsätzen nicht abgewichen werden dürfe. Außerdem könnten der Rat oder die Kommission nach der Rechtsprechung, wenn sie Regelungen mit allgemeiner Geltung erließen, nicht im Einzelfall davon abweichen. Selbst wenn aber der vierte Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 68/2001 unrichtigerweise nicht als verbindlich angesehen würde, gehöre er dennoch zu den Maßnahmen mit allgemeiner Geltung, mit denen sich die Kommission in der Ausübung ihres Ermessens binde und deren Bindungswirkung von der Rechtsprechung bestätigt worden sei.

28      Die Formulierung im vierten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 68/2001, insbesondere die Verwendung des Begriffs „in erster Linie“, bedeute nicht, dass die Kommission nach Belieben neue Kriterien für die Prüfung der nicht freigestellten Ausbildungsbeihilfen einführen könne. Vielmehr bedeute diese Formulierung, dass allein die in dieser Verordnung niedergelegten Kriterien die Regel für die Prüfung der Ausbildungshilfen seien, was im Übrigen auch der Praxis der Kommission entspreche. Die Prüfung anhand anderer Kriterien müsse dagegen die Ausnahme bleiben und sei nur zulässig, wenn die Besonderheiten des Einzelfalls sie rechtfertigten. So ergebe sich aus dem vierten Erwägungsgrund, dass andere Kriterien nicht „in erster Linie“ geprüft würden, d. h., sie würden nicht immer geprüft, sondern nur ausnahmsweise. Alle Sprachfassungen der Verordnung zeigten, dass ein solches Regel-Ausnahme-Verhältnis bestehe. Die Kommission sei somit zu Unrecht der Auffassung, dass der Wortlaut der Verordnung Nr. 68/2001 keine Anhaltspunkte dafür liefere, dass eine Prüfung anderer Kriterien auf Ausnahmefälle beschränkt werden müsse. Im vorliegenden Fall habe die Kommission aber den Rückgriff auf das Erforderlichkeitskriterium nicht mit den Besonderheiten des Einzelfalls begründet, da die angefochtene Entscheidung nur allgemeine Erwägungen enthalte.

29      Insoweit weisen die Kläger darauf hin, dass eine Änderung des in der Verordnung Nr. 68/2001 vorgesehenen Prüfungsrahmens durch die Einführung der Prüfung der Erforderlichkeit der Beihilfe nicht durch Einzelentscheidungen gerechtfertigt werden könne, die die Bindungswirkung dieser Verordnung nicht berühren könnten. So könne nur eine Handlung auf gleicher Normebene eine allgemeine Abweichung von dem mit der genannten Verordnung festgelegten Prüfungsrahmen begründen. Der Verweis der Kommission in der angefochtenen Entscheidung auf ihre Entscheidungen 2006/938/EG vom 4. Juli 2006 über die staatliche Beihilfe, die Belgien dem Unternehmen Ford Genk gewähren will (ABl. L 366, S. 32; im Folgenden: Ford-Genk-Entscheidung), und 2007/612/EG vom 4. April 2007 über die staatliche Beihilfe, die Belgien dem Unternehmen General Motors Belgium in Antwerpen zu gewähren beabsichtigt (ABl. L 243, S. 71; im Folgenden: GM-Antwerpen-Entscheidung), sei deshalb irrelevant, weil diese Entscheidungen eine allgemeine Abweichung von den Prüfungskriterien der Verordnung Nr. 68/2001 nicht rechtfertigen könnten. Mit dem Erlass der Verordnung (EG) Nr. 800/2008 vom 6. August 2008 zur Erklärung der Vereinbarkeit bestimmter Gruppen von Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt in Anwendung der Artikel 87 [EG] und 88 [EG] (ABl. L 214, S. 3), die u. a. die Verordnung Nr. 68/2001 ersetze und das Erforderlichkeitskriterium als Vereinbarkeitsvoraussetzung für eine Beihilfe einführe, habe die Kommission außerdem anerkannt, dass sich die Einführung der Prüfung der Erforderlichkeit der Beihilfe nicht auf Einzelentscheidungen stützen lasse, sondern einen Akt allgemeiner Natur erfordere.

30      In ihrer Erwiderung treten die Kläger ferner dem Vorbringen der Kommission entgegen, dass sie nicht durch ihre vorherige Entscheidungspraxis gebunden sei. Die von der Kommission insoweit angeführte Rechtsprechung betreffe nämlich nur die Bindungswirkung einer Entscheidungspraxis angesichts entgegenstehenden höherrangigen Rechts und nicht die Bindung an einen Rechtsakt allgemeiner Geltung wie die Verordnung Nr. 68/2001, die nach der Rechtsprechung und dem Vertrag Bindungswirkung habe. Auch weisen die Kläger dazu, dass in dem Papier der Kommission vom 7. Juni 2005 mit dem Titel „Aktionsplan staatliche Beihilfen: Weniger und besser ausgerichtete staatliche Beihilfen – Roadmap zur Reform des Beihilferechts 2005-2009“ (KOM[2005] 107 endg., Nrn. 18 und 20) von der Prüfung der Erforderlichkeit der Beihilfen die Rede gewesen sei, darauf hin, dass dieser Aktionsplan ein zukünftiges Handeln ankündige, „aber nicht [ersetzt]“. Zudem habe die Kommission in einer Reihe von nach der Veröffentlichung dieses Plans ergangenen Entscheidungen nicht die Erforderlichkeit der Beihilfen geprüft. Im Übrigen führten die mehrfachen Änderungen der Entscheidungspraxis der Kommission zu Rechtsunsicherheit. Die Kommission habe nämlich ihre Entscheidungspraxis nicht nur einmal verfeinert, sondern innerhalb kürzester Zeit unterschiedliche Prüfungskriterien angewandt. Die Kläger verweisen insoweit auf die Entscheidung der Kommission vom 16. Mai 2006 betreffend die staatliche Beihilfe N 653/2005 – Webasto Portugal (ABl. C 306, S. 12, 14; im Folgenden: Webasto-Entscheidung) sowie auf die Ford-Genk- und die GM-Antwerpen-Entscheidung. Es habe daher keine klare Ankündigung einer generellen Änderung der Prüfungspraxis der Kommission gegeben. Zudem sei die jüngere Praxis der Kommission weder transparent noch kohärent.

31      Die Kläger widersprechen auch dem Vorbringen der Kommission, dass sie nach der Rechtsprechung gezwungen sei, die Erforderlichkeit der nicht freigestellten Ausbildungsbeihilfen zu prüfen. Die Rechtsprechung stehe nämlich nicht dem Bestehen von Rechtsvorschriften entgegen, nach denen in bestimmten Fällen die Erforderlichkeit nicht geprüft werden müsse. Denn solche Vorschriften seien rechtmäßig, wenn sie sich auf die Praxis und die daraus gewonnenen Erfahrungen stützten. Im vorliegenden Fall entspreche aber der Verzicht der Kommission auf die Prüfung der Erforderlichkeit der Beihilfe im Rahmen der Verordnung Nr. 68/2001 ihren Erfahrungen und ihrer früheren Entscheidungspraxis sowie der Verordnung (EG) Nr. 994/98 des Rates vom 7. Mai 1998 über die Anwendung der Artikel [87 EG] und [88 EG] auf bestimmte Gruppen horizontaler Beihilfen (ABl. L 142, S. 1).

32      Mit keinem der Argumente der Kommission lasse sich deshalb die Anwendung von nicht in der Verordnung Nr. 68/2001 vorgesehenen Kriterien bei der Prüfung der nicht freigestellten Ausbildungsbeihilfen rechtfertigen.

33      Aufgrund all dessen sind die Kläger der Ansicht, dass die Kommission durch die Einführung einer allgemeinen Prüfung der Erforderlichkeit der in Rede stehenden Beihilfe unzulässigerweise von den in der Verordnung Nr. 68/2001 vorgesehenen Kriterien abgewichen sei und damit gegen diese sowie gegen die Grundsätze der Gleichbehandlung und des Vertrauensschutzes verstoßen habe.

34      Nach Auffassung der Kommission, die dem Vorbringen der Kläger entgegentritt, verstößt die Prüfung des Erforderlichkeitskriteriums nicht gegen die Verordnung Nr. 68/2001.

 Würdigung durch das Gericht

35      Die Verordnung Nr. 994/98 ermächtigt die Kommission, gemäß Art. 87 EG zu erklären, dass Ausbildungsbeihilfen unter bestimmten Voraussetzungen mit dem Gemeinsamen Markt zu vereinbaren sind und nicht der Anmeldungsverpflichtung nach Art. 88 Abs. 3 EG unterliegen.

36      Auf der Grundlage dieser Verordnung erließ die Kommission die Verordnung Nr. 68/2001. Diese sieht u. a. in ihrem Art. 3 Abs. 1 vor, dass außerhalb von Beihilferegelungen gewährte Einzelbeihilfen, die alle in ihr aufgestellten Voraussetzungen erfüllen, im Sinne von Art. 87 Abs. 3 EG mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar sind und nicht der Anmeldungspflicht nach Art. 88 Abs. 3 EG unterliegen.

37      Nach Art. 5 der Verordnung Nr. 68/2001 gilt diese Freistellung nicht für Beihilfen, deren Höhe für ein einzelnes Ausbildungsvorhaben eines Unternehmens 1 Million Euro übersteigt. Wie nämlich aus dem 16. Erwägungsgrund dieser Verordnung hervorgeht, sollten Ausbildungsbeihilfen in größerer Höhe von der Kommission vor ihrer Durchführung weiterhin einzeln geprüft werden.

38      Im vorliegenden Fall steht fest, dass die fragliche Beihilfe den Schwellenwert des Art. 5 der Verordnung Nr. 68/2001 überschreitet. Sie konnte somit nicht auf der Grundlage dieser Verordnung und insbesondere ihres Art. 3 Abs. 1 als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar und von der Anmeldepflicht freigestellt angesehen werden.

39      Deshalb musste die Kommission, wie sie im 46. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung zutreffend festgestellt hat, gemäß dem 16. Erwägungsgrund und Art. 5 der Verordnung Nr. 68/2001 die Vereinbarkeit der fraglichen Beihilfe vor der Genehmigung von deren Durchführung individuell beurteilen. Entgegen dem Vorbringen der Kläger konnte diese Prüfung, wie von der Kommission im 46. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, auf der Grundlage von Art. 87 Abs. 3 EG erfolgen. Da nämlich die fragliche Beihilfe nicht als auf der Grundlage der Verordnung Nr. 68/2001 mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden kann (oben, Randnr. 38), konnte wie bei jeder nach Art. 88 EG angemeldeten Beihilfe, die nicht aufgrund einer Bestimmung des abgeleiteten Rechts als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden kann, die individuelle Prüfung ihrer Vereinbarkeit durch die Kommission auf der Grundlage von Art. 87 Abs. 3 EG erfolgen (vgl. in diesem Sinne entsprechend Urteil des Gerichtshofs vom 24. Juli 2003, Altmark Trans und Regierungspräsidium Magdeburg, C‑280/00, Slg. 2003, I‑7747, Randnrn. 37 und 102).

40      Für diese individuelle Würdigung prüfte die Kommission, wie im 46. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung angegeben, ob die in Art. 4 der Verordnung Nr. 68/2001 festgelegten formalen Freistellungskriterien erfüllt waren (Erwägungsgründe 47 bis 49 der angefochtenen Entscheidung), was hier im Übrigen der Fall war, und ob die fragliche Beihilfe als Anreiz notwendig war, damit der Beihilfeempfänger die Ausbildungsmaßnahme durchführte (Erwägungsgründe 50 bis 96 der angefochtenen Entscheidung).

41      Somit ist zu prüfen, ob die Kommission für die Zwecke der Prüfung dieser Beihilfe nicht nur die in der Verordnung Nr. 68/2001 aufgestellten Kriterien, sondern, was von den Klägern in Abrede gestellt wird, auch das Erforderlichkeitskriterium berücksichtigen durfte.

42      Insoweit ist erstens daran zu erinnern, dass Art. 87 Abs. 3 EG, anhand dessen die fragliche Beihilfe geprüft wurde, der Kommission einen weiten Ermessensspielraum bei der Zulassung von Beihilfen unter Abweichung von dem allgemeinen Verbot des Art. 87 Abs. 1 EG zugesteht (Urteile des Gerichtshofs vom 21. März 1990, Belgien/Kommission, C‑142/87, Slg. 1990, I‑959, Randnr. 56, und vom 11. Juli 1996, SFEI u. a., C‑39/94, Slg. 1996, I‑3547, Randnr. 36; Urteil des Gerichts vom 8. Juli 2004, Technische Glaswerke Ilmenau/Kommission, T‑198/01, Slg. 2004, II‑2717, Randnr. 148).

43      Wenn die Kommission Ausbildungsbeihilfen, die nicht von der Anmeldung freigestellt sind, individuell prüft, kann ihre Beurteilung nicht auf die von der Verordnung Nr. 68/2001 festgelegten materiellen Beurteilungskriterien beschränkt sein.

44      Aus dem vierten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 68/2001 geht hervor, dass durch diese die Möglichkeit der Mitgliedstaaten, Ausbildungsbeihilfen anzumelden, nicht berührt wird und dass die angemeldeten Regelungen von der Kommission in erster Linie anhand der in der Verordnung festgelegten Kriterien geprüft werden bzw. in Übereinstimmung mit den einschlägigen Bestimmungen der für bestimmte Wirtschaftssektoren eingeführten Gemeinschaftsrahmen und ‑leitlinien, sofern es solche gibt. Die Verwendung des Ausdrucks „in erster Linie“ in diesem Erwägungsgrund deutet klar darauf hin, dass die in der Verordnung festgelegten Kriterien nicht die einzigen sind, anhand deren die Kommission die bei ihr angemeldeten Ausbildungsbeihilfevorhaben prüfen kann, was im Übrigen durch die englische („in particular“) und die französische („notamment“) Fassung dieses Erwägungsgrundes bestätigt wird. Somit ergibt sich aus diesem Erwägungsgrund, dass die Kommission zwar die bei ihr angemeldeten Vorhaben anhand der mit der Verordnung Nr. 68/2001 festgelegten Kriterien prüfen muss, diese aber nicht abschließend sind. Daher machen die Kläger in Bezug auf die nicht freigestellten Beihilfen zu Unrecht geltend, dass die Formulierung des vierten Erwägungsgrundes dieser Verordnung bedeute, dass die mit der Verordnung festgelegten Kriterien die Regel seien und die Prüfung anhand anderer Kriterien die nur in Einzelfällen zulässige Ausnahme darstelle. Das Vorbringen, dass das mit dem genannten Erwägungsgrund verfolgte Ziel der Rechtssicherheit nicht erreicht werden könne, wenn die Kommission bei der Prüfung nicht freigestellter Beihilfen andere Kriterien einführen könnte, ist zu verwerfen, denn einer solchen Auslegung steht der Wortlaut dieses Erwägungsgrundes entgegen. Gleiches gilt für das Vorbringen, dass in Bezug auf nicht freigestellte Beihilfen die Verordnung Nr. 68/2001 nicht ihre Anwendung allgemein, sondern nur die Freistellung von der Anmeldungspflicht ausschließe.

45      Unter diesen Bedingungen ist festzustellen, dass die Kommission die Vereinbarkeit der fraglichen Beihilfe durchaus anhand anderer als der in der Verordnung Nr. 68/2001 genannten Kriterien prüfen durfte. Die Kläger machen daher zu Unrecht geltend, dass alle Ausbildungsbeihilfen anhand der Verordnung Nr. 68/2001 geprüft werden müssten, deren Kriterien auch für die Beihilfen verbindlich seien, die die Freistellungsgrenze überschritten. Somit ist auch das gesamte Vorbringen zu verwerfen, nach dem die Kommission nur in Einzelfällen oder mit einer Handlung auf gleicher Normebene von den mit der Verordnung aufgestellten Kriterien abweichen könne.

46      Zweitens ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission eine Beihilfe nur für mit Art. 87 Abs. 3 EG vereinbar erklären kann, wenn sie feststellen kann, dass die Beihilfe zur Verwirklichung eines der angeführten Ziele beiträgt, die das begünstigte Unternehmen unter normalen Marktbedingungen mit eigenen Mitteln nicht erreichen könnte. Mit anderen Worten kann für eine Beihilfe nur dann eine der Ausnahmen des Art. 87 Abs. 3 EG greifen, wenn sie nicht nur einem der in Art. 87 Abs. 3 Buchst. a, b, c oder d EG genannten Ziele entspricht, sondern zur Erreichung dieser Ziele auch erforderlich ist (Urteil des Gerichts vom 7. Juni 2001, Agrana Zucker und Stärke/Kommission, T‑187/99, Slg. 2001, II‑1587, Randnr. 74).

47      Eine Beihilfe, die die finanzielle Lage des begünstigten Unternehmens verbessert, ohne zur Erreichung der in Art. 87 Abs. 3 EG vorgesehenen Ziele notwendig zu sein, kann nämlich nicht als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden (Urteil des Gerichtshofs vom 15. April 2008, Nuova Agricast, C‑390/06, Slg. 2008, I‑2577, Randnr. 68; vgl. in diesem Sinne auch Urteile des Gerichtshofs vom 24. Februar 1987, Deufil/Kommission, 310/85, Slg. 1987, 901, Randnr. 18, und vom 5. Oktober 1994, Deutschland/Kommission, C‑400/92, Slg. 1994, I‑4701, Randnrn. 12, 20 und 21).

48      In diesem Zusammenhang ist auch daran zu erinnern, dass Betriebsbeihilfen, d. h. Beihilfen, die ein Unternehmen von den Kosten befreien sollen, die es normalerweise im Rahmen seiner laufenden Geschäftsführung oder seiner üblichen Tätigkeiten zu tragen gehabt hätte, grundsätzlich die Wettbewerbsbedingungen verfälschen (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 19. September 2000, Deutschland/Kommission, C‑156/98, Slg. 2000, I‑6857, Randnr. 30 und die dort angeführte Rechtsprechung).

49      Im vorliegenden Fall war die Kommission im 50. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung der Ansicht, dass, hätte das Unternehmen die geförderten Ausbildungsmaßnahmen auf jeden Fall, auch ohne Beihilfe, durchgeführt, bei der betreffenden Beihilfe nicht davon ausgegangen werden könne, dass sie der „Förderung“ der Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige oder Wirtschaftsgebiete im Sinne des Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG diene oder dass sie gemäß dem 10. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 68/2001 dazu beitrage, die Marktschwäche auszugleichen, die dazu führe, dass Unternehmen im Allgemeinen zu wenig in die Ausbildung ihrer Beschäftigten investierten.

50      Dieser Beurteilung ist zuzustimmen.

51      Das Ziel der Ausbildungsbeihilfen besteht nämlich, wie sich aus dem 10. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 68/2001 ergibt, darin, die Marktschwäche auszugleichen, die damit zusammenhängt, dass die Unternehmen der Union im Allgemeinen zu wenig in die Ausbildung ihrer Beschäftigten investieren. Auch ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG Beihilfen zur Förderung der Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige oder Wirtschaftsgebiete als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden können, soweit sie die Handelsbedingungen nicht in einer Weise verändern, die dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft.

52      Deshalb ist in Anbetracht der oben in den Randnrn. 46 und 47 genannten Rechtsprechung eine Beihilfe, die eine Ausbildungsmaßnahme ermöglicht, die von einem Unternehmen ohne die Gewährung der Beihilfe insbesondere deshalb nicht durchgeführt worden wäre, weil dieses Unternehmen zu wenig in die Ausbildung investiert, als „erforderlich“ im Sinne dieser Rechtsprechung anzusehen. Nicht als erforderlich kann dagegen eine Beihilfe angesehen werden, die eine Ausbildungsmaßnahme ermöglicht, die von dem begünstigten Unternehmen auf jeden Fall, auch ohne Erhalt der Beihilfe, durchgeführt worden wäre. In diesem Fall würde nämlich die Beihilfe tatsächlich darauf abzielen, ein Unternehmen von den Kosten zu befreien, die es normalerweise im Rahmen seiner laufenden Geschäftsführung oder seiner üblichen Tätigkeiten zu tragen gehabt hätte, so dass sie nach der oben in Randnr. 48 angeführten Rechtsprechung grundsätzlich die Wettbewerbsbedingungen verfälschen würde. Die Kommission war somit auch zutreffend der Ansicht, dass die Ausbildungsbeihilfe nur dann im Sinne des Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar erklärt werden könne, wenn sie für die Tätigkeiten des begünstigten Unternehmens nicht unmittelbar erforderlich sei.

53      Die Bezugnahmen der Kläger auf den Gemeinschaftsrahmen von 1998, nach dem die Kommission unter bestimmten Voraussetzungen die Erforderlichkeit staatlicher Beihilfen vermute, sind nicht maßgeblich, da dieser Gemeinschaftsrahmen im vorliegenden Fall nicht anwendbar ist. Er wurde nämlich durch die Verordnung Nr. 68/2001 abgeschafft und ersetzt, wie aus deren viertem Erwägungsgrund klar hervorgeht. Dazu ist zwar festzustellen, dass in der deutschen Fassung dieses Erwägungsgrundes von einer Übernahme des Gemeinschaftsrahmens von 1998 in die Verordnung Nr. 68/2001 die Rede ist. Zahlreiche Sprachfassungen (insbesondere die französische, die englische, die italienische, die niederländische oder die spanische) sprechen jedoch von einer Ersetzung des Gemeinschaftsrahmens durch die Verordnung. Die Notwendigkeit einer einheitlichen Auslegung des Unionsrechts schließt aber eine isolierte Betrachtung nur einer Sprachfassung einer Vorschrift aus und gebietet es vielmehr, bei Zweifeln die Vorschrift im Licht der Fassungen in den anderen Amtssprachen auszulegen und anzuwenden (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 17. Oktober 1996, Lubella, C‑64/95, Slg. 1996, I‑5105, Randnr. 17 und die dort angeführte Rechtsprechung, und Urteil des Gerichts vom 31. Januar 2008, Federación de Cooperativas Agrarias de la Comunidad Valenciana/CPVO – Nador Cott Protection [Nadorcott], T‑95/06, Slg. 2008, II‑31, Randnr. 33). Somit ist davon auszugehen, dass die Verordnung Nr. 68/2001 den Gemeinschaftsrahmen von 1998 aufgehoben und ersetzt hat. Jedenfalls kann der Kommission nicht die Möglichkeit genommen werden, strengere Vereinbarkeitskriterien festzulegen, wenn die Entwicklung des Gemeinsamen Marktes und das Ziel eines unverfälschten Wettbewerbs auf dem Gemeinsamen Markt dies verlangen (Urteil des Gerichtshofs vom 14. April 2005, Belgien/Kommission, C‑110/03, Slg. 2005, I‑2801, Randnr. 73).

54      Das Vorbringen der Kläger in ihrer Erwiderung zur früheren Entscheidungspraxis der Kommission (oben, Randnr. 30) ist zurückzuweisen. Nach ständiger Rechtsprechung bildet nämlich allein Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG und nicht eine frühere Entscheidungspraxis der Kommission, ihr tatsächliches Bestehen einmal unterstellt, den Rahmen für die Prüfung der Rechtmäßigkeit einer Entscheidung, mit der die Kommission feststellt, dass eine neue Beihilfe die Tatbestandsmerkmale dieser Ausnahme nicht erfüllt (Urteil des Gerichtshofs vom 30. September 2003, Freistaat Sachsen u. a./Kommission, C‑57/00 P und C‑61/00 P, Slg. 2003, I‑9975, Randnrn. 52 und 53; Urteile des Gerichts vom 15. Juni 2005, Regione autonoma della Sardegna/Kommission, T‑171/02, Slg. 2005, II‑2123, Randnr. 177, und vom 4. März 2009, Italien/Kommission, T‑424/05, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 174). Außerdem hat sich die Kommission, wie aus der Webasto-, der Ford-Genk- und der GM-Antwerpen-Entscheidung hervorgeht, in ihren jüngeren Entscheidungen in Bezug auf nicht freigestellte Beihilfen nicht darauf beschränkt, die fraglichen Maßnahmen allein anhand der mit der Verordnung Nr. 68/2001 aufgestellten Kriterien zu untersuchen, sondern sie hat ebenso – wenn auch keiner einheitlichen Analyse folgend – ihre Erforderlichkeit geprüft, was im Übrigen von den Klägern auch eingeräumt wird.

55      Nach alledem hat die Kommission zu Recht die fragliche Beihilfe auf der Grundlage des Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG nicht nur anhand der in der Verordnung Nr. 68/2001 festgelegten Kriterien, sondern auch mit Blick auf den Erforderlichkeitsgrundsatz beurteilt.

56      Somit ist die Rüge zurückzuweisen, dass die Kommission gegen die Verordnung Nr. 68/2001 verstoßen habe, indem sie in ihre Beurteilung der Beihilfe das Kriterium ihrer Erforderlichkeit habe einfließen lassen.

57      Gleiches gilt für die Rüge, die auf den Grundsatz der Gleichbehandlung gestützt wird. Nach diesem Grundsatz dürfen nämlich vergleichbare Sachverhalte nicht unterschiedlich oder unterschiedliche Sachverhalte nicht gleich behandelt werden, sofern eine solche Behandlung nicht objektiv gerechtfertigt ist (Urteil des Gerichts vom 2. Oktober 2001, Martinez u. a./Parlament, T‑222/99, T‑327/99 und T‑329/99, Slg. 2001, II‑2823, Randnr. 150). Im vorliegenden Fall aber ist die Kommission, während die Verordnung Nr. 68/2001 hinsichtlich der nicht anmeldepflichtigen Ausbildungsbeihilfen die Prüfung des Erforderlichkeitskriteriums nicht ausdrücklich als Voraussetzung dafür vorschreibt, dass sie als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden können, in Bezug auf die bei ihr angemeldeten nicht freigestellten Beihilfen der Ansicht, dass u. a. zu prüfen sei, ob sie dieses Kriterium erfüllten. Darin liegt im Verhältnis zu den freigestellten Beihilfen sicherlich ein Unterschied. Dieser Unterschied begründet jedoch keinen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, da die nicht freigestellten Beihilfen in Anbetracht ihres höheren Betrags einen anderen Sachverhalt darstellen, wobei ihre größere Höhe gemäß dem 16. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 68/2001 impliziert, dass sie von der Kommission vor ihrer Durchführung einzeln geprüft werden.

58      Zur Rüge eines Verstoßes gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes ist festzustellen, dass die Kläger dafür nichts anderes vorbringen als für ihre Behauptung eines Verstoßes gegen die Verordnung Nr. 68/2001. Diese Rüge ist daher ebenfalls zurückzuweisen.

59      Nach alledem ist der erste Klagegrund zurückzuweisen.

 Zum dritten Klagegrund: Missachtung der Anreizeffekte der Beihilfe für die Standortwahl

 Vorbringen der Parteien

60      Die Kläger machen geltend, die Kommission habe die Erforderlichkeit der fraglichen Beihilfe zu Unrecht verneint, weil sie deren Anreizeffekt für die Wahl des Standorts Leipzig/Halle ignoriert habe.

61      Zum Ersten habe sich die Prüfung durch die Kommission fälschlicherweise auf die Situation von DHL nach der Entscheidung für diesen Standort beschränkt. Bei dieser Ex-post-Prüfung werde nämlich übersehen, dass die fragliche Beihilfe notwendig gewesen sei, damit sich DHL an dem betreffenden Standort ansiedele und dort auch die in Rede stehenden Ausbildungsmaßnahmen durchführe. Die Kommission hätte somit den Anreizeffekt berücksichtigen müssen, der sich daraus ergebe, dass die fraglichen Ausbildungsbeihilfen genau wie die von der Kommission am 20. April 2004 genehmigte regionale Beihilfe DHL vor deren Entscheidung für den Standort Leipzig/Halle zugesagt worden seien. Die Kläger betonen in diesem Zusammenhang, dass sie DHL auf ihre Bereitschaft hingewiesen hätten, Ausbildungsbeihilfen in maximal zulässigem Maß zu gewähren, und dass die Erhältlichkeit solcher Beihilfen für die Standortwahl entscheidend gewesen sei, was der Kommission von den deutschen Behörden auch mitgeteilt worden sei. So hätten diese die Kommission auf deren Frage, ob DHL vor der Entscheidung für den Standort Leipzig/Halle mit Ausbildungsbeihilfen rechne, darauf hingewiesen, dass die Möglichkeit, solche Beihilfen zu erhalten, für DHL ein entscheidungsrelevantes Kriterium für die Standortwahl sei und dass das Unternehmen diese Wahl davon abhängig gemacht habe. Die Kommission habe dies zu Unrecht mit der Begründung als unerheblich abgetan, dass die Ausbildungsbeihilfen im Unterschied zu regionalen Investitionsbeihilfen kein Kriterium für die Standortwahl darstellen könnten.

62      Erstens nämlich würden bei diesem Standpunkt der Gegenstand, aber auch das Ziel und die Wirkungen dieser zwei verschiedenen Beihilfearten miteinander vermengt. So sei zum einen Gegenstand einer Regionalbeihilfe die Unterstützung von Investitionen in Betriebsmittel, während eine Ausbildungsbeihilfe die Unterstützung von Investitionen in Humankapital zum Gegenstand habe. Beide Beihilfearten könnten daher kumulativ gewährt werden, da unterschiedliche Kosten gefördert würden, und die Kommission suggeriere in der angefochtenen Entscheidung zu Unrecht, dass die Ansiedlungsentscheidung von DHL mit den Investitionsbeihilfen abgegolten sei. Zum anderen könne eine Ausbildungsbeihilfe das Ziel und die Wirkung haben, eine Ansiedlungsentscheidung zu beeinflussen. Ein Standortnachteil, der sich aus einem Mangel an qualifizierten Arbeitnehmern ergebe, könne nämlich bei Ausbildungsdefiziten in den Fördergebieten durch Ausbildungsbeihilfen ausgeglichen werden. Dies gehe im Übrigen aus der Verordnung Nr. 68/2001 hervor, die in diesen Regionen höhere Beihilfeintensitäten zulasse, wenn durch die Beihilfen ein Ausbildungsanreiz geschaffen werde und sie somit die Standortwahl beeinflussten. Außerdem sei bei der Prüfung der Anreizeffekte von Regionalbeihilfen nicht zu prüfen, ob das ansiedlungswillige Unternehmen ohnehin beabsichtige, neue Produktionskapazitäten zu schaffen, da die Erforderlichkeit tatsächlich anhand des Einflusses der Beihilfe auf die Standortwahl geprüft werde. Die Kommission nenne aber keinen Grund, der dafür spreche, von diesem Ansatz im Zusammenhang mit den Ausbildungsbeihilfen abzuweichen. Zudem würde ihr Standpunkt es benachteiligten Standorten in Fördergebieten verwehren, durch Ausbildungsbeihilfen Anreize für die Wahl dieser Standorte als Ausbildungsorte zu schaffen, was u. a. im Widerspruch zu den Zielen der Lissabon‑Strategie und der Regionalpolitik der Union stehe.

63      In ihrer Erwiderung widersprechen die Kläger dem Vorbringen der Kommission, dass bei der Prüfung der Erforderlichkeit der Beihilfe von der Annahme ausgegangen werden müsse, dass DHL bereits ansässig gewesen sei, weil die Auswirkungen auf die Standortwahl den Regionalbeihilfen und nicht den Ausbildungsbeihilfen zuzurechnen seien. Wenn nämlich Unternehmen eine Entscheidung über ein „Greenfield-Investment“ träfen, prüften sie die verschiedenen Optionen unter Einbeziehung der zugesagten Beihilfen, und zwar sowohl der Regional- als auch der Ausbildungsbeihilfen. Der Ansatz der Kommission führe somit dazu, dass ein einheitlicher Sachverhalt künstlich in zwei unterschiedlich zu behandelnde Teile aufgespalten werde. Danach genüge es nämlich, wenn die Investitionsentscheidung getroffen sei, für die Regionalbeihilfen, dass sie beantragt gewesen seien, während bei den Ausbildungsbeihilfen das Unternehmen beweisen müsse, dass ohne die Beihilfen keine Ausbildung hätte stattfinden können. Somit würden Regionalbeihilfen und Ausbildungsbeihilfen ungleich behandelt, obwohl nichts dafür spreche, dass die Erforderlichkeit der Beihilfen je nach deren Art unterschiedlich beurteilt werden müsse. Tatsächlich sei zu prüfen, ob das geförderte Verhalten durch die Beihilfe veranlasst worden sei oder auf jeden Fall erfolgt wäre. Im vorliegenden Fall habe DHL bei ihrer Entscheidung für den Standort Leipzig/Halle sowohl die Regionalbeihilfen als auch die Ausbildungsbeihilfen berücksichtigt, so dass beide Beihilfearten ihre Ansiedlungsentscheidung beeinflusst hätten.

64      Die Kläger fügen unter Hinweis auf die Leitlinien für staatliche Beihilfen mit regionaler Zielsetzung (ABl. 1998, C 74, S. 9) aus dem Jahr 1998 hinzu, dass es auf die Prüfung der Beihilfen keinen Einfluss habe, dass die Standortwahl bereits getroffen sei, da die Erforderlichkeit der Beihilfe vielmehr davon abhänge, dass es Standortalternativen gebe. Außerdem könnten für die Feststellung, ob die Beihilfe erforderlich sei, die Kosten an einem Alternativstandort dahingestellt bleiben, weil die Höhe der förderfähigen Kosten nicht auf die Mehrkosten beschränkt sei, die durch die Wahl eines benachteiligten Standorts entstünden. Die Methode, nur die Kosten zu berücksichtigen, die sich aus der Differenz zwischen dem gewählten Standort und einem Alternativstandort in einem Nichtfördergebiet ergäben, die im Automobilsektor eingeführt worden sei, sich aber als unpraktikabel erwiesen habe, sei in der Tat aufgegeben worden, und es gebe keinen Anlass, sie wiedereinzuführen. Jedenfalls sei diese Methode kein wesentlicher Bestandteil für die Prüfung der Erforderlichkeit einer Beihilfe.

65      Zu den behaupteten Risiken der Umgehung des Schwellenwerts für Regionalbeihilfen bringen die Kläger vor, die Regionalbeihilfen und die Ausbildungsbeihilfen seien kumulierbar und beträfen unterschiedliche Kosten. Deshalb sei ausgeschlossen, dass durch die Gewährung von Ausbildungsbeihilfen die Höchstsätze für Regionalbeihilfen umgangen werden könnten.

66      Zweitens stehe der Ansatz der Kommission in Widerspruch zu ihrem früheren Standpunkt, da sie vor Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens die deutschen Behörden gefragt habe, ob die Gewährung der Ausbildungsbeihilfen ein Kriterium sei, auf das DHL seine Ansiedlungsentscheidung zu stützen beabsichtige. Dies bedeute, dass die Kommission davon ausgegangen sei, dass die Beihilfe die Standortwahl habe beeinflussen können. Es gebe aber keinen Grund für eine Abkehr von diesem Standpunkt.

67      Drittens stehe der Ansatz der Kommission in Widerspruch zu ihrer früheren Entscheidungspraxis, insbesondere der Webasto-Entscheidung, aus der hervorgehe, dass der Einfluss einer Ausbildungsbeihilfe auf die Standortwahl bei der Prüfung des Erforderlichkeitskriteriums zu berücksichtigen sei.

68      Unter diesen Umständen hätte die Kommission, statt eine Ex-post-Prüfung vorzunehmen, die Situation und die Alternativen bei der Wahl des Standorts Leipzig/Halle berücksichtigen müssen, was gezeigt hätte, dass die Ausbildungsbeihilfen DHL zu der Entscheidung für diesen Standort veranlasst hätten, so dass sie erforderlich dafür gewesen seien, dass die Ausbildungsmaßnahmen durchgeführt würden.

69      Zum Zweiten sei die Behauptung falsch, dass auch an anderen Orten vergleichbare Ausbildungskosten entstanden wären. Die Kommission habe die angefochtene Entscheidung nicht auf die Aussage in deren 67. Erwägungsgrund stützen dürfen, wonach DHL unabhängig von dem gewählten Standort auf jeden Fall Ausbildungsmaßnahmen für das neue Drehkreuz außerhalb Brüssels hätte durchführen müssen.

70      Erstens gebe es keinen Beleg für diese Behauptung. Die Kläger weisen dazu in ihrer Erwiderung darauf hin, dass es im Verwaltungsverfahren keine Feststellung zu den Ausbildungskosten an den anderen Standorten gegeben habe, so dass die Kommission die angefochtene Entscheidung nicht darauf stützen könne. In Anbetracht des Akteninhalts habe sie eine solche Aussage auch nicht treffen können, weil sie konkrete Vergleichszahlen gar nicht angeführt habe.

71      Zweitens hätte sich die Analyse der Kommission nicht auf andere Standorte als Brüssel beschränken dürfen. Brüssel habe nämlich auch nach dem Jahr 2003 noch zu den Standorten gehört, die DHL für ihr Logistikzentrum in Betracht gezogen habe. Die Entscheidungen der belgischen Behörden, insbesondere in Bezug auf das Nachtflugverbot, hätten gegen die Entscheidung für diesen Standort gesprochen. Dennoch sei er für das Drehkreuz von DHL erwogen worden, da seine Vorteile in geringeren Investitionskosten, geringeren Änderungen im Verkehrsfluss und dem Vorhandensein des erforderlichen Personals gelegen hätten. In der Tat sei die Entscheidung für den Standort Leipzig/Halle erst im September 2005 gefallen.

72      Drittens sei nicht ersichtlich, dass an anderen Standorten außerhalb Brüssels ein Ausbildungsdefizit wie in Leipzig/Halle bestanden habe. Zunächst nämlich gebe es hinsichtlich ihres Frachtaufkommens einen erheblichen Unterschied in der Betriebsgröße zwischen den Flughäfen Hahn (Deutschland) und Leipzig/Halle, was sich in der Verfügbarkeit von geschulten Mitarbeitern niederschlage. Sodann befinde sich der Flughafen Hahn in unmittelbarer Nähe des Flughafens Frankfurt am Main (Deutschland), wo DHL Personal hätte finden können. Es treffe nicht zu, dass die Arbeitskräfte nicht zum Umzug von Frankfurt am Main nach Hahn bereit gewesen seien. Denn für die zahlreichen Personen, die am Flughafen Frankfurt am Main beschäftigt seien und westlich davon wohnten, komme der Flughafen Hahn als Arbeitsplatz in Betracht, ohne dass ein Umzug erforderlich wäre. Außerdem hätte DHL die Kapazitäten nutzen können, die sich aus der Aufgabe der militärischen Nutzung der Flughäfen Vatry (Frankreich) und Hahn ergäben. Jedenfalls die zivilen Mitarbeiter, die den militärischen Flugbetrieb unterstützt hätten, seien verfügbar und im Flugbetrieb vorgebildet gewesen. Das Vorbringen der Kommission, dass es nicht sicher sei, dass die zivilen Mitarbeiter dieser früheren Militärflughäfen ohne Ausbildungsmaßnahmen hätten beschäftigt werden können, sei falsch. Zum einen nämlich würden diese Flughäfen seit 1993 bzw. 2000 als Frachtflughäfen zivil genutzt, so dass davon ausgegangen werden könne, dass ihre zivilen Mitarbeiter weiterhin zur Verfügung ständen. Zum anderen habe die Kommission im Verwaltungsverfahren zu dieser Frage keine Ermittlungen angestellt.

73      Unter diesen Umständen wären die in Rede stehenden Ausbildungsmaßnahmen nicht, wie von der Kommission vorgebracht, auf jeden Fall und unabhängig vom gewählten Standort angefallen. Jedenfalls genüge es, dass die fragliche Beihilfe die Standortwahl beeinflusst habe und damit für die Vornahme von Ausbildungsmaßnahmen am Standort Leipzig/Halle erforderlich gewesen sei. Ein Ansatz, der es einem Standort verwehre, seine Anziehungskraft auszubauen, würde nämlich zu einer Verfestigung von dessen Strukturnachteilen führen. Die Behauptung, dass die Beihilfe zu keiner zusätzlichen Ausbildungsmaßnahme führe, treffe jedenfalls nicht zu, da die Beihilfe am Standort Leipzig/Halle zu zusätzlichen Ausbildungsmaßnahmen geführt habe, und zwar auch noch in größerem Umfang, als es anderswo der Fall gewesen wäre.

74      Die Kommission tritt dem Vorbringen der Kläger entgegen und bringt vor, sie habe den Anreizeffekt der fraglichen Beihilfe auf die Standortwahl zu Recht nicht berücksichtigt.

 Würdigung durch das Gericht

75      Im Rahmen des vorliegenden Klagegrundes bringen die Kläger vor, die Kommission habe fälschlicherweise die Erforderlichkeit der Beihilfe beurteilt, ohne dabei ihren Anreizeffekt auf die Standortwahl zu berücksichtigen. Sie erheben insoweit im Wesentlichen zwei Rügen.

76      Zur ersten Rüge, mit der beanstandet wird, dass die Kommission ihre Beurteilung zu Unrecht auf die Lage von DHL nach deren Entscheidung für den Standort Leipzig/Halle beschränkt habe, ist festzustellen, dass die Kommission im 62. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung u. a. der Ansicht war, dass „Ausbildungsbeihilfen im Gegensatz zu regionalen Investitionsbeihilfen nicht darauf abzielen, die Standortentscheidung zu beeinflussen, sondern in der Gemeinschaft die unzureichenden Investitionen in Ausbildungsmaßnahmen auszugleichen“.

77      Keines der von den Klägern vorgebrachten Argumente vermag diese Beurteilung in Frage zu stellen.

78      Was erstens das Vorbringen angeht, dass der Standpunkt der Kommission den Gegenstand sowie das Ziel und die Wirkungen der Ausbildungsbeihilfen und der Regionalbeihilfen vermenge, ist zum einen festzustellen, dass die Ausbildungsbeihilfen nicht bezwecken, die Standortwahl eines Unternehmens zu beeinflussen, sondern, die Qualifikation der Beschäftigten zu verbessern. Wie nämlich aus dem 10. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 68/2001 hervorgeht, können die Ausbildungsbeihilfen gestatten, die Marktschwäche auszugleichen, die damit zusammenhängt, dass die Unternehmen in der Union im Allgemeinen zu wenig in die Ausbildung ihrer Beschäftigten investieren.

79      Zum anderen ist festzustellen, dass nach Ziff. 1 der Leitlinien für staatliche Beihilfen mit regionaler Zielsetzung aus dem Jahr 1998 die Regionalbeihilfen „die Erweiterung, Modernisierung und Diversifizierung der Tätigkeiten der in [den benachteiligten] Gebieten befindlichen Betriebsstätten sowie die Ansiedlung neuer Unternehmen [fördern]“.

80      Somit hat die Prüfung des Anreizeffekts der Beihilfe auf die Standortwahl im Zusammenhang mit den Regionalbeihilfen und nicht den Ausbildungsbeihilfen zu erfolgen. Selbst wenn man unterstellt, dass die Gewährung der DHL von den Klägern zugesagten Ausbildungsbeihilfe ausschlaggebend für die Standortwahl war, würde das nichts an der obigen Schlussfolgerung ändern, da die Vereinbarkeit der Ausbildungsbeihilfe mit dem Gemeinsamen Markt nicht anhand von Zielen geprüft werden kann, die dieser Beihilfeart fremd sind. Dies wäre aus dem gleichen Grund auch der Fall, wenn, wie von den Klägern insbesondere in ihrer Erwiderung vorgebracht, sowohl die Ausbildungsbeihilfe als auch die am 20. April 2004 genehmigte Regionalbeihilfe Nr. N 608/2003 (oben, Randnr. 3) die Standortwahl beeinflusst hätten.

81      Was zweitens die Argumentation damit angeht, dass die Kommission vor Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens die deutschen Behörden gefragt habe, ob die Gewährung der Ausbildungsbeihilfen ein Kriterium sei, auf das DHL seine Ansiedlungsentscheidung zu stützen beabsichtige, so kann daraus nicht abgeleitet werden, dass der von der Kommission in der angefochtenen Entscheidung eingenommene Standpunkt im Widerspruch zu demjenigen steht, den sie im förmlichen Prüfverfahren vertreten hat. Dieses Auskunftsersuchen bedeutete nämlich nicht, dass die Kommission den Einfluss der Beihilfe auf die Standortwahl bei der Prüfung der Vereinbarkeit der Beihilfe zwangsläufig zu berücksichtigen beabsichtigte. Im Übrigen enthält die Entscheidung über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens auch keinen Hinweis in diese Richtung.

82      Was drittens das Vorbringen betrifft, der Ansatz der Kommission stehe in Widerspruch zu ihrer früheren Entscheidungspraxis, so ist es gemäß der oben in Randnr. 54 angeführten ständigen Rechtsprechung zu verwerfen.

83      Nach alledem ist das Vorbringen, die Ex-post-Beurteilung durch die Kommission verkenne, dass die fragliche Beihilfe erforderlich gewesen sei, damit sich DHL am Standort Leipzig/Halle ansiedle, und folglich, damit sie dort Ausbildungsmaßnahmen durchführe, zurückzuweisen. Die Kläger halten die Beschränkung der Beurteilung auf die Lage von DHL nach der Entscheidung für den Standort Leipzig/Halle zu Unrecht für unzulässig.

84      Nur ergänzend ist festzustellen, dass jedenfalls die Kommission die fragliche Situation unter Berücksichtigung dessen prüfen musste, dass DHL die Standortwahl bereits getroffen hatte. Die Kläger bestätigen nämlich, dass die Standortentscheidung im September 2005 fiel. Die deutschen Behörden meldeten das Ausbildungsbeihilfevorhaben aber erst am 21. Dezember 2006 bei der Kommission an. Deshalb ist davon auszugehen, dass die deutschen Behörden, selbst wenn sie DHL zuvor eine Zusage erteilt hatten, erst an jenem Tag tatsächlich beschlossen, die betreffende Beihilfe zu gewähren.

85      Die erste Rüge ist deshalb zurückzuweisen.

86      Zur zweiten Rüge, mit der die Richtigkeit der Aussage, dass DHL an anderen Standorten außerhalb Brüssels vergleichbare Ausbildungskosten hätte tragen müssen, in Abrede gestellt wird, ist festzustellen, dass die Kommission auf das Vorbringen der deutschen Behörden, wonach DHL Arbeitsplätze in einem Fördergebiet geschaffen habe, so dass die fragliche Beihilfe eine Beihilfe für einen neuerrichteten Betrieb sei, für den keine angemessen ausgebildeten Arbeitskräfte zur Verfügung stünden, im 67. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung erwidert hat, dass „DHL die Ausbildungsmaßnahmen für den neuen Betrieb außerhalb Brüssels in jedem Fall und unabhängig vom neuen Standort hätte durchführen müssen“.

87      Somit ist festzustellen, dass die Kommission in der angefochtenen Entscheidung nur auf die Notwendigkeit von Ausbildungsmaßnahmen unabhängig vom gewählten Standort verwiesen hat und von vergleichbaren Ausbildungskosten an anderen Standorten entgegen dem, was bestimmte Behauptungen der Kläger nahelegen, nicht die Rede war.

88      Auch ist darauf hinzuweisen, dass die Vereinbarkeit der fraglichen Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt, wie die Prüfung der ersten Rüge gezeigt hat, anhand ihres Zwecks – der Verbesserung der Ausbildung – und nicht mit Blick auf den gewählten Standort beurteilt werden musste. Die Frage, ob DHL auch dann Ausbildungsmaßnahmen hätte durchführen müssen, wenn sie sich an anderen Standorten niedergelassen hätte, ist deshalb bei der Prüfung der Vereinbarkeit der fraglichen Beihilfe unerheblich. Deshalb könnte die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung selbst dann nicht in Frage gestellt werden, wenn man annähme, dass die Kommission mit ihrer Ansicht irrte, dass DHL die Ausbildungsmaßnahmen für den neuen Betrieb außerhalb Brüssels auf jeden Fall und unabhängig vom gewählten Standort hätte durchführen müssen. Folglich geht diese Rüge ins Leere und ist deshalb zu verwerfen.

89      Nur ergänzend ist jedenfalls festzustellen, dass diese Rüge nicht begründet ist, da die Kläger mit nichts dargetan haben, dass die Kommission zu Unrecht die Ansicht vertreten hätte, dass DHL die Ausbildungsmaßnahmen für den neuen Betrieb außerhalb Brüssels unabhängig vom gewählten Standort hätte durchführen müssen.

90      Was erstens das Vorbringen angeht, dass sich die Analyse nicht auf die Standorte außerhalb Brüssels hätte beschränken dürfen, ist darauf hinzuweisen, dass, wie von der Kommission ausgeführt, die deutschen Behörden ihr gegenüber bei der Anmeldung der Regionalbeihilfe im Jahr 2003 angegeben hatten, dass es aufgrund sowohl der beschränkten Größe des Flughafens als auch der bestehenden Genehmigungspraxis in Bezug auf Nachtflüge nicht möglich sei, einen Ausbau des Standorts im erforderlichen Maße ins Auge zu fassen, und dass DHL deshalb beschlossen habe, ein zusätzliches Luftlogistikzentrum an einem neuen Standort zu errichten. Außerdem wurden nach einem Pressebericht, den die Kommission ihrer Klagebeantwortung als Anlage beigefügt hat, die Verhandlungen mit den belgischen Behörden im Oktober 2004 abgebrochen, und DHL suchte nach Alternativstandorten in Frankreich und in Deutschland. Daher erschien ab diesem Zeitpunkt zwei Jahre vor der Anmeldung der fraglichen Beihilfe der Standort Brüssel nicht mehr als mögliche Alternative. Somit sah die Kommission den Standort Brüssel fehlerfrei nicht als mögliche Alternative an.

91      Was zweitens das Vorbringen betrifft, es gebe keinen Anhaltspunkt dafür, dass an anderen Standorten außerhalb Brüssels ein Ausbildungsdefizit wie in Leipzig/Halle bestanden habe, beziehen sich die Kläger hauptsächlich auf die Standorte Hahn und Vatry.

92      Dazu ist hinsichtlich dessen, dass sich die Flughäfen Leipzig/Halle und Hahn in ihrer Betriebsgröße erheblich unterschieden, festzustellen, dass allein dieser Umstand nicht erlaubt, davon auszugehen, dass es einen Bestand an angemessen ausgebildeten Arbeitskräften gibt, die im Fall der Ansiedlung von DHL in Hahn verfügbar gewesen wären und ohne Ausbildungsmaßnahme hätten eingestellt werden können. Im Übrigen ist dafür auch kein konkreter Beweis erbracht worden.

93      Zu dem Umstand, dass der Flughafen Hahn in der Nähe des Flughafens Frankfurt am Main liegt, ist zu betonen, dass das nicht bedeutet, dass DHL am letztgenannten Flughafen tätiges qualifiziertes Personal hätte einstellen können, ohne Ausbildungsmaßnahmen durchzuführen. Wie nämlich die Kommission hervorhebt, liegen diese beiden Flughäfen mehr als 100 Kilometer voneinander entfernt. In Anbetracht dieser Entfernung gibt es somit keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Beschäftigten des Flughafens Frankfurt am Main damit einverstanden gewesen wären, am Flughafen Hahn zu arbeiten. Außerdem ist nicht ersichtlich, weshalb sie eine solche Entscheidung hätten treffen sollen. Das Vorbringen, dass für zahlreiche Personen, die am Flughafen Frankfurt am Main beschäftigt seien und westlich davon wohnten, der Flughafen Hahn als Arbeitsplatz in Betracht komme, ohne dass ein Umzug erforderlich wäre, wird von den Klägern durch keinen Beweis belegt.

94      Dazu, dass die Flughäfen Hahn und Vatry für militärische Zwecke genutzt worden seien, ist zum einen festzustellen, dass die Kläger weder genauer ausführen, welches die sich an diesen Flughäfen aus der Aufgabe der militärischen Nutzung ergebenden verfügbaren Kapazitäten sind, die von DHL hätten genutzt werden können, noch, welchen Einfluss sie auf die von DHL durchzuführende Ausbildung gehabt hätten. Zum anderen überzeugt das Vorbringen nicht, dass die Zivilangestellten, die zuvor den militärischen Flugbetrieb der auch zivil genutzten Flughäfen Hahn und Vatry unterstützt hätten, als potenzielle Arbeitskräfte bereit gestanden hätten. Wie nämlich die Kommission vorträgt, deutet nichts darauf hin, dass dieses Personal in einem neuen Logistikzentrum ohne zusätzliche Ausbildung hätte angestellt werden können. Im Übrigen wurde, wie die Kommission ebenfalls ausführt, der Flughafen Leipzig/Halle vor der Ansiedlung von DHL genau wie die Flughäfen Vatry und Hahn als Zivilflughafen betrieben. Gleichwohl waren Ausbildungsmaßnahmen für das anlässlich der Ansiedlung von DHL eingestellte Personal erforderlich.

95      Das Vorbringen, die Behauptung, dass die Beihilfe „nicht zu zusätzlichen Ausbildungsmaßnahmen führt“ (100. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung), treffe nicht zu, ist zu verwerfen. Diese Aussage fasst nämlich nur alle Schlussfolgerungen der Kommission in Bezug auf den Teil der Beihilfe zusammen, den sie insbesondere deshalb für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar hält, weil DHL die betreffenden Ausbildungskosten auch ohne Beihilfe auf jeden Fall entstünden. Sie betrifft jedoch nicht spezifisch die Feststellung, dass DHL die Ausbildungsmaßnahmen für ihren neuen Betrieb außerhalb Brüssels unabhängig vom gewählten neuen Standort hätte durchführen müssen. Jedenfalls erbringen die Kläger keinen konkreten Beweis dafür, dass die fragliche Beihilfe, wie sie behaupten, am Standort Leipzig/Halle zu zusätzlichen Ausbildungsmaßnahmen führte, die an anderen Standorten nicht erforderlich gewesen wären.

96      Drittens ist zu dem Vorbringen, die Kommission habe nicht nachgewiesen, dass DHL die Ausbildungsmaßnahmen für ihren neuen Betrieb außerhalb Brüssels unabhängig vom gewählten Standort hätte durchführen müssen, festzustellen, dass die Kommission im 65. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung ausgeführt hat, dass DHL nicht nachgewiesen habe, dass sie in der Lage wäre, die betriebsnotwendige Anzahl bereits ausgebildeter Arbeitskräfte auf dem lokalen oder dem europäischen Arbeitsmarkt anzuwerben. Sie hat auch darauf hingewiesen, dass es auf dem europäischen Markt für Luftverkehrsdienste anscheinend relativ schwierig sei, entsprechende Fachkräfte zu finden. In Anbetracht des in dem Sektor auf europäischer Ebene bestehenden Defizits an Arbeitskräften genügen diese Gründe, um davon auszugehen, dass DHL die Ausbildungsmaßnahmen für ihren neuen Betrieb außerhalb Brüssels unabhängig vom gewählten Standort auf jeden Fall hätte durchführen müssen. Das Vorbringen der Kläger ist somit zurückzuweisen.

97      In diesem Zusammenhang ist auch das Vorbringen zurückzuweisen, dass die Frage der Ausbildungskosten an anderen Standorten im Verwaltungsverfahren nicht angesprochen worden sei. Es ist nämlich daran zu erinnern, dass die Kommission im 67. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung gerade nicht auf diese Kosten Bezug genommen hat, sondern darauf, dass DHL die Ausbildungsmaßnahmen für ihren neuen Betrieb außerhalb Brüssels unabhängig vom gewählten Standort auf jeden Fall hätte durchführen müssen (oben, Randnr. 87). Außerdem war, wie von der Kommission ausgeführt, aufgrund der mangelnden Erforderlichkeit die Frage der Ausbildungskosten an anderen Standorten nicht maßgeblich. Deshalb musste sie diese Frage nicht behandeln. Schließlich ist dazu, dass sie insoweit keine Ermittlungen durchgeführt hat, darauf hinzuweisen, dass der Kommission nicht vorgeworfen werden kann, Informationen, die ihr gegenüber im Verwaltungsverfahren hätten vorgetragen werden können, aber nicht vorgetragen wurden, nicht berücksichtigt zu haben, da sie nicht verpflichtet ist, von Amts wegen mutmaßend zu prüfen, welche Gesichtspunkte ihr gegenüber hätten vorgetragen werden können (vgl. Urteil des Gerichts vom 23. November 2006, Ter Lembeek/Kommission, T‑217/02, Slg. 2006, II‑4483, Randnrn. 82 und 83 und die dort angeführte Rechtsprechung).

98      Nach alledem sind auch die zweite Rüge und damit der dritte Klagegrund insgesamt zurückzuweisen.

 Zum vierten Klagegrund: Anwendung unsachgemäßer Kriterien bei der Beurteilung der Erforderlichkeit der Beihilfe

 Vorbringen der Parteien

99      Die Kläger machen geltend, die Kommission habe ihre Prüfung der Erforderlichkeit der fraglichen Beihilfe auf unsachgemäße Kriterien gestützt.

100    Zum Ersten habe sich die Kommission auf subjektive Kriterien in Bezug auf die Geschäftspolitik von DHL gestützt (Erwägungsgründe 66, 80 und 84 der angefochtenen Entscheidung), die über die objektive Erforderlichkeit hinausgingen und folglich zu willkürlichen Ergebnissen geführt hätten. Dieser Ansatz laufe dem mit der Gewährung von Ausbildungsbeihilfen verfolgten Ziel, nämlich der Förderung eines höheren Ausbildungsniveaus auf europäischer Ebene, zuwider, indem die Unternehmen dazu angehalten würden, weniger in den Umfang und die Qualität ihrer internen Ausbildungsmaßnahmen zu investieren, um ihre Chancen auf den Erhalt genehmigungsfähiger Beihilfen zu erhöhen. Ein Unternehmen, das wenig oder gar nicht in Ausbildungsmaßnahmen investiere, sei somit in einer günstigeren Lage als eines, das regelmäßig Ausbildungsveranstaltungen durchführe, da ihm nach dem Ansatz der Kommission nicht vorgehalten werden könne, dass es die Ausbildung ohnehin durchgeführt hätte. Dies sei vor dem Hintergrund der Ziele der Verordnung Nr. 68/2001 absurd.

101    Außerdem stellen die Kläger in Abrede, dass sich die Kommission, wenn es an objektiven Kriterien mangele, auf subjektive Kriterien stützen könne. Es sei nämlich leichter und zuverlässiger, zu prüfen, welche Mindestausbildungsanforderungen an ein Projekt zu stellen seien, als wie die Kommission zu versuchen, sich in die Lage des Beihilfeempfängers zu versetzen und letztlich statt seiner zu entscheiden, was ein Investor von sich aus an Ausbildungsmaßnahmen durchgeführt hätte. Die Prüfung solcher subjektiver Kriterien umfasse besondere Unsicherheitsfaktoren und sei deshalb ungeeignet.

102    Dass der Ansatz der Kommission verfehlt sei, werde schließlich auch dadurch belegt, dass er von dem Ansatz abweiche, der in jüngeren Fällen verfolgt worden sei, insbesondere in der Ford-Genk-Entscheidung, die zeige, dass sich die Kommission nicht auf subjektive interne Qualitätsstandards eines Unternehmens stützen könne.

103    Zum Zweiten führe das Abstellen auf gesetzliche Bestimmungen über Ausbildungsmaßnahmen bei der Beurteilung der Erforderlichkeit der Beihilfe zu einer ungerechtfertigten Diskriminierung. Damit würden die Mitgliedstaaten mit einem Rechtsrahmen für die innerbetriebliche Ausbildung nämlich benachteiligt und in ihrer Wirtschafts- und Ausbildungspolitik beschränkt. Desgleichen würden die Unternehmen benachteiligt, die sich in der innerbetrieblichen Ausbildung engagierten, wohingegen die Unternehmen begünstigt würden, die die Ausbildung staatlichen Instituten überließen und somit in den Genuss voll ausgebildeten Personals kämen, wobei die letztgenannten Unternehmen nach dem Ansatz der Kommission auch leichter für Ausbildungsbeihilfen in Betracht kämen. Schließlich benachteilige dieser Ansatz auch die Unternehmen, die in Bereichen mit einer höheren Regelungsdichte tätig seien. Die Mitgliedstaaten, die solche Bereiche weniger genau regulierten, hätten es nämlich nach dem Ansatz der Kommission leichter, eine Ausbildungsbeihilfe zu zahlen, als Mitgliedstaaten mit einer detaillierteren Regelung. Unter diesen Umständen diene es nicht einer Erhöhung des allgemeinen Ausbildungsniveaus in der Union, wenn die Erforderlichkeit der Beihilfe bei einer gesetzlichen Verpflichtung zur Vornahme einer Ausbildungsmaßnahme verneint werde. Der Ansatz der Kommission stehe somit in Widerspruch zu den Zielen der Verordnung Nr. 68/2001.

104    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Kläger entgegen und ist der Ansicht, sie habe ihre Erforderlichkeitsprüfung nicht auf unzutreffende Kriterien gestützt.

 Würdigung durch das Gericht

105    Im Rahmen des vorliegenden Klagegrundes beanstanden die Kläger, die Kommission habe bei der Beurteilung der Erforderlichkeit der Beihilfe unsachgemäße Kriterien angewandt. Sie erheben insoweit zwei Rügen.

106    Zur ersten Rüge, dass mit der Geschäftspolitik von DHL zusammenhängende Kriterien berücksichtigt worden seien, ist festzustellen, dass die Kommission darauf hingewiesen hat, dass manche der fraglichen Ausbildungsmaßnahmen erforderlich waren, um die in der Geschäftsstrategie des Unternehmens angestrebten Standards zu erfüllen, und somit auch ohne Beihilfe durchgeführt worden wären (80. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). Ferner hat sie ausgeführt, dass bestimmte Maßnahmen der üblichen Geschäftspraxis der Deutschen Post entsprochen hätten und somit für sämtliche Beschäftigten von DHL unverzichtbar gewesen seien (84. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). Auch hat sie noch berücksichtigt, dass DHL beabsichtigt habe, sämtliche Dienstleistungen im Zusammenhang mit dem Logistikzentrum mit eigenen Mitarbeitern zu bewältigen und diese Dienstleistungen sogar anderen, am selben Flughafen tätigen Wettbewerbern anzubieten (Erwägungsgründe 66 und 80 der angefochtenen Entscheidung).

107    Hier ist zu beachten, dass die Kommission, wenn sie die Vereinbarkeit einer staatlichen Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt prüft, alle einschlägigen Umstände berücksichtigen muss (Urteil des Gerichtshofs vom 4. Februar 1992, British Aerospace und Rover/Kommission, C‑294/90, Slg. 1992, I‑493, Randnr. 14, und Urteil des Gerichts vom 13. September 1995, TWD/Kommission, T‑244/93 und T‑486/93, Slg. 1995, II‑2265, Randnr. 56).

108    Daraus folgt, dass die Kommission für die Zwecke der Prüfung der Vereinbarkeit der fraglichen Beihilfe die den Beihilfeempfänger betreffenden konkreten tatsächlichen Umstände und namentlich seine Geschäftspraxis und ‑strategie berücksichtigen durfte. Entgegen den Ausführungen der Kläger, die der Ansicht sind, es handele sich um subjektive Kriterien, weshalb ihre Prüfung, die besondere Unsicherheitsfaktoren umfasse, ungeeignet sei, sind nämlich diese Kriterien für die Beurteilung der Erforderlichkeit der Beihilfe maßgeblich. So ist, wenn im Rahmen der internen Organisation des Konzerns, dem das begünstigte Unternehmen angehört, ohne das Bestehen entsprechender gesetzlicher Vorschriften beschlossen wird, eine Ausbildung in einem bestimmten Bereich durchzuführen, dieses Unternehmen aufgrund der Konzernvorgaben gezwungen, die betreffende Ausbildung auch ohne Beihilfe durchzuführen. Die Kommission durfte daher im Rahmen ihrer Würdigung durchaus prüfen, wie im 50. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung geschehen, ob die Beihilfe für die Betriebstätigkeit des begünstigten Unternehmens unmittelbar erforderlich war und ob dieses deshalb die fragliche Ausbildungsmaßnahmen auch ohne die Beihilfe durchgeführt hätte.

109    Somit hat die Kommission bei der Prüfung der Erforderlichkeit der Beihilfe in Ansehung bestimmter beabsichtigter Ausbildungsmaßnahmen insbesondere in den Erwägungsgründen 60, 80 und 84 der angefochtenen Entscheidung fehlerfrei Gesichtspunkte im Zusammenhang mit der Geschäftspraxis oder ‑strategie von DHL berücksichtigt.

110    Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass diese Gesichtspunkte von den deutschen Behörden im Verwaltungsverfahren angesprochen wurden und dass ihre Richtigkeit im Rahmen der vorliegenden Klage nicht bestritten wird.

111    Daraus folgt, dass die Kommission zu Recht die Auffassung vertreten durfte, dass manche der fraglichen Ausbildungsmaßnahmen, selbst wenn sie nicht gesetzlich vorgeschrieben gewesen seien, durch die interne Strategie oder Praxis von DHL oder der Deutschen Post vorgegeben gewesen seien, so dass sie auch ohne die sie betreffende Beihilfe durchgeführt worden wären. Auch hat die Kommission in Bezug auf manche nicht gesetzlich vorgeschriebene Ausbildungsmaßnahmen zu Recht darauf hingewiesen, dass DHL die Absicht gehabt habe, die Dienstleistungen im Zusammenhang mit dem Betrieb ihres Logistikzentrums selbst zu erbringen, und dass die deutschen Behörden nicht den Beweis erbracht hätten, dass DHL ohne die Beihilfe auf diese Ausbildungsmaßnahmen verzichtet hätte.

112    Das Vorbringen der Kläger, dass die Unternehmen dazu angehalten würden, weniger in die Ausbildung zu investieren, wenn die Beurteilung auf die konkrete Geschäftspraxis gestützt werde, ist zurückzuweisen. Die Analyse der Kommission hängt nämlich nicht vom Ausbildungsinvestitionsniveau der Unternehmen ab, sondern von der objektiven Würdigung der Vereinbarkeit der Ausbildungsbeihilfen mit dem Gemeinsamen Markt. Im Übrigen soll die Verordnung Nr. 68/2001 ermöglichen, dass staatliche Beihilfen, die die zu geringe Investition mancher Unternehmen in die Ausbildung beheben sollen, unter bestimmten Voraussetzungen genehmigt werden, aber nicht allgemein und bedingungslos sicherstellen, dass alle von den Unternehmen durchgeführten Ausbildungsmaßnahmen mit staatlichen Beihilfen gefördert werden können. Somit machen die Kläger zu Unrecht geltend, der Ansatz der Kommission laufe den Zielen dieser Verordnung zuwider (oben, Randnr. 100).

113    Schließlich ist das Vorbringen, dass die angefochtene Entscheidung in Bezug auf die von der Kommission angewandten Kriterien von der früheren Entscheidungspraxis abweiche, nach der oben in Randnr. 54 angeführten Rechtsprechung zu verwerfen.

114    Nach alledem ist die erste Rüge zurückzuweisen.

115    Zur zweiten Rüge, mit der die Berücksichtigung des gesetzlichen Ausbildungsrahmens beanstandet wird, ist festzustellen, dass die Kommission im 68. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung der Ansicht war, dass „die meisten Ausbildungsmaßnahmen nach nationalem bzw. europäischem Recht vorgeschrieben“ und die darauf bezogenen Kosten deshalb nicht beihilfefähig seien. Dies betrifft namentlich Ausbildungsmaßnahmen für die Mechaniker und Techniker von European Air Transport Leipzig (Erwägungsgründe 69 bis 76 der angefochtenen Entscheidung), die Flugzeugabfertiger (Erwägungsgründe 77 bis 81 der angefochtenen Entscheidung) und die Sicherheitskräfte (Erwägungsgründe 82 bis 86 der angefochtenen Entscheidung). Die Ausbildungsmaßnahmen für die operativen Führungskräfte sah die Kommission dagegen nicht als gesetzlich vorgeschrieben an (Erwägungsgründe 87 bis 89 der angefochtenen Entscheidung).

116    Die Kommission hat im Rahmen der Prüfung des Kriteriums der Erforderlichkeit der betreffenden Beihilfe zu Recht das Bestehen nationaler Gesetzesvorschriften berücksichtigt, die die Ausbildung des Personals vorschreiben.

117    Eine Ausbildungsbeihilfe kann nämlich dann nicht als erforderlich angesehen werden, wenn die Ausbildungsmaßnahmen, deren Kosten sie decken soll, gesetzlich vorgeschrieben sind. Denn in einem solchen Fall wäre es dem betroffenen Unternehmen nicht möglich, zu wenig in diese Maßnahmen zu investieren oder sie nicht durchzuführen. Die Ausbildung müsste dann auf jeden Fall, auch wenn die Beihilfe nicht gewährt würde, durchgeführt werden. Daraus folgt, dass der Umstand, dass die Ausbildung gesetzlich vorgeschrieben ist, ein maßgebliches Kriterium darstellt, das die Kommission berücksichtigen durfte. Die Tatsache, dass ein Mitgliedstaat einen Rechtsrahmen auf dem Gebiet der Ausbildung hat, der mehr oder weniger Vorgaben enthält als derjenige eines anderen Mitgliedstaats, oder der Umstand, dass ein Unternehmen in einem mehr oder weniger geregelten Sektor tätig ist, sind nämlich objektive und maßgebliche Gesichtspunkte für die Prüfung der Erforderlichkeit der Beihilfe und damit ihrer Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt.

118    Schließlich ist nochmals darauf hinzuweisen, dass die Verordnung Nr. 68/2001 darauf abzielt, dass unter bestimmten Voraussetzungen die Ausbildungsbeihilfen genehmigt werden, die dazu beitragen, die Marktschwäche auszugleichen, die damit zusammenhängt, dass die Unternehmen im Allgemeinen zu wenig in die Ausbildung ihrer Beschäftigten investieren. Wenn aber die Ausbildung gesetzlich vorgeschrieben ist, sind die Unternehmen verpflichtet, die genannten Ausbildungsmaßnahmen durchzuführen, und können insoweit nicht zu wenig investieren. Somit behaupten die Kläger zu Unrecht, der Ansatz der Kommission ziele nicht auf eine Verbesserung des allgemeinen Ausbildungsniveaus ab und widerspreche dem Ziel der Verordnung Nr. 68/2001.

119    Unter diesen Umständen ist die Rüge zurückzuweisen, dass die Heranziehung des gesetzlichen Ausbildungsrahmens zu einer Diskriminierung oder ungerechtfertigten Benachteiligung führe.

120    Nach alledem sind die zweite Rüge und damit der vierte Klagegrund insgesamt zurückzuweisen.

 Zum zweiten Klagegrund: Verkennung der positiven externen Effekte der fraglichen Ausbildungsmaßnahmen

 Vorbringen der Parteien

121    Die Kläger sind der Ansicht, die Kommission habe verkannt, dass die in Rede stehenden Ausbildungsmaßnahmen positive externe Effekte schafften.

122    Zum Ersten rechtfertigten die von der Kommission nicht bestrittenen positiven externen Effekte der Ausbildungsmaßnahmen die Genehmigung der fraglichen Beihilfe unabhängig von deren Erforderlichkeit. Die Beihilfe betreffe nämlich Ausbildungsmaßnahmen im Hinblick auf die Einstellung neuer Mitarbeiter infolge der Ansiedlung von DHL an einem Standort, der durch hohe Arbeitslosigkeit und das Fehlen von Fachkunde gekennzeichnet sei. Außerdem seien diese Maßnahmen ganz überwiegend allgemeiner Natur und nicht DHL-spezifisch, und sie sähen den Erwerb allgemein anerkannter Ausbildungsnachweise vor. Diese Eigenschaften garantierten zusammen, dass die betreffenden Ausbildungsmaßnahmen positive externe Effekte schafften, die der Gesellschaft als Ganzes und insbesondere auch Wettbewerbern zugute kämen. Die Maßnahmen erhöhten nämlich das Reservoir an zur Verfügung stehenden Fachkräften und gewährleisteten durch ihre allgemeine Natur und den Erwerb anerkannter Ausbildungsnachweise, dass das ausgebildete Personal die so erworbenen Qualifikationen zugunsten eines anderen Arbeitgebers einsetzen könne. Unabhängig von ihrer Erforderlichkeit könne deshalb die fragliche Beihilfe aufgrund ihrer positiven externen Effekte keine Wettbewerbsverzerrung oder Hinderung der Handelsbedingungen begründen.

123    Die Kläger fügen hinzu, die positiven externen Effekte bildeten seit vielen Jahren den zentralen Gesichtspunkt bei der Beurteilung der Vereinbarkeit von Ausbildungsbeihilfen. Sie verweisen dazu auf den 10. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 68/2001 und Randnr. 29 des Gemeinschaftsrahmens von 1998. Diese Rechtsakte und die Durchführungspraxis der Kommission hätten eine Beständigkeit in der wirtschaftlichen Analyse der Ausbildungsbeihilfen geschaffen, die auf den positiven externen Effekten der betreffenden Maßnahmen gründe. Die Kommission hätte deshalb die positiven externen Effekte der Maßnahmen berücksichtigen müssen, zumal sie diesen Gesichtspunkt in anderen Entscheidungen berücksichtigt habe. Insoweit sei der im vorliegenden Fall verfolgte Ansatz entgegen der Behauptung in der angefochtenen Entscheidung weder verfeinert noch differenziert, weil damit das Erforderlichkeitskriterium mechanisch angewandt werde, ohne die Charakteristiken der in Rede stehenden Maßnahmen und deren wirtschaftliche Effekte zu berücksichtigen. Überdies werde in der angefochtenen Entscheidung nicht auf die wirtschaftliche Analyse der Ausbildungsbeihilfen eingegangen, die zuvor ständig angewandt worden sei und den positiven externen Effekten Rechnung trage. Die angefochtene Entscheidung enthalte somit keine Erklärung, weshalb diese Analyse nicht mehr zutreffe.

124    Zum Zweiten machen die Kläger geltend, die Kommission habe in ihrer jüngeren Praxis die Relevanz von externen Effekten anerkannt. Sie verweisen dafür auf die Ford-Genk-Entscheidung und die Webasto-Entscheidung. Aus dieser jüngeren Praxis folge, dass es nicht darauf ankomme, ob die Ausbildungsmaßnahmen unabhängig von der Beihilfe durchgeführt worden wären, sondern darauf, ob sie positive externe Effekte bewirkten. In den genannten Fällen habe die Kommission somit nur Kriterien herangezogen, die im vorliegenden Fall erfüllt seien. Im Licht dieser jüngeren Praxis müsse die fragliche Beihilfe deshalb als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden. Selbst wenn außerdem die Kommission nicht durch die Verordnung Nr. 68/2001 gebunden wäre (was aber nicht der Fall sei), könne sie ihr Ermessen nicht in willkürlicher Weise ausüben, indem sie sich wie hier auf eine Praxisänderung oder einen verfeinerten Ansatz berufe. Sie könne nämlich nicht unter dem Deckmantel einer Praxisänderung von Fall zu Fall ganz unterschiedliche Ansätze verfolgen. Ebenso wenig könne sie relevante Aspekte der fraglichen Beihilfe ignorieren wie den wirtschaftlichen und rechtlichen Zusammenhang, in dem die Beihilfe gewährt werde, oder die Natur der Maßnahmen, die die Beihilfe zum Gegenstand habe.

125    Die Kommission verneint die Relevanz der Schaffung positiver externer Effekte.

 Würdigung durch das Gericht

126    Die Kommission hat im vorliegenden Fall ihre Prüfung auf die Beachtung der Kriterien des Art. 4 der Verordnung Nr. 68/2001 (Erwägungsgründe 47 bis 49 der angefochtenen Entscheidung) und auf die Erforderlichkeit der fraglichen Beihilfe (Erwägungsgründe 50 bis 96 der angefochtenen Entscheidung) gestützt.

127    Dagegen hat sie nicht geprüft, ob die von der Beihilfe betroffenen Ausbildungsmaßnahmen positive externe Effekte zugunsten der Gesellschaft insgesamt schafften.

128    Zu prüfen ist somit, ob sie, wie die Kläger vorbringen, diese positiven externen Effekte zu Unrecht bei der Prüfung der Vereinbarkeit der Beihilfe außer Acht gelassen hat.

129    Insoweit kann, wie dargelegt, nach der oben in Randnr. 47 angeführten Rechtsprechung eine Beihilfe, die nicht zur Erreichung eines der in Art. 87 Abs. 3 EG vorgesehenen Ziele notwendig ist, nicht als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden.

130    Wie die Kommission aber geltend gemacht hat, ist nicht auszuschließen, dass eine Ausbildungsbeihilfe trotz des Bestehens positiver externer Effekte nicht notwendig ist. Denn es ist zwar Sache der Kommission, im Rahmen ihrer Prüfung der Auswirkung einer staatlichen Beihilfe die positiven Auswirkungen der Beihilfe und ihre negativen Auswirkungen auf die Handelsbedingungen und die Aufrechterhaltung eines unverfälschten Wettbewerbs gegeneinander abzuwägen (vgl. Urteil des Gerichts vom 25. Juni 1998, British Airways u. a./Kommission, T‑371/94 und T‑394/94, Slg. 1998, II‑2405, Randnr. 283 und die dort angeführte Rechtsprechung), doch bedeutet der Umstand, dass sich eine Ausbildungsbeihilfe positiv auf die Gesellschaft auswirkt, nicht, dass sie erforderlich ist, um den Zielen des Art. 87 Abs. 3 EG zu entsprechen. Wenn dies aber, wie im Rahmen des ersten Klagegrundes ausgeführt, nicht der Fall ist, kann eine nicht freigestellte staatliche Beihilfe nicht als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden.

131    Daraus folgt, dass eine Ausbildungsbeihilfe, die positive externe Effekte schafft, nicht als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden kann, wenn sie nicht auch das Erforderlichkeitskriterium erfüllt.

132    Die Prüfung des ersten, des dritten und des vierten Klagegrundes hat aber nichts dafür ergeben, dass die Kommission zu Unrecht der Ansicht war, dass ein Teil der fraglichen Beihilfe nicht erforderlich gewesen sei.

133    Die Kommission durfte deshalb von der Prüfung absehen, ob die Beihilfe positive externe Effekte schaffte. Der von der Kommission nicht bestrittene Umstand, dass die Beihilfe etwa solche externen Effekte hervorruft, würde es nämlich nicht erlauben, sie auf der Grundlage des Art. 87 Abs. 3 EG als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar anzusehen, da sie jedenfalls das insoweit unerlässliche Erforderlichkeitskriterium nicht erfüllt. Die Kläger machen deshalb zu Unrecht geltend, dass die im vorliegenden Fall bestehenden positiven externen Effekte ausreichten, um die Vereinbarkeit der fraglichen Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt zu begründen. Anders als die Kläger vorbringen, kann eine Wettbewerbsverzerrung oder eine Beeinträchtigung der Handelsbedingungen ebensowenig aufgrund des Bestehens positiver externer Effekte ausgeschlossen werden.

134    Daran ändert auch der Verweis der Kläger auf den Gemeinschaftsrahmen von 1998 und die Verordnung Nr. 68/2001 nichts. Zum einen ist nämlich der Gemeinschaftsrahmen von 1998, wie bereits ausgeführt (oben, Randnr. 53), im vorliegenden Fall nicht anwendbar. Zum anderen kann der Verordnung Nr. 68/2001, deren Grundsätze hier von der Kommission entsprechend angewandt wurden, nicht entnommen werden, dass das Bestehen positiver externer Effekte zwangsläufig bedeuten würde, dass eine Ausbildungsbeihilfe vereinbar ist. Im 10. Erwägungsgrund dieser Verordnung heißt es nämlich, dass sich Ausbildungsmaßnahmen im Allgemeinen zum Vorteil der gesamten Gesellschaft auswirken und staatliche Beihilfen, da die Unternehmen in der Union im Allgemeinen zu wenig in die Ausbildung ihrer Beschäftigten investieren, dazu beitragen können, diese Marktschwäche auszugleichen, und unter bestimmten Bedingungen daher als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar betrachtet und von der Pflicht zur vorherigen Anmeldung freigestellt werden können. Daraus ergibt sich klar, dass Ausbildungsbeihilfen nur „unter bestimmten Bedingungen“ als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar betrachtet werden können, wobei das Bestehen positiver externer Effekte nicht die einzige Voraussetzung für die Vereinbarkeit der Beihilfen ist.

135    Das Vorbringen, die Kommission habe in ihrer früheren Entscheidungspraxis die Erheblichkeit der positiven externen Effekte anerkannt und der im vorliegenden Fall verfolgte Ansatz sei gegenüber der früheren Praxis weder verfeinert noch differenziert, ist nach der oben in Randnr. 54 angeführten Rechtsprechung zurückzuweisen.

136    Soweit schließlich die Kläger eine unzureichende Begründung der angefochtenen Entscheidung dazu beanstanden, weshalb die in der früheren Entscheidungspraxis der Kommission angewandte Analyse nicht mehr zutreffe, so wird diese Rüge im Rahmen des auf eine unzureichende Begründung gestützten fünften Klagegrundes geprüft.

137    Nach alledem ist der zweite Klagegrund zurückzuweisen.

 Zum fünften Klagegrund: unzureichende Begründung

 Vorbringen der Parteien

138    Die Kläger beanstanden, die Kommission habe ihre Entscheidung nicht hinreichend begründet.

139    Zum Ersten werde in der angefochtenen Entscheidung nicht erklärt, weshalb die langjährig angewandte wirtschaftliche Analyse von Ausbildungsbeihilfen, die auf die positiven externen Effekte abstelle, nicht mehr gelten solle. Ein Wechsel gegenüber dieser eingeführten Praxis müsse aber begründet werden. Der Verweis auf eine verfeinerte wirtschaftliche Betrachtungsweise reiche insoweit nicht aus.

140    Zum Zweiten liefere die angefochtene Entscheidung keine Erklärung für die Herangehensweise in Bezug auf die Beurteilung der Erforderlichkeit der Ausbildungsbeihilfe. Insbesondere gebe die Kommission nicht an, weshalb der von ihr im vorliegenden Fall verfolgte Ansatz von demjenigen abweiche, der in früheren Entscheidungen, namentlich in der Ford-Genk-Entscheidung und der Webasto-Entscheidung, zur Anwendung gekommen sei.

141    Hinsichtlich der Aussage der Kommission, dass ein Wandel ihrer Entscheidungspraxis, da er bereits stattgefunden habe, nicht begründet werden müsse, bestreiten die Kläger, dass es sich im vorliegenden Fall so verhalte. Zum einen nämlich habe die Kommission innerhalb kürzester Zeit mehrfach ihre Beurteilungskriterien geändert, so dass es für das Verständnis der angefochtenen Entscheidung für deren Adressaten, die Kläger und DHL erforderlich gewesen sei, sich auf die Erläuterung der Kommission zu stützen, wie sie dazu gekommen sei. Zum anderen sei die Kommission mit der angefochtenen Entscheidung von einem Rechtsakt mit allgemeiner Tragweite, nämlich der Verordnung Nr. 68/2001, abgewichen. Selbst wenn man aber – zu Unrecht – annähme, dass eine solche Abweichung zulässig sei, hätten sie und die Besonderheiten des Einzelfalls, die sie rechtfertigen könnten, begründet werden müssen.

142    Die Kommission hält die Entscheidung für hinreichend begründet.

 Würdigung durch das Gericht

143    Nach ständiger Rechtsprechung muss die nach Art. 253 EG vorgeschriebene Begründung der Natur des betreffenden Rechtsakts angepasst sein und die Überlegungen des Gemeinschaftsorgans, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und das zuständige Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann. Das Begründungserfordernis ist nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach dem Inhalt des Rechtsakts, der Art der angeführten Gründe und dem Interesse zu beurteilen, das die Adressaten oder andere durch den Rechtsakt unmittelbar und individuell betroffene Personen an Erläuterungen haben können. In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich oder rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob die Begründung eines Rechtsakts den Erfordernissen des Art. 253 EG genügt, nicht nur anhand seines Wortlauts zu beurteilen ist, sondern auch anhand seines Kontextes sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet (vgl. Urteil Freistaat Sachsen u. a./Kommission, Randnr. 76 und die dort angeführte Rechtsprechung).

144    Ferner ergibt sich aus der Rechtsprechung, dass eine Entscheidung der Kommission, die sich in eine ständige Entscheidungspraxis einfügt, summarisch, insbesondere unter Bezugnahme auf diese Praxis, begründet werden kann; geht sie jedoch über die früheren Entscheidungen merklich hinaus, hat die Kommission ihre Erwägungen explizit darzulegen (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 11. Dezember 2008, Kommission/Département du Loiret, C‑295/07 P, Slg. 2008, I‑9363, Randnr. 44 und die dort angeführte Rechtsprechung).

145    Im vorliegenden Fall ist erstens zu der Rüge, dass in der angefochtenen Entscheidung keine Erklärung in Bezug auf die Beurteilung der Erforderlichkeit der Ausbildungsbeihilfe gegeben werde, darauf hinzuweisen, dass die Kommission im 50. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung daran erinnert hat, dass „[d]as Hauptargument in der Eröffnungsentscheidung war, dass eine Ausbildungsmaßnahme nur dann im Sinne von Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe c [EG] [für] mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar erklärt werden kann, wenn sie nicht unmittelbar für die Betriebstätigkeit des Begünstigten erforderlich ist“.

146    So wird in dem genannten Erwägungsgrund ausgeführt: „Die Kommission stellte fest, dass die Erforderlichkeit der Beihilfe ein allgemeines Vereinbarkeitskriterium ist, und kam zu folgendem Schluss: Wenn die Beihilfe nicht dazu führt, dass mehr Maßnahmen durchgeführt werden, als dies aufgrund der Marktkräfte allein der Fall wäre, ist nicht zu erwarten, dass die Beihilfe positive und die Verzerrung des Handels ausgleichende Auswirkungen hat, so dass sie nicht genehmigt werden kann.“ Weiter heißt es dort: „Hätte das Unternehmen die geförderten Maßnahmen in jedem Fall, also insbesondere auch ohne eine Beihilfe, durchgeführt, kann bei der betreffenden Ausbildungsbeihilfe nicht davon ausgegangen werden, dass sie der ‚Förderung‘ der wirtschaftlichen Entwicklung im Sinne von Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe c [EG] dient bzw. dass sie gemäß Erwägungsgrund 10 der Verordnung … Nr. 68/2001 dazu beiträgt, die Marktschwäche auszugleichen, die dazu führt, dass Unternehmen im Allgemeinen zu wenig in die Ausbildung ihrer Beschäftigten investieren.“

147    Dagegen wird im 50. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung klargestellt, dass „[d]ies … nicht die gemäß der Verordnung … Nr. 68/2001 von der Anmeldepflicht freigestellten Beihilfen [berührt], bei denen prima facie davon ausgegangen wird, dass sie der Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung dienen“.

148    Unter diesen Umständen ist davon auszugehen, dass in der angefochtenen Entscheidung die Gründe, aus denen die Kommission das Erforderlichkeitskriterium für die Zwecke der Beurteilung der Vereinbarkeit der fraglichen Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt anwandte, rechtlich hinreichend dargestellt sind.

149    Soweit die Kläger mit dieser Rüge geltend machen, in der angefochtenen Entscheidung werde nicht angegeben, weshalb die Herangehensweise der Kommission von derjenigen in früheren Entscheidungen, namentlich in der Ford-Genk- und in der Webasto-Entscheidung abweiche, ist festzustellen, dass die angefochtene Entscheidung insoweit hinreichend begründet ist. Zum einen nämlich stellt die Kommission im 60. Erwägungsgrund dieser Entscheidung fest, dass die Änderung ihrer Vorgehensweise im Rahmen der eingehenden Prüfung der Beihilfesachen Ford Genk und GM Antwerpen erfolgt sei, in denen sie ausdrücklich auf ihren neuen Ansatz hingewiesen habe. Zum anderen hat die Kommission im 61. Erwägungsgrund das Vorbringen der deutschen Behörden und von DHL zurückgewiesen, wonach die Ford-Genk- und die GM-Antwerpen-Entscheidung im Gegensatz zur Webasto-Entscheidung keine einschlägigen Präzedenzfälle seien.

150    Zu dem im Stadium der Erwiderung gemachten Vorbringen, dass die Kommission, weil sie mit der angefochtenen Entscheidung von der Verordnung Nr. 68/2001 abgewichen sei, diese Abweichung und die sie rechtfertigenden Besonderheiten des Einzelfalls hätte begründen müssen, genügt der Hinweis, dass die angefochtene Entscheidung, wie die Prüfung des ersten Klagegrundes ergeben hat, nicht gegen die Verordnung Nr. 68/2001 verstößt und deshalb in ihr keine Abweichung von dieser Verordnung gesehen werden kann.

151    Die erste Rüge ist daher nicht begründet.

152    Was zweitens die Rüge angeht, dass der Wandel der Praxis der Kommission hinsichtlich der Berücksichtigung der positiven externen Effekte hätte begründet werden müssen, genügt der Hinweis, dass die Kommission, da ein Teil der fraglichen Beihilfen nicht genehmigt werden konnte, weil das Erforderlichkeitskriterium nicht erfüllt war, weder die Frage der positiven externen Effekte dieser Beihilfen prüfen noch demzufolge einen behaupteten Praxiswandel in dieser Hinsicht rechtfertigen musste.

153    Die zweite Rüge ist daher zu verwerfen.

154    Demnach ist der fünfte Klagegrund zurückzuweisen.

155    Nach alledem ist die vorliegende Klage abzuweisen.

 Kosten

156    Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Kläger unterlegen sind, sind ihnen, wie von der Kommission beantragt, die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Achte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Der Freistaat Sachsen und das Land Sachsen-Anhalt tragen ihre eigenen Kosten sowie die Kosten der Europäischen Kommission.

Martins Ribeiro

Papasavvas

Dittrich

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 8. Juli 2010.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Deutsch.


1 – Unkenntlich gemachte vertrauliche Angaben.