Language of document : ECLI:EU:C:2013:467





Beschluss des Gerichtshofs (Achte Kammer) vom 11. Juli 2013 – Luca

(Rechtssache C‑430/12)

„Art. 99 der Verfahrensordnung – Soziale Sicherheit – Freier Dienstleistungsverkehr – Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 – Art. 22 – Krankenversicherung – In einem anderen Mitgliedstaat erbrachte Krankenhausbehandlung – Vorherige Genehmigung – Höhe der Erstattung an den Sozialversicherten“

1.                     Vorabentscheidungsverfahren – Zulässigkeit – Erfordernis, dem Gerichtshof hinreichende Angaben zum tatsächlichen und rechtlichen Zusammenhang zu machen (Art. 267 AEUV; Satzung des Gerichtshofs, Art. 23; Verfahrensordnung des Gerichtshofs, Art. 94) (vgl. Randnrn. 17-19)

2.                     Soziale Sicherheit – Wanderarbeitnehmer – Krankenversicherung – In einem anderen Mitgliedstaat erbrachte Sachleistungen – Art. 22 Abs. 1 Buchst. c Ziff. i der Verordnung Nr. 1408/71 – Unbegründete Verweigerung der Genehmigung – Pflicht zur Erstattung der Krankenhauskosten gemäß dem Versicherungssystem des Mitgliedstaats des Versicherten – Bestimmung des Erstattungsbetrags nach dem Recht des Mitgliedstaats der Leistungserbringung – Möglichkeit einer ergänzenden Erstattung bei unterschiedlichen Beträgen – Begrenzung der vom Krankenversicherungssystem der Versicherungszugehörigkeit garantierten Deckung bei begründeter Verweigerung (Art. 56 AEUV; Verordnung Nr. 1408/71 des Rates, Art. 22 Abs. 1 Buchst. c Ziff. i) (vgl. Randnrn. 26-29, 34 und Tenor)

3.                     Soziale Sicherheit – Wanderarbeitnehmer – Krankenversicherung – In einem anderen Mitgliedstaat erbrachte Sachleistungen – Nationale Regelung, die ausnahmslos die vorherige Zustimmung der zuständigen Stelle zur Übernahme der Kosten für eine Krankenhausbehandlung in einem anderen Mitgliedstaat verlangt – Unzulässigkeit (Art. 56 AEUV; Verordnung Nr. 1408/71 des Rates, Art. 22 Abs. 2 Unterabs. 2) (vgl. Randnrn. 21-25, 30, 34 und Tenor)

Gegenstand

Vorabentscheidungsersuchen – Curtea de Apel Bacău – Auslegung von Art. 56 AEUV und Art. 22 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern (ABl. L 149, S. 2) in geänderter Fassung – Nationale Regelung, nach der für die Erstattung der gesamten für eine medizinische Behandlung im Ausland aufgewandten Kosten eine vorherige Zustimmung erforderlich ist – Bestimmung des Betrags der Erstattung der in einem anderen Mitgliedstaat aufgewandten Kosten bei Fehlen einer vorherigen Zustimmung nach den Kriterien des Versicherungsstaats

Tenor

Art. 49 EG und Art. 22 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern in der durch die Verordnung (EG) Nr. 118/97 des Rates vom 2. Dezember 1996 geänderten und aktualisierten Fassung, geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 592/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008, stehen einer Regelung eines Mitgliedstaats, die die vollständige Kostenübernahme für in einem anderen Mitgliedstaat erbrachte Krankenhausbehandlungen von der Erteilung einer vorherigen Genehmigung abhängig macht, grundsätzlich nicht entgegen. Hingegen stehen diese Vorschriften einer solchen Regelung dann entgegen, wenn diese dahin ausgelegt wird, dass sie die Übernahme der Kosten durch den zuständigen Träger für solche ohne vorherige Genehmigung erbrachten Behandlungen in jedem Fall ausschließt.

Ist die allein auf dem Fehlen einer vorherigen Genehmigung beruhende Verweigerung der Erstattung der vom Sozialversicherten bezahlten Kosten für in einem anderen Mitgliedstaat erbrachte Krankenhausbehandlungen unter Berücksichtigung besonderer Umstände unbegründet, so hat der zuständige Träger dem Sozialversicherten die Kosten für die Behandlungen in Höhe des nach den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats bestimmten Betrags zu erstatten. Ist dieser Betrag niedriger als derjenige, der sich aus den Rechtsvorschriften des Wohnsitzmitgliedstaats bei einem dortigen Krankenhausaufenthalt ergeben hätte, hat der zuständige Träger zudem eine ergänzende Erstattung in Höhe des Unterschieds zwischen diesen beiden Beträgen zu gewähren, jedoch nur bis zur Höhe der tatsächlichen Kosten.

Ist die Verweigerung begründet, kann der Sozialversicherte die Kostenübernahme nach Art. 49 EG nur im Umfang der vom Krankenversicherungssystem der Versicherungszugehörigkeit garantierten Deckung geltend machen.