Language of document : ECLI:EU:T:2006:253

URTEIL DES GERICHTS (Zweite erweiterte Kammer)

13. September 2006(*)

„Staatliche Beihilfen – Umweltabgabe auf Granulate im Vereinigten Königreich – Entscheidung der Kommission, keine Einwände zu erheben – Nichtigkeitsklage – Zulässigkeit – Individuell betroffene Person – Selektivität – Begründungspflicht – Sorgfältige und unvoreingenommene Prüfung“

In der Rechtssache T‑210/02

British Aggregates Association mit Sitz in Lanark (Vereinigtes Königreich), Prozessbevollmächtigte: C. Pouncey, Solicitor, und Rechtsanwalt L. Van Den Hende,

Klägerin,

gegen

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch J. Flett und S. Meany als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Beklagte,

unterstützt durch

Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland, vertreten zunächst durch P. Ormond, dann durch T. Harris und R. Caudwell als Bevollmächtigte im Beistand zunächst von J. Stratford und M. Hall, Barristers, dann von M. Hall,

Streithelfer,

wegen teilweiser Nichtigerklärung der Entscheidung C (2002) 1478 final der Kommission vom 24. April 2002 betreffend die staatliche Beihilfe N 863/01 – Vereinigtes Königreich/Granulatabgabe

erlässt

DAS GERICHT ERSTER INSTANZ
DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Zweite erweiterte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten J. Pirrung sowie der Richter A. W. H. Meij und N. J. Forwood, der Richterin I. Pelikánová und des Richters S. Papasavvas,

Kanzler: J. Plingers, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 13. Dezember 2005

folgendes

Urteil

 Dem Rechtsstreit zugrunde liegender Sachverhalt

1        Die British Aggregates Association ist ein Verband, in dem sich kleine unabhängige Unternehmen zusammengeschlossen haben, die im Vereinigten Königreich Steinbrüche und sonstige Abbaustellen betreiben. Sie hat 55 Mitglieder, die über 100 Steinbrüche und sonstige Abbaustellen betreiben.

2        Granulate sind körnige, chemisch inaktive Materialien, die im Hoch-, Tief- und Straßenbausektor verwendet werden. Sie können als solche, z. B. als Aufschüttmasse oder als Schotter, oder vermischt mit Bindemitteln wie Zement (zur Gewinnung von Beton) oder Bitumen verwendet werden. Bestimmte von Natur aus körnige Materialien wie Sand und Kies können durch Sieben gewonnen werden. Andere Materialien wie Felsgestein müssen vor dem Sieben zerkleinert werden. Die verschiedenen Verwendungszwecken dienenden Granulate müssen den jeweiligen Spezifikationen entsprechen; die physikalischen Eigenschaften des Ausgangsmaterials sind ausschlaggebend dafür, ob es sich für die beabsichtigte Verwendung eignet. So sind die Spezifikationen bei Aufschüttungen weniger streng als die für die unteren Schichten von Straßen, die ihrerseits weniger streng als die für stark beanspruchte Oberflächen wie Fahrbahnbeläge von Straßen oder Bahngleisschotter sind. Für Verwendungszwecke mit niedrigeren Anforderungen eignen sich viele Materialien als Granulat, während die Materialien, die höheren Anforderungen entsprechen, weniger zahlreich sind.

 Finance Act 2001

3        Die Sections 16 bis 49 des zweiten Teils des Finance Act (Finanzgesetz) 2001 (im Folgenden: Gesetz) und dessen Anhänge 4 bis 10 führen die Aggregates Levy (Granulatabgabe, im Folgenden: AGL oder Abgabe) im Vereinigten Königreich ein.

4        Nach der Durchführungsverordnung zum Gesetz traten die Bestimmungen über die Einführung der AGL am 1. April 2002 in Kraft.

5        Das Gesetz wurde durch die Sections 129 bis 133 und Anhang 38 des Finance Act (Finanzgesetz) 2002 geändert. Die damit geänderten Bestimmungen sehen Befreiungen für Abraum (spoils) aus dem Abbau bestimmter Minerale, insbesondere von Tonschiefer, Schiefer, Töpferton und Porzellanerde, vor. Außerdem schaffen sie einen Übergangszeitraum für die Einführung der Abgabe in Nordirland.

6        Die AGL wird in Höhe von 1,60 GBP pro Tonne gewerblichen Zwecken dienenden Granulats erhoben (Section 16 Subsection 4 des Gesetzes).

7        Nach Section 16 Subsection 2 des Gesetzes in seiner geänderten Fassung fällt die AGL an, sobald abgabepflichtiges Granulat nach dem Inkrafttreten des Gesetzes im Vereinigten Königreich gewerblichen Zwecken zugeführt wird. Sie betrifft somit gleichermaßen eingeführtes wie im Vereinigten Königreich abgebautes Granulat.

8        Nach Regulation 13 Absatz 2 Buchstabe a der Durchführungsverordnung steht dem Gewerbetreibenden eine Abgabeentlastung zu, wenn abgabepflichtiges Granulat ohne weitere Behandlung ausgeführt oder aus dem Vereinigten Königreich verbracht wird.

9        Section 17 Subsection 1 des Gesetzes in seiner geänderten Fassung bestimmt:

„‚Granulat‘ im Sinne dieses Teils sind (vorbehaltlich nachstehender Section 18) Fels, Kies oder Sand zusammen mit allen Materialien, die vorläufige oder natürliche Bestandteile davon sind.“

10      Nach Section 17 Subsection 2 des Gesetzes unterliegt Granulat in vier Fällen nicht der Abgabe: bei ausdrücklicher Befreiung, wenn es bereits baulich verwendet wurde, wenn die Granulatabgabe darauf bereits erhoben wurde oder wenn es vor Inkrafttreten des Gesetzes von seinem Ursprungsort verbracht wurde.

11      Section 17 Subsections 3 und 4 des Gesetzes in seiner geänderten Fassung sieht bestimmte Abgabebefreiungen vor.

12      Außerdem bezeichnet Section 18 Subsections 1, 2 und 3 des Gesetzes in seiner geänderten Fassung die abgabebefreiten Verfahren und die davon betroffenen Materialien.

 Verwaltungsverfahren und Rechtsstreit vor dem nationalen Gericht

13      Mit Schreiben vom 24. September 2001 richteten zwei Unternehmen eine Beschwerde (im Folgenden: erste Beschwerde) an die Kommission, die keine Verbindung zur Klägerin haben und darum ersuchten, gemäß Artikel 6 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel [88] des EG-Vertrags (ABl. L 83, S. 1) ihre Identität dem betreffenden Mitgliedstaat nicht bekanntzugeben. Die Beschwerdeführer vertraten im Wesentlichen die Auffassung, dass der Ausschluss bestimmter Materialien vom Anwendungsbereich der AGL, die Ausfuhrbefreiung und die Ausnahmen in Bezug auf Nordirland staatliche Beihilfen darstellten.

14      Mit Schreiben vom 20. Dezember 2001 meldete das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland bei der Kommission die staatliche Beihilferegelung „Schrittweise Einführung der Granulatabgabe in Nordirland“ an.

15      Mit Schreiben vom 6. Februar 2002 übermittelte die Kommission diesem Mitgliedstaat eine Zusammenfassung der ersten Beschwerde und forderte ihn auf, dazu Stellung zu nehmen und Zusatzinformationen zur AGL zu liefern, was dieser mit Schreiben vom 19. Februar 2002 tat.

16      Am 11. Februar 2002 erhob die Klägerin Klage gegen die AGL beim High Court of Justice (England & Wales), Queen’s Bench Division. Sie machte u. a. die Verletzung der Gemeinschaftsvorschriften über staatliche Beihilfen geltend. Mit Urteil vom 19. April 2002 wies der High Court of Justice die Klage ab und ließ ein Rechtsmittel der Klägerin an den Court of Appeal (England & Wales) zu. Nachdem die Klägerin Rechtsmittel eingelegt hatte, setzte der Court of Appeal das Verfahren in Anbetracht der Erhebung der vorliegenden Klage beim Gericht aus.

17      Währenddessen hatte die Klägerin mit Schreiben vom 15. April 2002 bei der Kommission eine Beschwerde gegen die AGL (im Folgenden: Beschwerde der Klägerin) eingereicht. Sie machte im Wesentlichen geltend, der Ausschluss bestimmter Materialien vom Anwendungsbereich der AGL und die Befreiung von Ausfuhren stellten staatliche Beihilfen dar. Die von den Behörden des Vereinigten Königreichs angemeldeten Ausnahmen in Bezug auf Nordirland seien mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar.

 Angefochtene Entscheidung

18      Am 24. April 2002 erließ die Kommission eine Entscheidung, keine Einwände gegen die AGL zu erheben (im Folgenden: angefochtene Entscheidung).

19      Am 2. Mai 2002 wurde die angefochtene Entscheidung der Klägerin von den Behörden des Vereinigten Königreichs mitgeteilt. Förmlich bekannt gegeben wurde sie ihr von der Kommission mit Schreiben vom 27. Juni 2002.

20      In ihrer Entscheidung (Begründungserwägung 43) ist die Kommission der Ansicht, dass die Abgabe kein Element einer staatlichen Beihilfe im Sinne des Artikels 87 Absatz 1 EG enthalte, weil ihr Anwendungsbereich durch die Logik und die Natur der Abgaberegelung gerechtfertigt sei. Im Übrigen sei die bei der Kommission angemeldete Freistellung für Nordirland mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar.

21      Bei der Beschreibung des Anwendungsbereichs der AGL hebt die Kommission im Wesentlichen hervor, dass diese Abgabe auf Virgin-Granulat erhoben werde, das „definiert [wird] als Granulat, das beim ersten Abbau aus natürlichen Mineralablagerungen erzeugt wird“, und „aus Fragmenten von Fels, Sand oder Kies [besteht], die in ihrem natürlichen Zustand oder nach mechanischer Bearbeitung wie Zerstoßen, Waschen und Sortierung verwendet werden können“ (Begründungserwägungen 8 und 9). Zu den ausgenommenen Materialien und den verfolgten Zielen führt sie in den Begründungserwägungen 11 bis 13 der angefochtenen Entscheidung aus:

„Die AGL wird nicht auf Materialien erhoben, die Neben- oder Abfallprodukte anderer Verfahren sind. Nach Aussage der Behörden des Vereinigten Königreichs gehören dazu Schieferausschuss, Porzellanerdenabfall, Zechenabraum, Asche, Hochofenschlacke, Altglas und Gummi. Sie wird auch nicht auf aufbereitetes Granulat erhoben, wozu Fels, Sand oder Kies gehören, die bereits mindestens einmal verwendet wurden (üblicherweise für Hoch- und Tiefbauzwecke).

Nach Angaben der Behörden des Vereinigten Königreichs werden solche Erzeugnisse vom Anwendungsbereich der AGL ausgenommen, damit ihre Verwendung als Baumaterial attraktiv und der unnötige Abbau von Virgin-Granulat verringert wird, was zu einer wirksamen Ressourcenbewirtschaftung anhalten soll.

Nach ersten Entwürfen der Behörden des Vereinigten Königreichs soll die AGL die Nachfrage nach Virgin-Granulat bei einer jährlichen Gesamtnachfrage im Vereinigten Königreich von etwa 230 bis 250 Millionen Tonnen um durchschnittlich 20 Millionen Tonnen pro Jahr verringern.“

22      Hinsichtlich der Beurteilung des Anwendungsbereichs der AGL heißt es in den Begründungserwägungen 29 und 31 der angefochtenen Entscheidung:

„Die Kommission stellt fest, dass die AGL nur auf die gewerbliche Verwertung von Fels, Sand und Kies, die als Granulat verwendet werden, erhoben wird. Sie wird auf solche Materialien nicht erhoben, wenn sie nicht als Granulat verwendet werden. Sie wird nur auf Virgin-Granulat erhoben. Sie wird weder auf Granulat erhoben, das als Neben- oder Abfallprodukt anderer Verfahren gewonnen wird (Sekundär-Granulat), noch auf aufbereitetes Granulat. Entsprechend ist die Kommission der Ansicht, dass die AGL nur bestimmte Sektoren und bestimmte Unternehmen betrifft. Sie stellt somit fest, dass zu erörtern ist, ob der Anwendungsbereich der AGL durch die Logik und die Natur der Abgaberegelung gerechtfertigt ist.

… [d]as Vereinigte Königreich [hat] in Ausübung seiner Steuerhoheit die AGL so gestaltet …, dass die Verwendung von aufbereitetem Granulat und anderen Ausweichmöglichkeiten zu Virgin-Granulat maximiert und die effiziente Verwendung von Virgin-Granulat, das ein nicht erneuerbarer natürlicher Rohstoff ist, gefördert werden soll. Die durch die Granulatgewinnung verursachten Umweltbeeinträchtigungen, denen das Vereinigte Königreich mit der AGL entgegenwirken möchte, umfassen Lärm, Staub, Beeinträchtigung der Biodiversität und Sichtbeeinträchtigungen.“

23      Die Kommission schließt daraus in der 32. Begründungserwägung, dass „die AGL eine spezifische Abgabe mit einem sehr engen Anwendungsbereich ist, die von dem Mitgliedstaat anhand der spezifischen Merkmale des betreffenden Sektors genau abgegrenzt wurde“, und dass „[d]ie Struktur und der Umfang der Abgabe … die deutliche Unterscheidung zwischen der Gewinnung von Virgin-Granulat mit ihren unerwünschten Umweltauswirkungen und der Herstellung von Sekundärgranulat oder aufbereitetem Granulat wider[spiegeln], die erheblich zur Verarbeitung von Fels, Kies und Sand beiträgt, die bei Aushebungen oder sonstigen Arbeiten oder Verfahren abfallen, die rechtmäßig zu verschiedenen Zwecken durchgeführt werden“.

24      Zur Befreiung von Granulat, das ohne vorherige Bearbeitung im Vereinigten Königreich ausgeführt wird, heißt es in der 33. Begründungserwägung der angefochtenen Entscheidung:

„Eine solche Regelung ist … dadurch gerechtfertigt, dass Granulat im Vereinigten Königreich befreit sein kann, wenn es für befreite Verfahren (z. B. die Herstellung von Glas, Plastik, Papier, Düngemittel und Pestizide) verwendet wird. Da die Behörden des Vereinigten Königreichs keine Kontrolle über die Verwendung von Granulat außerhalb ihres Hoheitsbereichs haben, ist die Befreiung von Ausfuhren notwendig, um Granulatausführern Rechtssicherheit zu gewährleisten und eine ungleiche Behandlung von Granulatausfuhren zu verhindern, die sonst für eine Befreiung im Vereinigten Königreich in Frage kämen.“

25      In der 34. Begründungserwägung zieht die Kommission folgende Schlussfolgerung:

„[E]s [liegt] in der Natur und im allgemeinen Aufbau einer solchen Abgabe …, dass sie nicht für Sekundärgranulat oder aufbereitetes Granulat gilt. Die Erhebung einer Abgabe auf die Gewinnung von Virgin-Granulat wird zu einem Rückgang der Gewinnung von Primärgranulat, zu einer geringeren Verwendung nicht erneuerbarer Rohstoffe und zur Verringerung von Umweltbeeinträchtigungen beitragen. Die Kommission ist demzufolge der Ansicht, dass etwaige Vorteile, die für manche Unternehmen aus der Abgrenzung des Anwendungsbereichs der AGL entstehen, durch die Natur und den allgemeinen Aufbau der Abgaberegelung gerechtfertigt sind.“

 Verfahren

26      Mit Klageschrift, die am 12. Juli 2002 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin die vorliegende Klage eingereicht.

27      Mit besonderem Schriftsatz, der am selben Tag bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin einen Antrag auf Entscheidung der Rechtssache im beschleunigten Verfahren gemäß Artikel 76a der Verfahrensordnung des Gerichts gestellt. Das Gericht hat diesen Antrag am 30. Juli 2002 zurückgewiesen.

28      Mit am 29. Oktober 2002 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenem Schriftsatz haben die Behörden des Vereinigten Königreichs beantragt, als Streithelfer im vorliegenden Verfahren zur Unterstützung der Anträge der Beklagten zugelassen zu werden. Mit Beschluss vom 28. November 2002 hat der Präsident der Zweiten Kammer des Gerichts die Streithilfe zugelassen. Der Streithilfeschriftsatz des Streithelfers und die Stellungnahmen der anderen Beteiligten dazu sind fristgemäß eingegangen.

29      Auf Bericht des Berichterstatters hat das Gericht (Zweite erweiterte Kammer) beschlossen, die mündliche Verhandlung ohne vorherige Beweisaufnahme zu eröffnen. Die Beteiligten haben fristgemäß schriftliche Fragen des Gerichts beantwortet und angeforderte Unterlagen vorgelegt.

30      Die Beteiligten haben in der Sitzung vom 13. Dezember 2005 mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet.

 Anträge der Beteiligten

31      Die Klägerin beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung, soweit sie nicht die Freistellung für Nordirland betrifft, für nichtig zu erklären;

–        der Kommission die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

32      Die Kommission und der Streithelfer beantragen,

–        die Klage als unzulässig oder unbegründet abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

 Zur Zulässigkeit

 Vorbringen der Beteiligten

33      Die Kommission stellt, ohne eine förmliche Einrede der Unzulässigkeit zu erheben, die Zulässigkeit der Klage in Abrede. Sie macht geltend, die angefochtene Entscheidung betreffe die Klägerin nicht individuell im Sinne des Artikels 230 Absatz 4 EG.

34      Eine Entscheidung wie die angefochtene, mit der eine Beihilferegelung genehmigt werde, sei ein normativer Akt mit allgemeiner Geltung. Nach dem klassischen Kriterium der individuellen Anknüpfung (Urteil des Gerichtshofes vom 25. Juli 2002 in der Rechtssache C‑50/00 P, Unión de Pequeños Agricultores/Rat, Slg. 2002, I‑6677) sei die Klägerin somit von der Entscheidung, im Anschluss an das Vorprüfverfahren des Artikels 88 Absatz 3 EG keine Einwände zu erheben, nicht individuell betroffen.

35      Insbesondere habe die Klägerin nicht nachgewiesen, dass mindestens eines ihrer Mitglieder von der angefochtenen Entscheidung individuell betroffen sei.

36      In ihrer Klagebeantwortung vertritt die Kommission die Ansicht, dass, wenn sie wie im vorliegenden Fall entscheide, das förmliche Prüfverfahren nicht einzuleiten, die Feststellung einer individuellen Anknüpfung den Nachweis erfordere, dass die fragliche Beihilfe in die Wettbewerbsstellung eines Mitglieds der Klägerin eingreife. Sie stützt sich auf die Urteile des Gerichts vom 5. Juni 1996 in der Rechtssache T‑398/94 (Kahn Scheepvaart/Kommission, Slg. 1996, II‑477, Randnrn. 43 und 50), vom 16. September 1998 in der Rechtssache T‑188/95 (Waterleiding Maatschappij/Kommission, Slg. 1998, II‑3713, Randnrn. 60 bis 65) und vom 21. März 2001 in der Rechtssache T‑69/96 (Hamburger Hafen- und Lagerhaus u. a./Kommission, Slg. 2001, II‑1037, Randnr. 41).

37      In der Gegenerwiderung ist die Kommission schließlich der Ansicht, dass das zur Beurteilung der individuellen Anknüpfung anzuwendende Kriterium sowohl bei einer Entscheidung der Kommission, keine Einwände zu erheben, als auch bei einer das förmliche Prüfverfahren abschließenden Entscheidung darin liege, ob spürbar in die Wettbewerbsstellung des Klägers eingegriffen werde (Urteil des Gerichtshofes vom 28. Januar 1986 in der Rechtssache 169/84, COFAZ u. a./Kommission, Slg. 1986, 391).

38      Die Kommission macht insoweit geltend, das Gericht sei im Urteil Waterleiding Maatschappij/Kommission und im Urteil vom 5. Dezember 2002 in der Rechtssache T‑114/00 (Aktionsgemeinschaft Recht und Eigentum/Kommission, Slg. 2002, II‑5121) fälschlicherweise davon ausgegangen, dass der Gerichtshof in den Urteilen vom 19. Mai 1993 in der Rechtssache C‑198/91 (Cook/Kommission, Slg. 1993, I‑2487) und vom 15. Juni 1993 in der Rechtssache C‑225/91 (Matra/Kommission, Slg. 1993, I‑3203) danach unterschieden habe, ob die Entscheidung im Anschluss an das Vorprüfverfahren oder an das förmliche Prüfverfahren ergangen sei. Auf die Aufforderung in der mündlichen Verhandlung hin, zur Bedeutung des Urteils des Gerichtshofes vom 13. Dezember 2005 in der Rechtssache C‑78/03 P (Kommission/Aktionsgemeinschaft Recht und Eigentum, Slg. 2005, I‑10737) Stellung zu nehmen, hat die Kommission die Ansicht geäußert, dass dieses Urteil im Licht der Schlussanträge von Generalanwalt Jacobs das Kriterium eines spürbaren Eingriffs in die Wettbewerbsstellung des Klägers durch die betreffende Beihilferegelung bestätige.

39      Im vorliegenden Fall habe die Klägerin in der Klageschrift keine genaue Auskunft über ihre Mitglieder gegeben, so dass nicht festgestellt werden könne, dass zumindest eines davon klagebefugt sei.

40      Außerdem sei der erst in der Erwiderung erfolgte Vortrag neuer tatsächlicher Gesichtspunkte in Bezug auf vier Mitglieder der Klägerin nicht zulässig.

41      Jedenfalls hätten es diese neuen tatsächlichen Gesichtspunkte nicht erlaubt, davon auszugehen, dass durch die angefochtene Entscheidung spürbar in die Wettbewerbsstellung der betroffenen Unternehmen eingegriffen worden sei. Insoweit zeigten die von der Klägerin genannten Zahlen, dass der wichtigste Teil der Geschäftstätigkeit von zwei ihrer Mitglieder, nämlich der Torrington Stone Ltd und der Cloburn Quarry Co. Ltd, nicht der Abgabe unterliege. Außerdem genüge es nicht, dass ein Unternehmen gezwungen sei, sich eines Teils seiner Sekundärmaterialien als Abfall zu entledigen.

42      Schließlich sei, selbst wenn das Gericht die Klägerin für klagebefugt halten sollte, angesichts dessen, dass die angefochtene Entscheidung im Anschluss an das Vorprüfverfahren ergangen sei, der einzige zulässige Nichtigkeitsgrund derjenige, der auf die Nichteinleitung des förmlichen Prüfverfahrens gestützt sei. In der Tat könnte einem Verfahrensfehler dieser Art durch die Einleitung des förmlichen Verfahrens abgeholfen werden. Die Klägerin wäre jedoch gegen die abschließende Entscheidung nicht klagebefugt.

43      Die Klägerin macht geltend, die angefochtene Entscheidung betreffe sie in Anbetracht sowohl der Klagebefugnis ihrer Mitglieder als auch ihrer Rolle als Beschwerdeführerin unmittelbar und individuell. Eines der Hauptziele der AGL – die insbesondere zur Verwendung von aufbereitetem Granulat und anderen Substituten für die abgabebelasteten Materialien anhalten solle – bestehe nämlich in der Einwirkung auf die Marktstruktur. Somit wirke sich diese Abgabe nachteilig auf die Wettbewerbsstellung aller Mitglieder der Klägerin aus, die sämtlich der AGL unterworfene Materialien erzeugten. Zur Veranschaulichung dessen hat die Klägerin in der Erwiderung die Wettbewerbsstellung mehrerer ihrer Mitglieder dargestellt.

44      Die Klägerin fügt hinzu, die von der Kommission vorgenommene Unterscheidung in Bezug auf die Zulässigkeit der verschiedenen Klagegründe sei künstlich. Wenn nämlich ein Kläger nachweise, dass der Kommission ein offenkundiger Beurteilungsfehler unterlaufen sei, bedeute dies zwangsläufig, dass sie auf Schwierigkeiten gestoßen sei, die die Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens geboten hätten.

 Würdigung durch das Gericht

45      Nach der Rechtsprechung können andere Personen als die Adressaten einer Entscheidung nur dann individuell betroffen sein, wenn diese Entscheidung sie wegen bestimmter persönlicher Eigenschaften oder besonderer, sie aus dem Kreis aller übrigen Personen heraushebender Umstände berührt und sie dadurch in ähnlicher Weise individualisiert wie den Adressaten einer solchen Entscheidung (Urteile des Gerichtshofes vom 15. Juli 1963 in der Rechtssache 25/62, Plaumann/Kommission, Slg. 1963, 213, 238, Cook/Kommission, Randnr. 20, Matra/Kommission, Randnr. 14, und zuletzt Kommission/Aktionsgemeinschaft Recht und Eigentum, Randnr. 33).

46      Hier genügt der vom klagenden Verband geltend gemachte Umstand, dass er bei der Kommission eine Beschwerde gegen die AGL eingereicht und den Wunsch einer Teilnahme am Verfahren als Beteiligter im Sinne des Artikels 88 Absatz 2 EG geäußert habe, nicht, um ihm eine eigene Klagebefugnis gegen die angefochtene Entscheidung, das förmliche Prüfverfahren nicht einzuleiten, zu verleihen. Insbesondere kann die Klägerin nicht aufgrund des Umstands, dass ihre Beschwerde und die erste, von dritten Unternehmen eingereichte Beschwerde die Kommission zur Prüfung des Anwendungsbereichs der AGL in der angefochtenen Entscheidung veranlasst haben mag, mit einem Verhandlungsführer gleichgestellt werden, dessen Position von dieser Entscheidung beeinträchtigt worden wäre (vgl. in diesem Sinne Urteil Kommission/Aktionsgemeinschaft Recht und Eigentum, Randnrn. 56 und 57).

47      Dagegen weist die Klägerin zu Recht darauf hin, dass die Klage eines Verbands zulässig ist, der anstelle eines oder mehrerer seiner Mitglieder handelt, die selbst eine zulässige Klage hätten erheben können (Urteile des Gerichts vom 6. Juli 1995 in den Rechtssachen T‑447/93 bis T‑449/93, AITEC u. a./Kommission, Slg. 1995, II‑1971, Randnr. 60, und vom 22. Oktober 1996 in der Rechtssache T‑266/94, Skibsværftsforeningen u. a./Kommission, Slg. 1996, II‑1399, Randnr. 50).

48      Deshalb hat das Gericht zu prüfen, ob im vorliegenden Fall die Mitglieder der Klägerin oder zumindest manche von ihnen als von der angefochtenen Entscheidung individuell betroffen gelten können.

49      Insoweit ist daran zu erinnern, dass im Rahmen des in Artikel 88 EG vorgesehenen Verfahrens zur Prüfung der staatlichen Beihilfen zu unterscheiden ist zwischen der Vorprüfungsphase nach Artikel 88 Absatz 3 EG, die nur dazu dient, der Kommission eine erste Meinungsbildung über die teilweise oder völlige Vereinbarkeit der fraglichen Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt zu ermöglichen, und der in Artikel 88 Absatz 2 EG geregelten Prüfungsphase. Nur in dieser Phase, die es der Kommission ermöglichen soll, sich umfassende Kenntnis von allen Gesichtspunkten des Falles zu verschaffen, sieht der EG-Vertrag die Verpflichtung der Kommission vor, den Beteiligten Gelegenheit zur Äußerung zu geben (Urteile des Gerichtshofes Cook/Kommission, Randnr. 22, Matra/Kommission, Randnr. 16, vom 2. April 1998 in der Rechtssache C‑367/95 P, Kommission/Sytraval und Brink’s France, Slg. 1998, I‑1719, Randnr. 38, und Kommission/Aktionsgemeinschaft Recht und Eigentum, Randnr. 34).

50      Stellt die Kommission, ohne das förmliche Prüfverfahren nach Artikel 88 Absatz 2 EG einzuleiten, durch eine Entscheidung auf der Grundlage des Artikels 88 Absatz 3 EG fest, dass eine Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar ist, so können diejenigen, denen die Verfahrensgarantien des Artikels 88 Absatz 2 EG zugute kommen, deren Beachtung nur durchsetzen, wenn sie die Möglichkeit haben, diese Entscheidung vor dem Gemeinschaftsrichter anzufechten (Urteile Cook/Kommission, Randnr. 23, Matra/Kommission, Randnr. 17, und Kommission/Sytraval und Brink’s France, Randnr. 40).

51      Deshalb erklärt dieser eine Klage auf Nichtigerklärung einer auf Artikel 88 Absatz 3 EG gestützten Entscheidung, die von einem Beteiligten im Sinne des Artikels 88 Absatz 2 EG erhoben wird, für zulässig, wenn der Kläger mit der Erhebung der Klage die Verfahrensrechte wahren möchte, die ihm nach der letztgenannten Bestimmung zustehen (Urteil Kommission/Aktionsgemeinschaft Recht und Eigentum, Randnr. 35).

52      Beteiligte im Sinne von Artikel 88 Absatz 2 EG, die nach Artikel 230 Absatz 4 EG Nichtigkeitsklage erheben können, sind die durch die Gewährung einer Beihilfe eventuell in ihren Interessen verletzten Personen, Unternehmen oder Vereinigungen, d. h. insbesondere die mit den Beihilfebegünstigten im Wettbewerb stehenden Unternehmen und die Berufsverbände (Urteil Kommission/Sytraval und Brink’s France, Randnr. 41).

53      Stellt der Kläger dagegen die Begründetheit der Entscheidung selbst, mit der die Beihilfe beurteilt wird, in Frage, so kann der Umstand, dass er als Beteiligter im Sinne von Artikel 88 Absatz 2 EG betrachtet werden kann, nicht für die Annahme der Zulässigkeit der Klage ausreichen. Er muss daher dartun, dass ihm eine besondere Stellung im Sinne des Urteils Plaumann/Kommission zukommt. Dies wäre insbesondere dann der Fall, wenn die Marktstellung des Klägers durch die Beihilfe, die Gegenstand der betreffenden Entscheidung ist, spürbar beeinträchtigt würde (Urteil Kommission/Aktionsgemeinschaft Recht und Eigentum, Randnr. 37).

54      Mit der vorliegenden Klage beschränkt sich die Klägerin nicht darauf, die Weigerung der Kommission, das förmliche Prüfverfahren einzuleiten, anzufechten, sondern sie stellt auch die Begründetheit der angefochtenen Entscheidung in Frage. Deshalb ist zu prüfen, ob sie in schlüssiger Weise angegeben hat, weshalb die AGL die Stellung mindestens eines ihrer Mitglieder auf dem Granulatmarkt spürbar beeinträchtigen kann.

55      Im vorliegenden Fall geht, was erstens die Abgrenzung des materiellen Anwendungsbereichs der AGL anbelangt, aus der angefochtenen Entscheidung (Begründungserwägungen 12 und 13) klar hervor, dass diese Abgabe eine Verlagerung eines Teils der Nachfrage von Virgin-Granulat hin zu anderen Erzeugnissen bezweckt, die abgabebefreit sind, damit sie verstärkt als Granulat verwendet werden und die Gewinnung von Virgin-Granulat zurückgeht. Nach den in der angefochtenen Entscheidung wiedergegebenen und nicht bestrittenen Entwürfen der britischen Behörden würde diese Abgabe einen Rückgang der Nachfrage nach Virgin-Granulat um durchschnittlich etwa 8 % bis 9 % pro Jahr ermöglichen.

56      Da mit der AGL eine allgemeine Umverteilung auf dem Markt zwischen abgabepflichtigem Virgin-Granulat und befreiten Ersatzerzeugnissen angestrebt wird, ist noch zu prüfen, ob sie die Wettbewerbsstellung von Mitgliedern der Klägerin tatsächlich ändern kann.

57      In diesem Zusammenhang können die Klarstellungen der Klägerin in der Erwiderung hinsichtlich insbesondere der Situation einiger ihrer Mitglieder entgegen der Auffassung der Kommission nicht als gemäß Artikel 48 § 1 der Verfahrensordnung verspätet angesehen werden. Mit ihnen wird nämlich die Erörterung zwischen den Parteien fortgesetzt. Sie beschränken sich darauf, in Erwiderung auf das Unzulässigkeitsvorbringen der Kommission das Vorbringen aus der Klageschrift zu ergänzen, wonach die AGL in die Wettbewerbsstellung der Unternehmen eingreife, die – wie die Mitglieder der Klägerin – abgabepflichtige Materialien in den Verkehr brächten. Jedenfalls hindert den Gemeinschaftsrichter, der die Zulässigkeitsvoraussetzungen der Klage jederzeit von Amts wegen prüfen kann, nichts daran, in der Erwiderung gemachte zusätzliche Angaben zu berücksichtigen.

58      Nach diesen in der Erwiderung gemachten zusätzlichen Angaben, deren Richtigkeit im Übrigen weder von der Kommission noch vom Streithelfer bestritten wird, stehen manche Mitglieder der Klägerin, darunter die Torrington Stone, die Sherburn Stone Co. Ltd und die Cloburn Quarry, in unmittelbarem Wettbewerb mit Herstellern von befreiten Materialien, die aufgrund der Einführung der AGL wettbewerbsfähig geworden sind.

59      Insbesondere hat die Klägerin ausgeführt, dass die Torrington Stone, die einen Steinbruch in Devon betreibe, unbehauenen Mauerstein und Verblendstein herstelle, die durchschnittlich für … GBP pro Tonne ab Steinbruch verkauft würden, sowie gehauenen Mauerstein für durchschnittlich … GBP pro Tonne ab Steinbruch. Diese Erzeugnisse machten 3 % bis 5 % des Felsabbauvolumens aus. Die übrigen 95 % entfielen auf Neben- oder Abfallerzeugnisse, die hier aus gewöhnlichem Auffüllmaterial (verkauft zu durchschnittlich … GBP pro Tonne ab Steinbruch) und zerkleinertem Auffüllmaterial (verkauft zu durchschnittlich … GBP pro Tonne ab Steinbruch) bestünden. Lediglich der gehauene Mauerstein unterliege nicht der AGL. Vor Einführung dieser Abgabe seien die Auffüllmaterialien in einem Umkreis von 50 Kilometer verkauft worden. Seit der Einführung stünden sie in diesem Gebiet im Wettbewerb mit nicht der AGL unterliegenden Sekundärmaterialien, die u. a. aus mehr als 80 Kilometer entfernten Porzellanerdeabbaustellen stammten.

60      Was die u. a. den Barton-Steinbruch in Yorkshire betreibende Sherburn Stone angeht, so hat die Klägerin ausgeführt, diese stelle Materialien mit gehobenen technischen Spezifikationen her, die für die Herstellung von Hochleistungsbeton bestimmt seien. Diese Erzeugnisse, die 50 % des abgebauten Felsgesteins ausmachten und deren durchschnittlicher Verkaufspreis sich auf … GBP pro Tonne ab Steinbruch belaufe, unterlägen der AGL. Aus den übrigen 50 % abgebauten Felsgesteins stelle die Sherburn Stone Abrieb und tonige Rückstände her, die für Auffüllmaterial verwendbar seien und zu durchschnittlich … GBP pro Tonne ab Steinbruch verkauft würden. Seit Einführung der AGL werde der Verkauf dieser Nebenerzeugnisse immer schwieriger, und ihre Lagerbestände seien unverwaltbar geworden.

61      Zu der einen Steinbruch in Schottland betreibenden Cloburn Quarry hat die Klägerin erklärt, diese habe ihre Herstellung auf hochwertiges Granulat ausgerichtet, bei dem höhere Beförderungskosten anfielen. Alle ihre Erzeugnisse unterlägen der AGL. Der rote Splitt und der Granit gehobener technischer Spezifikation, die von diesem Unternehmen hergestellt und u. a. als Schotter oder in Hochleistungsbeton und zusammen mit Asphalt verwendet würden, würden zu einem Durchschnittspreis von … GBP pro Tonne ab Steinbruch verkauft und stünden nicht im Wettbewerb mit nicht abgabepflichtigen Materialien, die bei der Erzeugung von Porzellanerde oder Tonschiefer abfielen. Dagegen stünden die 25 % Nebenerzeugnisse, die im Steinbruch der Cloburn Quarry gewonnen würden und vor allem aus Abrieb bestünden, der zu einem Durchschnittspreis von … GBP pro Tonne ab Steinbruch als Auffüllmaterial verkauft werde, im Wettbewerb mit nicht abgabepflichtigen Materialien.

62      In diesem Zusammenhang ist der Umstand, den die Kommission als Beleg dafür geltend macht, dass nicht in die Wettbewerbsstellung der oben genannten Unternehmen eingegriffen werde, nämlich, dass sich der am Umsatz bemessen größte Teil ihrer Tätigkeit nicht auf Granulat beziehe und somit nicht der Abgabe unterliege, ohne Bedeutung, weil die Tätigkeit dieser Unternehmen auf dem Granulatmarkt keine bloße Nebentätigkeit im Verhältnis zu ihrer Haupttätigkeit ist. Jedenfalls ergibt sich aus den genannten bezifferten Angaben, dass die gewerbliche Verwertung der Nebenerzeugnisse als Granulat einen relativ wichtigen Teil der Tätigkeit dieser Unternehmen ausmacht.

63      Daher hat die Klägerin mit den verschiedenen von ihr vorgebrachten und oben angesprochenen Gesichtspunkten nicht nur dargelegt, dass die streitige staatliche Maßnahme die Wettbewerbsstellung einiger ihrer Mitglieder beeinträchtigen konnte, die somit gegen die Entscheidung der Kommission, das förmliche Prüfverfahren nicht einzuleiten, klagebefugt sind, sondern auch, dass diese Beeinträchtigung spürbar war.

64      Daraus folgt, dass der Antrag der Kommission auf Abweisung der vorliegenden Klage als unzulässig, soweit sie die Billigung der Abgrenzung des materiellen Anwendungsbereichs der AGL in der angefochtenen Entscheidung betrifft, zurückzuweisen ist.

65      Was zweitens die Ausfuhrbefreiung anbelangt, macht die Klägerin geltend, auch diese Befreiung wirke sich nachteilig auf die Wettbewerbsstellung ihrer Mitglieder aus, die im Gegensatz zu ihren bedeutendsten Mitbewerbern auf dem Markt im Vereinigten Königreich kaum oder gar nicht im Ausfuhrgeschäft tätig seien. Die Ausfuhrbefreiung verschaffe nämlich diesen Mitbewerbern, vor allem dem Betreiber des Glensanda-Steinbruchs, aus dem über 90 % des ausgeführten Granulats stammten, den Vorteil, dass sie keine Verluste hätten, die sie auf die Preise ihrer im Vereinigten Königreich in den Verkehr gebrachten Erzeugnisse abwälzen müssten. Ihre Mitglieder würden dagegen veranlasst, ihr abgabenbelastetes Granulat mit Verlust zu verkaufen und die Abgabelast auf alle ihre Erzeugnisse umzulegen.

66      Die von der Klägerin in Beantwortung der schriftlichen Fragen des Gerichts gegebenen Zusatzinformationen lassen den Schluss zu, dass die Wettbewerbsstellung zumindest eines ihrer Mitglieder durch die Ausfuhrbefreiung spürbar beeinträchtigt werden kann. Sie weist nämlich – ohne Widerspruch übrigens durch die Kommission oder den Streithelfer – darauf hin, dass die Cloburn Quarry auf dem Markt für Granit hoher technischer Spezifikation, der u. a. als Bahngleisschotter verwendet werde (und der AGL unterliege), in unmittelbarem Wettbewerb mit dem Glensanda-Steinbruch stehe, der wie der von der Cloburn Quarry betriebene Steinbruch in Schottland liege. Wie die Klägerin aber in ihrer Erwiderung unwidersprochen durch die anderen Beteiligten vorbringt, führt der Glensanda-Steinbruch 50 % seiner Erzeugung aus. Die Klägerin leitet daraus in schlüssiger Weise ab, dass die Ausfuhrbefreiung für Materialien, die niedrigen technischen Spezifikationen entsprächen, dem Unternehmen, das diesen Steinbruch betreibe, somit einen Wettbewerbsvorteil auf dem Markt für Granulat hoher technischer Spezifikation in Schottland insoweit verschaffe, als – im Gegensatz zum Fall der Cloburn Quarry, die ihr Granulat niedriger technischer Spezifikation im Vereinigten Königreich mit Verlust verkaufe und diesen Verlust auf die Preise für Materialien hoher technischer Spezifikation umlege – der Gesamtbetrag der AGL, den der Glensanda-Steinbruch auf dem innerstaatlichen Markt auf seine Kunden abwälzen müsse, verglichen mit dem Betrag, den ein nicht im Ausfuhrgeschäft tätiger Mitbewerber abwälze, in der Relation gesehen um die Hälfte niedriger sei.

67      Folglich ist auch der Antrag der Kommission auf Abweisung der vorliegenden Klage als unzulässig, soweit sie die Billigung der Ausfuhrbefreiung in der angefochtenen Entscheidung betrifft, zurückzuweisen.

68      Nach alledem ist auch das Hilfsvorbringen der Kommission zurückzuweisen, wonach im Rahmen einer Klage auf Nichtigerklärung einer Entscheidung der Kommission, im Anschluss an die Vorprüfungsphase in Bezug auf staatliche Beihilfen keine Einwände gegen eine staatliche Maßnahme zu erheben, nur der Nichtigkeitsgrund einer Verletzung der Pflicht zur Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens zulässigerweise geltend gemacht werden könne. Hier kann sich die Klägerin in Anbetracht der spürbaren Beeinträchtigung der Marktstellung einiger ihrer Mitglieder auf jeden der in Artikel 230 Absatz 2 EG aufgezählten Rechtwidrigkeitsgründe berufen (vgl. Urteil Kommission/Aktionsgemeinschaft Recht und Eigentum, Randnr. 37).

69      Die Klage ist daher mit allen Klagegründen für zulässig zu erklären.

 Zur Begründetheit

70      Die Klägerin stützt ihre Klage erstens auf einen Verstoß gegen Artikel 87 Absatz 1 EG, zweitens auf einen Begründungsmangel, drittens auf eine Verletzung der Pflicht zur Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens durch die Kommission und viertens auf die Missachtung der Pflichten bei der Vorprüfung durch dieses Organ. Das Gericht hält eine Zusammenfassung der ersten beiden Klagegründe für angebracht.

 Zu den Klagegründen eines Verstoßes gegen Artikel 87 Absatz 1 EG und eines Begründungsmangels

 Vorbringen der Beteiligten

71      Die Klägerin erinnert zunächst daran, dass die Voraussetzung der Selektivität der Beihilfe erfüllt sei, wenn ein Abgabesystem Wirtschaftsteilnehmer, die sich im Hinblick auf die mit diesem System verfolgten Ziele in einer vergleichbaren Lage befänden, einer unterschiedlichen Behandlung unterwerfe, die nicht durch das Wesen oder die allgemeinen Zwecke des Systems gerechtfertigt sei (Urteil des Gerichtshofes vom 8. November 2001 in der Rechtssache C‑143/99, Adria-Wien Pipeline und Wietersdorfer & Peggauer Zementwerke, Slg. 2001, I‑8365, Randnrn. 41 und 42).

72      Der Gerichtshof habe im Urteil Adria-Wien Pipeline und Wietersdorfer & Peggauer Zementwerke entschieden, dass die Freistellung von einer Ökoabgabe auf den Energieverbrauch, die Unternehmen gewährt worden sei, deren Verbrauch bestimmte Schwellenwerte überschritten habe, deshalb Elemente einer staatlichen Beihilfe aufgewiesen habe, weil diese Freistellung nur für Unternehmen gegolten habe, die körperliche Wirtschaftsgüter hergestellt hätten. Die Adria-Wien Pipeline sei eine Dienstleistungsgesellschaft gewesen, die mit den Unternehmen, denen die Freistellung zugute gekommen sei, nicht im Wettbewerb gestanden habe.

73      Hier sei die Qualifizierung der AGL als besondere Abgabenbelastung anstatt als besondere Abgabenvergünstigung rein formaler Natur und ändere nichts an der Beurteilung. Insoweit nähere sich das auf die sektorielle Anwendung der AGL gestützte Vorbringen der Kommission sehr der Auffassung von Generalanwalt Mischo in seinen Schlussanträgen in der Rechtssache Adria-Wien Pipeline und Wietersdorfer & Peggauer Zementwerke (Slg. 2001, I‑8369) an. Der Gerichtshof sei aber in seinem Urteil der Auffassung des Generalanwalts nicht gefolgt, der die Selektivität des fraglichen Abgabesystems deshalb verneint habe, weil erstens die Nichterhebung keine Ausnahme von einer allgemeinen Regel dargestellt, zweitens die unterschiedliche Behandlung verschiedene Sektoren betroffen und drittens der Anwendungsbereich der Abgabe auf objektiven Kriterien beruht habe.

74      Im vorliegenden Fall sei der Kommission ein offensichtlicher Beurteilungsfehler unterlaufen, als sie entschieden habe, dass sich die Abgrenzung des materiellen und des räumlichen Anwendungsbereichs der AGL durch die Logik und die Natur dieser Abgaberegelung rechtfertige, so dass die AGL keine staatliche Beihilfe im Sinne des Artikels 87 Absatz 1 EG umfasse.

75      Was erstens die Unterscheidung zwischen abgabepflichtigen Materialien und befreiten Materialien angeht, beanstandet die Klägerin zunächst, die Kommission habe in der angefochtenen Entscheidung den betroffenen Virgin-Granulat-Markt nicht objektiv definiert.

76      Sodann stützt sie sich hauptsächlich auf die unbearbeitetes Material betreffende Unterscheidung zwischen Primärmaterial, das das in einem Steinbruch abgebaute Haupterzeugnis sei, und Sekundärmaterial, das ein geringwertiges und zwangsläufiges Nebenprodukt des Abbaus von Primärmaterial sei.

77      Nach Ansicht der Klägerin hätte die Logik der streitigen Abgaberegelung die Anwendung der AGL auf Primärmaterial impliziert, das als Granulat verwendet werde und für das es Ersatzerzeugnisse gebe (Sekundärerzeugnisse aus Steinbrüchen oder Minen, aufbereitete Erzeugnisse oder andere Ersatzmaterialien). Dagegen müssten nicht austauschbares Primärmaterial sowie Sekundärmaterial, das beim Abbau solchen Primärmaterials erzeugt werde, befreit sein. Denn die Abgabepflichtigkeit dieser beiden Materialkategorien bewirke in Ermangelung von Substituten für das Primärmaterial keine Verlagerung der Nachfrage hin zu weniger umweltschädlichen Substituten.

78      Die Klägerin räumt ein, dass das Gesetz – das abgabepflichtige Materialien und befreite Materialien auflistet – nicht die Begriffe „Primär“- und „Sekundär“-Material verwende und dass die oben erwähnten Definitionen nicht die einzig möglichen seien. Gleichwohl rügt sie, dass die Kommission diese Begriffe, ohne sie zu definieren, in der angefochtenen Entscheidung verwendet und dadurch Verwirrung gestiftet habe.

79      Außerdem habe die Kommission in der angefochtenen Entscheidung (Begründungserwägung 29) fälschlicherweise behauptet, dass die AGL „[nicht] auf Granulat erhoben [wird], das als Neben- oder Abfallprodukt anderer Verfahren gewonnen wird (Sekundär-Granulat)“. Die Abgabe werde aber auf bestimmtes Sekundär-Granulat (wie die Nebenprodukte von Kalkstein, der zur Erzeugung von Kalk oder Zement abgebaut werde, oder die Nebenprodukte des Abbaus von Quarzsand, der bei der Herstellung von Glas verwendet werde) erhoben. In der vorstehenden Behauptung komme also eine offensichtlich falsche Beurteilung der Natur der AGL durch die Kommission zum Ausdruck. Außerdem stütze sich die angefochtene Entscheidung auf eine Beurteilung der AGL in ihrer anfänglichen Ausgestaltung durch das Gesetz.

80      Was im Übrigen die Zwecke der AGL angehe, so beziehe sich die Kommission in der angefochtenen Entscheidung – genau wie der Streithelfer – allein auf die Umweltbedenken, die mit dem Abbau der als Granulat verwendeten Materialien verbunden seien.

81      Im Gegensatz zur Auffassung der Kommission spiegele aber die Abgrenzung des Anwendungsbereichs der Abgabe nicht das damit verfolgte Ziel wider und bezwecke im Wesentlichen die Internalisierung der Umweltkosten der Herstellung von Granulat und die Begünstigung der Verwendung aufbereiteter Materialien oder anderer Ersatzmaterialien, um die schädlichen Auswirkungen des Abbaus auf die Umwelt zu verringern. Unter diesem Gesichtspunkt stelle das Gesetz eine unterschiedliche Behandlung vergleichbarer Situationen her.

82      Erstens unterlägen eine wichtige Gruppe von Primärerzeugnissen – insbesondere Lehm, Tonschiefer, Porzellanerde, Töpferton und Schiefer – und die dazugehörigen Sekundärerzeugnisse nicht der AGL. Die Gewinnung dieser Abbauerzeugnisse habe auf die Umwelt die gleiche Auswirkung wie der Abbau der abgabepflichtigen Erzeugnisse wie Kalk oder Granit. Einige dieser Primärerzeugnisse wie der zur Kachelherstellung verwendete Töpferton oder der zur Herstellung von Ziegeln verwendete Schiefer könnten durch Materialien aus Abbaustellen in Gebieten mit weniger anfälliger Umwelt oder durch Sekundärmaterialien ersetzt werden, um andere Arten von Kacheln und Bausteine, die als Ziegelersatz dienten, herzustellen.

83      Außerdem seien Materialien wie Schiefer und Tonschiefer minderer Güte sowie Lehm, Porzellanerde und Töpferton aus einer Vielzahl von Abbaustellen im Vereinigten Königreich, die in ihrer Eigenschaft als Primärmaterial als Granulat zum Einsatz kämen, befreit, obwohl es Ersatzerzeugnisse für sie gebe. Insoweit sei das Vorbringen der Kommission und des Streithelfers zurückzuweisen, dass diese Materialien befreit seien, weil sie kein Granulat seien. Der Begriff „Granulat“ stelle auf die Endbestimmung eines Materials ab und nicht auf eine besondere Materialgruppe. Die oben genannten befreiten Materialien seien bisher insbesondere wegen ihrer Beförderungskosten im Vereinigten Königreich wenig als Granulat verwendet worden. Ihre Freistellung fördere jedoch die Verwendung solcher Primärmaterialien als Granulat.

84      Die Ausnahme dieser Materialien vom Anwendungsbereich der AGL sei deshalb weder durch das Wesen noch durch die allgemeinen Zwecke der AGL gerechtfertigt. Die Klägerin beruft sich insoweit auf das Urteil Adria-Wien Pipeline und Wietersdorfer & Peggauer Zementwerke (Randnrn. 52 und 53) und das Urteil des Gerichts vom 23. Oktober 2002 in den Rechtssachen T‑269/99, T‑271/99 und T‑272/99 (Diputación Foral de Guipúzcoa u. a. /Kommission, Slg. 2002, II‑4217, Randnr. 62).

85      Zweitens unterlägen andere Primärmaterialien der AGL, obwohl es keine Ersatzerzeugnisse für sie gebe. Die Klägerin nennt roten Kies, der wegen seiner besonderen Farbe als Belag von Fuß- und Radwegen verwendet werde, Granulat hoher technischer Spezifikation wie die für Straßenbelag verwendeten Materialien oder der für Bahngleisschotter verwendete Granit hoher technischer Spezifikation und Granulat, das für die Herstellung von Beton mit geringem Schwindmaß oder hohem Haftverbund verwendet werde. Aufgrund der technischen Eigenschaften dieser verschiedenen Materialien gebe es kaum Ersatzerzeugnisse für sie. Da sie teuer seien, würden sie nicht als Füllmaterial verwendet.

86      Drittens unterlägen der AGL die Sekundärerzeugnisse einer wichtigen Gruppe von ihrerseits befreiten Primärmaterialien – wie der für die Herstellung von Zement und Kalk bestimmte Kalkstein, behauener Bruchstein und Materialien wie Quarzsand oder Kalkstein für bestimmte industrielle Anwendungen (z. B. die Glasherstellung). Für diese Primärmaterialien gebe es aber keine Ersatzerzeugnisse.

87      Diese Inkohärenz im Hinblick auf die von der Kommission geltend gemachte Logik und Natur der Abgaberegelung zeige, dass im Anwendungsbereich der AGL in Wirklichkeit der Wille zum Ausdruck komme, bestimmte Sektoren von der Abgabe freizustellen, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu schützen. Dies werde durch verschiedene Aussagen der Behörden des Vereinigten Königreichs bestätigt, und zwar insbesondere anlässlich einer der Klageschrift beigefügten Bewertung der Wirkungen einer Verordnung über die Besteuerung von Granulaten, nach der „manche der [befreiten] Materialien … wichtige Bestandteile weltweit gehandelter Erzeugnisse [sind] und ihre Hersteller im Vereinigten Königreich gegenüber Einführern und auf Ausfuhrmärkten einen Wettbewerbsnachteil erleiden würden“, sowie im Rahmen einer gleichfalls der Klageschrift beigefügten Studie über die Ökosteuern in der Europäischen Union.

88      Zweitens macht die Klägerin geltend, die Ausfuhrbefreiung für Granulat stehe ebenfalls im Widerspruch zu den angeblich mit der AGL verfolgten Umweltzielen. Diese Befreiung ziele allein darauf ab, die Wettbewerbsfähigkeit der britischen Erzeuger auf den Ausfuhrmärkten zu wahren. Auf dem Gebiet der Ökoabgaben stelle aber das Verursacherprinzip ein wesentliches Kriterium für die Beurteilung des Vorliegens einer Beihilfe dar (Schlussanträge von Generalanwalt Jacobs in der Rechtssache C‑126/01, GEMO, Urteil des Gerichtshofes vom 20. November 2003, Slg. 2003, I‑13769, I‑13772). Insoweit wendet sich die Klägerin gegen die von der Kommission in der Klagebeantwortung vorgebrachte Rechtfertigung, dass die AGL eine indirekte Verbrauchsteuer sei. Diese Rechtfertigung finde sich nicht in der angefochtenen Entscheidung und sei zudem unzutreffend. Außerdem legitimiere sie nicht die Ausfuhrbefreiung, wie z. B. die schwedische Granulatsteuer belege, von der Ausfuhren nicht befreit seien. Da mit den Granulatsteuern den mit der Erzeugung verbundenen Umweltbedenken Rechnung getragen werden solle, dürfte es normalerweise keine Gefahr einer Doppelbesteuerung geben. Die Begründung der angefochtenen Entscheidung, die sich darauf stütze, dass die Behörden des Vereinigten Königreichs keine Kontrolle über den Verwendungszweck des ausgeführten Granulats hätten, sei falsch. Aufgrund der jeweiligen chemischen Eigenschaften könne nämlich leicht zwischen Granulat, das für die Verwendung in befreiten Verfahren bestimmt sei, und Granulat, das der Abgabe unterliege, unterschieden werden.

89      Schließlich macht die Klägerin geltend, die angefochtene Entscheidung leide unter einem Begründungsmangel. Die Kommission müsse zu den oben genannten Behandlungsunterschieden, die mit den angeblichen Zwecken der AGL unvereinbar seien, Stellung nehmen, weil sie nicht „offensichtlich neben der Sache [lägen] oder keine oder eindeutig untergeordnete Bedeutung [hätten]“ (Urteil Kommission/Sytraval und Brink’s France, Randnr. 64).

90      Die Kommission weist dieses Vorbringen zurück. Sie macht geltend, dass im Fall einer sektoriellen Maßnahme das Kriterium der Selektivität erfüllt sei, wenn diese Maßnahme einen Sondervorteil verleihe (Urteile des Gerichtshofes vom 17. Juni 1999 in der Rechtssache C‑75/97, Belgien/Kommission, „Maribel“, Slg. 1999, I‑3671, Randnrn. 32 und 33, und Adria-Wien Pipeline und Wietersdorfer & Peggauer Zementwerke, Randnr. 48). Dagegen könne in einer Regelung, mit der in einem bestimmten Sektor eine Sonderbelastung geschaffen werde, keine staatliche Beihilfe liegen. Sie stelle nämlich keine Bedrohung für den Binnenmarkt dar, den die Vorschriften über die staatlichen Beihilfen schützen sollten.

91      Eine Sonderabgabe enthalte somit kein Element einer staatlichen Beihilfe, vorausgesetzt, sie gelte für einen bestimmten Sektor oder die betreffenden Bestimmungen fügten sich in die Natur und den allgemeinen Aufbau des Systems ein.

92      Hier stelle die AGL eine Sonderabgabenbelastung dar, die mit dem Sektor der gewerblichen Verwertung von Virgin-Granulat einen bestimmten und begrenzten Sektor treffe. Sie verleihe keinerlei selektiven Vorteil und locke folglich keine Anlagen oder neue Arbeitsplätze in das Vereinigte Königreich, schließe Granulat aus anderen Mitgliedstaaten nicht vom britischen Markt aus und subventioniere die Ausfuhren nicht. Die AGL falle somit nicht unter Artikel 87 Absatz 1 EG, der die staatlichen Beihilfen definiere, sondern unter die für den Bereich der Steuern geltenden Bestimmungen des EG-Vertrags. Das von der Klägerin angeführte Urteil Adria-Wien Pipeline und Wietersdorfer & Peggauer Zementwerke sei deshalb hier nicht einschlägig.

93      Zu der Gesetzesänderung nach Anmeldung des Vorhabens der fraglichen Beihilferegelung, auf die die Klägerin hinweist, stellt die Kommission klar, sie sei schriftlich und später mündlich von den Gesetzesänderungsvorhaben unterrichtet worden, bevor sie die angefochtene Entscheidung erlassen habe.

94      Die AGL enthalte kein Beihilfeelement, weil sich die angesprochenen Ausnahmen für die befreiten Materialien in die Natur und den Aufbau der Regelung einfügten.

95      Erstens bestreitet die Kommission die von der Klägerin beanstandeten Inkohärenzen hinsichtlich des Anwendungsbereichs der AGL. Sie macht geltend, allein Virgin-Granulat unterliege der AGL.

96      Im Übrigen profitierten bestimmte Materialien, die vor allem aufgrund ihrer niedrigeren Preise als Granulat zum Einsatz kommen könnten, von einer der Natur und dem Aufbau der Regelung innewohnenden Befreiung, weil sie Virgin-Granulat ersetzen könnten.

97      Dagegen könnten Kalkstein oder Sand, die als Erstgewinnungserzeugnisse als Granulat verwendet würden, durch aufbereitetes Granulat oder sonstige Substitute ersetzt werden, was die Erhebung der AGL auf sie rechtfertige. Außerdem spiegele ihre Besteuerung auch den Willen wider, die mit ihrer Gewinnung verbundenen Umweltkosten zu berücksichtigen.

98      Da die Befreiung bestimmter Materialien durch die Natur oder den Aufbau der Regelung gerechtfertigt sei, könne der von der Klägerin geltend gemachte Umstand, dass diese Materialien im Wettbewerb mit der Abgabe unterliegendem Granulat stünden, nicht so gedeutet werden, dass die Abgabe Elemente einer staatlichen Beihilfe enthalte.

99      Zweitens entspreche auch die Ausfuhrbefreiung der Logik der AGL.

100    Schließlich sei die angefochtene Entscheidung hinreichend begründet.

101    Der Streithelfer schließt sich den Ausführungen der Kommission an. Er betont, dass die AGL konzipiert worden sei, um sicherzustellen, dass sich die Umweltauswirkungen der Gewinnung von Virgin-Granulat auf die Preise niederschlügen. Das mit dieser Abgabe verfolgte vorrangige Ziel bestehe darin, zum Rückgriff auf Ersatzerzeugnisse wie aufbereitetes Granulat oder sonstige Ersatzmaterialien für Virgin-Granulat anzuhalten und eine wirtschaftliche Verwendung von Granulat sowie die Entwicklung von Ersatzerzeugnissen zu fördern. Ein untergeordnetes Ziel sei es, durch die Besteuerung von eingeführten Erzeugnissen und die Befreiung von Ausfuhren die Wettbewerbsfähigkeit des Vereinigten Königreichs zu erhalten.

102    Struktur und Anwendungsbereich der AGL seien, wie vom High Court of Justice in seinem genannten Urteil vom 19. April 2002 bestätigt, mit dem Aufbau oder der Natur des Abgabesystems vereinbar. Denn entsprechend ihren Zielen gelte die Abgabe für alle Virgin-Granulate. Sie gelte weder für Materialien, die nicht als Granulat verwendet würden, noch für Abfälle, die aus sonstigen Verarbeitungsverfahren herrührten.

103    Insbesondere unterlägen Porzellanerde und Töpferton nicht der AGL, weil sie kein Granulat seien. Ihr Abraum und ihre sonstigen Nebenprodukte seien gleichfalls befreit, um ihre Verwendung als Substitute für Virgin-Granulat zu fördern. Tonschiefer, Kohle, Braunkohle und Schiefer seien kein Virgin-Granulat, das als solches verwendet werde. Ihr Abraum bestehe aus demselben Stoff und sei deshalb ebenfalls befreit. Kalkstein sei abgabepflichtig als Erzeugnis der Kategorie Virgin-Granulat. Auch auf seine aus mineralogischer Sicht gleichen Nebenprodukte werde deshalb die Abgabe erhoben. Nur Kalkstein, der zur Herstellung von Kalk oder Zement verwendet werde, falle unter ein befreites Verfahren.

 Würdigung durch das Gericht

104    Im vorliegenden Fall dreht sich der Streit um die Anwendung des Kriteriums der Selektivität durch die Kommission in der angefochtenen Entscheidung, in der sie die Einstufung als staatliche Beihilfe mit der Begründung verneint hat, dass „sich der Anwendungsbereich der AGL durch die Logik und die Natur des Steuersystems rechtfertigt“ (Begründungserwägung 43).

105    Voraussetzung dafür, dass eine Maßnahme eine staatliche Beihilfe im Sinne des Artikels 87 Absatz 1 EG darstellt, ist u. a., dass sie so geartet ist, dass sie einen selektiven Vorteil gewährt, der ausschließlich bestimmten Unternehmen oder bestimmten Tätigkeitssektoren vorbehalten ist. Diese Bestimmung stellt nämlich auf die Beihilfen ab, die „durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige“ den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen.

106    Insoweit unterscheidet Artikel 87 Absatz 1 EG nach ständiger Rechtsprechung nicht nach den Gründen oder Zielen einer Maßnahme, mit der die normale Belastung eines Unternehmens erleichtert wird, sondern beschreibt diese Maßnahme nach ihren Wirkungen. Folglich genügen weder der Abgabencharakter noch die wirtschaftliche oder soziale Zielsetzung oder die Ziele des Umweltschutzes oder der Sicherheit von Personen, die eine solche Maßnahme haben mag, dafür, dass diese von vornherein aus dem Anwendungsbereich des vorgenannten Artikels ausscheidet (vgl. in Bezug auf selektive Befreiungen von Sozialabgaben Urteile des Gerichtshofes vom 2. Juli 1974 in der Rechtssache 173/73, Italien/Kommission, Slg. 1974, 709, Randnrn. 27 und 28, und Maribel, Randnr. 25, in Bezug auf eine selektive Zinsverbilligung für kleine und mittlere Unternehmen [KMU] mit Blick auf die Erneuerung des Nutzfahrzeugbestands im Interesse des Umweltschutzes und einer erhöhten Verkehrssicherheit Urteil des Gerichtshofes vom 13. Februar 2003 in der Rechtssache C‑409/00, Spanien/Kommission, Slg. 2003, I‑1487, Randnr. 46, und Urteil des Gerichts vom 29. September 2000 in der Rechtssache T‑55/99, CETM/Kommission, Slg. 2000, II‑3207, Randnr. 53).

107    Bei der Prüfung der Selektivität einer Maßnahme überprüft der Gemeinschaftsrichter, ob die Kommission zu Recht zu der Ansicht gelangt ist, dass die durch die betreffende Maßnahme eingeführte Unterscheidung zwischen Unternehmen bei Vorteilen oder Belastungen in der Natur oder im Aufbau des geltenden allgemeinen Systems angelegt ist. Ist diese Unterscheidung auf andere als die mit dem allgemeinen System verfolgten Ziele zurückzuführen, wird grundsätzlich angenommen, dass die fragliche Maßnahme das in Artikel 87 Absatz 1 EG vorgesehene Merkmal der Selektivität erfüllt (vgl. in diesem Sinne Urteile Italien/Kommission, Randnr. 33, Maribel, Randnrn. 33 und 39, und Adria-Wien Pipeline und Wietersdorfer & Peggauer Zementwerke, Randnr. 49). Es obliegt der Klägerin, ausreichende Beweise beizubringen (vgl. in diesem Sinne Urteil Spanien/Kommission, Randnr. 53, und Urteil des Gerichts vom 6. März 2002 in den Rechtssachen T‑127/99, T‑129/99 und T‑148/99, Diputación Foral de Álava u. a. /Kommission, Slg. 2002, II‑1275).

108    Diese Rechtsprechung ist im Übrigen von der Kommission in ihre Mitteilung vom 10. Dezember 1998 über die Anwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen auf Maßnahmen im Bereich der direkten Unternehmens[be]steuerung (ABl. C 384, S. 3) übernommen worden.

109    Im vorliegenden Fall ist zu prüfen, ob die in Rede stehende Abgabe in Anbetracht ihrer Natur und ihrer Merkmale nach den in der vorstehend genannten Rechtsprechung herausgearbeiteten Kriterien selektiv ist. Um darzulegen, dass diese Kriterien erfüllt sind, beruft sich die Klägerin auf die Inkohärenz zwischen den vorgebrachten Umweltzielen und der Abgrenzung des materiellen Anwendungsbereichs der AGL zum einen sowie der Ausfuhrbefreiung zum anderen.

–       Materieller Anwendungsbereich der AGL

110    Zuerst ist die Rüge der Klägerin zu prüfen, die Kommission habe sich mit dem bloßen Verweis auf die vom Gesetz aufgestellte Liste der abgabepflichtigen Materialien in Wirklichkeit auf eine unzutreffende Definition des materiellen Anwendungsbereichs der AGL gestützt, was zu einer offensichtlich falschen Beurteilung der Natur dieser Abgabe in der angefochtenen Entscheidung geführt habe.

111    Zunächst bringt die Klägerin keinen Anhaltspunkt von Gewicht dafür vor, dass die angefochtene Entscheidung auf eine Prüfung der AGL in der ursprünglichen gesetzlichen Fassung gestützt wäre. Zwar waren bei der Anmeldung der AGL mit Schreiben vom 20. Dezember 2001 die maßgeblichen Bestimmungen des Gesetzes zur Einführung dieser Abgabe noch nicht geändert, doch ist festzustellen, dass das Anmeldungsschreiben die Kommission deutlich darauf hinwies, dass durch den Finance Act 2002 Änderungen vorgenommen würden und dass das beabsichtigte Vorhaben, das diesem Schreiben zufolge Teil des Finance Act 2002 sein würde, noch nicht verwirklicht worden sei. Außerdem bestätigen die angefochtene Entscheidung sowie verschiedene Aktenstücke, dass die Kommission diese Änderungen später für die Zwecke des Erlasses der angefochtenen Entscheidung berücksichtigte, insbesondere, soweit sie eine Befreiung der Abfälle aus der Gewinnung von Kohle, Braunkohle, Tonschiefer oder Schiefer oder in Section 18 Subsection 3 des Gesetzes aufgezählter Materialien einführen. In ihrem Schreiben an die Kommission vom 19. Februar 2002 erklärten nämlich die Behörden des Vereinigten Königreichs in Beantwortung einer Frage der Kommission, dass die Befreiung einiger dieser Materialien darauf abziele, den Weg für ihre Verwendung als Substitute für Virgin-Granulat frei zu machen. Im Übrigen geht aus der angefochtenen Entscheidung (insbesondere Begründungserwägungen 11 und 29) hervor, dass die Kommission die Befreiung dieser Abfälle berücksichtigt hat.

112    Sodann ist auch das Vorbringen der Klägerin zurückzuweisen, dass insbesondere aus der Begründungserwägung 29 der angefochtenen Entscheidung der Fehler der Kommission ersichtlich sei, alle Neben- oder Abfallprodukte aus der Gewinnung von Fels, Sand oder Kies als befreit anzusehen. Das von der Klägerin vertretene Verständnis der streitigen Stelle in Begründungserwägung 29 – wo es heißt, dass die AGL „[nicht] auf Granulat erhoben [wird], das als Neben- oder Abfallprodukt anderer Verfahren gewonnen wird (Sekundär-Granulat)“ – stützt sich nämlich auf eine Auslegung des Begriffes „Sekundär-Granulat“, die sich von der Auslegung unterscheidet, die die Kommission in der gesamten angefochtenen Entscheidung zugrunde gelegt hat. Denn aus den Antworten der Beklagten auf die schriftlichen Fragen des Gerichts ergibt sich, dass sie den Begriff „Primär-Granulat“ zur Bezeichnung im Wesentlichen des der AGL unterliegenden Granulats und den Begriff „Sekundär-Granulat“ zur Bezugnahme im Wesentlichen auf befreites, gesetzlich genau aufgelistetes Granulat verwendet hat. Demgegenüber verwendet die Klägerin diese Begriffe – die, wie zwischen den Parteien unstreitig ist, unterschiedliche Konzepte abdecken können – zur Unterscheidung der Erzeugnisse, die Hauptgeschäftsgegenstand einer Abbaustelle sind (Primärmaterialien), von den Nebenerzeugnissen der Gewinnung von Primärmaterialien (Sekundärmaterialien). Unter diesen Umständen besagt die streitige Stelle in der Begründungserwägung 29 der angefochtenen Entscheidung in deren Gesamtzusammenhang und im Licht der von der Kommission gegebenen Erklärungen lediglich, dass die AGL nicht auf die Neben- oder Abfallprodukte der ersten Gewinnung erhoben wird, wenn sie nach dem Gesetz in seiner geänderten Fassung befreit sind. Dieses Verständnis der Begründungserwägung 29 wird dadurch bestätigt, dass die Behörden des Vereinigten Königreichs in ihrem Schreiben an die Kommission vom 19. Februar 2002 deutlich und genau die Gründe dargelegt hatten, aus denen Granulat minderer Güte, worum es sich bei den Nebenerzeugnissen bestimmter befreiter Materialien handelt (vgl. unten, Randnr. 137), der AGL unterliege.

113    Unter diesen Umständen ist die Auffassung der Klägerin, dass sich die angefochtene Entscheidung auf eine falsche Definition des materiellen Anwendungsbereichs der AGL stütze, zurückzuweisen.

114    Was die angebliche Inkohärenz zwischen dem Anwendungsbereich der AGL und ihren Umweltzielen angeht, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass eine Abgabe, wie die Kommission in ihrer Mitteilung vom 26. März 1997 – Umweltsteuern und -gebühren im Binnenmarkt – (KOM[97] 9endg., Nr. 11) ausführt, als Umwelt- oder Ökoabgabe definiert werden kann, wenn „sich die als Besteuerungsgrundlage dienenden Eigenschaften eindeutig umweltschädigend auswirken“. Eine Ökoabgabe ist deshalb eine eigenständige Steuermaßnahme, die durch ihre Umweltziele und ihre spezifische Bemessungsgrundlage gekennzeichnet ist. Sie sieht die Abgabenerhebung auf bestimmte Gegenstände oder Dienstleistungen vor, damit die Umweltkosten in deren Preis einfließen und/oder die aufbereiteten Erzeugnisse wettbewerbsfähiger werden und damit die Hersteller und die Verbraucher zu umweltfreundlicherem Verhalten hingeführt werden.

115    Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass es den Mitgliedstaaten, die beim gegenwärtigen Stand des Gemeinschaftsrechts mangels einer Koordination auf diesem Gebiet nach wie vor für die Umweltpolitik zuständig sind, freisteht, sektorielle Ökoabgaben einzuführen, um bestimmte Umweltziele zu erreichen, die in der vorstehenden Randnummer genannt worden sind. Insbesondere können sie bei der Abwägung der verschiedenen bestehenden Interessen ihre Prioritäten im Umweltschutz definieren und entsprechend die Gegenstände oder Dienstleistungen bestimmen, die sie einer Ökoabgabe zu unterwerfen beschließen. Der bloße Umstand, dass eine Ökoabgabe eine punktuelle Maßnahme darstellt, die bestimmte Gegenstände oder spezifische Dienstleistungen betrifft und nicht auf ein allgemeines Abgabensystem zurückgeführt werden kann, das für sämtliche ähnliche Tätigkeiten mit vergleichbarer Umweltauswirkung gilt, lässt daher grundsätzlich nicht die Annahme zu, dass ähnliche, dieser Ökoabgabe nicht unterliegende Tätigkeiten von einem selektiven Vorteil profitieren.

116    Insbesondere kann der Umstand, dass solche ähnlichen Tätigkeiten einer Ökoabgabe, die auf einige spezifische Erzeugnisse erhoben wird, nicht unterworfen sind, nicht mit einer Entlastungsmaßnahme in diesen Tätigkeitssektoren gleichgestellt werden, die denjenigen Maßnahmen ähneln würde, um die es u. a. in den Urteilen Spanien/Kommission, CETM/Kommission und Diputación Foral de Álava u. a./Kommission ging. Denn im Unterschied zu einer Ökoabgabe, die gerade durch den ihr eigenen Anwendungsbereich und die ihr eigene Zielsetzung gekennzeichnet ist (vgl. oben, Randnr. 114) und deshalb grundsätzlich nicht auf ein allgemeines System zurückgeführt werden kann, wichen die vorgenannten Entlastungsmaßnahmen von einem System von normalerweise auf den Unternehmen lastenden Kosten ab. In den ersten beiden oben genannten Urteilen handelte es sich um eine in Form einer Zinsverbilligung erfolgende Entlastung von Kosten, die unter normalen wirtschaftlichen Bedingungen aus der für die Unternehmen bestehenden Notwendigkeit folgten, ihren Nutzfahrzeugpark zu erneuern. Im Kontext dieser Kostenregelung genügte der Umstand, dass diese im Übrigen allein den KMU gewährten Zinsverbilligungen im Interesse des Umweltschutzes und einer erhöhten Verkehrssicherheit die Erneuerung des Nutzfahrzeugbestands in dem betreffenden Mitgliedstaat fördern sollten, nicht, um anzunehmen, dass dieser Vorteil an ein von der Klägerin übrigens nicht einmal näher bezeichnetes System als solches anknüpfte (Urteil CETM/Kommission, Randnrn. 53 und 54). Im dritten oben genannten Urteil entschied der Gerichtshof, dass die betreffende Steuergutschrift, die nur Unternehmen mit erheblichen finanziellen Mitteln zugute kam, den Grundsätzen zuwiderlief, die dem Steuersystem des betroffenen Mitgliedstaats zugrunde lagen (Randnr. 166 des Urteils).

117    Da die Ökoabgaben naturgemäß spezifische Maßnahmen darstellen, die die Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer Umweltpolitik ergreifen, für die sie zuständig bleiben, solange es keine Harmonisierungsmaßnahmen gibt, hat die Kommission in diesem rechtlichen Rahmen bei der Beurteilung einer Ökoabgabe anhand der Gemeinschaftsvorschriften über staatliche Beihilfen die in Artikel 6 EG genannten Erfordernisse des Umweltschutzes zu berücksichtigen. Denn nach diesem Artikel müssen diese Erfordernisse bei der Festlegung und Durchführung u. a. eines Systems einbezogen werden, das den Wettbewerb innerhalb des Binnenmarktes vor Verfälschungen schützt.

118    Im Übrigen ist daran zu erinnern, dass sich das Gericht bei seiner Überprüfung einer Entscheidung der Kommission über die Nichteinleitung des förmlichen Prüfverfahrens nach Artikel 88 Absatz 2 EG in Anbetracht des weiten Ermessens der Kommission bei der Anwendung des Artikels 88 Absatz 3 EG auf die Prüfung beschränken muss, ob die Vorschriften über das Verfahren und die Begründung eingehalten worden sind, ob der Sachverhalt, der der beanstandeten Entscheidung zugrunde gelegt wurde, zutreffend festgestellt worden ist und ob keine offensichtlich fehlerhafte Würdigung dieses Sachverhalts oder ein Ermessensmissbrauch vorliegt (Urteile Matra/Kommission, Randnr. 25, und Skibsværftsforeningen u. a./Kommission, Randnrn. 169 und 170).

119    Im vorliegenden Fall hat das Gericht deshalb im Licht all dieser Überlegungen zu prüfen, ob die Kommission nicht die Grenzen ihres Ermessens überschritten hat, als sie in der angefochtenen Entscheidung die Ansicht vertreten hat, dass die Abgrenzung des Anwendungsbereichs der AGL durch die Verfolgung der vorgebrachten Umweltziele gerechtfertigt werden könne.

120    Insoweit unterscheidet sich der vorliegende Rechtsstreit von der Streitigkeit, um die es im Urteil Adria-Wien Pipeline und Wietersdorfer & Peggauer Zementwerke ging, auf das sich die Klägerin beruft. In dieser Rechtssache war der Gerichtshof nicht wie hier zur Prüfung der Abgrenzung des materiellen Anwendungsbereichs einer Ökoabgabe aufgerufen, sondern zur Prüfung der allein für Hersteller körperlicher Wirtschaftsgüter geltenden teilweisen Freistellung von der Entrichtung einer solchen Abgabe, die in jenem Fall im Rahmen des österreichischen Strukturanpassungsgesetzes von 1996 auf den Verbrauch von Erdgas und elektrischer Energie durch die Unternehmen eingeführt worden war.

121    In der genannten Rechtssache stellte die beanstandete Unterscheidung also nicht auf den Typ des der betreffenden Ökoabgabe unterliegenden Erzeugnisses ab, sondern auf die industriellen Verbraucher nach Maßgabe dessen, ob sie im Primär- oder im Sekundärsektor der nationalen Wirtschaft tätig waren oder nicht. Der Gerichtshof stellte fest, dass die Gewährung von Vorteilen an Unternehmen, deren Schwerpunkt in der Herstellung körperlicher Güter besteht, in dem Wesen oder den allgemeinen Zwecken des Steuersystems, das mit dem Strukturanpassungsgesetz eingeführt wurde, keine Rechtfertigung fand. Er befand im Wesentlichen, dass die Umweltschutzerwägungen, die dem Strukturanpassungsgesetz zugrunde lagen, keine unterschiedliche Behandlung des Sektors der gütererzeugenden Unternehmen und des Sektors der dienstleistenden Unternehmen rechtfertigten, da der Energieverbrauch beider Sektoren für die Umwelt gleichermaßen schädlich war. Vor diesem Hintergrund hat der Gerichtshof u. a. das vom Gedanken an die Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit der gütererzeugenden Unternehmen geleitete Vorbringen der österreichischen Regierung zurückgewiesen, dass die teilweise Vergütung der fraglichen Umweltabgaben allein diesen Unternehmen gegenüber durch die Tatsache gerechtfertigt sei, dass sie im Vergleich zu anderen durch diese Abgaben überproportional belastet worden seien (Randnrn. 44, 49 und 52 des Urteils).

122    Im vorliegenden Fall macht die Klägerin zur Stützung ihrer Klage geltend, dass die Bestimmung der der AGL unterworfenen Materialien nicht den vorgebrachten Umweltzielen entspreche, sondern in Wirklichkeit den Willen widerspiegele, bestimmte Sektoren von der Abgabe freizustellen und ihre Wettbewerbsfähigkeit zu schützen.

123    Deshalb sind die von der Klägerin behaupteten Inkohärenzen bei der Definition des materiellen Anwendungsbereichs der AGL zu untersuchen.

124    Hier geht aus dem Anmeldungsschreiben und aus der angefochtenen Entscheidung (Begründungserwägungen 5, 16 und 31) ausdrücklich hervor, dass zum einen die AGL grundsätzlich auf die Maximierung der Verwendung von aufbereitetem Granulat oder anderen Ersatzmaterialien für Virgin-Granulat und auf die Förderung einer effizienten Verwendung von Virgin-Granulat als nicht erneuerbarem natürlichen Rohstoff abzielt. Zum anderen beziehen sich das Anmeldungsschreiben und die angefochtene Entscheidung auch, mehr implizit, auf die Internalisierung der Umweltkosten nach dem Verursacherprinzip, wenn es darin im Zusammenhang mit der Zielsetzung der AGL heißt: „Die Umweltkosten der Granulatgewinnung, denen mit der Abgabe entgegengewirkt werden soll, umfassen Lärm, Staub, Beeinträchtigungen der Biodiversität und Sichtbeeinträchtigungen.“ Diese Ziele werden im Schreiben der Behörden des Vereinigten Königreichs an die Kommission vom 19. Februar 2002 ausdrücklich genannt.

125    In der angefochtenen Entscheidung (Begründungserwägung 8) wird Virgin-Granulat definiert als „Granulat, das beim ersten Abbau aus natürlichen Mineralablagerungen erzeugt wird“, und als „Fragmente von Fels, Sand oder Kies, die in ihrem natürlichen Zustand oder nach mechanischer Bearbeitung wie Zerstoßen, Waschen und Sortierung verwendet werden können“.

126    Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der Begriff „Granulat“ nicht auf eine bestimmte Gruppe von Materialien abstellt, die allein durch ihre physikalisch-chemischen Eigenschaften definiert sind. Die Verwendung eines Materials (Fels, Sand oder Kies) als Granulat hängt auch von seinem Preis und den Transportkosten ab. Weiter ist unstreitig, dass bestimmte von der Abgabe freigestellte Materialien wie Tonschiefer und Schiefer minderer Güte, Lehm, Porzellanerde und Töpferton in manchen Fällen nach der Gewinnung in Erstverwendung als Granulat zum Einsatz kommen.

127    Die AGL ist somit eine Ökoabgabe, die im Prinzip auf die gewerbliche Verwertung von Virgin-Granulat – also körnige, im Hoch- und Tiefbau verwendete Materialien aus erstem Abbau – unter Ausschluss einiger im Gesetz bestimmter Materialien erhoben wird. Zu prüfen ist die Kohärenz zwischen diesem Anwendungsbereich und den verfolgten Umweltzielen (vgl. oben, Randnr. 124).

128    Erstens ist festzustellen, dass diejenigen Materialien, die nicht zur Verwendung als Granulat in den Verkehr gebracht werden, nicht zu dem der AGL unterliegenden Sektor gehören. Entgegen der Ansicht der Klägerin hat ihre Befreiung deshalb keinen Ausnahmecharakter im Verhältnis zum System der betreffenden Ökoabgabe. Insbesondere fällt die Entscheidung, eine Ökoabgabe allein im Granulatsektor einzuführen – und nicht allgemein in allen Sektoren, in denen Steinbrüche und Minen betrieben werden, die die gleichen Umweltauswirkungen wie die Granulatgewinnung haben –, in die Befugnis des betreffenden Mitgliedstaats, seine Prioritäten in den Bereichen Wirtschafts-, Finanz- und Umweltpolitik festzulegen. Eine solche Wahl ist deshalb, auch wenn sie vom Bemühen um die Erhaltung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit bestimmter Sektoren geleitet sein mag, kein Grund, die Kohärenz zwischen der AGL und den verfolgten Umweltzielen in Frage zu stellen (vgl. oben, Randnr. 115).

129    In diesem Rahmen ist das Vorbringen der Klägerin zur Befreiung von Materialien wie insbesondere Tonschiefer und Schiefer hoher Güte, Töpferton, Porzellanerde, Kohle und Braunkohle, die sich im Prinzip wegen ihrer physikalischen Eigenschaften oder ihres Preises nicht zur Verwendung als Granulat eignen, unerheblich.

130    Zweitens ist festzustellen, dass der betreffende Mitgliedstaat im Rahmen seiner Umweltpolitik die zur Verwendung als Granulat dienenden Materialien, deren Besteuerung er für angebracht hielt, frei bestimmen und unter Berücksichtigung der verfolgten Umweltziele bestimmte Materialien – u. a. Schiefer und Tonschiefer minderer Güte, Lehm und die Abfälle von Porzellanerde und Töpferton – selbst dann vom Anwendungsbereich der AGL ausnehmen durfte, wenn sie nach ihrer Gewinnung als Granulat verwendet werden. Insoweit ist die vom Streithelfer und von der Kommission vorgebrachte Erklärung, dass die Befreiung dieser – wegen ihrer erhöhten Transportkosten bislang wenig als Granulat eingesetzten – Materialien ihre Verwendung als Substitut für von der Ökoabgabe erfasstes Virgin-Granulat gestatte und damit zu einer Rationalisierung der Gewinnung und Verwendung von Virgin-Granulat beitragen könne, im Hinblick auf die verfolgten Umweltziele akzeptabel.

131    Denn aus dem Anwendungsbereich der AGL sowie aus dem Schreiben der Behörden des Vereinigten Königreichs an die Kommission vom 19. Februar 2002 ergibt sich, dass mit der Einführung der AGL gerade darauf abgezielt wurde, die Gewinnung der üblicherweise als Granulat verwendeten Materialien, die 70 % der im Vereinigten Königreich geförderten Minerale ausmachen, zurückzuführen und zu rationalisieren, indem u. a. ihr Ersatz durch befreite aufbereitete Erzeugnisse oder sonstige Rohmaterialien wie die Überreste oder Abfälle von Tonschiefer, Schiefer, Lehm, Porzellanerde oder Töpferton begünstigt wird.

132    Außerdem gibt es nach von der Klägerin unwidersprochener Aussage der Kommission erhebliche und oft alte Lager von Tonschieferüberresten (oder von Tonschiefer minderer Güte) in walisischen Grubenhalden und von Porzellanerde und Töpferton in Devon und in Cornwall. Diese Lager werden derzeit als Abfälle betrachtet und verunzieren die Landschaft. Ausweislich des Schreibens der Behörden des Vereinigten Königreichs vom 19. Februar 2002 liegen sie zum Teil in Nationalparks. Die Freistellung der gewerblichen Verwertung dieser Materialien zum Zwecke der Verwendung als Granulat macht sie im Verhältnis zu sonstigem Virgin-Granulat wettbewerbsfähig und gestattet somit einen Abbau der Lager. Zudem hat die Kommission in der mündlichen Verhandlung klargestellt, dass Kalkstein anders als der brüchige Tonschiefer, dessen Abbau unvermeidlich zu Abfällen in sehr beträchtlicher Menge führe, abgebaut werden könne, ohne viel Abfall zu erzeugen.

133    In diesem Zusammenhang genügt das Vorbringen der Klägerin zum Umwelteinfluss der Gewinnung von Tonschiefer, Schiefer, Lehm, Porzellanerde und Töpferton nicht für die Schlussfolgerung, dass die Befreiung dieser Materialien den verfolgten Umweltzielen zuwiderliefe und den betreffenden Tätigkeitssektoren somit einen selektiven Vorteil verliehe. Insoweit bringt die Klägerin nichts Überzeugendes vor, was im Hinblick auf die angegebenen Ziele daran zweifeln lassen könnte, dass die Entscheidung des nationalen Gesetzgebers zulässig war, der AGL die gewerbliche Verwertung allein von Granulat zu unterwerfen, dessen Gewinnung, wie aus dem genannten Schreiben vom 19. Februar 2002 hervorgeht, als Hauptquelle für die Beeinträchtigung der Umwelt gilt.

134    Unter diesen Umständen läuft die vom Gesetz in seiner geänderten Fassung vorgesehene Freistellung bestimmter als Granulat verwendeter Rohmaterialien nicht den vorgebrachten Umweltzielen zuwider und lässt sich nachvollziehbar durch die Natur und den Aufbau der AGL rechtfertigen.

135    Zu prüfen ist drittens das Vorbringen der Klägerin zur Ungereimtheit der Erhebung der AGL insbesondere auf Granulat hoher technischer Spezifikation (als Straßenbelag verwendete Materialien, als Schotter eingesetzter Granit, Granulat, das zur Herstellung von Beton mit geringem Schwindmaß oder hohem Haftverbund verwendet wird) und auf roten Kies (der als Belag für Fuß- oder Radwege verwendet wird), für die es keine Ersatzerzeugnisse gebe. Zwar kann, wie die Klägerin vorträgt, die Abgabeerhebung auf diese – aufgrund ihres höheren Preises nicht als Füllmaterial eingesetzten – Materialien grundsätzlich nicht die Nachfrage hin zu Ersatzerzeugnissen wie aufbereitetem Granulat verlagern und damit die Gewinnung von Virgin-Granulat zurückgehen lassen. Doch konnte sie nachvollziehbar einem der Ziele der AGL Rechnung tragen, nämlich der Internalisierung der mit der Herstellung von Virgin-Granulat verbundenen Umweltkosten.

136    Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass der Betrag der Abgabe in Höhe von 1,60 GBP pro Tonne abgabepflichtigen Granulats annähernd den mit der Gewinnung von Granulat im Vereinigten Königreich verbundenen durchschnittlichen Umweltkosten entspricht, die nach den Angaben im von der Klägerin vorgelegten Bericht der Ecotec Research & Consulting vom April 2001 mit dem Titel „Study on the Economic and Environmental Implications of the use of Environmental Taxes and Charges in the European Union and its Member States“ (Studie zu den Auswirkungen des Einsatzes von Umweltsteuern und -abgaben in der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten auf Wirtschaft und Umwelt) auf 1,80 GBP pro Tonne angesetzt werden. In diesem Bericht wird im Übrigen die Bedeutung eines ausreichend hohen Abgabebetrags betont. Die vorstehenden Angaben bestätigen somit, dass die Abgabeerhebung auf die betreffenden Materialien mit Blick auf die Anforderungen des Verursacherprinzips als zulässig angesehen werden kann.

137    Durch das Verursacherprinzip ließ sich auch die Abgabeerhebung auf die Nebenerzeugnisse der Gewinnung von Materialien, für die es keine Ersatzerzeugnisse gibt, rechtfertigen, insbesondere die Abgabeerhebung auf Granulat minderer Güte, worum es sich bei den Nebenerzeugnissen der Gewinnung von für die Herstellung von Zement oder Kalk bestimmtem Kalkstein, von behauenem Bruchstein oder von bei der Herstellung von Glas verwendetem Quarzsand handelt, wie sich aus dem Schreiben der Behörden des Vereinigten Königreichs vom 19. Februar 2002 ergibt. Außerdem lässt sich die Abgabeerhebung auf diese Erzeugnisse auch durch das – vom Streithelfer im vorstehend genannten Schreiben ebenfalls angeführte – Ziel rechtfertigen, eine wirtschaftlichere Granulatgewinnung und -bearbeitung zu fördern, damit der Anteil von Granulat minderer Güte zurückgeht. Dieser Anteil ist nämlich, obwohl er, wie die Klägerin unterstreicht, von einer Abbaustelle zur anderen schwankt, doch je Abbaustelle beeinflussbar. In dieser Hinsicht hat die Kommission zumal in ihrer Klagebeantwortung – von der Klägerin unwidersprochen – auf den verhältnismäßig geringen Preisunterschied zwischen Granulat minderer Güte und den nicht ersetzbaren Materialien, deren Nebenerzeugnis es ist, hingewiesen.

138    Daraus wird klar ersichtlich, dass das gesamte Vorbringen der Klägerin zur angeblichen Inkohärenz zwischen der Definition des materiellen Anwendungsbereichs der AGL und den verfolgten Umweltzielen jeder Grundlage entbehrt.

139    Folglich hat die Klägerin nicht nachgewiesen, dass die angefochtene Entscheidung mit einem offensichtlichen Beurteilungsfehler behaftet ist, soweit darin festgestellt wird, dass die Definition des materiellen Anwendungsbereichs der AGL keine Elemente einer staatlichen Beihilfe enthält.

140    In diesem Stadium ist der Klagegrund zu prüfen, dass die angefochtene Entscheidung hinsichtlich der Beurteilung des materiellen Anwendungsbereichs der AGL an einem Begründungsmangel leide. Die Klägerin beanstandet insoweit, die Kommission habe die vorstehend untersuchte unterschiedliche Behandlung in Bezug auf die Erhebung der AGL nicht begründet.

141    Nach ständiger Rechtsprechung muss die in Artikel 253 EG vorgeschriebene Begründung der Natur des betreffenden Rechtsakts angepasst sein und die Überlegungen des Gemeinschaftsorgans, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und das zuständige Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann. Das Begründungserfordernis ist nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach dem Inhalt des Rechtsakts, der Art der angeführten Gründe und nach dem Interesse zu beurteilen, das die Adressaten oder andere durch den Rechtsakt unmittelbar und individuell betroffene Personen an Erläuterungen haben können. In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich oder rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob die Begründung eines Rechtsakts den Erfordernissen des Artikels 253 EG genügt, nicht nur anhand seines Wortlauts zu beurteilen ist, sondern auch anhand seines Kontexts sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet (Urteile Kommission/Sytraval und Brink’s France, Randnr. 63, und Thermenhotel Stoiser Franz u. a./Kommission, Randnr. 94).

142    Daraus folgt, dass sich das Erfordernis, eine Entscheidung über staatliche Beihilfen zu begründen, nicht nur nach dem Informationsinteresse bestimmen kann, das der Mitgliedstaat hat, an den diese Entscheidung gerichtet ist (Urteil des Gerichts vom 25. Juni 1998 in den Rechtssachen T‑371/94 und T‑394/94, British Airways u. a. und British Midland Airways/Kommission, Slg. 1998, II‑2405, Randnr. 92). Insbesondere obliegt es der Kommission, wenn sie eine Maßnahme im Anschluss an die Vorprüfungsphase des Artikels 88 Absatz 3 EG billigt, einen Überblick über die wesentlichen Gründe für diese Billigung zu geben, damit die betroffenen Dritten wissen können, warum die Entscheidung getroffen wurde, und damit sie beurteilen können, ob es angebracht ist, Klage dagegen einzureichen, um die Verletzung der ihnen durch Artikel 88 Absatz 2 EG verliehenen Verfahrensrechte zu rügen.

143    Was insbesondere eine Entscheidung der Kommission über den Abschluss des Vorprüfverfahrens anbelangt, mit der das Vorliegen einer von einem Beschwerdeführer gerügten staatlichen Beihilfe verneint wird, so hat die Kommission dem Beschwerdeführer jedenfalls in hinreichender Weise die Gründe darzulegen, aus denen die in der Beschwerde angeführten rechtlichen und tatsächlichen Gesichtspunkte nicht zum Nachweis des Vorliegens einer staatlichen Beihilfe genügt haben. Sie braucht jedoch nicht zu Gesichtspunkten Stellung zu nehmen, die offensichtlich neben der Sache liegen oder keine oder eindeutig untergeordnete Bedeutung haben (Urteil Kommission/Sytraval und Brink’s France, Randnr. 64).

144    Im vorliegenden Fall ergibt sich insbesondere aus den Begründungserwägungen 31, 32 und 34 der angefochtenen Entscheidung, dass die Kommission zu dem Ergebnis gekommen ist, dass der Anwendungsbereich der AGL durch die Logik und die Natur dieser Abgaberegelung gerechtfertigt sei, weil die AGL eine spezifische Ökoabgabe sei, deren sehr enger Anwendungsbereich vom betreffenden Mitgliedstaat, dem es freistehe, sein nationales Abgabensystem zu bestimmen, anhand der spezifischen Merkmale des entsprechenden Tätigkeitssektors abgegrenzt worden sei. Die Kommission hat im Wesentlichen hervorgehoben, dass sich die zwischen den abgabepflichtigen und den befreiten Sektoren vorgenommene Unterscheidung durch das Bemühen rechtfertige, zum einen einen Rückgang der Granulatgewinnung mit ihren unerwünschten Umweltauswirkungen zu erreichen und eine effiziente Verwendung dieses Granulats zu fördern und zum anderen den Einsatz aufbereiteten Granulats oder sonstiger Ersatzmaterialien zu begünstigen, um die Verwendung nicht erneuerbarer Rohstoffe und die damit verbundenen Umweltbeeinträchtigungen zu verringern.

145    Die Kommission hat damit zusammenfassend, aber klar die Gründe dargestellt, aus denen sie die von der Klägerin in ihrer Beschwerde erhobenen Rügen – deren wesentlicher Inhalt in den Begründungserwägungen 14 und 15 der angefochtenen Entscheidung sehr knapp wiedergegeben ist – zurückgewiesen hat. Die Klägerin hatte nämlich die Unterscheidung zwischen der AGL unterworfenen Materialien wie bestimmten Nebenerzeugnissen minderer Güte (z. B. den Nebenerzeugnissen des zur Herstellung von Kalk oder Zement abgebauten Kalksteins) oder Sandstein, auf den die Abgabe erhoben werde, obwohl er nicht zur Verwendung als Granulat bestimmt sei, auf der einen Seite und bestimmten befreiten Nebenerzeugnissen (wie den als Granulat verwendeten Abfällen von Tonschiefer und Porzellanerde, die in der Begründungserwägung 11 der angefochtenen Entscheidung erwähnt werden) auf der anderen Seite beanstandet. Ihrer Auffassung nach war eine solche Unterscheidung geeignet, den Wettbewerb zwischen diesen verschiedenen Materialkategorien zu verfälschen, und nicht durch die Natur oder die Logik des Systems gerechtfertigt.

146    Unter Berücksichtigung zum einen der – in der angefochtenen Entscheidung (Begründungserwägungen 31 und 32) erwähnten – Freiheit der Mitgliedstaaten, ihre Steuer- und Umweltpolitik wie hier unter Rückgriff auf die Einführung einer sektoriellen Ökoabgabe zu gestalten (vgl. oben, Randnrn. 115, 116, 128 und 130), und zum anderen des Umstands, dass die Klägerin ein Verband ist, in dem erfahrene Wirtschaftsteilnehmer zusammengeschlossen sind, kann unter diesen Umständen die angefochtene Entscheidung, in der knapp die wesentlichen ihr zugrunde liegenden Erwägungen ausgeführt werden, nicht als mit einem Begründungsmangel behaftet angesehen werden.

–       Ausfuhrbefreiung

147    Die Klägerin macht geltend, die Befreiung der Ausfuhr von Granulat stehe ebenfalls im Widerspruch zu den angeblich mit der AGL verfolgten Umweltzielen. Mit dieser Befreiung solle nur die Wettbewerbsfähigkeit der britischen Hersteller auf den Ausfuhrmärkten aufrechterhalten werden.

148    Vorab ist daran zu erinnern, dass die AGL auf die Verwendung oder die gewerbliche Verwertung von Virgin-Granulat im Vereinigten Königreich erhoben wird. Die Einfuhr von Virgin-Granulat unterliegt der Abgabe, während die Ausfuhr davon befreit ist, um – den Behörden des Vereinigten Königreichs zufolge – „für Gerechtigkeit im Verhältnis zwischen im Vereinigten Königreich erzeugtem und in anderen Mitgliedstaaten erzeugtem Granulat [zu sorgen]“ (Begründungserwägung 22 der angefochtenen Entscheidung). Die Kommission rechtfertigt diese Befreiung in der angefochtenen Entscheidung (Begründungserwägung 33) damit, dass die Behörden des Vereinigten Königreichs keine Kontrolle über die Verwendung von Materialien als Granulat außerhalb ihres Hoheitsbereichs hätten.

149    Vor dem Gericht haben die Kommission und der Streithelfer diese Begründung näher erläutert. Die Kommission hat u. a. darauf hingewiesen, dass die AGL eine indirekte Verbrauchsabgabe sei; eine solche sei grundsätzlich in den Mitgliedstaaten, in denen der Verbrauch erfolge, anwendbar, um eine etwaige Doppelbesteuerung von Ausfuhrerzeugnissen zu verhindern. Der Streithelfer hat ausgeführt, dass nach Artikel 91 EG bei einer Ausfuhr die Befreiung von einer internen Abgabe unter der Voraussetzung zulässig sei, dass der befreite Betrag nicht höher sei als der Betrag der entrichteten Abgabe.

150    Diese Begründung, die auf die Natur der AGL als indirekte Abgabe gestützt ist, muss berücksichtigt werden, da sie entgegen der Auffassung der Klägerin an die Gründe anschließt, die die Kommission in der angefochtenen Entscheidung dargestellt hat, und deshalb nicht als zusätzliche, nach Erlass dieser Entscheidung vorgebrachte Begründung angesehen werden kann. Der Umstand, dass die Betonung auf der Kontrolle über die Verwendung der betroffenen Materialien als Granulat liegt, weist nämlich darauf hin, dass sich die Kommission in der angefochtenen Entscheidung darauf bezogen hat, dass die betreffende Maßnahme eine indirekte Abgabe ist, die die Erzeugnisse selbst und nicht die Unternehmen belastet.

151    Hier ist festzustellen, dass die AGL, die entgegen der Auffassung der Klägerin auf die gewerbliche Verwertung von Granulat Anwendung findet und damit die Erzeugnisse und nicht die Einnahmen der Erzeuger belastet, durchaus eine indirekte Abgabe ist, für die im Sinne des Artikels 91 EG der Grundsatz der Besteuerung im Bestimmungsland gilt.

152    Nach der Rechtsprechung ist aber eine spezifische steuerliche Maßnahme, die durch die innere Logik des Steuersystems gerechtfertigt ist, der Anwendung von Artikel 87 Absatz 1 EG entzogen (Urteile Diputación Foral de Álava u. a./Kommission, Randnr. 164, und Diputación Foral de Guipúzcoa u. a./Kommission, Randnr. 61).

153    Im vorliegenden Fall kann die Ausfuhrbefreiung daher nicht als selektive Vorteilsgewährung für die Ausführer gelten, da sie sich durch die Natur der AGL als indirekte Steuer rechtfertigt. Dem betreffenden Mitgliedstaat stand es nämlich frei, den Überlegungen im Zusammenhang mit der Struktur der fraglichen Abgaberegelung Vorrang gegenüber den verfolgten Umweltzielen einzuräumen. Auf den von der Klägerin geltend gemachten Umstand, dass andere Mitgliedstaaten andere Entscheidungen treffen, kommt es nicht an.

154    Folglich ist der Kommission kein offensichtlicher Beurteilungsfehler unterlaufen, als sie in der angefochtenen Entscheidung festgestellt hat, dass die Ausfuhrbefreiung keine staatliche Beihilfe begründe.

155    Im Übrigen hat die Kommission, was die Begründung der angefochtenen Entscheidung anbelangt, durch die Berufung auf die Struktur der AGL die Zurückweisung der von der Klägerin in ihrer Beschwerde erhobenen Rügen hinsichtlich des den Ausführern durch die Ausfuhrbefreiung angeblich gewährten selektiven Vorteils rechtlich hinreichend begründet.

156    Nach alledem sind die Klagegründe eines Verstoßes gegen Artikel 87 Absatz 1 EG und eines Begründungsmangels zurückzuweisen.

 Zum Klagegrund einer Verletzung der Pflicht zur Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens

 Vorbringen der Beteiligten

157    Die Klägerin bringt vor, die angesprochenen Inkohärenzen bei der Abgrenzung des Anwendungsbereichs der AGL führten zwangsläufig zu der Schlussfolgerung, dass die Einstufung der AGL ernsthafte Schwierigkeiten aufgeworfen habe. Diese Schwierigkeiten seien auch durch die umfangreichen Ausführungen des High Court of Justice zu diesem Punkt in seinem oben genannten Urteil vom 19. April 2002 und durch die Erklärungen der Behörden des Vereinigten Königreichs bestätigt worden, nach denen der Anwendungsbereich der AGL so gestaltet worden sei, dass die internationale Wettbewerbsfähigkeit der befreiten Sektoren geschützt werde. Außerdem stehe die Befreiung von Schiefer und Tonschiefer sowie der Ausfuhren im Widerspruch zum Verursacherprinzip. Die Kommission selbst habe im Übrigen in ihrer Klagebeantwortung eingeräumt, dass die Einstufung der AGL im Hinblick auf Artikel 87 Absatz 1 EG eine Vielzahl komplexer Fragen, u. a. in Bezug auf die Abgrenzung des betroffenen Marktes, aufwerfe.

158    Zudem zeige das von den Behörden des Vereinigten Königreichs am 9. Dezember 2002 veröffentlichte Konsultationsdokument, dass diese Zweifel hinsichtlich der Kohärenz zwischen dem Anwendungsbereich der AGL und den verfolgten Umweltzielen gehabt hätten.

159    Im Übrigen zeige die Berufung in der Klagebeantwortung auf das Interesse des betroffenen Mitgliedstaats an einer raschen Entscheidung sowie auf die Gefahr eines Nichtfunktionierens des Beihilfekontrollsystems, dass sich die Kommission auf andere Kriterien als das der „ernsthaften Schwierigkeiten“ gestützt habe.

160    Unter diesen Umständen litte die angefochtene Entscheidung auch dann, wenn sie nicht mit einem offensichtlichen Beurteilungsfehler behaftet sein sollte, was in Abrede gestellt werde, an einem Verstoß gegen Artikel 88 Absatz 3 EG, nach dem der Kommission die Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens oblegen habe.

161    Die Kommission erwidert, es sei klar gewesen, dass die AGL eine nicht unter die Vorschriften über staatliche Beihilfen fallende Sonderabgabenbelastung darstelle, dass der Ausschluss der Substitute für Virgin-Granulat durch die Natur oder den allgemeinen Aufbau der Regelung gerechtfertigt sei und dass der gewöhnliche bei indirekten Verbrauchsabgaben Anwendung findende Mechanismus nicht in den Bereich der staatlichen Beihilfen falle.

162    Der Streithelfer erläutert, dass die am 9. Dezember 2002 angelaufene Konsultation zu aus Abraum stammenden Granulaten darauf abgezielt habe, Informationen über die Granulate zu erhalten, um zu prüfen, ob deren Freistellung angebracht sei, ob eine solche Freistellung der Industrie zugute komme und ob sie ohne übermäßige Belastung für die Unternehmen und ohne Missbrauchsgefahr vollzogen werden könne. Das von der Klägerin angeführte Konsultationsdokument lege nicht nahe, dass die Behandlung des Abraums mit den Zielen der Abgabe unvereinbar sei.

 Würdigung durch das Gericht

163    Eingangs ist das Vorbringen der Kommission zu prüfen, dass sie entgegen der Auffassung der Klägerin, die sich auf die Rechtsprechung vor Inkrafttreten der Verordnung Nr. 659/1999 im April 1999 stütze, beim Vorliegen ernsthafter Schwierigkeiten bei der Beurteilung einer Beihilfemaßnahme nicht mehr das förmliche Prüfverfahren einleiten müsse. Die Kommission macht insbesondere geltend, nach Artikel 10 Absatz 2 der Verordnung Nr. 659/1999 dürfe sie im Fall einer nicht angemeldeten Beihilfe, ohne das Verfahren des Artikels 88 Absatz 2 EG einzuleiten, vorab die erforderlichen Informationen beim betreffenden Mitgliedstaat einholen.

164    Im vorliegenden Fall wurde die streitige staatliche Maßnahme nur angemeldet, soweit sie eine Freistellung zugunsten von Nordirland vorsah, und nicht in Bezug auf die Definition des Anwendungsbereichs der AGL, um die allein es in der vorliegenden Rechtssache geht.

165    Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Verpflichtung der Kommission, eine etwaige rechtswidrige Beihilfe vorab unter Einbeziehung des betreffenden Mitgliedstaats, gegebenenfalls durch die Einholung von Informationen bei ihm, zu prüfen (Urteil des Gerichtshofes vom 10. Mai 2005 in der Rechtssache C‑400/99, Italien/Kommission, Slg. 2005, I‑3657, Randnrn. 29 und 30), ihre Verpflichtung zur Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens namentlich dann nicht entfallen lassen kann, wenn sie im Licht der erhaltenen Auskünfte weiterhin ernsthaften Schwierigkeiten bei der Beurteilung der betreffenden Maßnahme gegenübersteht. Eine solche Verpflichtung ergibt sich nämlich unmittelbar aus Artikel 88 Absatz 3 EG in seiner Auslegung durch die Rechtsprechung und findet im Übrigen, wenn die Kommission nach einer vorläufigen Prüfung feststellt, dass die betreffende Maßnahme Anlass zu Bedenken hinsichtlich ihrer Vereinbarkeit gibt, ausdrückliche Bestätigung in Artikel 4 Absatz 4 in Verbindung mit Artikel 13 Absatz 1 der Verordnung Nr. 659/1999 (Urteil des Gerichts vom 30. April 2002 in den Rechtssachen T‑195/01 und T‑207/01, Government of Gibraltar/Kommission, Slg. 2002, II‑2309, Randnrn. 69 und 72).

166    Denn nach ständiger Rechtsprechung ist das Verfahren nach Artikel 88 Absatz 2 EG unerlässlich, sobald die Kommission bei der Beurteilung der Vereinbarkeit einer Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt auf ernsthafte Schwierigkeiten stößt. Die Kommission darf sich also für den Erlass einer positiven Entscheidung über eine staatliche Maßnahme nur dann auf die Vorprüfungsphase des Artikels 88 Absatz 3 EG beschränken, wenn sie nach einer ersten Prüfung die Überzeugung gewinnt, dass diese Maßnahme entweder keine Beihilfe im Sinne des Artikels 87 Absatz 1 EG darstellt oder, falls sie als Beihilfe eingestuft wird, mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar ist. Gelangt die Kommission dagegen aufgrund dieser ersten Prüfung zur gegenteiligen Überzeugung oder hat sie damit nicht alle Schwierigkeiten ausräumen können, die sich bei der Beurteilung der Vereinbarkeit der betreffenden Maßnahme mit dem Gemeinsamen Markt ergeben haben, so ist sie verpflichtet, alle erforderlichen Stellungnahmen einzuholen und zu diesem Zweck das Verfahren des Artikels 88 Absatz 2 EG einzuleiten (Urteile Matra/Kommission, Randnr. 33, und Kommission/Sytraval und Brink’s France, Randnr. 39; Urteile des Gerichts vom 10. Mai 2000 in der Rechtssache T‑46/97, SIC/Kommission, Slg. 2000, II‑2125, Randnr. 71, und vom 15. März 2001 in der Rechtssache T‑73/98, Prayon-Rupel/Kommission, Slg. 2001, II‑867, Randnr. 42).

167    Diese Verpflichtung zur Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens gilt insbesondere, wenn die Kommission nach einer ausreichenden Prüfung der streitigen staatlichen Maßnahme auf der Grundlage der vom betroffenen Mitgliedstaat übermittelten Informationen noch Zweifel am Vorliegen von Beihilfeelementen im Sinne des Artikels 87 Absatz 1 EG sowie an deren Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt hat (Urteil vom 10. Mai 2005, Italien/Kommission, Randnrn. 47 und 48).

168    Im vorliegenden Fall ist darauf hinzuweisen, dass der Umstand, dass die Kommission dem Interesse des betroffenen Mitgliedstaats an einer raschen Entscheidung Rechnung getragen hat, entgegen dem Vorbringen der Klägerin für sich allein nicht die Annahme rechtfertigt, dass sich die Kommission bei der Entscheidung, das förmliche Prüfverfahren nicht einzuleiten, auf andere Kriterien gestützt hätte als auf dasjenige des Fehlens ernsthafter Beurteilungsschwierigkeiten.

169    Das zeitlich nach dem Erlass der angefochtenen Entscheidung liegende Konsultationsdokument vom 9. Dezember 2002 kann bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit dieser Entscheidung keine Berücksichtigung finden. Denn nach ständiger Rechtsprechung sind im Rahmen einer Nichtigkeitsklage die komplexen Würdigungen, die die Kommission vorgenommen hat, nur anhand der Informationen zu prüfen, über die diese bei der Vornahme dieser Würdigungen verfügte (Urteile des Gerichts vom 6. Oktober 1999 in den Rechtssachen T‑110/97, Kneissl Dachstein/Kommission, Slg. 1999, II‑2881, Randnr. 47, und T‑123/97, Salomon/Kommission, Slg. 1999, II‑2925, Randnr. 48).

170    Somit decken sich die einzigen von der Klägerin zur Stützung des vorliegenden Klagegrundes vorgebrachten und auch zu berücksichtigenden Argumente, die sich auf die angebliche Inkohärenz bei der Abgrenzung des Anwendungsbereichs der AGL beziehen, mit denjenigen, die sie im Rahmen des Klagegrundes eines Verstoßes gegen Artikel 87 Absatz 1 EG geltend gemacht hat.

171    Wie das Gericht aber bereits entschieden hat, fiel die Abgrenzung des materiellen Anwendungsbereichs einer Ökoabgabe wie der AGL in die Zuständigkeit des betreffenden Mitgliedstaats, dem es freisteht, seine umweltpolitischen Prioritäten festzulegen (vgl. oben, Randnrn. 115 und 116). In diesem Zusammenhang folgt aus den oben angestellten Erwägungen (vgl. oben, Randnrn. 138 und 139), dass die Kommission, ohne einen offensichtlichen Beurteilungsfehler zu begehen, davon ausgehen durfte, dass die Abgrenzung des materiellen Anwendungsbereichs der AGL zweifellos kein Element einer staatlichen Beihilfe enthalte. Im Übrigen ließ sich die Ausfuhrbefreiung unbestreitbar durch die Natur der AGL als indirekte Abgabe rechtfertigen (vgl. oben, Randnrn. 152 und 153). Unter diesen Umständen belegen weder die Ausführungen im Urteil des High Court of Justice vom 19. April 2002 noch die Erklärungen des Streithelfers zu seiner Entscheidung, bestimmte Materialien zwecks der Erhaltung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit der betroffenen Sektoren nicht der AGL zu unterwerfen, noch die angebliche Komplexität der Abgrenzung des betroffenen Marktes, die von der Klägerin angeführt werden, dass es im Hinblick auf die Einstufung der AGL anhand des Kriteriums der Selektivität ernsthafte Schwierigkeiten gegeben hätte.

172    Daher ist festzustellen, dass die Kommission nicht die Grenzen ihres Ermessens überschritten hat, als sie davon ausging, dass die Prüfung sowohl der Abgrenzung des materiellen Anwendungsbereichs der AGL als auch der Ausfuhrbefreiung am Maßstab des Artikels 87 Absatz 1 EG keine ernsthafte Schwierigkeit aufweise, aufgrund deren sie das förmliche Prüfverfahren hätte einleiten müssen.

173    Folglich ist der Klagegrund einer Verletzung der Pflicht, das förmliche Prüfverfahren einzuleiten, zurückzuweisen.

 Zum Klagegrund, dass die Kommission ihre Pflichten bei der Vorprüfung verletzt habe

 Vorbringen der Beteiligten

174    Die Klägerin macht geltend, ihre Beschwerde sei von der Kommission nicht sorgfältig und unvoreingenommen geprüft worden. Die Kommission habe im Übrigen in ihrer Klagebeantwortung eingeräumt, dass sie die angefochtene Entscheidung auf Bitte des Streithelfers rasch erlassen habe.

175    Außerdem habe die Kommission in der angefochtenen Entscheidung die Gründe für die Zurückweisung dieser Beschwerde nicht hinreichend dargestellt. Es werde nicht auf die von der Klägerin in ihrer Beschwerde hervorgehobenen Inkohärenzen wie die Abgabeerhebung auf die Sekundärmaterialien aus der Erzeugung nicht der Abgabe unterworfenen Kalksteins und die Nichtabgabeerhebung auf zur Verwendung als Granulat abgebauten Schiefer eingegangen. Zudem werde in der angefochtenen Entscheidung in Bezug auf die Ausfuhren nicht die Frage der Ausfuhrbefreiung für Materialien minderer Güte geprüft.

176    Die Kommission weist dieses Vorbringen zurück. Sie erwidert, dass sämtliche in dieser Beschwerde aufgeworfenen Fragen, die sich im Übrigen mit denen deckten, die in der ersten Beschwerde angesprochen worden seien, in der angefochtenen Entscheidung geprüft worden seien. Die Nichterwähnung der Beschwerde der Klägerin in der dritten Begründungserwägung der angefochtenen Entscheidung, in der auf die erste Beschwerde Bezug genommen werde, erkläre sich allein durch den zeitlichen Ablauf.

 Würdigung durch das Gericht

177    Nach ständiger Rechtsprechung hat die Kommission, wenn betroffene Dritte bei ihr Beschwerden eingereicht haben, die sich auf staatliche Maßnahmen beziehen, die nicht gemäß Artikel 88 Absatz 3 EG angemeldet wurden, im Rahmen der in dieser Bestimmung vorgesehenen Vorprüfungsphase die Beschwerden im Interesse einer ordnungsgemäßen Anwendung der grundlegenden Vorschriften des EG-Vertrags auf dem Gebiet der staatlichen Beihilfen sorgfältig und unvoreingenommen zu prüfen (Urteile Kommission/Sytraval und Brink’s France, Randnr. 62, und SIC/Kommission, Randnr. 105).

178    Im vorliegenden Fall bringt die Klägerin keinen Anhaltspunkt von Gewicht dafür vor, dass die Kommission die Akte nicht hinreichend geprüft hätte. Vielmehr geht aus den Akten hervor, dass die Kommission die Behörden des Vereinigten Königreichs aufforderte, zu den in der ersten Beschwerde erhobenen Hauptrügen – die im Wesentlichen den Rügen in der Beschwerde der Klägerin gleichen – Stellung zu nehmen, und sie um zusätzliche Informationen ersuchte, die mit dem oben genannten Schreiben vom 19. Februar 2002 vorgelegt wurden. In diesem Zusammenhang und in Ermangelung sonstiger Hinweise lässt der bloße Umstand, dass die angefochtene Entscheidung rasch erlassen wurde, nicht auf eine unzureichende Prüfung schließen.

179    Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission der Klägerin die an den betreffenden Mitgliedstaat gerichtete angefochtene Entscheidung gemäß dem Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung mitgeteilt hat. In dieser Entscheidung werden aber, wie bereits entschieden (vgl. oben, Randnrn. 144, 145 und 155), die Gründe für die Zurückweisung der in der Beschwerde der Klägerin erhobenen Rügen hinreichend dargestellt.

180    Somit ist der Klagegrund, dass die Kommission ihre Pflichten bei der Vorprüfung verletzt habe, zurückzuweisen.

181    Nach alledem ist die Klage insgesamt abzuweisen.

 Kosten

182    Nach Artikel 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr entsprechend dem Antrag der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

183    Nach Artikel 87 § 4 Absatz 1 der Verfahrensordnung tragen die Mitgliedstaaten, die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, ihre eigenen Kosten. Das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland trägt somit seine eigenen Kosten.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Zweite erweiterte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die Klägerin trägt neben ihren eigenen Kosten die Kosten der Kommission.

3.      Der Streithelfer trägt seine eigenen Kosten.

Pirrung

Meij

Forwood

Pelikánová

 

       Papasavvas

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 13. September 2006.

Der Kanzler

 

       Der Präsident

E. Coulon

 

       J. Pirrung

Inhaltsverzeichnis



* Verfahrenssprache: Englisch.