Language of document : ECLI:EU:C:2010:613

SCHLUSSANTRÄGE DER GENERALANWÄLTIN

Juliane Kokott

vom 14. Oktober 2010(1)

Rechtssache C‑524/09

Ville de Lyon

gegen

Caisse des dépôts et consignations

(Vorabentscheidungsersuchen des Tribunal administratif de Paris [Frankreich])

„Umweltpolitik – Richtlinie 2003/87/EG – Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten – Verordnung (EG) Nr. 2216/2004 – Gemeinschaftsweites Registrierungssystem – Richtlinie 2003/4/EG – Zugang zu Informationen über die Umwelt – Zugang zu Informationen über den Handel mit Emissionsrechten für Treibhausgase – Verweigerung dieser Informationen – Kompetenzen des Zentralverwalters und des nationalen Registerführers – Vertraulichkeit der im Register enthaltenen Informationen und Möglichkeit einer Ausnahme“





I –    Einleitung

1.        In diesem Vorabentscheidungsersuchen geht es um den Zugang zu Informationen über den Verkauf von Emissionsrechten. Die umstrittenen Daten werden in Registern gespeichert, die Teil des Systems für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten nach der Richtlinie 2003/87/EG über ein System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten in der Gemeinschaft im Sinne der projektbezogenen Mechanismen des Kyoto-Protokolls(2) sind.

2.        Zu klären ist zunächst, ob es sich dabei um Umweltinformationen im Sinne der Richtlinie 2003/4/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2003 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen und zur Aufhebung der Richtlinie 90/313/EWG des Rates(3) (im Folgenden: Umweltinformationsrichtlinie) handelt.

3.        Daneben ist das Verhältnis zwischen der Umweltinformationsrichtlinie und der Verordnung (EG) Nr. 2216/2004 vom 21. Dezember 2004 über ein standardisiertes und sicheres Registrierungssystem(4) zu untersuchen. Fraglich ist, ob die restriktiven Bestimmungen der Verordnung über die Veröffentlichung der fraglichen Informationen die Richtlinie als lex specialis und lex posterior verdrängen oder ob sie zumindest die Anwendung der Richtlinie beeinflussen.

II – Rechtlicher Rahmen

A –    Der Zugang zu Umweltinformationen

4.        Die Union hat sich auf internationaler Ebene durch das Übereinkommen über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten(5) (im Folgenden: Übereinkommen von Aarhus), das die Gemeinschaft am 25. Juni 1998 in Aarhus (Dänemark) unterzeichnet hat,(6) dazu verpflichtet, den Zugang zu Umweltinformationen zu gewährleisten.

5.        Mögliche Einschränkungen des Zugangsrechts ergeben sich insbesondere aus Art. 4 Abs. 4 des Übereinkommens:

„Ein Antrag auf Informationen über die Umwelt kann abgelehnt werden, wenn die Bekanntgabe negative Auswirkungen hätte auf

d)      Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse, sofern diese rechtlich geschützt sind, um berechtigte wirtschaftliche Interessen zu schützen. In diesem Rahmen sind Informationen über Emissionen, die für den Schutz der Umwelt von Bedeutung sind, bekannt zu geben;

e)      Rechte auf geistiges Eigentum;

f)      die Vertraulichkeit personenbezogener Daten und/oder Akten in Bezug auf eine natürliche Person, sofern diese der Bekanntgabe dieser Informationen an die Öffentlichkeit nicht zugestimmt hat und sofern eine derartige Vertraulichkeit nach innerstaatlichem Recht vorgesehen ist;

Die genannten Ablehnungsgründe sind eng auszulegen, wobei das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe sowie ein etwaiger Bezug der beantragten Informationen zu Emissionen in die Umwelt zu berücksichtigen sind.“

6.        Die Umweltinformationsrichtlinie setzt das Übereinkommen von Aarhus für die Union um. Art. 2 definiert u. a. den Begriff der Umweltinformationen:

„Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck:

1.      ‚Umweltinformationen‘ sämtliche Informationen in schriftlicher, visueller, akustischer, elektronischer oder sonstiger materieller Form über

a)      den Zustand von Umweltbestandteilen wie Luft und Atmosphäre, Wasser, Boden, Land, Landschaft und natürliche Lebensräume einschließlich Feuchtgebiete, Küsten- und Meeresgebiete, die Artenvielfalt und ihre Bestandteile, einschließlich genetisch veränderter Organismen, sowie die Wechselwirkungen zwischen diesen Bestandteilen,

b)      Faktoren wie Stoffe, Energie, Lärm und Strahlung oder Abfall einschließlich radioaktiven Abfalls, Emissionen, Ableitungen oder sonstiges Freisetzen von Stoffen in die Umwelt, die sich auf die unter Buchstabe a) genannten Umweltbestandteile auswirken oder wahrscheinlich auswirken,

c)      Maßnahmen (einschließlich Verwaltungsmaßnahmen), wie z. B. Politiken, Gesetze, Pläne und Programme, Umweltvereinbarungen und Tätigkeiten, die sich auf die unter den Buchstaben a) und b) genannten Umweltbestandteile und -faktoren auswirken oder wahrscheinlich auswirken, sowie Maßnahmen oder Tätigkeiten zum Schutz dieser Elemente,

d)      Berichte über die Umsetzung des Umweltrechts,

e)      Kosten/Nutzen-Analysen und sonstige wirtschaftliche Analysen und Annahmen, die im Rahmen der unter Buchstabe c) genannten Maßnahmen und Tätigkeiten verwendet werden, und

f)      den Zustand der menschlichen Gesundheit und Sicherheit gegebenenfalls einschließlich der Kontamination der Lebensmittelkette, Bedingungen für menschliches Leben sowie Kulturstätten und Bauwerke in dem Maße, in dem sie vom Zustand der unter Buchstabe a) genannten Umweltbestandteile oder – durch diese Bestandteile – von den unter den Buchstaben b) und c) aufgeführten Faktoren, Maßnahmen oder Tätigkeiten betroffen sind oder sein können;

…“

7.        Das Recht auf Zugang zu Umweltinformationen ist in Art. 3 Abs. 1 niedergelegt:

„Die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass Behörden gemäß den Bestimmungen dieser Richtlinie verpflichtet sind, die bei ihnen vorhandenen oder für sie bereitgehaltenen Umweltinformationen allen Antragstellern auf Antrag zugänglich zu machen, ohne dass diese ein Interesse geltend zu machen brauchen.“

8.        Die Ausnahmen sind insbesondere in Art. 4 Abs. 2 geregelt:

„Die Mitgliedstaaten können vorsehen, dass ein Antrag auf Zugang zu Umweltinformationen abgelehnt wird, wenn die Bekanntgabe negative Auswirkungen hätte auf:

a)      die Vertraulichkeit der Beratungen von Behörden, sofern eine derartige Vertraulichkeit gesetzlich vorgesehen ist;

b)      internationale Beziehungen, die öffentliche Sicherheit oder die Landesverteidigung;

c)      laufende Gerichtsverfahren, die Möglichkeiten einer Person, ein faires Verfahren zu erhalten, oder die Möglichkeiten einer Behörde, Untersuchungen strafrechtlicher oder disziplinarischer Art durchzuführen;

d)      Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse, sofern diese durch einzelstaatliches oder gemeinschaftliches Recht geschützt sind, um berechtigte wirtschaftliche Interessen, einschließlich des öffentlichen Interesses an der Wahrung der Geheimhaltung von statistischen Daten und des Steuergeheimnisses, zu schützen;

e)      Rechte an geistigem Eigentum;

f)      die Vertraulichkeit personenbezogener Daten und/oder Akten über eine natürliche Person, sofern diese der Bekanntgabe dieser Informationen an die Öffentlichkeit nicht zugestimmt hat und sofern eine derartige Vertraulichkeit nach innerstaatlichem oder gemeinschaftlichem Recht vorgesehen ist;

g)      die Interessen oder den Schutz einer Person, die die beantragte Information freiwillig zur Verfügung gestellt hat, ohne dazu gesetzlich verpflichtet zu sein oder verpflichtet werden zu können, es sei denn, dass diese Person der Herausgabe der betreffenden Information zugestimmt hat;

h)      den Schutz der Umweltbereiche, auf die sich die Informationen beziehen, wie z. B. die Aufenthaltsorte seltener Tierarten.

Die in den Absätzen 1 und 2 genannten Ablehnungsgründe sind eng auszulegen, wobei im Einzelfall das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe zu berücksichtigen ist. In jedem Einzelfall wird das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe gegen das Interesse an der Verweigerung der Bekanntgabe abgewogen. Die Mitgliedstaaten dürfen aufgrund des Absatzes 2 Buchstaben a), d), f), g) und h) nicht vorsehen, dass ein Antrag abgelehnt werden kann, wenn er sich auf Informationen über Emissionen in die Umwelt bezieht.

...“

B –    Die Regelungen zum Emissionshandel

9.        Die Europäische Union ist Partei des im Juni 1992 in Rio de Janeiro unterzeichneten Rahmenübereinkommens der Vereinten Nationen über Klimaänderungen(7) sowie des dazu ergangenen Protokolls von Kyoto(8). Ziel dieses Protokolls ist es, die Gesamtemissionen der Treibhausgase im Zeitraum von 2008 bis 2012 um mindestens 5 % unter das Niveau dieser Emissionen von 1990 zu senken. Die von der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten übernommene Gesamtverpflichtung aus dem Protokoll von Kyoto bezieht sich auf eine Gesamtsenkung der Treibhausgasemissionen im erwähnten Verpflichtungszeitraum um 8 % unter das Niveau von 1990.

10.      Ein Element der Strategie zur Umsetzung dieser Verpflichtungen ist die Richtlinie 2003/87. Das damit eingeführte System beruht darauf, den Wirtschaftsteilnehmern bestimmter Branchen begrenzte Rechte zur Emission von Treibhausgasen zu gewähren. Sie können diese Rechte ausüben oder anderen Wirtschaftsteilnehmern übertragen, falls diese größere Mengen von Treibhausgasen ausstoßen wollen, als ihnen zusteht.

11.      Art. 19 der Richtlinie 2003/87 enthält die Grundlagen der Register für Emissionsrechte:

„(1)      Die Mitgliedstaaten sorgen für die Einrichtung und Aktualisierung eines Registers, um die genaue Verbuchung von Vergabe, Besitz, Übertragung und Löschung von Zertifikaten zu gewährleisten. Die Mitgliedstaaten können ihre Register im Rahmen eines konsolidierten Systems gemeinsam mit einem oder mehreren anderen Mitgliedstaaten führen.

(2)   Jede Person kann Inhaber von Zertifikaten sein. Das Register ist der Öffentlichkeit zugänglich zu machen und in getrennte Konten aufzugliedern, um die Zertifikate der einzelnen Personen zu erfassen, an die und von denen Zertifikate vergeben oder übertragen werden.

(3)      Im Hinblick auf die Durchführung dieser Richtlinie erlässt die Kommission nach dem in Artikel 23 Absatz 2 genannten Verfahren eine Verordnung über ein standardisiertes und sicheres Registrierungssystem in Form standardisierter elektronischer Datenbanken mit gemeinsamen Datenelementen zur Verfolgung von Vergabe, Besitz, Übertragung und Löschung von Zertifikaten, zur Gewährleistung des Zugangs der Öffentlichkeit und angemessener Vertraulichkeit und um sicherzustellen, dass keine Übertragungen erfolgen, die mit den Verpflichtungen aus dem Kyoto-Protokoll unvereinbar sind. Diese Verordnung wird auch Bestimmungen zur Nutzung und Identifizierung von CER und ERU zur Nutzung im Rahmen des Gemeinschaftssystems sowie zur Überwachung des Umfangs dieser Nutzung enthalten.“

12.      Zusätzlich sieht Art. 20 eine gemeinschaftsweite Kontrolle von Transaktionen vor:

„(1) Die Kommission benennt einen Zentralverwalter, um ein unabhängiges Transaktionsprotokoll über Vergabe, Übertragung und Löschung der Zertifikate zu führen.

(2)      Der Zentralverwalter führt anhand des unabhängigen Transaktionsprotokolls eine automatisierte Kontrolle jeder Transaktion in den Registern durch, um sicherzustellen, dass keine Unregelmäßigkeiten bezüglich Vergabe, Übertragung und Löschung der Zertifikate vorliegen.

(3)      Werden bei der automatisierten Kontrolle Unregelmäßigkeiten festgestellt, so unterrichtet der Zentralverwalter den bzw. die betreffenden Mitgliedstaaten, die die fraglichen Transaktionen oder weitere Transaktionen im Zusammenhang mit den betreffenden Zertifikaten nicht in das bzw. die Register eintragen, bis die Unregelmäßigkeiten beseitigt sind.“

13.      Der Zugang zu Informationen wird im 13. Erwägungsgrund und in Art. 17 angesprochen:

„(13) Um Transparenz zu gewährleisten, sollte die Öffentlichkeit Zugang zu Informationen über die Zuteilung von Zertifikaten und die Ergebnisse der Überwachung von Emissionen erhalten, der nur den Beschränkungen gemäß der Richtlinie 2003/4/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2003 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen unterliegt.“

Art. 17

Zugang zu Informationen

Entscheidungen über die Zuteilung von Zertifikaten, Informationen über Projektmaßnahmen, an denen ein Mitgliedstaat teilnimmt oder an denen sich private oder öffentliche Stellen mit Genehmigung des Mitgliedstaats beteiligen, und die in der Genehmigung zur Emission von Treibhausgasen vorgeschriebenen Emissionsberichte, die von der zuständigen Stelle bereitgehalten werden, sind in Übereinstimmung mit der Richtlinie 2003/4/EG der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.“

14.      Auf der Grundlage der Richtlinie 2003/87 sowie der Entscheidung 280/2004/EG(9) erließ die Kommission die Verordnung Nr. 2216/2004. Nach Art. 3 der Verordnung richten alle Mitgliedstaaten und die Kommission Register im Sinne von Art. 19 der Richtlinie 2003/87 ein. Das französische Register wird von der Hinterlegungskasse (Caisse des dépôts et consignations) betrieben.

15.      Art. 8 Abs. 3 regelt die Verantwortung für die jeweiligen Register:

„Letztlich sind die Mitgliedstaaten und die Kommission für die Führung ihrer Register zuständig bzw. verantwortlich.“

16.      Art. 9 regelt die Veröffentlichung bestimmter Informationen:

„1.      Jeder Registerführer muss die in Anhang XVI angeführten Informationen so häufig, wie in diesem Anhang vorgeschrieben, sowie in transparenter und geordneter Form über die Internetseite seines Registers den in diesem Anhang genannten Empfängern übermitteln. Die Registerführer geben keine weiteren in den Registern enthaltenen Informationen bekannt.

2.      Der Zentralverwalter muss die in Anhang XVI angeführten Informationen so häufig, wie in diesem Anhang vorgeschrieben, in transparenter und geordneter Form über die Internetseite der unabhängigen Transaktionsprotokolliereinrichtung der Gemeinschaft den in diesem Anhang genannten Empfängern übermitteln. Der Zentralverwalter gibt keine weiteren in der unabhängigen Transaktionsprotokolliereinrichtung der Gemeinschaft gespeicherten Informationen bekannt.

3      Die Empfänger der in Anhang XVI genannten Berichte müssen die Möglichkeit haben, auf den einzelnen Internetseiten mittels Suchfunktionen eine Abfrage zu den genannten Berichten durchzuführen.

4.      Jeder Registerführer ist für die Genauigkeit der aus seinem Register stammenden Informationen verantwortlich, die über die Internetseite der unabhängigen Transaktionsprotokolliereinrichtung der Gemeinschaft zugänglich gemacht werden.

5.      Weder die unabhängige Transaktionsprotokolliereinrichtung der Gemeinschaft noch die Register dürfen von den Kontoinhabern Preisinformationen zu Zertifikaten oder Kyoto-Einheiten verlangen.“

17.      Art. 10 regelt die Vertraulichkeit der im Register eingetragenen Informationen:

„1.      Alle in den Registern und der unabhängigen Transaktionsprotokolliereinrichtung der Gemeinschaft enthaltenen Informationen, einschließlich des Standes sämtlicher Konten und sämtlicher Transaktionen, sind – abgesehen von ihrer Nutzung zur Umsetzung der Bestimmungen dieser Verordnung, der Richtlinie 2003/87/EG oder nationaler Rechtsvorschriften – als vertraulich zu behandeln.

2.      Informationen aus den Registern dürfen nicht ohne die vorherige Zustimmung des jeweiligen Kontoinhabers verwendet werden, abgesehen von ihrer Nutzung zur Führung dieser Register im Einklang mit den Bestimmungen dieser Verordnung.

3.      Die zuständigen Behörden und die Registerführer führen nur die Vorgänge im Zusammenhang mit Zertifikaten, geprüften Emissionen, Konten und Kyoto-Einheiten aus, die für die Ausübung ihrer Funktion als zuständige Behörden bzw. Registerführer erforderlich sind.“

18.      Für Informationen über Transaktionen mit Emissionsrechten sieht Anhang XVI Abs. 11 und 12 Folgendes vor:

„11.      Der Zentralverwalter veröffentlicht und aktualisiert die im Abs. 12 genannten Daten in Bezug auf das Registrierungssystem im öffentlich zugänglichen Bereich der Internetseiten der unabhängigen Transaktionsprotokolliereinrichtung der Gemeinschaft entsprechend dem angegebenen Zeitplan.

12.      Für jede abgeschlossene, für das Registrierungssystem für das Jahr X relevante Transaktion sind folgende Angaben ab dem 15. Januar des Jahres (X+5) anzuzeigen:

a)      Kontokennung des übertragenden Kontos: dem Konto zugewiesener Code mit den in Anhang VI genannten Bestandteilen

b)      Kontokennung des Empfängerkontos: dem Konto zugewiesener Code mit den in Anhang VI genannten Bestandteilen

c)      Name des Kontoinhabers des übertragenden Kontos: Kontoinhaber (Person, Betreiber, Kommission, Mitgliedstaat)

d)      Name des Kontoinhabers des Empfängerkontos: Kontoinhaber (Person, Betreiber, Kommission, Mitgliedstaat)

e)      Zertifikate oder Kyoto-Einheiten, die an der Transaktion beteiligt sind, geordnet nach Einheitenkennung mit den in Anhang VI genannten Bestandteilen

f)      Transaktionskennung: der Transaktion zugewiesener Code mit den in Anhang VI genannten Bestandteilen

g)      Datum und Uhrzeit des Abschlusses der Transaktion (Greenwich Mean Time)

h)      Vorgangsart: die Einstufung eines Vorgangs gemäß Anhang VII.“

III – Sachverhalt, Ausgangsverfahren und Vorabentscheidungsersuchen

19.      Mit Schreiben vom 7. Februar 2006 ersuchte die Stadt Lyon den Führer des nationalen Treibhausgasemissionszertifikateregisters, die Hinterlegungskasse, ihr die Zahl der im Laufe des Jahres 2005 von den Betreibern der 209 Fernwärmeanlagen, denen Zertifikate zugeteilt worden sind, jeweils verkauften Zertifikate, das Datum der Transaktionen sowie die Empfänger mitzuteilen.

20.      Die Hinterlegungskasse lehnte diese Mitteilung durch eine Entscheidung vom 6. März 2006 mit der Begründung ab, Anhang XVI Abs. 11 und 12 sowie Art. 10 der Verordnung Nr. 2216/2004 stünden einer solchen Mitteilung entgegen.

21.      Mit Schreiben vom 29. März 2006 rief die Stadt Lyon die Kommission für den Zugang zu Verwaltungsdokumenten (Commission d’accès aux documents administratifs) an. In ihrer Stellungnahme vom 9. Oktober 2006 befürwortete diese Kommission die Mitteilung der Informationen. Die französischen Regelungen über den Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen seien nicht anwendbar.

22.      Mit Entscheidung vom 10. November 2006 hielt die Hinterlegungskasse an der Ablehnung der Mitteilung fest.

23.      Daher erhob die Stadt Lyon Klage mit dem Ziel, die Ablehnung der Mitteilung für nichtig zu erklären und der Hinterlegungskasse aufzuerlegen, die verlangten Schriftstücke zu übermitteln.

24.      In diesem Verfahren legt das Verwaltungsgericht dem Gerichtshof die folgenden Fragen zur Vorabentscheidung vor:

1.      Ist für die Mitteilung oder die Ablehnung der Mitteilung der Informationen gemäß Anhang XVI Abs. 12 der Verordnung Nr. 2216/2004 nur der Zentralverwalter oder auch der Führer des nationalen Registers zuständig?

2.      Für den Fall, dass der Führer des nationalen Registers zuständig sein sollte: Sind diese Informationen als „Informationen über Emissionen in die Umwelt“ im Sinne von Art. 4 der Richtlinie 2003/4 anzusehen, deren Mitteilung „Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse“ nicht entgegenstehen können, oder unterliegt die Mitteilung dieser Informationen besonderen Regeln der Vertraulichkeit?

3.      Für den Fall, dass besondere Regeln der Vertraulichkeit gelten sollten: Können diese Informationen erst nach Ablauf einer Frist von fünf Jahren mitgeteilt werden, oder betrifft diese Frist nur den Fünfjahreszeitraum der Zuteilung der Zertifikate gemäß der Richtlinie 2003/87?

4.       Für den Fall, dass diese Frist von fünf Jahren gelten sollte: Kann nach Art. 10 der Verordnung Nr. 2216/2004 von dieser Frist abgewichen werden, und kann nach dieser Bestimmung eine Abweichung von dieser Frist einer Gebietskörperschaft verweigert werden, die um Mitteilung dieser Informationen ersucht, um über einen Vertrag zur Übertragung der öffentlichen Aufgabe der Fernwärme zu verhandeln?

25.      Am schriftlichen Verfahren haben sich die Stadt Lyon als Klägerin des Ausgangsverfahrens, die Hinterlegungskasse als Beklagte in diesem Verfahren, die Französische Republik, die Republik Österreich und die Europäische Kommission beteiligt. Mit Ausnahme Österreichs äußerten sie sich auch in der mündlichen Verhandlung vom 7. Oktober 2010.

IV – Rechtliche Würdigung

26.      Wenn der Zugang zu Informationen über den Verkauf von Emissionsrechten ausschließlich anhand der Regelungen in den Rechtsakten über Emissionsrechte zu beurteilen wäre, so ergäbe sich ein relativ klares Ergebnis: Nach Ablauf einer Frist von fünf Jahren werden diese Informationen offengelegt. Zuvor sind sie grundsätzlich vertraulich. Kämen dagegen die Regeln über den Zugang zu Umweltinformationen zur Anwendung, so wäre zu prüfen, ob Ausnahmen zum Zugangsrecht eingreifen. Ich werde daher zunächst prüfen, ob es sich um Umweltinformationen handelt (dazu unter A), anschließend die Zuständigkeit des französischen Registerführers für die Entscheidung über einen Antrag auf Zugang zu den umstrittenen Informationen (dazu unter B) und das Verhältnis zwischen der Umweltinformationsrichtlinie und der Verordnung Nr. 2216/2004 untersuchen (dazu unter C) sowie vorsorglich die Fragen zur Verordnung Nr. 2216/2004 beantworten (dazu unter D und E).

A –    Zum Begriff der Umweltinformationen

27.      Zwar geht das vorlegende Gericht implizit davon aus, dass es sich um den Zugang zu Umweltinformationen im Sinne der Umweltinformationsrichtlinie handelt, doch sollte dies zunächst geprüft werden, um sicherzustellen, dass eine Auseinandersetzung mit der Umweltinformationsrichtlinie überhaupt notwendig ist.

28.      Schon zur alten Umweltinformationsrichtlinie, der Richtlinie 90/313/EWG,(10) hat der Gerichtshof festgestellt, dass der Gesetzgeber dem Begriff „Informationen über die Umwelt“ eine weite Bedeutung beilegen wollte.(11) Die Definition in Art. 2 Nr. 1 der neuen Umweltinformationsrichtlinie hält der Gerichtshof sogar für noch weiter und genauer.(12) Zwischenzeitlich hat außerdem der Vertrag von Amsterdam in Art. 1 Abs. 2 EU dem Willen Ausdruck verliehen, eine immer engere Union der Völker Europas herbeizuführen, in der die Entscheidungen möglichst offen und möglichst bürgernah getroffen werden. Zu diesem Zweck verpflichtet Art. 15 AEUV (früher Art. 255 EG) die Institutionen auf den Grundsatz der Offenheit und begründet – gemeinsam mit Art. 42 der Charta der Grundrechte – ein Recht auf Zugang zu ihren Dokumenten.

29.      Weder die alte noch die neue Umweltinformationsrichtlinie bezwecken jedoch, ein allgemeines und unbegrenztes Zugangsrecht zu allen bei den Behörden verfügbaren Informationen zu gewähren, die auch nur den geringsten Bezug zu einem Umweltgut aufweisen. Vielmehr fallen solche Informationen nur dann unter das Zugangsrecht, wenn sie zu einer oder mehreren der in der Richtlinie angegebenen Kategorien gehören.(13)

30.      Die Stadt Lyon möchte Informationen über den Verkauf von Emissionsrechten durch die Betreiber der 209 Fernwärmeanlagen Frankreichs. Bei diesen Informationen scheint es sich um Transaktionsdaten zu handeln, die nach Anhang XVI Abs. 12 der Verordnung (EG) Nr. 2216/2004 fünf Jahre nach Durchführung der Transaktion veröffentlicht werden.

31.      Nach Meinung der Stadt Lyon sind dies Informationen über Maßnahmen oder Tätigkeiten zum Schutz der Umwelt im Sinne von Art. 2 Nr. 1 Buchst. c der Umweltinformationsrichtlinie. Transaktionsdaten würden zeigen, ob der Emissionshandel ein geeignetes Mittel zum Klimaschutz ist.

32.      Frankreich und die Hinterlegungskasse halten dieser Auffassung jedoch zutreffend entgegen, dass die Transaktionsdaten nur zeigen können, ob der Markt für Emissionsrechte funktioniert. Dieser Markt ist zwar Teil eines Systems, das insgesamt dem Klimaschutz dient, doch inwieweit der Markt zu diesem Ziel beiträgt, lässt sich den Transaktionsdaten nicht entnehmen. Daher ist Art. 2 Nr. 1 Buchst. c der Umweltinformationsrichtlinie nicht anwendbar.

33.      Bei Informationen über den Handel mit Emissionsrechten könnte es sich jedoch um Informationen im Sinne von Art. 2 Nr. 1 Buchst. b der Umweltinformationsrichtlinie handeln, also Informationen über Faktoren, die sich wahrscheinlich auf die Atmosphäre, einen Umweltbestandteil im Sinne von Buchst. a dieser Bestimmung, auswirken.

34.      Zwar zählt diese Bestimmung nur konkrete Faktoren beispielhaft auf, die unmittelbar in Wechselwirkung mit Umweltbestandteilen treten können. Doch Informationen über das Recht, einen solchen Faktor auszulösen, nämlich die Emission von Treibhausgasen, sind mittelbar auch Informationen über diesen Faktor.

35.      Dementsprechend ging bereits der Gesetzgeber der Union davon aus, dass zumindest bestimmte Informationen über Emissionsrechte Umweltinformationen sind, da der 13. Erwägungsgrund und Art. 17 der Richtlinie 2003/87 einen Zugang nach Maßgabe der Umweltinformationsrichtlinie vorsehen. Insbesondere die Zuteilung von Emissionsrechten ist danach eine Umweltinformation.

36.      Frankreich und die Hinterlegungskasse vertreten allerdings die Auffassung, Transaktionsdaten seien keine Umweltinformationen. Der Besitz von Emissionsrechten besage noch nichts darüber, ob der Besitzer tatsächlich Treibhausgase freisetze.

37.      Ob Emissionsrechte tatsächlich ausgeübt werden, ist aber nicht entscheidend, weil nach Art. 2 Nr. 1 Buchst. b der Umweltinformationsrichtlinie bereits wahrscheinliche Auswirkungen ausreichen. In der Regel wird eine Transaktion, d. h. die Übertragung von Emissionsrechten, dazu beitragen, dass der Verkäufer weniger Emissionen erzeugt, als bei der Zuteilung vorgesehen, während der Käufer seine Emissionen erhöhen kann.

38.      Frankreich trägt jedoch zutreffend vor, dass Transaktionen möglicherweise keinen unmittelbaren Bezug zur Freisetzung von Treibhausgasen haben. Es kann sich um rein spekulative Maßnahmen handeln, die darauf abzielen, die Rechte später mit Gewinn weiterzuverkaufen.

39.      Diese Erwägung kann auf einen Teil der gewünschten Transaktionsdaten zutreffen, nämlich auf Informationen über die Empfänger der Emissionsrechte. Was die Fernwärmeanlagen angeht, die im Ausgangsfall Emissionsrechte abtreten, ist von tatsächlichen Auswirkungen der Transaktion auszugehen, denn sie müssen ihre Emissionen in der Regel entsprechend reduzieren.

40.      Aber auch die Informationen über die Empfänger der Rechte sollten nicht ausgeschlossen werden. Der Letzterwerber wird nämlich regelmäßig mehr Emissionen erzeugen, als bei der Zuteilung der Rechte vorgesehen, und ein spekulativer Zwischenerwerb trägt zu diesem Ergebnis bei. Schon daher besteht ein Umweltinteresse an der Transparenz der Übertragung von Emissionsrechten. Im Übrigen dürfte es vor der endgültigen Verwertung eines Rechts praktisch nicht immer leicht feststellbar sein, ob eine Transaktion ein bloßer Zwischenerwerb war oder dem Eigenverbrauch diente. Daher sind Transaktionsdaten grundsätzlich als Umweltinformationen anzusehen.

41.      Das konkrete Interesse der Stadt Lyon an diesen Informationen kann – entgegen der Auffassung Österreichs – ihre Einstufung als Umweltinformationen nicht in Frage stellen. Vielmehr ergibt sich aus Art. 3 Abs. 1 der Umweltinformationsrichtlinie, der die Angabe eines Interesses für den Antrag ausschließt, dass die Natur des persönlichen Interesses des Antragstellers an den Informationen unerheblich ist.(14)

42.      Somit sind Informationen über Transaktionen von Emissionsrechten Umweltinformationen im Sinne von Art. 2 Nr. 1 Buchst. b der Umweltinformationsrichtlinie.

B –    Zur ersten Frage – die Zuständigkeit für die Entscheidung über die Herausgabe der Informationen

43.      Mit der ersten Frage möchte das vorlegende Gericht erfahren, ob die Hinterlegungskasse überhaupt dafür zuständig ist, über die Herausgabe von Informationen über Transaktionen zu entscheiden.

44.      Die Verordnung Nr. 2216/2004 sieht im Wesentlichen eine Form der Herausgabe dieser Informationen vor: die Veröffentlichung von Informationen über abgeschlossene Transaktionen durch den Zentralverwalter nach Anhang XVI Abs. 11 und 12 zum 15. Januar des fünften Jahres nach der Transaktion. Im Übrigen sind diese Informationen gemäß Art. 10 Abs. 1 grundsätzlich vertraulich zu behandeln. Art. 10 Abs. 2 verbietet es, diese Informationen ohne die vorherige Zustimmung des jeweiligen Kontoinhabers zu verwenden, soweit sie nicht im Einklang mit den Bestimmungen dieser Verordnung zur Führung der Register genutzt werden. Darüber hinaus legt Art. 10 Abs. 3 fest, dass die zuständigen Behörden und die Registerführer nur die Vorgänge im Zusammenhang mit Zertifikaten, geprüften Emissionen, Konten und Kyoto-Einheiten ausführen, die für die Ausübung ihrer Funktion als zuständige Behörden bzw. Registerführer erforderlich sind.

45.      Daraus schließen die Hinterlegungskasse, Österreich und die Kommission, allein der Zentralverwalter könne über die Herausgabe der fraglichen Informationen entscheiden. Die Hinterlegungskasse sei als innerstaatlicher Registerführer nicht zuständig.

46.      Die Stadt Lyon und Frankreich unterscheiden jedoch zu Recht zwischen der Veröffentlichung der fraglichen Informationen, die nach der Verordnung Nr. 2216/2004 dem Zentralverwalter zukommt, und der Entscheidung über einen Antrag auf Zugang zu Umweltinformationen. Über den Antrag muss die Behörde entscheiden, an die er gerichtet ist.

47.      Dies ergibt sich aus Art. 3 Abs. 1 der Umweltinformationsrichtlinie. Danach sind Behörden verpflichtet, die bei ihnen vorhandenen oder für sie bereitgehaltenen Umweltinformationen allen Antragstellern auf Antrag zugänglich zu machen. Es ist unstreitig, dass die fraglichen Informationen im nationalen Register vorhanden sind.

48.      Die Verordnung Nr. 2216/2004 sieht im Bereich dieser Bestimmung überhaupt keine Regelung vor. Sie regelt zwar die Vertraulichkeit und die Veröffentlichung der fraglichen Informationen, doch nicht die Zuständigkeit für die Entscheidung über Anträge auf Zugang zu Umweltinformationen. Entgegen dem Vorbringen Österreichs und der Kommission kann die Verordnung in dieser Frage daher nicht als Spezialregelung zur Umweltinformationsrichtlinie angesehen werden.(15)

49.      Es ist auch nicht davon auszugehen, dass die nationalen Registerführer gemeinsam mit dem Zentralverwalter eine einheitliche Behörde bilden, für die allein der Zentralverwalter handeln kann. Denn die französische Regierung bemerkt zu Recht, dass nach Art. 8 Abs. 3 der Verordnung Nr. 2216/2004 die Mitgliedstaaten und die Kommission jeweils für die Führung ihres Registers verantwortlich sind. Außerdem enthält Anhang XVI Abs. V bis X verschiedene Informationspflichten des nationalen Registerführers.

50.      Das Vorbringen der Kommission bestätigt dieses Ergebnis indirekt. Sie geht zwar von einer exklusiven Zuständigkeit des Zentralverwalters aus, doch sobald dieser die Informationen nach Anhang XVI Abs. 12 der Verordnung Nr. 2216/2004 veröffentlicht hätte, könnten auch die nationalen Registerführer sie weitergeben. Wieso die Veröffentlichung die Zuständigkeit ändern sollte, erklärt die Kommission nicht.

51.      Auf die erste Frage ist somit zu antworten, dass der Führer des nationalen Registers für die Entscheidung über einen Antrag nach der Umweltinformationsrichtlinie auf Zugang zu unter Anhang XVI Abs. 12 der Verordnung Nr. 2216/2004 fallenden Informationen zuständig ist, soweit diese Informationen bei ihm vorhanden sind oder bereitgehalten werden.

C –    Zur zweiten Frage – Informationen über Emissionen in die Umwelt

52.      Die zweite Frage dringt zum Kern des Rechtsstreits vor. Das Gericht möchte erfahren, ob die gewünschten Informationen als „Informationen über Emissionen in die Umwelt“ im Sinne von Art. 4 der Umweltinformationsrichtlinie anzusehen sind, deren Mitteilung „Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse“ nicht entgegenstehen können, oder ob die Mitteilung dieser Informationen besonderen Regeln der Vertraulichkeit unterliegt.

53.      Insofern werde ich zunächst untersuchen, ob die Umweltinformationsrichtlinie überhaupt anzuwenden ist (dazu unter 1.), anschließend, ob es um „Informationen über Emissionen in die Umwelt“ im Sinne von Art. 4 der Umweltinformationsrichtlinie geht (dazu unter 2.), und abschließend, inwieweit die Regelungen der Verordnung Nr. 2216/2004 über die Vertraulichkeit der Register die Ausnahmen vom Informationsrecht nach Art. 4 Abs. 2 Satz 1 Buchst. d der Umweltinformationsrichtlinie beeinflussen (dazu unter 3.).

1.      Zur Anwendbarkeit der Umweltinformationsrichtlinie

54.      Nach übereinstimmender Auffassung der Hinterlegungskasse, Frankreichs, Österreichs und der Kommission ergibt sich aus der Verordnung Nr. 2216/2004 eine der Umweltinformationsrichtlinie zeitlich nachfolgende, erschöpfende Spezialregelung der Vertraulichkeit von Informationen in den nach der Verordnung zu schaffenden Registern. Sie gehe daher den allgemeinen Regeln der Umweltinformationsrichtlinie vor.

55.      Bei isolierter Betrachtung des Wortlauts der jeweiligen Regelungen liegt die Annahme einer Spezialität der Verordnung Nr. 2216/2004 nahe. Sie enthält besondere Regelungen über die Veröffentlichung und die vertrauliche Behandlung der in den Registern gespeicherten Informationen, während die Umweltinformationsrichtlinie für alle Umweltinformationen gilt. Die Verordnung weicht dabei insofern von Art. 4 Abs. 2 der Umweltinformationsrichtlinie ab, als sie weder ausdrücklich vorsieht, dass in jedem Einzelfall zwischen dem Geheimhaltungsinteresse und dem Interesse der Öffentlichkeit an einer Bekanntgabe abzuwägen ist, noch den besonders weit reichenden Zugang zu Informationen über Emissionen in die Umwelt erwähnt.

56.      Daneben spricht die zeitliche Abfolge der Regelungen dafür, die Verordnung Nr. 2216/2004 als lex posterior zu der Umweltinformationsrichtlinie anzusehen.

57.      Die Verordnung Nr. 2216/2004 kann allerdings nur als lex specialis und/oder lex posterior gegenüber der Umweltinformationsrichtlinie anerkannt werden, wenn die Kommission überhaupt Regelungen erlassen durfte, die von der Umweltinformationsrichtlinie abweichen.

58.      Insofern läge es auf den ersten Blick nahe, ein Rangverhältnis zwischen der Umweltinformationsrichtlinie und der Verordnung Nr. 2216/2004 anzunehmen. Schließlich haben Rat und Parlament die Richtlinie als klassisches Sekundärrecht unmittelbar aufgrund einer Rechtsgrundlage des EG-Vertrags erlassen, während die Verordnung nur eine Maßnahme der Kommission zur Durchführung einer anderen Richtlinie ist, also gewissermaßen Tertiärrecht.

59.      Der Gerichtshof hat bislang allerdings von einer solchen umfassenden Hierarchisierung des Unionsrechts abgesehen, und auch im vorliegenden Fall ist es letztlich nicht notwendig, diesen Schritt zu gehen. Vielmehr führt bereits eine sorgfältige Untersuchung der Rechtsgrundlage der Verordnung zu dem Ergebnis, dass sie keine Abweichung von der Umweltinformationsrichtlinie bewirken kann.

60.      Die Verordnung Nr. 2216/2004 beruht auf Art. 19 Abs. 3 der Richtlinie 2003/87. Danach erlässt die Kommission eine Verordnung über ein Registrierungssystem, die insbesondere den Zugang der Öffentlichkeit zum Register und angemessene Vertraulichkeit gewährleistet. Außerdem sehen Art. 17 und der 13. Erwägungsgrund der Richtlinie 2003/87 die Bekanntgabe von bestimmten Informationen nach der Umweltinformationsrichtlinie vor. Der Handel mit Emissionsrechten fällt nicht unter diese Regelungen. Daher scheint es, dass die Regelungen der Verordnung Nr. 2216/2004 zur Vertraulichkeit von Informationen über den Verkauf von Emissionsrechten grundsätzlich mit ihrer Rechtsgrundlage vereinbar sind.

61.      Allerdings kann man nicht davon ausgehen, dass die Kommission mit Durchführungsmaßnahmen von anderen Bestimmungen des Sekundärrechts abweichen darf, insbesondere wenn sie nicht ermächtigt ist, Durchführungsmaßnahmen für diese anderen Bestimmungen zu erlassen.(16) Die Umweltinformationsrichtlinie sieht keine Durchführungsmaßnahmen der Kommission vor.

62.      Eine von der Umweltinformationsrichtlinie abweichende Spezialregelung würde daher voraussetzen, dass der Gesetzgeber beim Erlass der Richtlinie 2003/87 die Kommission ermächtigen wollte, von der Umweltinformationsrichtlinie abzuweichen. Dies könnte man höchstens indirekt aus dem Umstand ableiten, dass die Anwendung der Umweltinformationsrichtlinie nur für bestimmte Informationen erwähnt wird.

63.      Die Begründung dieser Bestimmungen im Kommissionsvorschlag für die Richtlinie 2003/87 spricht allerdings gegen eine implizit angestrebte Einschränkung der Umweltinformationsrichtlinie. Danach sollte die Öffentlichkeit im Einklang mit der Richtlinie 90/313/EWG über den freien Zugang zu Informationen über die Umwelt, d. h. der alten Umweltinformationsrichtlinie, Zugang zu Informationen über die Auflagen für Überwachung, Berichterstattung und Prüfung, Informationen über die nationalen Verzeichnisse sowie Maßnahmen bei Verstößen gegen die Richtlinie erhalten.(17) Vorliegend geht es um Informationen über die nationalen Verzeichnisse.

64.      Darüber hinaus stellt die Begründung des Kommissionsvorschlags ausdrücklich fest, dass die Richtlinie 2003/87 mit dem Übereinkommen von Aarhus im Einklang stehen soll. Dies ist ohnehin zwingend, da internationale Abkommen, die die Union abgeschlossen hat, Vorrang vor den Bestimmungen des abgeleiteten Gemeinschaftsrechts haben.(18) Daher sind Bestimmungen des abgeleiteten Unionsrechts nach Möglichkeit in Übereinstimmung mit den völkerrechtlichen Verpflichtungen der Union auszulegen.(19)

65.      Soweit es im vorliegenden Verfahren relevant ist, entspricht Art. 4 Abs. 4 des Übereinkommens von Aarhus Art. 4 Abs. 2 der Umweltinformationsrichtlinie. Die Verordnung Nr. 2216/2004 als Spezialregelung gegenüber der Umweltinformationsrichtlinie anzusehen, würde daher zu einer Abweichung von dem Übereinkommen von Aarhus führen.

66.      Der Umstand, dass die Richtlinie 2003/87 und die Verordnung Nr. 2216/2004 ebenfalls der Umsetzung völkerrechtlicher Verpflichtungen dienen, kann diese Abweichung nicht rechtfertigen. Weder das Rahmenübereinkommen über Klimaänderungen noch das Protokoll von Kyoto enthalten nämlich Bestimmungen, die eine solche Abweichung verlangen würden.

67.      Somit ist nicht davon auszugehen, dass Art. 19 der Richtlinie 2003/87 die Kommission ermächtigt, eine von der Umweltinformationsrichtlinie und dem Übereinkommen von Aarhus abweichende Spezialregelung zu erlassen. Daher verbietet es sich, die Verordnung Nr. 2216/2004 in diesem Sinne auszulegen. Soweit die Umweltinformationsrichtlinie entsprechende Spielräume eröffnet, kann die Verordnung allerdings konkretisierend wirken.

68.      Als Zwischenergebnis ist festzuhalten, dass über einen Antrag auf Zugang zu unter Anhang XVI Abs. 12 der Verordnung Nr. 2216/2004 fallenden Informationen nach Maßgabe der Umweltinformationsrichtlinie entschieden werden muss.

2.      Zum Begriff der Informationen über Emissionen in die Umwelt

69.      Art. 4 Abs. 2 Satz 1 der Umweltinformationsrichtlinie erlaubt, einen Antrag auf Zugang zu Umweltinformationen abzulehnen, wenn die Bekanntgabe negative Auswirkungen auf bestimmte, dort aufgezählte Schutzgüter hätte. Art. 4 Abs. 2 Satz 4 schränkt die in Frage kommenden Schutzgüter allerdings für den Fall ein, dass ein Antrag Informationen über Emissionen in die Umwelt betrifft. Einem solchen Antrag können nur die in Art. 4 Abs. 2 Satz 1 Buchst. b, c und e geregelten Geheimhaltungsgründe entgegengehalten werden. Es ist aber nicht ersichtlich, dass einer dieser Gründe im vorliegenden Fall einschlägig wäre. Daher ist zu klären, ob sich der Antrag der Stadt Lyon auf Informationen über Emissionen in die Umwelt bezieht.

70.      Der Handel mit Emissionsrechten hat einen Bezug zu Emissionen in die Umwelt, denn diese Rechte erlauben ihren Inhabern, Substanzen freizusetzen. Die Informationen über Transaktionen ermöglichen die Feststellung, wer berechtigt ist, Emissionen zu erzeugen. Daher handelt es sich überhaupt um Umweltinformationen.

71.      Es ist allerdings zweifelhaft, ob die Einschränkung der Ausnahmen vom Zugangsrecht durch Art. 4 Abs. 2 Satz 4 der Umweltinformationsrichtlinie genauso mittelbare Informationen über Emissionen einschließen soll wie die Definition von Umweltinformationen. Die beiden Regelungen haben unterschiedliche Funktionen, die einer einheitlichen Auslegung entgegenstehen.(20)

72.      Die Definition eröffnet den Anwendungsbereich der Umweltinformationsrichtlinie und erlaubt somit erst eine sachgerechte Abwägung der widerstreitenden Interessen, ob eine bestimmte Information bekannt gegeben werden sollte oder nicht.

73.      Die Einschränkung der Ausnahmen vom Zugangsrecht beruht dagegen auf einer nicht widerlegbaren Vermutung: Bestimmte Gründe, insbesondere der Schutz von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen rechtfertigen danach nie die vertrauliche Behandlung von Informationen über Emissionen in die Umwelt. Wenn Art. 4 Abs. 2 Satz 4 der Umweltinformationsrichtlinie mittelbare Informationen über Emissionen in die Umwelt erfassen würde, wäre der Anwendungsbereich der danach ausgeschlossenen Ausnahmen und damit insbesondere der Schutz der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse sehr stark eingeschränkt. Die meisten Umweltinformationen können mittelbar mit Emissionen in Verbindung gebracht werden.

74.      Überzeugender sind daher die Ausführungen des Leitfadens für die Anwendung des Übereinkommens von Aarhus. Danach sollte der Schutz von Geschäftsgeheimnissen enden, wenn die Substanzen freigesetzt werden, auf die sich die geheim gehaltenen Informationen beziehen.(21) Der Handel mit Emissionsrechten findet dagegen statt, bevor Substanzen freigesetzt werden. Informationen darüber sind daher keine Informationen über Emissionen.

3.      Zur Vertraulichkeit von Transaktionsdaten

75.      Somit kommt vorliegend die Verweigerung der Bekanntgabe wegen negativer Auswirkungen auf Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse in Betracht. Diese Schutzgüter werden von Art. 4 Abs. 2 Satz 1 Buchst. d der Umweltinformationsrichtlinie erfasst, sofern sie durch einzelstaatliches oder gemeinschaftliches Recht geschützt sind, um berechtigte wirtschaftliche Interessen, einschließlich des öffentlichen Interesses an der Wahrung der Geheimhaltung von statistischen Daten und des Steuergeheimnisses, zu schützen.

76.      Die Bestimmungen der Verordnung Nr. 2216/2004 über die Bekanntgabe von Registerinformationen begründen einen solchen rechtlichen Schutz. Art. 10 Abs. 2 der Verordnung, der die Verwendung dieser Informationen unter den Vorbehalt der Zustimmung des jeweiligen Kontoinhabers stellt, zeigt, dass die Regelung auf den Schutz seiner berechtigten wirtschaftlichen Interessen abzielt.

77.      Wenn der Kontoinhaber eine natürliche Person ist, kommt zugleich die Vertraulichkeit personenbezogener Informationen nach Art. 4 Abs. 2 Satz 1 Buchst. f der Umweltinformationsrichtlinie in Betracht.(22)

78.      Damit ist allerdings noch nicht darüber entschieden, ob die Registerinformationen bis zum Ablauf des Fünfjahreszeitraums nach Anhang XVI Abs. 12 der Verordnung Nr. 2216/2004 vertraulich zu behandeln sind. Art. 4 Abs. 2 Satz 3 der Umweltinformationsrichtlinie verlangt nämlich, in jedem Einzelfall das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe gegen das Interesse an der Verweigerung der Bekanntgabe abzuwägen.

79.      Daher müssen die zuständigen Stellen, gegebenenfalls nach Konsultation der betroffenen Unternehmen, zunächst feststellen, ob das durch die Verordnung Nr. 2216/2004 vermutete Geheimhaltungsinteresse tatsächlich besteht. Soweit die fraglichen Informationen bereits anderweitig veröffentlicht wurden oder die Unternehmen kein Interesse an der Geheimhaltung haben, können die Informationen nicht als Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse bzw. personenbezogene Informationen zurückgehalten werden.

80.      Besteht noch ein Geheimhaltungsinteresse, so muss es gegen etwaige öffentliche Interessen an der Bekanntgabe der Informationen abgewogen werden.

81.      Auf den ersten Blick erscheint es naheliegend, das Interesse der Stadt Lyon, die Informationen für Vertragsverhandlungen zu nutzen, als öffentliches Interesse anzusehen, wenn die Stadt Lyon dabei eine öffentliche Aufgabe erfüllt. Dieser Eindruck ist allerdings irreführend, denn die Abwägung nach Art. 4 Abs. 2 Satz 3 der Umweltinformationsrichtlinie muss unabhängig vom spezifischen Interesse des jeweiligen Antragstellers gelten. Die Richtlinie soll nämlich jedermann ein Recht auf Zugang zu Umweltinformationen eröffnen und nicht etwa Regeln zum Schutz des besonderen Interesses dieser oder jener Person am Zugang zu diesen Informationen festlegen.(23)

82.      Auch die Vorgaben des Unionsrechts zur Vergabe öffentlicher Aufträge begründen kein besonderes öffentliches Interesse an der Bekanntgabe von Registerinformationen über den Handel mit Emissionsrechten. Vielmehr ist im Rahmen des öffentlichen Auftragswesens ebenfalls der Schutz von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen zu gewährleisten.(24)

83.      Es erscheint mir schließlich ausgeschlossen, ein öffentliches Interesse an der Transparenz des Marktes für Emissionsrechte anzunehmen. Für Transparenz spricht zwar, dass dieser Markt Emissionsrechte zum Gegenstand hat und Art. 4 Abs. 2 Satz 4 der Umweltinformationsrichtlinie ein gesteigertes öffentliches Interesse an der Veröffentlichung von emissionsbezogenen Informationen anzeigt. Die Transparenz des Markts für Emissionsrechte wird jedoch in der Verordnung Nr. 2216/2004 eindeutig geregelt. Eine Überschreitung der Regelungskompetenz ist insoweit nicht erkennbar, da die Rechtsgrundlage der Verordnung, Art. 19 Abs. 3 der Richtlinie 2003/87, ausdrücklich die Regelung des Zugangs der Öffentlichkeit zum Register und angemessener Vertraulichkeit vorsieht. Daher ist die Wertung, die die Kommission als Verordnungsgeber getroffen hat, grundsätzlich hinzunehmen.

84.      Somit lässt das Vorabentscheidungsersuchen kein zwingendes überwiegendes öffentliches Interesse an der Bekanntgabe von Informationen im Sinne von Anhang XVI Abs. 12 der Verordnung Nr. 2216/2004 erkennen, falls die durch die Verordnung vermuteten Geheimhaltungsinteressen im konkreten Fall tatsächlich bestehen.

4.      Zwischenergebnis

85.      Über einen Antrag auf Zugang zu unter Anhang XVI Abs. 12 der Verordnung Nr. 2216/2004 fallenden Informationen muss nach Maßgabe der Umweltinformationsrichtlinie entschieden werden. Es handelt sich jedoch nicht um Informationen über Emissionen in die Umwelt im Sinne von Art. 4 Abs. 2 Satz 4 der Richtlinie, für die nur wenige der vorgesehenen Geheimhaltungsgründe gelten. Bis zum Ablauf der Fünfjahresfrist nach Anhang XVI Abs. 12 der Verordnung würde ihre Bekanntgabe Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse im Sinne von Art. 4 Abs. 2 Satz 1 Buchst. d und/oder die Vertraulichkeit personenbezogener Daten im Sinne von Art. 4 Abs. 2 Satz 1 Buchst. f der Richtlinie nachteilig berühren. Das Vorabentscheidungsersuchen hat kein zwingendes öffentliches Interesse an der Bekanntgabe dieser Informationen aufgezeigt, das gegenüber dem Schutz von Geschäfts- oder Betriebsgeheimnissen und/oder der Vertraulichkeit personenbezogener Daten überwiegen würde, falls die durch die Verordnung vermuteten Geheimhaltungsinteressen im konkreten Fall tatsächlich bestehen.

D –    Zur dritten Frage – Bemessung des Fünfjahreszeitraums nach Anhang XVI Abs. 12 der Verordnung Nr. 2216/2004

86.      Mit der dritten Frage möchte das vorlegende Gericht erfahren, ob die fraglichen Informationen nach ihrer Aufnahme in das Register fünf Jahre lang vertraulich zu behandeln sind oder ob sie schon nach Ablauf des ersten Fünfjahreszeitraums der Zuteilung der Zertifikate gemäß der Richtlinie 2003/87 bekannt zu geben sind. Diese Frage ist auch bei Anwendung der Umweltinformationsrichtlinie von Interesse, weil die Dauer der vertraulichen Behandlung nach der Verordnung Nr. 2216/2004 auf die Ausnahmen vom Recht auf Zugang zu den Transaktionsdaten nach Art. 4 Abs. 2 Satz 1 Buchst. d und f der Richtlinie durchschlagen kann.

87.      Art. 11 der Richtlinie 2003/87 sieht zwei Zuteilungszeiträume für die Zuteilung von Emissionsrechten vor: eine Periode von drei Jahren zwischen dem 1. Januar 2005 und dem 1. Januar 2008 und eine danach laufende Periode von fünf Jahren. Es ist unklar, ob das vorlegende Gericht in Erwägung zieht, dass die fraglichen Informationen nur während des jeweiligen Zuteilungszeitraums vertraulich zu behandeln sind. Aber letztlich kommt es darauf nicht an, da die Verordnung Nr. 2216/2004 in diesem Punkt klar ist.

88.      Nach Art. 9 der Verordnung Nr. 2216/2004 müssen der nationale Registerführer und der Zentralverwalter die in Anhang XVI angeführten Informationen so häufig wie in diesem Anhang vorgeschrieben an die dafür vorgesehenen Empfänger übermitteln. Weitere Informationen geben sie nicht bekannt. Anhang XVI Abs. 11 sieht vor, dass der Zentralverwalter die im Abs. 12 genannten Daten in Bezug auf das Registrierungssystem im öffentlich zugänglichen Bereich der Internetseiten der unabhängigen Transaktionsprotokolliereinrichtung der Gemeinschaft entsprechend dem angegebenen Zeitplan veröffentlicht und aktualisiert. Angaben für jede abgeschlossene, für das Registrierungssystem für das Jahr X relevante Transaktion sind gemäß Anhang XVI Abs. 12 ab dem 15. Januar des Jahres (X+5) anzuzeigen.

89.      Wie die Hinterlegungskasse, Frankreich, Österreich und die Kommission zutreffend vortragen, ist diesen Regelungen eindeutig zu entnehmen, dass es nicht auf den Ablauf einer Zuteilungsperiode ankommt. Vielmehr sind die fraglichen Informationen erst ab dem 15. Januar des fünften Jahres nach dem Jahr der Durchführung der Transaktion bekannt zu geben.

90.      Wie die Kommission vorträgt, wäre es auch unverständlich, eine Transaktion zu Beginn eines Zuteilungszeitraums länger zu schützen als eine Transaktion gegen Ende. Es ist nämlich davon auszugehen, dass das Geheimhaltungsinteresse auch während nachfolgender Zuteilungszeiträume in vergleichbarer Weise besteht.

91.      Somit können Informationen nach Anhang XVI Abs. 12 der Verordnung Nr. 2216/2004 erst nach Ablauf einer Frist von fünf Jahren mitgeteilt werden.

E –    Zur vierten Frage – Abweichungsmöglichkeiten

92.      Mit der vierten Frage möchte das vorlegende Gericht erfahren, ob nach Art. 10 der Verordnung Nr. 2216/2004 von der Fünfjahresfrist abgewichen werden kann, insbesondere wenn eine Gebietskörperschaft um Mitteilung dieser Informationen ersucht, um über einen Vertrag zur Übertragung der öffentlichen Aufgabe der Fernwärme zu verhandeln. Solche Abweichungen könnten auch bei der Anwendung der Umweltinformationsrichtlinie bedeutsam werden.

93.      Art. 10 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2216/2004 sieht zwar grundsätzlich vor, dass alle Registerinformationen als vertraulich zu behandeln sind, doch enthält er Ausnahmen für ihre Nutzung zur Umsetzung der Bestimmungen der Verordnung, der Richtlinie 2003/87 oder nationaler Rechtsvorschriften.

94.      Die Stadt Lyon vertritt die Auffassung, es diene der Umsetzung der Richtlinie 2003/87, wenn sie die fraglichen Informationen erhalte. Sie wolle sie verwenden, um die Minderung der Emission von Treibhausgasen durch den Betreiber ihres Heizkraftwerks zu beurteilen und gegebenenfalls zu verbessern.

95.      Art. 10 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2216/2004 lässt die Bekanntgabe von Informationen jedoch nicht bereits zu, wenn sie den Zielen der Richtlinie 2003/87 dient, sondern zur Umsetzung der Bestimmungen dieser Richtlinie. Die Richtlinie 2003/87 enthält zwar Bestimmungen über die Bekanntgabe bestimmter Registerinformationen, aber keine Bestimmungen, die eine Bekanntgabe gerade der umstrittenen Informationen vorsehen.

96.      Für die Verordnung Nr. 2216/2004 gilt nichts anderes: Auch die Verordnung zielt auf die Minderung von Treibhausemissionen ab, doch ist nur die Bekanntgabe gemäß Anhang XVI Abs. 12 nach Ablauf von fünf Jahren vorgesehen.

97.      Es ist nicht auszuschließen, dass innerstaatliches Recht die Bekanntgabe der fraglichen Informationen an die Stadt Lyon verlangt. Allerdings wurde dafür nichts vorgetragen, so dass sich der Gerichtshof mit dieser Möglichkeit nicht auseinandersetzen muss.

98.      Der Vollständigkeit halber sei jedoch angemerkt, dass das Vorbringen der Kommission und Frankreichs, diese Ausnahme beziehe sich ausschließlich auf innerstaatliche Bestimmungen zur Umsetzung der Richtlinie 2003/87 und der Verordnung Nr. 2216/2004, nicht überzeugt. Es mag Regelungen des innerstaatlichen Rechts geben, die eine Weitergabe dieser Informationen zwingend erfordern, aber keinen Bezug zum Klimaschutz haben. Man denke nur an die Ermittlung von Straftaten. Bei der Anwendung derartiger Bestimmungen im Anwendungsbereich des Unionsrechts, nämlich der Verordnung, müssen die Mitgliedstaaten allerdings gewährleisten, dass die Grundsätze des Unionsrechts beachtet werden.(25) Daher darf der Schutz von Geschäftsgeheimnissen(26) und personenbezogener Informationen(27) nur aufgrund überwiegender schutzwürdiger Interessen zurücktreten. Die oben dargestellte Anwendung der Regelungen der Umweltinformationsrichtlinie illustriert die jeweils durchzuführende Prüfung.

99.      Auch Art. 10 Abs. 2 der Verordnung Nr. 2216/2004 führt nicht zu einer früheren Bekanntgabe der Informationen. Diese Bestimmung schließt grundsätzlich aus, dass Informationen aus den Registern ohne die vorherige Zustimmung des jeweiligen Kontoinhabers verwendet werden. Erlaubt wird zwar ihre Nutzung zur Führung der Register im Einklang mit den Bestimmungen der Verordnung. Dafür ist es jedoch nicht notwendig, die fraglichen Informationen an die Stadt Lyon weiterzugeben.

100. Das Vorabentscheidungsersuchen hat somit keinen Umstand aufgezeigt, der gemäß Art. 10 der Verordnung Nr. 2216/2004 eine Abweichung von der Fünfjahresfrist des Anhangs XVI Abs. 12 rechtfertigen würde.

V –    Ergebnis

101. Ich schlage daher vor, das Vorabentscheidungsersuchen wie folgt zu beantworten:

1.      Der Führer des nationalen Registers ist für die Entscheidung über einen Antrag nach der Richtlinie 2003/4/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2003 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen und zur Aufhebung der Richtlinie 90/313/EWG auf Zugang zu unter Anhang XVI Abs. 12 der Verordnung (EG) Nr. 2216/2004 vom 21. Dezember 2004 über ein standardisiertes und sicheres Registrierungssystem fallenden Informationen zuständig, soweit diese Informationen bei ihm vorhanden sind oder bereitgehalten werden.

2.      Über einen Antrag auf Zugang zu diesen Informationen muss nach Maßgabe der Richtlinie 2003/4 entschieden werden. Es handelt sich jedoch nicht um Informationen über Emissionen in die Umwelt im Sinne von Art. 4 Abs. 2 Satz 4 der Richtlinie, für die nur wenige der vorgesehenen Geheimhaltungsgründe gelten. Bis zum Ablauf der Fünfjahresfrist nach Anhang XVI Abs. 12 der Verordnung Nr. 2216/2004 kann ihre Bekanntgabe Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse im Sinne von Art. 4 Abs. 2 Satz 1 Buchst. d der Richtlinie 2003/4 und/oder die Vertraulichkeit personenbezogener Daten im Sinne von Art. 4 Abs. 2 Satz 1 Buchst. f nachteilig berühren. Das Vorabentscheidungsersuchen hat kein zwingendes öffentliches Interesse an der Bekanntgabe dieser Informationen aufgezeigt, das gegenüber dem Schutz von Geschäfts- oder Betriebsgeheimnissen und/oder der Vertraulichkeit personenbezogener Daten überwiegen würde, falls die durch die Verordnung vermuteten Geheimhaltungsinteressen im konkreten Fall tatsächlich bestehen.

3.      Gemäß Anhang XVI Abs. 12 der Verordnung Nr. 2216/2004 können diese Informationen grundsätzlich erst nach Ablauf einer Frist von fünf Jahren mitgeteilt werden.

4.       Das Vorabentscheidungsersuchen hat keinen Umstand aufgezeigt, der gemäß Art. 10 der Verordnung Nr. 2216/2004 eine Abweichung von der Fünfjahresfrist des Anhang XVI Abs. 12 rechtfertigen würde.


1 – Originalsprache: Deutsch.


2 – ABl. L 275, S. 32, in der Fassung der Richtlinie 2004/101/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Oktober 2004 (ABl. L 338, S. 18).


3 – ABl. L 41, S. 26.


4 – ABl. L 386, S. 1.


5 – ABl. 2005, L 124, S. 4.


6 – Angenommen mit Beschluss 2005/370/EG des Rates vom 17. Februar 2005, ABl. L 124, S. 1.


7 – ABl. L 33, S. 13, angenommen durch den Beschluss 94/69/EG des Rates vom 15. Dezember 1993 über den Abschluss des Rahmenübereinkommens der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (ABl. L 33, S. 11).


8 – ABl. L 130, S. 4, angenommen durch die Entscheidung 2002/358/EG vom 25. April 2002 über die Genehmigung des Protokolls von Kyoto zum Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen im Namen der Europäischen Gemeinschaft sowie die gemeinsame Erfüllung der daraus erwachsenden Verpflichtungen (ABl. L 130, S. 1).


9 – Entscheidung des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2004 über ein System zur Überwachung der Treibhausgasemissionen in der Gemeinschaft und zur Umsetzung des Kyoto-Protokolls (ABl. L 49, S. 1).


10 – Richtlinie des Rates vom 7. Juni 1990 über den freien Zugang zu Informationen über die Umwelt (ABl. L 158, S. 56).


11 – Urteile vom 17. Juni 1998, Mecklenburg (C‑321/96, Slg. 1998, I‑3809, Randnr. 19), und vom 12. Juni 2003, Glawischnig (C‑316/01, Slg. 2003, I‑5995, Randnr. 24).


12 – Urteil Glawischnig (zitiert in Fn. 11, Randnr. 5).


13 – Vgl. das Urteil Glawischnig (zitiert in Fn. 11, Randnr. 25).


14 – Vgl. das Urteil vom 1. Februar 2007, Sison/Rat (C‑266/05 P, Slg. 2007, I‑1233, Randnrn. 43 ff.), zur Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 vom 30. Mai 2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission (ABl. L 145, 43). Daher ist auch die Hypothese des deutschen Bundesverwaltungsgerichts im Urteil vom 24. September 2009 (7 C 2/09, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht 2009, 189, Randnr. 36), dass der Verwendungszweck der Informationen einen Antrag im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Buchst. b der Umweltinformationsrichtlinie als missbräuchlich erscheinen lassen könnte, zweifelhaft.


15 – Zur Spezialität der Verordnung im Hinblick auf die Entscheidung über einen Zugangsantrag siehe nachfolgend, Nrn. 54 ff.


16 – Urteil vom 29. Juni 1989, Vreugdenhil und van der Kolk (22/88, Slg. 1989, 2049, Randnr. 17).


17 – Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über ein System für den Handel mit Treibhausgasemissionsberechtigungen in der Gemeinschaft und zur Änderung der Richtlinie 96/61/EG des Rates, KOM(2001) 581 endg., S. 16, Nr. 18.


18 – Urteile vom 10. September 1996, Kommission/Deutschland (C‑61/94, Slg. 1996, I‑3989, Randnr. 52), vom 1. April 2004, Bellio F.lli (C‑286/02, Slg. 2004, I‑3465, Randnr. 33), und vom 10. Januar 2006, IATA und ELFAA (C-344/04, Slg. 2006, I‑403, Randnr. 35).


19 – Urteile Kommission/Deutschland (zitiert in Fn. 18, Randnr. 52), vom 14. Juli 1998, Bettati (C‑341/95, Slg. 1998, I‑4355, Randnr. 20), Bellio F.lli (zitiert in Fn.18, Randnr. 33), vom 7. Dezember 2006, SGAE (C‑306/05, Slg. 2006, I‑11519, Randnr. 35), und vom 14. Mai 2009, Internationaal Verhuis- en Transportbedrijf Jan de Lely (C‑161/08, Slg. 2009, I‑4075, Randnr. 38).


20 – Vgl. zur Auslegung des Begriffs der Abfallbeseitigung anhand der Ziele der jeweiligen Regelung das Urteil vom 23. November 2006, Kommission/Italien (C‑486/04, Slg. 2006, I‑11025, Randnrn. 39 ff.).


21 – Stec/Casey-Lefkowitz/Jendroska, The Aarhus Convention: An Implementation Guide, New York 2000, S. 60 (S. 76 der französischen Fassung). Zur Bedeutung dieses Werks für die Auslegung der Umweltinformationsrichtlinie siehe meine Schlussanträge vom 23. September 2010, Stichting Natuur en Milieu u. a. (Urteil vom 16. Dezember 2010, C-266/09, Slg. 2010, I‑0000, Nr. 88).


22 – Vgl. zu der anders strukturierten Ausnahme nach Art. 4 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 1049/2001 das Urteil vom 29. Juni 2010, Kommission/Bavarian Lager (C‑28/08 P, Slg. 2010, I‑0000, Randnrn. 48 ff.).


23 – Vgl. zur Verordnung Nr. 1049/2001 das Urteil Sison/Rat (zitiert in Fn. 14, Randnrn. 43 ff.).


24 – Vgl. das Urteil vom 14. Februar 2008, Varec (C‑450/06, Slg. 2008, I‑581, Randnrn. 35 f.).


25 – Urteile vom 18. Juni 1991, ERT (C‑260/89, Slg. 1991, I‑2925, Randnr. 42), vom 4. Oktober 1991, Society for the Protection of Unborn Children Ireland (C‑159/90, Slg. 1991, I‑4685, Randnr. 31), und vom 18. Dezember 2008, Sopropé (C‑349/07, Slg. 2008, I‑10369, Randnr. 34).


26 – Vgl. die Urteile vom 24. Juni 1986, AKZO Chemie/Kommission (53/85, Slg. 1986, 1965, Randnr. 28), vom 19. Mai 1994, SEP/Kommission (C‑36/92 P, Slg. 1994, I‑1911, Randnr. 37), und Varec (zitiert in Fn. 24, Randnr. 49 und die dort angeführte Rechtsprechung).


27 – Vgl. die Urteile vom 20. Mai 2003, Österreichischer Rundfunk u. a. (C‑465/00, C‑138/01 und C‑139/01, Slg. 2003, I‑4989, Randnrn. 70 ff.), und vom 16. Dezember 2008, Satakunnan Markkinapörssi und Satamedia (C‑73/07, Slg. 2008, I‑9831, Randnr. 52).