Language of document : ECLI:EU:C:2012:770

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Erste Kammer)

6. Dezember 2012(*)


Inhaltsverzeichnis


Rechtlicher Rahmen

Richtlinie 65/65/EWG

Verordnung (EWG) Nr. 1768/92

Vorgeschichte des Rechtsstreits und streitige Entscheidung

Verfahren vor dem Gericht und angefochtenes Urteil

Anträge der Parteien vor dem Gerichtshof

Zum Rechtsmittel

Zur Bestimmung des relevanten Produktmarkts

Angefochtenes Urteil

Zum ersten Rechtsmittelgrund

– Vorbringen der Parteien

– Würdigung durch den Gerichtshof

Zum zweiten Rechtsmittelgrund

– Vorbringen der Parteien

– Würdigung durch den Gerichtshof

Zum ersten, die ergänzenden Schutzzertifikate betreffenden Missbrauch einer beherrschenden Stellung

Angefochtenes Urteil

Zum dritten Rechtsmittelgrund

– Vorbringen der Parteien

– Würdigung durch den Gerichtshof

Zum vierten Rechtsmittelgrund

– Vorbringen der Parteien

– Würdigung durch den Gerichtshof

Zum zweiten Missbrauch einer beherrschenden Stellung

Angefochtenes Urteil

Zum fünften Rechtsmittelgrund

– Vorbringen der Parteien

– Würdigung durch den Gerichtshof

Zum sechsten Rechtsmittelgrund

– Vorbringen der Parteien

– Würdigung durch den Gerichtshof

Zur Geldbuße

Angefochtenes Urteil

Vorbringen der Parteien

Würdigung durch den Gerichtshof

Zum Anschlussrechtsmittel der EFPIA

Zum ersten Anschlussrechtsmittelgrund

Vorbringen der Parteien

Würdigung durch den Gerichtshof

Zum zweiten Anschlussrechtsmittelgrund

Vorbringen der Parteien

Würdigung durch den Gerichtshof

Zum Anschlussrechtsmittel der Kommission

Vorbringen der Parteien

Würdigung durch den Gerichtshof

Kosten

„Rechtsmittel – Wettbewerb – Missbrauch einer beherrschenden Stellung – Markt für Magengeschwür-Arzneimittel – Missbrauch der Verfahren zur Erlangung ergänzender Schutzzertifikate für Arzneimittel und zur Erlangung einer Genehmigung für das Inverkehrbringen von Arzneimitteln – Irreführende Darstellungen – Widerruf von Genehmigungen für das Inverkehrbringen – Hindernisse für das Inverkehrbringen von Generika und für Paralleleinfuhren“

In der Rechtssache C‑457/10 P

betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 15. September 2010,

AstraZeneca AB mit Sitz in Södertälje (Schweden),

AstraZeneca plc mit Sitz in London (Vereinigtes Königreich),

Prozessbevollmächtigte: M. Brealey, QC, M. Hoskins, QC, D. Jowell, Barrister, und F. Murphy, Solicitor,

Rechtsmittelführerinnen,

andere Parteien:

Europäische Kommission, vertreten durch F. Castillo de la Torre, É. Gippini Fournier und J. Bourke als Bevollmächtigte,

Beklagte im ersten Rechtszug,

European Federation of Pharmaceutical Industries and Associations (EFPIA) mit Sitz in Genf (Schweiz), Prozessbevollmächtigter: M. Van Kerckhove, advocaat,

Streithelferin im ersten Rechtszug,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Tizzano sowie der Richter M. Ilešič (Berichterstatter), E. Levits, J.‑J. Kasel und M. Safjan,

Generalanwalt: J. Mazák,

Kanzler: L. Hewlett, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 12. Januar 2012,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 15. Mai 2012

folgendes

Urteil

1        Mit ihrem Rechtsmittel beantragen die AstraZeneca AB und die AstraZeneca plc die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 1. Juli 2010, AstraZeneca/Kommission (T‑321/05, Slg. 2010, II‑2805; im Folgenden: angefochtenes Urteil), mit dem das Gericht ihre Klage auf Nichtigerklärung der Entscheidung C (2005) 1757 final der Kommission vom 15. Juni 2005 in einem Verfahren nach Artikel 82 [EG] und Artikel 54 EWR-Abkommen (Sache COMP/A.37.507/F3 – AstraZeneca; im Folgenden: streitige Entscheidung) weitgehend abgewiesen hat. Mit dieser Entscheidung hatte die Europäische Kommission gegen die beiden Unternehmen eine Geldbuße von insgesamt 60 Mio. Euro dafür verhängt, dass sie das Patentsystem und die Verfahren für das Inverkehrbringen von Arzneimitteln missbräuchlich dazu benutzt hätten, das Auftreten von in Wettbewerb stehenden Generika auf dem Markt zu verhindern oder herauszuzögern und den Parallelhandel zu erschweren.

2        Der Antrag auf Aufhebung des angefochtenen Urteils und auf Nichtigerklärung der streitigen Entscheidung wird von der European Federation of Pharmaceutical Industries and Associations (EFPIA) unterstützt, die zu diesem Zweck Anschlussrechtsmittel eingelegt hat.

3        Anschlussrechtsmittel ist auch von der Kommission eingelegt worden, die die Aufhebung des angefochtenen Urteils beantragt, soweit damit die streitige Entscheidung teilweise für nichtig erklärt und abgeändert worden ist.

 Rechtlicher Rahmen

 Richtlinie 65/65/EWG

4        Die Richtlinie 65/65/EWG des Rates vom 26. Januar 1965 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften über Arzneimittel (ABl. 1965, Nr. 22, S. 369) sah in Art. 3 Abs. 1 ihrer auf den vorliegenden Sachverhalt anwendbaren Fassung vor, dass „[e]in Arzneimittel … in einem Mitgliedstaat erst dann in den Verkehr gebracht werden [darf], wenn von der zuständigen Behörde dieses Mitgliedstaats … eine Genehmigung für das Inverkehrbringen erteilt wurde“.

5        Art. 4 Abs. 3 dieser Richtlinie regelte, welche Angaben und Unterlagen die für das Inverkehrbringen verantwortliche Person beibringen musste, um eine Genehmigung für das Inverkehrbringen (im Folgenden: Zulassung) zu erhalten. Nach Art. 4 Abs. 3 Nr. 8 dieser Richtlinie war Folgendes vorzulegen:

„Ergebnisse von Versuchen:

–      physikalisch-chemischer, biologischer oder mikrobiologischer Art;

–      pharmakologischer und toxikologischer Art;

–      ärztlicher oder klinischer Art.

Unbeschadet des Rechtsschutzes des gewerblichen und kommerziellen Eigentums gilt jedoch Folgendes:

a)      Der Antragsteller ist nicht verpflichtet, die Ergebnisse der pharmakologischen und toxikologischen Versuche oder die Ergebnisse der ärztlichen oder klinischen Versuche vorzulegen, wenn er entweder nachweisen kann,

ii)      oder – unter eingehender Bezugnahme auf wissenschaftliche Veröffentlichungen …, dass der Bestandteil oder die Bestandteile des Arzneimittels allgemein medizinisch verwendet werden und eine anerkannte Wirksamkeit sowie einen annehmbaren Grad an Sicherheit aufweisen,

iii)      oder dass das Arzneimittel im Wesentlichen einem Erzeugnis gleicht, das seit mindestens sechs Jahren in der Gemeinschaft nach den Gemeinschaftsvorschriften zugelassen und in dem Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wird, in Verkehr gebracht ist; dieser Zeitraum wird auf zehn Jahre verlängert, wenn es sich um ein technologisch hochwertiges Arzneimittel … handelt, …; ferner kann ein Mitgliedstaat diese Frist durch eine einheitliche, alle in seinem Gebiet auf dem Markt befindlichen Erzeugnisse erfassende Entscheidung auf zehn Jahre verlängern, wenn dies seiner Ansicht nach im Interesse der öffentlichen Gesundheit erforderlich ist. Die Mitgliedstaaten können davon absehen, den genannten Zeitraum von sechs Jahren über den Zeitpunkt hinaus zu verlängern, zu dem ein Patent zum Schutz des ursprünglichen Erzeugnisses abläuft.

…“

6        Art. 10 Abs. 1 der Richtlinie 65/65 bestimmte u. a., dass die Genehmigung fünf Jahre gültig war und auf mindestens drei Monate vor ihrem Ablaufen zu stellenden Antrag des Inhabers für jeweils fünf Jahre verlängert werden konnte.

7        Die Richtlinie 65/65 wurde durch die Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel (ABl. L 311, S. 67) ersetzt.

 Verordnung (EWG) Nr. 1768/92

8        Mit der auf den vorliegenden Sachverhalt anwendbaren Verordnung (EWG) Nr. 1768/92 des Rates vom 18. Juni 1992 über die Schaffung eines ergänzenden Schutzzertifikats für Arzneimittel (ABl. L 182, S. 1) wurde für die einem Zulassungsverfahren unterliegenden Arzneimittel ein ergänzendes Schutzzertifikat eingeführt. Dieses Zertifikat, das Inhaber eines nationalen oder europäischen Patents erhalten können, verlängert die Schutzdauer des Patents um bis zu fünf weitere Jahre, damit der Patentinhaber in den Genuss eines Ausschließlichkeitszeitraums von höchstens 15 Jahren ab der ersten Zulassung des betreffenden Arzneimittels in der Europäischen Union kommt. Die Einführung dieses Zertifikats gründet u. a. auf der Erwägung, dass der tatsächliche Patentschutz durch den Zeitraum, der zwischen der Einreichung einer Patentanmeldung für ein neues Arzneimittel und der Zulassung dieses Arzneimittels verstreicht, auf eine für die Amortisierung der Forschungsinvestitionen unzureichende Laufzeit verringert wird.

9        In Art. 3 („Bedingungen für die Erteilung des Zertifikats“) dieser Verordnung hieß es:

„Das Zertifikat wird erteilt, wenn in dem Mitgliedstaat, in dem die Anmeldung nach Artikel 7 eingereicht wird, zum Zeitpunkt dieser Anmeldung

a)      das Erzeugnis durch ein in Kraft befindliches Grundpatent geschützt ist;

b)      für das Erzeugnis als Arzneimittel eine gültige Genehmigung für das Inverkehrbringen gemäß der [Richtlinie 65/65] … erteilt wurde;

…“

10      Nach Art. 7 Abs. 1 der Verordnung musste die Anmeldung des Zertifikats innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach Erteilung der Arzneimittelzulassung für das Erzeugnis gemäß Art. 3 Buchst. b dieser Verordnung eingereicht werden.

11      Nach Art. 8 Abs. 1 Buchst. a Ziff. iv der Verordnung Nr. 1768/92 musste die Zertifikatsanmeldung einen Antrag auf Erteilung eines Zertifikats enthalten, wobei insbesondere die Nummer und der Zeitpunkt der ersten Zulassung des Erzeugnisses gemäß Art. 3 Buchst. b dieser Verordnung sowie, falls diese nicht die erste Zulassung in der Gemeinschaft war, auch die Nummer und der Zeitpunkt der letztgenannten Zulassung anzugeben waren.

12      Das Zertifikat galt gemäß Art. 13 Abs. 1 der genannten Verordnung ab dem Ablauf der gesetzlichen Laufzeit des Grundpatents für eine Dauer, die dem Zeitraum zwischen der Einreichung der Anmeldung für das Grundpatent und dem Zeitpunkt der ersten Zulassung in der Gemeinschaft entsprach, abzüglich eines Zeitraums von fünf Jahren.

13      Art. 19 Abs. 1 dieser Verordnung gehörte zu den Übergangsbestimmungen und sah Folgendes vor:

„Für jedes Erzeugnis, das zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Verordnung durch ein in Kraft befindliches Grundpatent geschützt ist und für das als Arzneimittel eine erste Genehmigung für das Inverkehrbringen in der Gemeinschaft nach dem 1. Januar 1985 erteilt wurde, kann ein Zertifikat erteilt werden.

Bezüglich der in Dänemark und in Deutschland zu erteilenden Zertifikate tritt an die Stelle des 1. Januars 1985 der 1. Januar 1988.

…“

14      Die Verordnung Nr. 1768/92 wurde durch eine kodifizierte Fassung, nämlich die Verordnung (EG) Nr. 469/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Mai 2009 über das ergänzende Schutzzertifikat für Arzneimittel (ABl. L 152, S. 1) ersetzt.

 Vorgeschichte des Rechtsstreits und streitige Entscheidung

15      Die AstraZeneca AB und die AstraZeneca plc gehören zu einem Pharmakonzern (im Folgenden: AZ), der sich weltweit auf dem Sektor der Erfindung, Entwicklung und Vermarktung von Pharmaprodukten betätigt. Seine Tätigkeiten konzentrieren sich in diesem Bereich insbesondere auf die Magen-Darm-Erkrankungen. In diesem Zusammenhang ist eines der wichtigsten von AZ vermarkteten Produkte unter der Bezeichnung „Losec“ bekannt, einer Handelsmarke, die auf den meisten europäischen Märkten benutzt wird. Dieses auf Omeprazol basierende Arzneimittel, das zur Behandlung von durch Übersäuerung bedingten Magen-Darm-Erkrankungen und insbesondere zur aktiven Hemmung der Magensäuresekretion eingesetzt wird, war das erste Erzeugnis auf dem Markt, das unmittelbar auf die Protonenpumpe einwirkt, d. h. auf das spezielle Enzym in den Parietalzellen entlang der Magenwand, das Säure in den Magen pumpt.

16      Am 12. Mai 1999 reichten die Generics (UK) Ltd und die Scandinavian Pharmaceuticals Generics AB bei der Kommission eine Beschwerde ein, mit der sie Verhaltensweisen von AZ beanstandeten, die sie daran hindern sollten, Generika von Omeprazol auf bestimmten Märkten des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) einzuführen.

17      Mit der streitigen Entscheidung stellte die Kommission fest, dass die AstraZeneca AB und die AstraZeneca plc unter Verstoß gegen Art. 82 EG und Art. 54 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum vom 2. Mai 1992 (im Folgenden: EWR-Abkommen) eine beherrschende Stellung zweifach missbräuchlich ausgenutzt hätten.

18      Nach Art. 1 Abs. 1 dieser Entscheidung bestand der erste Missbrauch in systematisch irreführenden Darstellungen vor den Patentämtern in Belgien, in Dänemark, in Deutschland, in den Niederlanden, im Vereinigten Königreich und in Norwegen sowie vor einzelstaatlichen Gerichten in Deutschland und in Norwegen. Die Kommission war insoweit der Ansicht, dass sich diese Darstellungen in eine Gesamtstrategie einfügten, mit der die Hersteller von Generika durch die Erlangung oder Aufrechterhaltung von ergänzenden Schutzzertifikaten für Omeprazol, auf die AZ keinen oder nur für kürzere Dauer Anspruch hatte, vom Markt ferngehalten werden sollten. Die Kommission unterschied zwei Phasen im Ablauf dieses ersten Missbrauchs, nämlich zuerst Darstellungen anlässlich der Anweisungen der Patentanwälte, über die die Anmeldungen der ergänzenden Schutzzertifikate in sieben Mitgliedstaaten eingereicht wurden, am 7. Juni 1993 und später Darstellungen gegenüber mehreren Patentämtern und innerstaatlichen Gerichten.

19      Nach Art. 1 Abs. 2 der angefochtenen Entscheidung bestand der zweite Missbrauch in der Einreichung von Anträgen auf Widerruf der Zulassungen für die Losec-Kapseln in Dänemark, in Schweden und in Norwegen in Verbindung mit der Marktrücknahme der Losec-Kapseln und der Markteinführung von Losec-MUPS-Tabletten (MUPS = „Multiple Unit Pellet System“) in diesen drei Ländern. Nach Aussage der Kommission bezweckten diese Schritte, den Herstellern von generischem Omeprazol die Registrierung über das abgekürzte Verfahren nach Art. 4 Abs. 3 Nr. 8 Buchst. a Ziff. iii der Richtlinie 65/65 abzuschneiden, und bewirkten außerdem, dass die Paralleleinführer Gefahr liefen, ihre Paralleleinfuhrgenehmigung zu verlieren. Die Kommission warf den Rechtsmittelführerinnen insbesondere vor, dass sie den Regelungsrahmen strategisch ausgenutzt hätten, um Erzeugnisse, die nicht mehr durch ein Patent geschützt gewesen seien und für die der Ausschließlichkeitszeitraum in Bezug auf die Daten abgelaufen sei, künstlich vom Wettbewerb abzuschirmen.

20      Wegen dieser beiden missbräuchlichen Verhaltensweisen verhängte die Kommission gegen die Rechtsmittelführerinnen als Gesamtschuldnerinnen eine Geldbuße in Höhe von 46 Mio. Euro sowie eine gesonderte Geldbuße gegen die AstraZeneca AB in Höhe von 14 Mio. Euro.

 Verfahren vor dem Gericht und angefochtenes Urteil

21      Mit am 25. August 2005 bei der Kanzlei des Gerichts eingereichter Klageschrift erhoben die Rechtsmittelführerinnen Klage auf Nichtigerklärung der streitigen Entscheidung. Mit der Klage wurde die Rechtmäßigkeit dieser Entscheidung hinsichtlich der Bestimmung des relevanten Marktes, der Beurteilung der beherrschenden Stellung, des ersten und des zweiten Missbrauchs einer beherrschenden Stellung und der Höhe der verhängten Geldbußen in Abrede gestellt. Im Lauf des Verfahrens trat die EFPIA als Streithelferin zur Unterstützung der Rechtsmittelführerinnen bei.

22      Mit dem angefochtenen Urteil hat das Gericht der Klage teilweise stattgegeben und Art. 1 Abs. 2 der streitigen Entscheidung, der den zweiten Missbrauch betrifft, in dem Maß für nichtig erklärt, als den Rechtsmittelführerinnen darin zur Last gelegt wird, dadurch gegen Art. 82 EG und Art. 54 des EWR-Abkommens verstoßen zu haben, dass sie in Dänemark und in Norwegen den Widerruf der Zulassungen von Losec in Kapselform parallel zur Rücknahme von Losec in Kapselform vom Markt und zum Inverkehrbringen von Losec-MUPS-Tabletten in diesen beiden Ländern beantragten, soweit davon ausgegangen wurde, dass diese Handlungen geeignet waren, Paralleleinfuhren von Losec in Kapselform in diese Länder zu beschränken. Das Gericht hat daher die gegen die Rechtsmittelführerinnen als Gesamtschuldnerinnen verhängte Geldbuße auf 40 250 000 Euro und die gegen die AstraZeneca AB gesondert verhängte Geldbuße auf 12 250 000 Euro herabgesetzt und die Klage im Übrigen abgewiesen.

 Anträge der Parteien vor dem Gerichtshof

23      Die Rechtsmittelführerinnen beantragen,

–        das angefochtene Urteil aufzuheben und die streitige Entscheidung für nichtig zu erklären;

–        hilfsweise, die mit Art. 2 der streitigen Entscheidung gegen sie verhängte Geldbuße herabzusetzen; und

–        der Kommission die Kosten beider Rechtszüge aufzuerlegen.

24      Die EFPIA beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die streitige Entscheidung für nichtig zu erklären sowie der Kommission die Kosten beider Rechtszüge einschließlich der Kosten ihres Streitbeitritts aufzuerlegen.

25      Die Kommission beantragt,

–        das Rechtsmittel zurückzuweisen;

–        ihrem Anschlussrechtsmittel stattzugeben und

–        den Rechtsmittelführerinnen die Kosten aufzuerlegen.

 Zum Rechtsmittel

26      Die Rechtsmittelführerinnen stützen ihr Rechtsmittel auf vier Gruppen von Gründen, die sich auf behauptete Rechtsfehler des Gerichts beziehen, was die Bestimmung des relevanten Produktmarkts, den ersten und den zweiten Missbrauch sowie die Geldbußen betrifft.

 Zur Bestimmung des relevanten Produktmarkts

 Angefochtenes Urteil

27      In den Randnrn. 28 bis 222 des angefochtenen Urteils hat das Gericht die beiden Klagegründe der Rechtsmittelführerinnen behandelt und zurückgewiesen, die gegen die Bestimmung des relevanten Produktmarkts in der streitigen Entscheidung gerichtet waren, nach der dieser Markt durch nur eine Kategorie von Arzneimitteln, die sogenannten „Protonenpumpen-Inhibitoren“ (im Folgenden: PPI) wie das AZ-Erzeugnis „Losec“, gebildet werde und keine weiteren Kategorien von Arzneimitteln zur Behandlung von durch Übersäuerung bedingten Magen-Darm-Erkrankungen wie die Antagonisten der Histamin-Rezeptoren (im Folgenden: H2-Blocker) umfasse, die nur eines der Stimulanzien der Protonenpumpe blockierten und somit im Gegensatz zu den PPI nur mittelbar auf diese einwirkten.

28      Das Gericht war insbesondere auf der Grundlage einer Gesamtwürdigung der Gesichtspunkte, auf die die Kommission ihre Beurteilung gestützt hatte – nämlich die höhere Wirksamkeit der PPI, die differenzierte therapeutische Verwendung der PPI und der H2-Blocker, die asymmetrische Substitution, die die Steigerung des Absatzes der PPI und den entsprechenden Rückgang oder die Stagnation des Absatzes der H2-Blocker kennzeichnete, die Preisindikatoren, wie sie sich aus dem bestehenden rechtlichen Rahmen ergaben, sowie die in Deutschland und im Vereinigten Königreich beobachteten Besonderheiten –, der Ansicht, dass diese Gesichtspunkte im vorliegenden Fall einen Gesamtbestand relevanter Daten darstellten, die ausreichten, um die Schlussfolgerung zu stützen, dass die H2-Blocker im Bezugszeitraum 1993 bis 2000 keinen erheblichen Wettbewerbsdruck auf die PPI ausgeübt hätten.

29      Es hat daher auf der Grundlage einer in den Randnrn. 61 bis 107 des angefochtenen Urteils vorgenommenen Prüfung den ersten Klagegrund zurückgewiesen, der gegen die Marktabgrenzung vorgebracht wurde und auf einen offensichtlichen Beurteilungsfehler in Bezug auf die Erheblichkeit der allmählichen Zunahme der Verwendung von PPI zulasten der H2-Blocker gestützt war. In diesem Zusammenhang hat es namentlich befunden, dass der Absatz der PPI allmählich angestiegen sei, weil die Ärzte gegenüber einem Arzneimittel, dessen Eigenschaften und Nebenwirkungen ihnen noch nicht gänzlich vertraut gewesen seien, Zurückhaltung geübt hätten, so dass keine Vermutung für einen Kausalzusammenhang zwischen der allmählichen Steigerung des Absatzes der PPI und einem Wettbewerbsdruck der H2-Blocker auf die PPI aufgestellt werden könne. Es hat auch keinen spezifischen Gesichtspunkt der bei ihm anhängigen Rechtssache ausgemacht, der die Annahme eines solchen Kausalzusammenhangs im konkreten Fall erlauben würde.

30      Der zweite gegen diese Abgrenzung geltend gemachte Klagegrund, mit dem verschiedene Inkohärenzen sowie Beurteilungsfehler in der streitigen Entscheidung gerügt wurden, nämlich insbesondere eine unzureichende Berücksichtigung der therapeutischen Verwendung, eine Überbewertung der Preisindikatoren und eine übermäßige Bedeutung, die den in Deutschland und im Vereinigten Königreich beobachteten Besonderheiten beigemessen worden sei, ist in den Randnrn. 147 bis 222 des angefochtenen Urteils geprüft worden. Was konkret die Beanstandungen in Bezug auf die Beurteilung der Preisindikatoren durch die Kommission angeht, hat das Gericht in den Randnrn. 157 bis 199 des angefochtenen Urteils manche Fehler und Lücken in der streitigen Entscheidung festgestellt, aber gleichzeitig befunden, dass diese die Gültigkeit der Schlussfolgerungen der Kommission nicht beeinträchtigten.

 Zum ersten Rechtsmittelgrund

–       Vorbringen der Parteien

31      Mit ihrem ersten Rechtsmittelgrund rügen die Rechtsmittelführerinnen einen Rechtsfehler, den das Gericht dadurch begangen habe, dass es die Erheblichkeit der allmählichen Zunahme der Verwendung von PPI zulasten der Verwendung von H2-Blockern nicht zutreffend geprüft habe. Dieser Rechtsmittelgrund ist in zwei Teile gegliedert.

32      Mit dem ersten Teil wird beanstandet, das Gericht habe der zeitlichen Entwicklung des ihm unterbreiteten Sachverhalts keine Rechnung getragen. So werde im angefochtenen Urteil und insbesondere in dessen Randnrn. 66 bis 82 verkannt, dass die Entwicklung der Wettbewerbsverhältnisse zwischen den PPI und den H2-Blockern im Lauf der maßgeblichen Zuwiderhandlungszeiträume hätte untersucht werden müssen, und die Änderungen, die sich auf den betreffenden geografischen Märkten vollzogen hätten, blieben unberücksichtigt. Es sei aber rechtsfehlerhaft, sich zu der im Jahr 1993 bestehenden Lage auf einem Produktmarkt in einem bestimmten Land zu äußern und sich dabei auf den Stand des Wettbewerbs auf demselben Markt im Jahr 2000 zu stützen. Zudem gehe der Umstand, dass sich die Verhältnisse zwischen den PPI und den H2-Blockern im Lauf der Zeit verändert hätten, klar aus den Erklärungen der medizinischen Sachverständigen hervor, auf die sich das Gericht gestützt habe.

33      Im Rahmen des zweiten Teils beanstanden die Rechtsmittelführerinnen, das Gericht habe die Bedeutung der für die Verschreibungspraxis charakteristischen Unbeweglichkeit verkannt, die der Grund für die schrittweise Ablösung der H2-Blocker durch die PPI gewesen sei. Das Gericht habe in den Randnrn. 83 bis 107 des angefochtenen Urteils zu Unrecht ihr Vorbringen zurückgewiesen, dass die H2-Blocker zwangsläufig einen beträchtlichen Wettbewerbsdruck auf die PPI ausgeübt hätten, da sich deren Absatz nur allmählich zulasten der H2-Blocker gesteigert habe und somit weniger rasch, als angesichts der therapeutischen Überlegenheit der PPI zu erwarten gewesen wäre. Insbesondere habe das Gericht die verschiedenen Vor- und Nachteile von H2-Blockern und PPI künstlich aufgespalten, die jedoch eng miteinander zusammenhingen. Wenn sich nämlich ein Arzt für die Verschreibung eines H2-Blockers entscheide, weil er Bedenken wegen der Nebenwirkungen der PPI habe, so beruhe diese Entscheidung doch auch auf einer Bewertung der Qualität und des therapeutischen Profils der H2-Blocker, einschließlich des Umstands, dass sie mit weniger Risiken für die Gesundheit des Patienten behaftet seien.

34      Die EFPIA, die diesen ersten Rechtsmittelgrund unterstützt, macht geltend, das Gericht habe in Randnr. 92 des angefochtenen Urteils die Beweislast umgekehrt, indem es den Rechtsmittelführerinnen den Nachweis auferlege, dass die allmähliche Ablösung der H2-Blocker durch die PPI für die Marktbestimmung von Bedeutung sei.

35      Nach Ansicht der Kommission geht dieser erste Rechtsmittelgrund ins Leere, da mit ihm nur einer der Bestandteile der Begründung des Gerichts gerügt werde. Dass die Substitution schrittweise vonstatten gegangen sei, bilde nämlich nur einen Aspekt der Gesamtbeurteilung des betroffenen Marktes, und ein etwaiger Rechtsfehler hinsichtlich dieses Aspekts stelle nicht die Gesamtbeurteilung in Frage. Ein Großteil dieses Rechtsmittelgrundes sei außerdem unzulässig, da der Gerichtshof um eine Neubeurteilung von Tatsachenfeststellungen ersucht werde. Jedenfalls sei der Rechtsmittelgrund nicht stichhaltig.

–       Würdigung durch den Gerichtshof

36      Vorab ist festzustellen, dass der erste Rechtsmittelgrund entgegen dem Vorbringen der Kommission nicht ins Leere geht. Zwar ist richtig, dass das Gericht eine Gesamtwürdigung der Gesichtspunkte vorgenommen hat, auf die die Kommission ihre Beurteilung stützte, doch das ändert nichts daran, dass für den Fall, dass das Gericht die Erheblichkeit der allmählichen Zunahme der Verwendung von PPI zulasten der Verwendung von H2-Blockern und die Entwicklung der Wettbewerbsverhältnisse zwischen diesen beiden Erzeugnissen während des in Rede stehenden Zeitraums, also von 1993 bis einschließlich 2000, verkannt haben sollte, dieser Fehler die ganze Gesamtwürdigung und die vom Gericht daraus gezogenen Schlussfolgerungen in Frage stellen könnte.

37      Da nämlich feststeht, dass der Absatz der PPI und der H2-Blocker, wie insbesondere in den Randnrn. 63 und 84 des angefochtenen Urteils ausgeführt wird, im Zeitraum 1993 bis 2000 einen erheblichen Wandel erfuhr, der durch eine allmähliche Ersetzung der H2-Blocker durch die PPI gekennzeichnet war, hätte das Gericht die Bestimmung des relevanten Marktes für diesen Gesamtzeitraum allein auf der Grundlage des Wettbewerbsstands, wie er sich im Jahr 2000, also am Ende dieses Zeitraums, darstellte, nicht rechtsgültig bestätigen können. Im Übrigen ist es, wie der Generalanwalt in Nr. 22 seiner Schlussanträge unterstrichen hat, angesichts dessen, dass der erste den Rechtsmittelführerinnen zur Last gelegte Missbrauch in den meisten betroffenen Mitgliedstaaten im Jahr 1993 begann und in manchen dieser Staaten schon im Jahr darauf endete, unter Berücksichtigung des beschriebenen Wandels umso wichtiger, dass der relevante Produktmarkt für den gesamten betroffenen Zeitraum und insbesondere für dessen Beginn zutreffend bestimmt wird.

38      Gleichwohl ist dieser erste Rechtsmittelgrund zu verwerfen. Zum einen nämlich hat das Gericht den Wettbewerbsdruck zwischen den PPI und den H2-Blockern während des gesamten fraglichen Zeitraums unter Berücksichtigung der Entwicklung des Absatzes dieser beiden Erzeugnisse und der allmählichen Zunahme der Verwendung von PPI zulasten der H2-Blocker in diesem Zeitraum geprüft. Zum anderen lässt das Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen keinen Rechtsfehler des Gerichts im Rahmen dieser Prüfung erkennen.

39      Das Gericht hat insoweit, um zu überprüfen, ob der Kommission ein offensichtlicher Beurteilungsfehler unterlaufen war, als sie das Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen zurückwies, wonach die allmähliche Steigerung des Absatzes von PPI zulasten des Absatzes der H2-Blocker bedeutet habe, dass Letztere einen erheblichen Wettbewerbsdruck auf die PPI ausgeübt hätten und deshalb in den relevanten Produktmarkt einzubeziehen seien, als Erstes in den Randnrn. 66 bis 82 des angefochtenen Urteils die differenzierte therapeutische Verwendung der PPI und der H2-Blocker und als Zweites in den Randnrn. 83 bis 106 jenes Urteils die Erheblichkeit der besagten Allmählichkeit in theoretischer Hinsicht sowie im konkret vorliegenden Fall geprüft.

40      Aus den besagten Randnummern geht aber klar hervor, dass das Gericht Beweise geprüft hat, die sich nicht nur auf das Ende des Bezugszeitraums, also das Jahr 2000, beziehen, sondern auf einen Zeitraum zwischen 1991 und 2000, in den es damit sogar eine Zeitspanne einbezogen hat, die vor dem Beginn der zur Last gelegten Missbräuche zu laufen begann.

41      So hat das Gericht insbesondere in Randnr. 69 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass sich aus den von den Rechtsmittelführerinnen im Verwaltungsverfahren beigebrachten Erklärungen der medizinischen Sachverständigen ergebe, dass zwar die PPI und die H2-Blocker zwischen 1991 und 2000 zur Behandlung derselben Erkrankungen verabreicht worden seien, die PPI aber im Allgemeinen zur Behandlung schwerer Formen der durch Übersäuerung bedingten Magen-Darm-Erkrankungen, die H2-Blocker dagegen eher zur Behandlung der weniger schweren oder leichten Formen dieser Erkrankungen verschrieben worden seien. Das Gericht ist also durchaus unter Berücksichtigung des gesamten Zeitraums von 1991 bis 2000 namentlich in Randnr. 72 jenes Urteils zu dem Ergebnis gelangt, dass die PPI und die H2-Blocker während dieses Zeitraums differenziert verwendet worden seien.

42      Außerdem ergibt sich entgegen dem Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen aus Randnr. 76 des angefochtenen Urteils in keiner Weise, dass das Gericht seine Würdigung auf die Daten betreffend das Jahr 2000 beschränkt hat. Dass sich das Gericht in jener Randnummer auf Daten bezieht, die das genannte Jahr betreffen, erklärt sich nämlich ganz einfach dadurch, dass es dort auf das in Randnr. 37 jenes Urteils zusammengefasste Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen eingeht, nach dem die H2-Blocker noch am Ende des Bezugszeitraums in erheblichem Umfang zur Behandlung der bedeutenderen Magen-Darm-Erkrankungen, und zwar auch ihrer schweren Erscheinungsformen, verschrieben worden seien.

43      Im Übrigen hat das Gericht die Entwicklung des zwischen 1991 und 2000 beobachteten Substitutionsprozesses eingehend analysiert und dabei u. a. in Randnr. 84 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass sich aus mehreren Tabellen im Anhang der streitigen Entscheidung ergebe, dass die Zahl der verschriebenen PPI-Behandlungen zwischen 1991 und 2000 schrittweise zugenommen und die Zahl der verschriebenen Behandlungen mit H2-Blockern 1994 in Schweden, 1996 in Belgien und Norwegen, 1997 in Dänemark und Deutschland und 1998 in den Niederlanden und im Vereinigten Königreich überstiegen habe. In derselben Randnummer hat es ausgeführt, dass weitere Tabellen im Anhang der streitigen Entscheidung zeigten, dass die Absätze von PPI wertmäßig ebenfalls schrittweise zugenommen und die Absätze der H2-Blocker in Schweden 1992, in Belgien 1994, in Dänemark, den Niederlanden, dem Vereinigten Königreich und Norwegen 1995 und in Deutschland 1996 überstiegen hätten. In Randnr. 101 jenes Urteils hat es ferner festgehalten, dass ausweislich einiger dieser Tabellen in den meisten der berücksichtigten Länder die Zahl der Behandlungen mit PPI im Jahr 2000 wesentlich höher gewesen sei als die Zahl der Behandlungen mit H2-Blockern im Jahr 1991.

44      Außerdem hat sich das Gericht in Randnr. 96 des angefochtenen Urteils speziell mit dem Beginn des Zuwiderhandlungszeitraums, also dem Jahr 1993, befasst und dabei den von den Rechtsmittelführerinnen angeführten Umstand bestätigt, dass in jenem Jahr der Absatz der PPI deutlich niedriger war als der Absatz von H2-Blockern.

45      Daher ist die zur Begründung des ersten Teils des ersten Rechtsmittelgrundes geäußerte Behauptung der Rechtsmittelführerinnen, dass das Gericht den relevanten Produktmarkt nicht in zeitlicher Hinsicht analysiert habe, sachlich falsch.

46      Zum zweiten Teil dieses Rechtsmittelgrundes ist darauf hinzuweisen, dass sich aus den Randnrn. 83 bis 106 des angefochtenen Urteils ergibt, dass das Gericht durchaus anerkannt hat, dass die allmähliche oder kaum stattfindende Steigerung des Absatzes eines neuen Produkts, das an die Stelle eines vorhandenen Produkts tritt, für die Marktbestimmung von Bedeutung ist, da darin gegebenenfalls ein Hinweis darauf liegen kann, dass das vorhandene Produkt einen erheblichen Wettbewerbsdruck auf das neue Produkt ausübt; es hat jedoch befunden, dass dem im vorliegenden Fall nicht so sei.

47      Insoweit hat es in den Randnrn. 98 bis 102 des angefochtenen Urteils festgestellt, aus den Akten gehe hervor, dass die „Unbeweglichkeit“ in der ärztlichen Verschreibungspraxis eher von der Beschaffung und Verbreitung von Informationen über die Eigenschaften und die etwaigen Nebenwirkungen der PPI als von der Qualität der H2-Blocker abhängig gewesen sei. Dies finde darin Bestätigung, dass die PPI als das einzige wirksame Mittel bei der Behandlung schwerer Formen von Magen-Darm-Erkrankungen angesehen worden seien, dass die PPI und die H2-Blocker daher unterschiedliche therapeutische Verwendung gefunden hätten und dass die Zuwachsrate der PPI in erheblichem Umfang nicht zulasten der H2-Blocker gegangen sei.

48      Anders als die Rechtsmittelführerinnen anzunehmen scheinen, bedeutet aber die allmähliche Steigerung des Absatzes eines neuen Produkts, das an die Stelle eines vorhandenen Produkts tritt, nicht zwangsläufig, dass Letzteres einen erheblichen Wettbewerbsdruck auf Ersteres ausgeübt hat. Es ist nämlich möglich, dass der Absatz der PPI als neues Produkt aufgrund der Befürchtungen der verschreibenden Ärzte hinsichtlich ihrer etwaigen krebserregenden Wirkungen auch ohne ein früheres Produkt wie die H2-Blocker im Wesentlichen dieselbe allmähliche Entwicklung genommen hätte. Das Gericht hat deshalb in den Randnrn. 91 bis 93 des angefochtenen Urteils zu Recht befunden, dass ein grundsätzlicher Kausalzusammenhang zwischen der schrittweisen Steigerung des Absatzes der PPI und einem von den H2-Blockern auf die PPI ausgeübten Wettbewerbsdruck nicht vermutet werden könne.

49      Das Vorbringen der EFPIA, das Gericht habe in besagter Randnr. 92 die Beweislast umgekehrt, beruht auf einem Fehlverständnis dieser Randnummer. Wenn nämlich das Gericht darin ausgeführt hat, die Rechtsmittelführerinnen hätten nichts dafür vorgetragen, dass die schrittweise Steigerung des Absatzes der PPI durch einen von den H2-Blockern ausgeübten erheblichen Wettbewerbsdruck verursacht worden wäre, so ist das zur Begründung seiner Schlussfolgerung geschehen, dass die Rechtsmittelführerinnen versuchten, eine solche Vermutung eines Kausalzusammenhangs aufzustellen. Im Übrigen ergibt sich aus den Randnrn. 66 bis 106 des angefochtenen Urteils, dass das Gericht von der zutreffenden Prämisse, dass die Beweislast der Kommission oblag, ausgegangen ist, indem es geprüft hat, ob diese, ohne einen offensichtlichen Beurteilungsfehler zu begehen, auf der Grundlage des Akteninhalts zu dem Ergebnis gelangen konnte, dass die H2-Blocker keinen erheblichen Wettbewerbsdruck auf die PPI ausgeübt hätten.

50      Im Übrigen ist es in keiner Weise – wie von den Rechtsmittelführerinnen behauptet – inkohärent, wie das Gericht die „Unbeweglichkeit“ der verschreibenden Ärzte im Kontext zum einen der Marktbestimmung und zum anderen der beherrschenden Stellung gewürdigt hat. Auch wenn nämlich diese Würdigung durch das Gericht zu unterschiedlichen Ergebnissen geführt hat, so sind diese Unterschiede, wie vom Generalanwalt in Nr. 32 seiner Schlussanträge ausgeführt, in Anbetracht der konkreten Tatsachenfeststellungen des Gerichts vollkommen gerechtfertigt. So ist das Gericht hinsichtlich der Marktbestimmung, wie vorstehend in Randnr. 47 dargestellt, zu dem Ergebnis gelangt, dass die H2-Blocker keinen erheblichen Wettbewerbsdruck auf die PPI ausgeübt hätten und deshalb nicht zum selben Markt wie diese gehört hätten, weil die Unbeweglichkeit bei der Verschreibung der PPI nicht an den therapeutischen Eigenschaften der H2-Blocker gelegen habe, die denen der PPI deutlich unterlegen gewesen seien, sondern an der Unsicherheit bezüglich der Nebenwirkungen der PPI. Im Rahmen der Beurteilung der beherrschenden Stellung der Rechtsmittelführerinnen auf dem PPI-Markt und somit im Zusammenhang mit therapeutisch vergleichbaren Produkten hat das Gericht dagegen in Randnr. 278 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass die Marktstellung von AZ als Hersteller der ersten PPI, die ein Markenimage und einen soliden Ruf besäßen, noch dadurch gestärkt worden sei, dass Ärzte im Allgemeinen Zeit benötigten, um mit einem neuen Arzneimittel vertraut zu werden, und sie daher zögerten, die PPI anderer, auf den Markt eintretender Hersteller zu verschreiben.

51      Soweit schließlich die Rechtsmittelführerinnen die Feststellungen in Frage stellen, die das Gericht auf der Grundlage des Akteninhalts getroffen hat, nämlich insbesondere, dass die PPI und die H2-Blocker im Bezugszeitraum unterschiedliche therapeutische Verwendung gefunden hätten und dass die schrittweise Steigerung des Absatzes der PPI nicht durch einen erheblichen Wettbewerbsdruck seitens der H2-Blocker verursacht worden sei, genügt der Hinweis, dass der Gerichtshof nach seiner ständigen Rechtsprechung nicht für die Feststellung der Tatsachen zuständig und grundsätzlich nicht zur Prüfung der Beweise befugt ist, auf die das Gericht seine Tatsachenfeststellungen gestützt hat. Sind diese Beweise ordnungsgemäß erhoben und die allgemeinen Rechtsgrundsätze sowie die Vorschriften über die Beweislast und das Beweisverfahren eingehalten worden, ist es nämlich allein Sache des Gerichts, die ihm vorgelegten Beweise zu bewerten. Diese Beurteilung ist somit, sofern die Beweise nicht verfälscht worden sind, was aber im vorliegenden Fall nicht geltend gemacht wird, keine Rechtsfrage, die als solche der Kontrolle durch den Gerichtshof unterliegt (vgl. Urteile vom 3. September 2009, Moser Baer India/Rat, C‑535/06 P, Slg. 2009, I‑7051, Randnr. 32, und vom 16. Februar 2012, Rat und Kommission/Interpipe Niko Tube und Interpipe NTRP, C‑191/09 P und C‑200/09 P, Randnr. 65).

52      Nach alledem ist der erste Rechtsmittelgrund als teils unzulässig und teils unbegründet zurückzuweisen.

 Zum zweiten Rechtsmittelgrund

–       Vorbringen der Parteien

53      Mit ihrem zweiten Rechtsmittelgrund beanstanden die Rechtsmittelführerinnen, unterstützt von der EFPIA, das Gericht habe nicht geprüft, wie hoch die allgemeinen Kosten einer Behandlung mit PPI verglichen mit denen einer Behandlung mit H2-Blockern seien, als es die Preisfaktoren beurteilt habe, auf die sich die Kommission für den Erlass der streitigen Entscheidung gestützt habe. Obwohl die Kosten einer Tagesdosis PPI höher seien als die einer Tagesdosis H2-Blocker, seien insoweit die allgemeinen Behandlungskosten nahezu gleich hoch, da die PPI eine schnellere Behandlung ermöglichten. Das Gericht habe dies in den Randnrn. 188 und 193 des angefochtenen Urteils zwar anerkannt, in den Randnrn. 189 und 190 jenes Urteils aber befunden, dass die Kommission in Anbetracht dessen, dass sich eine Quantifizierung des Preis-Leistungs-Verhältnisses als besonders komplex und unsicher erweisen könne, keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen habe, als sie den Preis der Arzneimittel für eine gleich lange Behandlungsdauer herangezogen habe. Tatsächlich sei dieser Ansatz des Gerichts rechtsfehlerhaft, da dadurch die Beweislast umgekehrt werde. Wolle sich die Kommission also auf komplexe und unsichere Faktoren wie die Preisindikatoren stützen, so müsse sie diese entweder hinlänglich untersuchen oder aber auf ihre Heranziehung verzichten, wenn sie sie wegen ihrer Komplexität nicht nachweisen könne.

54      Nach Ansicht der Kommission geht dieser Rechtsmittelgrund ins Leere, da damit nicht die Begründetheit der in Randnr. 191 des angefochtenen Urteils getroffenen Feststellungen in Frage gestellt werde. Außerdem sei der Rechtsmittelgrund teils unzulässig und teils unbegründet. Der Umstand, dass die streitige Entscheidung eine Behandlungszeit von 28 Tagen zugrunde lege, könne nämlich nicht als offensichtlicher Beurteilungsfehler angesehen werden, da sich die konkrete Dauer jeder einzelnen Behandlung nicht genau bestimmen lasse. Insoweit sei die Sicht der Rechtsmittelführerinnen von der Beurteilung des Preis-Leistungs-Verhältnisses zu vereinfachend und lasse die Vielzahl möglicher Erkrankungen und individueller Behandlungen außer Acht.

–       Würdigung durch den Gerichtshof

55      Wie die Kommission und der Generalanwalt in Nr. 37 seiner Schlussanträge ausgeführt haben, geht dieser zweite Rechtsmittelgrund, der isoliert gegen die in den Randnrn. 189 und 190 des angefochtenen Urteils getroffenen Feststellungen gerichtet ist, ins Leere.

56      Nachdem das Gericht in Randnr. 188 des angefochtenen Urteils festgestellt hat, dass die Rechtsmittelführerinnen zu Recht geltend machten, dass der Betrag, um den die Gesamtkosten einer Behandlung mit PPI die Gesamtkosten einer Behandlung mit H2-Blockern überstiegen, geringer sein könne, als es die bloße Differenz zwischen den Kosten für 28-tägige Behandlungen, auf die sich die streitige Entscheidung stütze, auf den ersten Blick erkennen lasse, hat es zwar in den Randnrn. 189 und 190 jenes Urteils befunden, dass nicht davon ausgegangen werden könne, dass die Kommission einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen habe, als sie den Preis der Arzneimittel für eine gleich lange Behandlungsdauer herangezogen habe, da sich eine Quantifizierung des Preis-Leistungs-Verhältnisses in Anbetracht dessen, dass die Dauer einer Behandlung stark von der Art der betreffenden Erkrankung abhänge und möglicherweise von Patient zu Patient variiere, als besonders komplex und unsicher erweisen könne.

57      Es hat aber auch in Randnr. 191 des angefochtenen Urteils darauf hingewiesen, dass aus den in den Randnrn. 171 bis 175, 177 und 178 jenes Urteils getroffenen Feststellungen jedenfalls hervorgehe, dass angesichts der begrenzten Sensibilität, die bei Ärzten und Patienten wegen der Bedeutung der Rolle, die die therapeutische Wirksamkeit bei der Entscheidung über die Verschreibung spiele, für Preisunterschiede bestanden habe, und angesichts der in den betreffenden Staaten geltenden Regelungssysteme, deren Ausgestaltung es nicht zugelassen habe, dass die Preise der H2-Blocker auf den Absatz oder Preis der PPI einen Abwärtsdruck ausgeübt hätten, die H2-Blocker auf die PPI keinen erheblichen Wettbewerbsdruck über niedrigere Preise hätten ausüben können.

58      Selbst wenn man aber annehmen wollte, dass die Kommission, anders als vom Gericht befunden, dadurch einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen hätte, dass sie die Preise der Arzneimittel für eine gleich lange Behandlungsdauer zugrunde legte, und dass darüber hinaus die allgemeinen Kosten einer Behandlung mit PPI, wie von den Rechtsmittelführerinnen behauptet, in Wirklichkeit nicht höher gewesen wären als die einer Behandlung mit H2-Blockern, so würde dies nichts daran ändern, dass die H2-Blocker keinen erheblichen Wettbewerbsdruck auf die PPI ausüben konnten, wenn man insbesondere die Bedeutung berücksichtigt, die der therapeutischen Überlegenheit der PPI von den Ärzten und den Patienten beigemessen wurde.

59      Hinzu kommt, dass das Gericht in Randnr. 220 des angefochtenen Urteils nach einer Gesamtwürdigung aller Gesichtspunkte, auf denen die Beurteilung durch die Kommission beruhte und zu denen andere Preisindikatoren wie der Umstand, dass die größte Auswirkung auf die Nachfrage nach von AZ hergestelltem Omeprazol die Preise der Generika von Omeprazol und – in geringerem Maße – die Preise sonstiger PPI hatten, sowie nicht preisbezogene Faktoren wie die höhere Wirksamkeit der PPI, die differenzierte therapeutische Verwendung der PPI und der H2-Blocker, die asymmetrische Substitution, die die Steigerung des Absatzes der PPI und den entsprechenden Rückgang oder die Stagnation des Absatzes der H2-Blocker kennzeichnete, und die in Deutschland und im Vereinigten Königreich beobachteten Besonderheiten gehören, zu dem Ergebnis gelangt ist, dass diese Gesichtspunkte einen Gesamtbestand relevanter Daten darstellten, die ausreichten, um die von der Kommission zugrunde gelegte Marktbestimmung zu stützen. Der dem Gericht angeblich in den Randnrn. 189 und 190 jenes Urteils unterlaufene Rechtsfehler, der sich punktuell auf die Beurteilung nur eines dieser Gesichtspunkte bezieht, könnte aber jedenfalls nicht das Ergebnis dieser Gesamtwürdigung in Frage stellen.

60      Der zweite Rechtsmittelgrund ist deshalb ebenfalls zurückzuweisen.

 Zum ersten, die ergänzenden Schutzzertifikate betreffenden Missbrauch einer beherrschenden Stellung

 Angefochtenes Urteil

61      Das Gericht hat sich in den Randnrn. 295 bis 613 des angefochtenen Urteils mit den beiden Klagegründen befasst, mit denen sich die Rechtsmittelführerinnen gegen die von der Kommission getroffene Feststellung des ersten Missbrauchs wandten.

62      Der erste dieser Klagegründe, mit dem Rechtsfehler der Kommission gerügt wurden, ist in den Randnrn. 352 bis 382 jenes Urteils geprüft worden. Das Gericht hat in den Randnrn. 355 und 361 des angefochtenen Urteils insbesondere die Auslegung von Art. 82 EG durch die Kommission bestätigt, nach der irreführende Darstellungen gegenüber öffentlichen Stellen, die geeignet seien, bei diesen unrichtige Vorstellungen hervorzurufen und infolgedessen die Erteilung eines ausschließlichen Rechts wie eines ergänzenden Schutzzertifikats zu ermöglichen, auf das das Unternehmen in Wirklichkeit keinen Anspruch oder nur für einen kürzeren Zeitraum Anspruch habe, eine dem Leistungswettbewerb fremde Praxis und damit einen Missbrauch einer beherrschenden Stellung darstellten.

63      In den Randnrn. 356 und 359 des angefochtenen Urteils hat das Gericht klargestellt, aus dem objektiven Charakter des Missbrauchsbegriffs ergebe sich, dass die irreführende Natur der den öffentlichen Stellen gegenüber abgegebenen Darstellungen auf der Grundlage objektiver Gesichtspunkte zu beurteilen sei und dass der Nachweis der Vorsätzlichkeit des Verhaltens und der Bösgläubigkeit des marktbeherrschenden Unternehmens nicht erforderlich sei, aber gleichwohl einen erheblichen Gesichtspunkt darstellen könne.

64      Allerdings hat das Gericht diesem Klagegrund teilweise stattgegeben, und zwar, soweit damit ein Rechtsfehler der Kommission bei der Beurteilung des Zeitpunkts gerügt wurde, zu dem der erste Missbrauch einer beherrschenden Stellung in bestimmten Ländern begonnen haben sollte; das Gericht hat insoweit in den Randnrn. 370, 372 und 381 des angefochtenen Urteils die Ansicht vertreten, dass dieser Missbrauch nicht damit begonnen habe, dass AZ den Patentanwälten ihre Anweisungen erteilt habe, sondern mit der Einreichung der Anmeldungen der ergänzenden Schutzzertifikate bei den innerstaatlichen Patentämtern.

65      Zwecks der Prüfung des zweiten gegen die Feststellung des ersten Missbrauchs gerichteten Klagegrundes, der auf einen Beweismangel gestützt wurde, hat das Gericht in den Randnrn. 474 bis 613 des angefochtenen Urteils nach dem Hinweis, dass die Kommission die Beweislast trage, eine eingehende Analyse der ersten und der zweiten Missbrauchsphase (vgl. oben, Randnr. 18) unternommen. In Randnr. 598 jenes Urteils ist es zu dem Ergebnis gelangt, dass die Rechtsmittelführerinnen ein konstantes und geradliniges Verhalten gezeigt hätten, das dadurch gekennzeichnet gewesen sei, dass sie den Patentämtern gegenüber irreführende Darstellungen gemacht hätten, um die Erteilung von ergänzenden Schutzzertifikaten zu erreichen, auf die sie entweder keinen oder nur für einen kürzeren Zeitraum Anspruch gehabt hätten.

66      In Randnr. 599 des angefochtenen Urteils hat das Gericht namentlich ausgeführt, dass die zahlreichen schriftlichen Beweise, die sich in der Akte fänden, das zeitliche Ausmaß des in Rede stehenden Verhaltens, das von Juni 1993 bis Juni 1999 gedauert habe, und der Umstand, dass dieses Verhalten mehr oder weniger konsequent und mit unterschiedlichem Erfolg in neun Mitgliedstaaten der Gemeinschaft und des EWR an den Tag gelegt worden sei, die Feststellung erlaubten, dass die Kommission zu Recht davon ausgegangen sei, dass AZ vorsätzlich versucht habe, die Patentämter irrezuführen.

67      In Randnr. 600 des angefochtenen Urteils hat das Gericht die Auffassung vertreten, dass diese Erwägungen in Anbetracht aller schriftlichen Beweise, auf die sich die Kommission für den Erlass der streitigen Entscheidung gestützt habe, nicht durch das Vorbringen in Frage gestellt werden könnten, mit dem die Rechtsmittelführerinnen insbesondere ihre Behauptung, dass AZ in gutem Glauben gehandelt habe, untermauern wollten. Abgesehen davon, dass dieses Vorbringen in einigen Aspekten die Begründetheit der streitigen Entscheidung eher bestätige, könne es jedenfalls nicht dazu führen, die Vielzahl schriftlicher Beweise und sämtliche festgestellten Tatsachen außer Acht zu lassen, die bei einer Gesamtwürdigung die Schlussfolgerungen der Kommission überzeugend bestätigten.

68      Nachdem es in den Randnrn. 601 bis 607 des angefochtenen Urteils das Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen verworfen hat, das auf die angebliche Wirkungslosigkeit der irreführenden Darstellungen in bestimmten Ländern, nämlich in Belgien, Dänemark, Deutschland, den Niederlanden, dem Vereinigten Königreich und Norwegen, gestützt war, ist das Gericht in Randnr. 608 jenes Urteils zu dem Ergebnis gelangt, dass die irreführenden Darstellungen von AZ eine Praxis darstellten, die ausschließlich auf Mitteln beruht habe, die dem Leistungswettbewerb fremd seien, und dass ein derartiges Verhalten nur dazu gedient habe, die Generikahersteller in unzulässiger Weise durch die Erlangung ergänzender Schutzzertifikate unter Verstoß gegen die Rechtsvorschriften, mit denen sie geschaffen worden seien, vom Markt fernzuhalten. Demzufolge hat es in den Randnrn. 609 und 610 des angefochtenen Urteils befunden, dass die Kommission mit ihrer Ansicht, dass die Rechtsmittelführerinnen ihre beherrschende Stellung missbraucht hätten, keinen Fehler begangen habe, und den zweiten Klagegrund deshalb zurückgewiesen.

 Zum dritten Rechtsmittelgrund

–       Vorbringen der Parteien

69      Mit ihrem dritten Rechtsmittelgrund beanstanden die Rechtsmittelführerinnen eine rechtsfehlerhafte Herangehensweise des Gerichts an den Leistungswettbewerb. Es habe nämlich bei der Beurteilung der Frage, ob ihre Darstellungen gegenüber den Patentämtern objektiv irreführend gewesen seien, zu Unrecht als irrelevant verworfen, dass ihre Auslegung von Art. 19 der Verordnung Nr. 1768/92 vernünftig gewesen sei und sie insoweit gutgläubig gehandelt hätten.

70      Das Gericht habe den Begriff des Leistungswettbewerbs falsch ausgelegt, indem es befunden habe, zu einem solchen Wettbewerb passe nicht, dass sie ihre Auslegung von Art. 19 der Verordnung Nr. 1768/92 gegenüber den nationalen Patentämtern nicht offengelegt hätten, und insbesondere nicht, dass sie bei ihren Anmeldungen der ergänzenden Schutzzertifikate als erste Genehmigung nicht die nach der Richtlinie 65/65 erteilte, sondern die spätere, im Zusammenhang mit der Veröffentlichung der Preise erteilte Genehmigung angegeben hätten. „Mangelnde Transparenz“ reiche aber für einen Missbrauch nicht aus. Indem das Gericht als unbeachtlich zurückgewiesen habe, dass zur Zeit dieser Anmeldungen in Anbetracht der Mehrdeutigkeit des genannten Artikels vernünftigerweise davon habe ausgegangen werden können, dass sie einen Anspruch auf die ergänzenden Schutzzertifikate gehabt hätten, habe es den bloßen Umstand, dass ein Unternehmen in beherrschender Stellung ein Recht beanspruche, von dem es glaube, dass es ihm zustehe, ohne offenzulegen, worauf sich diese Überzeugung stütze, zu Unrecht in den Rang eines Missbrauchs erhoben. Die Argumentation des Gerichts beruhe auf der Prämisse, dass sie keinen Anspruch auf die ergänzenden Schutzzertifikate gehabt hätten, und damit auf einer Ex-post-Betrachtung unter Berücksichtigung der Klarstellungen im Urteil des Gerichtshofs vom 11. Dezember 2003, Hässle (C‑127/00, Slg. 2003, I‑14781).

71      Es gebe zwingende politische und rechtliche Gründe dafür, einen Missbrauch unter Umständen wie den vorliegenden nur bei einem vorsätzlichen Betrug oder einer Täuschung anzunehmen. So berge eine Auslegung des Missbrauchsbegriffs, die so streng wie die vom Gericht vorgenommene ausfalle, die Gefahr einer Beeinträchtigung und Verzögerung der Anmeldung von Rechten des geistigen Eigentums in Europa, und zwar erst recht in Verbindung mit dem restriktiven Ansatz der Kommission bei der Bestimmung des Marktes. Zur Untermauerung ihres Standpunkts heben die Rechtsmittelführerinnen im Vergleich hervor, dass nach amerikanischem Recht nur betrügerisch erlangte Patente wettbewerbsrechtlich anfechtbar seien, damit die Patentanmeldungen nicht zum Erliegen kämen.

72      Die EFPIA fügt hinzu, so wie das Gericht den Begriff „Leistungswettbewerb“ auslege, bedeute eine „objektiv irreführende“ Darstellung eigentlich eine „objektiv falsche“ Darstellung. Bei Anwendung dieses Maßstabs müssten Unternehmen in beherrschender Stellung im Umgang mit den Arzneimittelaufsichtsbehörden unfehlbar sein. Selbst ein versehentlicher und sofort berichtigter Fehler könne dann eine Verantwortlichkeit auf der Grundlage des Art. 82 EG auslösen. Insbesondere sei eine Anwendung dieses Konzepts auf Patentanmeldungen rechtlich unhaltbar, von denen dann jedes Jahr eine erhebliche Anzahl mit der Begründung zurückgewiesen werden müsste, dass sie objektiv falsch seien, da ihre Zielsetzung nicht den Patentfähigkeitskriterien genüge.

73      Die Kommission hält diesen Rechtsmittelgrund für unzulässig, da er auf eine erneute Würdigung der dem ersten Missbrauch zugrunde liegenden Tatsachen abziele; jedenfalls sei er als unbegründet zurückzuweisen.

–       Würdigung durch den Gerichtshof

74      Eingangs ist darauf hinzuweisen, dass der Begriff der missbräuchlichen Ausnutzung nach ständiger Rechtsprechung ein objektiver Begriff ist, der solche Verhaltensweisen eines Unternehmens in beherrschender Stellung erfasst, die die Struktur eines Marktes beeinflussen können, auf dem der Wettbewerb gerade wegen der Präsenz des fraglichen Unternehmens bereits geschwächt ist, und die zur Folge haben, dass die Aufrechterhaltung des auf dem Markt noch bestehenden Wettbewerbs oder dessen Entwicklung durch den Einsatz von Mitteln behindert wird, die von den Mitteln eines normalen Produkt- oder Dienstleistungswettbewerbs auf der Grundlage der Leistung der Wirtschaftsteilnehmer abweichen (Urteile vom 13. Februar 1979, Hoffmann-La Roche/Kommission, 85/76, Slg. 1979, 461, Randnr. 91, vom 3. Juli 1991, AKZO/Kommission, C‑62/86, Slg. 1991, I‑3359, Randnr. 69, vom 11. Dezember 2008, Kanal 5 und TV 4, C‑52/07, Slg. 2008, I‑9275, Randnr. 25, und vom 17. Februar 2011, TeliaSonera Sverige, C‑52/09, Slg. 2011, I‑527, Randnr. 27).

75      Daraus folgt, dass Art. 82 EG es einem Unternehmen in beherrschender Stellung verbietet, einen Mitbewerber zu verdrängen und so die eigene Stellung zu stärken, indem es zu anderen Mitteln als denjenigen eines Leistungswettbewerbs greift (Urteile AKZO/Kommission, Randnr. 70, und vom 2. April 2009, France Télécom/Kommission, C‑202/07 P, Slg. 2009, I‑2369, Randnr. 106).

76      Im Hinblick auf die Argumente, die die Rechtsmittelführerinnen für ihren dritten Rechtsmittelgrund vorbringen, ist zu prüfen, ob das Gericht den Begriff des Leistungswettbewerbs falsch ausgelegt hat, als es befand, dass das im Rahmen des ersten Missbrauchs beanstandete Verhalten einem solchen Wettbewerb fremd gewesen sei.

77      Das Gericht hat insoweit in den Randnrn. 306, 478 bis 500 und 591 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass der erste Missbrauch zwei Phasen umfasst habe, deren erste darin bestanden habe, dass gegenüber den Patentämtern in Belgien, in Dänemark, in Deutschland, in Irland, in Luxemburg, in den Niederlanden und im Vereinigten Königreich als Zeitpunkt der ersten Zulassung in der Gemeinschaft „März 1988“ angegeben worden sei, ohne Auskunft über die Rechtsgrundlage zu geben, auf der die Heranziehung dieses Zeitpunkts beruht habe, nämlich die von AZ für die Zwecke des Art. 19 der Verordnung Nr. 1768/92 bevorzugte alternative Auslegung des Begriffs der „Genehmigung für das Inverkehrbringen“, und auch ohne die in Frankreich am 15. April 1987 erteilte Zulassung zu erwähnen, die die erste Zulassung gemäß der Richtlinie 65/65 (im Folgenden: technische Zulassung) in der Gemeinschaft gewesen sei.

78      Es steht fest, dass AZ, wenn sie den genannten Patentämtern den Zeitpunkt dieser in Frankreich erteilten technischen Zulassung bekannt gegeben hätte, aufgrund der Übergangsregelung in Art. 19 Abs. 1 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 1768/92 namentlich in Deutschland und in Dänemark kein ergänzendes Schutzzertifikat für Omeprazol hätte erhalten können, da die erste Zulassung in der Gemeinschaft vor dem 1. Januar 1988 erlangt worden war.

79      Wie das Gericht in den Randnrn. 479 bis 484, 492 und 509 des angefochtenen Urteils festgestellt hat, geht aus mehreren internen Vermerken hervor, dass AZ, insbesondere ihre Patentabteilung, diesen Umstand kannte und die in Frankreich erteilte technische Zulassung tatsächlich als die erste Zulassung im Sinne der Verordnung Nr. 1768/92 ausgemacht hatte. Dennoch erklärte diese Abteilung, sogar bereits bevor sie ihre alternative Auslegung des Zulassungsbegriffs festgelegt hatte, dass sie für die Zwecke der Anmeldungen der ergänzenden Schutzzertifikate in Dänemark und in Deutschland vor den Patentämtern geltend machen werde, dass die erste Zulassung in der Gemeinschaft nicht vor dem 1. Januar 1988 stattgefunden habe.

80      Nach dieser alternativen Auslegung soll der Begriff der „Genehmigung für das Inverkehrbringen“ für die Zwecke des Art. 19 der Verordnung Nr. 1768/92 nicht auf die technische Zulassung, sondern auf die Veröffentlichung der Preise abstellen, weil diese nach Aussage der Rechtsmittelführerinnen in bestimmten Mitgliedstaaten wie Frankreich und Luxemburg erforderlich sei, damit das Arzneimittel tatsächlich auf den Markt gebracht werden könne. Das Gericht hat in Randnr. 488 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass der Zeitpunkt der Veröffentlichung der Preise jedoch nur für Omeprazol und Omeprazol Sodium als Zeitpunkt des angeblichen tatsächlichen Inverkehrbringens verwendet worden sei, während AZ für sechs andere Produkte den Zeitpunkt der technischen Zulassung oder den der ersten Veröffentlichung dieser Zulassung angegeben habe, wobei aber jeder dieser Zeitpunkte nach dem 1. Januar 1988 gelegen habe.

81      So hat das Gericht in den Randnrn. 492 und 493 des angefochtenen Urteils ausgeführt, es stehe fest, dass sowohl die Patentämter als auch die Patentanwälte den in Rede stehenden Begriff so verstanden hätten, dass er sich auf die technische Zulassung beziehe, und dass AZ angesichts des Kontexts, in dem die Erklärungen gegenüber den Patentanwälten und den Patentämtern abgegeben worden seien, vernünftigerweise nicht die Augen davor habe verschließen dürfen, dass die Patentämter in Ermangelung einer Klarstellung der von ihr beabsichtigten Auslegung der Verordnung Nr. 1768/92, die der Wahl der für die Französische Republik und das Großherzogtum Luxemburg mitgeteilten Daten zugrunde gelegen habe, diese Erklärungen so verstehen würden, dass die erste technische Zulassung in der Gemeinschaft in Luxemburg im „März 1988“ erteilt worden sei.

82      Aus den Randnrn. 490 bis 492 des angefochtenen Urteils ergibt sich, dass AZ gleichwohl davon absah, die Patentanwälte und die nationalen Patentämter darauf hinzuweisen, dass die für die Französische Republik und das Großherzogtum Luxemburg angegebenen Daten in den Anweisungen vom 7. Juni 1993, die den Patentanwälten für die Anmeldungen der ergänzenden Schutzzertifikate für Omeprazol gegeben worden waren, nicht der Erteilung der technischen Zulassung entsprachen, sondern dem angeblichen Zeitpunkt der Veröffentlichung des Preises dieses Arzneimittels.

83      Außerdem war nichts in der Darstellung der im Rahmen dieser Anweisungen übermittelten Informationen geeignet, den Eindruck zu erwecken, dass sich die in Bezug auf diese beiden Mitgliedstaaten genannten Daten nicht auf die technischen Zulassungen bezogen. Im Gegenteil legten zunächst der Umstand, dass die für sieben andere Länder angegebenen Daten die Erteilung der technischen Zulassung betrafen, dann, dass die Nummern, die den technischen Zulassungen in Frankreich und in Luxemburg entsprachen, beibehalten wurden, und schließlich, dass AZ, um den Anforderungen des Art. 8 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 1768/92 nachzukommen, die luxemburgische Rechtsvorschrift anführte, die sich nicht auf die Veröffentlichung des Preises, sondern auf die technische Zulassung bezog, nahe, dass die für die Französische Republik und das Großherzogtum Luxemburg angegebenen Daten diesen Zulassungen entsprachen.

84      Das Gericht hat zudem in Randnr. 495 des angefochtenen Urteils darauf hingewiesen, dass die Behauptung der Rechtsmittelführerinnen, AZ habe die Absicht gehabt, den für die Verordnung Nr. 1768/92 maßgeblichen Zeitpunkt mit den Patentämtern zu erörtern, durch die Tatsachen widerlegt werde und dass vielmehr das von ihr im Lauf der Zeit an den Tag gelegte Verhalten eher nahelege, dass es ihr darauf angekommen sei, die Patentämter zu täuschen, wie die zweite Phase des ersten Missbrauchs zeige.

85      Diese zweite Phase umfasste ausweislich der Randnrn. 307, 478 und 501 des angefochtenen Urteils zunächst irreführende Darstellungen in den Jahren 1993 und 1994 gegenüber den Patentämtern in Beantwortung ihrer Fragen zu den von AZ eingereichten Anmeldungen ergänzender Schutzzertifikate, dann irreführende Darstellungen im Dezember 1994 anlässlich der zweiten Reihe von Anmeldungen ergänzender Schutzzertifikate in drei EWR-Mitgliedstaaten, nämlich Österreich, Finnland und Norwegen, und schließlich spätere irreführende Darstellungen gegenüber anderen Patentämtern und innerstaatlichen Gerichten im Rahmen von Gerichtsverfahren, die konkurrierende Generikahersteller zwecks Nichtigerklärung der ergänzenden Schutzzertifikate in diesen Staaten eingeleitet hatten.

86      Das Gericht hat dazu in den Randnrn. 495, 505, 506, 514, 515, 523, 574, 592 und 593 des angefochtenen Urteils insbesondere festgestellt, dass AZ, nachdem die Patentämter um Klarstellungen in Bezug auf die ungenaue Angabe des „März 1988“ als Zeitpunkt der Zulassung in Luxemburg gebeten hätten, außer in ihren Schriftwechseln mit den Patentämtern Irlands und des Vereinigten Königreichs weiterhin zum einen die Existenz der technischen Zulassung in Frankreich vom 15. April 1987 und zum anderen die Auslegung der Verordnung Nr. 1768/92, die den für die Französische Republik und das Großherzogtum Luxemburg angegebenen Daten zugrunde gelegen habe, verschwiegen habe.

87      Die unterbliebene Offenlegung der technischen Zulassung in Frankreich veranlasste das belgische, das luxemburgische und das niederländische Patentamt zu der Annahme, dass das Datum des 16. November 1987, das der Erteilung der technischen Zulassung in Luxemburg entsprach und von AZ auf ausdrückliche Anfrage dieser Patentämter mitgeteilt bzw. im Fall des luxemburgischen Patentamts von diesem selbst eingetragen worden war, als Zeitpunkt der ersten Zulassung in der Gemeinschaft zu berücksichtigen sei. Die genannten Ämter erteilten infolgedessen die ergänzenden Schutzzertifikate auf der Grundlage dieses Datums, während in Deutschland ein ergänzendes Schutzzertifikat auf der Grundlage des Datums des 21. März 1988 erteilt wurde, nachdem AZ eine dahin gehende Klarstellung vorgenommen hatte.

88      Wie das Gericht in den Randnrn. 508, 527, 530 und 594 des angefochtenen Urteils festgestellt hat, wirkte AZ in der Folge auch nicht auf eine Berichtigung der ihr erteilten ergänzenden Schutzzertifikate hin, obwohl ihren internen Dokumenten zu entnehmen ist, dass ihr zum einen die unzutreffende Grundlage der Zertifikate und insbesondere die Unrichtigkeit des Datums der ersten Zulassung bewusst waren und dass ihr zum anderen der niederländische Patentanwalt eine Berichtigung ausdrücklich vorgeschlagen hatte.

89      Das Gericht hat insbesondere in Randnr. 539 jenes Urteils ausgeführt, aus einem solchen, im Jahr 1994 vom Leiter der Patentabteilung von AZ verfassten Dokument gehe hervor, dass seine Abteilung, um eine möglichst lange Laufzeit der ergänzenden Schutzzertifikate für Losec in den verschiedenen europäischen Ländern zu gewährleisten, den Standpunkt vertreten werde, dass die Definition des Begriffs der Zulassung nicht eindeutig sei, und dass sie versuchen werde, den 21. März 1988 als maßgeblichen Zeitpunkt durchzusetzen, da er die längste Laufzeit der ergänzenden Schutzzertifikate gestatte und die Möglichkeit biete, in Dänemark und in Deutschland ein ergänzendes Schutzzertifikat zu erhalten bzw. aufrechtzuerhalten.

90      Außerdem hat das Gericht in den Randnrn. 508 und 530 des genannten Urteils festgehalten, dass AZ ausweislich weiterer interner Dokumente bereits 1993 das Risiko geprüft habe, das die Nichtoffenlegung der in Frankreich am 15. April 1987 erteilten technischen Zulassung berge, und der Ansicht gewesen sei, dass es für andere Länder als das Königreich Dänemark und die Bundesrepublik Deutschland schlimmstenfalls darin bestünde, einen zusätzlichen sechsmonatigen Schutz zu verlieren, der ihr auf der Grundlage der in Luxemburg am 16. November 1987 erteilten technischen Zulassung gewährt wurde. So hätte AZ die Möglichkeit gehabt, in den Ländern, in denen die Übergangsregelung der Verordnung Nr. 1768/92 keine Schwierigkeiten bereitet habe, für die sie aber „aus Gründen der Einheitlichkeit“ die Luxemburger Zulassung verwendet habe, im Fall eines Rechtsstreits über die ergänzenden Schutzzertifikate auf den Zeitpunkt der technischen Zulassung in Frankreich zurückzugreifen.

91      Wie vom Gericht in den Randnrn. 595 und 596 des angefochtenen Urteils festgestellt, hielt AZ, selbst nachdem sie auf die Fragen der Patentämter in Irland und im Vereinigten Königreich hin die Existenz der technischen Zulassung in Frankreich offengelegt hatte, daran fest, zur Erlangung ergänzender Schutzzertifikate auf der Grundlage des Datums des 21. März 1988 gegenüber den Patentämtern der Länder des EWR, also in Österreich, in Finnland und in Norwegen, irreführende Darstellungen abzugeben, die diese Ämter tatsächlich dazu veranlassten, ergänzende Schutzzertifikate auf der Grundlage dieses Datums zu erteilen.

92      Schließlich ergibt sich aus den Randnrn. 576 bis 590 und 597 des angefochtenen Urteils, dass AZ vor den deutschen, den finnischen und den norwegischen Gerichten versuchte, die Gültigkeit der in diesen Ländern erteilten ergänzenden Schutzzertifikate durch unzutreffende Erklärungen zur Maßgeblichkeit des Datums des 21. März 1988 zu verteidigen, obwohl sie übereinstimmende Informationen besaß, nach denen dieses Datum selbst auf der Grundlage ihrer eigenen Auslegung des Art. 19 der Verordnung Nr. 1768/92 und ihrer „Theorie des tatsächlichen Inverkehrbringens“ nicht zugrunde zu legen war, da es in Wirklichkeit nicht dem Datum der Veröffentlichung des Preises in Luxemburg entsprach und Losec in diesem Land tatsächlich zuvor vertrieben worden war.

93      Wie vom Gericht in den Randnrn. 493, 495, 507, 598, 599, 608 und 609 des angefochtenen Urteils befunden, war aber das vorstehend zusammengefasste konstante und geradlinige Verhalten von AZ, das durch stark irreführende Darstellungen gegenüber den Patentämtern und einen offenkundigen Mangel an Transparenz namentlich hinsichtlich des Bestehens der technischen Zulassung in Frankreich gekennzeichnet war und mit dem AZ die Patentämter und die Gerichte vorsätzlich täuschen wollte, um ihr Monopol auf dem PPI-Markt möglichst lang zu wahren, dem Leistungswettbewerb fremd.

94      Daran ändert auch das Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen nichts, mit dem sie sich darauf berufen, dass ihre alternative Auslegung von Art. 19 der Verordnung Nr. 1768/92 vernünftig gewesen sei und sie insoweit gutgläubig gehandelt hätten.

95      Selbst wenn man annehmen wollte, dass AZ, obwohl sie selbst zumindest anfangs davon ausgegangen war, dass die in Frankreich am 15. April 1987 erteilte technische Zulassung die für die Verordnung Nr. 1768/92 maßgebliche war, schließlich glaubte, dass ihre alternative Auslegung vernünftig war und ernsthaft die Möglichkeit bestand, dass sich ihr sowohl die nationalen Gerichte als auch der Gerichtshof anschließen würden, falls die auf der Grundlage der Daten 21. März 1988 oder 16. November 1987 erteilten ergänzenden Schutzzertifikate von Konkurrenten in Frage gestellt werden sollten, oblag es ihr nämlich, den Patentämtern gegenüber alle einschlägigen Informationen und insbesondere die Existenz der technischen Zulassung in Frankreich offenzulegen, um ihnen zu ermöglichen, in voller Kenntnis der Sachlage zu entscheiden, von welcher dieser Zulassungen sie bei der Erteilung eines ergänzenden Schutzzertifikats ausgehen wollten.

96      Somit nahm AZ, indem sie diesen Patentämtern gegenüber dadurch irreführende Darstellungen machte, dass sie das Bestehen der technischen Zulassung in Frankreich verheimlichte und die Patentämter absichtlich glauben ließ, dass das Datum des 21. März 1988 der technischen Zulassung in Luxemburg entspreche und diese die erste technische Zulassung in der Gemeinschaft darstelle, bewusst in Kauf, dass diese ihr ergänzende Schutzzertifikate erteilten, die sie in Kenntnis von der technischen Zulassung in Frankreich nicht erteilt hätten und die sich als rechtswidrig erweisen würden, falls die von ihr vorgeschlagene alternative Auslegung nicht die Zustimmung der nationalen Gerichte oder des Gerichtshofs fände.

97      Im Übrigen steht fest, dass, wie oben in Randnr. 92 ausgeführt, das den Patentämtern mitgeteilte Datum des 21. März 1988 selbst nach der alternativen Auslegung durch AZ nicht das für die Zwecke der Erteilung ergänzender Schutzzertifikate maßgebliche Datum war. Dieses Datum bezog sich nämlich auf eine Liste des Großherzogtums Luxemburg mit dem Titel „Ministère de la Santé – Spécialités pharmaceutiques – Liste des spécialités pharmaceutiques admises à la vente dans le Grand-Duché de Luxembourg“ (Gesundheitsministerium – Arzneispezialitäten – Liste der im Großherzogtum Luxemburg zum Verkauf zugelassenen Arzneispezialitäten) und entsprach in Wirklichkeit nicht dem Datum der Veröffentlichung des Preises in Luxemburg. Das Gericht hat insoweit in den Randnrn. 497, 498 und 580 bis 582 des angefochtenen Urteils darauf hingewiesen, dass diese Liste ihrem Erscheinungsbild nach nicht geeignet gewesen sei, als Veröffentlichung des Preises angesehen zu werden, und dass darüber hinaus das Verhalten von AZ in der zweiten Phase des Missbrauchs die Ausführungen zu ihrer Gutgläubigkeit hinsichtlich der Maßgeblichkeit des genannten Datums eher unglaubwürdig erscheinen lasse.

98      Im Licht der von den Rechtsmittelführerinnen ausdrücklich nicht in Frage gestellten Tatsachenfeststellungen des Gerichts läuft ihr dritter Rechtsmittelgrund auf die These hinaus, dass sich ein Unternehmen in beherrschender Stellung, wenn es der Ansicht ist, nach einer rechtlich vertretbaren Auslegung ein Recht beanspruchen zu können, aller Mittel bedienen darf, um dieses Recht zu erlangen, und sogar auf stark irreführende Darstellungen zurückgreifen darf, mit denen bei den Behörden eine falsche Vorstellung hervorgerufen werden soll. Dieses Verständnis läuft aber offenkundig dem Begriff des Leistungswettbewerbs und der besonderen Verantwortung zuwider, die ein solches Unternehmen dafür trägt, dass es durch sein Verhalten einen wirksamen und unverfälschten Wettbewerb in der Union nicht beeinträchtigt.

99      Schließlich hat das Gericht entgegen dem Vorbringen der EFPIA keineswegs entschieden, dass die Unternehmen in beherrschender Stellung im Umgang mit den Arzneimittelaufsichtsbehörden unfehlbar sein müssten und dass in jeder objektiv falschen Darstellung seitens eines solchen Unternehmens ein Missbrauch der beherrschenden Stellung selbst dann liege, wenn der Fehler versehentlich begangen und sofort berichtigt worden sei. Dazu genügt die Feststellung, dass zum einen bei dem hier von AZ an den Tag gelegten Verhalten von dieser Fallkonstellation keine Rede sein kann und dass zum anderen das Gericht in den Randnrn. 357 und 361 des angefochtenen Urteils betont hat, dass die Beurteilung der irreführenden Natur von Darstellungen, die gegenüber öffentlichen Stellen zwecks ungerechtfertigter Erlangung ausschließlicher Rechte abgegeben würden, anhand des konkreten Falles vorzunehmen sei und je nach den besonderen Umständen jedes Einzelfalls unterschiedlich ausfallen könne. Dem Urteil kann somit nicht entnommen werden, dass jede Patentanmeldung eines solchen Unternehmens, die deshalb zurückgewiesen wird, weil sie nicht den Patentfähigkeitskriterien genügt, automatisch eine Verantwortlichkeit auf der Grundlage des Art. 82 EG auslöst.

100    Nach alledem ist der dritte Rechtsmittelgrund als unbegründet zurückzuweisen.

 Zum vierten Rechtsmittelgrund

–       Vorbringen der Parteien

101    Mit ihrem vierten Rechtsmittelgrund machen die Rechtsmittelführerinnen geltend, das Gericht habe rechtsfehlerhaft entschieden, dass schon die Anmeldung eines ergänzenden Schutzzertifikats für einen Missbrauch reiche. Damit habe es einen „Per-se-Missbrauch“ geschaffen, ohne zu untersuchen, ob der Wettbewerb beeinträchtigt worden sei oder ob mit dem beanstandeten Verhalten der Wettbewerb habe beschränkt werden sollen. Der Wettbewerb könne erst dann beeinträchtigt werden, wenn das begehrte ausschließliche Recht gewährt worden sei, die Konkurrenten von AZ davon Kenntnis hätten und es ihr Verhalten beeinflussen könne. Dieser Ansatz habe den Vorteil, dass er zu der im amerikanischen Recht verfolgten Herangehensweise passe.

102    Insoweit seien die ergänzenden Schutzzertifikate fünf bis sechs Jahre vor ihrem Inkrafttreten angemeldet worden und die Rechte von AZ bis dahin durch Wirkstoffpatente und in einigen Fällen auch durch Formulierungspatente geschützt gewesen. Außerdem sei in Dänemark die Anmeldung eines ergänzenden Schutzzertifikats zurückgenommen worden, während im Vereinigten Königreich das ergänzende Schutzzertifikat auf der Grundlage des „richtigen“ Datums erteilt worden sei. In Deutschland sei das ergänzende Schutzzertifikat vor Ablauf des ihm zugrunde liegenden Patents zurückgenommen worden und in Norwegen einige Monate nach Patentablauf. Schließlich hätten zwar die in Belgien und in den Niederlanden erteilten ergänzenden Schutzzertifikate AZ tatsächlich für fünf bzw. sechs Monate einen Schutz verschafft, der ihr nicht zugestanden habe, doch sei nicht bewiesen, dass dieser Schutz eine Wettbewerbsbeschränkung bewirkt habe. Im Übrigen habe AZ damals keine beherrschende Stellung mehr eingenommen. Ein Missbrauch könne aber nur vorliegen, wenn die Wirkung des Verhaltens spürbar sei, während das Unternehmen eine solche Stellung innehabe.

103    Auch die EFPIA rügt die Feststellung des Gerichts, dass eine irreführende Darstellung selbst dann als Missbrauch gewertet werden könne, wenn sie keine Außenwirkung zeitige, weil der Fehler durch ein Patentamt oder durch Dritte, die auf Berichtigungsmechanismen wie Einspruchsverfahren oder Nichtigkeitsklagen zurückgegriffen hätten, behoben worden sei.

104    Nach Ansicht der Kommission entbehrt dieser Rechtsmittelgrund einer Grundlage.

–       Würdigung durch den Gerichtshof

105    Wie sich namentlich aus Randnr. 357 des angefochtenen Urteils ergibt, hat das Gericht im vorliegenden Fall geprüft, ob die betreffende Praxis unter Berücksichtigung des Kontextes, in dem sie umgesetzt wurde, geeignet war, die öffentlichen Stellen zur fälschlichen Schaffung rechtlicher Hindernisse für den Wettbewerb zu veranlassen, z. B. durch widerrechtliche Erteilung ausschließlicher Rechte zugunsten des marktbeherrschenden Unternehmens. Es hat insoweit die Ansicht vertreten, dass das beschränkte Ermessen der öffentlichen Stellen oder das Fehlen einer ihnen obliegenden Verpflichtung zur Überprüfung der Genauigkeit oder der Richtigkeit der vorgelegten Informationen relevante Gesichtspunkte darstellen könnten, die bei der Beurteilung, ob die betreffende Praxis zur Errichtung rechtlicher Hindernisse für den Wettbewerb führen könne, zu berücksichtigen seien.

106    Entgegen dem Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen beruht diese Prüfung durch das Gericht keineswegs auf der Vorstellung, dass die fragliche Praxis unabhängig von ihrer wettbewerbsfeindlichen Wirkung ein „Per-se-Missbrauch“ sei. Das Gericht hat im Gegenteil in Randnr. 377 des angefochtenen Urteils ausdrücklich hervorgehoben, dass in Darstellungen, durch die der rechtswidrige Erwerb ausschließlicher Rechte herbeigeführt werden solle, nur dann ein Missbrauch liege, wenn nachgewiesen sei, dass diese Darstellungen angesichts des objektiven Kontextes, in dem sie gemacht worden seien, tatsächlich geeignet seien, die öffentlichen Stellen zur Gewährung des beantragten ausschließlichen Rechts zu veranlassen.

107    Wie aber das Gericht insbesondere in den Randnrn. 591 bis 598 des angefochtenen Urteils festgestellt hat, verhielt es sich im vorliegenden Fall so, was im Übrigen Bestätigung darin findet, dass es AZ aufgrund ihrer irreführenden Darstellungen tatsächlich gelang, ergänzende Schutzzertifikate zu erlangen, auf die sie entweder wie in Deutschland, in Finnland und in Norwegen keinen Anspruch oder wie in Belgien, in Luxemburg, in den Niederlanden und in Österreich nur für eine kürzere Zeit Anspruch hatte.

108    Gerade im Hinblick auf diese Länder, wo es AZ aufgrund ihrer irreführenden Darstellungen gelang, rechtswidrige ergänzende Schutzzertifikate zu erlangen, können die Rechtsmittelführerinnen die wettbewerbswidrige Wirkung dieser Darstellungen nicht mit der Begründung leugnen, die ergänzenden Schutzzertifikate seien fünf und sechs Jahre vor ihrem Inkrafttreten beantragt worden und die Rechte von AZ seien bis dahin durch ordnungsgemäße Patente geschützt gewesen. Solche rechtswidrigen ergänzenden Schutzzertifikate haben nämlich, wie das Gericht in den Randnrn. 362, 375 und 380 des angefochtenen Urteils festgestellt hat, nicht nur eine erhebliche Ausschlusswirkung nach Ablauf der Grundpatente, sondern sie können auch die Marktstruktur verändern und dadurch schon vor dem Patentablauf den potenziellen Wettbewerb beeinträchtigen.

109    Angesichts dieser wettbewerbswidrigen Wirkungen hat das Gericht auch in Randnr. 605 des angefochtenen Urteils zu Recht als unerheblich angesehen, dass das ergänzende Schutzzertifikat in Deutschland auf die Klage eines Generikaherstellers hin vor Ablauf des Grundpatents für nichtig erklärt wurde.

110    Entgegen der Auffassung der Rechtsmittelführerinnen musste zudem AZ nach Ablauf der Grundpatente keineswegs noch eine beherrschende Stellung innehaben, da die Wettbewerbswidrigkeit ihrer Handlungen bezogen auf den Zeitpunkt zu beurteilen ist, zu dem sie begangen wurden. Das Gericht ist deshalb in den Randnrn. 379 und 606 des angefochtenen Urteils zu Recht nicht dem Argument gefolgt, dass sich der zusätzliche Schutzgewinn, der in Belgien und in den Niederlanden aufgrund der irreführenden Darstellungen erlangt worden sei, auf einen Zeitraum erstreckt habe, in dem AZ in diesen Mitgliedstaaten keine beherrschende Stellung mehr eingenommen habe.

111    Dazu, dass AZ mit ihren irreführenden Darstellungen in Dänemark keine ergänzenden Schutzzertifikate erlangen konnte und dass die ergänzenden Schutzzertifikate in Irland und im Vereinigten Königreich letztendlich auf der Grundlage des richtigen Datums erteilt wurden, ist festzustellen, dass das Gericht keinen Rechtsfehler begangen hat, als es in den Randnrn. 602 bis 604 des angefochtenen Urteils befunden hat, dass dies dem Verhalten von AZ in diesen Ländern nicht seinen missbräuchlichen Charakter nehme, weil diese Darstellungen nachweislich in hohem Maß geeignet gewesen seien, zur Erteilung rechtswidriger ergänzender Schutzzertifikate zu führen. Da außerdem das beanstandete Verhalten in einer Gesamtstrategie besteht, mit der die Generikahersteller durch die Erlangung ergänzender Schutzzertifikate unter Verstoß gegen die Rechtsvorschriften, mit denen sie geschaffen wurden, unzulässigerweise vom Markt ferngehalten werden sollten, hat es, wie von der Kommission hervorgehoben, keinen Einfluss auf das Vorliegen eines Missbrauchs, dass diese Strategie in manchen Ländern nicht aufging.

112    Zu den Voraussetzungen, die nach Ansicht der Rechtsmittelführerinnen für die Feststellung erfüllt sein müssen, dass die irreführenden Darstellungen so geartet waren, dass sie den Wettbewerb beschränkten, genügt schließlich der Hinweis, dass damit in Wirklichkeit der Nachweis verlangt wird, dass wettbewerbswidrige Wirkungen tatsächlich und sicher eingetreten sind. Aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs ergibt sich aber, dass, auch wenn die Praxis eines Unternehmens in beherrschender Stellung in Ermangelung jeglicher wettbewerbswidriger Wirkung auf den Markt nicht als missbräuchlich angesehen werden kann, doch nicht erforderlich ist, dass eine solche Wirkung unbedingt konkret eintritt, da der Nachweis einer potenziellen wettbewerbswidrigen Wirkung genügt (vgl. in diesem Sinne Urteil TeliaSonera Sverige, Randnr. 64).

113    Somit ist der vierte Rechtsmittelgrund als unbegründet zurückzuweisen.

 Zum zweiten Missbrauch einer beherrschenden Stellung

 Angefochtenes Urteil

114    Auf die beiden gegen die Feststellung des zweiten Missbrauchs gerichteten Klagegründe ist in den Randnrn. 614 bis 864 des angefochtenen Urteils eingegangen worden.

115    Bei seiner Beurteilung des ersten dieser Klagegründe, der auf Rechtsfehler gestützt wurde, hat das Gericht zunächst in den Randnrn. 666 bis 669 jenes Urteils darauf hingewiesen, dass die Richtlinie 65/65 dem Inhaber eines Originalarzneimittels nach Ablauf eines Ausschließlichkeitszeitraums von sechs oder zehn Jahren ab Erteilung der ersten Zulassung kein ausschließliches Recht auf Verwertung der zu den Akten genommenen Ergebnisse der pharmakologischen, toxikologischen und ärztlichen oder klinischen Versuche mehr einräume. Vielmehr gestatte sie den innerstaatlichen Behörden die Berücksichtigung dieser Informationen für die Zwecke der Erteilung von Zulassungen für im Wesentlichen gleiche Produkte im Rahmen des abgekürzten Verfahrens nach ihrem Art. 4 Abs. 3 Nr. 8 Buchst. a Ziff. iii. Diese Entscheidung des Gesetzgebers sei das Ergebnis einer Abwägung zwischen den Belangen innovativer Unternehmen einerseits und den Belangen der Hersteller im Wesentlichen gleicher Produkte sowie dem Interesse daran, zu verhindern, dass Versuche am Menschen oder am Tier ohne Not wiederholt würden, andererseits.

116    Der Gerichtshof habe jedoch in seinem Urteil vom 16. Oktober 2003, AstraZeneca (C‑223/01, Slg. 2003, I‑11809, Randnrn. 49 bis 54), entschieden, dass das Interesse am Gesundheitsschutz für die Behandlung eines Antrags auf Zulassung eines Generikums im Rahmen des abgekürzten Verfahrens nach der genannten Bestimmung voraussetze, dass die Referenzzulassung im betreffenden Mitgliedstaat zum Zeitpunkt der Stellung des Antrags noch in Kraft sei, und somit der Möglichkeit des abgekürzten Verfahrens nach dem Widerruf der Referenzzulassung entgegenstehe.

117    Das Gericht hat daraus in Randnr. 670 des angefochtenen Urteils abgeleitet, dass der Widerruf der Zulassung des Originalarzneimittels zur Folge habe, dass für den Steller eines Antrags auf Zulassung eines im Wesentlichen gleichen Arzneimittels eine Befreiung nach Art. 4 Abs. 3 Nr. 8 Buchst. a Ziff. iii der Richtlinie 65/65 von der Durchführung pharmakologischer, toxikologischer und ärztlicher oder klinischer Versuche zum Nachweis der Unbedenklichkeit und Wirksamkeit des Arzneimittels ausgeschlossen sei. Auch wenn AZ daher im vorliegenden Fall nach den Rechtsvorschriften kein ausschließliches Recht zur Verwertung der Ergebnisse dieser Versuche mehr zugestanden habe, hätten es ihr die strengen Erfordernisse des Gesundheitsschutzes, die der Auslegung der Richtlinie 65/65 durch den Gerichtshof zugrunde gelegen hätten, ermöglicht, über den Widerruf ihrer Zulassungen die Erteilung von Zulassungen im Wesentlichen gleicher Arzneimittel in besagtem abgekürzten Verfahren zu vereiteln oder zu erschweren, obwohl die Generikahersteller Anspruch auf die Erteilung gehabt hätten.

118    In den Randnrn. 675 und 676 des angefochtenen Urteils hat das Gericht festgestellt, dass ein solches Verhalten, mit dem die Generikahersteller daran hätten gehindert werden sollen, von ihrem Recht auf Nutzung der Ergebnisse der genannten Versuche Gebrauch zu machen, keine Grundlage in dem legitimen Schutz einer zum Leistungswettbewerb gehörenden Investition finde. Insbesondere sei der von AZ betriebene Widerruf der Zulassungen offenbar nur geeignet gewesen, die Steller von Anträgen auf Zulassung im Wesentlichen gleicher Arzneimittel daran zu hindern, von dem abgekürzten Verfahren Gebrauch zu machen, und damit den Markteintritt von Generika zu behindern oder zu verzögern. Ein solcher Widerruf könne auch geeignet sein, Paralleleinfuhren zu verhindern. In Randnr. 677 jenes Urteils hat das Gericht hinzugefügt, der Umstand, dass AZ zur Beantragung des Widerrufs dieser Zulassungen berechtigt gewesen sei, könne dieses Verhalten keineswegs dem Verbot des Art. 82 EG entziehen.

119    Sodann hat das Gericht in den Randnrn. 678 bis 684 des angefochtenen Urteils das Vorbringen zurückgewiesen, dass die Vereinbarkeit des beanstandeten Verhaltens mit Art. 82 EG anhand der Kriterien beurteilt werden müsse, die die Rechtsprechung zu den „wesentlichen Einrichtungen“ entwickelt habe. In den Randnrn. 685 bis 694 jenes Urteils hat es schließlich das erstmals im Verfahren vor ihm vorgebrachte Argument der Rechtsmittelführerinnen verworfen, dass im vorliegenden Fall die Verpflichtungen zur Arzneimittelüberwachung, denen AZ in Dänemark, in Schweden und in Norwegen unterlegen habe, einen objektiven Rechtfertigungsgrund für die Anträge auf Widerruf der Zulassungen in diesen Ländern dargestellt hätten.

120    Der zweite den zweiten Missbrauch betreffende Klagegrund, mit dem sich die Rechtsmittelführerinnen dagegen wandten, wie die Tatsachen, die zu dem beanstandeten Verhalten beigetragen hatten, durch die Kommission beurteilt worden waren und welche Schlussfolgerungen diese daraus gezogen hatte, ist in den Randnrn. 757 bis 865 des angefochtenen Urteils geprüft worden.

121    In den Randnrn. 806 bis 812 jenes Urteils hat das Gericht befunden, dass das Betreiben des Widerrufs der Zulassungen für Losec in Kapselform kein Verhalten sei, das mit Leistungswettbewerb zu tun habe. Dagegen könne AZ weder vorgeworfen werden, dass sie Losec MUPS in den Verkehr gebracht habe, noch, dass sie Losec in Kapselform vom Markt genommen habe, da diese Handlungen im Gegensatz zum Widerruf der Zulassungen nicht geeignet gewesen seien, die Einführung von Generika und die Paralleleinfuhren zu verzögern oder zu verhindern.

122    In den Randnrn. 824 bis 863 des angefochtenen Urteils hat das Gericht geprüft, ob die Kommission rechtlich hinreichend nachgewiesen hatte, dass das beanstandete Verhalten unter Berücksichtigung seiner objektiven Begleitumstände geeignet war, den Wettbewerb durch die Verhinderung oder Verzögerung der Einführung von Generika und der Paralleleinfuhren zu beschränken.

123    Als Erstes hat es zur Einführung von Generika in Randnr. 828 jenes Urteils festgestellt, dass der Widerruf der Zulassungen das abgekürzte Verfahren unmöglich gemacht habe und folglich geeignet gewesen sei, die Erteilung von Zulassungen für die Vermarktung von Generika in Dänemark, in Schweden und in Norwegen zu verzögern. Dazu hat es in den Randnrn. 829 bis 835 jenes Urteils ausgeführt, der von den Rechtsmittelführerinnen geltend gemachte Umstand, dass die Konkurrenten von AZ Zulassungen über – langwierigere und kostspieligere – alternative Verfahren hätten erlangen können, reiche nicht, um dem Betreiben des Widerrufs der genannten Zulassungen seinen missbräuchlichen Charakter zu nehmen, da dies nur dazu gedient habe, die konkurrierenden Generikahersteller zumindest vorübergehend vom Markt auszuschließen.

124    Als Zweites hat das Gericht in Bezug auf die Paralleleinfuhren in den Randnrn. 838 bis 863 des angefochtenen Urteils befunden, die Kommission habe zwar nachgewiesen, dass in Schweden der Widerruf der Zulassung von Losec in Kapselform geeignet gewesen sei, Paralleleinfuhren dieser Produkte auszuschließen, für das Königreich Dänemark und das Königreich Norwegen habe sie jedoch einen solchen Nachweis nicht erbracht. Es hat deshalb diesem Klagegrund teilweise stattgegeben, nämlich, soweit er auf die Beschränkung der Paralleleinfuhren in diesen beiden Ländern bezogen war, und ihn im Übrigen zurückgewiesen.

 Zum fünften Rechtsmittelgrund

–       Vorbringen der Parteien

125    Mit ihrem fünften Rechtsmittelgrund machen die Rechtsmittelführerinnen geltend, das Gericht habe den Begriff des Leistungswettbewerbs falsch ausgelegt, indem es die schlichte Ausübung eines vom Unionsrecht verliehenen Rechts als mit einem solchen Wettbewerb unvereinbar angesehen habe. Das Recht, den Widerruf einer Zulassung zu betreiben, könne logischerweise von der Union nicht gleichzeitig versagt und gewährt werden. Die für den Pharmabereich geltende Unionsregelung verleihe dem Inhaber einer Zulassung insoweit das Recht, deren Widerruf zu beantragen, wie auch das Recht, bei Ablauf der Zulassung keine Verlängerung in die Wege zu leiten. Die Kommission selbst sowie die Generalanwälte La Pergola und Geelhoed in ihren Schlussanträgen in den Rechtssachen, in denen die Urteile vom 16. Dezember 1999, Rhône-Poulenc Rorer und May & Baker (C‑94/98, Slg. 1999, I‑8789), und vom 10. September 2002, Ferring (C‑172/00, Slg. 2002, I‑6891), ergangen seien, hätten ausdrücklich anerkannt, dass der Inhaber von diesem Recht jederzeit ohne Angabe von Gründen Gebrauch machen könne, ohne dabei die Belange der Generikahersteller und der Paralleleinführer berücksichtigen zu müssen. Diese Grundsätze ließen sich auch dem Urteil Ferring entnehmen.

126    Mit dem Bestehen einer Zulassung seien für ihren Inhaber strenge Verpflichtungen auf dem Gebiet der Arzneimittelüberwachung verbunden, die fortlaufende Kosten verursachten, deren sich zu entledigen rechtmäßig sei, wenn das zugelassene Erzeugnis nicht mehr vertrieben werde. Den beherrschenden Unternehmen ihr Recht, den Widerruf zu betreiben, zu versagen und ihnen die Pflicht aufzuerlegen, eine von ihnen nicht mehr benötigte Zulassung in Kraft zu halten, und sie damit zu einem Mittel- und Kostenaufwand und aus Gründen der öffentlichen Gesundheit zur Übernahme der Haftung für die Genauigkeit der von ihnen gelieferten Informationen ohne jegliche Entschädigung durch ihre Konkurrenten zu zwingen, überspanne die besondere Verantwortung solcher Unternehmen.

127    Ferner werfen die Rechtsmittelführerinnen dem Gericht vor, es habe in Randnr. 677 des angefochtenen Urteils seine Auffassung unzureichend begründet, dass die Rechtswidrigkeit eines missbräuchlichen Verhaltens im Sinne von Art. 82 EG nichts mit der Vereinbarkeit des Verhaltens mit anderen Rechtsvorschriften zu tun habe. So hätte das Gericht ihrer Ansicht nach darlegen müssen, inwiefern die Wahrnehmung eines AZ zustehenden Rechts im vorliegenden Fall einen Missbrauch dargestellt habe. Zudem ziele die Unionsregelung im Pharmabereich selbst darauf ab, Innovationsförderung und Wettbewerbsschutz miteinander in Einklang zu bringen. Im Übrigen habe das Gericht eine Reihe anderer Verhaltensweisen als die von der Kommission ausgemachten als Missbrauch qualifiziert, was über seine Befugnisse hinausgehe.

128    Die Kommission hält diesen Rechtsmittelgrund für unbegründet.

–       Würdigung durch den Gerichtshof

129    Wie vom Gericht in Randnr. 804 des angefochtenen Urteils ausgeführt, gilt vorab, dass die Entwicklung einer Strategie, die den Absatzeinbruch eines Unternehmens minimieren und es in die Lage versetzen soll, dem durch Generika verursachten Wettbewerb zu begegnen, selbst bei einem Unternehmen in beherrschender Stellung legitim und Teil des normalen Wettbewerbs ist, sofern das ins Auge gefasste Verhalten nicht von den Praktiken abweicht, die zum Leistungswettbewerb gehören, von dem die Verbraucher potenziell profitieren.

130    Anders als die Rechtsmittelführerinnen geltend machen, fällt unter einen solchen Wettbewerb jedoch nicht ein Verhalten wie das im Rahmen des zweiten Missbrauchs beanstandete, das darin bestand, ohne objektive Rechtfertigung und nach Ablauf des mit der Richtlinie 65/65 zuerkannten ausschließlichen Rechts auf Verwertung der Ergebnisse der pharmakologischen, toxikologischen und ärztlichen oder klinischen Versuche den Widerruf der Zulassungen für Losec in Kapselform in Dänemark, in Schweden und in Norwegen zu betreiben, mit dem AZ, wie das Gericht in Randnr. 814 des angefochtenen Urteils befunden hat, die Einführung von Generika und die Paralleleinfuhren behindern wollte.

131    Insoweit ist insbesondere festzustellen, dass entsprechend dem Hinweis des Gerichts in Randnr. 675 jenes Urteils nach Ablauf des vorstehend genannten Ausschließlichkeitszeitraums das Verhalten, mit dem u. a. die Generikahersteller daran gehindert werden sollten, von ihrem Recht auf Nutzung dieser Ergebnisse Gebrauch zu machen, keine Grundlage in dem legitimen Schutz einer zum Leistungswettbewerb gehörenden Investition findet, da AZ nach der Richtlinie 65/65 gerade nicht mehr über das ausschließliche Recht zur Verwertung dieser Ergebnisse verfügte.

132    Außerdem hat das Gericht in Randnr. 677 des angefochtenen Urteils zu Recht ausgeführt, dass der von den Rechtsmittelführerinnen geltend gemachte Umstand, dass AZ nach der Richtlinie 65/65 zur Beantragung des Widerrufs ihrer Zulassungen für Losec in Kapselform berechtigt gewesen sei, dieses Verhalten nicht dem Verbot des Art. 82 EG entziehen könne. Wie nämlich vom Gericht betont, hat die Rechtswidrigkeit eines missbräuchlichen Verhaltens im Sinne von Art. 82 EG nichts mit der Frage zu tun, ob das Verhalten mit anderen Rechtsvorschriften im Einklang steht oder nicht, und liegen die Missbräuche einer beherrschenden Stellung meist in Verhaltensweisen, die – in anderen Rechtsgebieten als dem Wettbewerbsrecht – sonst rechtmäßig sind.

133    Wie im Übrigen der Generalanwalt in Nr. 78 seiner Schlussanträge darlegt, bezweckt die Richtlinie 65/65 in erster Linie den Schutz der öffentlichen Gesundheit, wobei auch die Unterschiede zwischen einigen einzelstaatlichen Vorschriften beseitigt werden sollen, die den Handel mit pharmazeutischen Erzeugnissen in der Union behindern; sie verfolgt deshalb nicht, wie von den Rechtsmittelführerinnen behauptet, die gleichen Ziele wie Art. 82 EG, so dass dessen Anwendung nicht mehr erforderlich wäre, um einen wirksamen und unverfälschten Wettbewerb im Binnenmarkt sicherzustellen.

134    In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass dem Unternehmen, das eine beherrschende Stellung innehat, in letzterer Hinsicht eine besondere Verantwortung zukommt (vgl. Urteil France Télécom/Kommission, Randnr. 105) und dass es daher, wie vom Gericht in den Randnrn. 672 und 817 des angefochtenen Urteils befunden, die regulatorischen Verfahren nicht in einer Weise in Anspruch nehmen kann, durch die der Marktzutritt für Wettbewerber vereitelt oder erschwert wird, wenn es weder Gründe gibt, die mit der Verteidigung der berechtigten Interessen eines im Leistungswettbewerb stehenden Unternehmens zusammenhängen, noch objektive Rechtfertigungen bestehen.

135    Zum Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen, mit der Aufrechterhaltung einer Zulassung seien für sie strenge Verpflichtungen auf dem Gebiet der Arzneimittelüberwachung verbunden, ist festzustellen, dass solche Verpflichtungen tatsächlich eine objektive Rechtfertigung für den Widerruf einer Zulassung darstellen können.

136    Wie das Gericht jedoch in den Randnrn. 686 und 688 des angefochtenen Urteils ausgeführt hat, wurde dieses Argument erstmals im Verfahren vor dem Gericht vorgebracht und die Frage des mit den genannten Verpflichtungen verbundenen Aufwands in den internen Dokumenten von AZ über ihre Geschäftsstrategie nie angesprochen, weshalb Zweifel daran erlaubt sind, dass hier der Widerruf der Zulassungen wegen dieser Verpflichtungen betrieben worden sein soll.

137    Das Gericht ist außerdem in Randnr. 689 jenes Urteils davon ausgegangen, dass die Rechtsmittelführerinnen in Anbetracht dessen, dass AZ in Deutschland, in Spanien, in Frankreich, in Italien, in den Niederlanden und in Österreich den Widerruf ihrer Zulassungen nicht beantragt habe, nicht dargetan hätten, dass der Mehraufwand, den AZ zu bewältigen gehabt hätte, wenn sie den Widerruf ihrer Zulassungen in Dänemark, in Schweden und in Norwegen nicht veranlasst hätte, so groß gewesen wäre, dass er einen objektiven Rechtfertigungsgrund dargestellt hätte.

138    Im Licht dieser Feststellung des Gerichts, die auf einer in den Randnrn. 690 bis 693 des angefochtenen Urteils vorgenommenen und von den Rechtsmittelführerinnen nicht in Frage gestellten eingehenden Analyse der Verpflichtungen auf dem Gebiet der Arzneimittelüberwachung gründet, die AZ im Zusammenhang mit ihren Zulassungen in den letztgenannten Ländern trafen, geht das Vorbringen, das auf solche Verpflichtungen gestützt wird, sachlich fehl.

139    Zur Argumentation der Rechtsmittelführerinnen mit den Schlussanträgen in den Rechtssachen, in denen die Urteile Rhône-Poulenc Rorer und May & Baker sowie Ferring ergangen sind, oder auch mit dem letztgenannten Urteil selbst genügt der Hinweis, dass diese Rechtssachen in keiner Weise die Frage betrafen, ob es einen Verstoß gegen Art. 82 EG darstellt, wenn ein Unternehmen in beherrschender Stellung den Widerruf einer Zulassung betreibt, mit dem die Einführung von Generika und Paralleleinfuhren verhindert oder verzögert werden können, und dass besagte Rechtssachen insoweit keinen Aufschluss geben.

140    Schließlich hat das Gericht entgegen der Behauptung der Rechtsmittelführerinnen keineswegs seine Befugnisse überschritten, indem es in den Randnrn. 806 bis 811 des angefochtenen Urteils befunden hat, dass das zentrale Merkmal des zweiten Missbrauchs, auch wenn die Kommission diesen als Ergebnis des Zusammenspiels der Widerrufe der Zulassungen von Losec in Kapselform mit der Absatzumstellung von solchen Kapseln auf Losec MUPS definiert habe, in diesen Widerrufen bestanden habe – wie im Übrigen von der Kommission im Rahmen des Verfahrens auch bestätigt wurde –, wobei die Absatzumstellung den Kontext dargestellt habe, in dem die Widerrufe erfolgt seien, und dass es allein die Widerrufe seien, die die von der Kommission beanstandeten wettbewerbswidrigen Wirkungen auszulösen vermocht hätten und somit als Missbrauch zu qualifizieren seien.

141    Nach alledem ist der fünfte Rechtsmittelgrund als unbegründet zurückzuweisen.

 Zum sechsten Rechtsmittelgrund

–       Vorbringen der Parteien

142    Mit ihrem sechsten Rechtsmittelgrund bringen die Rechtsmittelführerinnen vor, das Gericht habe einen Rechtsfehler begangen, indem es davon ausgegangen sei, dass mit dem im Rahmen des zweiten Missbrauchs beanstandeten Verhalten der Wettbewerb habe beschränkt werden sollen. Sie machen geltend, die schlichte Ausübung eines durch das Unionsrecht zuerkannten Rechts könne allenfalls im Ausnahmefall als „missbräuchlich“ angesehen werden, d. h., wenn jeder wirksame Wettbewerb ausgeschaltet werde, wofür eine bloße Tendenz zur Wettbewerbsverzerrung nicht reiche. Insoweit sei eine Analogie zu den Zwangslizenzfällen geboten, wie demjenigen, um den es im Urteil vom 29. April 2004, IMS Health (C‑418/01, Slg. 2004, I‑5039), gehe. Diese Analogie rechtfertige sich durch den De-facto-Entzug des Rechts, den Widerruf der Zulassung zu beantragen, und durch den Umstand, dass das Widerrufsverbot eine Art Zwangslizenzierung darstelle. Außerdem habe AZ, anders als das Gericht in Randnr. 830 des angefochtenen Urteils behauptet habe, noch nach Ablauf des durch die Richtlinie 65/65 verliehenen Ausschließlichkeitszeitraums ausschließliche Rechte an den weiterhin der Vertraulichkeit unterliegenden ärztlichen oder klinischen Daten besessen, denn diese Richtlinie sehe für die Unternehmen, die solche vertraulichen Informationen lieferten, keine Verpflichtung vor, diese mit ihren Konkurrenten zu teilen.

143    Nach Ansicht der Rechtsmittelführerinnen hätte folglich die Kommission, anders als vom Gericht namentlich in den Randnrn. 824 bis 827 und 829 des angefochtenen Urteils entschieden, im vorliegenden Fall nicht nur nachweisen müssen, dass der Zulassungswiderruf den Wettbewerb „erschwert“ habe, sondern, dass er eine unverhältnismäßige Auswirkung auf den Wettbewerb gehabt habe. Bei Anwendung dieses Kriteriums, das das zutreffende sei, könne der Widerruf der Zulassungen nicht als Missbrauch angesehen werden, da im vorliegenden Fall der Wettbewerb weder in Bezug auf die Generika noch in Bezug auf die Paralleleinfuhren ausgeschaltet worden sei.

144    Zu den Generika tragen die Rechtsmittelführerinnen vor, zum einen habe der Widerruf der Zulassungen den bereits auf dem Markt vertretenen Herstellern solcher Erzeugnisse nicht das Recht genommen, ihre Erzeugnisse weiter zu vertreiben. Zum anderen hätten die noch nicht auf dem Markt tätigen Hersteller andere Optionen als das abgekürzte Verfahren nach Art. 4 Abs. 3 Nr. 8 Buchst. a Ziff. iii der Richtlinie 65/65 gehabt, auch wenn diese „weniger günstig“ gewesen seien.

145    Was die Paralleleinfuhren betreffe, so hätte die Entscheidung der Kommission nach Ansicht der Rechtsmittelführerinnen auch, soweit sie sich auf das Königreich Schweden beziehe, nicht nur deshalb für nichtig erklärt werden müssen, weil der Wettbewerb nur behindert und nicht ausgeschaltet worden sei, sondern auch, weil die Wettbewerbsbehinderung hier durch die falsche Anwendung des Unionsrechts durch die schwedische Behörde verursacht worden sei, da nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs die Art. 28 EG und 30 EG dem entgegenstünden, dass schon allein der Widerruf der Zulassung eines pharmazeutischen Erzeugnisses den Widerruf der Genehmigung für die Paralleleinfuhr impliziere, wenn keine Gefahr für die Gesundheit bestehe (Urteile vom 8. Mai 2003, Paranova Läkemedel u. a., C‑15/01, Slg. 2003, I‑4175, Randnrn. 25 bis 28 und 33, und Paranova, C‑113/01, Slg. 2003, I‑4243, Randnrn. 26 bis 29 und 34).

146    Die Kommission hält diesen Rechtsmittelgrund für unzulässig, weil die Rechtsmittelführerinnen mit ihren Ausführungen zu den Zwangslizenzen lediglich ihre bereits im ersten Rechtszug vorgetragenen Argumente wiederholten, ohne zu begründen, inwieweit die Prüfung dieser Argumente durch das Gericht fehlerhaft sei. Jedenfalls sei der Rechtsmittelgrund unbegründet.

–       Würdigung durch den Gerichtshof

147    Entgegen dem Vorbringen der Kommission ist dieser Rechtsmittelgrund nicht unzulässig. Dazu genügt der Hinweis, dass im ersten Rechtszug geprüfte Rechtsfragen im Rechtsmittelverfahren erneut aufgeworfen werden können, wenn der Rechtsmittelführer die Auslegung oder Anwendung des Unionsrechts durch das Gericht beanstandet. Könnte nämlich ein Rechtsmittelführer sein Rechtsmittel nicht in dieser Weise auf bereits vor dem Gericht geltend gemachte Argumente stützen, würde dies dem Rechtsmittelverfahren einen Teil seiner Bedeutung nehmen (vgl. Urteile vom 23. April 2009, AEPI/Kommission, C‑425/07 P, Slg. 2009, I‑3205, Randnr. 24, und vom 29. Juli 2010, Griechenland/Kommission, C‑54/09 P, Slg. 2010, I‑7533, Randnr. 43).

148    Allerdings ist dieser Rechtsmittelgrund nicht begründet. Die Konstellation, die den zweiten Missbrauch kennzeichnet, ist nämlich überhaupt nicht vergleichbar mit einer Zwangslizenz oder der Fallgestaltung, die dem von den Rechtsmittelführerinnen angeführten Urteil IMS Health zugrunde lag und bei der es darum ging, dass sich ein Unternehmen in beherrschender Stellung, das Inhaber eines Rechts des geistigen Eigentums an einer Bausteinstruktur war, geweigert hatte, seinen Konkurrenten eine Lizenz zur Verwendung dieser Struktur zu erteilen.

149    So steht die durch die Richtlinie 65/65 eröffnete Möglichkeit des Zulassungswiderrufs keinem Eigentumsrecht gleich. Der Umstand, dass ein Unternehmen in beherrschender Stellung in Anbetracht seiner besonderen Verantwortung auf diese Möglichkeit nicht in einer den Marktzutritt für Wettbewerber vereitelnden oder erschwerenden Weise zurückgreifen darf, sofern es sich nicht in seiner Eigenschaft als im Leistungswettbewerb stehendes Unternehmen auf mit der Verteidigung seiner berechtigten Interessen zusammenhängende Gründe oder objektive Rechtfertigungen berufen kann, stellt daher weder einen „De-facto-Entzug“ eines solchen Rechts noch eine Verpflichtung zur Lizenzgewährung dar, sondern nur eine einfache Beschränkung der vom Unionsrecht eröffneten Optionen.

150    Dass aber die Wahrnehmung solcher Optionen durch ein Unternehmen in beherrschender Stellung beschränkt oder an Bedingungen geknüpft wird, um sicherzustellen, dass ein durch das Vorhandensein dieses Unternehmens bereits geschwächter Wettbewerb nicht noch weiter beeinträchtigt wird, ist ganz und gar nicht außergewöhnlich und rechtfertigt im Gegensatz zu einer Beschränkung der freien Ausübung eines ausschließlichen Rechts, mit dem die Verwirklichung einer Investition oder einer Erfindung anerkannt wird, keine Ausnahme von der Anwendung des Art. 82 EG.

151    Was das Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen betrifft, dass AZ noch ausschließliche Rechte an den zu den Akten genommenen und vertraulich gebliebenen ärztlichen oder klinischen Daten besessen habe, so wird damit verkannt, dass die Richtlinie 65/65, wie vom Gericht in Randnr. 681 des angefochtenen Urteils erläutert, die behaupteten Rechte jedenfalls einer Beschränkung unterworfen hat, indem sie in ihrem Art. 4 Abs. 3 Nr. 8 Buchst. a Ziff. iii ein abgekürztes Verfahren errichtet hat, das es nach Ablauf des Ausschließlichkeitszeitraums von sechs oder zehn Jahren zulässt, dass die innerstaatlichen Behörden die betreffenden Daten heranziehen und die Hersteller im Wesentlichen gleicher Arzneimittel für die Zwecke der Erteilung einer Zulassung vom Vorliegen der Daten profitieren. Das Gericht hat somit in den Randnrn. 670, 674, 680 und 830 des angefochtenen Urteils zutreffend festgestellt, dass die Richtlinie 65/65 AZ kein ausschließliches Recht auf Verwertung der zu den Akten genommenen Ergebnisse der pharmakologischen, toxikologischen und ärztlichen oder klinischen Versuche mehr eingeräumt habe.

152    Da die nationalen Behörden den Antragstellern im Rahmen des abgekürzten Verfahrens die genannten Daten nicht offenlegen, hat im Übrigen die Feststellung des zweiten Missbrauchs, wie die Kommission betont, nicht zur Folge, dass Konkurrenten Zugang zu den ärztlichen oder klinischen Daten erhalten, und sie beeinträchtigt auch nicht die Vertraulichkeit dieser Daten.

153    Das Gericht hat also einen Rechtsfehler weder begangen, indem es in den Randnrn. 678 bis 684 des angefochtenen Urteils das Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen zurückgewiesen hat, dass die Vereinbarkeit des im Rahmen des zweiten Missbrauchs beanstandeten Verhaltens mit Art. 82 EG anhand der u. a. im Urteil IMS Health angewandten Kriterien beurteilt werden müsse, noch, indem es in den Randnrn. 824 und 826 des angefochtenen Urteils befunden hat, dass für die Qualifizierung dieses Verhaltens als Missbrauch einer beherrschenden Stellung der Nachweis ausreiche, dass es den Wettbewerb beschränken und insbesondere ein Hindernis für den Markteintritt von Generika und für Paralleleinfuhren darstellen könne.

154    Außerdem hat das Gericht bei der Prüfung, ob die Kommission diesen Nachweis für die Generika tatsächlich erbracht hatte, in den Randnrn. 829 bis 835 des angefochtenen Urteils zu Recht ausgeführt, dass der Umstand, dass der rechtliche Rahmen – kostspieligere und langwierigere – alternative Wege für die Erlangung einer Zulassung bereithalte, den Missbrauchscharakter des Verhaltens eines Unternehmens in beherrschender Stellung nicht entfallen lasse, wenn dieses Verhalten bei objektiver Betrachtung nur bezwecke, das vom Gesetzgeber in Art. 4 Abs. 3 Nr. 8 Buchst. a Ziff. iii der Richtlinie 65/65 vorgesehene abgekürzte Verfahren unmöglich zu machen und so die Generikahersteller so lang wie möglich vom Markt fernzuhalten und ihre Kosten für die Überwindung der Marktzutrittshindernisse zu steigern, so dass der von diesen Produkten ausgehende erhebliche Wettbewerbsdruck aufgeschoben werde.

155    Im Übrigen steht hinsichtlich der Paralleleinfuhren nach Schweden fest, dass sie, wie vom Gericht in den Randnrn. 862 und 863 des angefochtenen Urteils festgestellt, durch den Widerruf der Zulassung von Losec in Kapselform tatsächlich behindert wurden, da die schwedische Arzneimittelbehörde die Paralleleinfuhrgenehmigungen mit Wirkung zum 1. Januar bzw. 30. Juni 1999 widerrufen hatte, weil sie davon ausging, dass diese Genehmigungen nur bei Vorliegen gültiger Zulassungen erteilt werden könnten. Zudem geht namentlich aus Randnr. 814 des angefochtenen Urteils und den darin genannten Dokumenten hervor, dass AZ diese Folge vorhergesehen und gar angestrebt hatte. Allein der Umstand, dass der Gerichtshof in seinen Urteilen Paranova Läkemedel u. a. und Paranova einige Jahre später entschieden hat, dass der Widerruf von Zulassungen aus anderen Gründen als der öffentlichen Gesundheit nicht das automatische Erlöschen der Genehmigung für die Paralleleinfuhr rechtfertigt, wenn der Schutz der öffentlichen Gesundheit durch andere Mittel wie eine Zusammenarbeit mit den nationalen Behörden der übrigen Mitgliedstaaten sichergestellt werden kann, ändert aber nichts daran, dass der Widerruf der Zulassungen zu dem Zeitpunkt, als er beantragt wurde, geeignet war, die Paralleleinfuhren zu behindern.

156    Nach alledem ist der sechste Rechtsmittelgrund als unbegründet zurückzuweisen.

 Zur Geldbuße

 Angefochtenes Urteil

157    In den Randnrn. 884 bis 914 des angefochtenen Urteils hat das Gericht die vier Rügen der Rechtsmittelführerinnen geprüft und verworfen, mit denen diese die Ordnungsgemäßheit der ihnen von der Kommission auferlegten Geldbuße in Abrede stellten. Diese Rügen bezogen sich auf die Verjährung mancher der zur Last gelegten Handlungen, die Schwere der Zuwiderhandlungen, deren Dauer und das Vorhandensein mildernder Umstände. Das Gericht hat den Betrag der Geldbuße jedoch in Anbetracht des von der Kommission hinsichtlich des zweiten Missbrauchs begangenen Fehlers (vgl. oben, Randnr. 124) herabgesetzt.

 Vorbringen der Parteien

158    Mit ihrem in zwei Teile untergliederten siebten Rechtsmittelgrund machen die Rechtsmittelführerinnen geltend, dass die gegen sie verhängte Geldbuße zu hoch sei.

159    Im Rahmen des ersten Teils bringen sie vor, das Gericht hätte den Betrag der Geldbuße wegen der Neuartigkeit der Missbräuche herabsetzen müssen. Hier seien die Wettbewerbsregeln, die sich auf diese Missbräuche bezogen, zuvor nie herausgearbeitet worden, was im Einklang mit den Ausführungen in Randnr. 163 des Urteils AKZO/Kommission die Verhängung einer symbolischen Geldbuße rechtfertige. Aus den im Rahmen des dritten Rechtsmittelgrundes dargestellten Gründen sei auch die Analyse des Gerichts unrichtig, wonach die Praktiken, die den ersten Missbrauch begründet hätten, dem Leistungswettbewerb offenkundig zuwidergelaufen seien, so dass eine Herabsetzung der Geldbuße wegen der Neuartigkeit der Praktiken nicht in Frage komme. Die Rechtsprechung, auf die das Gericht diese Analyse gestützt habe, sei nicht anwendbar, denn sie betreffe eine völlig andere Konstellation. Was den zweiten Missbrauch angehe, müsse der Umstand, dass der Antrag von AZ auf Widerruf ihrer Zulassungen nach dem Unionsrecht zulässig gewesen sei, als mildernder Umstand angesehen werden, der eine Herabsetzung der Geldbuße rechtfertige.

160    Im Rahmen des zweiten Teils des siebten Rechtsmittelgrundes machen die Rechtsmittelführerinnen geltend, dass das Gericht bei der Überprüfung der Höhe der Geldbuße das Ausbleiben wettbewerbswidriger Wirkungen hätte berücksichtigen müssen. Sie berufen sich insoweit auf die Urteile des Gerichtshofs vom 4. Juni 2009, T‑Mobile Netherlands u. a. (C‑8/08, Slg. 2009, I‑4529), und des Gerichts vom 11. März 1999, ARBED/Kommission (T‑137/94, Slg. 1999, II‑303). So habe sich der erste Missbrauch in Dänemark und im Vereinigten Königreich nicht wettbewerbswidrig ausgewirkt, weil dort nie ergänzende Schutzzertifikate erteilt worden seien. In Deutschland sei ein ergänzendes Schutzzertifikat zwar erteilt, aber lange vor seinem Inkrafttreten aufgehoben worden, so dass es den Wettbewerb nicht habe beeinträchtigen können. Außerdem sei nicht erwiesen, dass der Wettbewerb in Belgien, in den Niederlanden oder in Norwegen tatsächlich beschränkt worden sei. Hinsichtlich des zweiten Missbrauchs spreche die falsche Anwendung des Unionsrechts durch die zuständige schwedische Behörde für eine Herabsetzung der Geldbuße.

161    Die Kommission hält diesen Rechtsmittelgrund, da mit ihm eine allgemeine Überprüfung der Geldbuße bezweckt werde, für unzulässig, jedenfalls aber für unbegründet.

 Würdigung durch den Gerichtshof

162    Vorab ist darauf hinzuweisen, dass es nicht Sache des Gerichtshofs ist, bei der Entscheidung über Rechtsfragen im Rahmen eines Rechtsmittels die Beurteilung des Gerichts, das in Ausübung seiner unbeschränkten Nachprüfungsbefugnis über den Betrag der gegen Unternehmen wegen eines von ihnen begangenen Verstoßes gegen das Unionsrecht festgesetzten Geldbußen entscheidet, aus Gründen der Billigkeit durch seine eigene Beurteilung zu ersetzen (Urteile vom 17. Juli 1997, Ferriere Nord/Kommission, C‑219/95 P, Slg. 1997, I‑4411, Randnr. 31, und vom 17. Dezember 1998, Baustahlgewebe/Kommission, C‑185/95 P, Slg. 1998, I‑8417, Randnr. 129).

163    Wie jedoch der Generalanwalt in Nr. 105 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, wollen die Rechtsmittelführerinnen mit diesem Rechtsmittelgrund nicht schlicht eine allgemeine Überprüfung der festgesetzten Geldbußen erreichen, sondern machen geltend, dass das Gericht bei der Berechnung der Geldbußen die Neuartigkeit der in Rede stehenden Zuwiderhandlungen und ihre Wirkung nicht zutreffend beurteilt habe. Der vorliegende Rechtsmittelgrund ist daher zulässig.

164    Zum ersten Teil dieses Rechtsmittelgrundes, der auf die Neuartigkeit der beiden Missbräuche einer beherrschenden Stellung gestützt wird, ist festzustellen, dass mit diesen Missbräuchen, wie vom Gericht in Randnr. 900 des angefochtenen Urteils betont, gezielt bezweckt wurde, die Konkurrenten vom Markt fernzuhalten. Somit steht fest, dass AZ, auch wenn die Kommission und die Unionsgerichte noch keine Gelegenheit gehabt hatten, sich konkret zu einem Verhalten, wie dem diese Missbräuche kennzeichnenden zu äußern, von der ausgeprägten Wettbewerbsfeindlichkeit ihres Verhaltens wusste und sie davon hätte ausgehen müssen, dass es mit dem Wettbewerbsrecht der Union unvereinbar war. Außerdem hat das Gericht, wie schon im Rahmen der Prüfung des dritten und des fünften Rechtsmittelgrundes dargelegt, zu Recht befunden, dass dieses Verhalten einem Leistungswettbewerb offenkundig zuwiderlief.

165    Zum zweiten Teil dieses Rechtsmittelgrundes, der namentlich das Ausbleiben konkreter wettbewerbswidriger Wirkungen des ersten Missbrauchs in Dänemark, in Deutschland und im Vereinigten Königreich betrifft, genügt der Hinweis, dass die Rechtsmittelführerinnen bei der Berechnung der Geldbuße nicht davon profitieren können, dass ihr in hohem Maß wettbewerbswidriges Verhalten, das geeignet war, den Wettbewerb erheblich zu beeinträchtigen, dank des Eingreifens Dritter nicht in jedem Fall die erwarteten Wirkungen erzeugte. Genauso wenig kann den Rechtsmittelführerinnen zugutekommen, dass das im Rahmen des zweiten Missbrauchs beanstandete Verhalten die schwedischen Behörden, wie von AZ vorhergesehen, tatsächlich veranlasste, die Paralleleinfuhrgenehmigungen unter Verkennung der Art. 28 EG und 30 EG zu widerrufen, und damit genau die von AZ gewollten wettbewerbswidrigen Wirkungen entfaltete. Zudem hat das Gericht in Randnr. 902 des angefochtenen Urteils zu Recht darauf hingewiesen, dass Gesichtspunkte, die den Gegenstand eines Verhaltens betreffen, bei der Bemessung der Geldbuße größere Bedeutung haben können als solche, die dessen Wirkungen betreffen.

166    Das Gericht ist also in den Randnrn. 901 bis 903 und 914 des angefochtenen Urteils rechtsfehlerfrei zu dem Ergebnis gelangt, dass die Neuartigkeit der Missbräuche und der Umstand, dass diese nicht immer die von AZ erwarteten Wirkungen erzeugt hätten, weder ein Abrücken von der Qualifizierung dieser Missbräuche als schwere Zuwiderhandlungen noch die Feststellung des Vorliegens von mildernden Umständen und in der Konsequenz auch keine Herabsetzung der Geldbuße aus diesen Gründen rechtfertigten.

167    Folglich ist der siebte Rechtsmittelgrund als unbegründet zurückzuweisen.

168    Da keiner der Rechtsmittelgründe durchgreift, ist das Rechtsmittel insgesamt zurückzuweisen.

 Zum Anschlussrechtsmittel der EFPIA

169    Die Argumente, die die EFPIA für ihr Anschlussrechtsmittel vorbringt, zielen, soweit sie nicht schon im Rahmen des von AZ eingelegten Rechtsmittels vorgetragen worden sind, auf die Feststellung des Vorliegens einer beherrschenden Stellung durch das Gericht ab. Das Gericht ist insoweit auf der Grundlage der in den Randnrn. 239 bis 294 des angefochtenen Urteils vorgenommenen Beurteilung der Ansicht gewesen, die Kommission habe keinen offensichtlichen Fehler begangen, als sie zu dem Ergebnis gelangt sei, dass AZ auf verschiedenen nationalen Märkten zu bestimmten Zeiten während des Bezugszeitraums eine solche Stellung innegehabt habe.

 Zum ersten Anschlussrechtsmittelgrund

 Vorbringen der Parteien

170    Mit ihrem ersten Anschlussrechtsmittelgrund rügt die EFPIA einen Rechtsfehler des Gerichts, der darin liege, dass es der Rolle des Staates nicht richtig Rechnung getragen habe. Insbesondere habe es nicht geprüft, ob der hohe Marktanteil von AZ ihr ein konkurrenten- und kundenunabhängiges Verhalten ermöglicht habe oder ob nicht vielmehr die Rolle des Staates, der gleichzeitig als Käufer mit Nachfragemonopol für verschreibungspflichtige Arzneimittel und als Preisregulierungsstelle aufgetreten sei, die angebliche Marktmacht von AZ ausgeschlossen oder zumindest abgeschwächt habe.

171    Das Gericht habe sich in Randnr. 257 des angefochtenen Urteils mit einer schlichten Bestätigung der Schlussfolgerungen der Kommission begnügt, die aber nicht ausreichten, um das Ergebnis zu stützen, dass AZ zu einem unabhängigen Verhalten in der Lage gewesen sei, während sie sich auf einem Markt mit starker Preisregulierung und großem Innovationswettbewerb bewegt habe. Hinzu komme, dass das Gericht nicht geprüft habe, inwieweit die Verhandlungsposition der Pharmaunternehmen besser sei als die Verhandlungsposition des Staates.

172    Aus der Feststellung des Gerichts in den Randnrn. 191 und 262 des angefochtenen Urteils, wonach zum einen wegen der Bedeutung der Rolle, die die therapeutische Wirksamkeit spiele, die Sensibilität der Ärzte und der Patienten für Preisunterschiede begrenzt sei und zum anderen die Arzneimittelkosten in vollem Umfang oder zum großen Teil von den Systemen der sozialen Sicherheit getragen würden, folge zudem, dass sich der Preis nur begrenzt auf die Anzahl der Losec-Verschreibungen und damit auf den Marktanteil von AZ ausgewirkt habe. Entgegen den Ausführungen des Gerichts in Randnr. 261 jenes Urteils lasse daher der Umstand, dass AZ bei höheren Preisforderungen höhere Marktanteile als ihre Wettbewerber habe behaupten können, keine aussagekräftigen Rückschlüsse auf die Marktmacht zu.

173    Die Kommission hält den vorliegenden Anschlussrechtsmittelgrund für unzulässig, da die EFPIA den Gerichtshof lediglich um eine neue Beurteilung der vom Gericht getroffenen Tatsachenfeststellungen ersuche. Jedenfalls sei dieser Anschlussrechtsmittelgrund unbegründet.

 Würdigung durch den Gerichtshof

174    Entgegen dem Vorbringen der Kommission ist dieser Anschlussrechtsmittelgrund zulässig, da die EFPIA nicht die vom Gericht festgestellten Tatsachen bestreitet, sondern rügt, dass dieses zum einen bei der Klärung der Frage, ob AZ während des Bezugszeitraums eine beherrschende Stellung innegehabt habe, nicht untersucht habe, wie sich die Rolle des Staates ausgewirkt habe, und dass es zum anderen die Schlussfolgerungen der Kommission auf der Grundlage unzulänglicher Feststellungen bestätigt habe.

175    Im Hinblick auf die Beurteilung der Begründetheit dieses Anschlussrechtsmittelgrundes ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung eine beherrschende Stellung im Sinne von Art. 82 EG eine wirtschaftliche Machtstellung eines Unternehmens ist, die es in die Lage versetzt, die Aufrechterhaltung eines wirksamen Wettbewerbs auf dem relevanten Markt zu verhindern, indem sie ihm die Möglichkeit verschafft, sich seinen Konkurrenten, seinen Kunden und letztlich den Verbrauchern gegenüber in nennenswertem Umfang unabhängig zu verhalten. Das Vorliegen einer beherrschenden Stellung ergibt sich im Allgemeinen aus dem Zusammentreffen mehrerer Faktoren, die jeweils für sich genommen nicht ausschlaggebend sein müssen (Urteile vom 14. Februar 1978, United Brands und United Brands Continentaal/Kommission, 27/76, Slg. 1978, 207, Randnrn. 65 und 66, und Hoffmann-La Roche/Kommission, Randnrn. 38 und 39).

176    Außerdem hat der Gerichtshof bei anderer Gelegenheit bereits klargestellt, dass, obschon die Bedeutung der Marktanteile von einem Markt zum anderen unterschiedlich sein kann, das dauerhafte Innehaben eines besonders hohen Marktanteils – von außergewöhnlichen Umständen abgesehen – den Beweis für das Vorliegen einer beherrschenden Stellung liefert (Urteil Hoffmann-La Roche/Kommission, Randnr. 41) und dass Marktanteile von mehr als 50 % besonders hohe Marktanteile darstellen (Urteil AKZO/Kommission, Randnr. 60).

177    Wie aber das Gericht in den Randnrn. 245 bis 253, 279, 288 und 290 des angefochtenen Urteils festgestellt hat, steht fest, dass AZ während des Bezugszeitraums und auf allen räumlich relevanten Märkten besonders hohe Marktanteile hatte, die deutlich über denen ihrer Konkurrenten lagen, wobei ihre Stellung auf diesen Märkten bisweilen sogar erdrückend war. Das Gericht ist somit in den Randnrn. 244, 245, 253 und 278 jenes Urteils zu Recht davon ausgegangen, dass sich die Kommission bei ihrer eingehenden Analyse der Wettbewerbsbedingungen, die ein Bündel verschiedener Gesichtspunkte berücksichtigte, insbesondere auf die im Allgemeinen sehr hohen Marktanteile von AZ als Indiz für deren im Verhältnis zu den sonstigen Marktteilnehmen ungleich größere Marktmacht stützen konnte.

178    Anders als die EFPIA behauptet, hat das Gericht außerdem keineswegs die Prüfung unterlassen, ob der hohe Marktanteil von AZ ihr ein konkurrenten- und kundenunabhängiges Verhalten ermöglichte und ob AZ aufgrund der Rolle des Staates als Preisregulierungsstelle und Käufer mit Nachfragemonopol für verschreibungspflichtige Arzneimittel keine oder eine abgeschwächte Marktmacht hatte. Es hat diese Fragen im Gegenteil in den Randnrn. 256 bis 268 des angefochtenen Urteils besonders eingehend geprüft.

179    Dabei hat es in den Randnrn. 256 bis 260 jenes Urteils insbesondere ausgeführt, dass sich der Preis oder die Erstattungsstufe zwar aus einer Entscheidung ergäben, die die öffentlichen Stellen erließen, die Möglichkeit eines Pharmaunternehmens, einen höheren Preis oder eine höhere Erstattungsstufe zu erreichen, sich jedoch nach dem Mehrwert und Innovationswert des Produkts richte, weshalb AZ als erster Hersteller, der einen PPI mit einem weit höheren therapeutischen Wert als die H2-Blocker angeboten habe, von den öffentlichen Stellen einen gegenüber den bestehenden Produkten und den „Nachahmerprodukten“ höheren Preis habe erlangen können.

180    Weiter hat das Gericht in den Randnrn. 262 und 264 des angefochtenen Urteils erläutert, dass die die Arzneimittelmärkte prägenden Gesundheitssysteme insbesondere die Marktmacht der Pharmaunternehmen, die ein neues, einen Mehrwert aufweisendes Erzeugnis anböten, eher festigten, weil die Arzneimittelkosten ganz oder weitgehend von den Systemen der sozialen Sicherheit getragen würden, was die Nachfrage in hohem Maß unelastisch mache. Insoweit würden, obwohl sich die öffentlichen Stellen um eine Senkung der Gesundheitskosten bemühten, um einen Ausgleich für die eingeschränkte Sensibilität der verschreibenden Ärzte und der Patienten gegenüber den hohen Arzneimittelpreisen zu schaffen, gegenüber Unternehmen, die von der Stellung als Erstanbieter profitierten, die Erstattungen durch die Systeme der sozialen Sicherheit zum einen im Vergleich zu den „Nachahmerprodukten“ relativ hoch angesetzt und erlaubten zum anderen dem hiervon begünstigten Pharmaunternehmen, seinen Preis hoch anzusetzen, ohne befürchten zu müssen, dass sich die Patienten und Ärzte anderen Produkten zuwendeten, die weniger kostspielig seien.

181    Unter diesen Umständen hat das Gericht in den Randnrn. 261 und 266 jenes Urteils den Umstand, dass AZ bei höheren Preisen, als sie für die anderen PPI gefordert wurden, weit höhere Marktanteile als ihre Wettbewerber behaupten konnte, zu Recht als wichtigen Beleg dafür angesehen, dass das Verhalten von AZ in keinem nennenswerten Umfang Druck seitens ihrer Wettbewerber, ihrer Abnehmer und letztlich der Verbraucher ausgesetzt war.

182    Nach alledem ist dieser Anschlussrechtsmittelgrund als unbegründet zurückzuweisen.

 Zum zweiten Anschlussrechtsmittelgrund

 Vorbringen der Parteien

183    Mit dem zweiten Anschlussrechtsmittelgrund rügt die EFPIA einen Rechtsfehler des Gerichts, weil es die AZ zustehenden Rechte des geistigen Eigentums, ihre Stellung als Erstanbieter und ihre Finanzkraft als Beweis für ihre beherrschende Stellung gewertet habe. Diese drei Merkmale seien zahlreichen innovativen Unternehmen gemein, die erfolgreich in der Forschung nach neuen Erzeugnissen tätig seien, und taugten nicht für eine sinnvolle Abgrenzung zwischen beherrschenden und nicht beherrschenden Unternehmen. Das Gericht habe so die Rechtsprechung des Gerichtshofs verkannt, insbesondere die Urteile vom 6. April 1995, RTE und ITP/Kommission, „Magill“ (C‑241/91 P und C‑242/91 P, Slg. 1995, I‑743), und IMS Health, die bestätigt hätten, dass die bloße Inhaberschaft von Rechten des geistigen Eigentums nicht ausreiche, um auf das Vorliegen einer beherrschenden Stellung zu schließen.

184    Die Kommission hält diesen Anschlussrechtsmittelgrund für unzulässig, soweit er auf die bloße Behauptung gestützt werde, dass es für die Beurteilung des Vorliegens einer beherrschenden Stellung nicht auf die Finanzlage und das Humankapital von AZ ankomme. Im Übrigen sei er unbegründet.

 Würdigung durch den Gerichtshof

185    Zunächst ist festzustellen, dass dieser Anschlussrechtsmittelgrund unzulässig ist, soweit er gegen die Ausführungen in den Randnrn. 283 und 286 des angefochtenen Urteils gerichtet ist, nach denen die Kommission keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen habe, als sie bei der Beurteilung der Wettbewerbsstellung von AZ auf dem Markt neben anderen Faktoren die Stellung von AZ als Erstanbieter auf dem PPI-Markt und ihre Finanzmacht berücksichtigt habe, da die EFPIA, wie vom Generalanwalt in Nr. 130 seiner Schlussanträge bemerkt, nicht angibt, inwieweit diese Feststellung rechtsfehlerhaft sein soll.

186    Was sodann das Vorbringen der EFPIA angeht, mit dem die Feststellung des Gerichts in Randnr. 275 des angefochtenen Urteils beanstandet wird, dass die Kommission keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen habe, indem sie die Existenz und die Geltendmachung der Rechte des geistigen Eigentums von AZ in die vorstehend genannte Beurteilung einbezogen habe, so hat das Gericht in Randnr. 270 jenes Urteils zu Recht befunden, dass zwar nicht angenommen werden könne, dass die bloße Inhaberschaft von Rechten des geistigen Eigentums eine beherrschende Stellung begründe, sie aber geeignet sei, unter bestimmten Umständen eine solche Stellung zu schaffen, insbesondere dadurch, dass das Unternehmen die Möglichkeit erhalte, einen wirksamen Wettbewerb auf dem Markt zu verhindern (vgl. in diesem Sinne Urteil Magill, Randnrn. 46 und 47).

187    Wie aber das Gericht insoweit in Randnr. 271 des angefochtenen Urteils dargelegt hat, stand Losec als erster auf den Markt gebrachter PPI unter einem besonders starken Patentschutz, auf dessen Grundlage AZ eine Reihe von Klagen erhob, die es ihr ermöglichten, erheblichen Druck auf ihre Wettbewerber auszuüben und ihnen den Marktzugang weitgehend vorzuschreiben. Im Übrigen waren die Existenz und die Geltendmachung der Rechte des geistigen Eigentums nur einer der verschiedenen Gesichtspunkte, auf denen im vorliegenden Fall die Beurteilung der Kommission gründete, dass AZ im Bezugszeitraum auf mehreren nationalen Märkten eine beherrschende Stellung eingenommen habe.

188    Schließlich hat entgegen dem Vorbringen der EFPIA die Berücksichtigung der Rechte des geistigen Eigentums für die Zwecke der Feststellung einer beherrschenden Stellung keineswegs zur Folge, dass sich die Unternehmen, die innovative Produkte auf den Markt bringen, davor hüten müssten, einen umfangreichen Bestand an Rechten des geistigen Eigentums zu erwerben oder diese Rechte durchzusetzen. Dazu genügt der Hinweis, dass nicht eine solche Stellung, sondern nur ihre missbräuchliche Ausnutzung verboten ist, und dass die Feststellung einer beherrschenden Stellung an sich keinerlei Vorwurf gegenüber dem betroffenen Unternehmen enthält (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 16. März 2000, Compagnie maritime belge transports u. a./Kommission, C‑395/96 P und C‑396/96 P, Slg. 2000, I‑1365, Randnr. 37, und TeliaSonera Sverige, Randnr. 24).

189    Folglich ist dieser Anschlussrechtsmittelgrund als teilweise unzulässig und teilweise unbegründet zurückzuweisen.

190    Da keiner der beiden Gründe des von der EFPIA eingelegten Anschlussrechtsmittels durchgreift, ist dieses insgesamt zurückzuweisen.

 Zum Anschlussrechtsmittel der Kommission

191    Das Anschlussrechtsmittel der Kommission richtet sich gegen die Ausführungen in den Randnrn. 840 bis 861 des angefochtenen Urteils, mit denen das Gericht festgestellt hat, dass die Kommission zwar für das Königreich Schweden, nicht aber für das Königreich Dänemark und das Königreich Norwegen dargetan habe, dass der Widerruf der Zulassung von Losec in Kapselform geeignet gewesen sei, Paralleleinfuhren dieses Produkts auszuschließen.

 Vorbringen der Parteien

192    Nach Ansicht der Kommission hat das Gericht dadurch, dass es von ihr den Nachweis dafür verlangt habe, dass die nationalen Behörden nach erfolgtem Widerruf der Zulassung geneigt gewesen seien, die Genehmigungen für Paralleleinfuhren zu widerrufen, oder sie gewöhnlich widerrufen hätten, die Regeln für die Beweislastverteilung und für die Beweisanforderungen falsch angewandt. Das Gericht habe sich in Wirklichkeit auf die konkreten Auswirkungen der Praxis konzentriert, statt den von ihm selbst angelegten rechtlichen Maßstab anzulegen. Die Begründung des Gerichts sei widersprüchlich und ziehe paradoxe Folgen nach sich. So sei gerade das Königreich Dänemark das einzige Land gewesen, in dem die von AZ ersonnene Löschungsstrategie voll aufgegangen sei. Das Gericht habe aber für dieses Land keinen Missbrauch festgestellt, was veranschauliche, dass ein zu strenges Kausalitätskriterium angewandt worden sei. Der bloße Umstand, dass andere Faktoren etwa zum Ausschluss jedes Parallelhandels hätten beitragen können, rechtfertige nicht die Annahme, dass die Löschung nicht auch geeignet gewesen sei, diese Wirkung zu entfalten. Da die rechtlichen Begleitumstände, die für die drei Länder kennzeichnend gewesen seien, in allen Punkten übereingestimmt hätten, sei es im Übrigen widersprüchlich, zu unterschiedlichen Ergebnissen zu gelangen. Darüber hinaus habe das Gericht in Randnr. 850 des angefochtenen Urteils die Prüfung entscheidender Beweise unterlassen und in den Randnrn. 839 und 846 jenes Urteils die Unschuldsvermutung offensichtlich falsch angewandt.

193    Außerdem stelle die Feststellung des Gerichts in den Randnrn. 848 und 849 des angefochtenen Urteils, dass die von AZ stammenden Dokumente, auf die sich die Kommission berufen habe, nur die persönliche Ansicht bzw. die Erwartungen der Mitarbeiter der Rechtsabteilung von AZ wiedergäben und allenfalls ein Hinweis auf die Absicht Letzterer sein könnten, die Paralleleinfuhren auszuschließen, indem sie die Aufhebung der Zulassung von Losec in Kapselform veranlasse, eine offensichtliche Verfälschung der Beweise dar. Diese Dokumente zeigten, dass AZ ihre eigenen Nachforschungen zur Praxis der nationalen Behörden angestellt habe und zu dem Ergebnis gelangt sei, dass ihre Strategie in den drei betroffenen Ländern aufgehen könnte. Das Gericht habe unter diesen Umständen von der Kommission zu Unrecht verlangt, Jahre nach dem Eintritt der Ereignisse nachträglich zu untersuchen, wie sich eine Behörde möglicherweise verhalten hätte, während die Nachforschungen von AZ zum Verhalten der Behörden besonders zuverlässig seien. Der Kommission könne auch nicht vorgeworfen werden, dass sie eine behördliche Praxis nicht nachgewiesen habe, die es noch nicht gegeben habe, weil der Vorgang der Ersetzung und Aufhebung noch nie da gewesen sei. Hinzu komme, dass das Gericht in Randnr. 849 jenes Urteils unter Verstoß gegen das von ihm selbst angelegte Kriterium und gegen die Rechtsprechung des Gerichtshofs die Beweise für die Absicht von AZ, den Wettbewerb durch dem Leistungswettbewerb fremde Mittel zu beschränken, für unmaßgeblich befunden habe.

 Würdigung durch den Gerichtshof

194    Um die Begründetheit des Vorbringens der Kommission zu beurteilen, sind die Gründe zu prüfen, aus denen das Gericht im vorliegenden Fall befunden hat, dass die Kommission im Licht des Arguments der Rechtsmittelführerinnen, dass der Rückgang der Paralleleinfuhren dem Erfolg von Losec MUPS geschuldet gewesen sei, nicht rechtlich hinreichend nachgewiesen habe, dass der Widerruf der Zulassung von Losec in Kapselform in Dänemark und in Norwegen geeignet gewesen sei, Paralleleinfuhren dieses Produkts auszuschließen.

195    Was zunächst das Königreich Dänemark angeht, hat das Gericht in den Randnrn. 840, 843 und 847 des angefochtenen Urteils ausgeführt, dass zum einen die streitige Entscheidung keinen Hinweis darauf enthalte, dass die Praxis der dänischen Behörden vor der Verkündung der Urteile Paranova Läkemedel u. a. und Paranova, an deren Inhalt oben in Randnr. 156 erinnert worden ist, darin bestanden hätte, Paralleleinfuhrgenehmigungen nach dem Widerruf der Zulassung des betreffenden Produkts aus anderen Gründen als der öffentlichen Gesundheit automatisch zu widerrufen, und dass zum anderen in dieser Entscheidung nicht einmal nachgewiesen werde, dass die genannten Behörden die Genehmigungen für die Paralleleinfuhr von Losec in Kapselform widerrufen hätten.

196    Das Gericht ist aber in Randnr. 846 des angefochtenen Urteils zu Recht davon ausgegangen, dass es der Kommission oblegen habe, greifbare Beweise beizubringen, die belegten, dass die nationalen Behörden im vorliegenden Fall angesichts des in Rede stehenden rechtlichen Rahmens aufgrund des vom Inhaber beantragten Widerrufs der Zulassungen des betreffenden Produkts geneigt gewesen seien, die Genehmigungen für Paralleleinfuhren zu widerrufen, oder sie gewöhnlich widerrufen hätten. Auch wenn nämlich die Urteile Paranova Läkemedel u. a. und Paranova erst einige Jahre nach dem von AZ in Dänemark betriebenen Widerruf der Zulassung von Losec in Kapselform ergangen sind, kann ohne solche Beweise nicht angenommen werden, dass die dänischen Behörden geneigt waren, auf diesen Widerruf unter Verstoß gegen die Art. 28 EG und 30 EG in der von AZ gewünschten Weise zu reagieren, und der Widerruf daher geeignet war, den Wettbewerb zu beschränken.

197    Im Übrigen hat das Gericht in den Randnrn. 847 und 848 des angefochtenen Urteils das Memorandum von AZ vom 22. Oktober 1997, in dem konzerninterne Rechtsberater die Ansicht äußerten, dass „mehrere skandinavische Behörden generell [den] Standpunkt vertreten würden“, dass die Genehmigungen für Paralleleinfuhren nach dem Widerruf der Zulassungen nicht aufrechterhalten werden könnten, nicht dadurch verfälscht, dass es die Auffassung vertreten hat, dieses Dokument gebe nur die Erwartungen von Mitarbeitern der Rechtsabteilung von AZ in Bezug auf die Reaktion „mehrerer skandinavischer Behörden“ wieder, ohne jedoch zu belegen, dass die dänischen Behörden tatsächlich geneigt gewesen wären, im vorliegenden Fall die Paralleleinfuhrgenehmigungen zu widerrufen, und ihm lasse sich allenfalls die Absicht von AZ entnehmen, die Paralleleinfuhren mit Hilfe des Widerrufs der Zulassung von Losec in Kapselform auszuschließen. Außerdem können, anders als die Kommission anzunehmen scheint, die Erwartungen von AZ nicht für den Nachweis ausreichen, dass der Widerruf der Zulassung in Dänemark objektiv geeignet war, zum Widerruf der Paralleleinfuhrgenehmigungen in diesem Land zu führen.

198    Was das Argument der Kommission betrifft, das Gericht habe in den Randnrn. 850 und 851 des angefochtenen Urteils, in denen es ein im 311. Erwägungsgrund der streitigen Entscheidung erwähntes Dokument der Geschäftsleitung von AZ in Dänemark prüft, weitere Beweise, namentlich das im 302. Erwägungsgrund dieser Entscheidung angeführte norwegische Dokument zur Strategie für die Zeit nach Patentablauf, unberücksichtigt gelassen, ist festzustellen, dass nicht nur der 311. Erwägungsgrund der streitigen Entscheidung auf deren 302. Erwägungsgrund Bezug nimmt, sondern dass das norwegische Dokument zur Strategie für die Zeit nach Patentablauf in keiner Weise ausschließt, dass die Einstellung der Paralleleinfuhren von Losec in Kapselform nach Dänemark, wie von den Rechtsmittelführerinnen geltend gemacht, an der Abwanderung der Verbraucher zu Losec MUPS lag und nicht an einem Widerruf der Paralleleinfuhrgenehmigungen. So erläuterte dieses Dokument, wie vom Gericht in Randnr. 788 jenes Urteils ausgeführt, lediglich, dass sich nach dem Widerruf der Zulassungen von Losec in Kapselform am 1. November 1998 bei der Umstellung „die Sachlage bei der MUPS®-Einführung durch Astra Dänemark wiederholen wird“ und dass „der Parallelhandel mit Losec® in Kapselform allmählich eingestellt werden und ab 1. Februar 1999 praktisch nicht mehr existieren wird“.

199    Folglich ist das Gericht in Randnr. 852 des angefochtenen Urteils zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass die Vermutung eines Kausalzusammenhangs zwischen dem Widerruf der Zulassung von Losec in Kapselform in Dänemark und der Einstellung der Paralleleinfuhren dieses Produkts in dieses Land, da die angefochtene Entscheidung hierzu keine Angaben enthalte und angesichts dessen, dass gar nicht erwiesen sei, dass die dänischen Behörden die Genehmigungen für Paralleleinfuhren von Losec in Kapselform widerrufen hätten, mit dem Grundsatz unvereinbar wäre, wonach Zweifel dem Adressaten der Entscheidung, mit der die Zuwiderhandlung festgestellt werde, zugutekommen müssten.

200    Was sodann das Königreich Norwegen anbelangt, hat das Gericht in den Randnrn. 856 bis 858 des angefochtenen Urteils darauf hingewiesen, dass die norwegische Behörde die Fortsetzung der Paralleleinfuhren von Losec in Kapselform unter Bezugnahme auf die Zulassung, die AZ für Losec MUPS besessen habe und die ihrerseits auf der Zulassung von Losec in Kapselform beruht habe, gestattet habe und dass sich das Vorgehen dieser Behörde in die vom Gerichtshof in seinem Urteil Rhône-Poulenc Rorer und May & Baker zugelassene Regulierungspraxis eingefügt habe.

201    Der Umstand, dass die Paralleleinfuhren von Losec nach Norwegen ab dem Jahr 1998 erheblich zurückgingen, obwohl die norwegische Behörde die Genehmigungen für die Paralleleinfuhr von Losec in Kapselform aufrechterhalten hatte, spricht aber dafür, dass der Rückgang dieser Einfuhren nicht auf den Widerruf der Zulassungen zurückgeht, und könnte vielmehr ein Hinweis darauf sein, dass dieser Rückgang durch eine geringere Nachfrage nach Losec in Kapselform im Anschluss an die Einführung von Losec MUPS verursacht wurde.

202    Außerdem konnte die Kommission aus den oben in Randnr. 196 genannten Gründen und wie das Gericht in den Randnrn. 859 und 860 des angefochtenen Urteils festgestellt hat, ohne greifbare Beweise nicht davon ausgehen, dass, obwohl die Paralleleinfuhrgenehmigungen hier aufrechterhalten worden waren, der Widerruf der Zulassung von Losec in Kapselform in Norwegen zumindest geeignet gewesen sei, die norwegischen Behörden zum Widerruf dieser Genehmigungen zu veranlassen.

203    Nach alledem ist das von der Kommission eingelegte Anschlussrechtsmittel als unbegründet zurückzuweisen.

 Kosten

204    Nach Art. 184 Abs. 2 seiner Verfahrensordnung entscheidet der Gerichtshof über die Kosten, wenn das Rechtsmittel unbegründet ist. Nach Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung, der gemäß deren Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren entsprechende Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

205    Gemäß dem Antrag der Kommission sind den Rechtsmittelführerinnen und der EFPIA, da sie mit ihrem Vorbringen unterlegen sind, die Kosten ihres Rechtsmittels bzw. die Kosten ihres Anschlussrechtsmittels aufzuerlegen, und die EFPIA trägt im Übrigen ihre eigenen Kosten im Zusammenhang mit ihrem Streitbeitritt zur Unterstützung des Rechtsmittels von AZ.

206    Die Kommission trägt ihre eigenen Kosten im Zusammenhang mit ihrem Anschlussrechtsmittel.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Erste Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

1.      Das Rechtsmittel und die Anschlussrechtsmittel werden zurückgewiesen.

2.      Die AstraZeneca AB und die AstraZeneca plc tragen die Kosten im Zusammenhang mit ihrem Rechtsmittel.

3.      Die European Federation of Pharmaceutical Industries and Associations (EFPIA) trägt die Kosten ihres Anschlussrechtsmittels und ihre eigenen Kosten im Zusammenhang mit dem Rechtsmittel der AstraZeneca AB und der AstraZeneca plc.

4.      Die Europäische Kommission trägt ihre eigenen Kosten im Zusammenhang mit ihrem Anschlussrechtsmittel.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Englisch.