Language of document : ECLI:EU:C:2011:297

SCHLUSSANTRÄGE DER GENERALANWÄLTIN

Juliane Kokott

vom 12. Mai 2011(1)

Verbundene Rechtssachen C‑483/09 und C‑1/10

Magatte Gueye

und

Valentín Salmerón Sánchez

(Vorabentscheidungsersuchen der Audiencia Provincial de Tarragona, Spanien)

„Rahmenbeschluss 2001/220/JI – Stellung des Opfers im Strafverfahren – Opferschutz – Strafzumessung – Als Nebenstrafe zwingend zu verhängendes Näherungsverbot zwischen Täter und Opfer – Berücksichtigung des Opferwillens – Schlichtung im Rahmen des Strafverfahrens“





I –    Einführung

1.        Im Mittelpunkt der vorliegenden Vorabentscheidungsersuchen steht die Frage, ob der Rahmenbeschluss 2001/220/JI des Rates vom 15. März 2001 über die Stellung des Opfers im Strafverfahren(2) einer nationalen Regelung entgegensteht, nach der in Fällen häuslicher Gewalt ausnahmslos und zwingend dem Täter als Nebenstrafe verboten wird, Kontakt zum Opfer aufzunehmen, und zwar selbst in Fällen, in denen das Opfer den Kontakt zum Täter wieder aufnehmen möchte.

II – Rechtlicher Rahmen

A –    Unionsrecht

2.        Art. 2 Abs. 1 des Rahmenbeschlusses 2001/220, überschrieben mit „Achtung und Anerkennung“, sieht Folgendes vor:

„Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass in ihren Strafrechtssystemen Opfern tatsächlich und angemessen Rechnung getragen wird. Sie bemühen sich weiterhin nach Kräften, um zu gewährleisten, dass das Opfer während des Verfahrens mit der gebührenden Achtung seiner persönlichen Würde behandelt wird, und erkennen die Rechte und berechtigten Interessen des Opfers insbesondere im Rahmen des Strafverfahrens an.“

3.        Art. 3, der die Überschrift „Vernehmung und Beweiserbringung“ trägt, bestimmt in Abs. 1:

„Die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass das Opfer im Verfahren gehört werden und Beweismaterial liefern kann.“

4.        Art. 8 des Rahmenbeschlusses 2001/220 betrifft das „Recht auf Schutz“. Sein Abs. 1 lautet:

„Die Mitgliedstaaten gewährleisten ein angemessenes Schutzniveau für die Opfer und gegebenenfalls ihre Familien oder gleichgestellte Personen, insbesondere hinsichtlich ihrer persönlichen Sicherheit und des Schutzes ihrer Privatsphäre, wenn die zuständigen Behörden der Auffassung sind, dass die ernste Gefahr von Racheakten besteht oder schlüssige Beweise für eine schwere und absichtliche Störung der Privatsphäre vorliegen.“

5.        Schließlich befasst sich Art. 10 Abs. 1 des Rahmenbeschlusses 2001/220 mit der Schlichtung im Strafverfahren:

„Die Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge, dass die Schlichtung in Strafsachen im Falle von Straftaten, die sie für eine derartige Maßnahme für geeignet halten, gefördert wird. “

B –    Nationales Recht

6.        Das vorlegende Gericht weist darauf hin, dass das spanische Recht für Straftaten im familiären Bereich in den letzten Jahren beträchtlich verschärft wurde. Als kriminalpolitischen Grund hierfür führt es an, dass solche Straftaten ein gesellschaftliches Übel darstellten, die Ausdruck der historisch ungleichen Machtbeziehungen zwischen Männern und Frauen seien.

7.        Aus den Ausführungen des vorlegenden Gerichts ergibt sich, dass die Gerichte in allen Fällen von Gewalt im häuslichen Bereich gemäß Art. 57 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 48 Abs. 2 des spanischen Strafgesetzbuchs (Código Penal, im Folgenden: CP) als Nebenstrafe zum Schutz des Opfers dem Täter das Verbot auferlegen müssen, sich dem Opfer zu nähern oder mit ihm Kontakt aufzunehmen. Dieses Näherungsverbot gilt für einen Zeitraum, der die gegen den Täter verhängte Freiheitsstrafe um ein bis fünf Jahre übersteigt bzw., wenn eine andere Strafe als Freiheitsstrafe gegen ihn verhängt wird, für einen Zeitraum von mehr als sechs Monaten und weniger als fünf Jahren. Das vorlegende Gericht führt aus, dass dies selbst in weniger schweren Fällen von Gewalt im häuslichen Bereich, wie Ohrfeige, Kratzer, Schubsen oder „leichter Bedrohung mit Worten ohne Waffen“, gilt.

8.        Das vorlegende Gericht betont, dass das Strafgesetzbuch die Gerichte verpflichtet, diese Nebenstrafe in allen Fällen zu verhängen, ohne dem Richter – abgesehen von ihrer Dauer – einen Spielraum zur Abwägung der Umstände des Einzelfalls einzuräumen, wie etwa der auf dem Spiel stehenden familiären Interessen, des Willens des Opfers oder seiner Entscheidung, das Zusammenleben wieder aufzunehmen.

9.        Art. 468 Abs. 2 CP ahndet den Verstoß gegen ein solches Näherungsverbot seinerseits als Straftat der Zuwiderhandlung gegen die Strafe. Nach einem Beschluss des Tribunal Supremo schließt auch die Zustimmung des Opfers zur Wiederaufnahme des Zusammenlebens die Straftat der Zuwiderhandlung nicht aus. Laut dem vorlegenden Gericht besteht sogar die theoretische Möglichkeit, dass das Opfer einer Straftat im familiären Bereich in bestimmten Fällen der Wiederaufnahme des Zusammenlebens mit dem Täter im gegenseitigen Einvernehmen als Anstifter oder Mittäter dieser Zuwiderhandlung verfolgt wird.

10.      Ein Verstoß gegen das durch eine Nebenstrafe angeordnete Näherungsverbot zieht im Übrigen nach Angaben des vorlegenden Gerichts aufgrund von Art. 84 Abs. 3 CP den Widerruf einer Strafaussetzung zur Bewährung nach sich, selbst wenn die Wiederaufnahme des Kontakts mit Einverständnis des Opfers erfolgte.

11.      Schließlich verweist das vorlegende Gericht darauf, dass Art. 87 Buchst. b Abs. 5 des Gerichtsverfassungsgesetzes (Ley Orgánica del Poder Judicial) die Schlichtung in allen Fällen von Straftaten oder Verstößen (einschließlich bloßer Beleidigungen), die im familiären Bereich begangen werden, untersagt.

III – Sachverhalt und Ausgangsverfahren

12.      Das Juzgado de lo Penal Nº 23 de Barcelona verurteilte Herrn Gueye wegen einer im Vorabentscheidungsersuchen nicht näher beschriebenen Straftat der Misshandlung im familiären Bereich zum Nachteil seiner Lebensgefährtin, mit der Herr Gueye in den vier vorausgegangenen Jahren eine Paarbeziehung unterhalten hatte. Das Gericht verhängte deswegen u. a. eine Nebenstrafe, die es dem Täter verbot, sich über einen Zeitraum von 17 Monaten dem Opfer auf weniger als 1 000 Meter zu nähern oder mit ihm Kontakt aufzunehmen.

13.      Herr Gueye nahm wenige Tage nach der Verurteilung das Zusammenleben mit dem Opfer wieder auf; dies geschah auf Wunsch des Opfers. Aufgrund dieses Verstoßes gegen das Näherungsverbot verurteilte ihn das Juzgado de lo Penal Nº 1 Tarragona wegen der Straftat der Zuwiderhandlung gegen die Strafe gemäß Art. 468 Abs. 2 CP. Gegen dieses Urteil legte Herr Gueye Berufung zur Vierten Abteilung der Audiencia Provincial de Tarragona, dem vorlegenden Gericht, ein.

14.      Die Audiencia Provincial de Tarragona hat des Weiteren als Rechtsmittelgericht über eine Verurteilung des Herrn Salmerón Sánchez wegen der Zuwiderhandlung gegen die Strafe gemäß Art. 468 Abs. 2 CP zu befinden. Herrn Salmerón Sánchez wird vorgeworfen, eine gegen ihn durch ein Urteil des Juzgado de Instrucción Nº 7, de Violencia Sobre la Mujer, de El Vendrell am 6. November 2006 verhängte Nebenstrafe missachtet zu haben, die es ihm verbot, sich über einen Zeitraum von 16 Monaten dem Opfer auf weniger als 500 Meter zu nähern oder mit ihm Kontakt aufzunehmen.

15.      Grundlage der Verurteilung zu der Nebenstrafe durch das Juzgado de Instrucción Nº 7, de Violencia Sobre la Mujer, de El Vendrell, war eine in dem Vorabentscheidungsersuchen nicht näher beschriebene Straftat der Misshandlung im familiären Bereich zum Nachteil seiner Lebensgefährtin, mit der der zweite Angeklagte in den sechs vorausgegangenen Jahren eine Paarbeziehung unterhielt.

16.      Nach den gerichtlichen Feststellungen haben in beiden Fällen die Angeklagten trotz des Näherungsverbots bereits wenige Tage nach der Verurteilung mit den Opfern wieder zusammengelebt. Bei ihrer Anhörung durch das Vorlagegericht gaben die Opfer jeweils an, aus freien Stücken, ohne dass sie hierzu gedrängt worden wären und ohne wirtschaftliche Not, die Beziehung mit den Tätern fortgesetzt zu haben; die Initiative hierzu sei maßgeblich von ihnen ausgegangen. Sie betrachten sich deshalb indirekt als Opfer der spanischen Strafbestimmungen, zumal sich bis zur Festnahme der Angeklagten wegen der Zuwiderhandlung gegen die Strafe das Zusammenleben problemlos gestaltet habe.

17.      Das Berufungsgericht hegt Zweifel an der Vereinbarkeit der spanischen Bestimmungen mit dem Rahmenbeschluss. Es könne zwar zum Schutz der Opfer erforderlich sein, ein Näherungsverbot auch gegen deren Willen zu verhängen. Dass das spanische Recht aber selbst in Fällen von geringfügigen Straftaten keinen Raum für eine Einzelfallabwägung und die Berücksichtigung des Opferwillens lasse und ausnahmslos die Verhängung eines Näherungsverbots von mindestens sechs Monaten verlange, erscheint ihm nicht angemessen.

IV – Vorabentscheidungsersuchen und Verfahren vor dem Gerichtshof

18.      Vor diesem Hintergrund hat das Berufungsgericht, die Audiencia Provincial de Tarragona, in dem Verfahren betreffend Herrn Gueye mit Beschluss vom 15. September 2009 und im Verfahren betreffend Herrn Salmerón Sánchez mit Beschluss vom 18. Dezember 2009 dem Gerichtshof die folgenden – jeweils in beiden Verfahren identischen – Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1.       Ist das im achten Erwägungsgrund des Rahmenbeschlusses 2001/220/JI erwähnte Recht des Opfers, verstanden zu werden, als positive Verpflichtung der mit der Strafverfolgung beauftragten staatlichen Behörden auszulegen, dem Opfer zu ermöglichen, seine Beurteilung, Überlegung und Meinung hinsichtlich der ummittelbaren Auswirkungen zum Ausdruck zu bringen, die die Verhängung von Strafen gegen den Täter, mit dem es eine familiäre oder eine starke emotionale Beziehung unterhält, haben kann?

2.       Ist Art. 2 des Rahmenbeschlusses dahin auszulegen, dass die Verpflichtung des Staates, die Rechte und legitimen Interessen des Opfers anzuerkennen, die Verpflichtung beinhaltet, dessen Meinung zu berücksichtigen, wenn die strafrechtlichen Folgen des Verfahrens unmittelbar und im Kern die Entwicklung seines Rechts auf freie Entfaltung der Persönlichkeit und des Privat- und Familienlebens beeinträchtigen können?

3.       Ist Art. 2 des Rahmenbeschlusses 2001/220 dahin auszulegen, dass die staatlichen Behörden den freien Willen des Opfers unbeachtet lassen können, wenn er der Anordnung oder der Aufrechterhaltung eines Näherungsverbots entgegensteht, der Täter ein Mitglied seiner Familie ist, keine objektive Wiederholungsgefahr festgestellt werden kann und ein Niveau der persönlichen, sozialen, kulturellen und emotionalen Kompetenz vorliegt, das die Prognose einer Unterwerfung unter den Täter ausschließt, oder ist vielmehr von der Berechtigung dieser Maßnahme in Anbetracht der spezifischen Merkmale dieser Straftaten auszugehen?

4.       Ist Art. 8 des Rahmenbeschlusses 2001/220, der bestimmt, dass die Mitgliedstaaten ein angemessenes Schutzniveau für die Opfer gewährleisten müssen, dahin auszulegen, dass er die unterschiedslose und zwingende Anordnung von Näherungsverboten oder Kontaktsperren als Nebenstrafen in sämtlichen Fällen von Opfern von Straftaten im familiären Bereich in Anbetracht der spezifischen Merkmale dieser Rechtsverstöße erlaubt, oder verlangt Art. 8 vielmehr eine einzelfallbezogene Abwägung, die es ermöglicht, im Einzelfall das in Anbetracht der beteiligten Interessen angemessene Schutzniveau festzustellen?

5.       Ist Art. 10 des Rahmenbeschlusses 2001/220 dahin auszulegen, dass er es zulässt, die Schlichtung in Strafverfahren wegen Straftaten, die im familiären Bereich begangen wurden, in Anbetracht der spezifischen Merkmale dieser Straftaten auszuschließen, oder ist vielmehr die Schlichtung auch in dieser Art von Verfahren zuzulassen, indem die beteiligten Interessen einzelfallbezogen abgewogen werden?

19.      Der Gerichtshof hat die beiden Verfahren mit Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofs vom 24. September 2010 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.

20.      In den beiden Verfahren vor dem Gerichtshof haben sich die italienische, die niederländische, die österreichische, die polnische, die schwedische und die spanische Regierung sowie die Europäische Kommission schriftlich geäußert; die deutsche Regierung hat in der Rechtssache C-483/09 eine schriftliche Stellungnahme abgegeben. An der mündlichen Verhandlung vom 3. März 2011 haben sich die deutsche und die spanische Regierung sowie die Regierung des Vereinigten Königreichs und die Kommission beteiligt.

V –    Rechtliche Würdigung

A –    Vorlageberechtigung und Zulässigkeit des Vorabentscheidungsersuchens

21.      An der Vorlageberechtigung der Audiencia Provincial de Tarragona bestehen keine Zweifel. Der im vorliegenden Fall auszulegende Rahmenbeschluss 2001/220 wurde auf Grundlage der Art. 31 und 34 Abs. 2 Satz 2 Buchst. b EU erlassen. Gemäß Art. 35 EU setzte ein Vorabentscheidungsersuchen zu einem auf dieser Rechtsgrundlage erlassenen Rechtsakt voraus, dass der betreffende Mitgliedstaat die Zuständigkeit des Gerichtshofs anerkannt hat. Bei dieser Beschränkung der Vorlageberechtigung bleibt es für eine Übergangszeit auch nach Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon.(3) Spanien hat eine entsprechende Erklärung gemäß Art. 35 Abs. 3 Buchst. a EU abgegeben,(4) nach welcher jedes spanische Gericht, dessen Entscheidungen selbst nicht mehr mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angegriffen werden können, vorlageberechtigt ist.

22.      Die Kommission hat unwidersprochen dargelegt, dass gegen die Entscheidung einer Audiencia provincial, die als Rechtsmittelgericht über ein Urteil eines Juzgado de lo Penal entscheidet, kein weiteres Rechtsmittel im spanischen Recht gegeben ist. Die Audiencia provincial ist im vorliegenden Fall somit ein letztinstanzlich entscheidendes Gericht im Sinne des Art. 35 Abs. 3 Buchst. a EU und damit vorlageberechtigt.

23.      Die Regierungen Spaniens und Italiens halten die Vorabentscheidungsersuchen mit der Begründung für unzulässig, dass die gestellten Fragen nicht entscheidungserheblich seien.

24.      Nach ständiger Rechtsprechung ist es im Rahmen der Zusammenarbeit zwischen dem Gerichtshof und den nationalen Gerichten zwar allein Sache des nationalen Gerichts, in dessen Verantwortungsbereich die zu erlassende gerichtliche Entscheidung fällt, im Hinblick auf die Besonderheiten der Rechtssache sowohl die Erforderlichkeit einer Vorabentscheidung zum Erlass seines Urteils als auch die Erheblichkeit der dem Gerichtshof von ihm vorgelegten Fragen zu beurteilen. Betreffen die vorgelegten Fragen die Auslegung des Unionsrechts, so ist der Gerichtshof grundsätzlich gehalten, darüber zu befinden,(5) und es gilt somit eine Vermutung der Erheblichkeit(6) zugunsten der von den nationalen Gerichten zur Vorabentscheidung vorgelegten Fragen.

25.      Nur in bestimmten Ausnahmefällen ist von der Unzulässigkeit eines Ersuchens auszugehen, und zwar insbesondere dann, wenn die erbetene Auslegung der in diesen Fragen erwähnten Bestimmungen des Unionsrechts offensichtlich hypothetischer Natur ist.(7) Vor diesem Hintergrund überzeugen mich die Einwände der beiden Regierungen nicht.

26.      Die spanische Regierung führt aus, dass die vorgelegten Fragen hypothetisch seien, da Gegenstand der Ausgangsverfahren nicht mehr das Näherungsverbot selbst, sondern vielmehr die Sanktion wegen des Verstoßes gegen das Nährungsverbot, nämlich die Straftat der Zuwiderhandlung gegen die Strafe, sei. Die Fragen des vorlegenden Gerichts beträfen aber nur das Näherungsverbot und nicht die Straftat der Zuwiderhandlung gegen das Näherungsverbot.

27.      Ob das vorlegende Gericht jedoch bei der Entscheidung über die Zuwiderhandlung gegen die Strafe die Zulässigkeit der Verhängung des zugrunde liegenden Näherungsverbots berücksichtigen muss, kann oder will, fällt in seine Zuständigkeit. Daher steht es ihm frei, nach der Auslegung des Rahmenbeschlusses im Zusammenhang mit einem solchen Näherungsverbot zu fragen.

28.      Die italienische Regierung hält das Ersuchen für unzulässig, da – wenn man annähme, dass das nationale Recht dem Rahmenbeschluss widerspreche –, eine rahmenbeschlusskonforme Auslegung desselben nicht möglich sei. Diese könne allenfalls contra legem erfolgen. Das vorlegende Gericht verweise nämlich selbst darauf, dass bei Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 57 Abs. 2 CP ein Näherungsverbot als Nebenstrafe zwingend zu verhängen sei.

29.      Der Gerichtshof hat wiederholt festgestellt, dass die Verpflichtung des nationalen Richters zur konformen Auslegung nicht als Grundlage für eine Auslegung contra legem des nationalen Rechts dienen darf.(8) Es scheint mir aber noch nicht ganz eindeutig geklärt zu sein, ob sich aus dem Unionsrecht selbst ein Verbot einer Auslegung contra legem ergibt(9) oder ob das Unionsrecht lediglich einem nationalen Verbot einer Auslegung contra legem nicht entgegensteht.(10) Jedenfalls in einer Konstellation, in der das nationale Recht eine solche Auslegung zulässt und diese nicht zu einer Belastung für den Einzelnen führen würde, beispielsweise wie im vorliegenden Zusammenhang nicht zu einer Strafbegründung oder -schärfung, sondern im Gegenteil zu einem Entfallen der Strafe, ist nicht ersichtlich, wieso das Unionsrecht dem entgegenstehen sollte.

30.      Im Rahmen des vorliegenden Verfahrens ist diese Frage aber nicht abschließend zu erörtern. Denn es ist hier im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung jedenfalls nicht offensichtlich, dass das vorlegende Gericht – gesetzt den Fall, dass der Rahmenbeschluss dem nationalen Recht entgegenstünde – nur über eine Auslegung contra legem zu einem rahmenbeschlusskonformen Ergebnis kommen könnte. In jedem Fall ist nämlich von den nationalen Gerichten bei der rahmenbeschlusskonformen Auslegung zu verlangen, gegebenenfalls das gesamte nationale Recht zu berücksichtigen, um zu beurteilen, inwieweit es so angewendet werden kann, dass kein dem Rahmenbeschluss widersprechendes Ergebnis erzielt wird.(11)

31.      Die spanische Regierung selbst hat in ihrer Stellungnahme ausgeführt, dass es in der spanischen Rechtsprechung durchaus streitig ist, inwieweit das spanische Recht nicht doch eine Berücksichtigung des Opferwillens zulasse. So hat sie darauf hingewiesen, dass den Ausführungen des Tribunal Supremo zur Strafbarkeit der Zuwiderhandlung gegen das Näherungsverbot, aus der sich die Unbeachtlichkeit eines entgegenstehenden Opferwillens im Rahmen der Sanktionierung des Verstoßes gegen das Näherungsverbot ergibt, kein „zwingender Charakter“ beizumessen sei. Im Licht dieser Ausführungen ist nicht offensichtlich, dass eine rahmenbeschlusskonforme Auslegung unmöglich und somit eine Antwort des Gerichtshofs ohne jede Bedeutung für das Ausgangsverfahren wäre.

32.      Die Vorabentscheidungsersuchen sind demzufolge zulässig.

B –    Zur Auslegung des Rahmenbeschlusses 2001/220

33.      Das vorlegende Gericht möchte mit seinen Ersuchen im Wesentlichen wissen, ob der Rahmenbeschluss einer nationalen Regelung entgegensteht, die bei Straftaten im familiären Bereich zwingend die Verhängung eines Kontaktverbots zwischen Täter und Opfer vorschreibt, ohne die Möglichkeit vorzusehen, nach Abwägung der Umstände des Einzelfalls und insbesondere des Wunsches des Opfers auf Wiederaufnahme der Beziehung zum Täter ausnahmsweise von einem solchen Verbot abzusehen.

1.      Vorbemerkung

34.      Eine Regelung, die in allen Fällen häuslicher Gewalt – wie das vorlegende Gericht betont, selbst bei verbalen Drohungen – ein zwingendes Näherungsverbot als Nebenstrafe vorsieht, und zwar von einer Dauer, die die verhängte Freiheitsstrafe um mindestens ein Jahr übersteigt und in Fällen, in denen keine Freiheitsstrafe verhängt wurde, mindestens sechs Monate(12) betragen muss, ist sehr streng.

35.      Das vorlegende Gericht bringt seine Zweifel an der Verhältnismäßigkeit eines solchen Näherungsverbots in Situationen, in denen das Opfer selbstbestimmt und ohne Druck das Zusammenleben mit dem Täter wieder aufnehmen möchte, deutlich zum Ausdruck. Es fragt sich, ob es nicht Ausnahmesituationen geben kann, in denen die Verhängung einer solchen Sanktion die Interessen und Rechte des Opfers, zu dessen Schutz es eigentlich gedacht ist, selbst verletzen kann. Das Opfer kann sich insofern auf sein Grundrecht auf Achtung seines Privat- und Familienlebens stützen. Die deutsche Regierung führte in der mündlichen Verhandlung als Beispielsfall die Situation eines Paares an, das gemeinsam ein Unternehmen betreibt. In diesem Fall könne ein Näherungsverbot zum Untergang des Unternehmens führen und damit sogar die wirtschaftliche Grundlage des Opfers zerstören.

36.      Die spanische Regierung betonte hingegen, dass die strengen Regelungen erforderlich seien, um effektiv gegen das Phänomen der häuslichen Gewalt vorzugehen. Insofern ist zu beachten, dass den Gesetzgeber eine Schutzpflicht gegenüber den Opfern trifft. Diese Schutzpflichten hat unlängst auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte betont.(13) Gerade in Fällen häuslicher Gewalt kann ein Näherungsverbot ein sinnvolles Mittel sein, das dem Opfer die Möglichkeit gibt, frei von unmittelbarem Druck sein Leben neu zu ordnen. Das vorlegende Gericht verweist zwar darauf, dass die Opfer in den Ausgangsverfahren ihren Wunsch, das Zusammenleben mit dem Täter wieder aufzunehmen, in völliger Selbstbestimmung getroffen hätten. Bei Fällen häuslicher Gewalt wird es aber nicht immer leicht zu ermitteln sein, ob auf das Opfer tatsächlich kein Druck ausgeübt wurde, erfolgt dieser doch meistens nicht vor den Augen der Öffentlichkeit.

37.      Es wird deutlich, dass ein zwingendes Näherungsverbot im Spannungsfeld zwischen dem Erfordernis eines effektiven staatlichen Vorgehens gegen häusliche Gewalt einerseits und der Achtung des Privat- und Familienlebens sowie der Privatautonomie andererseits steht. Das hier nur knapp skizzierte Problemfeld macht eine schwierige Abwägung der verschiedenen Rechtsgüter erforderlich.

38.      Um das Ergebnis meiner Prüfung vorwegzunehmen: Meiner Ansicht nach fällt diese schwierige Abwägungsfrage nicht in den sachlichen Anwendungsbereich des Rahmenbeschlusses 2001/220, sondern ist vielmehr eine Frage des nationalen Verfassungsrechts(14) und der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten(15).

39.      Wie ich im Folgenden darlegen werde, hat der Rahmenbeschluss allein die Stellung des Opfers im Strafverfahren – sei dieses auch weit zu verstehen – zum Gegenstand. Er macht hingegen keine Vorgaben für das materielle Strafrecht, insbesondere keine zu Art und Maß der Strafen. Die Frage der Angemessenheit eines zwingenden Näherungsverbots, wie es die spanische Strafrechtsordnung vorsieht, liegt somit außerhalb seines sachlichen Anwendungsbereichs.

40.      Im Folgenden werde ich zunächst das allgemeine Regelungsziel des Rahmenbeschlusses 2001/220 erläutern, um dann die ersten beiden Fragen sowie die dritte und die vierte Frage jeweils gemeinsam zu untersuchen. Abschließend beantworte ich die fünfte Frage.

2.      Das allgemeine Regelungsziel des Rahmenbeschlusses 2001/220

41.      Mit dem Rahmenbeschluss 2001/220 sollten Mindeststandards für den Schutz der Opfer von Straftaten ausgearbeitet werden.(16) Sein allgemeines Ziel ist es, die Interessen der Opfer von Straftaten in den verschiedenen Phasen eines Strafverfahrens zu schützen und hierfür unionsweit ein vergleichbares, hohes Schutzniveau zu garantieren, unabhängig davon, in welchem Land sich das Opfer aufhält.(17) Die Mitgliedstaaten sollen dafür Sorge tragen, dass das Opfer einer Straftat auch Unterstützungsmaßnahmen erhält, die geeignet sind, die Folgen der Straftat abzumildern.(18)

42.      Nach dem achten Erwägungsgrund des Rahmenbeschlusses bedarf es einer Angleichung der die Stellung und wichtigsten Rechte des Opfers betreffenden Vorschriften, darunter insbesondere das Recht auf eine Behandlung unter Achtung der Würde des Opfers, das Recht, Informationen zu erteilen und zu erhalten, das Recht, zu verstehen und verstanden zu werden, das Recht, in den verschiedenen Phasen des Verfahrens geschützt zu werden, das Recht auf Berücksichtigung der Schwierigkeiten infolge des Wohnsitzes in einem anderen Mitgliedstaat als jenem, in dem die Straftat begangen wurde. Mit anderen Worten soll das Opfer einer Straftat nicht nur bloßes Objekt des Verfahrens sein. Vielmehr ist es – wie der fünfte Erwägungsgrund betont – „wichtig, die Bedürfnisse der Opfer auf integrierte und strukturierte Weise zu berücksichtigen und zu behandeln und dabei partielle oder inkohärente Lösungen, die zu sekundärer Viktimisierung führen können, zu vermeiden“.

3.      Erste und zweite Vorlagefrage

43.      Mit seinen ersten beiden Fragen möchte das vorlegende Gericht wissen, ob zum einen der achte Erwägungsgrund des Rahmenbeschlusses die Mitgliedstaaten verpflichtet, das Opfer hinsichtlich der Auswirkungen einer Strafe gegen den Täter anzuhören, mit dem es eine familiäre Beziehung unterhält, und zum anderen, ob aus Art. 2 des Rahmenbeschlusses folgt, dass die Gerichte diese Meinungsäußerung berücksichtigen müssen.

44.      Im Hinblick auf die erste Frage ist zunächst klarzustellen, dass aus dem Erwägungsgrund eines Rahmenbeschlusses keine rechtliche Verpflichtung für die Mitgliedstaaten folgen kann.(19) Die Erwägungsgründe können nur zur Auslegung seiner Bestimmungen herangezogen werden.

45.      Ein Anhörungsrecht der Opfer ist in Art. 3 des Rahmenbeschlusses normiert. Danach gewährleisten die Mitgliedstaaten, dass das Opfer im Verfahren gehört werden und Beweismaterial liefern kann. Da mit Art. 3 eine spezielle Regelung zum Anhörungsrecht des Opfers existiert, ist dieser auch vorrangig gegenüber Art. 2 Abs. 1 bei der Beantwortung der zweiten Vorlagefrage zu prüfen. Der achte Erwägungsgrund kann somit allenfalls bei der Konkretisierung von Art. 3 Bedeutung erlangen.

a)      Art. 3 des Rahmenbeschlusses

46.      Wie der Gerichtshof bereits im Zusammenhang mit dem in Art. 3 vorgesehenen Recht der Opfer, Beweismaterial zu liefern, festgestellt hat, kommt den Mitgliedstaaten bei der Umsetzung dieser Verpflichtung ein weites Ermessen zu.(20) Der neunte Erwägungsgrund des Rahmenbeschlusses betont daher auch, dass die Mitgliedstaaten nicht verpflichtet sind, die Opfer den Prozessparteien gleichzustellen. Es steht ihnen somit frei, festzulegen, in welcher Form sie den Opfern das Anhörungsrecht gewähren.

47.      Um den Interessen des Opfers gerecht zu werden und es nicht auf eine rein passive Rolle zu beschränken, verbietet sich aber – worauf die deutsche und die polnische Regierung zu Recht hinweisen – ein enges Verständnis dieses Anhörungsrechts. Das Recht des Opfers auf rechtliches Gehör muss neben der Möglichkeit, den Ablauf der Tat zu schildern, auch das Recht umfassen, seine subjektiven Beurteilungen und Erwartungen an das Verfahren mitzuteilen. Jedenfalls in einer Konstellation, in der das Opfer mit dem Täter eine enge persönliche Beziehung unterhält, und sich somit ein Näherungsverbot mittelbar auf das Privat- und Familienleben des Opfers auswirkt, ist vom Anhörungsgebot auch die Meinung des Opfers hinsichtlich der Verhängung desselben umfasst.

48.      Damit diesem Anhörungsrecht nicht seine praktische Wirksamkeit genommen wird(21), muss auch die Möglichkeit bestehen, dass die Stellungnahme des Opfers in die Strafzumessung einfließen kann. Der Gerichtshof hat bei der Auslegung von Art. 3 auf die Aussage von Art. 2 Abs. 1 zurückgegriffen.(22) Danach sorgen die Mitgliedstaaten dafür, dass in ihren Strafrechtssystemen Opfern tatsächlich und angemessen Rechnung getragen wird. Um diesem Anspruch gerecht zu werden, muss sich das Gericht mit den Aussagen des Opfers auseinandersetzen und es muss somit die Möglichkeit bestehen, dass diese in die Urteilsfindung des Gerichts einfließen können. Denn dem Opfer käme keine tatsächliche Rolle im Verfahren zu, wenn seine Aussage nicht berücksichtigt werden müsste.

49.      Aus dem Anhörungsrecht kann aber – wie u. a. die österreichische Regierung zu Recht betont – nicht folgen, dass die Verhängung der Strafe in die Disposition des Opfers gestellt wird. Die Frage der Strafzumessung erfordert vielmehr eine komplexe Abwägung, bei der ganz verschiedene Aspekte zu berücksichtigen sind, so dass diese sich nicht allein auf den Wunsch des Opfers stützen kann. Daher ist das zuständige Gericht nicht an die Einschätzung des Opfers gebunden. Als weiteres Argument gegen eine verpflichtende Berücksichtigung des Opferwillens hat die schwedische Regierung zu Recht vorgetragen, dass dann die Gefahr bestünde, dass das Opfer vom Täter unter Druck gesetzt würde, um vor Gericht für eine milde Strafe zu plädieren.

50.      Wie ich bei der Beantwortung der Fragen drei und vier ausführen werde, steht die Effektivität dieses Anhörungsrechts aber nicht einer im nationalen Recht vorgesehenen Mindeststrafe entgegen. Die von Art. 3 des Rahmenbeschlusses verlangte Berücksichtigungsmöglichkeit der Meinung des Opfers muss nur innerhalb des im nationalen Recht vorgesehenen Strafrahmens bestehen.

b)      Zwischenergebnis

51.      Als Zwischenergebnis ist somit festzuhalten, dass Art. 3 Abs. 1 die Mitgliedstaaten verpflichtet, dem Opfer die Möglichkeit einzuräumen, seine Ansicht zur Verhängung eines Näherungsverbots gegen den Täter, mit dem das Opfer eine familiäre oder starke emotionale Beziehung unterhält, zum Ausdruck zu bringen. Es muss auch die Möglichkeit gegeben sein, dass das Gericht die Stellungnahme des Opfers bei seiner Urteilsfindung berücksichtigen kann. Dies gilt jedoch nur im Rahmen des vom nationalen Recht vorgesehenen Strafrahmens. Klarzustellen ist, dass dies nicht bedeutet, dass das Gericht dem Willen des Opfers folgen müsste. Es ist bei der Strafzumessung nicht an die hierzu geäußerte Ansicht des Opfers gebunden.

4.      Dritte und vierte Vorlagefrage

52.      Mit diesen beiden Fragen möchte das vorlegende Gericht im Kern wissen, ob der Rahmenbeschluss einem Näherungsverbot entgegensteht, das ohne Abwägung der Umstände des Einzelfalls und auch gegen den Willen des Opfers in allen Fällen häuslicher Gewalt zwingend zu verhängen ist.

53.      Im Anschluss an die zuvor erfolgte Auslegung des Art. 3 ist zunächst auf das Anhörungsrecht einzugehen.

a)      Art. 3 des Rahmenbeschlusses

54.      Anknüpfend an das im Rahmen der ersten beiden Fragen erörterte Anhörungsrecht der Opfer könnte man argumentieren, dass das Anhörungsrecht nur dann effektiv ist, wenn die Anhörung des Opfers in bestimmten Fällen dazu führen kann, dass gar kein Näherungsverbot verhängt wird. Nach den Angaben des vorlegenden Gerichts gilt bei einer Verurteilung des Täters zu einer Freiheitsstrafe das Näherungsverbot mindestens ein Jahr über die Verbüßung der Freiheitsstrafe hinaus, und in den sonstigen Fällen hat es eine Mindestdauer von sechs Monaten. Auf Nachfrage des Gerichtshofs erklärte die spanische Regierung in der mündlichen Verhandlung zudem, dass in bestimmten Fällen die Mindestdauer des Näherungsverbots wohl auch auf einen Monat reduziert werden könne.

55.      Vor dem Hintergrund einer Mindestdauer des Näherungsverbots von sechs Monaten äußerte das Vereinigte Königreich in der mündlichen Verhandlung Zweifel an der Konformität der spanischen Regelung mit dem Rahmenbeschluss. Das Anhörungsrecht des Opfers hinsichtlich der zu verhängenden Sanktion laufe bezüglich dieser sechs Monate leer. Denn unabhängig davon, was das Opfer vortrage, könne das Gericht kein kürzeres Näherungsverbot als sechs Monate verhängen. Dies entspreche aber nicht dem Erfordernis eines effektiven Anhörungsrechts.

56.      Meiner Ansicht nach kann dem Anhörungsrecht jedoch nicht eine solche Wirkung auf die im nationalen Recht vorgesehene Strafhöhe zukommen. Solange ein Opfer seine Auffassung zu einem zu verhängenden Näherungsverbot kundtun und seine Aussage innerhalb des vom nationalen Recht vorgegebenen Strafrahmens generell Berücksichtigung finden kann, ist den Anforderungen von Art. 3 Genüge getan.

57.      Weiter gehende Vorgaben würden über den verfahrensrechtlichen Regelungsgehalt des Rahmenbeschlusses hinausgehen. Denn Ziel des Rahmenbeschlusses ist es, dem Opfer einer Straftat im Strafverfahren bestimmte Verfahrensgarantien zu gewährleisten. Ob und welche Nebenstrafen ein Mitgliedstaat bei Delikten häuslicher Gewalt vorsieht, ist nicht Regelungsgegenstand des Rahmenbeschlusses 2001/220. Dieser regelt nicht generell und umfassend alle Aspekte des Opferschutzes, sondern spezifisch diejenigen in Bezug auf die Verfahrensgarantien im Strafprozess. Das Anhörungsrecht des Opfers gemäß Art. 3 darf daher nicht so weit verstanden werden, dass hierüber mittelbar sogar der im nationalen Recht vorgesehene Strafrahmen selbst beeinflusst wird.

58.      Grundsätzlich war übrigens auch das Vereinigte Königreich der Auffassung, dass das materielle Strafrecht, und damit Art und Dauer von Strafen, nicht in den Anwendungsbereich des Rahmenbeschlusses falle.

b)      Art. 8 des Rahmenbeschlusses 2001/220

59.      Aus der in Art. 8 verwendeten Formulierung des „angemessenen Schutzniveaus für die Opfer“ leitet die deutsche Regierung ab, dass der Rahmenbeschluss einer ausnahmslos zwingenden Anordnung des Näherungsverbots entgegensteht. Aus dem Erfordernis der Angemessenheit des Opferschutzes folge die Pflicht der Mitgliedstaaten zur Einzelfallabwägung eines Näherungsverbots.

60.      Diese Auslegung überzeugt mich nicht. Zunächst einmal war ein zu weitgehender Opferschutz sicher nicht das, was der Unionsgesetzgeber vor Augen hatte, als er in Art. 8 Abs. 1 einen angemessenen Opferschutz forderte. Im vorliegenden Fall könnte der durch das spanische Näherungsverbot folgende Schutz aber nur deshalb unangemessen sein, da er gegen den Willen des Opfers erfolgt und somit gegebenenfalls zu weitgehend sein könnte. Das Erfordernis eines angemessenen Opferschutzes wurde vielmehr aus Sorge vor einem zu niedrigen Schutzniveau in Art. 8 aufgenommen.

61.      Davon abgesehen hat, wie aus dem Regelungskontext des Art. 8 folgt, dieser den Schutz des Opfers im Rahmen des Verfahrens zum Gegenstand, „wenn die ernste Gefahr von Racheakten besteht oder schlüssige Beweise für eine schwere und absichtliche Störung der Privatsphäre“. Wie die schwedische Regierung zu Recht hervorhebt, sollen diese Schutzmaßnahmen also das Opfer vor Übergriffen oder Einflussnahmen durch den Täter oder eine aus seinem Umfeld stammende Person während des Verfahrens schützen. Bei Art. 8 Abs. 1 geht es nicht um den Schutz des Opfers vor negativen Konsequenzen von gegen den Täter verhängten Strafen.

62.      Für die hier vertretene Auslegung spricht außerdem, worauf die niederländische Regierung in ihrer Stellungnahme verweist, der Zusammenhang mit den anderen Absätzen des Art. 8 des Rahmenbeschlusses 2001/220. So sollen gemäß dessen Abs. 3 die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass eine Begegnung des Opfers mit dem Täter an den Gerichtsorten nach Möglichkeit durch Vorhalten getrennter Warteräume vermieden werden soll. Demselben Zweck dient Art. 8 Abs. 4 des Rahmenbeschlusses 2001/220, der darüber hinaus verhindern will, dass das Opfer dem Täter in öffentlicher Verhandlung gegenübertreten und dort aussagen muss. All das sind Aspekte, die das Strafverfahren betreffen.

63.      Die Schutzgarantie des Art. 8 des Rahmenbeschlusses 2001/220 hat mit anderen Worten vor allem eine dienende Funktion: Sie soll sicherstellen, dass das Opfer die übrigen ihm garantierten Verfahrensrechte ungefährdet, ohne Ängste und damit wirksam ausüben kann. Art. 8 steht somit im Zusammenhang mit Rechten des Opfers im Verfahren und hat nicht umfassend alle denkbaren Interessen des Opfers zum Gegenstand.

64.      Somit folgt auch aus Art. 8 des Rahmenbeschlusses nicht, dass dieser einem im nationalen Strafrecht vorgesehenen zwingenden Näherungsverbot entgegensteht.

c)      Artikel 2 des Rahmenbeschlusses

65.      Gemäß Art. 2 Abs. 1 des Rahmenbeschlusses 2001/220 sorgen die Mitgliedstaaten dafür, dass in ihren Strafrechtssystemen Opfern tatsächlich und angemessen Rechnung getragen wird, und erkennen die Rechte und berechtigten Interessen des Opfers insbesondere im Rahmen des Strafverfahrens an.

66.      Art. 2 enthält keine konkreten Verbürgungen, sondern ist ausgesprochen offen formuliert. Der Gerichtshof hat ihn daher auch bislang jeweils zur Auslegung der konkreten Verbürgungen der nachfolgenden Artikel des Rahmenbeschlusses herangezogen.(23) Er soll daher eher in allgemeiner Form das Programm des Rahmenbeschlusses umreißen, bevor in den nachfolgenden Artikeln die konkreten Verpflichtungen der Mitgliedstaaten folgen.

67.      Aus Art. 2 kann jedenfalls kein Verbot eines zwingend und ausnahmslos zu verhängenden Näherungsverbots abgeleitet werden. Die Frage der Verhältnismäßigkeit eines zwingend zu verhängenden Näherungsverbots betrifft die im materiellen Strafrecht vorgesehenen Strafen. Die allgemeine Bezugnahme in Art. 2 auf Achtung und Anerkennung des Opfers kann nicht zu einer Verpflichtung der Mitgliedstaaten führen, die Opferinteressen im gesamten, auch materiellen Strafrecht zu realisieren, sondern beschränkt sich vielmehr auf den strafverfahrensrechtlichen Kontext.

68.      Dies lässt sich ohne Weiteres aus dem Titel und aus dem Gesamtzusammenhang der Bestimmungen des Rahmenbeschlusses 2001/220 ableiten. Sämtliche dem Art. 2 nachfolgenden Regelungen dienen der näheren Ausgestaltung und Konkretisierung der Stellung des Opfers gerade in Bezug auf das Strafverfahren. So betreffen diese u. a. die „Vernehmung und Beweiserbringung“, das Recht auf „Erhalt von Informationen“, „Kommunikationsgarantien“ und „Ausgaben des Opfers im Strafverfahren“. An keiner Stelle des Rahmenbeschlusses finden sich hingegen explizit Aspekte des Opferschutzes, die das materielle Strafrecht betreffen.

69.      Im Rahmenbeschluss finden sich weder Aussagen zum materiellen Strafrecht der Mitgliedstaaten im Allgemeinen noch zu der hierzu gehörenden Frage der Strafen für den Täter. Auch aus der Definition des Opfers in Art. 1 lässt sich ablesen, dass der Rahmenbeschluss das materielle Strafrecht nicht tangieren will, sondern dieses als Ausgangspunkt für die prozessualen Rechte des Opfers nimmt. Opfer ist danach nämlich nur diejenige Person, die einen Schaden als Folge einer Handlung erlitten hat, die einen Verstoß gegen das Strafrecht eines Mitgliedstaats darstellt.

70.      Ein gegenteiliges Ergebnis folgt auch nicht aus der ebenfalls in Art. 1 enthaltenen Definition des Begriffs „Verfahren“, wie er auch in Art. 2 Abs. 1 verwendet wird. Dieses wird dort definiert als „Verfahren im weitesten Sinne“, das abgesehen vom eigentlichen Strafverfahren alle Kontakte umfasst, die das Opfer als solches mit Behörden usw. vor dem Strafverfahren, während des Strafverfahrens oder nach dem Strafverfahren unterhält. Daraus kann man nicht ableiten, dass auch die Ausgestaltung der materiellen Strafen unter den Begriff des Verfahrens fällt. Der sechste und der zehnte Erwägungsgrund thematisieren die Bedeutung von Unterstützungsmaßnahmen und Einrichtungen für Opferhilfe vor und nach dem Strafverfahren.

71.      Dass der Rahmenbeschluss ein weites Verständnis des Verfahrensbegriffs zugrunde legt, ist nur folgerichtig, versteht er doch gemäß Art. 1 unter Strafverfahren das jeweilige Verfahren im Sinne des nationalen Rechts. Da die nationalen Rechtsordnungen hinsichtlich dessen, was sie zum Strafverfahren im eigentlichen Sinne zählen, divergieren können, ist es für einen unionsweiten Schutz der Opfer erforderlich, auch Aspekte, die mit dem Strafverfahren in unmittelbarem Zusammenhang stehen, aber vor diesem liegen oder ihm nachfolgen, mit einzubeziehen. Auch mag der Schutz des Opfers erfordern, dass Hilfs- und Unterstützungsmaßnahmen nicht mit der Verkündung des Urteils abrupt enden, sondern für eine gewisse Zeit nachwirken.

72.      Selbst ein weites Verständnis des Verfahrensbegriffs lässt jedoch eine strafrechtliche Sanktion gegen den Täter nicht zu einem Verfahrensaspekt werden. Der Rahmenbeschluss regelt eben nicht generell und umfassend alle Aspekte des Opferschutzes, sondern nur in Bezug auf die Verfahrensgarantien im Strafprozess. Der Rahmenbeschluss hat folglich nicht zum Gegenstand, das Opfer vor mittelbaren, außerprozessualen Folgen der von einem Gericht gegen den Täter verhängten Strafe zu schützen.

73.      Bei einer Auslegung des Rahmenbeschlusses, die mittelbar Auswirkungen auf die im nationalen Recht vorgesehenen Strafen hätte, würde sich im Übrigen die Frage stellen, ob die Europäische Union hierfür überhaupt eine Rechtsetzungskompetenz hätte.

74.      Bereits an anderer Stelle(24) hatte ich darauf aufmerksam gemacht, dass gewisse Zweifel bestehen, ob Fragen des Opferschutzes im Strafverfahren tatsächlich von der im Rahmenbeschluss 2001/220 genannten Rechtsgrundlage (Art. 34 Abs. 2 Satz 2 Buchst. b EU) umfasst sind. Noch mehr gilt dies für die im vorliegenden Fall angesprochenen Aspekte der materiellen Strafen und Strafzumessung. Auch der Gedanke einer primärrechtskonformen Auslegung spricht somit dagegen, den Rahmenbeschluss dahin auszulegen, dass er die Angemessenheit von Strafen umfasst.

75.      Abschließend ist noch auf die Charta der Grundrechte einzugehen, auf die sich insbesondere die Kommission bezieht. Nach Ansicht der Kommission führt die in Art. 2 Abs. 1 des Rahmenbeschlusses enthaltene Verpflichtung der Mitgliedstaaten, die Rechte der Opfer im Strafverfahren anzuerkennen, auch dazu, dass die Mitgliedstaaten alle Rechte der Charta der Grundrechte gewähren müssen. Die Kommission prüft daher einen Verstoß gegen Art. 7 der Charta, der das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens statuiert.

76.      Insofern ist daran zu erinnern, dass der Rahmenbeschluss zwar so auszulegen ist, dass die Grundrechte beachtet werden.(25) Dies kann aber nur im Rahmen seines sachlichen Anwendungsbereichs gelten. Dass in den vorliegenden Sachverhalten Grundrechte der Opfer betroffen sein können, habe ich eingangs skizziert. Gleichwohl kann aber diese Feststellung nicht dazu führen, dem Rahmenbeschluss einen Inhalt zu geben, den er nicht hat.

77.      Vorliegend stellt sich daher auch nicht die Frage nach der Auslegung von Art. 51 Abs. 1 der Charta der Grundrechte, der ihren Anwendungsbereich festlegt. Danach gilt die Charta für die Mitgliedstaaten „ausschließlich bei der Durchführung des Rechts der Union“. Es ist noch nicht abschließend geklärt, ob dies eng zu verstehen ist oder umfassend alle Fälle meint, in denen eine nationale Regelung in den Anwendungsbereich des Unionsrechts fällt.(26)

78.      Da der Rahmenbeschluss nur die strafprozessualen Aspekte des Opferschutzes zum Gegenstand hat und nicht die gegenüber dem Täter zu verhängenden Strafen, fällt die vorliegende Konstellation bereits nicht in den Anwendungsbereich des Rahmenbeschlusses und damit des Unionsrechts.

79.      Der Gerichtshof ist daher nicht zuständig für die Prüfung, ob und inwieweit die von dem Vorlagegericht bemängelten Regelungen des spanischen Strafrechts über die Verhängung eines Näherungsverbots bei Straftaten häuslicher Gewalt in Einklang mit den Grundrechten, etwa der Pflicht zur Achtung des Privat- und Familienlebens, stehen.(27) Diese Prüfung der Grundrechte der Betroffenen bleibt vielmehr Aufgabe des nationalen Verfassungsgerichts beziehungsweise des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte.

d)      Zwischenergebnis

80.      Als Antwort auf die dritte und die vierte Vorlagefrage bleibt somit Folgendes festzuhalten: Der Rahmenbeschluss 2001/220 berührt nicht die Frage der Angemessenheit zu verhängender Strafen. Er steht daher einer nationalen Regelung, die ausnahmslos und zwingend als Nebenstrafe ein Näherungsverbot vorsieht, nicht entgegen.

5.      Fünfte Vorlagefrage

81.      Mit seiner fünften Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 10 des Rahmenbeschlusses 2001/220 dahin auszulegen ist, dass er die Mitgliedstaaten verpflichtet, eine Schlichtungsmöglichkeit auch bei Straftaten vorzusehen, die im familiären Bereich begangen wurden.

82.      Hierzu ist zunächst erneut darauf hinzuweisen, dass der Rahmenbeschluss allein hinsichtlich seines Zieles verbindlich ist, den nationalen Stellen jedoch die Wahl der Form und der Mittel überlässt. Bei der konkreten Umsetzung ist den Mitgliedstaaten ein weites Ermessen zuzubilligen.(28)

83.      In Bezug auf die Möglichkeit einer Schlichtung im Rahmen des Strafverfahrens gibt Art. 10 des Rahmenbeschlusses 2001/220 den Mitgliedstaaten lediglich auf, dafür Sorge zu tragen, die Schlichtung im Fall von Straftaten zu fördern, die sie „für geeignet halten“. Bereits dieses offene Kriterium der Geeignetheit macht deutlich, dass die Entscheidung darüber, bei welchen Straftaten die Möglichkeit der Schlichtung besteht, den Mitgliedstaaten zukommt.(29)

84.      Dieses Ermessen der Mitgliedstaaten kann zwar durch die Verpflichtung beschränkt werden, zur Festlegung der fraglichen Arten von Straftaten objektive Kriterien zu verwenden(30), doch deutet nichts darauf hin, dass dies hier nicht geschehen ist. Denn der Schlichtungsmöglichkeit bleibt auch dann noch ein substantieller Anwendungsbereich, wenn für im familiären Bereich begangene Delikte eine Schlichtung ausgeschlossen wird.

VI – Ergebnis

85.      Aufgrund der vorstehenden Ausführungen schlage ich dem Gerichtshof vor, auf die Vorabentscheidungsersuchen folgende Antworten zu geben:

1)       Art. 3 des Rahmenbeschlusses 2001/220/JI des Rates vom 15. März 2001 über die Stellung des Opfers im Strafverfahren verpflichtet die Mitgliedstaaten in einer Konstellation, in der das Opfer mit dem Täter eine enge persönliche Beziehung unterhält und sich somit ein Näherungsverbot mittelbar auf das Privat- und Familienleben des Opfers auswirkt, dem Opfer die Möglichkeit einzuräumen, seine Meinung hinsichtlich der Verhängung des Näherungsverbots zu äußern. Es muss auch die Möglichkeit bestehen, dass das Gericht diese Stellungnahme des Opfers bei seiner Urteilsfindung berücksichtigen kann. Dies gilt jedoch nur innerhalb des vom nationalen Recht vorgesehenen Strafrahmens und bedeutet nicht, dass das Gericht an den Willen des Opfers gebunden ist.

2)       Der Rahmenbeschluss 2001/220 berührt nicht die Frage der Angemessenheit zu verhängender Strafen. Er steht daher einer nationalen Regelung, die ausnahmslos und zwingend als Nebenstrafe ein Näherungsverbot vorsieht, nicht entgegen.

3)      Art. 10 des Rahmenbeschlusses 2001/220 eröffnet den Mitgliedstaaten einen weiten Spielraum bei der Bestimmung der Delikte, für die sie eine Schlichtung vorsehen. Die Regelung verpflichtet die Mitgliedstaaten nicht dazu, eine Schlichtung bei Straftaten im familiären Bereich vorzusehen.


1 – Originalsprache: Deutsch.


2 – ABl. 2001, L 82, S. 1, im Folgenden: Rahmenbeschluss 2001/220 oder Rahmenbeschluss.


3 – Protokoll (Nr. 36) über die Übergangsbestimmungen, ABl. 2010, C 83, S. 322.


4 – Dies geht aus der im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften vom 1. Mai 1999 veröffentlichten Information über den Zeitpunkt des Inkrafttretens des Vertrags von Amsterdam hervor, ABl. 1999, L 114, S. 56.


5 – Vgl. u. a. Urteile vom 15. Dezember 1995, Bosman (C-415/93, Slg. 1995, I-4921, Randnr. 59), und vom 13. Juli 2006, Manfredi u. a. (C-295/04 bis C-298/04, Slg. 2006, I-6619, Randnr. 26).


6 – Urteile vom 16. Juni 2005, Pupino (C-105/03, Slg. 2005, I-5285, Randnr. 30), vom 9. Oktober 2008, Katz (C-404/07, Slg. 2008, I-7607, Randnr. 31), und vom 22. April 2010, Dimos Agiou Nikolaou (C-82/09, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 15).


7 – Ständige Rechtsprechung, siehe nur Urteil vom 31. März 2011, Schröder (C-450/09, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 17).


8 – Siehe Urteile vom 4. Juli 2006, Adeneler u. a. (C 212/04, Slg. 2006, I 6057, Randnr. 110), vom 15. April 2008, Impact (C 268/06, Slg. 2008, I 2483, Randnr. 100), und vom 16. Juli 2009, Mono Car Styling (C 12/08, Slg. 2009, I 6653, Randnr. 61).


9 – In diese Richtung tendierte das Urteil Pupino (zitiert in Fn. 6, Randnr. 47).


10 – Die in Fußnote 8 zitierten Urteile, die auf die Verpflichtung aus dem Unionsrecht zur konformen Auslegung abstellen, sprechen für die erste Variante.


11 – Urteil Pupino (zitiert in Fn. 6, Randnr. 47).


12 – Die Höchstdauer des Näherungsverbots beträgt hier fünf Jahre.


13 – Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 9. Juni 2009, Opuz/Türkei (Beschwerde-Nr. 33401/02).


14 – Das spanische Verfassungsgericht (Tribunal Constitucional) hat mit Urteil vom 7. Oktober 2010 in der Rechtssache STC 60/2010 die Verfassungsmäßigkeit der spanischen Bestimmungen festgestellt.


15 – Europäische Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten, unterzeichnet in Rom am 4. November 1950.


16 – Vgl. den dritten Erwägungsgrund des Rahmenbeschlusses, der auf die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates von Tampere vom 15. und 16. Oktober 1999 verweist.


17 – Vgl. den vierten Erwägungsgrund des Rahmenbeschlusses.


18 – Vgl. den dritten und den sechsten Erwägungsgrund des Rahmenbeschlusses.


19 – Siehe nur Urteil vom 25. Februar 2010, Müller Fleisch (C-562/08, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 40 und die dort angeführte Rechtsprechung).


20 – Urteil Katz (zitiert in Fn. 6, Randnr. 46), siehe hierzu auch meine Schlussanträge vom 10. Juli 2008 in dieser Rechtssache.


21 – Vgl. in diesem Sinne das Urteil Katz (zitiert in Fn.6, Randnr. 47).


22 – Urteil Katz (zitiert in Fn. 6, Randnr. 47).


23 – Urteile Katz (zitiert in Fn. 6, Randnr. 47) und Pupino (zitiert in Fn. 6, Randnr. 52).


24 – Siehe meine Schlussanträge vom 11. November 2004 in der Rechtssache Pupino (C‑105/03, Slg. 2005, I‑5285, Nrn. 48 ff.) sowie meine Schlussanträge vom 8. März 2007 in der Rechtssache Dell´Orto (C‑467/05, Slg. 2007, I‑5557, Nr. 40).


25 – Urteil Katz (zitiert in Fn. 6, Randnr. 48).


26 – Siehe hierzu die Schlussanträge des Generalanwalts Bot vom 5. April 2011 in der Rechtssache Scattolon (C-108/10, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Nrn. 110 bis 121).


27 – Vgl. insoweit Urteil vom 30. September 1987, Demirel (12/86, Slg. 1987, 3719, Randnr. 28); Urteil vom 18. Juni 1991, ERT (C-260/89, Slg. 1991, I-2925, Randnr. 42).


28 – Urteile Katz (zitiert in Fn. 6, Randnr. 46), und vom 21. Oktober 2010, Eredics (C‑205/09, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 38).


29 – Urteil Eredics (zitiert in Fn. 28, Randnr. 37).


30 – Vgl. in diesem Sinne Urteil Eredics (zitiert in Fn. 28, Randnr. 39).