Language of document : ECLI:EU:C:2013:496

Rechtssache C‑234/12

Sky Italia Srl

gegen

Autorità per le Garanzie nelle Comunicazioni

(Vorabentscheidungsersuchen des Tribunale amministrativo regionale per il Lazio)

„Fernsehen – Richtlinie 2010/13/EU – Art. 4 Abs. 1 und Art. 23 Abs. 1 – Werbespots – Nationale Regelung, die für Veranstalter von Bezahlfernsehen eine anteilsmäßig kürzere Höchstsendezeit für Werbung vorsieht als für Veranstalter frei zugänglicher Fernsehdienste – Gleichbehandlung – Freier Dienstleistungsverkehr“

Leitsätze – Urteil des Gerichtshofs (Zweite Kammer) vom 18. Juli 2013

1.        Freier Dienstleistungsverkehr – Fernsehtätigkeit – Richtlinie 2010/13 – Festlegung von Mindestvorschriften ohne vollständige Harmonisierung der nationalen Rechtsordnungen

(Richtlinie 2010/13 des Europäischen Parlaments und des Rates)

2.        Freier Dienstleistungsverkehr – Fernsehtätigkeit – Richtlinie 2010/13 – Nationale Regelung, die für die Veranstalter von Bezahlfernsehen eine kürzere maximale Sendezeit pro Stunde für Werbung vorsieht als für die Veranstalter von frei empfangbarem Fernsehen – Zulässigkeit – Voraussetzung – Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit – Überprüfung durch das nationale Gericht

(Art. 56 AEUV; Richtlinie 2010/13 des Europäischen Parlaments und des Rates, Art. 4 Abs. 1)

3.        Vorabentscheidungsverfahren – Zuständigkeit des Gerichtshofs – Erfordernis, dem Gerichtshof hinreichende Angaben zum tatsächlichen und rechtlichen Zusammenhang zu machen – Umfang der Verpflichtung im Bereich des Wettbewerbs – Unzulässigkeit

(Art. 267 AEUV; Verfahrensordnung des Gerichtshofs, Art. 94)

1.        Siehe Text der Entscheidung.

(vgl. Randnr. 12)

2.        Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2010/13 zur Koordinierung bestimmter Rechts‑ und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung audiovisueller Mediendienste sowie der Grundsatz der Gleichbehandlung und Art. 56 AEUV sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen, die für die Veranstalter von Bezahlfernsehen eine kürzere maximale Sendezeit pro Stunde für Werbung vorsieht als für die Veranstalter von frei empfangbarem Fernsehen, grundsätzlich nicht entgegenstehen, soweit der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet wird, was vom vorlegenden Gericht zu prüfen ist.

Insoweit bezwecken die Grundsätze und Ziele der mit den Richtlinien über die Bereitstellung audiovisueller Mediendienste erlassenen Regelungen über die Sendezeit für Fernsehwerbung einen ausgewogenen Schutz der finanziellen Interessen der Fernsehveranstalter und der Werbetreibenden einerseits sowie der Interessen der Rechteinhaber, d. h. der Autoren und Urheber, und der Verbraucher als Zuschauer andererseits. Der ausgewogene Schutz dieser Interessen unterscheidet sich danach, ob die Fernsehveranstalter ihre Programme gegen Bezahlung oder ohne Bezahlung übertragen, wobei Erstere durch die von den Zuschauern abgeschlossenen Abonnements Einnahmen erzielen, während Letztere über keine solche unmittelbare Finanzierungsquelle verfügen und die benötigten Mittel durch mit Fernsehwerbung erzielte Einnahmen oder durch andere Finanzierungsquellen aufbringen müssen. Überdies befinden sich die jeweiligen Zuschauer objektiv in unterschiedlichen Situationen, da die Abonnenten eines Veranstalters von Bezahlfernsehen – anders als Zuschauer eines Veranstalters von frei empfangbarem Fernsehen – eine unmittelbare Geschäftsbeziehung mit ihrem Fernsehveranstalter unterhalten und einen Preis zahlen, um in den Genuss der Fernsehprogramme zu kommen.

Schließlich kann die fragliche nationale Regelung in Bezug auf den in Art. 56 AEUV vorgesehenen freien Dienstleistungsverkehr eine Beschränkung dieser Freiheit darstellen. Jedoch stellt der Schutz der Verbraucher gegen ein Übermaß an geschäftlicher Werbung einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses dar, der Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs rechtfertigen kann. Allerdings muss die Anwendung der entsprechenden Beschränkung geeignet sein, die Erreichung des verfolgten Ziels zu gewährleisten, und darf nicht über das hinausgehen, was hierzu erforderlich ist.

(vgl. Randnrn. 18-20, 22, 24, 26 und Tenor)

3.        Siehe Text der Entscheidung.

(vgl. Randnrn. 30-33)