Language of document : ECLI:EU:T:2012:91

URTEIL DES GERICHTS (Sechste Kammer)

28. Februar 2012(*)

„Staatliche Beihilfen – Beihilfe, die der Versicherungsgruppe Grazer Wechselseitige (GRAWE) von den österreichischen Behörden im Rahmen der Privatisierung der Bank Burgenland gewährt wurde – Entscheidung, mit der die Beihilfe für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärt und ihre Rückforderung angeordnet wird – Kriterium des marktwirtschaftlich handelnden privaten Kapitalgebers – Geltung bei Auftreten des Staates als Verkäufer – Ermittlung des Marktpreises“

In der Rechtssache T‑282/08

Grazer Wechselseitige Versicherung AG mit Sitz in Graz (Österreich), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt H. Wollmann,

Klägerin,

gegen

Europäische Kommission, zunächst vertreten durch V. Kreuschitz, N. Khan und K. Gross, dann durch V. Kreuschitz, N. Khan und T. Maxian Rusche als Bevollmächtigte,

Beklagte,

wegen Nichtigerklärung der Entscheidung 2008/719/EG der Kommission vom 30. April 2008 über die Staatliche Beihilfe C 56/06 (ex NN 77/06) Österreichs für die Privatisierung der Bank Burgenland (ABl. L 239, S. 32)

erlässt

DAS GERICHT (Sechste Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten M. Jaeger sowie der Richter N. Wahl (Berichterstatter) und S. Soldevila Fragoso,

Kanzler: T. Weiler, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 18. Mai 2011

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Die Klägerin, die Grazer Wechselseitige Versicherung AG, ist ein österreichisches Unternehmen, das ein Spektrum an Versicherungsdienstleistungen, aber auch Finanzdienstleistungen und Leasingdienste anbietet. Im Jahr 2006 besaß sie umfangreiche direkte Beteiligungen an zwei Finanzunternehmen im Banken- und Investmentsektor, nämlich der Hypo Group Alpe Adria und der Capital Bank.

 Die Hypo Bank Burgenland AG und die Ausfallhaftung

2        Bis zu ihrer Privatisierung war die Hypo Bank Burgenland AG (im Folgenden: BB) eine Regionalbank in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft nach österreichischem Recht mit Sitz in Eisenstadt (Österreich). Ihr Hauptgeschäft, das ursprünglich in der Gewährung hypothekarischer Darlehen sowie der Ausgabe von Hypothekenpfandbriefen und Kommunalschuldverschreibungen bestand, weitete sich nach und nach auf alle Arten von Bank- und Finanzdienstleistungen aus. Im Jahr 2005 wies die BB eine Bilanzsumme von 3,3 Mrd. Euro auf und befand sich zu 100 % im Besitz des Landes Burgenland.

3        Gemäß § 4 des Landes-Hypothekenbank Burgenland-Gesetzes (LGBl. Nr. 58/1991) in der Fassung des Gesetzes LGBl. Nr. 63/1998 haftete das Land Burgenland als Ausfallbürge gemäß § 1356 des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuchs (ABGB) im Fall der Zahlungsunfähigkeit der BB für sämtliche Verbindlichkeiten des Unternehmens. Aufgrund dieser Vorschrift haben die Gläubiger der Banken direkte Ansprüche gegenüber dem Garantiegeber, der jedoch zur Leistung nur verpflichtet ist, wenn die Vermögenswerte der Bank nicht ausreichen, um die Forderungen zu befriedigen.

4        Diese Ausfallhaftung zugunsten öffentlicher Kreditinstitute, insbesondere die des Landes für die BB und deren Rechtsvorgänger, besteht in praktisch unveränderter Form bereits seit dem Jahr 1928. Sie war weder zeitlich noch auf einen bestimmten Betrag begrenzt. Nach der gesetzlichen Regelung für die Gewährträgerhaftung, die am 29. Juni 1991 in Kraft trat, erhielt das Land Burgenland eine Haftungsprovision für die Bereitstellung der gesetzlichen Ausfallbürgschaft. Aufgrund einer zwischen der Kommission der Europäischen Gemeinschaften und der Republik Österreich getroffenen Einigung, auf deren Grundlage die Entscheidung K (2003) 1329 endg. der Kommission vom 30. April 2003 zur Beihilfe E 8/02 erlassen wurde (ABl. C 175, S. 8), musste die Ausfallhaftung bis zum 1. April 2007 abgeschafft werden. Für alle Verbindlichkeiten, die am 2. April 2003 bestanden, galt die Ausfallhaftung grundsätzlich bis zu deren Fälligkeit fort. In der Zeit vom 2. April 2003 bis zum 1. April 2007 konnte die Ausfallhaftung für neue Verbindlichkeiten aufrechterhalten werden, solange sie bis zum 30. September 2017 fällig wurden.

 Von der Kommission im Jahr 2004 genehmigte Beihilfen zur Umstrukturierung der BB

5        Infolge eines Betrugs im Zusammenhang mit der HOWE Bau AG gewährten Krediten, der im Zuge der Prüfung des Jahresabschlusses der BB für das Jahr 1999 aufgedeckt wurde, befand sich die BB in ernsten finanziellen Schwierigkeiten. Daher ging das Land Burgenland am 20. Juni 2000 eine Garantievereinbarung über einen Betrag von 171 Mio. Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 % ein und deckte damit die uneinbringlichen Forderungen gegen die BB, die eine bilanzmäßige Überschuldung bedeutet hätten, ab. Außerdem wurde zur Deckung des im Rahmen einer umfassenden Debitorenprüfung offengelegten weiteren Wertberichtigungsbedarfs am 23. Oktober 2000 mit dem Hauptgläubiger der BB, der Bank Austria Creditanstalt AG, eine Rahmenvereinbarung geschlossen. Diese Vereinbarung sah einen Forderungsverzicht seitens der Bank Austria Creditanstalt zugunsten der BB, eine Besserungsvereinbarung zwischen diesen beiden Vertragsparteien und eine Garantie des Landes Burgenland in Höhe von 189 Mio. Euro vor.

6        Mit Schreiben vom 18. Juni 2002 sowie ergänzenden Mitteilungen vom 3. Juli und 9. September 2002 meldete die Republik Österreich bei der Kommission die seitens des Landes Burgenland geschlossenen Garantievereinbarungen an und legte ihr einen die BB betreffenden Umstrukturierungsplan vor.

7        Mit Schreiben vom 26. Juni 2003 setzte die Kommission die österreichischen Behörden von ihrem Beschluss in Kenntnis, hinsichtlich der beschriebenen Beihilfen das förmliche Verfahren nach Art. 88 Abs. 2 EG einzuleiten.

8        Mit Schreiben vom 19. Dezember 2003 teilten die österreichischen Behörden mit, dass sie im Rahmen des Privatisierungsprozesses der BB beabsichtigten, die notifizierten Beihilfemaßnahmen zu ändern.

9        Mit Schreiben vom 21. Januar 2004 teilte die Kommission der Republik Österreich ihren Beschluss mit, das förmliche Verfahren gemäß Art. 88 Abs. 2 EG auf die geplanten Änderungen der Beihilfemaßnahmen zur Restrukturierung der BB zu erweitern.

10      Am 7. Mai 2004 erließ die Kommission die Entscheidung 2005/691/EG über die staatliche Beihilfe Nr. C 44/2003 (ex NN 158/2001), die Österreich zugunsten der BB gewähren will (ABl. 2005, L 263, S. 8) (im Folgenden: Entscheidung aus dem Jahr 2004). Die Kommission stellte darin im Wesentlichen fest, dass die beiden Garantievereinbarungen des Landes Burgenland zugunsten der BB insbesondere deshalb staatliche Beihilfen darstellten, weil diese Maßnahmen unter Bedingungen getroffen worden seien, die für einen privaten Kapitalgeber nicht annehmbar wären und somit die BB gegenüber ihren Wettbewerbern künstlich in eine vorteilhafte Position brächten. Außerdem werde durch diese Maßnahmen und ihre Auswirkungen auf gegenwärtige und potenzielle Wettbewerber aus anderen Mitgliedstaaten der Wettbewerb verfälscht – bzw. drohe, verfälscht zu werden – und der Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigt. Dennoch gelangte die Kommission zu dem Ergebnis, dass die streitigen Umstrukturierungsmaßnahmen nach Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG in Verbindung mit den Leitlinien der Gemeinschaft für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten (ABl. 1999, C 288, S. 2) mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar seien. Im Rahmen ihrer Prüfung der langfristigen Rentabilität des von der Beihilfe begünstigten Unternehmens betonte die Kommission, dass sie sich bei ihrer Beurteilung auf die Angaben der österreichischen Behörden u. a. zum Zeitplan betreffend den Abschluss der geplanten Privatisierung der BB gestützt habe.

 Die im Rahmen der Privatisierung der BB getroffene streitige Maßnahme

11      Nach zwei fehlgeschlagenen Versuchen in den Jahren 2003 und 2005 leitete das Land Burgenland ein drittes Verfahren zur Privatisierung der BB ein, mit dessen Durchführung die Investmentbank HSBC Trinkaus & Burkhardt KGaA, Düsseldorf (Deutschland), in Zusammenarbeit mit der HSBC plc, London (Vereinigtes Königreich) (im Folgenden zusammen: HSBC), betraut wurde. Dieses Verfahren begann im Oktober 2005 mit der Veröffentlichung einer Ausschreibungsbekanntmachung in der Presse.

12      Nur drei der 14 Bieter, die förmlich ihr Interesse an der Einreichung eines Angebots bekundet hatten, reichten fristgerecht vollständige, indikative Angebote ein, die bei 65 Mio. Euro, 100 Mio. Euro bzw. 140 Mio. Euro lagen, und nahmen an der zweiten Ausschreibungsstufe teil, zu deren Ende bis zum 6. Februar 2006 verbindliche Angebote einzureichen waren. Zwei Bieter, die Klägerin gemeinsam mit der GW Beteiligungserwerbs- und -verwaltungs-GmbH (im Folgenden: GRAWE) und ein österreichisch-ukrainisches Konsortium, das die österreichischen Unternehmen SLAV AG und SLAV Finanzbeteiligung GmbH sowie die ukrainischen Aktiengesellschaften Ukrpodshipnik und Ilyich umfasste (im Folgenden: Konsortium), gaben verbindliche Angebote ab. Es folgten eine individuelle Prüfung der Angebote und Vertragsverhandlungen, die am 4. März 2006 abgeschlossen wurden.

13      Am 5. März 2006 erteilte das Land Burgenland GRAWE den Zuschlag für die BB, obwohl der von GRAWE gebotene Kaufpreis (100,3 Mio. Euro) deutlich unter dem vom Konsortium gebotenen Preis (155 Mio. Euro) lag. Diese Entscheidung stützte sich u. a. auf eine schriftliche Empfehlung von HSBC vom 4. März 2006 (im Folgenden: HSBC‑Empfehlung), die um mündliche Erläuterungen für Mitglieder der burgenländischen Landesregierung am Tag der Entscheidung ergänzt wurde. In der HSBC‑Empfehlung hieß es im Wesentlichen, dass zwar angesichts des gebotenen Kaufpreises dem Konsortium der Vorzug gegeben werden müsste, jedoch unter Berücksichtigung der Auswahlkriterien, nämlich der Sicherheit der Kaufpreiszahlung, der Weiterführung der BB unter Vermeidung der Inanspruchnahme der Ausfallhaftung, der Kapitalerhöhungen und der Transaktionssicherheit, empfohlen werde, die BB an GRAWE zu verkaufen.

14      Das Closing des Verkaufs der BB, dem die burgenländischen Behörden am 7. März 2006 förmlich zugestimmt hatten, erfolgte am 12. Mai 2006. Vor diesem Closing gab die BB im Rahmen der Ausfallhaftung Anleihen im Wert von 700 Mio. Euro aus, wovon 350 Mio. Euro von einer Tochtergesellschaft der GRAWE gezeichnet wurden. Aufgrund der Privatisierung endete zugleich am Tag dieses Closings vorzeitig die Übergangsfrist für die oben in Randnr. 4 erwähnte Fortgeltung der Ausfallhaftung.

 Verwaltungsverfahren

15      Am 4. April 2006 ging bei der Kommission eine Beschwerde des Konsortiums ein, in der geltend gemacht wurde, dass die Republik Österreich bei der Privatisierung der BB gegen die Regeln für staatliche Beihilfen verstoßen habe. Der Beschwerdeführer rügte insbesondere, dass das Ausschreibungsverfahren, das unfair und nicht transparent gewesen sei und ihn benachteiligt habe, nicht dazu geführt habe, dass die BB an den Meistbietenden (nämlich das Konsortium) verkauft worden sei, sondern an GRAWE.

16      Auf ein Auskunftsersuchen der Kommission vom 12. April 2006 antworteten die österreichischen Behörden mit Schreiben vom 15. Mai und 1. Juni 2006. Es folgten ein Treffen von Vertretern der Republik Österreich mit der Kommission am 27. Juni 2006 und ein zweites Auskunftsersuchen vom 17. Juli 2006, auf das die österreichischen Behörden am 18. September 2006 antworteten. Das Konsortium übermittelte der Kommission am 21. April und 2. Juni 2006 weitere Informationen.

17      Mit Schreiben vom 21. Dezember 2006 setzte die Kommission die österreichischen Behörden von ihrer Entscheidung in Kenntnis, in Bezug auf den Verkauf der BB an GRAWE das förmliche Prüfverfahren nach Art. 88 Abs. 2 EG einzuleiten. Diese Entscheidung wurde im Amtsblatt der Europäischen Union vom 8. Februar 2007 (ABl. C 28, S. 8) veröffentlicht.

18      Am 1. März 2007 übermittelte die Republik Österreich der Kommission ihre Stellungnahme zu dieser Entscheidung über die Verfahrenseröffnung. Des Weiteren erhielt die Kommission eine Reihe von Stellungnahmen und Informationen Dritter, darunter GRAWE und das Konsortium, zu denen die österreichischen Behörden sich äußerten. Außerdem fanden mehrere Treffen von Vertretern der Republik Österreich und der Kommission statt. Schließlich übermittelten die österreichischen Behörden der Kommission mehrfach zusätzliche Stellungnahmen und Unterlagen.

19      Am 30. April 2008 erließ die Kommission die Entscheidung 2008/719/EG über die staatliche Beihilfe C 56/06 (ex NN 77/06) Österreichs für die Privatisierung der BB (ABl. L 239, S. 32) (im Folgenden: angefochtene Entscheidung).

 Angefochtene Entscheidung

20      In der angefochtenen Entscheidung weist die Kommission u. a. darauf hin, dass sie bei der beihilferechtlichen Würdigung einer Maßnahme im Rahmen einer Privatisierung von mehreren Grundsätzen ausgehe, die sie im XXIII. Bericht über die Wettbewerbspolitik 1993 (Randnrn. 402 ff.) sowie in ihrer früheren Praxis festgeschrieben habe. Die in diesem Bericht genannten Voraussetzungen für die Annahme, dass keine Beihilfe im Sinne von Art. 87 Abs. 1 EG vorliege, seien im vorliegenden Fall nicht erfüllt.

21      Zur Frage, ob der Verkauf der BB an GRAWE eine staatliche Beihilfe darstellt, führt die Kommission zunächst aus, dass die Mittel des Landes Burgenland (eines der neun Bundesländer Österreichs) als „staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte“ Mittel anzusehen seien. Zudem sei GRAWE international tätig, so dass ein etwaiger zulasten staatlicher Mittel gewährter Vorteil den Wettbewerb im Bankensektor beeinträchtigen und sich auf den innergemeinschaftlichen Handel auswirken würde. Um zu klären, ob GRAWE in den Genuss eines selektiven Vorteils gelangt sei, sei zu ermitteln, ob sich das Land Burgenland wie jeder andere marktwirtschaftlich handelnde Verkäufer verhalten habe (private vendor test).

22      Zum letztgenannten Aspekt weist die Kommission darauf hin, dass dem Land Burgenland zwar ein Angebot des Konsortiums vorgelegen habe, dessen Nominalwert den des Angebots von GRAWE um 54,7 Mio. Euro überstiegen habe, aber sich ein nach marktwirtschaftlichen Grundsätzen handelnder Wirtschaftsteilnehmer in zwei Fällen dennoch ausnahmsweise für das niedrigere Angebot entscheiden könnte.

23      Der erste Fall betreffe die Situation, in der offensichtlich sei, dass der Verkauf an den Meistbietenden nicht durchführbar sei, was im vorliegenden Fall erstens die Prüfung der Transaktionssicherheit anhand der wirtschaftlichen Solidität des Konsortiums und zweitens die der Wahrscheinlichkeit impliziere, dass das Konsortium die erforderliche Genehmigung der Finanzmarktaufsicht (im Folgenden: FMA) letztlich erhalten würde. Nach Ansicht der Kommission bestand jedoch nicht nur kein Grund, daran zu zweifeln, dass der vom Konsortium gebotene Kaufpreis in Höhe von 155 Mio. Euro hätte finanziert werden können, sondern es habe darüber hinaus auch weder Beweise dafür noch Hinweise darauf gegeben, dass die FMA einen Verkauf der BB an das Konsortium untersagt hätte.

24      Der zweite Fall betreffe die Situation, in der es gerechtfertigt sei, auch anderen Faktoren als dem Preis Rechnung zu tragen, wobei die einzigen zu berücksichtigenden Faktoren diejenigen seien, denen ein marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber Rechnung getragen hätte, was der Kommission zufolge die Risiken ausschließt, die sich aus der möglicherweise eintretenden Verpflichtung zur Zahlung aufgrund einer als staatliche Beihilfe zu qualifizierenden Bürgschaft wie der Ausfallhaftung ergäben, auf die allein sich die österreichischen Behörden berufen hätten. Die Kommission führt hierzu näher aus, es ergebe sich insbesondere aus der Rechtsprechung, dass bei der Prüfung der Frage, wie sich ein marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber verhalten hätte, die Rolle des Staates als Verkäufer eines Unternehmens einerseits und die Verpflichtungen, die ihm als Träger der öffentlichen Gewalt oblägen, andererseits nicht vermischt werden dürften. Kein marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber hätte jedoch eine Haftung übernommen, die dem Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers nicht entsprochen hätte, und die Entscheidung über die Abschaffung der Ausfallhaftung bestätige, dass Letztere nicht zu Marktbedingungen gewährt worden sei.

25      In Ansehung all dieser Erwägungen vertrat die Kommission die Auffassung, dass sich die zuständige österreichische Behörde nicht wie ein marktwirtschaftlich handelnder Verkäufer verhalten habe. Der wirtschaftliche Vorteil, der GRAWE verschafft worden sei, entspreche mindestens der Differenz zwischen dem Angebot des Konsortiums und dem tatsächlichen Kaufpreis.

26      Im Rahmen der Prüfung des Vorbringens der Republik Österreich zur Bedeutung der Ausfallhaftung führt die Kommission weiter aus, dass das GRAWE-Angebot selbst dann nicht das beste Angebot gewesen wäre, wenn das Land Burgenland diese Bürgschaft als Kriterium bei der Bewertung der Angebote hätte berücksichtigen dürfen.

27      Schließlich stellte die Kommission fest, dass die im Verkauf der BB an GRAWE bestehende staatliche Beihilfe nicht für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar erklärt werden könne.

28      Der verfügende Teil der angefochtenen Entscheidung lautet:

„Artikel 1

Die staatliche Beihilfe, die Österreich unter Verletzung des Artikels 88 Absatz 3 [EG] zugunsten der GRAWE und damit rechtswidrig gewährt hat, ist mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar. Die Beihilfe entspricht der Differenz zwischen den beiden im Rahmen der Ausschreibung abgegebenen endgültigen Preisangeboten, die gemäß den in Randnummern (167) bis (174) dieser Entscheidung dargelegten Parametern angemessen anzupassen ist.

Artikel 2

(1)       Österreich fordert die in Artikel 1 genannte Beihilfe von dem Empfänger zurück.

(2)       Der Rückforderungsbetrag umfasst Zinsen, die von dem Zeitpunkt, ab dem die Beihilfe dem Empfänger zur Verfügung stand, bis zu deren tatsächlicher Rückzahlung berechnet werden.

(3)       Die Zinsen werden gemäß der Verordnung (EG) Nr. 794/2004 nach der Zinseszinsformel berechnet.

Artikel 3

(1)       Die in Artikel 1 genannte Beihilfe wird sofort und tatsächlich zurückgefordert.

(2)       Österreich stellt sicher, dass diese Entscheidung binnen vier Monaten nach ihrer Bekanntgabe umgesetzt wird.

Artikel 4

(1)       Österreich teilt der Kommission innerhalb von zwei Monaten nach Bekanntgabe dieser Entscheidung die folgenden Informationen mit:

a)      Gesamtbetrag (Hauptforderung und Zinsen), der von dem Empfänger zurückzufordern und im Einklang mit den von der Kommission in dieser Entscheidung dargelegten Parametern anzupassen ist, sowie eine genaue Erläuterung der Methode zur Berechnung dieses Betrags und die Bewertung des Eigentums durch einen unabhängigen Experten;

b)       ausführliche Beschreibung der Maßnahmen, die ergriffen wurden bzw. beabsichtigt sind, um dieser Entscheidung nachzukommen;

c)       Unterlagen, aus denen hervorgeht, dass an den Empfänger eine Aufforderung zur Rückzahlung der Beihilfe ergangen ist.

(2)      Österreich unterrichtet die Kommission über den Fortgang seiner Maßnahmen zur Durchführung dieser Entscheidung, bis die Rückzahlung der in Artikel 1 genannten Beihilfe erfolgt ist. Auf Anfrage der Kommission legt Österreich unverzüglich Informationen über die Maßnahmen vor, die ergriffen wurden bzw. beabsichtigt sind, um dieser Entscheidung nachzukommen. Ferner übermittelt Österreich ausführliche Angaben über die Beihilfebeträge und die Zinsen, die der Empfänger bereits zurückgezahlt hat. 

Artikel 5

Diese Entscheidung ist an die Republik Österreich gerichtet.“

 Verfahren und Anträge der Parteien

29      Mit Klageschrift, die am 17. Juli 2008 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben.

30      Das Gericht (Sechste Kammer) hat auf Bericht des Berichterstatters beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen.

31      Die Parteien haben in der Sitzung vom 18. Mai 2011 mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet.

32      Da ein Mitglied der Sechsten Kammer an der weiteren Mitwirkung am Verfahren gehindert war, hat der Präsident des Gerichts gemäß Art. 32 § 3 der Verfahrensordnung des Gerichts sich selbst dazu bestimmt, den Spruchkörper zu vervollständigen.

33      Mit Beschluss vom 18. November 2011 hat das Gericht (Sechste Kammer) in seiner neuen Besetzung die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung angeordnet und den Parteien mitgeteilt, dass sie in einer erneuten mündlichen Verhandlung gehört würden.

34      Mit Schreiben vom 23. und vom 28. November 2011 haben die Kommission und die Klägerin dem Gericht jeweils mitgeteilt, dass sie auf eine erneute Anhörung verzichteten.

35      Der Präsident des Gerichts hat daraufhin beschlossen, die mündliche Verhandlung zu schließen.

36      Die Klägerin beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären;

–        der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

37      Die Kommission beantragt,

–        die Klage als unbegründet abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

38      Die Klägerin stützt ihre Klage auf verschiedene Gründe und Rügen, mit denen sie im Wesentlichen einen Verstoß gegen Art. 87 Abs. 1 und 3 EG sowie gegen die Begründungspflicht geltend macht.

39      Die Kommission habe eine Reihe von Fehlern begangen oder ihre Begründungspflicht verletzt, und zwar erstens bei der Feststellung bestimmter Tatsachen, zweitens bei der Bestimmung des auf Privatisierungen anwendbaren rechtlichen Rahmens, drittens bei der Anwendung des Kriteriums des marktwirtschaftlich handelnden privaten Kapitalgebers im Rahmen der Prüfung der von der FMA zu erteilenden Genehmigung, viertens bei der Beurteilung der finanziellen Sicherheit eines Verkaufs der BB an das Konsortium, fünftens bei der Weigerung der Kommission, die Ausfallhaftung zu berücksichtigen, sechstens bei der hilfsweise vorgenommenen Berücksichtigung dieser Haftung im Rahmen der Beurteilung der von GRAWE und dem Konsortium abgegebenen Angebote für den Kauf der BB und siebtens bei der Bewertung der Höhe des Vorteils, der GRAWE angeblich gewährt worden sei. Achtens sei die angefochtene Entscheidung mit schweren Beurteilungsfehlern behaftet.

40      Hilfsweise trägt die Klägerin vor, die Kommission habe unter Verstoß gegen Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG sowie gegen ihre Pflicht, die Maßnahmen, über die sie zu befinden habe, sorgfältig und unvoreingenommen zu prüfen, versäumt, die Vereinbarkeit der streitigen Privatisierung mit dem Gemeinsamen Markt zu prüfen.

41      Vor der eigentlichen Prüfung des Parteivorbringens sind eine Reihe von Vorbemerkungen zu machen zum Begriff der staatlichen Beihilfe im Sinne von Art. 87 Abs. 1 EG sowie zu Art und Umfang der gerichtlichen Kontrolle, die der Richter der Europäischen Union im vorliegenden Fall vorzunehmen hat.

 Vorbemerkungen zum Begriff der staatlichen Beihilfe im Sinne von Art. 87 Abs. 1 EG sowie zu Art und Umfang der gerichtlichen Kontrolle

42      Nach Art. 87 Abs. 1 EG sind, „[s]oweit in diesem Vertrag nicht etwas anderes bestimmt ist, … staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen“.

43      Nach ständiger Rechtsprechung verlangt die Qualifizierung als Beihilfe im Sinne von Art. 87 Abs. 1 EG, dass alle in dieser Bestimmung genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Erstens muss es sich um eine staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Leistung handeln. Zweitens muss die Leistung das Risiko der Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten in sich bergen. Drittens muss sie durch Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige ihrem Empfänger einen Vorteil verschaffen. Viertens muss sie den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen (Urteil des Gerichtshofs vom 24. Juli 2003, Altmark Trans und Regierungspräsidium Magdeburg, C‑280/00, Slg. 2003, I‑7747, Randnrn. 74 und 75, und Urteil des Gerichts vom 22. Februar 2006, Le Levant 001 u. a./Kommission, T‑34/02, Slg. 2006, II‑267, Randnr. 110).

44      Im vorliegenden Fall spricht die Klägerin allein die Voraussetzung des Vorliegens eines wirtschaftlichen Vorteils an. Die zur Stützung der vorliegenden Klage vorgebrachten Hauptgründe und -argumente sind nämlich im Kern sichtlich darauf gerichtet, darzutun, dass die Kommission zu Unrecht auf das Vorliegen eines Vorteils zugunsten von GRAWE geschlossen habe, der angeblich der Differenz zwischen dem von dieser eingereichten Angebot und dem entspreche, das das Konsortium abgegeben habe.

45      Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass nach gefestigter Rechtsprechung die Lieferung von Gegenständen oder die Erbringung von Dienstleistungen zu Vorzugsbedingungen eine staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 87 Abs. 1 EG darstellen kann (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofs vom 2. Februar 1988, Van der Kooy u. a./Kommission, 67/85, 68/85 und 70/85, Slg. 1988, 219, Randnrn. 28 und 29, und vom 20. November 2003, GEMO, C‑126/01, Slg. 2003, I‑13769, Randnr. 29, sowie des Gerichts vom 16. September 2004, Valmont/Kommission, T‑274/01, Slg. 2004, II‑3145, Randnr. 44, und vom 1. Juli 2010, Italien/Kommission, T‑53/08, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 79).

46      Im Fall des Verkaufs eines Gegenstands an eine Privatperson durch die öffentliche Hand hat dieser Grundsatz zur Folge, dass insbesondere zu klären ist, ob der Kaufpreis dieses Gegenstands dem Marktpreis gleichsteht, da er dem entspricht, was der Erwerber unter normalen Marktbedingungen hätte erzielen können (vgl. in diesem Sinne Urteil Valmont/Kommission, oben in Randnr. 45 angeführt, Randnr. 45 und die dort angeführte Rechtsprechung). Demgemäß hat die Kommission das Kriterium des unter Marktbedingungen handelnden privaten Wirtschaftsteilnehmers heranzuziehen, um festzustellen, ob der Preis, den der vermeintliche Beihilfeempfänger gezahlt hat, dem Preis entspricht, den ein privater, unter normalen Wettbewerbsbedingungen handelnder Wirtschaftsteilnehmer hätte festsetzen können (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofs vom 2. September 2010, Kommission/Scott, C‑290/07 P, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 68, und vom 16. Dezember 2010, Seydaland Vereinigte Agrarbetriebe, C‑239/09, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 34 und die dort angeführte Rechtsprechung). Die konkrete Anwendung dieses Kriteriums setzt grundsätzlich eine komplexe wirtschaftliche Beurteilung voraus (Urteil Kommission/Scott, Randnr. 68).

47      Zu Art und Umfang der gerichtlichen Kontrolle ist erstens darauf hinzuweisen, dass der Begriff der staatlichen Beihilfe, wie er im Vertrag definiert ist, ein Rechtsbegriff und anhand objektiver Kriterien auszulegen ist. Deshalb hat der Unionsrichter die Frage, ob eine Maßnahme in den Anwendungsbereich von Art. 87 Abs. 1 EG fällt, grundsätzlich unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des bei ihm anhängigen Rechtsstreits und des technischen oder komplexen Charakters der von der Kommission vorgenommenen Beurteilungen umfassend zu prüfen (Urteile des Gerichtshofs vom 16. Mai 2000, Frankreich/Ladbroke Racing und Kommission, C‑83/98 P, Slg. 2000, I‑3271, Randnr. 25, und vom 22. Dezember 2008, British Aggregates/Kommission, C‑487/06 P, Slg. 2008, I‑10515, Randnr. 111). Der Unionsrichter muss insbesondere nicht nur die sachliche Richtigkeit, die Zuverlässigkeit und die Kohärenz der angeführten Beweise prüfen, sondern auch kontrollieren, ob diese Beweise alle relevanten Daten darstellen, die bei der Beurteilung einer komplexen Situation heranzuziehen waren, und ob sie die aus ihnen gezogenen Schlüsse zu stützen vermögen (vgl. Urteil Kommission/Scott, oben in Randnr. 46 angeführt, Randnr. 65 und die dort angeführte Rechtsprechung).

48      Der Unionsrichter darf jedoch im Rahmen dieser Kontrolle nicht die wirtschaftliche Beurteilung seitens der Kommission durch seine eigene ersetzen. Die Kontrolle, die die Unionsgerichte in Bezug auf die Würdigung komplexer wirtschaftlicher Gegebenheiten durch die Kommission ausüben, ist nämlich eine beschränkte Kontrolle, in deren Rahmen nur geprüft werden darf, ob die Vorschriften über das Verfahren und die Begründung eingehalten wurden, ob der Sachverhalt zutreffend festgestellt wurde und ob kein offensichtlicher Beurteilungsfehler oder Ermessensmissbrauch vorliegt (vgl. Urteil Kommission/Scott, oben in Randnr. 46 angeführt, Randnr. 66 und die dort angeführte Rechtsprechung, und Urteil des Gerichts vom 17. Dezember 2008, Ryanair/Kommission, T‑196/04, Slg. 2008, II‑3643, Randnr. 41).

49      Zweitens ist die Rechtmäßigkeit einer Entscheidung der Kommission im Bereich der staatlichen Beihilfen anhand der Informationen zu beurteilen, über die die Kommission beim Erlass der Entscheidung verfügen konnte (Urteile des Gerichtshofs vom 10. Juli 1986, Belgien/Kommission, 234/84, Slg. 1986, 2263, Randnr. 16, und vom 14. September 2004, Spanien/Kommission, C‑276/02, Slg. 2004, I‑8091, Randnr. 31, Urteil Valmont/Kommission, oben in Randnr. 45 angeführt, Randnr. 38). Daraus ergibt sich insbesondere, dass, da der Begriff der staatlichen Beihilfe einem objektiven Sachverhalt entspricht, der zu dem Zeitpunkt zu beurteilen ist, zu dem die Kommission ihre Entscheidung trifft, für die gerichtliche Kontrolle die zu diesem Zeitpunkt vorgenommenen Beurteilungen zu berücksichtigen sind (Urteil des Gerichtshofs vom 1. Juli 2008, Chronopost und La Poste/UFEX u. a., C‑341/06 P und C‑342/06 P, Slg. 2008, I‑4777, Randnr. 144).

 Zu den Klagegründen und Rügen betreffend das Vorliegen eines wirtschaftlichen Vorteils im Sinne von Art. 87 Abs. 1 EG

 Zur Darstellung bestimmter Tatsachen durch die Kommission in der angefochtenen Entscheidung

–       Vorbringen der Parteien

50      Die Klägerin trägt vor, der Kommission seien Fehler in der Darstellung von Sachverhaltsdetails unterlaufen, die für das Verständnis der Rechtssache wesentlich seien. Vor allem habe sie es unterlassen, nähere Angaben zum steuerlichen Verlustvortrag der BB, zu der im Jahr 2006 erfolgten Abfindung der Streubesitzaktionäre und zur Höhe der Vorratsemissionen zu machen.

51      Was zunächst den in Randnr. 18 der angefochtenen Entscheidung beschriebenen Verlustvortrag betreffe, so habe die Kommission zu Unrecht angedeutet, dass GRAWE dadurch begünstigt worden sei. Die Verrechnung des Veräußerungsgewinns mit dem bestehenden Verlustvortrag sei nur der BB zugutegekommen. Außerdem habe das Konsortium nicht nur – wie auch die Klägerin – vom Land Burgenland Gewährleistungszusagen für das Bestehen der Verlustvorträge der BB erhalten, sondern sich das Bestehen der Verlustvorträge wesentlich umfassender absichern lassen. In der Erwiderung macht die Klägerin geltend, die Kommission sei einer Fehleinschätzung unterlegen, die auf einer unzureichenden Auseinandersetzung mit dem österreichischen Steuerrecht beruhe. Die einschlägigen nationalen Bestimmungen sähen keine Möglichkeit einer Verrechnung von Verlusten und Gewinnen der Gesellschaften ein und derselben Gruppe vor. GRAWE habe daher nicht allein aufgrund ihrer Eigenschaft als Erwerber der BB durch den Verlustvortrag, in dessen Genuss diese Bank gekommen sei, indirekt begünstigt sein können.

52      Was sodann die (in Randnr. 19, Fn. 8 der angefochtenen Entscheidung erwähnte) Abfindung der Streubesitzaktionäre Anfang 2006 angehe, der ein Aufkauf des Streubesitzes im Jahr 2005 vorausgegangen sei, so habe es die Kommission versäumt, auf das Gutachten der gmc-unitreu Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungs-GmbH Bezug zu nehmen, demzufolge sich der Börsenwert der BB auf 53 930 646 Euro belaufen habe. Wie aus dem XXIII. Bericht über die Wettbewerbspolitik hervorgehe, auf den sich die Kommission stütze, stelle der Börsenwert eines Unternehmens einen ebenso geeigneten Indikator für die Ermittlung des Marktwerts dar wie das Ergebnis einer Ausschreibung. Es sei auch hervorzuheben, dass der von GRAWE bezahlte Preis nach Ansicht der Minderheitsaktionäre der BB fair gewesen sei. Da die Kommission stillschweigend übergangen habe, dass der Wert einer BB-Aktie um 50 % niedriger angesetzt worden sei als der von GRAWE bezahlte Preis, habe sie bei der Feststellung einer wesentlichen Tatsache einen Fehler begangen.

53      Schließlich wirft die Klägerin der Kommission vor, davon ausgegangen zu sein, dass GRAWE als einzige in den Genuss eines Angebots des Landes Burgenland über die Ausgabe weiterer, durch die Ausfallhaftung abgesicherter Anleihen in Höhe von 380 Mio. Euro gekommen sei und dadurch einen zusätzlichen Vorteil erhalten habe (vgl. Randnrn. 35, 44 und 171 der angefochtenen Entscheidung). Die Feststellungen der Kommission seien nicht nur verfehlt, sondern auch widersprüchlich, da die Kommission selbst eingeräumt habe, dass eine vergleichbare Ausgabe weiterer Anleihen auch im Fall des Verkaufs der BB an das Konsortium erfolgt wäre (vgl. Randnr. 148 der angefochtenen Entscheidung). Die Feststellungen der Kommission stünden hierbei im Widerspruch zu jenen, die das Landesgericht Eisenstadt im Rahmen der Beweisaufnahme in der Rechtssache getroffen habe, in der am 20. Mai 2006 ein in Randnr. 142 der angefochtenen Entscheidung erwähnter Beschluss ergangen sei. Die vom Landesgericht Eisenstadt getroffenen Sachverhaltsfeststellungen, denen große Bedeutung zuzumessen sei, rechtfertigten – in Anbetracht des Ratings von GRAWE auf dem Kapitalmarkt – sogar eine Anpassung des Kaufpreises der BB zugunsten von GRAWE. Die Weigerung der Kommission, diese Feststellungen zu berücksichtigen, sei mit den in der Bekanntmachung über die Zusammenarbeit zwischen der Kommission und den Gerichten der Mitgliedstaaten im Bereich der staatlichen Beihilfen (ABl. 1995, C 312, S. 8) genannten Grundsätzen unvereinbar. Im Übrigen habe die Kommission ihre Begründungspflicht aus Art. 253 EG verkannt.

54      In der Erwiderung macht die Klägerin geltend, sämtliche an dem Prozess Beteiligten hätten eingeräumt, dass ein möglicher Verkauf der BB an das Konsortium zu einem signifikanten Liquiditätsabfluss zwischen der Unterzeichnung des Vertrags und dem Closing des Verkaufs geführt hätte. Dieser Umstand, der unter Punkt 5.4 der Endfassung des zwischen dem Land Burgenland und dem Konsortium verhandelten Kaufvertrags angesprochen werde, impliziere die Zusicherung, dass die BB vor dem Closing des Verkaufs weitere Anleihen ausgeben würde, und dies obwohl dieser Vertrag nicht die genaue Höhe dieser Anleihenausgabe vorsehe.

55      Die Kommission weist dieses Vorbringen zurück.

–       Würdigung durch das Gericht

56      Nach der oben in Randnr. 47 angeführten Rechtsprechung hat das Gericht unabhängig davon, ob komplexe wirtschaftliche Beurteilungen in Rede stehen, zu prüfen, ob die Kommission im vorliegenden Fall den Sachverhalt zutreffend festgestellt hat.

57      Es ist jedoch zu konstatieren, dass die Klägerin im Rahmen dieses Teils ihres Vorbringens weniger die Feststellungen zum Sachverhalt beanstandet, sondern der Kommission in Wirklichkeit eher vorwirft, in Bezug auf bestimmte Tatsachenfeststellungen, insbesondere in den Randnrn. 18, 19, 35 und 71 der angefochtenen Entscheidung, fehlerhafte Annahmen getroffen zu haben.

58      Die Klägerin macht erstens geltend, dass die Kommission angedeutet habe, dass GRAWE durch den in Randnr. 18 der angefochtenen Entscheidung angesprochenen Verlustvortrag der BB in besonderer Weise begünstigt worden sei.

59      Diese Randnummer hat folgenden Wortlaut:

„2007 verkaufte die GRAWE rund 15 % ihrer Beteiligung an der HYPO Group Alpe Adria und erzielte erhebliche Buchgewinne. Mit dem steuerlichen Verlustvortrag der BB von … Mio. [Euro] erzielte die GRAWE bereits Steuerersparnisse, die sie gegen den für die BB gezahlten Kaufpreis von … Mio. [Euro] aufrechnen konnte.“

60      Das Vorbringen der Klägerin stellt diese Feststellungen keineswegs in Frage. Die Kommission hat sich nämlich auf den Hinweis beschränkt, dass der Erwerber der BB aufgrund des Verlustvortrags, der dieser zugutegekommen sei, in der Lage habe sein können („die sie … aufrechnen konnte“), sich mittelbar einen entsprechenden Vorteil zu verschaffen. Die Behauptung der Klägerin, die Kommission habe den Eindruck vermitteln wollen, dass GRAWE für den Erwerb der BB nichts habe zahlen müssen, wird daher durch nichts stichhaltig belegt.

61      Darüber hinaus wurde die Frage des steuerlichen Verlustvortrags der BB im weiteren Verlauf der angefochtenen Entscheidung bei der Beurteilung eines Vorteils zugunsten der GRAWE nicht behandelt. In Randnr. 174 der angefochtenen Entscheidung heißt es ganz klar, „[w]as die in der Eröffnungsentscheidung angeführte Frage des steuerlichen Verlustvortrags anbetrifft, so prüfte die Kommission, ob dieser Aspekt bei der Ermittlung des Beihilfebetrags zu berücksichtigen ist, und gelangte zu dem Ergebnis, dass dies nicht der Fall ist“.

62      Zweitens kann auch die Rüge der Klägerin, die Kommission habe es zu Unrecht unterlassen, den im März 2006 für den Aufkauf des Streubesitzes in Anbetracht des gmc-unitreu-Gutachtens gezahlten Preis zu berücksichtigen, nicht durchgreifen.

63      Zunächst einmal hat die Kommission, wie sich eindeutig aus der angefochtenen Entscheidung ergibt, die Auffassung vertreten, dass es keineswegs erforderlich gewesen sei, auf irgendwelche Gutachten (vgl. u. a. Randnr. 112 der angefochtenen Entscheidung), insbesondere auf das im Rahmen der Vorarbeiten zur Privatisierung der BB im Hinblick auf die Abfindung der Streubesitzaktionäre erstellte gmc-unitreu-Gutachten, Bezug zu nehmen, da der Marktpreis im Rahmen der Durchführung eines offenen, transparenten und bedingungsfreien Ausschreibungsverfahrens bestimmt worden sei. Dass sich die Kommission bei der Bestimmung des Marktpreises der BB nicht auf dieses Gutachten gestützt hat, steht daher nicht mit dessen tatsächlichem Wert im Zusammenhang, sondern hat eher damit zu tun, dass sie es für vorzugswürdig hielt, auf Angebote abzustellen, die im Rahmen des betreffenden Ausschreibungsverfahrens gültig abgegeben worden waren. Die Klägerin vermittelt daher zu Unrecht den Eindruck, dass die Kommission die Höhe der den Streubesitzaktionären im März 2006 zugestandenen Abfindungen verschwiegen habe. Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass die Frage der Abfindung der Streubesitzaktionäre im Jahr 2006 sowie das gmc-unitreu-Gutachten in der angefochtenen Entscheidung ausdrücklich erwähnt und geprüft wurden (vgl. Randnrn. 19, 68 Buchst. b und 113 der angefochtenen Entscheidung).

64      Im Übrigen hat die Klägerin keinen überzeugenden Anhaltspunkt dafür vorgetragen, dass das gmc-unitreu-Gutachten im Hinblick auf die Bestimmung des Marktwerts der BB eine besondere Aufmerksamkeit verdiente. Sie ist insbesondere den Nachweis schuldig geblieben, weshalb die anlässlich der Abfindung der Streubesitzaktionäre vorgenommene Bewertung des Stand-alone-Werts der BB, die eine Situation betraf, die viel weiter zurücklag als der Zeitpunkt des tatsächlichen Verkaufs der BB und in der Veräußerung von Wertpapieren außerhalb des Kapitalmarkts bestand, den Bewertungen des Marktwerts der BB vorzuziehen sein sollte, die sich aus den anderen in Randnr. 68 der angefochtenen Entscheidung erwähnten unabhängigen Gutachten ergeben. Wie die Kommission ausgeführt hat, kann zwar nach dem Wortlaut von Nr. 403 des XXIII. Berichts über die Wettbewerbspolitik in einem Fall, in dem eine Privatisierung durch den Verkauf von Aktien über die Börse geschieht, davon ausgegangen werden, dass diese Veräußerung zu Marktbedingungen erfolgt, doch ist der Verkauf eines Teils der Aktien außerhalb des Kapitalmarkts für den Gesamtwert des Unternehmens nicht unbedingt repräsentativ.

65      Was drittens die Höhe der Vorratsemissionen von Anleihen und den angeblichen Widerspruch zwischen der Behauptung, dass der sich aus einer zusätzlichen Ausgabe von Anleihen in Höhe von 380 Mio. Euro ergebende Vorteil nur GRAWE zugutegekommen sei (vgl. Randnrn. 35, 44 und 171 der angefochtenen Entscheidung), und der Erwägung angeht, dass die Vorratsemissionen unabhängig vom Erwerber der BB die gleiche Höhe gehabt hätten (vgl. Randnr. 148 der angefochtenen Entscheidung und insbesondere die im Beschluss des Landesgerichts Eisenstadt vom 20. Mai 2006 getroffenen Feststellungen), ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission in Randnr. 171 der angefochtenen Entscheidung zu folgendem Ergebnis gelangt ist:

„Die Ausgabe zusätzlicher Anleihen in Höhe von 380 Mio. [Euro] im Rahmen der staatlichen Haftung wurde weder im Process Letter noch im Entwurf des Vertrags mit der GRAWE angeführt. Nach Auffassung der Kommission hat diese Vereinbarung eine erhebliche Rolle beim Verkaufsprozess gespielt und hätte in dem Entwurf des Vertrags mit dem Konsortium aufgeführt werden müssen. Außerdem bestätigte das Konsortium, dass es der Ausgabe zusätzlicher Anleihen in seinem Angebot nicht Rechnung getragen habe. Nach Auffassung der Kommission erfordert daher der Vorteil, der der GRAWE durch die günstigere Refinanzierungssituation infolge der Bereitstellung weiterer 380 Mio. [Euro] verschafft wurde, eine Anpassung in Form einer Erhöhung des Differenzbetrags zwischen dem Angebot des Konsortiums und dem tatsächlichen Kaufpreis. Grundlage der Berechnung sind die Zinsen, die die BB für die zusätzlichen Anleihen in Höhe von 380 Mio. [Euro] zahlt, im Vergleich zu den Refinanzierungskosten der BB nach dem Closing.“

66      Die Kommission hat – wie aus den Randnrn. 148 und 171 der angefochtenen Entscheidung hervorgeht – es zwar nicht abgelehnt, diese Ausgabe zusätzlicher Anleihen in das Liquidationsszenario zu integrieren, das sie hilfsweise prüfte und das die österreichischen Behörden für den Fall des Verkaufs an das Konsortium vorgelegt hatten, doch hat sie sich im Rahmen der Bewertung der Höhe des GRAWE gewährten Vorteils auf den Hinweis beschränkt, dass konkret das vom Konsortium abgegebene Angebot der Ausgabe zusätzlicher Anleihen nicht Rechnung getragen habe. In diesem Zusammenhang hat die Kommission, unabhängig von den anlässlich der Beweisaufnahme durch das Landesgericht Eisenstadt getroffenen Feststellungen zum Sachverhalt, zum einen berücksichtigt, dass die Ausgabe zusätzlicher Anleihen in Höhe von 380 Mio. Euro weder im Process Letter noch im Entwurf des Vertrags mit dem Konsortium angeführt gewesen sei, und zum anderen, dass das Konsortium bestätigt habe, diese Ausgabe tatsächlich nicht berücksichtigt zu haben.

67      Das Vorbringen der Klägerin, wonach unter Berücksichtigung des sehr unterschiedlichen Risikoprofils des Konsortiums und von GRAWE dieser kein zusätzlicher Vorteil erwachsen sei, ist rein spekulativ und nicht untermauert und ist allein aus diesem Grund zurückzuweisen. Wie die Kommission erwähnt hat, ist der entscheidende Punkt, dass das Angebot von GRAWE im Gegensatz zum Angebot des Konsortiums ohne Zweifel die Ausgabe zusätzlicher Anleihen in Höhe von 380 Mio. Euro einbezog. Daraus ergibt sich mithin ein finanzieller Zusatzvorteil, der bei der Berechnung der Höhe der GRAWE vom Land Burgenland eventuell gewährten Beihilfe zu berücksichtigen war.

68      Was schließlich das Vorbringen betrifft, die Kommission habe ihre Begründungspflicht verletzt, so ist nach gefestigter Rechtsprechung zwischen der Rüge des Fehlens oder der Unzulänglichkeit einer Begründung und der Rüge der Unrichtigkeit der Entscheidungsgründe wegen eines Irrtums in Bezug auf die Tatsachen oder bei der rechtlichen Würdigung zu unterscheiden. Der letztgenannte Gesichtspunkt gehört zur Prüfung der materiellen Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung und nicht zu der einer Verletzung wesentlicher Formvorschriften und kann damit keinen Verstoß gegen Art. 253 EG darstellen (Urteil des Gerichtshofs vom 2. April 1998, Kommission/Sytraval und Brink’s France, C‑367/95 P, Slg. 1998, I‑1719, Randnrn. 67 und 72, und Urteil des Gerichts vom 7. November 1997, Cipeke/Kommission, T‑84/96, Slg. 1997, II‑2081, Randnr. 47). Folglich kann das Gericht im Rahmen der Prüfung, ob die Begründungspflicht eingehalten wurde, die materielle Rechtmäßigkeit der Gründe, mit denen die Kommission ihre Entscheidung gerechtfertigt hat, nicht prüfen (Urteil des Gerichts vom 15. Juni 2005, Corsica Ferries France/Kommission, T‑349/03, Slg. 2005, II‑2197, Randnrn. 52, 58 und 59).

69      Im vorliegenden Fall betreffen die von der Klägerin vorgetragenen Argumente in Wirklichkeit jedoch angebliche Beurteilungsfehler, die die Kommission begangen habe. Die angefochtene Entscheidung enthält nämlich zumindest unter dem Gesichtspunkt des Art. 253 EG in Bezug auf die von der Klägerin angesprochenen Aspekte eine hinreichende Begründung.

70      Die Rügen der Klägerin, die gegen die Darstellung bestimmter, in der angefochtenen Entscheidung wiedergegebener Tatsachen gerichtet sind, sind daher zurückzuweisen.

 Zum anwendbaren rechtlichen Rahmen

–       Vorbringen der Parteien

71      Die Klägerin trägt vor, im Rahmen der Bestimmung des Marktpreises eines öffentlichen Unternehmens unter dem Blickwinkel des Rechts der staatlichen Beihilfen seien alle Methoden als gleichwertig anzusehen, die eine zuverlässige Ermittlung des objektiven Verkehrswerts gestatteten. Die Kommission habe diesen Grundsatz verkannt, als sie sich geweigert habe, ex ante erstellte Bewertungsgutachten zu berücksichtigen, und auf die vom Konsortium und von der Klägerin im Ausschreibungsverfahren für die BB abgegebenen Angebote Bezug genommen habe. Diese Angebote, die durch die vom Land Burgenland im Process Letter insbesondere in Bezug auf die Ausfallhaftung angeführten Bedingungen maßgeblich beeinflusst gewesen seien, stellten keine zuverlässigen Angaben zur Ermittlung des Marktwerts der BB dar. Insbesondere enthalte das vom Konsortium abgegebene Angebot eine signifikante „Risikoprämie“, um dem Land die weiter bestehende Ausfallhaftung für Altverbindlichkeiten und die unsichere FMA-Genehmigung abzugelten.

72      Die in der angefochtenen Entscheidung angestellte Überlegung sei widersprüchlich, da die Kommission, obwohl sie zum Ergebnis komme, dass das Ausschreibungsverfahren zur Privatisierung der BB fehlerhaft gewesen sei, für die Bewertung des Marktpreises der BB auf die Ergebnisse eben dieses Verfahrens Bezug nehme. Die Kommission habe sich nicht gefragt, ob die betreffenden Ausschreibungsbedingungen zu einer künstlichen Überhöhung des vom Konsortium abgegebenen Angebots geführt haben könnten. Ein Ausschreibungsverfahren sei immer dann ein untaugliches Instrument zur Bewertung von Vermögenswerten, wenn dieses Verfahren durch beihilferechtlich verpönte Bedingungen fehlerhaft sei.

73      Die Klägerin zieht daraus den Schluss, dass die Kommission nicht berechtigt gewesen sei, das Ergebnis dieses Verfahrens als einen oder gar als einzigen Indikator für den Marktwert der BB heranzuziehen, sondern in Anbetracht ihrer Verpflichtung zur unvoreingenommenen Prüfung des ihr unterbreiteten Sachverhalts auf die zahlreichen anderen ihr vorliegenden Anhaltspunkte, wie etwa die unabhängige Bewertung durch HSBC, die eigene Einschätzung des Konsortiums sowie den realen Wert, den die Anteile der BB anlässlich der Abfindung der Streubesitzaktionäre durch das Land Burgenland gehabt hätten, hätte zurückgreifen müssen (vgl. Randnr. 68 der angefochtenen Entscheidung).

74      Die Kommission tritt dem gesamten Vorbringen der Klägerin entgegen.

–       Würdigung durch das Gericht

75      Die Klägerin räumt ein, dass der Verkauf eines Gegenstands oder Unternehmens zu einem unter seinem Marktwert liegenden Preis zu einer wirtschaftlichen Begünstigung des Erwerbers führt, und zwar unter Verstoß gegen Art. 87 Abs. 1 EG. Sie wirft der Kommission jedoch vor, sich ausschließlich auf das Ergebnis des zur Privatisierung der BB eingeleiteten Ausschreibungsverfahrens gestützt zu haben, obwohl es erstens zahlreiche andere Anhaltspunkte und Gutachten gegeben habe, die eine Bestimmung dieses Marktpreises gestattet hätten, und zweitens das Vergabeverfahren insbesondere durch das Erfordernis verfälscht worden sei, die Inanspruchnahme der Ausfallhaftung zu vermeiden.

76      Zur Frage, ob die Kommission berechtigt war, auf die Angebote Bezug zu nehmen, die im Rahmen des zum Verkauf der BB durchgeführten Vergabeverfahrens eingereicht worden waren, ist darauf hinzuweisen, dass der Marktpreis eines Unternehmens, der im Allgemeinen durch das Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage gebildet wird, dem höchsten Preis entspricht, den ein unter normalen Wettbewerbsbedingungen handelnder privater Kapitalgeber für diese Gesellschaft in der Situation, in der sie sich befindet, zu zahlen bereit wäre (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 29. April 2004, Deutschland/Kommission, C‑277/00, Slg. 2004, I‑3925, Randnr. 80, und die oben in Randnr. 46 angeführte Rechtsprechung).

77      Beabsichtigt die öffentliche Hand, ein ihr gehörendes Unternehmen zu verkaufen, und bedient sie sich hierfür eines offenen, transparenten und bedingungsfreien Ausschreibungsverfahrens, kann daher vermutet werden, dass der Marktpreis dem höchsten Angebot entspricht, wobei erstens festzustellen ist, ob dieses Angebot verpflichtend und verlässlich ist, und zweitens, ob es nicht gerechtfertigt ist, andere wirtschaftliche Faktoren als den Preis, wie zwischen den Angeboten bestehende außerbilanzielle Risiken, zu berücksichtigen. Daher begeht die Kommission keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler, wenn sie davon ausgeht, dass das Beihilfeelement anhand des Marktpreises bewertet werden kann, der seinerseits grundsätzlich anhand der im Rahmen einer Ausschreibung konkret abgegebenen Angebote gebildet wird.

78      Unter diesen Umständen kann der Kommission nicht vorgeworfen werden, die in Randnr. 68 der angefochtenen Entscheidung erwähnten unabhängigen Wertgutachten nicht berücksichtigt zu haben, die für die von der Klägerin vertretene Ansicht sprächen, dass der von GRAWE für den Kauf der BB gebotene Preis dem Marktpreis entspreche.

79      Die Heranziehung solcher Gutachten zur Bestimmung des Marktpreises der BB hätte nämlich nur dann einen Sinn, wenn im Hinblick auf deren Verkauf gar kein Ausschreibungsverfahren durchgeführt worden wäre, oder möglicherweise auch dann, wenn man zu dem Ergebnis gelangt wäre, dass das durchgeführte Ausschreibungsverfahren nicht offen, transparent und bedingungsfrei gewesen sei. Insoweit lässt sich nicht bestreiten, dass Angebote, die im Rahmen des zur Privatisierung eines bestimmten Unternehmens eingeleiteten Ausschreibungsverfahrens gültig und tatsächlich abgegeben wurden, grundsätzlich einen besseren Näherungswert für den Marktpreis dieser Einrichtung bilden, als unabhängige Wertgutachten. Solche Gutachten beruhen nämlich unabhängig davon, welche Methode und Parameter für ihre Erstellung gewählt werden, auf einer prognostischen Prüfung und führen daher zu einer Ermittlung des Marktpreises des betreffenden Unternehmens von geringerer Wertigkeit als der, die sich aus im Rahmen eines regelgerecht durchgeführten Ausschreibungsverfahrens konkret und gültig eingereichten Angeboten ergibt.

80      Aus den gleichen Gründen kann der Kommission nicht vorgeworfen werden, ihre Pflicht versäumt zu haben, die Maßnahmen, über die sie zu befinden hat, sorgfältig und unvoreingenommen zu prüfen. Wie den Randnrn. 112 und 113 der angefochtenen Entscheidung eindeutig zu entnehmen ist, ging die Kommission davon aus, dass bei Vorliegen verbindlicher Kaufangebote für die BB den unabhängigen Wertgutachten als solchen unabhängig von deren Verfasser, dem Zeitpunkt ihrer Erstellung oder der gewählten Analysemethode für die Feststellung, ob der von GRAWE für die Übernahme der BB gezahlte Preis dem Marktpreis entsprach, keine Bedeutung zukomme.

81      Zu dem Vorbringen, die Kommission könne nicht auf Ergebnisse eines Vergabeverfahrens abstellen, das sie selbst für fehlerhaft gehalten habe, genügt der Hinweis, dass die Kommission, während sie im Stadium der Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens insbesondere unter dem Blickwinkel der Wahrung der Gleichbehandlung der Bieter Zweifel daran hegte, dass die Ausschreibung regelgerecht gewesen sei (vgl. hierzu Randnr. 42 der angefochtenen Entscheidung), letztlich zu dem Ergebnis gelangte, dass die Mängel, mit denen die Ausschreibungsbedingungen behaftet gewesen seien, keinen Einfluss auf die Höhe der konkret abgegebenen Angebote gehabt hätten und dass daher das nominell höhere Angebot einen guten Näherungswert für den Marktpreis dargestellt habe (vgl. Randnr. 143 der angefochtenen Entscheidung).

82      Aus alledem ergibt sich, dass die Klägerin zu Unrecht die Auffassung vertritt, die Kommission habe den auf Privatisierungen anwendbaren rechtlichen Rahmen verkannt.

 Zur Berücksichtigung der Wahrscheinlichkeit einer Genehmigung durch die FMA bei der Anwendung des Kriteriums des privaten Verkäufers

–       Vorbringen der Parteien

83      Die Klägerin wirft der Kommission vor, bei der Anwendung des Private‑vendor-Tests den ungewissen Ausgang der FMA-Genehmigung im Fall der Veräußerung der BB an das Konsortium nicht ausreichend berücksichtigt zu haben. Wie aus den Feststellungen der Kommission (vgl. Randnrn. 125 ff. der angefochtenen Entscheidung) hervorgehe, habe in hohem Maße Unsicherheit darüber geherrscht, ob diese Behörde diese Veräußerung genehmigen würde. Tatsächlich seien die Verhältnisse so gewesen, dass die FMA wegen der vorgeschriebenen Frist für die Durchführung eines „Fit & Proper“-Tests eines Erwerbers aus einem Land, das noch kein Amtshilfeabkommen mit den Finanzmarktaufsichtsbehörden der Europäischen Union geschlossen habe, den Erwerb der BB durch das Konsortium zunächst untersagt hätte. Wie die Kommission in Randnr. 127 der angefochtenen Entscheidung erwähne, wäre in der Folge der Ausgang des Bewilligungsverfahrens im besten Fall völlig offen gewesen. Die Chance, dass die FMA dem Konsortium gestatten würde, die BB zu übernehmen, habe bei nicht mehr als 50 % gelegen. Die endgültige Genehmigungsentscheidung hätte mangels eines Kooperationsverfahrens zwischen Österreich und der Ukraine mindestens zwölf Monate in Anspruch genommen. Angesichts dieser Situation hätte ein marktwirtschaftlich handelnder privater Verkäufer, der die Risiken mindern wolle, das Angebot von GRAWE als günstiger angesehen als jenes des Konsortiums. Multipliziere man im vorliegenden Fall den Nominalwert der Angebote mit der Wahrscheinlichkeit der FMA-Genehmigung, sei das von der Klägerin vorgelegte Angebot besser als das des Konsortiums.

84      In der Erwiderung führt die Klägerin aus, es sei nach den Beweislastregeln in den Prüfverfahren von Beihilfemaßnahmen Sache der Kommission, für die Beurteilung der Chance einer FMA-Genehmigung für den Erwerb der BB durch das Konsortium konkrete Beweise zu erbringen und nicht bloße Vermutungen in den Raum zu stellen; dies gelte umso mehr, als die angefochtene Entscheidung in ihr Eigentumsrecht eingreife. Außerdem habe das Land Burgenland eine Entscheidung in einer unsicheren Situation treffen müssen, und die Kommission habe entgegen Art. 295 EG im vorliegenden Fall vom Land Burgenland das Eingehen eines Risikos verlangt, das dem Kriterium des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers nicht entspreche.

85      Die Kommission tritt allen diesen von der Klägerin erhobenen Rügen entgegen.

–       Würdigung durch das Gericht

86      Wie den oben in Randnr. 77 dargelegten Erwägungen zu entnehmen ist, kann dann, wenn im Hinblick auf die Privatisierung eines Vermögensgegenstands oder einer Einrichtung ein offenes, transparentes und bedingungsfreies Ausschreibungsverfahren eingeleitet wird, vermutet werden, dass der Marktpreis dem höchsten Angebot entspricht und dass aus dem Blickwinkel des marktwirtschaftlich handelnden privaten Wirtschaftsteilnehmers der betreffende Vermögensgegenstand an den entsprechenden Bieter verkauft werden muss. Darüber hinaus muss erstens der Verkauf an den Meistbietenden durchführbar sein und darf es zweitens nicht gerechtfertigt sein, andere wirtschaftliche Faktoren als den Preis zu berücksichtigen.

87      Diese letztgenannten Vorbehalte werden von der Kommission in den Randnrn. 120 bis 122 der angefochtenen Entscheidung mit folgenden Worten konkret angesprochen:

„(120)      Dem Land Burgenland lag ein Angebot des Konsortiums vor, dessen Nominalwert den des Angebots der GRAWE um 54,7 Mio. [Euro] überstieg. Ein nach marktwirtschaftlichen Grundsätzen handelnder Wirtschaftsteilnehmer könnte sich dennoch ausnahmsweise für das niedrigere Angebot entscheiden, wenn:

a)       es erstens offensichtlich ist, dass der Verkauf an den Meistbietenden nicht durchführbar ist, und

b)       es zweitens gerechtfertigt ist, auch anderen Faktoren als dem Preis Rechnung zu tragen. Die Tatsache, dass nicht der Meistbietende den Zuschlag erhalten hat, ist an sich kein unwiderleglicher Beweis für eine Beihilfe. Der Begriff des Meistbietenden kann weiter ausgelegt werden, wenn die Unterschiede in den außerbilanziellen Risiken zwischen den Angeboten berücksichtigt werden.

(121)      Bei dem ersten Aspekt geht es im Wesentlichen darum, ob das Land Burgenland sich hätte darauf verlassen können, dass es die Kaufpreiszahlung tatsächlich erhalten würde (dies wird im Allgemeinen als Transaktionssicherheit bezeichnet – erstes Element), und ob davon ausgegangen werden konnte, dass das Konsortium die erforderliche Genehmigung der Finanzmarktaufsicht (oder jeder anderen am Vorgang beteiligten Behörde) erhalten würde (zweites Element).

(122)      Bei dem zweiten Aspekt geht es darum, ob es andere Faktoren wie Haftungen oder außerbilanzielle Risiken gibt, die das Land Burgenland als staatlicher Verkäufer berücksichtigen kann und die den Preisunterschied im Vergleich zum höchsten Angebot aufwiegen würden.“

88      Es ist festzustellen, dass die Klägerin nicht die von der Kommission insoweit aufgestellten Grundsätze, sondern deren Anwendung im vorliegenden Fall beanstandet. Außerdem wurde nicht bestritten, dass die Kommission in Randnr. 125 der angefochtenen Entscheidung eindeutig anerkannt hat, dass sich ein marktwirtschaftlich handelnder Verkäufer nicht für einen Käufer entschieden hätte, der aller Wahrscheinlichkeit nach die erforderlichen Genehmigungen der zuständigen Behörden nicht erhalten hätte.

89      Die vorliegende Rüge betrifft insbesondere das zweite Element des ersten in Randnr. 121 der angefochtenen Entscheidung angesprochenen Aspekts, das das Genehmigungsverfahren vor der FMA betrifft. Die Klägerin trägt nämlich vor, dass der ungewisse Ausgang und die Dauer des Genehmigungsverfahrens in dem Fall, in dem die BB an das Konsortium verkauft worden wäre, es gerechtfertigt hätten, die BB letztendlich an GRAWE zu verkaufen.

90      Das Gericht hat daher zu prüfen, ob die von der Kommission gezogene Schlussfolgerung, dass die im Verwaltungsverfahren vorgebrachten Anhaltspunkte – mit denen belegt werden sollte, dass erstens eine Genehmigung des Verkaufs der BB an das Konsortium durch die FMA ungewiss gewesen sei und zweitens das Genehmigungsverfahren vor der FMA im Fall eines Verkaufs der BB an das Konsortium länger gedauert hätte – nach dem Kriterium des marktwirtschaftlich handelnden privaten Wirtschaftsteilnehmers eine Entscheidung für den Verkauf der BB an GRAWE nicht gerechtfertigt hätten, auf einem offensichtlichen Beurteilungsfehler beruht.

91      Was, als einen ersten Aspekt in diesem Zusammenhang, den eigentlichen Gehalt des Genehmigungsverfahrens betrifft, geht aus dem Akteninhalt hervor, dass nach dem zur Zeit der maßgebenden Ereignisse gültigen § 20 Abs. 3 des Bankwesengesetzes (BWG) der Erwerb einer qualifizierten Beteiligung an einem Kreditinstitut anzeige- und genehmigungspflichtig war.

92      Die Prüfung des Erwerbs einer qualifizierten Beteiligung erfolgt durch einen sogenannten „Fit & Proper“-Test, der in § 5 Abs. 1 BWG definiert ist. Wie insbesondere aus den von den Parteien nicht beanstandeten Randnrn. 125 und 126 der angefochtenen Entscheidung hervorgeht, kann die FMA nach § 20 BWG den Erwerber einer Bank einer Prüfung nach Maßstäben der Eignung und Erfahrung erst dann unterziehen, wenn die Verhandlungsparteien einen bindenden Kaufvertrag geschlossen haben. Folglich kann die FMA in der Praxis keine gleichzeitige Bewertung mehrerer potenzieller Erwerber durchführen. Außerdem hat die FMA gegenüber der Kommission bestätigt, dass sie die Prüfung des Erwerbs einer qualifizierten Beteiligung erst dann aufnehme, wenn bei den beiden an der Transaktion beteiligten Parteien eine konkrete und offen bekundete Erwerbs- bzw. Verkaufsabsicht bestehe. Im vorliegenden Fall musste sich das Land Burgenland daher endgültig für eines der beiden Kaufangebote für die BB entscheiden, bevor das Verfahren zur Genehmigung der Übernahme vor der FMA eingeleitet werden konnte. Außerdem unterliegt die FMA, wie die österreichischen Behörden selbst ausgeführt haben, als unabhängige Verwaltungsbehörde der Verpflichtung zur Vertraulichkeit und Unvoreingenommenheit. Sie kann daher nicht im Voraus Prognosen über den Ausgang eines eingeleiteten Genehmigungsverfahrens abgeben.

93      Zwischen den Parteien besteht ferner Einigkeit darüber, dass die FMA den Erwerb binnen drei Monaten nach der Anzeige untersagen kann und andernfalls der Erwerb als genehmigt gilt. Ist die FMA der Ansicht, dass sie für ihre Prüfung einer längeren Zeit als der eingeräumten drei Monate bedürfe, muss sie vor Ablauf der Dreimonatsfrist den Erwerb zunächst untersagen. Diese Untersagung nimmt jedoch die endgültige Entscheidung der FMA über den Erwerb der qualifizierten Beteiligung nicht vorweg.

94      Was, als zweiten Aspekt in diesem Kontext, speziell das Vorbringen der Klägerin angeht, gilt es im Wesentlichen dem Umstand, dass das Genehmigungsverfahren vor der FMA im Fall eines Verkaufs an das Konsortium zum einen zwölf Monate gedauert hätte und zum anderen sein Ausgang unsicher gewesen wäre (die Wahrscheinlichkeit, dass das Konsortium eine Genehmigung für die Übernahme der BB erhalten hätte, habe bei 50 % oder darunter gelegen). Diese Gründe hätten es bereits für sich genommen rechtfertigen können, dass sich das Land Burgenland letztlich für einen Verkauf der BB an GRAWE entscheide.

95      Zum Ausgang des Genehmigungsverfahrens vor der FMA ist festzustellen, dass sich die Klägerin auf den Hinweis beschränkt hat, dass „es in hohem Maße unsicher [war], ob die [FMA] eine Übertragung der Beteiligung an der BB auf das Konsortium bewilligt hätte“. Die Klägerin ist insbesondere den Nachweis schuldig geblieben, wie sie zu dem Ergebnis gelangt ist, dass eine Wahrscheinlichkeit von 50 % dafür bestanden habe, dass der Verkauf der BB an das Konsortium nicht durchgeführt würde (und umgekehrt von 50 % dafür, dass er durchgeführt würde). Im Übrigen hat die FMA, wie die Kommission in Randnr. 127 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt hat, durch die informelle Aussage, dass der Ausgang des Genehmigungsverfahrens offen sei, keine Vorentscheidung darüber getroffen, ob dieser Ausgang negativ sein werde oder nicht. Daher hat die Kommission den Sinn der von den österreichischen Behörden übermittelten Informationen nicht missverstanden.

96      In Bezug auf die mögliche Dauer des Genehmigungsverfahrens ist festzustellen, dass sich die Kommission der Beurteilung durch die österreichischen Behörden angeschlossen hat, wonach im Fall des Erwerbs der BB durch das Konsortium ein Genehmigungsverfahren von einer Dauer bis zu einem Jahr (auch wenn ihr eine Dauer von sechs Monaten wahrscheinlicher erschien) zu erwarten gewesen wäre, während im Fall der Übernahme der BB durch GRAWE diese Dauer drei Monate betragen hätte (vgl. Randnr. 130 der angefochtenen Entscheidung).

97      Hierzu geht aus der Darstellung des Sachverhalts hervor, dass die vom Land Burgenland unternommenen Schritte zum Verkauf der BB in das Jahr 2003 zurückreichen und dass es in diesem Kontext keine weitere Gelegenheit zum Verkauf der BB habe verfehlen wollen. Daher kann nicht ausgeschlossen werden, dass es das Land Burgenland im Hinblick auf die Zweifel, die es am Ausgang des Genehmigungsverfahrens vor der FMA hegte, vorgezogen hat, die BB an GRAWE zu verkaufen, deren Angebot befristet war. Allerdings hätte die Klägerin darüber hinaus konkrete Elemente zum Beleg dafür vorbringen müssen, dass die Dauer des Verfahrens vor der FMA im Fall des Verkaufs der BB an das Konsortium die Chancen der Privatisierung gefährdet hätte, was sie schuldig geblieben ist.

98      Schließlich kann auch dem Vorbringen nicht gefolgt werden, die Kommission habe die von ihr zu tragende Beweislast verkannt, indem sie versäumt habe, konkrete Anhaltspunkte in Bezug auf das Genehmigungsverfahren vor der FMA beizubringen. Gewiss ist die Kommission, um eine bestimmte Maßnahme als staatliche Beihilfe einstufen zu können, zu dem Nachweis verpflichtet, dass die Voraussetzungen des Art. 87 Abs. 1 EG, zu denen das Vorliegen eines wirtschaftlichen Vorteils zählt, erfüllt sind, und zu diesem Zweck ist sie insbesondere gehalten, im Interesse einer ordnungsgemäßen Anwendung der grundlegenden Vorschriften des EG-Vertrags auf dem Gebiet der staatlichen Beihilfen das Verfahren zur Prüfung der beanstandeten Maßnahmen sorgfältig und unvoreingenommen zu führen, damit sie bei Erlass der endgültigen Entscheidung über möglichst vollständige und verlässliche Informationen verfügt (vgl. in diesem Sinne Urteil Kommission/Sytraval und Brink’s France, oben in Randnr. 68 angeführt, Randnr. 62).

99      Da jedoch im vorliegenden Fall berechtigterweise vermutet werden konnte, dass die Weigerung, die BB im Rahmen des von den österreichischen Behörden durchgeführten Vergabeverfahrens an den Meistbietenden, nämlich das Konsortium, zu verkaufen, eine staatliche Beihilfe darstellte, war es Sache dieser Behörden, nachzuweisen, dass der ungewisse Ausgang und die längere Dauer des Genehmigungsverfahrens es gerechtfertigt hätten, dass sie, ebenso wie es jeder marktwirtschaftlich handelnde private Verkäufer getan hätte, auf einen Betrag von nahezu 55 Mio. Euro (also mehr als 50 % des von GRAWE eingereichten Angebots) verzichten. Mit anderen Worten waren, ohne dass zu bestreiten wäre, dass die österreichischen Behörden eine Entscheidung mit Prognosecharakter zu treffen hatten, überzeugende Anhaltspunkte dafür beizubringen, dass die Kosten‑Nutzen-Bilanz, die jeder Wirtschaftsteilnehmer zu ziehen hat, eindeutig den Ausschlag für das GRAWE-Angebot gegeben hätte.

100    Im Übrigen kann der Kommission nicht vorgeworfen werden, sie habe unter Verstoß gegen ihre Verpflichtung zur sorgfältigen und unvoreingenommenen Prüfung des Sachverhalts versäumt, bei der Bestimmung des wahrscheinlichen Ausgangs eines Genehmigungsverfahrens vor der FMA im Hinblick auf einen Verkauf der BB an das Konsortium wesentliche Anhaltspunkte zu prüfen. Die Kommission hat sich mit dem Problem der Genehmigung der Privatisierung durch die FMA hinreichend eingehend beschäftigt, wie die Randnrn. 125 bis 133 der angefochtenen Entscheidung bezeugen. Insbesondere hat die Kommission entgegen dem, was die Klägerin anklingen lässt, eingeräumt, dass das Genehmigungsverfahren vor der FMA für das Konsortium wahrscheinlich länger dauern werde als für GRAWE (vgl. Randnr. 130 [a. A.] der angefochtenen Entscheidung). Demgegenüber vertrat sie nicht nur die Auffassung, dass diese Dauer keine Vorentscheidung über den Ausgang des Genehmigungsverfahrens im Fall des Verkaufs der BB an das Konsortium impliziert hätte, sondern auch, dass sie unter dem Blickwinkel der Anwendung des Grundsatzes des marktwirtschaftlich handelnden privaten Verkäufers nicht als entscheidend anzusehen gewesen wäre.

101    Mithin ist die Kommission ohne offensichtlichen Beurteilungsfehler zu der Schlussfolgerung gelangt, dass weder der ungewisse Ausgang noch die wahrscheinlich längere Dauer des Verfahrens vor der FMA – im Fall einer Entscheidung für den Verkauf der BB an das Konsortium – den Ausschluss des Konsortiums als Käufer gerechtfertigt habe.

102    Demnach sind alle das Genehmigungsverfahren vor der FMA betreffenden Rügen als unbegründet zurückzuweisen.

 Zu den Zweifeln an der Transaktionssicherheit

–       Vorbringen der Parteien

103    Die Klägerin trägt vor, die Kommission habe nicht ausreichend geprüft, ob Zweifel an der finanziellen Leistungsfähigkeit des Konsortiums zur Entrichtung des für den Kauf der BB gebotenen Preises bestanden hätten, und zwar unabhängig davon, ob die österreichischen Behörden in diesem Zusammenhang relevante Gesichtspunkte vorgebracht hätten. Im vorliegenden Fall habe es konkrete Hinweise gegeben, die die Transaktionssicherheit im Fall des Verkaufs der BB an das Konsortium in Frage gestellt hätten. Insbesondere handele es sich bei den wirtschaftlichen Eigentümern des Konsortiums um „politisch exponierte“ Personen im Sinne der Richtlinie 2005/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Oktober 2005 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung (ABl. L 309, S. 15). Außerdem und vor allem sei die Angabe in Punkt 2.3 des zwischen dem Land Burgenland und dem Konsortium verhandelten Kaufvertrags, wonach die SLAV Finanzbeteiligung GmbH im Hinblick auf den Kauf des Konsortiums über ein in vollem Umfang in bar aufgebrachtes Stammkapital von über 140 Mio. Euro verfügt habe, unrichtig, wie aus dem Firmenbuchauszug dieser Gesellschaft hervorgehe, wonach sie ein Stammkapital gehabt habe, das zu keinem Zeitpunkt 50 000 Euro überstiegen habe. Folglich habe das Konsortium zum Zeitpunkt der Einreichung seines Kaufangebots eine wesentliche Zusicherung nicht erfüllt.

104    In ihrer Erwiderung weist die Klägerin darauf hin, dass die Kommission in Beihilfesachen zu einer sorgfältigen und unvoreingenommenen Prüfung des Sachverhalts verpflichtet sei, was bedeute, dass sie sich nicht darauf beschränken könne, den Vortrag des betreffenden Mitgliedstaats zu prüfen, da andernfalls, insbesondere im Hinblick auf den mutmaßlichen Begünstigten der streitigen Maßnahmen, die Gefahr einer Nichtbeachtung der Anforderungen des Fair Trials bestünde.

105    Jedenfalls sei die Bonität des Konsortiums weitgehend durch Einzelheiten in Frage gestellt worden, die bei Erlass der angefochtenen Entscheidung vorgelegen hätten, u. a. durch den vom Konsortium verhandelten Kaufvertrag, der gründlich im Licht des österreichischen Firmenbuchs hätte geprüft werden müssen. Außerdem behaupte die Kommission zu Unrecht, dass die Prüfung der Einhaltung der Zusicherung des Konsortiums in Bezug auf das Stammkapital der SLAV Finanzbeteiligung erst zum Zeitpunkt des Verkaufs habe erfolgen müssen, da die Zusagen ja nach Punkt 6 des Kaufvertrags ab dem Tag der Unterzeichnung einzuhalten gewesen seien. In diesem Zusammenhang spiele die Finanzkraft der Gesellschafter des Konsortiums – einmal als vorhanden unterstellt – nur eine untergeordnete Rolle. In Anbetracht der Zweifel an der Bonität des Konsortiums sei die Kommission umso mehr verpflichtet gewesen, eine genauere Prüfung vorzunehmen.

106    Die Kommission hält dieses Vorbringen für unbegründet.

–       Würdigung durch das Gericht

107    Die Klägerin beanstandet im Wesentlichen die in Randnr. 124 der angefochtenen Entscheidung wiedergegebene Schlussfolgerung hinsichtlich der Transaktionssicherheit, d. h. hinsichtlich der Fähigkeit des Konsortiums, den für den Erwerb der BB gebotenen Kaufpreis aufzubringen.

108    Wie die Klägerin zunächst anerkannt hat, haben die österreichischen Behörden jedoch während des förmlichen Prüfverfahrens ersichtlich keine Anhaltspunkte zum Nachweis dafür beigebracht, dass das Konsortium nicht in der Lage gewesen wäre, den von ihm für den Erwerb der BB gebotenen Kaufpreis in Höhe von 155 Mio. Euro aufzubringen.

109    Insoweit genügt es, daran zu erinnern, dass nach ständiger Rechtsprechung die Rechtmäßigkeit einer Entscheidung im Bereich der staatlichen Beihilfen anhand der Informationen zu beurteilen ist, über die die Kommission beim Erlass der Entscheidung verfügen konnte (vgl. die oben in Randnr. 49 angeführte Rechtsprechung).

110    Daher können die von der Klägerin nachträglich beigebrachten Indizien für die fehlende Bonität des Konsortiums nicht dafür herangezogen werden, die Schlussfolgerung der Kommission zu entkräften, wonach sie keinen Grund gehabt habe, daran zu zweifeln, dass der Kaufpreis in Höhe von 155 Mio. Euro hätte finanziert werden können.

111    Gleichwohl stellt sich die Frage, ob es die Kommission unter Verstoß gegen ihre Verpflichtung zur unvoreingenommenen und sorgfältigen Prüfung versäumt hat, zum Zeitpunkt der streitigen Transaktion gegebenen Umständen, die ihr während des vorprozessualen Verfahrens auch zur Kenntnis gebracht worden waren, Rechnung zu tragen.

112    Hierzu ist klarzustellen, dass die Kommission bei ihrer Prüfung auf die Angaben angewiesen ist, die die am förmlichen Prüfverfahren Beteiligten gemacht haben, das im Wesentlichen auf einem Meinungsaustausch über die Informationen beruht, die in erster Linie der betreffende Mitgliedstaat und eventuell der Beihilfeempfänger, die nach der Rechtsprechung beide verpflichtet sind, bei der Mitteilung aller relevanten Umstände „Sorgfalt“ walten zu lassen, beigebracht haben (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 11. September 2003, Belgien/Kommission, C‑197/99 P, Slg. 2003, I‑8461, Randnrn. 86 bis 88 und die dort angeführte Rechtsprechung).

113    Dies gilt umso mehr für den vorliegenden Fall, in dem die österreichischen Behörden, insbesondere das Land Burgenland in seiner Eigenschaft als Veräußerer der BB und als vergebende Stelle, zweifellos am ehesten in der Lage waren, nachzuweisen, dass die finanziellen Verpflichtungen, die das Konsortium eingegangen war, nicht hätten erfüllt werden können und dass daher ein Verkauf der BB an dieses Konsortium nicht durchführbar war.

114    Auch der von der Klägerin angeführte Umstand, dass die österreichischen Behörden es sicherlich deshalb nicht für erforderlich gehalten hätten, die Bonität des Konsortiums in Zweifel zu ziehen, weil ein Verkauf der BB an das Konsortium auf jeden Fall ausgeschlossen gewesen sei, kann den Standpunkt der Klägerin nicht stützen.

115    Schließlich macht die Klägerin zu Unrecht geltend, es verstoße gegen ihren Anspruch auf rechtliches Gehör, wenn sie daran gehindert werde, im vorliegenden Verfahren Gesichtspunkte zu dem Zweck vorzutragen, die Bonität und die Solidität des Konsortiums in Zweifel zu ziehen. Die Klägerin war entgegen dem von ihr gezeichneten Bild dazu in der Lage, in ihrer Eigenschaft als Beteiligte im förmlichen Prüfverfahren Stellung zu nehmen, und hat im Übrigen von diesem Recht insbesondere dadurch Gebrauch gemacht, dass sie der Kommission mehrfach Informationen übermittelte und an einem Treffen mit der Kommission am 8. Januar 2008 teilnahm (vgl. die in Randnr. 7 der angefochtenen Entscheidung wiedergegebene Darstellung).

116    Nach alledem sind die die Bonität des Konsortiums betreffenden Rügen der Klägerin zurückzuweisen.

 Zum Recht des Landes Burgenland, bei seiner Entscheidung, die BB an GRAWE zu veräußern, die Ausfallhaftung zu berücksichtigen

–       Vorbringen der Parteien

117    Nach Ansicht der Klägerin hat die Kommission das Kriterium des privaten Verkäufers falsch angewandt, als sie davon ausgegangen ist, das Land Burgenland habe das Risiko der Inanspruchnahme der Ausfallhaftung im Fall des Verkaufs der BB an das Konsortium nicht berücksichtigen dürfen. Entgegen der von der Kommission vertretenen Auffassung habe das Land Burgenland bei der Berücksichtigung der fortbestehenden Ausfallhaftung keineswegs sozial- oder wirtschaftspolitische Ziele verfolgt – wie dies in der Sache, in der die Entscheidung 2008/717/EG der Kommission vom 27. Februar 2008 über die staatliche Beihilfe C 46/2007 (ex NN 59/2007), die Rumänien dem Unternehmen Automobile Craiova (früher Daewoo România) gewährt hat (ABl. L 239, S. 12), ergangen sei, der Fall gewesen sei –, sondern ein rein finanzielles und geschäftliches Ziel, und zwar genau in der Art eines privaten Wirtschaftsteilnehmers, der für eine seiner Tochtergesellschaften eine Patronatserklärung abgegeben habe und vom Käufer verlange, zum Zeitpunkt des Verkaufs dieses Unternehmens von dieser Patronatserklärung befreit zu werden. In einem solchen Fall liege keine Vermischung der Rolle des Staates als Träger der öffentlichen Gewalt mit seiner Rolle als Verkäufer eines Unternehmens vor.

118    Im Übrigen stehe der Standpunkt der Kommission im Widerspruch zur Berücksichtigung eben dieser Staatsbürgschaft an verschiedenen Stellen der angefochtenen Entscheidung (vgl. u. a. deren Randnrn. 170 und 171). Die Kommission könne nämlich nicht einerseits der Auffassung sein, dass die Ausfallhaftung bei der Entscheidung, die BB zu privatisieren, nicht berücksichtigt werden könne, und gleichzeitig andererseits verlangen, dass die Berechnung des Marktwerts der BB Faktoren einbeziehe, die sich ausschließlich aus der Ausfallhaftung ergäben.

119    Außerdem beruhe die in den Randnrn. 134 ff. der angefochtenen Entscheidung vertretene Auffassung der Kommission auf einer falschen Prämisse, nämlich dass die Ausfallhaftung eine staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 87 Abs. 1 EG darstelle, und weise einen Begründungsmangel auf. Aus der Entscheidung K (2003) 1329 endg. könnten insoweit keine Schlüsse auf die Qualifizierung der Ausfallhaftung als staatliche Beihilfe gezogen werden, da diese Entscheidung auf eine politische Vereinbarung zwischen der Republik Österreich und der Kommission zurückgehe. Die Ausfallhaftung müsse einer persönlichen und unbeschränkten Haftung gleichgesetzt werden, die häufig übernommen werde, wenn sich der Staat am Wirtschaftsleben beteilige. Außerdem übersehe die Kommission, dass die Maßnahme, die Gegenstand der Entscheidung K (2003) 1329 endg. gewesen sei, seitdem in der Weise maßgeblich geändert worden sei, dass ihre zeitliche Geltung zweimal eingeschränkt worden sei. Schließlich verschaffe die Ausfallhaftung, die ausschließlich für Altverbindlichkeiten fortbestehe, neuen Gläubigern der BB zum Zeitpunkt der Veräußerung an GRAWE keinen Vorteil und könne folglich nicht (oder nicht mehr) als staatliche Beihilfe eingestuft werden (vgl. Sache C 14/08 [ex NN 1/08] – Umstrukturierungsbeihilfe zugunsten von Northern Rock sowie die Sache, in der die Entscheidung 2008/214/EG der Kommission vom 18. Juli 2007 über die staatliche Beihilfe C 27/2004, die die Tschechische Republik zugunsten der Unternehmen GE Capital Bank a.s. und GE Capital International Holdings Corporation, USA, gewährt hat [ABl. 2008, L 67, S. 3]). Die Ausfallhaftung habe daher vom Land Burgenland im Prozess der Privatisierung der BB berücksichtigt werden dürfen.

120    In der Erwiderung trägt die Klägerin vor, es könne, da sie nicht berechtigt gewesen sei, gegen die Entscheidung K (2003) 1329 Klage zu erheben, seitens der Kommission nicht behauptet werden, dass es ihr unmöglich sei, die Richtigkeit dieser Entscheidung im vorliegenden Fall in Frage zu stellen.

121    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

–       Würdigung durch das Gericht

122    Die Kommission beschrieb die Ausfallhaftung in der angefochtenen Entscheidung (siehe insbesondere Randnr. 21, Fn. 9) als eine gesetzliche Garantieregelung, die für die staatlichen, insbesondere regionalen Behörden die Verpflichtung umfasse, im Fall der Zahlungsunfähigkeit oder Liquidation des betreffenden Kreditinstituts einzutreten. Nach dieser Garantie könnten die Gläubiger der Banken gegenüber dem öffentlich-rechtlichen Garantiegeber direkte Ansprüche geltend machen, wenn sich das Kreditinstitut in Liquidation befinde oder zahlungsunfähig sei und seine Vermögenswerte nicht ausreichten, um die Forderungen der Gläubiger zu befriedigen. Dieser Darstellung der Ausfallhaftung haben die Kläger nicht förmlich widersprochen.

123    Aus dem Kommissionsvorschlag über zweckdienliche Maßnahmen betreffend die Ausfallhaftung geht hervor, dass die Republik Österreich sich verpflichtet hatte, diese Garantie zum Ende einer Übergangsfrist abzuschaffen. Konkret sind, wie oben in Randnr. 4 beschrieben, Verbindlichkeiten, die am 2. April 2003 bestanden, bis zu ihrer Fälligkeit von der Ausfallhaftung erfasst. Während der Übergangsfrist, die bis zum 1. April 2007 lief, konnte die Ausfallhaftung für neue Verbindlichkeiten, die bis zum 30. September 2017 fällig werden, aufrechterhalten werden, sofern nicht die betreffenden Kreditinstitute vorher privatisiert werden.

124    Folglich müsste das Land Burgenland trotz der Privatisierung der BB für diese weiterhin die Garantiehaftung zum einen für die Verbindlichkeiten tragen, die (unabhängig vom Zeitpunkt ihrer Fälligkeit) vor dem 2. April 2003 eingegangen wurden, und zum anderen für diejenigen, die während der (mit dem Zeitpunkt der Privatisierung endenden) Übergangsfrist eingegangen wurden und vor dem 30. September 2017 fällig werden.

125    Unter diesem Aspekt trägt die Klägerin vor, dass die Kommission bei ihrer Bewertung der Kaufangebote die Ausfallhaftung zwingend hätte berücksichtigen müssen, die zum Zeitpunkt des Verkaufs fast 3,1 Mrd. Euro der Verbindlichkeiten der BB abgedeckt hätte. Da das Land Burgenland als Ausfallbürge für die Verluste in Anspruch genommen werden könne, die die BB auch noch nach ihrer Privatisierung erleide, sei es berechtigt gewesen, sicherzustellen, dass der Übernehmer hinreichende Nachweise seiner Seriosität und Zahlungskraft über die bloße Fähigkeit hinaus, den Kaufpreis zu entrichten, erbringe, um jeder Gefahr einer Abwicklung oder Umstrukturierung der BB vorzubeugen. Im Ergebnis haben die österreichischen Behörden vorgetragen, dass der Verkauf der Bank an GRAWE zu einem deutlich geringeren Preis als dem vom Konsortium gebotenen durch ein geringeres Risiko, aus der Ausfallhaftung in Anspruch genommen zu werden, völlig gerechtfertigt gewesen sei.

126    Nach Ansicht der Kommission konnte die zuvor als bestehende Beihilfe qualifizierte Ausfallhaftung jedoch nicht berücksichtigt werden, wenn es – wie hier – darum gehe, eine bestimmte Transaktion am Maßstab des marktwirtschaftlich handelnden privaten Wirtschaftsteilnehmers zu messen. Der Grund hierfür liege darin, dass diese als Beihilfe qualifizierte Bürgschaft naturgemäß nicht eine solche sei, die ein privater Verkäufer gewähren würde. Die Kommission hat daher in der angefochtenen Entscheidung die Berücksichtigung der Ausfallhaftung mit folgenden Worten abgelehnt:

„(135) Nach Auffassung der Kommission hätte das Land Burgenland der Ausfallhaftung nicht Rechnung tragen dürfen. Würde die Ausfallhaftung berücksichtigt, würde, wie bereits in der Eröffnungsentscheidung dargelegt, die Rolle des Landes Burgenland als Geber staatlicher Beihilfen und als Verkäufer der Bank vermischt.

      …

(137) … Der Standpunkt Österreichs wird durch keinen Präzedenzfall untermauert, in dem ein marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber einer als staatliche Beihilfe eingestuften Haftung Rechnung getragen hätte: Ex hypothesi hätte kein marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber eine Haftung übernommen, die dem Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers nicht entsprochen hätte, und die Entscheidung über die Abschaffung der Ausfallhaftung bestätigt, dass die Ausfallhaftung nicht zu Marktbedingungen gewährt wurde. Der Gerichtshof hat befunden, dass Haftungen, die als rechtswidrige Beihilfen eingestuft wurden, bei der Berechnung der zu erwartenden Liquidationskosten nicht berücksichtigt werden dürfen. Dies bedeutet umgekehrt nicht, dass eine bestehende Beihilfe berücksichtigt werden darf. Nach Auffassung der Kommission ist es nicht relevant, ob es sich um eine rechtswidrige oder um eine bestehende Beihilfe handelte. Solange die Maßnahme als staatliche Beihilfe einzustufen ist, hätte kein marktwirtschaftlich handelnder Verkäufer sie zugestanden und somit eine solche Maßnahme nicht berücksichtigt.“

127    Diesem Standpunkt der Kommission ist beizupflichten.

128    Der Rechtsprechung ist nämlich zu entnehmen, dass bei der Anwendung des Kriteriums des privaten Kapitalgebers zwischen den Verpflichtungen, die der Staat als Eigentümer der Anteile einer Gesellschaft zu übernehmen hat, und den Verpflichtungen zu unterscheiden ist, die ihm als Träger der öffentlichen Gewalt obliegen können (Urteil des Gerichtshofs vom 14. September 1994, Spanien/Kommission, C‑278/92 bis C‑280/92, Slg. 1994, I‑4103, Randnr. 22).

129    So hat der Gerichtshof in der Rechtssache, in der das Urteil vom 28. Januar 2003, Deutschland/Kommission (C‑334/99, Slg. 2003, I‑1139, Randnrn. 133 bis 141), ergangen ist, ausgeschlossen, dass verschiedene Darlehen und Bürgschaften, die ein privater Kapitalgeber niemals zu den gleichen Konditionen gewährt hätte und die als rechtswidrige staatliche Beihilfen zu qualifizieren waren, bei der Prüfung der Frage berücksichtigt werden konnten, ob die Liquidation der Gröditzer Stahlwerke kostspieliger sei als ihre Privatisierung zu einem negativen Verkaufspreis.

130    Dass diese Rechtssache eine rechtswidrige staatliche Beihilfe, nicht aber wie hier eine bestehende Beihilfe betraf, ist unerheblich. Ausschlaggebend ist im Rahmen der Anwendung des Kriteriums des privaten Wirtschaftsteilnehmers nämlich die Frage, ob die betreffenden Maßnahmen solche sind, die ein marktwirtschaftlich handelnder privater Wirtschaftsteilnehmer, der auf mehr oder weniger lange Sicht Gewinne erzielen möchte, hätte treffen können. Damit stellt sich unabhängig davon, wie die streitigen Verpflichtungen hätten eingestuft werden können, die grundlegende Frage, ob es sich dabei um solche Verpflichtungen handelt, die ein marktwirtschaftlich handelnder privater Wirtschaftsteilnehmer hätte eingehen können.

131    In Anbetracht der oben dargestellten Merkmale der Regelung der Ausfallhaftung wurde diese jedoch nicht unter normalen Marktbedingungen eingegangen und kann daher bei der Würdigung des Verhaltens dieser Behörden am Maßstab des Kriteriums des marktwirtschaftlich handelnden privaten Kapitalgebers nicht berücksichtigt werden.

132    Schließlich ist zu der Behauptung, der vertretene Standpunkt sei unzureichend begründet, im Einklang mit den Ausführungen oben in den Randnrn. 68 und 69 festzustellen, dass die von der Klägerin vorgetragenen Argumente in Wirklichkeit angebliche Beurteilungsfehler betreffen, die die Kommission im Hinblick auf das Problem der Auswirkungen der Ausfallhaftung auf die Entscheidung über den Verkauf der BB begangen habe. Wie den Randnrn. 134 bis 143 der angefochtenen Entscheidung zu entnehmen ist, enthält diese im Zusammenhang mit allen Aspekten der Nichtberücksichtigung der Ausfallhaftung bei der Prüfung der streitigen Maßnahme aus der Sicht des Rechts der staatlichen Beihilfen eine unter dem Blickwinkel von Art. 253 EG hinreichende Begründung.

133    Nach alledem kann der Kommission nicht vorgeworfen werden, dass sie die Berücksichtigung der Ausfallhaftung im Rahmen der Bewertung der vom Konsortium und von GRAWE für die Übernahme der BB abgegebenen Angebote ausgeschlossen hat.

 Zu den Folgen der Berücksichtigung der Ausfallhaftung

134    Die Klägerin tritt der hilfsweise dargelegten Beurteilung der Kommission entgegen, wonach selbst dann, wenn man die Ausfallhaftung berücksichtigte, das Angebot von GRAWE nicht als das beste angesehen werden könne. Die Überlegungen der Kommission hierzu seien verfehlt und mit einem Begründungsmangel behaftet. Die Gläubiger könnten nämlich demnach unter Berufung auf diese Haftung das Land Burgenland verklagen, ohne dass eine Liquidation der BB erforderlich sei. Daraus ergebe sich, dass die potenzielle Inanspruchnahme des Landes Burgenland aufgrund der Ausfallhaftung nicht nur jene in Randnr. 154 der angefochtenen Entscheidung erwähnten 270 Mio. Euro umfasse, sondern die volle Höhe der zum Zeitpunkt des Closing bestehenden Bankverbindlichkeiten, also etwa 3,5 Mrd. Euro.

135    Das Gericht weist hierzu darauf hin, dass die Kommission das Vorbringen der Klägerin im Zusammenhang mit der Berücksichtigung der Ausfallhaftung vorsorglich geprüft hat (vgl. Randnrn. 144 bis 157 der angefochtenen Entscheidung). Aufgrund dieser Prüfung gelangte sie zu dem Ergebnis, dass das Angebot von GRAWE selbst dann nicht das beste Angebot gewesen wäre, wenn man den Standpunkt der Republik Österreich geteilt und die Ausfallhaftung berücksichtigt hätte.

136    Da aber das Hauptvorbringen der Kommission, wonach die Ausfallhaftung bei der Bewertung der Angebote für den Kauf der BB nicht berücksichtigt werden durfte, zu bestätigen ist, braucht die Stichhaltigkeit der vorliegenden Rügen nicht geprüft zu werden, die lediglich auf das Hilfsvorbringen gerichtet sind und naturgemäß nicht die von der Kommission letztlich zugrunde gelegte Beurteilung in Frage stellen können. Nach gefestigter Rechtsprechung kann nämlich eine fehlerhafte Begründungserwägung die Nichtigerklärung des mit ihr behafteten Rechtsakts nicht rechtfertigen, wenn diese Begründungserwägung nichttragenden Charakter hat und andere, den Rechtsakt hinreichend tragende Gründe vorliegen (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 7. April 2011, Griechenland/Kommission, C‑321/09 P, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 61 und die dort angeführte Rechtsprechung).

137    Die Rügen der Klägerin, die gegen die Bewertung der Angebote zum Kauf der BB vor dem Hintergrund eines etwaigen Auslösens der Ausfallhaftung gerichtet sind, gehen daher ins Leere.

 Zu der von der Klägerin erwähnten Möglichkeit einer negativen Preisdifferenz

–       Vorbringen der Parteien

138    Die Klägerin rügt, die Kommission habe nicht geprüft, ob das von GRAWE vorgelegte Angebot nach Durchführung der laut den Randnrn. 167 bis 174 der angefochtenen Entscheidung notwendigen Anpassungen letztlich nicht wirtschaftlich günstiger gewesen sei als das des Konsortiums. Indem die Kommission das Vorliegen einer Beihilfe angenommen habe, obwohl nicht sicher gewesen sei, dass die Klägerin tatsächlich begünstigt worden sei, habe sie nicht nur gegen ihre Verpflichtung zur sorgfältigen und unvoreingenommenen Prüfung des Sachverhalts, sondern auch gegen Art. 87 Abs. 1 EG verstoßen.

139    Bei Berücksichtigung einiger Einzelheiten, die von den österreichischen Behörden in einer Mitteilung vom 8. Juli 2008 an die Kommission ausdrücklich erwähnt worden seien, nämlich die Vorfälligkeitsentschädigung (Randnr. 168 der angefochtenen Entscheidung), die Gewährleistung für Liegenschaften, die Haftungsprovision (Randnr. 170 der angefochtenen Entscheidung), die Vorratsemissionen (Randnr. 171 der angefochtenen Entscheidung) und die Verzinsung, sei der vermeintlich an GRAWE gewährte Beihilfebetrag in Wirklichkeit negativ (– 48,1 Mio. Euro). Mit anderen Worten, eine Veräußerung der BB an das Konsortium wäre eine Beihilfe zu dessen Gunsten gewesen, und dies trotz seines nominell höheren Angebots. Zwar eigne sich das Verfahren vor dem Gericht nicht zu einer genauen Nachprüfung dieser Parameter, aber es sei festzustellen, dass die Kommission schwere Fehler begangen habe, als sie zum Ergebnis gekommen sei, es liege eine Beihilfe zugunsten von GRAWE vor.

140    Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen.

–       Würdigung durch das Gericht

141    Es ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 1 Satz 2 der angefochtenen Entscheidung die Beihilfe der Differenz zwischen den beiden vom Konsortium bzw. von GRAWE abgegebenen endgültigen Preisangeboten entspricht, die sodann gemäß den in den Randnrn. 167 bis 174 der angefochtenen Entscheidung dargelegten Parametern angemessen anzupassen ist. Diese Anpassungen, die mit den konkret festgestellten Unterschieden bei den Bedingungen in Zusammenhang stehen, die in die mit GRAWE bzw. mit dem Konsortium ausgehandelten Vertragsentwürfe aufgenommen worden waren (vgl. Randnr. 167 der angefochtenen Entscheidung), betreffen erstens den festgestellten Differenzbetrag bei der Vorfälligkeitsentschädigung (Randnr. 168 der angefochtenen Entscheidung), zweitens die Auswirkungen etwaiger Gewährleistungsvereinbarungen (Randnr. 169 der angefochtenen Entscheidung), drittens die jährliche Provision in Höhe von 100 000 Euro, die das Konsortium bis zum Jahr 2017 hätte zahlen müssen (Randnr. 170 der angefochtenen Entscheidung), viertens den zusätzlichen Vorteil, der GRAWE aufgrund der Ausgabe zusätzlicher Anleihen in Höhe von 380 Mio. Euro zugutekommen konnte (Randnr. 171 der angefochtenen Entscheidung), und fünftens den sich aus der Übertragung von vier Liegenschaftsgesellschaften der BB vor dem Closing eventuell ergebenden Vorteil (Randnr. 172 der angefochtenen Entscheidung).

142    Berücksichtigt man die Tatsache, dass die Kommission, ohne einen offensichtlichen Beurteilungsfehler zu begehen, angenommen hat, dass allein der zusätzliche Vorteil zu berücksichtigen sei, den GRAWE aufgrund der Ausgabe zusätzlicher Anleihen in Höhe von 380 Mio. Euro erlangt habe (vgl. oben, Randnrn. 65 bis 67), konnte die Klägerin jedoch nicht nachweisen, dass diese Anpassungen zur Folge hätten, den finanziellen Vorteil, den GRAWE im vorliegenden Fall erlangt hat, zu neutralisieren.

143    Dem Grundsatz nach ergibt sich der Ausgangsbetrag der zurückzufordernden Beihilfe nämlich aus dem Unterschiedsbetrag in Höhe von 54,7 Mio. Euro, der zwischen dem Preisangebot des Konsortiums und dem von GRAWE tatsächlich entrichteten Kaufpreis liegt, und ist aufgrund von Unterschieden zwischen den Parametern anzupassen, die GRAWE und das Konsortium bei der Abgabe ihrer Angebote zur Übernahme der BB konkret berücksichtigt haben. In der angefochtenen Entscheidung sind jedoch nur zwei Arten der Anpassung nach unten vorgesehen, nämlich diejenige in Höhe von 2,1 Mio. Euro, die sich aus der unterschiedlichen Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung ergibt (vgl. Randnr. 168 der angefochtenen Entscheidung), und diejenige, die in noch festzulegender Höhe mit der Übertragung von vier Liegenschaftsgesellschaften auf das Land Burgenland in Zusammenhang steht (vgl. Randnrn. 18 und 172 der angefochtenen Entscheidung).

144    Folglich hat die Klägerin keine überzeugenden Anhaltspunkte beigebracht, um die Behauptung zu untermauern, man könne zu dem Ergebnis gelangen, dass GRAWE letztlich überhaupt kein wirtschaftlicher Vorteil gewährt worden sei.

 Zum angeblichen Vorliegen schwerer Beurteilungsfehler

–       Vorbringen der Parteien

145    Die Klägerin macht zunächst geltend, die Kommission sei gerade dann, wenn sie wie im vorliegenden Fall komplexe wirtschaftliche Sachverhalte zu beurteilen habe, verpflichtet, „ihren Beurteilungsspielraum nach rein objektiven Kriterien auszuüben“, und zwar um jeden Ermessensmissbrauch zu vermeiden.

146    Im vorliegenden Fall zeugten die Ausführungen zur geringen Größe der BB und zu den möglichen Folgen einer Zahlungsunfähigkeit oder Liquidation der BB (vgl. Randnr. 153 der angefochtenen Entscheidung) davon, dass sich die Kommission vorwiegend auf politische und nicht auf objektive juristische Kriterien gestützt habe. Die Klägerin verweist auf die verschiedenen Ereignisse, die dazu geführt hätten, dass sich das Land Burgenland für GRAWE als Erwerberin der BB entschieden habe, und betont, dass sie nie versucht habe, das Land in seiner Entscheidung über die Zuschlagserteilung für die BB zu beeinflussen, und dass sie tatsächlich ein dem Marktpreis entsprechendes Angebot abgegeben habe. Der Standpunkt der Kommission, die definitiv große Unternehmen besser behandele, habe nichts mit den Grundsätzen gemein, die bei der sorgfältigen und unvoreingenommenen Prüfung der Beihilfenmaßnahmen herrschen sollten. Außerdem nehme die Interpretation der Kommission dem Beihilfenrecht jede Vorhersehbarkeit.

147    Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen.

–       Würdigung durch das Gericht

148    Der von der Klägerin vertretene Ansatz überzeugt nicht und ist aus mehreren Gründen zurückzuweisen.

149    Sie verkennt zunächst das der Kommission eingeräumte weite Ermessen sowie die Tatsache, dass in Bezug auf die Würdigung komplexer wirtschaftlicher Gegebenheiten die Kontrolle durch das Gericht auf die Prüfung beschränkt ist, ob die Vorschriften über das Verfahren und die Begründung eingehalten wurden, ob der Sachverhalt zutreffend festgestellt wurde und ob kein offensichtlicher Beurteilungsfehler oder Ermessensmissbrauch vorliegt.

150    Ferner richtet sie ihr Augenmerk auf eine in Randnr. 153 der angefochtenen Entscheidung hilfsweise getroffene Aussage im Rahmen der Prüfung der mit der Ausfallhaftung verbundenen finanziellen Risiken.

151    Unterstellt man im Übrigen, dass die Klägerin mit ihrem Vorbringen in Wirklichkeit einen Ermessensmissbrauch rügen will, genügt die Feststellung, dass die nach der Rechtsprechung erforderlichen Voraussetzungen dafür, ein bestimmtes Verhalten in diesem Sinne qualifizieren zu können, im vorliegenden Fall offensichtlich nicht erfüllt sind. Nach der Rechtsprechung ist eine Entscheidung nämlich nur dann ermessensmissbräuchlich, wenn aufgrund objektiver, schlüssiger und übereinstimmender Indizien anzunehmen ist, dass sie ausschließlich oder zumindest vorwiegend zu anderen als den angegebenen Zwecken erlassen worden ist (Urteile des Gerichts vom 6. März 2002, Diputación Foral de Álava u. a./Kommission, T‑92/00 und T‑103/00, Slg. 2002, II‑1385, Randnr. 84, und vom 12. September 2007, Olympiaki Aeroporia Ypiresies/Kommission, T‑68/03, Slg. 2007, II‑2911, Randnr. 484). Im vorliegenden Fall ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerin keinen Anhaltspunkt dafür vorträgt, dass die Kommission aus Zweckmäßigkeitsgründen die Gemeinschaftsregeln über staatliche Beihilfen besonders streng angewandt und das Verfahren nicht entsprechend den einschlägigen Bestimmungen des Vertrags und des abgeleiteten Rechts durchgeführt sowie die nach diesen Bestimmungen maßgeblichen Kriterien herangezogen hätte.

152    Schließlich kann auch die Behauptung der Klägerin keinen Erfolg haben, dass die angefochtene Entscheidung darauf hinauslaufe, sie zu bestrafen, obwohl sie keine Regel missachtet habe. Da die Überwachung der staatlichen Beihilfen durch die Kommission in Art. 88 EG zwingend vorgeschrieben ist, dürfen die von einer Beihilfe begünstigten Unternehmen auf deren Ordnungsmäßigkeit grundsätzlich nur dann vertrauen, wenn sie unter Einhaltung des dort vorgesehenen Verfahrens gewährt wurde; einem sorgfältigen Wirtschaftsteilnehmer ist es regelmäßig möglich, sich zu vergewissern, dass dieses Verfahren eingehalten wurde.

153    Insbesondere kann der Empfänger einer Beihilfe, die ohne vorherige Anmeldung bei der Kommission gewährt wurde, so dass sie gemäß Art. 88 Abs. 3 EG rechtswidrig ist, zu diesem Zeitpunkt kein berechtigtes Vertrauen in die Ordnungsmäßigkeit ihrer Gewährung haben. Auch können weder der fragliche Mitgliedstaat noch der betreffende Wirtschaftsteilnehmer später der Rückforderung der Beihilfe den Grundsatz der Rechtssicherheit entgegenhalten, da die Gefahr eines innerstaatlichen Rechtsstreits bereits bei Gewährung der Beihilfe vorhersehbar ist. Die Rückforderung einer ohne Einhaltung des Verfahrens nach Art. 88 Abs. 3 EG gewährten Beihilfe stellt für den begünstigten Wirtschaftsteilnehmer eine vorhersehbare Gefahr dar; dieser kann sich daher nicht auf den Vertrauensschutz berufen, um sich der Rückzahlung zu entziehen. Außerdem berücksichtigen die von einer rechtswidrigen Beihilfe begünstigten Unternehmen im Allgemeinen diese Beihilfe im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Entscheidungen, und die spätere Rückforderung der Beihilfe hat in der Regel nachteilige Auswirkungen auf ihre Finanzen. Wenn das der Rückforderung entgegenstehen sollte, hätten die Begünstigten die Beihilfen in fast allen Fällen endgültig erlangt, und die gemeinschaftliche Kontrolle staatlicher Beihilfen wäre wirkungslos. Angesichts dieser Gesichtspunkte kann sich der Empfänger einer rechtswidrigen Beihilfe nicht ausnahmsweise auf Umstände berufen, aufgrund deren sein Vertrauen in die Ordnungsmäßigkeit der Beihilfe geschützt wäre (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 15. Dezember 2005, Unicredito Italiano, C‑148/04, Slg. 2005, I‑11137, Randnrn. 104, 108 bis 111 und die dort angeführte Rechtsprechung).

154    Daher ist auch dieses Vorbringen zurückzuweisen.

155    Nach alledem sind die hauptsächlich vorgebrachten, das Vorliegen eines wirtschaftlichen Vorteils im Sinne von Art. 87 Abs. 1 EG betreffenden Klagegründe und Rügen zurückzuweisen.

 Zum hilfsweise vorgetragenen Klagegrund betreffend die Vereinbarkeit der Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt

 Vorbringen der Parteien

156    Die Klägerin macht hilfsweise geltend, die Kommission habe nicht ausreichend geprüft, ob die streitige Beihilfe nach Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar sei. Diese Vereinbarkeit ergebe sich aus der Verpflichtung zur Durchführung der Entscheidung aus dem Jahr 2004. Diese Entscheidung, mit der die Beihilfen anlässlich der Umstrukturierung der BB genehmigt worden seien, verlange, dass die regionale Ausrichtung der Bank bei ihrer Privatisierung beibehalten werde. Das Konsortium hätte aber das Geschäftsprofil der BB verändert und nicht deren Weiterführung im Einklang mit dieser Entscheidung gewährleistet. Indem die Kommission diese Punkte nicht geprüft habe, habe sie gegen ihre Verpflichtung zur sorgfältigen und unvoreingenommenen Prüfung der Beihilfemaßnahmen, über die sie zu befinden habe, verstoßen.

157    Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen.

 Würdigung durch das Gericht

158    Was die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Beihilfen im Hinblick auf Art. 87 Abs. 3 Buchst. a und c EG betrifft, wo es um Beihilfen zur Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung bestimmter Gebiete oder Wirtschaftszweige geht, so ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission bei der Anwendung dieser Bestimmung über ein weites Ermessen verfügt, dessen Ausübung wirtschaftliche und soziale Wertungen voraussetzt, die in einem Gemeinschaftskontext vorzunehmen sind, und dass das Gericht bei der Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Ausübung dieser Entscheidungsfreiheit die Beurteilung durch die zuständige Behörde nicht durch seine eigene Beurteilung ersetzen darf, sondern sich darauf beschränken muss, zu prüfen, ob diese Beurteilung offensichtlich irrig oder ermessensmissbräuchlich ist (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 23. Februar 2006, Atzeni u. a., C‑346/03 und C‑529/03, Slg. 2006, I‑1875, Randnr. 84 und die dort angeführte Rechtsprechung). Ein die Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung rechtfertigender offensichtlicher Irrtum der Kommission bei der Würdigung des Sachverhalts kann nur festgestellt werden, wenn die vom Kläger vorgebrachten Beweise ausreichen, um die Sachverhaltswürdigung in der Entscheidung als nicht plausibel erscheinen zu lassen (Urteil des Gerichts vom 12. Dezember 1996, AIUFFASS und AKT/Kommission, T‑380/94, Slg. 1996, II‑2169, Randnr. 59).

159    Im vorliegenden Fall hat sich die Klägerin auf den Hinweis beschränkt, dass die BB nach dem, was der Entscheidung aus dem Jahr 2004 zu entnehmen sei, auch nach der Privatisierung ihre regionale Ausrichtung habe beibehalten müssen. Hierbei handele es sich um eine Voraussetzung, die allein GRAWE habe gewährleisten können.

160    Eine aufmerksame Lektüre der Entscheidung aus dem Jahr 2004 ergibt jedoch keinerlei Anhaltspunkt für diese Schlussfolgerung. Die Kommission hat zwar, wie aus Randnr. 87 der Entscheidung aus dem Jahr 2004 hervorgeht, wahrscheinlich auf einen Erfolg des Prozesses der Privatisierung der BB gesetzt und darauf hingewiesen, dass im Fall einer Liquidation der BB eine Unterversorgung an grundlegenden Finanzdienstleistungen in gewissen ländlichen Regionen des Burgenlandes denkbar erscheine (siehe Randnr. 80 dieser Entscheidung), doch wurden die in dieser Entscheidung in Rede stehenden Maßnahmen, also die vom Land Burgenland gewährten Garantien über Beträge von 171 Mio. Euro (zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 %) und von 189 Mio. Euro, strikt als Umstrukturierungsbeihilfen und nicht als Regionalbeihilfen betrachtet. Außerdem ist an keiner Stelle der angefochtenen Entscheidung von dem Erfordernis die Rede, bei der etwaigen Privatisierung der BB der Notwendigkeit Rechnung zu tragen, Finanzdienstleistungen in ländlichen Regionen aufrechtzuerhalten. Schließlich und vor allem ist die Klägerin, selbst wenn sich die Beihilfen betreffend die Privatisierung der BB in den von der Kommission im Jahr 2004 genehmigten Umstrukturierungsplan einfügen sollten, den Nachweis schuldig geblieben, aus welchen konkreten Gründen GRAWE eher in der Lage gewesen sein soll, die regionale Ausrichtung der BB beizubehalten.

161    Insoweit ist daran zu erinnern, dass Ausnahmen von dem in Art. 87 Abs. 1 EG niedergelegten allgemeinen Grundsatz der Unvereinbarkeit staatlicher Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt eng auszulegen sind (Urteile des Gerichtshofs Atzeni u. a., oben in Randnr. 158 angeführt, Randnr. 79, und vom 14. Oktober 2010, Nuova Agricast und Cofra/Kommission, C‑67/09 P, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 74). Für den vorliegenden Fall folgt daraus, dass zumindest hätte dargetan werden müssen, dass der GRAWE im Rahmen der Privatisierung der BB gewährte Vorteil durch die Notwendigkeit gerechtfertigt war, die regionale Ausrichtung der BB beizubehalten. Gerade daran fehlt es hier jedoch.

162    Zur Behauptung, die Kommission habe ihre Verpflichtung zur sorgfältigen und unvoreingenommenen Prüfung der Maßnahmen verletzt, ist darauf hinzuweisen, dass es in erster Linie den nationalen Behörden obliegt, aufgrund ihrer Pflicht zur Zusammenarbeit mit der Kommission alle Angaben zu machen, die diesem Organ die Prüfung erlauben, ob die Voraussetzungen für die beantragte Ausnahmeermächtigung vorliegen.

163    Demnach ist der hilfsweise geltend gemachte Klagegrund betreffend die Vereinbarkeit der Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt zurückzuweisen.

164    Nach alledem ist die Klage abzuweisen.

 Kosten

165    Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr, wie von der Kommission beantragt, die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Sechste Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die Grazer Wechselseitige Versicherung AG trägt die Kosten.

Jaeger

Wahl

Soldevila Fragoso

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 28. Februar 2012.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Deutsch.