Language of document : ECLI:EU:C:2017:226

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

MANUEL CAMPOS SÁNCHEZ-BORDONA

vom 21. März 2017(1)

Rechtssache C‑76/16

INGSTEEL spol. s r.o.,

Metrostav, a.s.

gegen

Úrad pre verejné obstarávanie

(Vorabentscheidungsersuchen des Najvyšší súd Slovenskej republiky [Oberster Gerichtshof der Slowakischen Republik])

„Öffentliche Aufträge – Eignungskriterien – Nachweis der wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit des Wirtschaftsteilnehmers – Klage auf Nachprüfung einer Entscheidung über den Ausschluss eines Wirtschaftsteilnehmers von einem Vergabeverfahren“






1.        Der Najvyšší súd Slovenskej republiky (Oberster Gerichtshof der Slowakischen Republik) legt dem Gerichtshof mit seinem Vorabentscheidungsersuchen drei Fragen zu den unionsrechtlichen Vergabekriterien für öffentliche Aufträge und die Nachprüfungsverfahren gegen die Entscheidungen öffentlicher Auftraggeber vor.

2.        Die beiden ersten Fragen betreffen den Nachweis der wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit der Bieter im Sinne der Richtlinie 2004/18/EG(2). Die Zweifel des vorlegenden Gerichts richten sich auf den Nachweis dieser Fähigkeit und den Zeitpunkt, auf den er sich beziehen muss. In der dritten Frage geht es um die in der Richtlinie 89/665/EWG(3) vorgesehenen Nachprüfungsmechanismen, über die der Najvyšší súd (Oberster Gerichtshof) zusammengefasst wissen möchte, ob sie wirksam bleiben, wenn der Auftrag zu dem Zeitpunkt, in dem über die Beschwerde zu entscheiden ist, bereits fast vollständig ausgeführt wurde.

I –    Rechtlicher Rahmen

A –    Unionsrecht

1.      Charta der Grundrechte der Europäischen Union

3.        Art. 47 Abs. 1 und 2 sieht vor:

„Jede Person, deren durch das Recht der Union garantierte Rechte oder Freiheiten verletzt worden sind, hat das Recht, nach Maßgabe der in diesem Artikel vorgesehenen Bedingungen bei einem Gericht einen wirksamen Rechtsbehelf einzulegen.

Jede Person hat ein Recht darauf, dass ihre Sache von einem unabhängigen, unparteiischen und zuvor durch Gesetz errichteten Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Jede Person kann sich beraten, verteidigen und vertreten lassen.“

2.      Richtlinie 2004/18

4.        Der 33. Erwägungsgrund lautet:

„Bedingungen für die Ausführung eines Auftrags sind mit dieser Richtlinie vereinbar, sofern sie nicht unmittelbar oder mittelbar zu einer Diskriminierung führen und in der Bekanntmachung oder in den Verdingungsunterlagen angegeben sind. Sie können insbesondere dem Ziel dienen, die berufliche Ausbildung auf den Baustellen sowie die Beschäftigung von Personen zu fördern, deren Eingliederung besondere Schwierigkeiten bereitet, die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen oder die Umwelt zu schützen. In diesem Zusammenhang sind z. B. unter anderem die – für die Ausführung des Auftrags geltenden – Verpflichtungen zu nennen, Langzeitarbeitslose einzustellen oder Ausbildungsmaßnahmen für Arbeitnehmer oder Jugendliche durchzuführen … oder die Bestimmungen der grundlegenden Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO), für den Fall, dass diese nicht in innerstaatliches Recht umgesetzt worden sind, im Wesentlichen einzuhalten … oder ein Kontingent von behinderten Personen einzustellen, das über dem nach nationalem Recht vorgeschriebenen Kontingent liegt.“

5.        Der 39. Erwägungsgrund lautet:

„Die Prüfung der Eignung der Bieter im Rahmen von offenen Verfahren und der Bewerber im Rahmen von nichtoffenen Verfahren und von Verhandlungsverfahren mit Veröffentlichung einer Bekanntmachung sowie im Rahmen des wettbewerblichen Dialogs und deren Auswahl sollten unter transparenten Bedingungen erfolgen. Zu diesem Zweck sind nichtdiskriminierende Kriterien festzulegen, anhand deren die öffentlichen Auftraggeber die Bewerber auswählen können, sowie die Mittel, mit denen die Wirtschaftsteilnehmer nachweisen können, dass sie diesen Kriterien genügen. Im Hinblick auf die Transparenz sollte der öffentliche Auftraggeber gehalten sein, bei einer Aufforderung zum Wettbewerb für einen Auftrag die Eignungskriterien zu nennen, die er anzuwenden gedenkt, sowie gegebenenfalls die Fachkompetenz, die er von den Wirtschaftsteilnehmern fordert, um sie zum Vergabeverfahren zuzulassen.“

6.        Art. 26 („Bedingungen für die Auftragsausführung“) sieht vor:

„Die öffentlichen Auftraggeber können zusätzliche Bedingungen für die Ausführung des Auftrags vorschreiben, sofern diese mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar sind und in der Bekanntmachung oder in den Verdingungsunterlagen angegeben werden. Die Bedingungen für die Ausführung eines Auftrags können insbesondere soziale und umweltbezogene Aspekte betreffen.“

7.        Gemäß Art. 44 („Überprüfung der Eignung und Auswahl der Teilnehmer, Vergabe des Auftrags“) Abs. 2 gilt:

„Die öffentlichen Auftraggeber können Mindestanforderungen an die Leistungsfähigkeit gemäß den Artikeln 47 und 48 stellen, denen die Bewerber und Bieter genügen müssen.

Der Umfang der Informationen gemäß den Artikeln 47 und 48 sowie die für einen bestimmten Auftrag gestellten Mindestanforderungen an die Leistungsfähigkeit müssen mit dem Auftragsgegenstand zusammenhängen und ihm angemessen sein.

Die Mindestanforderungen werden in der Bekanntmachung angegeben.“

8.        Art. 47 („Wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit“) bestimmt:

„(1)      Die finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Wirtschaftsteilnehmers kann in der Regel durch einen oder mehrere der nachstehenden Nachweise belegt werden:

a)      entsprechende Bankerklärungen oder gegebenenfalls Nachweis einer entsprechenden Berufshaftpflichtversicherung;

(4)      Die öffentlichen Auftraggeber geben in der Bekanntmachung oder in der Aufforderung zur Angebotsabgabe an, welche der in Absatz 1 genannten Nachweise sowie welche anderen Nachweise vorzulegen sind.

(5)      Kann ein Wirtschaftsteilnehmer aus einem berechtigten Grund die vom öffentlichen Auftraggeber geforderten Nachweise nicht beibringen, so kann er den Nachweis seiner finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit durch Vorlage jedes anderen vom öffentlichen Auftraggeber für geeignet erachteten Belegs erbringen.“

3.      Richtlinie 89/665(4)

9.        Art. 1 („Anwendungsbereich und Zugang zu Nachprüfungsverfahren“) Abs. 1 lautet:

„…

Die Mitgliedstaaten ergreifen die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass hinsichtlich der in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2004/18/EG fallenden Aufträge die Entscheidungen der öffentlichen Auftraggeber wirksam und vor allem möglichst rasch nach Maßgabe der Artikel 2 bis 2f der vorliegenden Richtlinie auf Verstöße gegen das Gemeinschaftsrecht im Bereich des öffentlichen Auftragswesens oder gegen die einzelstaatlichen Vorschriften, die dieses Recht umsetzen, nachgeprüft werden können.“

10.      Art. 2 („Anforderungen an die Nachprüfungsverfahren“) sieht vor:

„(1)      Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass für die in Artikel 1 genannten Nachprüfungsverfahren die erforderlichen Befugnisse vorgesehen werden, damit

a)      so schnell wie möglich im Wege der einstweiligen Verfügung vorläufige Maßnahmen ergriffen werden können, um den behaupteten Verstoß zu beseitigen oder weitere Schädigungen der betroffenen Interessen zu verhindern; dazu gehören auch Maßnahmen, um das Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags oder die Durchführung jeder sonstigen Entscheidung des öffentlichen Auftraggebers auszusetzen oder die Aussetzung zu veranlassen;

b)      die Aufhebung rechtswidriger Entscheidungen, einschließlich der Streichung diskriminierender technischer, wirtschaftlicher oder finanzieller Spezifikationen in den Ausschreibungsdokumenten, den Verdingungsunterlagen oder in jedem sonstigen sich auf das betreffende Vergabeverfahren beziehenden Dokument vorgenommen oder veranlasst werden kann;

c)      denjenigen, die durch den Verstoß geschädigt worden sind, Schadensersatz zuerkannt werden kann.

(4)      Außer in den Fällen nach Absatz 3 und Artikel 1 Absatz 5 haben die Nachprüfungsverfahren als solche nicht notwendigerweise einen automatischen Suspensiveffekt auf die betreffenden Vergabeverfahren.

(6)      Die Mitgliedstaaten können vorsehen, dass bei Schadensersatzansprüchen, die auf die Rechtswidrigkeit einer Entscheidung gestützt werden, diese zunächst von einer mit den dafür erforderlichen Befugnissen ausgestatteten Stelle aufgehoben worden sein muss.

(7)      Außer in den in den Artikeln 2d bis 2f genannten Fällen richten sich die Wirkungen der Ausübung der in Absatz 1 des vorliegenden Artikels genannten Befugnisse auf den nach der Zuschlagsentscheidung geschlossenen Vertrag nach dem einzelstaatlichen Recht.

Abgesehen von dem Fall, in dem eine Entscheidung vor Zuerkennung von Schadensersatz aufgehoben werden muss, kann ein Mitgliedstaat ferner vorsehen, dass nach dem Vertragsschluss in Übereinstimmung mit Artikel 1 Absatz 5, Absatz 3 des vorliegenden Artikels oder den Artikeln 2a bis 2f die Befugnisse der Nachprüfungsstelle darauf beschränkt werden, einer durch einen Verstoß geschädigten Person Schadensersatz zuzuerkennen.

(8)      Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Entscheidungen der Nachprüfungsstellen wirksam durchgesetzt werden können.

…“

11.      Art. 2d („Unwirksamkeit“) hat folgenden Wortlaut:

„(1)      Die Mitgliedstaaten tragen in folgenden Fällen dafür Sorge, dass ein Vertrag durch eine von dem öffentlichen Auftraggeber unabhängige Nachprüfungsstelle für unwirksam erklärt wird oder dass sich seine Unwirksamkeit aus der Entscheidung einer solchen Stelle ergibt,

a)      falls der öffentliche Auftraggeber einen Auftrag ohne vorherige Veröffentlichung einer Bekanntmachung im Amtsblatt der Europäischen Union vergeben hat, ohne dass dies nach der Richtlinie 2004/18/EG zulässig ist,

b)      bei einem Verstoß gegen Artikel 1 Absatz 5, Artikel 2 Absatz 3 oder Artikel 2a Absatz 2 der vorliegenden Richtlinie, falls dieser Verstoß dazu führt, dass der Bieter, der eine Nachprüfung beantragt, nicht mehr die Möglichkeit hat, vor Abschluss des Vertrags Rechtsschutz zu erlangen, und dieser Verstoß verbunden ist mit einem Verstoß gegen die Richtlinie 2004/18/EG, falls der letztgenannte Verstoß die Aussichten des Bieters, der eine Nachprüfung beantragt, auf die Erteilung des Zuschlags beeinträchtigt hat,

c)      in Fällen gemäß Artikel 2b Buchstabe c Unterabsatz 2 der vorliegenden Richtlinie, falls die Mitgliedstaaten von der Ausnahmeregelung bezüglich der Stillhaltefrist für Aufträge, die auf Rahmenvereinbarungen oder dynamischen Beschaffungssystemen beruhen, Gebrauch gemacht haben.

(2)      Die Folgen der Unwirksamkeit eines Vertrags richten sich nach einzelstaatlichem Recht.

Die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften können somit vorsehen, dass alle vertraglichen Verpflichtungen rückwirkend aufgehoben werden oder dass die Wirkung der Aufhebung auf die Verpflichtungen beschränkt ist, die noch zu erfüllen sind. Im letzteren Fall tragen die Mitgliedstaaten dafür Sorge, dass auch alternative Sanktionen im Sinne des Artikels 2e Absatz 2 Anwendung finden.

(3)      Die Mitgliedstaaten können vorsehen, dass die von dem öffentlichen Auftraggeber unabhängige Nachprüfungsstelle einen Vertrag nicht als unwirksam erachten kann, selbst wenn der Auftrag aus den in Absatz 1 genannten Gründen rechtswidrig vergeben wurde, wenn die Nachprüfungsstelle nach Prüfung aller einschlägigen Aspekte zu dem Schluss kommt, dass zwingende Gründe eines Allgemeininteresses es rechtfertigen, die Wirkung des Vertrags zu erhalten. In diesem Fall sehen die Mitgliedstaaten alternative Sanktionen im Sinne des Artikels 2e Absatz 2 vor, die stattdessen angewandt werden.

Wirtschaftliche Interessen an der Wirksamkeit eines Vertrags dürfen nur als zwingende Gründe gelten, wenn die Unwirksamkeit in Ausnahmesituationen unverhältnismäßige Folgen hätte.

Wirtschaftliche Interessen in unmittelbarem Zusammenhang mit dem betreffenden Vertrag dürfen jedoch nicht als zwingende Gründe eines Allgemeininteresses gelten. Zu den wirtschaftlichen Interessen in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Vertrag gehören unter anderem die durch die Verzögerung bei der Ausführung des Vertrags verursachten Kosten, die durch die Einleitung eines neuen Vergabeverfahrens verursachten Kosten, die durch den Wechsel des Wirtschaftsteilnehmers, der den Vertrag ausführt, verursachten Kosten und die Kosten, die durch rechtliche Verpflichtungen aufgrund der Unwirksamkeit verursacht werden.

…“

B –    Slowakisches Recht

1.      Gesetz über öffentliche Ausschreibungen (im Folgenden: GÖA)

12.      § 27 („Finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit“) bestimmt:

„(1)      Die finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit kann in der Regel nachgewiesen werden durch

a)      eine Erklärung einer Bank oder einer Niederlassung einer ausländischen Bank, die eine Darlehenszusage der Bank oder der Niederlassung einer ausländischen Bank darstellen kann,

(3)      Ist es dem Bieter oder Bewerber aus objektiven Gründen nicht möglich, seine finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit durch ein bestimmtes Dokument nachzuweisen, können der öffentliche Auftraggeber oder der Auftraggeber auch einen anderen Nachweis zulassen, mit dem die finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit belegt wird.“

II – Sachverhalt des Ausgangsverfahrens und Vorlagefrage

13.      Der Slovenský futbalový zväz (Slowakischer Fußballverband) schrieb(5) einen Auftrag für die „Rekonstruktion, Modernisierung und Errichtung von Fußballstadien“ (im Folgenden: Auftrag)(6) aus, der die Errichtung von Tribünen in 16 Fußballstadien zum Gegenstand hatte (acht der Kategorie 2, sieben der Kategorie 3 und eins der Kategorie 4)(7).

14.      Nach der Ausschreibung mussten die Bieter ihre wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit durch die „Erklärung einer Bank oder einer Niederlassung einer ausländischen Bank über die Gewährung eines Darlehens im Wert von mindestens 3 Millionen Euro für die Dauer der Ausführung des Vertragsverhältnisses (48 Monate)“ nachweisen(8).

15.      Konkret wurde Folgendes verlangt: „Bescheinigung der Bank (Darlehensvertrag oder Darlehensvorvertrag) über die Verpflichtung der Bank, dass der Bieter im Fall des Erfolgs seines Gebots in der Lage sein wird, den entsprechenden Vertragsgegenstand im Wert von mindestens 3 Millionen Euro finanziell abzusichern. Aus dem Beleg muss sich die Disponibilität der Finanzmittel des Bieters nach dem Vertragsschluss ergeben. Der Beleg ist von einem Bevollmächtigten der Bank zu bestätigen.“

16.      Die Gesellschaften INGSTEEL spol. s r.o. und Metrostav, a.s. (im Folgenden: Ingsteel und Metrostav) nahmen in der Form einer Bietergemeinschaft an der Ausschreibung teil. Die Behörde bestätigte die Ablehnung ihrer gemeinsamen Bewerbung, da sie die in Abschnitt III.2.2 der Bekanntmachung vorgesehene Bedingung nicht erfülle.

17.      Konkret akzeptierte die Behörde als Nachweis der wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit von Ingsteel und Metrostav weder die Erklärung einer Bank über die ordnungsgemäße Erfüllung ihrer Verpflichtungen (die auch Informationen über einen gewährten Kontokorrentkredit über mehr als 5 Mio. Euro enthielt) noch die eidesstattliche Erklärung der Gesellschaften, dass sie im Fall des Erfolgs ihres Gebots beim Abschluss des Werkvertrags und während der gesamten Dauer des Vertragsverhältnisses auf ihrem Konto über eine Summe von mindestens 3 Mio. Euro verfügen würden.

18.      Ingsteel und Metrostav klagten beim Krajský súd Bratislava (Regionalgericht Bratislava, Slowakische Republik) auf Aufhebung der Entscheidung, mit der sie aus dem Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags ausgeschlossen worden waren. Die Klage wurde mit Urteil vom 13. Januar 2015 abgewiesen.

19.      Das im ersten Rechtszug ergangene Urteil wurde beim Najvyšší súd (Oberster Gerichtshof) angefochten, der Zweifel hinsichtlich der Auslegung von Art. 47 der Richtlinie 2004/18, insbesondere seiner Abs. 1 Buchst. a und 4, äußert. Er bezweifelt, dass die Behörde im Einklang mit diesen Vorschriften handelt, wenn sie auf der Grundlage der von dem Bieter vorgelegten Belege zu dem Ergebnis kommt, dass er nicht nachgewiesen habe, dass seine wirtschaftliche und finanzielle Lage den in der Ausschreibung des Vertrags festgelegten Bedingungen entspricht.

20.      Der Najvyšší súd (Oberster Gerichtshof) richtet sein Augenmerk auf das Erfordernis, als Nachweis der wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit eine verbindliche Darlehenszusage vorzulegen, sowie die Weigerung, eine Erklärung einer nationalen Bank, die formal als eine solche verbindliche Darlehenszusage bezeichnet wird, die Gewährung des Darlehens jedoch von der Erfüllung bestimmter Bedingungen abhängig macht, die in einem späteren Vertrag niederzulegen sind, zuzulassen. Er fragt sich, ob in einer solchen Situation die wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit durch alternative Mittel belegt werden kann und ob eine eidesstattliche Erklärung, wonach ein Darlehensverhältnis mit einer Bank über einen Betrag, der den in der Ausschreibungsbekanntmachung genannten übersteigt, ausreicht.

21.      Schließlich fragt das vorlegende Gericht, ob der Umstand, dass der Auftrag bereits fast vollständig ausgeführt wurde, ein Hindernis für die Gewährung des von der Richtlinie 89/665 in Verbindung mit Art. 47 der Charta geforderten gerichtlichen Rechtsschutzes darstellt.

22.      Der Najvyšší súd (Oberster Gerichtshof) legt daher dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vor:

1.      Steht das Verfahren einer nationalen Behörde im Einklang mit dem Ziel von Art. 47, insbesondere dessen Abs. 1 Buchst. a und Abs. 4, der Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge, wenn sie die wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit eines Bieters in einem Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags mit einem geschätzten Gesamtwert von 3 Mio. Euro auf der Grundlage der von ihm vorgelegten eidesstattlichen Erklärung und einer Bankerklärung, wonach der Bieter ein besonderes Bankdarlehen ohne Zweckbindung bis zu einer über den Auftragswert hinausgehenden Kreditlinie in Anspruch nehmen kann, dahin bewertet hat, dass der Nachweis der Vergabebedingung über die wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit des Bieters nicht erbracht worden ist?

2.      Kann die Situation auf dem Markt der Bankdienstleistungen in einem Mitgliedstaat, wenn eine Bank in ihrer verbindlichen Darlehenszusage die Zurverfügungstellung von Finanzmitteln von der Erfüllung der Darlehensbedingungen in einem Darlehensvertrag, die zur Zeit der Durchführung des Verfahrens zur Vergabe des öffentlichen Auftrags nicht näher bestimmt sind, abhängig macht, einen berechtigten Grund im Sinne des Art. 47 Abs. 5 der angeführten Richtlinie 2004/18 darstellen, der den Bieter daran hindert, die vom öffentlichen Auftraggeber geforderten Belege beizubringen, so dass er in einer solchen Situation seine wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit durch eine eidesstattliche Erklärung nachweisen kann, wonach ein ausreichendes Darlehensverhältnis zwischen ihm und der Bank besteht?

3.      Kann bei der gerichtlichen Überprüfung der Entscheidung einer nationalen Behörde für öffentliche Aufträge über den Ausschluss eines nicht erfolgreichen Bieters der Umstand, dass die einzelnen Aufträge von dem erfolgreichen Bieter bereits fast vollständig ausgeführt wurden, als ein objektives Hindernis angesehen werden, das es dem nationalen Gericht unmöglich macht, Art. 47 Abs. 1 und 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 3, 6, 7 und 8 der Richtlinie 89/665/EWG des Rates vom 21. Dezember 1989 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Liefer- und Bauaufträge nachzukommen?

III – Verfahren vor dem Gerichtshof

23.      Der Vorlagebeschluss ist am 11. Februar 2016 bei der Kanzlei des Gerichtshofs eingegangen.

24.      Der Gerichtshof hat den Najvyšší súd (Oberster Gerichtshof) am 23. März 2016 um Klarstellung des Werts des streitgegenständlichen Auftrags ersucht. In der Antwort vom 25. April 2016 wurde er mit 25 500 000 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer angegeben.

25.      Die slowakische Regierung und die Europäische Kommission haben schriftliche Erklärungen eingereicht. Ingsteel und Metrostav haben auf eine Beteiligung an dem Vorabentscheidungsverfahren verzichtet. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde nicht für erforderlich gehalten.

IV – Zusammenfassung der Erklärungen der Parteien

A –    Zur ersten Frage

26.      Die slowakische Regierung vertritt die Ansicht, dass die von den Bietern vorzulegende Bankerklärung eine Sicherheit über mehr als 3 Mio. Euro für die gesamte Dauer der Ausführung des Vertragsverhältnisses (48 Monate) beinhalten müsse. Obwohl sich dem Wortlaut des Art. 47 Abs. 1 und 4 der Richtlinie 2004/18 eine solche Bedingung nicht entnehmen lasse, sprächen ihre Systematik und ihre Zielsetzung dafür, dass der Bieter während der Dauer der Ausführung des Auftrags über die erforderlichen Mittel verfügen müsse. Entsprechend ergebe sich dies aus Art. 47 Abs. 2 der Richtlinie, nach dem sich der Bieter für die Ausführung des Auftrags auf die Kapazitäten anderer Unternehmen stützen könne.

27.      Die slowakische Regierung meint, es verstieße gegen den Grundsatz der Effektivität des Vergabeverfahrens, wenn man an ihm teilnehmen könnte, ohne dass der öffentliche Auftraggeber den Nachweis einer tatsächlichen wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit verlangen könnte, um die Ausführung des Vertrags zu gewährleisten.

28.      Die Kommission vertritt die Auffassung, dass sich Art. 47 der Richtlinie 2004/18 auf die wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit des Bieters im Zeitpunkt der Auftragsvergabe beziehe. Die wirtschaftliche und finanzielle Solvenz während seiner Ausführung richte sich hingegen nach Art. 26 der Richtlinie, der die Bedingungen für die Auftragsausführung regele. In Anbetracht der Wortlauts der Vorlagefrage schlägt sie jedenfalls vor, die dem Bieter auferlegte Bedingung sowohl im Licht des Art. 26 als auch des Art. 47 der Richtlinie 2004/18 zu prüfen.

29.      Nach Art. 26 der Richtlinie 2004/18 müssten die Bedingungen für die Ausführung in der Bekanntmachung angegeben werden, was im vorliegenden Fall erfolgt sei, und mit dem Unionsrecht vereinbar sein. Unter Anführung der Rechtsprechung des Gerichtshofs führt die Kommission aus, die besonderen Bedingungen für die Ausführung könnten, da sie in der Richtlinie 2004/18 nicht erschöpfend geregelt seien, nach dem Primärrecht der Union beurteilt werden.

30.      Bei der Betrachtung des Problems aus der Perspektive des Art. 47 der Richtlinie 2004/18 hebt die Kommission, nachdem sie ein weites Ermessen des öffentlichen Auftraggebers bejaht hat, hervor, dass dieses Ermessen sich auf die Form des Nachweises der wirtschaftlichen und finanziellen Solvenz konzentriere. Sie bezweifelt, das in der Bekanntmachung klar zum Ausdruck gebracht worden sei, dass es erforderlich sei, über ein Darlehen zu verfügen, das an die Auftragserfüllung gebunden sei (wodurch der öffentliche Auftraggeber die Gewissheit hätte, dass die von der Bank zur Verfügung gestellten finanziellen Mittel tatsächlich für die Auftragsausführung verwendet würden). Da die Teilnahmebedingungen derart klar und deutlich in der Bekanntmachung anzugeben seien, könne ein Bieter nicht deshalb ausgeschlossen werden, weil er die Gewährung eines an die Auftragserfüllung gebundenen Kredits nicht nachgewiesen habe, außer diese Bedingung sei klar und eindeutig in der Bekanntmachung angegeben worden.

B –    Zur zweiten Frage

31.      Die slowakische Regierung führt aus, die aus Ingsteel und Metrostav gebildete Gruppe habe die Unterlagen über ihre wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit zum Zeitpunkt der Einreichung der Angebote vorgelegt, aber nicht nachgewiesen, dass sie während der Ausführung des Auftrags über Mittel verfügen werde, und daher die Vergabebedingungen nicht erfüllt.

32.      Was die Möglichkeit betrifft, eine eidesstattliche Erklärung als Mittel zum Nachweis der Solvenz gemäß Art. 47 Abs. 5 der Richtlinie 2004/18 zu akzeptieren, meint die slowakische Regierung, dass hierfür keine rechtfertigenden Umstände vorlägen, und stützt sich dabei auf die Prüfung der slowakischen Bankenpraxis bei der Vergabe von zweckgebundenen Krediten.

33.      Die Kommission hält das Vorliegen von objektiven Gründen, die der Bieter nicht zu vertreten hat und die ihn daran hindern, die vom öffentlichen Auftraggeber verlangten Nachweise für seine wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit vorzulegen, für einen ausreichenden Grund, um Art. 47 Abs. 5 der Richtlinie 2004/18 anwenden zu können.

C –    Zur dritten Frage

34.      Die slowakische Regierung geht davon aus, dass die Richtlinie 89/665 Anträgen auf Nachprüfung der Entscheidungen über die Vergabe öffentlicher Aufträge keine aufschiebende Wirkung verleihe und dass sie Mechanismen sowohl für die Aufhebung der Entscheidung über die Vergabe oder den Abschluss des Vertrags als auch für die Zuerkennung von Schadensersatz vorsehe.

35.      Die Kommission meint, dass das vorlegende Gericht mit der Vorlagefrage wissen wolle, ob die Ausführung des Auftrags trotz Anfechtung der Entscheidung über den Ausschluss eines Bieters einen ausreichenden Grund für die Aussetzung des gerichtlichen Verfahrens darstelle. Ihrer Ansicht nach bietet die Richtlinie 89/665 keine hinreichende Grundlage für eine solche Aussetzung.

V –    Würdigung

A –    Erste Vorlagefrage

36.      Obwohl es nicht einfach ist, eine Trennlinie – so es sie denn gibt – zwischen der Anwendung von Rechtsvorschriften einerseits und ihrer Auslegung andererseits zu ziehen, ist es Sache des vorlegenden Gerichts, das nationale Recht (in diesem Fall unter Einschluss der Ausschreibungsbedingungen) anzuwenden, und des Gerichtshofs, ihm die Auslegung des Art. 47 Abs. 1 Buchst. a und Abs. 4 der Richtlinie 2004/18 an die Hand zu geben. Zu prüfen, ob die von Ingsteel und Metrostav vorgelegten Belege zum Nachweis ihrer wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit der Bekanntmachung entsprachen, ist nicht Aufgabe des Gerichtshofs, sondern des nationalen Gerichts.

37.      Ich stelle dies klar, weil das vorlegende Gericht im Rahmen der ersten Vorlagefrage ausführt, die nationale Vergabebehörde sei zu dem Ergebnis gekommen, das Angebot von Ingsteel und Metrostav habe eine der Ausschreibungsbedingungen nicht erfüllt. Ob diese Entscheidung rechtlich zutreffend ist oder nicht, können nur die nationalen Gerichte entscheiden. Bei der Auslegung der Richtlinie 2004/18 kann der Gerichtshof ihnen einige hermeneutische Orientierungshilfen geben, aber er kann nicht an ihrer Stelle ihre eigenen Aufgaben wahrnehmen, zu denen die detaillierte Prüfung der Belege, die der ausgeschlossene Bieter beigebracht hat, und die Feststellung, ob sie den konkreten Ausschreibungsbedingungen genügen, gehören.

38.      Nach den Art. 44 und 47 der Richtlinie 2004/18 können Mindestanforderungen an die wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit der Bewerber für die Vergabe eines Auftrags gestellt werden, die sie entweder durch die in der Bekanntmachung angegebenen Mittel oder Nachweise (Art. 47 Abs. 1 und 4) oder durch andere vom öffentlichen Auftraggeber für geeignet erachtete Belege (Abs. 5) nachweisen können.

39.      Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs „belässt Art. 47 der Richtlinie 2004/18 den öffentlichen Auftraggebern verhältnismäßig viel Freiheit“, denn im Gegensatz zu Art. 48 „gestattet [er] es … [ihnen] ausdrücklich, zu bestimmen, welche Nachweise für ihre wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit die Bewerber oder Bieter vorzulegen haben. Da Art. 44 Abs. 2 der Richtlinie 2004/18 auf deren Art. 47 Bezug nimmt, besteht die gleiche Wahlfreiheit auch bei der Bestimmung der Mindestanforderungen an die wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit.“(9)

40.      Die Klausel III.2.2 der Bekanntmachung gab als Mittel für den Nachweis der wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit der Bieter vor, dass in der Bankerklärung über die Gewährung eines Darlehens im Wert von mindestens 3 Mio. Euro anzugeben war, dass es „für die Dauer der Ausführung des Vertragsverhältnisses (48 Monate)“ aufrechterhalten wird.

41.      Das erforderliche Solvenzniveau (das sich in der Höhe des Bankkredits niederschlägt) ist zwischen den Parteien ebenso unstreitig wie das Erfordernis, es durch einen von dem Finanzinstitut ausgestellten Beleg nachzuweisen. Der Streit beschränkt sich vielmehr auf den zeitlichen Umfang der nach der Bekanntmachung erforderlichen Deckung durch die Bank: Das Darlehen muss „für die Dauer der Ausführung des Vertragsverhältnisses“ verfügbar sein, also während der 48 Monate, in denen der Auftrag auszuführen ist. Verstößt diese konkrete Bedingung gegen die Art. 44 und 47 der Richtlinie 2004/18? Ich glaube, dass dies aus den Gründen, die ich sogleich darlegen werde, nicht der Fall ist.

42.      Wie ich bereits ausgeführt habe, unterscheidet die Kommission zwischen den Regelungen der Art. 26 und 47 der Richtlinie 2004/18: Art. 47 betreffe den Nachweis der wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit des Bieters zum Zeitpunkt des Zuschlags für den Auftrag, während Art. 26 die Bedingungen während der Dauer seiner Ausführung regele.

43.      Ich teile diese Auffassung nicht. Art. 26 der Richtlinie 2004/18 legt das Hauptaugenmerk auf bestimmte besondere Bedingungen für die Ausführung des Auftrags und richtet sich besonders auf soziale Ziele oder Umweltschutzziele. Die Lektüre des 33. Erwägungsgrundes(10) ist aufschlussreich, wenn er davon spricht, dass die Bedingungen für die Ausführung eines Auftrags „insbesondere dem Ziel dienen [können], die berufliche Ausbildung auf den Baustellen sowie die Beschäftigung von Personen zu fördern, deren Eingliederung besondere Schwierigkeiten bereitet, die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen oder die Umwelt zu schützen“.

44.      Die Art. 44 und 47 der Richtlinie 2004/18 setzen hingegen, indem sie bestimmte Mindestanforderungen an die Leistungsfähigkeit stellen, voraus, dass deren Nachweis für die Dauer der Ausführung des Auftrags erfolgen muss. Es wäre nicht sinnvoll, die Solvenz nur für den Zeitpunkt des Zuschlags zu verlangen und dem öffentlichen Auftraggeber die Befugnis zu nehmen, Sicherheiten für die Aufrechterhaltung der wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit des künftigen Zuschlagsempfängers während der Dauer der Ausführung des Auftrags zu verlangen.

45.      Meiner Ansicht nach steht es im Einklang mit dieser Auslegung, dass es nach Art. 47 Abs. 4 der Richtlinie 2004/18 als Ausdruck des weiten Ermessens, das dem öffentlichen Auftraggeber eingeräumt wird, zulässig ist, neben den in Abs. 1 vorgesehenen Nachweisen „andere Nachweise“ zu verlangen, und dass es Abs. 2 desselben Artikels gestattet, „sich … auf die Kapazitäten anderer Unternehmen … [zu] stützen“, wenn dem öffentlichen Auftraggeber gegenüber nachgewiesen wird, dass der Bieter im Rahmen seiner Teilnahme über die Mittel verfügt, die zur Erfüllung seiner Verpflichtung erforderlich sind.

46.      Die Rechtsprechung des Gerichtshofs bietet wertvolle Hinweise zur Zielsetzung dieser Regelung. Während der Geltung der Richtlinie 92/50/EWG(11) hat er im Urteil Holst Italia(12) ausgeführt, dass „der Auftraggeber … die fachliche Eignung der Dienstleistungserbringer aufgrund der aufgeführten Kriterien zu prüfen [hat]. Diese Prüfung soll dem Auftraggeber insbesondere die Gewissheit verschaffen, dass dem Bieter während des Auftragszeitraums tatsächlich die Mittel aller Art zu Gebote stehen, auf die er sich beruft.“ Zur Leistungsfähigkeit aufgrund der Verbindung zu anderen Unternehmen führte er aus, dass eine Gesellschaft, „um im Hinblick auf ihre Zulassung zu einem Vergabeverfahren ihre finanzielle, wirtschaftliche und technische Leistungsfähigkeit darzutun, … nachzuweisen [hat], dass sie tatsächlich über die diesen Einrichtungen oder Unternehmen zustehenden Mittel, die sie nicht selbst besitzt und die zur Ausführung des Auftrags erforderlich sind, verfügt“(13).

47.      Dieses Verständnis, wonach die Leistungsfähigkeit als Indiz für die Eignung zur ordnungsgemäßen Erfüllung des Auftrags zu bewerten ist, gilt in der Rechtsprechung zur Auslegung der Richtlinie 2004/18 fort. Im Urteil vom 18. Oktober 2012, Édukövízig und Hochtief Solutions(14), hat der Gerichtshof klargestellt, dass die von einem öffentlichen Auftraggeber gewählten Elemente (die in jenem Fall Bestandteil der Bilanz der Unternehmen bildeten) „zur Festlegung von Mindestanforderungen an die wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit … objektiv geeignet sein müssen, über diese Leistungsfähigkeit eines Wirtschaftsteilnehmers Auskunft zu geben, und dass die in dieser Weise festgelegte Schwelle der Bedeutung des betreffenden Auftrags in dem Sinne angepasst sein muss, dass sie objektiv einen konkreten Hinweis auf das Bestehen einer zur erfolgreichen Ausführung dieses Auftrags ausreichenden wirtschaftlichen und finanziellen Basis ermöglicht“(15).

48.      Schließlich macht der Gerichtshof in anderen Rechtssachen, in denen er die Möglichkeit geprüft hat, dass sich die Bieter auf die Leistungsfähigkeit Dritter stützen, diese Option davon abhängig, dass sie gegenüber dem öffentlichen Auftraggeber den Nachweis erbringen, dass sie über die Mittel verfügen, die für die Ausführung des Auftrags erforderlich sind(16). Handelt es sich um finanzielle oder wirtschaftliche Mittel, ist es sinnvoll, dass sie nicht nur sporadisch, sondern bis zur vollständigen Erfüllung der vertraglichen Pflichten vorhanden sind.

49.      Aus meiner Sicht ermöglichen die Art. 44 und 47 der Richtlinie 2004/18 den öffentlichen Auftraggebern, von den Bietern ein Mindestniveau an wirtschaftlicher und finanzieller Leistungsfähigkeit zu verlangen, und räumen ihnen gleichzeitig die Befugnis ein, in den entsprechenden Bekanntmachungen bestimmte Nachweise einer für die Ausführung des Auftrags ausreichenden wirtschaftlichen und finanziellen Basis während der gesamten für die Auftragsausführung vorgesehenen Dauer anzufordern. Bei der Festlegung dieser Anforderung verfügen die öffentlichen Auftraggeber, wie bereits ausgeführt wurde, über ein weites Ermessen.

50.      Meiner Ansicht nach konnte der öffentliche Auftraggeber in diesem Fall im Rahmen der Ausübung dieses Ermessens bei der Festlegung der Anforderungen an die Solvenz und der Mittel für ihren Nachweis gemäß der Klausel III.2.2 der Bekanntmachung die Bankbelege verlangen, denn:

–        Die Darlehenssumme von bis zu 3 Mio. Euro hing mit dem Auftragsgegenstand zusammen und war ihm angemessen (er betrug insgesamt mehr als 25 Mio. Euro), wie Art. 44 Abs. 2 der Richtlinie 2004/18 vorschreibt.

–        Der Zeitraum, über den sich diese von einer Bank gestellte Solvenzgarantie erstrecken musste, stimmte mit dem der Auftragsausführung überein. Dies ist – wiederhole ich – im Licht der vorstehenden Ausführungen kohärent (und sinnvoll).

51.      Dies vorausgeschickt ist es Sache des Ausgangsgerichts, zu entscheiden, ob die von Ingsteel und Metrostav beigebrachten Belege die Ausschreibungsbedingungen bezüglich der wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit einschließlich der Bedingung bezüglich der zeitlichen Dauer des Bankdarlehens und seine Bindung an die Erfüllung des Auftrags während der für seine Ausführung erforderlichen Zeit erfüllten.

B –    Zweite Vorlagefrage

52.      Art. 47 Abs. 5 der Richtlinie 2004/18 sieht vor: „Kann ein Wirtschaftsteilnehmer aus einem berechtigten Grund die vom öffentlichen Auftraggeber geforderten Nachweise nicht beibringen, so kann er den Nachweis seiner finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit durch Vorlage jedes anderen vom öffentlichen Auftraggeber für geeignet erachteten Belegs erbringen.“

53.      Die Anwendbarkeit dieser Vorschrift auf den vorliegenden Fall würde den Nachweis erfordern, dass Ingsteel und Metrostav nicht in der Lage waren, die „normalen“ Bedingungen, die der öffentliche Auftraggeber für den Nachweis ihrer wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit aufgestellt hatte, zu erfüllen. Dies wäre der Fall, wenn ein Bieter in der Slowakei bei den Finanzinstituten keinen an die Erfüllung des Auftrags gebundenen Kredit mit den nach der Klausel III.2.2 der Bekanntmachung erforderlichen Konditionen erhalten könnte.

54.      Vor diesem Hintergrund fragt das Ausgangsgericht, ob eine eidesstattliche Erklärung des Bieters, dass er im Fall des Erfolgs seines Gebots beim Abschluss des Werkvertrags und während der gesamten Dauer des Vertragsverhältnisses mit dem Auftraggeber auf seinem Konto über eine Summe von mindestens 3 Mio. Euro, also die geforderte Kreditsumme, verfügen würde, wirksam ist.

55.      Die Anwendbarkeit von Art. 47 Abs. 5 der Richtlinie setzt erstens voraus, dass der Wirtschaftsteilnehmer die vom öffentlichen Auftraggeber geforderten Nachweise nicht beibringen kann. Und zweitens, dass diese Unmöglichkeit einem „berechtigten Grund“ geschuldet ist. Nur wenn beide Voraussetzungen vorliegen, kann auf alternative Mittel zum Nachweis der Solvenz zurückgegriffen werden.

56.      Im vorliegenden Fall müsste also die „objektive“(17) Unmöglichkeit belegt werden, einen an die Erfüllung des Auftrags gebundenen Bankkredit für die Zeit der Auftragsausführung zu erlangen. Es handelt sich um eine reine Tatsachenfeststellung, die dem nationalen Gericht obliegt. Es muss prüfen, ob die Bankenpraxis in der Slowakei Bieterinnen wie Ingsteel und Metrostav daran hindert, eine Bankenerklärung im Sinne der Verdingungsunterlagen zu erhalten(18).

57.      Sollte das vorlegende Gericht zu dem Ergebnis kommen, dass es in der Slowakei möglich ist, eine solche Bankenverpflichtung zu erhalten, bestünde das Argument für die Anwendung der Bestimmung des Art. 47 Abs. 5 der Richtlinie 2004/18 schlicht und einfach nicht.

58.      Wäre es hingegen unmöglich, diese Bankenverpflichtung zu erlangen, könnte der Weg für die Prüfung der alternativen Mittel, die der Bieter zum Nachweis seiner Solvenz vorgelegt hat, eröffnet sein. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass die Unmöglichkeit, die in den Verdingungsunterlagen verlangten Nachweise beizubringen, aus objektiver Sicht zu prüfen ist: Die bloße Tatsache, dass die Bieterinnen aufgrund spezifischer Umstände, die gerade durch unzureichende wirtschaftliche Mittel gekennzeichnet sind, keinen Zugang zu einem Bankkredit erhalten konnten, der den Anforderungen der Verdingungsunterlagen genügt, wäre kein „berechtigter Grund“.

59.      Aus dem Vorlagebeschluss ergibt sich, dass der Bieter als alternatives Mittel die eidesstattliche Erklärung vorgelegt hat, auf die ich bereits Bezug genommen habe. Die Wirksamkeit dieser Selbstauskunft über die Solvenz muss in erster Linie der öffentliche Auftraggeber prüfen, denn ihm obliegt gemäß Art. 47 Abs. 5 a. E. der Richtlinie 2004/18 die Beurteilung, ob der Beleg für diesen Zweck „geeignet“ ist.

60.      Die Entscheidung, diesen Beleg nicht zu akzeptieren, kann logischerweise bei den nationalen Gerichten angefochten werden, die wiederum im Rahmen der Feststellung, ob der öffentliche Auftraggeber das Ermessen überschritten hat, das ihm Art. 47 Abs. 5 a. E. einräumt, um das alternative Beweismittel, das der Bieter vorgelegt hat, für „geeignet zu erachten“, ihre Rechtsgrundlagen und ihre Begründung prüfen müssen. Auch hier kann der Gerichtshof diese Entscheidung, die einen sehr engen Bezug zu tatsächlichen Faktoren aufweist, nicht anstelle des nationalen Gerichts treffen, noch kann er entscheiden, ob die eidesstattliche Erklärung im konkreten Fall eine ausreichende wirtschaftliche und finanzielle Garantie für die Ausführung des Auftrags darstellt.

C –    Dritte Frage

61.      Ich stimme mit der slowakischen Regierung darin überein, dass die dritte Frage des Najvyšší súd (Oberster Gerichtshof) sowohl im Hinblick auf die beschriebenen Tatsachen als auch ihren eigentlichen Inhalt nicht ganz klar ist.

62.      Was die Tatsachen betrifft, gibt das vorlegende Gericht einerseits den Standpunkt der Behörde wieder, wonach der Zustand „als ein rechtlich unumkehrbarer Prozess betrachtet werden [kann], der auch nicht durch eine etwaige Entscheidung über die wiederholte Nachprüfung durch den Rat der Behörde für öffentliche Aufträge geändert werden kann“, da die Aufträge bereits ausgeführt wurden(19). Auf der anderen Seite wird in dem Beschluss als Prämisse der Vorlagefrage die Hypothese zugelassen, dass „der untersuchte Gegenstand des ursprünglichen Verwaltungsverfahrens, d. h. die Teilnahme am Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags, … weggefallen ist bzw. die Möglichkeit, das ursprüngliche Vergabeverfahren erneut durchzuführen, dadurch verhindert wird, dass der Auftrag durch den erfolgreichen Bieter ausgeführt wird“.

63.      Vor diesem Hintergrund scheint sich das vorlegende Gericht letztendlich dafür zu interessieren, ob gemäß Art. 47 der Charta in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 3, 6, 7 und 8 der Richtlinie 89/665 der Umstand, dass der Auftrag bereits fast vollständig ausgeführt wurde, den ausgeschlossenen Bieter daran hindert, die einschlägigen rechtlichen Schritte (Nachprüfung) gegen die Vergabeentscheidung zu ergreifen oder gar ihre Aufhebung zu beantragen.

64.      Die Artikel der Richtlinie 89/665, die das vorlegende Gericht angegeben hat, entsprechen ihrer ursprünglichen Fassung, die zu dem Zeitpunkt, zu dem der Auftrag ausgeschrieben wurde (16. November 2013), nicht mehr galt. Die entsprechenden Rechtsvorschriften müssen daher an den konsolidierten Text nach Inkrafttreten der Änderungen durch die Richtlinie 2007/66 angepasst werden(20).

65.      In den Schlussanträgen in der Rechtssache Connexxion Taxi Services(21) habe ich ausgeführt, dass „[d]ie Staaten … gewährleisten [müssen], dass die Beteiligten gegenüber den Entscheidungen der öffentlichen Auftraggeber (wenn es sich offenkundig um Aufträge handelt, die in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2004/18 fallen) über geeignete Mechanismen verfügen, um schnell und effizient nachprüfen zu lassen, ob diese Entscheidungen gegen das Vergaberecht der Union oder die Vorschriften zu seiner Umsetzung in die jeweiligen Rechtsordnungen verstoßen. Dies ist letztendlich das Ziel der Richtlinie 89/665.“

66.      Mit diesem allgemeinen Ziel regelt Art. 2 der Richtlinie 89/665 zwei verschiedene Prozessszenarien: a) die einstweilige Verfügung, um vorläufige Maßnahmen in der Phase vor dem Vertragsschluss zu treffen, b) die restlichen Nachprüfungsverfahren, die auf die Aufhebung rechtswidriger Entscheidungen einschließlich der Aufhebung der behördlichen Entscheidung über die Vergabe und gegebenenfalls auf Schadensersatz gerichtet sind, wobei sich das Gericht auf Letzteren beschränken kann.

67.      Da sich die Klage, die Ingsteel und Metrostav bei den slowakischen Gerichten eingereicht haben, auf Aufhebung richtete, muss bei einem eventuellen Erfolg ihrer Anträge grundsätzlich die Aufhebung des Rechtsakts der Vergabe des Auftrags möglich sein(22). Das vorlegende Gericht geht jedoch davon aus(23), dass eine Aufhebung in der Praxis nicht die Rückversetzung des Verfahrens zur Folge hat, durch die die geschaffene Situation umgekehrt werden könnte.

68.      Da es nach Art. 2 Abs. 4 der Richtlinie 89/665 zulässig ist, dass die Einlegung eines Rechtsbehelfs keinen automatischen Suspensiveffekt hat, ist es logisch, dass die Richtlinie die Möglichkeit vorsieht, dass eine Klage auf Aufhebung eines Auftrags erhoben wird, der entweder gerade ausgeführt wird oder bereits ausgeführt worden ist.

69.      Tatsächlich sieht die Richtlinie 89/665 in dieser Hinsicht keine eindeutige Lösung vor. In einigen Fällen (Art. 2d bis 2f) wird die Regelung der Richtlinie selbst angewandt(24), nach der die Nachprüfungsstellen der Staaten den Auftrag nicht als unwirksam erachten, selbst wenn der Auftrag rechtswidrig vergeben wurde, wenn zwingende Gründe eines Allgemeininteresses es rechtfertigen, die Wirkung des Vertrags zu erhalten, unbeschadet der entsprechenden Sanktionen oder der Leistung von Schadensersatz(25). In anderen hingegen (Art. 2 Abs. 7 der Richtlinie) sind es die Regeln des einzelstaatlichen Rechts, nach denen sich die Wirkungen der Beschwerden auf die geschlossenen Verträge richten.

70.      Innerhalb dieser Bandbreite von Möglichkeiten, in der sich das vorlegende Gericht (oder die Nachprüfungsstelle in zweiter Instanz) bewegen muss, wäre es nicht hinnehmbar, dass der tatsächliche Stand der Ausführung des Auftrags als unüberwindbares Hindernis für die Prüfung, ob die Entscheidung über den Ausschluss des Bieters rechtmäßig war, behandelt werden kann. Ungeachtet der prozessualen Lösung, die der Richtlinie 89/665 (und dem nationalen Recht, das sie umsetzt) eher entspricht, sowie ihrer praktischen Folgen für die Wirkungen des Auftrags besteht das Interesse der Kläger an einer stattgebenden gerichtlichen Entscheidung fort, zumindest, um bei Erfolg ihrer Klage Ersatz für den Schaden zu erhalten, der ihnen durch ihren rechtswidrigen Ausschluss vom Auswahlverfahren entstanden ist.

71.      Es ist wiederum Sache des nationalen Gerichts, die Wirkungen einer hypothetischen Aufhebung der Entscheidung über die Vergabe des geschlossenen Vertrags zu beurteilen.

VI – Ergebnis

72.      Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, die Fragen des Najvyšší súd Slovenskej republiky (Oberster Gerichtshof der Slowakischen Republik) wie folgt zu beantworten:

1.      Art. 47, insbesondere dessen Abs. 1 Buchst. a und Abs. 4, der Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge steht dem nicht entgegen, dass eine Bekanntmachung die Bedingungen bezüglich der wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit des erfolgreichen Bieters enthält, die dem Ausgangsverfahren zugrunde liegen. Die Feststellung, ob die ausgeschlossenen Bieter diese Bedingungen erfüllt haben, ist Sache des nationalen Gerichts.

2.      Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, zu beurteilen, ob ein „berechtigter Grund“ im Sinne von Art. 47 Abs. 5 der Richtlinie 2004/18/EG vorliegt, der einen Bieter daran hindert, die vom öffentlichen Auftraggeber geforderten Nachweise beizubringen. Sollte er bejaht werden, muss es ebenfalls beurteilen, ob nach slowakischem Recht eine eidesstattliche Erklärung des Bieters über seine Solvenz als geeignete wirtschaftliche und finanzielle Sicherheit zugelassen werden kann.

3.      Der Umstand, dass der Auftrag von dem erfolgreichen Bieter bereits fast vollständig ausgeführt wurde, hindert die ausgeschlossenen Bieter nicht daran, ihre Rechte gemäß Art. 47 Abs. 1 und 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union in Verbindung mit den Art. 1 und 2 der Richtlinie 89/665/EWG des Rates vom 21. Dezember 1989 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Liefer- und Bauaufträge geltend zu machen.


1 – Originalsprache: Spanisch.


2      Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 zur Koordinierung der Zuschlagserteilung durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste (ABl. 2004, L 134, S. 114).


3      Richtlinie des Rates vom 21. Dezember 1989 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Liefer- und Bauaufträge (ABl. 1989, L 395, S. 33).


4      Es wird der Wortlaut nach der Richtlinie 2007/66/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2007 zur Änderung der Richtlinien 89/665/EWG und 92/13/EWG des Rates im Hinblick auf die Verbesserung der Wirksamkeit der Nachprüfungsverfahren bezüglich der Vergabe öffentlicher Aufträge (ABl. 2007, L 335, S. 31) wiedergegeben.


5      Obwohl der Slovenský futbalový zväz (Slowakischer Fußballverband) als öffentlicher Auftraggeber beteiligt war, war in der Schlussphase des Verfahrens die Úrad pre verejné obstarávanie (Behörde für öffentliche Aufträge, im Folgenden: Behörde) beteiligt.


6      Die Bekanntmachung wurde am 16. November 2013 im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union Nr. 223/2013 und im slowakischen Ausschreibungsblatt (Referenz 18627‑MSP) veröffentlicht.


7      Die Klassifizierung von Fußballstadien ergibt sich aus dem am 24. März 2010 verabschiedeten UEFA-Reglement. Es werden vier aufsteigende Kategorien von 1 bis 4 festgelegt, die sich nach Kriterien richten, die den Raum für die Spieler und das Servicepersonal (einschließlich Parkraumkapazität), die Zuschauer und die Kommunikationsmedien betreffen.


8      Abschnitt III.2.2.


9      Urteil vom 18. Oktober 2012, Édukövízig und Hochtief Solutions (C‑218/11, EU:C:2012:643, Rn. 28).


10      Den der Gerichtshof in seinem Urteil vom 17. November 2015, RegioPost (C‑115/14, EU:C:2015:760, Rn. 56), ausdrücklich zitiert.


11      Richtlinie des Rates vom 18. Juni 1992 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge (ABl. 1992, L 209, S. 1).


12      Urteil vom 2. Dezember 1999 (C‑176/98, EU:C:1999:593, Rn. 28). Hervorhebung nur hier.


13      Die Nrn. 24 bis 26 der Schlussanträge des Generalanwalts Léger in der Rechtssache Holst Italia (C‑176/98, EU:C:1999:447) enthalten nützliche Orientierungshilfen bezüglich der Befugnisse des öffentlichen Auftraggebers bei der Beurteilung, ob der Bieter geeignet ist, den Auftrag in der gewünschten Weise auszuführen. Die Art. 31 und 32 der Richtlinie 92/50 (über die wirtschaftlich-finanzielle bzw. die technische Leistungsfähigkeit) dienen diesem Zweck, da sie darauf gerichtet sind, „das Interesse des Auftraggebers an Bewerbungen von Wirtschaftsteilnehmern [zu] schützen, die weniger darauf bedacht sind, gewinnbringende Aufträge zu erhalten, als vielmehr die wichtigste Aufgabe zu erfüllen, die mit ihnen verbunden ist, nämlich die gewissenhafte Ausführung der Aufträge“.


14      Rechtssache C‑218/11, EU:C:2012:643, Rn. 29.


15      Ohne Hervorhebung im Original. Dies war die ratio decidendi des Urteils, und sie kam in der Beantwortung der Vorlagefrage zum Ausdruck.


16      Urteile vom 10. Oktober 2013, Swm Costruzioni und Mannocchi Luigino (C‑94/12, EU:C:2013:646, Rn. 29), vom 14. Januar 2016, Ostas celtnieks (C‑234/14, EU:C:2016:6, Rn. 23), und vom 7. April 2016, Partner Apelski Dariusz (C‑324/14, EU:C:2016:214, Rn. 33).


17      In Nr. 16 des Vorlagebeschlusses werden gerade die Worte „objektive Unmöglichkeit der Erlangung der vom Auftraggeber geforderten Belege“ verwendet.


18      Nach dem Vorlagebeschluss (Nr. 20) „stützte sich die Behörde auf die Erklärungen von zwei slowakischen Banken, die zur Möglichkeit, eine unverbindliche und eine verbindliche Darlehenszusage zu erhalten, sowie zu den Unterschieden, die zwischen diesen bestehen, Stellung genommen haben“.


19      Im Beschluss werden diese Erklärungen der Behörde wiedergegeben: „Der Auftraggeber schloss am 3. 8. 2014 … einen Rahmenvertrag ab, auf dessen Grundlage sodann die folgenden vier Werkverträge über die Errichtung von Stadien geschlossen wurden: NTC Poprad vom 15. 8. 2014, Fußballstadion Bardejov vom 24. 2. 2015, Fußballstadion Zvolen vom 20. 5. 2015, Fußballstadion Podbrezová vom 22. 5. 2015.“


20      Vgl. oben, Fn. 4.


21      Rechtssache C‑171/15, EU:C:2016:506.


22      In den Schlussanträgen in der Rechtssache Prezes Urzędu Komunikacji Elektronicznej und Petrotel (C‑231/15, EU:C:2016:440, Nrn. 62 bis 69) habe ich ausgeführt, dass als allgemeine Regel die Aufhebung einer Verwaltungsentscheidung Rückwirkung hat, so dass in Ermangelung einer vorläufigen Maßnahme zur Aussetzung ihrer Wirkung die Aufhebung der Verwaltungsentscheidung die Verpflichtung mit sich bringt, ihre Wirkungen von Anfang an zu beseitigen. Dieses allgemeine Kriterium lässt jedoch gewisse Ausnahmen zu, die dem Unionsrecht nicht fremd sind, und ich nahm insbesondere auf den Bereich der Vergabe öffentlicher Aufträge und das durch die Richtlinie 2007/66 in die Richtlinie 89/665 eingeführte Nachprüfungssystem Bezug.


23      Die Behörde hat, wie in Nr. 23 des Vorlagebeschlusses wiedergegeben ist, ausgeführt, dass „der Auftraggeber … das Vergabeverfahren nach der Rechtskraft (sic) der behördlichen Entscheidung über den Einspruch … wieder [fortsetzte]“.


24      Zur Klage auf Aufhebung und zur Unwirksamkeit der geschlossenen Verträge wurde im Urteil vom 11. September 2014, Fastweb (C‑19/13, EU:C:2014:2194, Rn. 42), ausgeführt, dass „für die insbesondere in Art. 2d dieser Richtlinie [89/665] genannten Situationen die Maßnahmen, die für die Zwecke der gegen die öffentlichen Auftraggeber gerichteten Beschwerden getroffen werden können, nur nach den von dieser Richtlinie vorgesehenen Regeln bestimmt werden“.


25      Art. 2d Abs. 3. Gemäß Abs. 2 dieses Artikels können die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften vorsehen, dass „alle vertraglichen Verpflichtungen rückwirkend aufgehoben werden“ oder dass „die Wirkung der Aufhebung auf die Verpflichtungen beschränkt ist, die noch zu erfüllen sind“.