Language of document : ECLI:EU:C:2013:245

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Erste Kammer)

18. April 2013(*)

„Rechtsmittel – Art. 225 Abs. 1 EG, Art. 235 EG und Art. 288 Abs. 2 EG – Klage aus außervertraglicher Haftung gegen die Europäische Kommission – Beurteilung des außervertraglichen Charakters des Rechtsstreits – Zuständigkeiten der Gemeinschaftsgerichte“

In der Rechtssache C‑103/11 P

betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 26. Februar 2011,

Europäische Kommission, vertreten durch T. van Rijn, E. Montaguti und J. Samnadda als Bevollmächtigte im Beistand von A. Berenboom, advocaat, und M. Isgour, avocat,

Rechtsmittelführerin,

andere Parteien des Verfahrens:

Systran SA mit Sitz in Paris (Frankreich),

Systran Luxembourg SA mit Sitz in Luxemburg (Luxemburg),

Prozessbevollmächtigte: J.-P. Spitzer und E. De Boissieu, avocats,

Klägerinnen im ersten Rechtszug,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Tizzano (Berichterstatter), der Richter M. Ilešič, E. Levits und J.‑J. Kasel sowie der Richterin M. Berger,

Generalanwalt: P. Cruz Villalón,

Kanzler: C. Strömholm, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 19. April 2012,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 15. November 2012

folgendes

Urteil

1        Mit ihrem Rechtsmittel beantragt die Europäische Kommission die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 16. Dezember 2010, Systran und Systran Luxembourg/Kommission (T‑19/07, Slg. 2010, II‑6083, im Folgenden: angefochtenes Urteil), mit dem das Gericht sie verurteilt hat, an die Systran SA (im Folgenden: Systran) einen Pauschalbetrag von 12 001 000 Euro als Ersatz für den Schaden zu zahlen, der ihr durch die Verletzung ihrer Urheberrechte und ihres Know-how im Anschluss an eine Ausschreibung der Kommission für die Wartung/Pflege und linguistische Verbesserung des maschinellen Übersetzungssystems der Kommission entstanden ist.

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

2        Die ursprüngliche Version des maschinellen Übersetzungssystems Systran (SYStem TRANslation), „Systran Mainframe“, wurde 1968 entwickelt und von der World Translation Center Inc. (im Folgenden: WTC) und anderen verbundenen Gesellschaften vermarktet (im Folgenden zusammen: WTC‑Gruppe).

3        Die Kommission begann zunächst nach Abschluss eines Vertrags mit WTC im Jahr 1975, dieses System in seiner Version „EC‑Systran Mainframe“ für ihre Übersetzungsdienste zu nutzen. Sie unterzeichnete darüber hinaus zwischen 1976 und 1987 mehrere Verträge mit Gesellschaften der WTC‑Gruppe, um zum einen das maschinelle Übersetzungssystem Systran zu verbessern und zum anderen neue Sprachenpaare zu entwickeln, insgesamt neun Sprachenpaare.

4        Durch eine Reihe von Verträgen, die ab September 1985 geschlossen wurden, erwarb die Gachot SA (im Folgenden: Gachot) die Gesellschaften der WTC‑Gruppe, die Eigentümer der Systran-Technologie und der Version Systran Mainframe des maschinellen Übersetzungssystems Systran waren. Diese Gruppe wurde nach dem Erwerb zur Systran-Gruppe.

5        Am 4. August 1987 unterzeichneten die Systran-Gruppe und die Kommission einen Vertrag über die gemeinsame Organisation der Weiterentwicklung und Verbesserung des maschinellen Übersetzungssystems Systran für die gegenwärtigen und die künftigen Amtssprachen der Europäischen Gemeinschaft sowie über seine Durchführung (im Folgenden: Vertrag über Zusammenarbeit). Nach den Art. 11 und 12 des Vertrags über Zusammenarbeit gilt für diesen Vertrag belgisches Recht, und Streitigkeiten zwischen den Parteien bezüglich der Auslegung, Erfüllung oder Nichterfüllung des Vertrags sind vor einem Schiedsgericht auszutragen.

6        Außerdem schloss die Kommission zwischen 1988 und 1989 mit Gachot, die später selbst „Systran“ hieß, vier weitere Verträge zwecks Erwerbs eines „Nutzungsrechts“ an dem maschinellen Übersetzungssystem Systran für die Sprachenpaare Deutsch-Englisch, Deutsch-Französisch, Englisch-Griechisch, Spanisch-Englisch und Spanisch-Französisch.

7        Im Dezember 1991 kündigte die Kommission den Vertrag über Zusammenarbeit mit der Begründung, dass Systran ihren Vertragspflichten nicht nachgekommen sei. Zum Zeitpunkt der Beendigung des Vertrags für Zusammenarbeit umfasste die Version EC‑Systran Mainframe des maschinellen Übersetzungssystems Systran 16 Sprachversionen.

8        In der Folgezeit entwickelte und vermarktete die Systran-Gruppe eine neue Version des maschinellen Übersetzungssystems Systran, das unter den Betriebssystemen Unix und Windows lauffähig war, nämlich „Systran Unix“, während die Kommission teilweise mit Hilfe eines externen Vertragspartners die Version EC‑Systran Mainframe des genannten Systems entwickelte, die unter dem Betriebssystem Mainframe lief, das mit den Betriebssystemen Unix und Windows nicht kompatibel war.

9        Damit die Version EC‑Systran Mainframe des maschinellen Übersetzungssystems Systran in der Umgebung von Unix und Windows laufen konnte, wurden zu einem späteren Zeitpunkt vier Verträge zwischen der Systran Luxembourg SA (im Folgenden: Systran Luxembourg) und der Kommission geschlossen, die zum maschinellen Übersetzungssystem „EC‑Systran Unix“ führten (im Folgenden: Umstellungsverträge).

10      Bei der Unterzeichnung des ersten Umstellungsvertrags im Dezember 1997 erklärte sich Systran damit einverstanden, dass die Kommission zum einen die Marke Systran systematisch für alle maschinellen Übersetzungssysteme, die sich aus dem ursprünglichen maschinellen Übersetzungssystem Systran ableiten, allein zum Zweck der Verbreitung oder Bereitstellung dieses Systems benutzt und zum anderen die Systran-Produkte in der Umgebung von Unix und/oder Windows für ihre internen Bedürfnisse nutzt.

11      Art. 13 des ersten Umstellungsvertrags sah vor: „Die Kommission ist über alle bei der Durchführung dieses Vertrags von [Systran Luxembourg] erworbenen Resultate und Patente unverzüglich zu unterrichten; das Resultat oder Patent gehört den Europäischen Gemeinschaften, die hierüber frei verfügen können, es sei denn, es bestehen bereits Rechte des gewerblichen oder geistigen Eigentums. … Das maschinelle Übersetzungssystem der Kommission einschließlich seiner Komponenten bleibt auch nach Änderung im Laufe der Vertragsdurchführung Eigentum der Kommission, es sei denn, es bestehen bereits Rechte des gewerblichen oder geistigen Eigentums.“

12      Nach den Art. 15 und 16 des ersten Umstellungsvertrags gilt für den Vertrag luxemburgisches Recht, und für Streitigkeiten zwischen den Parteien, die den Vertrag betreffen, sind die luxemburgischen Gerichte zuständig.

13      Der erste Nachtrag zum vierten Umstellungsvertrag legte das Vertragsende auf den 15. März 2002 fest und stellte insbesondere klar, dass Systran Luxembourg verpflichtet ist, an diesem Tag aktualisierte Nachweise sämtlicher Rechte des geistigen und gewerblichen Eigentums zu erbringen, die von der Systran-Gruppe beansprucht werden und an das maschinelle Übersetzungssystem Systran gebunden sind. Nach dem Vortrag der Kommission wurden ihr diese Informationen von Systran Luxembourg nicht übermittelt.

14      Am 4. Oktober 2003 veröffentlichte die Kommission eine Ausschreibung für die Wartung/Pflege und linguistische Verbesserung des maschinellen Übersetzungssystems EC‑Systran Unix der Kommission. Auf diese Ausschreibung hin wurden zwei der zehn zum Auftrag gehörenden Lose an die Gosselies SA (im Folgenden: Gosselies) vergeben.

15      Mit Schreiben vom 31. Oktober 2003 teilte Systran der Kommission mit, dass die von Letzterer beabsichtigten Arbeiten ihre Rechte des geistigen Eigentums verletzen könnten. Die Kommission antwortete, die Systran-Gruppe habe nicht den Beweis für die Rechte des geistigen Eigentums erbracht, die Systran an der maschinellen Übersetzungssoftware Systran geltend mache. Die Systran-Gruppe sei deshalb nicht berechtigt, sich den Arbeiten zu widersetzen, die von dem Unternehmen ausgeführt würden, dem der Zuschlag erteilt worden sei.

 Verfahren vor dem Gericht und angefochtenes Urteil

16      Mit Klageschrift, die am 25. Januar 2007 bei der Kanzlei des Gerichts einging, erhoben Systran und Systran Luxembourg Klage auf Ersatz des Schadens, der ihnen durch im Anschluss an die Ausschreibung der Kommission für die Wartung/Pflege und linguistische Verbesserung ihres maschinellen Übersetzungssystems begangene Rechtsverstöße entstanden sein soll.

17      Insbesondere beantragten die genannten Unternehmen erstens, die sofortige Einstellung der Verletzungs- und Weitergabehandlungen durch die Kommission anzuordnen, zweitens, die Beschlagnahme oder Zerstörung bestimmter IT‑Daten bei der Kommission und Gosselies anzuordnen, drittens, die Kommission zur Zahlung von mindestens 1 170 328 Euro an Systran Luxembourg und von 48 804 000 Euro, Ergänzung vorbehalten, an Systran zu verurteilen, viertens, die Veröffentlichung der Entscheidung in Fachzeitungen und ‑zeitschriften sowie auf spezialisierten Internetseiten auf Kosten der Kommission anzuordnen, und fünftens, der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

18      Bevor sich das Gericht mit der Sache selbst befasst hat, hat es zunächst die von der Kommission geltend gemachten Gründe für die Unzulässigkeit der Klage geprüft.

19      Was den ersten Grund angeht, mit dem gerügt wurde, der Antrag auf Verurteilung der Kommission zum Ersatz des von Systran und Systran Luxembourg geltend gemachten Schadens sei wegen der vertraglichen Grundlage des Antrags unzulässig, hat das Gericht in den Randnrn. 57 bis 64 des angefochtenen Urteils auf die Grundätze der gerichtlichen Zuständigkeit im vertraglichen und im außervertraglichen Bereich hingewiesen.

20      Nachdem dies geklärt war, hat das Gericht im Rahmen der Prüfung des von Systran und Systran Luxembourg geltend gemachten Schadensersatzanspruchs in den Randnrn. 68 bis 77 des angefochtenen Urteils festgestellt, diese Unternehmen hätten genügend Gesichtspunkte vorgetragen, die den Schluss zuließen, dass sich die Systran-Gruppe auf Urheberrechte an der Version Systran Unix des maschinellen Übersetzungssystems Systran berufen könne, und der Kommission sei es nicht gelungen, die Zuständigkeit des Gerichts dadurch in Frage zu stellen, dass sie die von der Systran-Gruppe geltend gemachten Urheberrechte an der genannten Version in Abrede gestellt habe.

21      Was das Know-how betrifft, hat das Gericht in den Randnrn. 78 bis 81 des angefochtenen Urteils zum einen festgestellt, dass die Geschäftsgeheimnisse die technischen Informationen bezüglich des Know-how einschlössen und nicht nur deren Weitergabe an die Öffentlichkeit, sondern auch die Weitergabe an einen einfachen Dritten die Interessen des Auskunftgebers schwer beeinträchtigen könne, und zum anderen, dass eine technische Information, die unter das Geschäftsgeheimnis eines Unternehmens falle und die der Kommission zu einem bestimmten Zweck übermittelt worden sei, an einen Dritten zu einem anderen Zweck nicht ohne Erlaubnis des betreffenden Unternehmens weitergegeben werden dürfe.

22      Das Gericht ist daher in Randnr. 82 des angefochtenen Urteils zu dem Schluss gekommen, die Darlegung von Systran und Systran Luxembourg, dass die Kommission außervertragliche Pflichten verletzt habe, die das sich auf die Version Systran Unix des maschinellen Übersetzungssystems Systran erstreckende Urheberrecht und Know-how beträfen, genüge, um seine Zuständigkeit nach Art. 235 EG zu begründen.

23      Das Gericht hat sodann in den Randnrn. 84 bis 102 des angefochtenen Urteils geprüft, ob aus den Akten hervorgehe, dass die zahlreichen Verträge zwischen der WTC‑Gruppe und der Systran-Gruppe (im Folgenden: WTC/Systran-Gruppe) einerseits und der Kommission andererseits dieser eine vertragliche Erlaubnis erteilten, Informationen, die aufgrund der Urheberrechte und als Know-how der Systran-Gruppe geschützt sein könnten, ohne die Zustimmung von Systran oder Systran Luxembourg an einen Dritten, im vorliegenden Fall Gosselies, weiterzugeben.

24      In Anbetracht all dieser Erwägungen hat das Gericht in Randnr. 104 des angefochtenen Urteils den ersten von der Kommission geltend gemachten Unzulässigkeitsgrund zurückgewiesen.

25      Den zweiten Unzulässigkeitsgrund, mit dem die fehlende Klarheit der Klageschrift geltend gemacht wurde, hat das Gericht in den Randnrn. 107 bis 110 des angefochtenen Urteils als unbegründet zurückgewiesen.

26      In den Randnrn. 113 bis 117 des angefochtenen Urteils hat das Gericht auch den dritten Unzulässigkeitsgrund, mit dem gerügt wurde, es sei im Rahmen einer Schadensersatzklage nicht für Entscheidungen über Urheberrechtsverletzungen zuständig, zurückgewiesen, da der Begriff der Urheberrechtsverletzung im vorliegenden Fall in Verbindung mit dem des Schutzes der Vertraulichkeit des Know-how nur herangezogen werde, um das Verhalten der Kommission im Rahmen einer Klage aus außervertraglicher Haftung als rechtswidrig zu qualifizieren.

27      Schließlich hat das Gericht in den Randnrn. 118 bis 124 des angefochtenen Urteils die Unzulässigkeitseinreden zurückgewiesen, die gegen die nicht auf Schadensersatz gerichteten Anträge von Systran und Systran Luxembourg erhoben wurden.

28      Im Rahmen der Prüfung der Begründetheit des Schadensersatzantrags hat das Gericht zunächst in den Randnrn. 137 bis 147 des angefochtenen Urteils die wesentliche Ähnlichkeit zwischen den Versionen Systran Unix und EC‑Systran Unix des maschinellen Übersetzungssystems Systran festgestellt und entschieden, dass sich Systran und Systran Luxembourg daher auf die Rechte berufen könnten, die der Systran-Gruppe an der Version Systran Unix dieses Systems zuständen, um gegen die ohne ihre Zustimmung stattfindende Weitergabe der abgeleiteten Version EC‑Systran Unix dieses Systems an Dritte vorzugehen. Vor diesem Hintergrund hat es in den Randnrn. 148 bis 157 des Urteils die Argumente der Kommission, mit denen die Rechte von Systran und Systran Luxembourg in Abrede gestellt werden sollten, weil die Version EC‑Systran Unix nur das Ergebnis der Umstellung der Version EC‑Systran Mainframe des maschinellen Übersetzungssystems Systran auf eine andere IT‑Umgebung sei, aufgrund ihrer Allgemeinheit und fehlender technischer Beweise zurückgewiesen.

29      Weiter hat das Gericht, nachdem es in Randnr. 158 des angefochtenen Urteils auf den Inhalt des der Kommission vorgeworfenen Verhaltens hingewiesen hat, in den Randnrn. 200 bis 261 des Urteils die Rechtswidrigkeit dieses Verhaltens umfassend geprüft.

30      Im Rahmen dieser Prüfung hat es erstens in den Randnrn. 201 und 204 bis 215 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass die Klägerinnen sich auf das Recht berufen könnten, gegen die von der Kommission bei einem Dritten in Auftrag gegebenen Arbeiten vorzugehen, die bestimmte Aspekte der Version EC‑Systran Unix des maschinellen Übersetzungssystems Systran beträfen, indem sie sich insbesondere auf die Vermutung des Rechts des geistigen Eigentums gemäß Art. 5 der Richtlinie 2004/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums (ABl. L 157, S. 45, berichtigte Fassung in ABl. L 195, S. 16) stützten, wonach es, damit der Urheber eines Werks als solcher gelte, genüge, dass sein Name auf dem Werkstück angegeben sei. In den Randnrn. 202 und 216 bis 222 des Urteils hat das Gericht festgestellt, dass die Kommission nicht habe belegen können, dass sie aufgrund der Rechte, die ihr durch die seit 1975 mit der Systran-Gruppe geschlossenen Verträge eingeräumt worden seien, und aufgrund der in diesem Zusammenhang gewährten Finanzierung über die Erlaubnis zu der im Anschluss an die Vergabe des streitigen Auftrags erfolgten Nutzung und Weitergabe verfüge.

31      Zweitens hat das Gericht in den Randnrn. 228 bis 260 des angefochtenen Urteils die Art der von der Kommission einem Dritten anvertrauten Arbeiten geprüft, um festzustellen, ob diese geeignet waren, eine Änderung oder Weitergabe von Informationen oder Elementen bezüglich der Version Systran Unix des maschinellen Übersetzungssystems Systran, die in der Version EC‑Systran Unix dieses Systems enthalten sind, nach sich zu ziehen.

32      In Randnr. 261 des angefochtenen Urteils ist das Gericht daraufhin zu dem Schluss gekommen, dass die Kommission rechtswidrig gehandelt und die einschlägigen allgemeinen Rechtsgrundsätze, die den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsam seien, verletzt habe. Dieses Fehlverhalten stelle eine hinreichend schwerwiegende Verletzung der Urheberrechte und des Know-how der Systran-Gruppe an der Version Systran Unix des maschinellen Übersetzungssystems Systran dar und löse die außervertragliche Haftung der Gemeinschaft aus.

33      Nachdem dies feststand, hat das Gericht in den Randnrn. 262 bis 325 des angefochtenen Urteils die Systran und Systran Luxembourg entstandenen Schäden und den Kausalzusammenhang zwischen diesen und dem Fehlverhalten der Kommission geprüft.

34      Am Ende dieser Prüfung ist es in Randnr. 326 des genannten Urteils zu dem Ergebnis gekommen, dass Systran ein Pauschalbetrag von 12 001 000 Euro als Ersatz des ihr durch das Verhalten der Kommission entstandenen Schadens zu gewähren sei.

35      Außerdem hat das Gericht in den Randnrn. 329 bis 332 des angefochtenen Urteils die Anträge von Systran und Systran Luxembourg auf nicht in der Zuerkennung von Schadensersatz bestehende Maßnahmen zurückgewiesen.

 Anträge der Parteien

36      Die Kommission beantragt mit ihrem Rechtsmittel,

–        das angefochtene Urteil aufzuheben;

–        die Schadensersatzklage abzuweisen;

–        Systran und Systran Luxembourg die Kosten beider Rechtszüge aufzuerlegen;

–        hilfsweise, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Rechtssache an das Gericht zurückzuverweisen.

37      Systran und Systran Luxembourg beantragen,

–        das Rechtsmittel zurückzuweisen;

–        der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

Zum Antrag auf Wiedereröffnung des mündlichen Verfahrens

38      Das mündliche Verfahren ist am 15. November 2012 nach Stellung der Schlussanträge des Generalanwalts geschlossen worden.

39      Mit Schreiben vom 14. Dezember 2012 haben Systran und Systran Luxembourg die Wiedereröffnung des mündlichen Verfahrens beantragt.

40      Zur Stützung dieses Antrags haben sie geltend gemacht, die Schlussanträge des Generalanwalts vom 15. November 2012 enthielten neues Vorbringen, das von den Parteien niemals erörtert worden sei.

41      Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof gemäß Art. 83 seiner Verfahrensordnung jederzeit nach Anhörung des Generalanwalts die Wiedereröffnung des mündlichen Verfahrens beschließen kann, insbesondere wenn er sich für unzureichend unterrichtet hält oder wenn ein zwischen den Parteien oder den in Art. 23 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union bezeichneten Beteiligten nicht erörtertes Vorbringen entscheidungserheblich ist (vgl. Urteil vom 22. November 2012, Bank Handlowy und Adamiak, C‑116/11, Randnr. 28 und die dort angeführte Rechtsprechung).

42      Im vorliegenden Fall geht der Gerichtshof nach Anhörung des Generalanwalts davon aus, dass er über alle erforderlichen Angaben verfügt, um die aufgeworfenen Fragen zu beantworten, und dass diese Angaben im Verfahren vor ihm erörtert worden sind.

43      Der Antrag von Systran und Systran Luxembourg auf Wiedereröffnung des mündlichen Verfahrens ist daher zurückzuweisen.

 Zum Rechtsmittel

44      Die Kommission stützt ihr Rechtsmittel auf acht Gründe.

45      Mit dem ersten Rechtsmittelgrund wird geltend gemacht, das Gericht habe einen Rechtsfehler begangen, da es die Auffassung vertreten habe, dass der Rechtsstreit außervertraglicher Natur sei. Mit dem zweiten Rechtsmittelgrund werden eine Verletzung der Verteidigungsrechte und ein Verstoß gegen die Bestimmungen über die Beweiserhebung gerügt. Mit ihrem dritten Rechtsmittelgrund rügt die Kommission, das Gericht habe die Vorschriften über das Urheberrecht im Zusammenhang mit dem Nachweis der Inhaberschaft der von Systran geltend gemachten Rechte falsch angewandt. Mit ihrem vierten und ihrem fünften Rechtsmittelgrund macht die Kommission geltend, das Gericht habe bei der Beurteilung, ob ihr Verhalten rechts- bzw. pflichtwidrig und ihre angebliche Verfehlung hinreichend qualifiziert gewesen sei, einen offensichtlichen Fehler begangen. Mit ihrem sechsten Rechtsmittelgrund rügt die Kommission zum einen, dass das Gericht bei der Auslegung der Ausnahmeregelung in Art. 5 der Richtlinie 91/250/EWG des Rates vom 14. Mai 1991 über den Rechtsschutz von Computerprogrammen (ABl. L 122, S. 42) einen Fehler begangen habe, und zum anderen, dass es das angefochtene Urteil in Bezug auf die Ausnahme des Art. 6 dieser Richtlinie nicht hinreichend begründet habe. Mit dem siebten Rechtsmittelgrund wird ein Rechtsfehler bei der Beurteilung des Vorliegens eines hinreichend unmittelbaren Kausalzusammenhangs zwischen der beanstandeten Verfehlung und dem behaupteten Schaden gerügt. Mit dem achten Rechtsmittelgrund schließlich wird ein Rechtsfehler bei der Festsetzung des Schadensersatzes auf 12 001 000 Euro geltend gemacht.

 Zum ersten Rechtsmittelgrund: Rechtsfehler bei der Beurteilung der außervertraglichen Natur des Rechtsstreits

 Vorbringen der Parteien

46      Die Kommission macht erstens geltend, das Gericht habe das Urteil vom 20. Mai 2009, Guigard/Kommission (C‑214/08 P), falsch angewandt, nach dessen Randnr. 43 die bloße Geltendmachung von Rechtsvorschriften, die sich nicht aus dem in Rede stehenden Vertrag ergäben, aber für die Parteien Geltung hätten, nicht bedeuten könne, dass sich die vertragliche Natur des Rechtsstreits ändere und dieser deshalb dem zuständigen Gericht entzogen werde. Wäre dies anders, könnten sich die Natur des Rechtsstreits und damit die gerichtliche Zuständigkeit je nach den von den Parteien geltend gemachten Rechtsvorschriften ändern, was den Vorschriften über die sachliche Zuständigkeit der verschiedenen Gerichte zuwiderliefe.

47      Das Gericht hätte deshalb anhand des relevanten Akteninhalts prüfen müssen, ob dem von Systran und Systran Luxembourg geltend gemachten Schadensersatzanspruch objektiv und umfassend vertragliche oder außervertragliche Pflichten zugrunde lägen, die somit für die vertragliche oder die außervertragliche Grundlage des Rechtsstreits kennzeichnend seien. Die Art eines Vorbringens sei nämlich nicht der entscheidende Faktor bei der Feststellung, ob die Gemeinschaftsgerichte insoweit zuständig seien. Daraus folge, dass ein Rechtsstreit, der ein aus einem Lizenz- oder Übertragungsvertrag abgeleitetes Urheberrecht betreffe, vertraglicher Natur sei, da die Entscheidung dieses Rechtsstreits zwangsläufig von der Auslegung der von den betreffenden Parteien vereinbarten Einzelheiten der Übertragung oder der Einräumung dieses Rechts abhänge.

48      Wenn die Geltendmachung einer Handlung durch Systran, die ihrer Ansicht nach nicht durch vertragliche Klauseln erlaubt sei, genügen sollte, um ihren Rechtsstreit mit der Kommission zu einem die außervertragliche Haftung betreffenden Rechtsstreit zu machen, würde dies daher zu einer nicht gerechtfertigten Ausweitung des Anwendungsbereichs von Art. 235 EG zum Nachteil von Art. 238 EG führen.

49      Zweitens trägt die Kommission vor, das Gericht habe unzutreffende rechtliche Beurteilungen in Bezug auf die Auslegung der Rechte vorgenommen, die durch die zahlreichen im ersten Rechtszug angeführten Vertragsdokumente und Schreiben eingeräumt worden seien; dabei handele es sich insbesondere um den Vertrag vom 22. Dezember 1975 zwischen ihr und WTC sowie die im Zeitraum von 1976 bis 1987 mit Gesellschaften der WTC‑Gruppe geschlossenen Verträge, zu denen vor allem die Vereinbarung über technische Zusammenarbeit vom 18. Januar 1985 mit Gachot, der Vertrag über Zusammenarbeit, die mit Gachot 1988 und 1989 geschlossenen Lizenzverträge sowie die Umstellungsverträge gehörten.

50      Das Gericht habe nämlich, obwohl es bestätigt habe, dass spezifische vertragliche Rechte, insbesondere „Nutzungsrechte“, der Kommission an der Version EC‑Systran Unix des maschinellen Übersetzungssystems Systran beständen, den Inhalt und die exakte Natur dieser Rechte nicht angemessen beurteilt.

51      Dadurch habe das Gericht den eindeutigen Sinngehalt der oben genannten Verträge fehlerhaft ausgelegt und sogar verfälscht, was dazu geführt habe, dass es einen Fehler bei der Beurteilung der Natur des Rechtsstreits begangen habe.

52      Drittens und letztens rügt die Kommission einen Verstoß gegen die Regeln der Vertragsauslegung; das Gericht könne die Umstellungsverträge, insbesondere Art. 13 des ersten Umstellungsvertrags, nämlich nicht dahin auslegen, dass ihr dadurch überhaupt keine Rechte eingeräumt würden. In diesem Zusammenhang macht sie geltend, das Gericht habe auch dadurch einen Fehler begangen, dass es entschieden habe, nach dem Grundsatz der relativen Wirkung von Verträgen könnten die Umstellungsverträge als solche Systran nicht entgegengehalten werden, da diese sie nicht unterzeichnet habe.

53      Systran und Systran Luxembourg vertreten ihrerseits die Auffassung, dass das Gericht bei der Auslegung des Urteils Guigard/Kommission keinen Rechtsfehler begangen habe. Das Gericht habe sich nämlich zur Feststellung seiner Zuständigkeit nicht darauf beschränkt, den Rechtsstreit anhand der von den genannten Unternehmen geltend gemachten Rechtsvorschriften zu prüfen, sondern in den Ausführungen des angefochtenen Urteils im Wesentlichen die von der Kommission vorgelegten Verträge untersucht. Insbesondere habe das Gericht in Randnr. 62 des Urteils darauf hingewiesen, dass es bei der Beurteilung seiner Zuständigkeit sehr wohl den Inhalt eines Vertrags prüfen könne – wie bei jedem Dokument, auf das sich eine Partei zur Stützung ihres Vorbringens berufe –, um festzustellen, ob dieser Vertrag geeignet sei, die ihm durch Art. 235 EG ausdrücklich zugewiesene sachliche Zuständigkeit in Frage zu stellen.

54      In dieser Hinsicht habe das Gericht in den Randnrn. 71 bis 100 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass die geltend gemachten Verträge keine Klausel enthielten, mit der Eigentumsrechte übertragen würden, und keine Bestimmungen vorsähen, die es der Kommission erlaubten, Arbeiten auszuführen oder ausführen zu lassen, die die Urheberrechte von Systran verletzten, oder Informationen weiterzugeben, die aufgrund eines Urheberrechts geschützt sein könnten.

55      Folglich habe das Gericht bei der Auslegung der genannten Verträge keinen Rechtsfehler begangen, da diese für die Bestimmung der gerichtlichen Zuständigkeit im vorliegenden Fall völlig irrelevant seien, und in den Randnrn. 101 bis 104 des angefochtenen Urteils zu Recht entschieden, dass der Rechtsstreit außervertraglicher Natur sei.

 Würdigung durch den Gerichtshof

56      Der EG-Vertrag sieht für Klagen gegen die Gemeinschaft, mit denen deren Haftung für einen Schaden geltend gemacht wird, eine Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen den Gemeinschaftsgerichten und den einzelstaatlichen Gerichten vor (Urteil vom 29. Juli 2010, Hanssens-Ensch, C‑377/09, Slg. 2010, I‑7751, Randnr. 16).

57      Insbesondere sind gemäß Art. 240 EG die einzelstaatlichen Gerichte für die Entscheidung von Streitsachen, bei denen die Gemeinschaft Partei ist, zuständig, soweit keine Zuständigkeit des Gerichtshofs oder des Gerichts aufgrund des EG-Vertrags besteht (vgl. Urteile vom 9. Oktober 2001, Flemmer u. a., C‑80/99 bis C‑82/99, Slg. 2001, I‑7211, Randnr. 39, sowie Guigard/Kommission, Randnr. 39).

58      Außer in Art. 238 EG räumt der EG-Vertrag dem Gerichtshof oder dem Gericht keine Zuständigkeit für Streitsachen über die vertragliche Haftung der Gemeinschaft ein. Art. 238 EG setzt jedoch das Vorliegen einer Schiedsklausel voraus, die in einem von der Gemeinschaft oder für ihre Rechnung geschlossenen Vertrag enthalten ist (vgl. Urteile Flemmer u. a., Randnr. 42, sowie Guigard/Kommission, Randnrn. 40 und 41), und sieht daher eine vom allgemeinen Recht abweichende Zuständigkeit vor, die somit restriktiv auszulegen ist (vgl. Urteile vom 18. Dezember 1986, Kommission/Zoubek, 426/85, Slg. 1986, 4057, Randnr. 11, und vom 20. Februar 1997, IDE/Kommission, C‑114/94, Slg. 1997, I‑803, Randnr. 82).

59      Folglich sind in Anbetracht von Art. 240 EG für Streitsachen, die die vertragliche Haftung der Gemeinschaft betreffen, die einzelstaatlichen Gerichte zuständig, wenn keine Schiedsklausel vorhanden ist (Urteil Hanssens-Ensch, Randnr. 19).

60      Für Streitsachen, die die außervertragliche Haftung der Gemeinschaft betreffen, sind hingegen die Gemeinschaftsgerichte zuständig. Nach Art. 235 EG in Verbindung mit Art. 225 Abs. 1 EG sind nämlich der Gerichtshof und das Gericht für Streitsachen über Schadensersatz nach Art. 288 Abs. 2 EG zuständig, der genau diese außervertragliche Haftung zum Gegenstand hat. Dabei handelt es sich um eine ausschließliche Zuständigkeit der Gemeinschaftsgerichte (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 13. März 1992, Vreugdenhil/Kommission, C‑282/90, Slg. 1992, I‑1937, Randnr. 14, vom 26. November 2002, First und Franex, C‑275/00, Slg. 2002, I‑10943, Randnr. 43 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie Hanssens-Ensch, Randnr. 17). Diese Gerichte haben das Vorliegen einer Reihe kumulativer Voraussetzungen zu prüfen, und zwar die Rechtswidrigkeit des den Organen vorgeworfenen Verhaltens, das tatsächliche Bestehen des Schadens und die Existenz eines Kausalzusammenhangs zwischen dem behaupteten Verhalten und dem geltend gemachten Schaden, von deren Zusammentreffen die außervertragliche Haftung der Gemeinschaft abhängt (vgl. Urteil vom 9. November 2006, Agraz u. a./Kommission, C‑243/05 P, Slg. 2006, I‑10833, Randnr. 26 und die dort angeführte Rechtsprechung).

61      Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass zur Bestimmung des Gerichts, das für die Entscheidung über eine konkrete Schadensersatzklage gegen die Gemeinschaft zuständig ist, geprüft werden muss, ob die betreffende Klage die vertragliche Haftung der Gemeinschaft oder deren außervertragliche Haftung zum Gegenstand hat (Urteil Hanssens-Ensch, Randnr. 20).

62      In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass der Begriff der außervertraglichen Haftung im Sinne von Art. 235 EG und Art. 288 Abs. 2 EG, der autonomen Charakter hat, unter Berücksichtigung seines Zwecks, eine Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen den Gemeinschaftsgerichten und den einzelstaatlichen Gerichten zu ermöglichen, auszulegen ist.

63      In diesem Kontext müssen die mit einer Schadensersatzklage befassten Gemeinschaftsgerichte, bevor sie über die Begründetheit entscheiden, zunächst ihre Zuständigkeit klären, indem sie eine Prüfung durchführen, mit der der Charakter der geltend gemachten Haftung und damit die Natur des fraglichen Rechtsstreits festgestellt werden soll.

64      Zu diesem Zweck dürfen sich die Gemeinschaftsgerichte nicht einfach auf die von den Parteien angeführten Rechtsvorschriften stützen.

65      Wie die Kommission im Rahmen ihres ersten, in Randnr. 46 des vorliegenden Urteils dargestellten Rechtsmittelgrundes vorträgt, hat der Gerichtshof hierzu nämlich bereits entschieden, dass die bloße Geltendmachung von Rechtsvorschriften, die sich nicht aus dem im konkreten Fall relevanten Vertrag ergeben, aber für die Parteien Geltung haben, nicht bedeuten kann, dass sich die vertragliche Natur des Rechtsstreits ändert und dieser deshalb dem zuständigen Gericht entzogen wird. Wäre dies anders, könnten sich die Natur des Rechtsstreits und damit die gerichtliche Zuständigkeit je nach den von den Parteien geltend gemachten Rechtsvorschriften ändern, was den Vorschriften über die sachliche Zuständigkeit der verschiedenen Gerichte zuwiderliefe (Urteil Guigard/Kommission, Randnr. 43).

66      Die Gemeinschaftsgerichte müssen vielmehr prüfen, ob die Schadensersatzklage, mit der sie befasst sind, einen Schadensersatzanspruch zum Gegenstand hat, dem objektiv und umfassend vertragliche oder außervertragliche Rechte und Pflichten zugrunde liegen. Zu diesem Zweck müssen die Gemeinschaftsgerichte, wie der Generalanwalt in den Nrn. 49 und 50 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, anhand einer Prüfung der verschiedenen Informationen in den Akten, wie insbesondere der Rechtsvorschrift, die verletzt sein soll, der Art des geltend gemachten Schadens, des vorgeworfenen Verhaltens sowie der rechtlichen Beziehungen der betreffenden Parteien, untersuchen, ob zwischen diesen ein echter vertragsrechtlicher Zusammenhang besteht, der mit dem Gegenstand des Rechtsstreits verknüpft ist und dessen eingehende Prüfung sich für die Entscheidung über die Klage als unerlässlich erweist.

67      Wenn sich aus der einleitenden Prüfung der genannten Gesichtspunkte die Notwendigkeit ergibt, den Inhalt eines oder mehrerer zwischen den betreffenden Parteien geschlossener Verträge auszulegen, um festzustellen, ob die Forderungen des Klägers begründet sind, müssen die Gemeinschaftsgerichte, falls die genannten Verträge keine Schiedsklausel enthalten, ihre Prüfung des Rechtsstreits in diesem Stadium beenden und sich für unzuständig erklären. In einem solchen Fall würde die Prüfung der Schadensersatzklage gegen die Gemeinschaft die Beurteilung vertraglicher Rechte und Pflichten mit sich bringen, die gemäß Art. 240 EG der Zuständigkeit der einzelstaatlichen Gerichte nicht entzogen werden darf.

68      Die Begründetheit des ersten Rechtsmittelgrundes der Kommission ist unter Berücksichtigung dieser Grundsätze zu beurteilen.

69      Im vorliegenden Fall hat das Gericht im Rahmen der Prüfung der Zulässigkeit der Klage von Systran und Systran Luxembourg zunächst in Randnr. 60 des angefochtenen Urteils zutreffend festgestellt, dass es zur Feststellung seiner Zuständigkeit nach Art. 235 EG anhand des relevanten Akteninhalts zu prüfen habe, ob dem von Systran und Systran Luxembourg geltend gemachten Schadensersatzanspruch objektiv und umfassend vertragliche Pflichten oder außervertragliche Pflichten zugrunde lägen, die für die Grundlage des Rechtsstreits kennzeichnend seien.

70      Das Gericht hat jedoch in Randnr. 60 weiter ausgeführt, dass sich die relevanten Gesichtspunkte insbesondere aus der Prüfung des Parteivorbringens, aus der Ursache des geltend gemachten Schadens sowie aus dem Inhalt der vertraglichen oder der außervertraglichen Bestimmungen ergeben könnten, die zur Beurteilung der streitigen Frage angeführt würden.

71      In diesem Sinne hat das Gericht in Randnr. 62 des angefochtenen Urteils ausgeführt, dass die Prüfung des Inhalts der verschiedenen Verträge, die zwischen der WTC/Systran-Gruppe und der Kommission von 1975 bis 2002 geschlossen worden seien, zur Prüfung seiner Zuständigkeit gehöre und – als solche – nicht bedeuten könne, dass sich das Wesen des Rechtsstreits ändere, indem ihm eine vertragliche Grundlage gegeben werde. Das Gericht hat deshalb festgestellt, dass es sehr wohl den Inhalt eines Vertrags prüfen könne – wie bei jedem Dokument, auf das sich eine Partei zur Stützung ihres Vorbringens berufe –, um festzustellen, ob dieser Vertrag geeignet sei, die ihm durch Art. 235 EG ausdrücklich zugewiesene sachliche Zuständigkeit in Frage zu stellen, und dass diese Prüfung zur Würdigung der Tatsachen gehöre, die vorgebracht würden, um seine Zuständigkeit darzutun.

72      Darüber hinaus hat das Gericht in Randnr. 63 des angefochtenen Urteils unter vergleichender Bezugnahme auf das Urteil Guigard/Kommission ausgeführt, in der bei ihm anhängigen Rechtssache, in der Systran und Systran Luxembourg sich nur auf die Verletzung außervertraglicher Pflichten stützten, könne die bloße Berufung des Vertragspartners auf vertragliche Pflichten, die nicht das streitige Verhalten beträfen, nicht zur Folge haben, dass sich die außervertragliche Natur des Rechtsstreits ändere und der Rechtsstreit dem zuständigen Gericht entzogen werde.

73      Angesichts dessen hat das Gericht, nachdem es in Randnr. 64 des angefochtenen Urteils klargestellt hatte, dass es Sache der Partei sei, die sich auf die Verletzung einer Verpflichtung berufe, deren Inhalt und deren Anwendbarkeit auf die Umstände des Sachverhalts nachzuweisen, zum einen in den Randnrn. 65 bis 82 dieses Urteils den Inhalt des von Systran und Systran Luxembourg geltend gemachten Schadensersatzanspruchs und insbesondere den Nachweis der Inhaberschaft der Rechte, die verletzt sein sollen, geprüft. Zum anderen hat es in den Randnrn. 84 bis 102 des Urteils anhand einer ausführlichen Untersuchung der zahlreichen zwischen den Parteien von 1975 bis 2002 geschlossenen Verträge die Rechtswidrigkeit des der Kommission vorgeworfenen Verhaltens geprüft, um festzustellen, ob eine vertragliche Erlaubnis vorlag, durch die der Kommission das betreffende Verhalten gestattet wurde.

74      Infolge dieser Untersuchung hat das Gericht die Auffassung vertreten, dass die Kommission nicht über die genannte Erlaubnis verfüge, und hat daher in Randnr. 104 des angefochtenen Urteils das Vorbringen der Kommission, die Klage sei unzulässig, weil sie eine vertragliche Grundlage habe, zurückgewiesen.

75      Dadurch hat das Gericht jedoch Rechtsfehler bei der Anwendung der in den Randnrn. 63 bis 67 des vorliegenden Urteils angeführten Grundsätze für die Bestimmung der gerichtlichen Zuständigkeit im Rahmen von Schadensersatzklagen gegen die Gemeinschaft sowie bei der rechtlichen Qualifizierung der vertraglichen Beziehungen zwischen der WTC/Systran-Gruppe und der Kommission begangen, die dazu geführt haben, dass es die Vorschriften über seine gerichtliche Zuständigkeit, wie sie in Art. 225 Abs. 1 EG, Art. 235 EG und Art. 240 EG festgelegt ist, verletzt hat.

76      Zum einen hat nämlich das Gericht, um festzustellen, ob der bei ihm anhängige Rechtsstreit vertraglicher oder außervertraglicher Natur war, und um damit seine eigene Zuständigkeit zu klären, nicht lediglich untersucht, ob zwischen den Parteien in Anbetracht des Akteninhalts ein echter vertragsrechtlicher Zusammenhang bestand, der mit dem Gegenstand des Rechtsstreits verknüpft war und dessen eingehende Prüfung sich für die Entscheidung über die Begründetheit der Klage als unerlässlich erwies.

77      Das Gericht hat vielmehr in Randnr. 62 des angefochtenen Urteils zu Unrecht festgestellt, dass die spezifische und konkrete Prüfung des Inhalts der verschiedenen zwischen der WTC/Systran-Gruppe und der Kommission von 1975 bis 2002 geschlossenen Verträge zur Prüfung seiner Zuständigkeit gehöre, da der Inhalt eines Vertrags sehr wohl geprüft werden könne, nicht anders als der Inhalt anderer Aktenstücke.

78      Aufgrund dessen hat das Gericht in den Randnrn. 84 bis 102 des angefochtenen Urteils im Rahmen der Prüfung seiner Zuständigkeit den Inhalt der zahlreichen vertraglichen Bestimmungen, die von 1975 bis 2002 die wirtschaftlichen und die Handelsbeziehungen zwischen der WTC/Systran-Gruppe und der Kommission regelten, ausführlich untersucht, um festzustellen, ob diese über eine Erlaubnis verfügte, Informationen, die durch das Urheberrecht und als Know-how von Systran an der Version Systran Unix des maschinellen Übersetzungssystems Systran geschützt waren, an Dritte weiterzugeben. Das Gericht hat nämlich die Auffassung vertreten, dass der vertragliche Charakter der Haftung der Gemeinschaft vom Vorliegen dieser Erlaubnis abhänge. Eine solche Prüfung betrifft jedoch, wie die Kommission im Rahmen ihres ersten Rechtsmittelgrundes zu Recht vorträgt, die Frage, ob das der Kommission vorgeworfene Verhalten rechtmäßig oder rechtswidrig ist, und gehört daher zur Begründetheit und nicht zur einleitenden Feststellung der Natur dieses Rechtsstreits.

79      Zum anderen hat das Gericht in den Randnrn. 84 bis 102 auch bei der rechtlichen Qualifizierung der von 1975 bis 2002 zwischen der WTC/Systran-Gruppe und der Kommission geschlossenen Verträge einen Rechtsfehler begangen, da es unter Berücksichtigung des Akteninhalts angenommen hat, dass sich das Vorliegen dieser Verträge nicht auf die Qualifizierung des Rechtsstreits im Sinne von Art. 235 EG auswirke.

80      Wie das Gericht in den Randnrn. 62 und 63 des angefochtenen Urteils festgestellt hat, genügt es zwar insoweit nicht, irgendeine vertragliche Beziehung mit dem Kläger oder vertragliche Pflichten, die nicht das streitige Verhalten betreffen, geltend zu machen, um die Natur des Rechtsstreits ändern zu können, indem ihm eine vertragliche Grundlage gegeben wird. Das ändert aber nichts daran, dass der Rechtsstreit nicht in die Zuständigkeit der Gemeinschaftsgerichte fällt, wenn angesichts des Inhalts der gegen die Gemeinschaft gerichteten Schadensersatzklage die Auslegung eines oder mehrerer zwischen den betreffenden Parteien geschlossener Verträge unerlässlich erscheint, um festzustellen, ob das den Organen vorgeworfene Verhalten rechtmäßig oder rechtswidrig ist.

81      Wie der Generalanwalt in Nr. 70 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, ist genau dies hier der Fall. Es steht nämlich fest, dass die zahlreichen Vertragsdokumente, auf die sich die Kommission vor dem Gericht berufen und die sie im ersten Rechtsmittelgrund erneut angeführt hat, insbesondere der Vertrag vom 22. Dezember 1975 zwischen ihr und WTC, die von 1976 bis 1987 mit Gesellschaften der WTC‑Gruppe geschlossenen Verträge, von denen die mit Gachot getroffene Vereinbarung über technische Zusammenarbeit vom 18. Januar 1985 besondere Bedeutung hat, der Vertrag über Zusammenarbeit, die mit Gachot 1988 und 1989 geschlossenen Lizenzverträge sowie die Umstellungsverträge, einen echten vertragsrechtlichen Zusammenhang herstellen, der mit dem Gegenstand des Rechtsstreits verknüpft ist und dessen eingehende Prüfung sich als unerlässlich erweist, um die etwaige Rechtswidrigkeit des der Kommission vorgeworfenen Verhaltens festzustellen.

82      Diese Feststellung ergibt sich im Übrigen unmittelbar aus der Lektüre bestimmter Passagen des angefochtenen Urteils, die die Begründetheit betreffen. In den Randnrn. 158, 202 und 216 bis 222 des angefochtenen Urteils hat nämlich das Gericht, um die Rechtswidrigkeit des streitigen Verhaltens festzustellen, selbst ausführlich geprüft, ob sich aus den von der Kommission angeführten Vertragsdokumenten, auf die es in den Randnrn. 181 bis 187 des Urteils Bezug genommen hat, für dieses Organ eine spezifische Erlaubnis zu dem genannten Verhalten ergebe.

83      Nach alledem ist festzustellen, dass das Gericht zu Unrecht angenommen hat, der Rechtsstreit sei außervertraglicher Natur im Sinne von Art. 235 EG und Art. 288 Abs. 2 EG.

84      Deshalb ist dem ersten Rechtsmittelgrund stattzugeben und das angefochtene Urteil, ohne dass es einer Prüfung der weiteren Rechtsmittelgründe bedarf, aufzuheben, da das Gericht die Vorschriften über seine gerichtliche Zuständigkeit, wie sie in Art. 225 Abs. 1 EG, Art. 235 EG und Art. 240 EG festgelegt ist, verletzt hat.

 Zur Klage vor dem Gericht

85      Nach Art. 61 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs kann der Gerichtshof, wenn er die Entscheidung des Gerichts aufhebt, den Rechtsstreit selbst endgültig entscheiden, wenn dieser zur Entscheidung reif ist. Dies ist hier der Fall.

86      Wie sich aus den Randnrn. 78 bis 82 des vorliegenden Urteils ergibt, sind die Gemeinschaftsgerichte für die Entscheidung über die von Systran und Systran Luxembourg erhobene Schadensersatzklage nicht zuständig. Die Klage ist folglich abzuweisen.

 Kosten

87      Nach Art. 184 Abs. 2 der Verfahrensordnung entscheidet der Gerichtshof über die Kosten, wenn das Rechtsmittel begründet ist und er den Rechtsstreit selbst endgültig entscheidet.

88      Nach Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung, der gemäß Art. 184 Abs. 1 der Verfahrensordnung auf das Rechtsmittelverfahren entsprechende Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

89      Da im vorliegenden Fall die Kommission mit ihrem Rechtsmittel obsiegt hat und Systran und Systran Luxembourg mit ihrem Vorbringen im Rahmen der Schadensersatzklage unterlegen sind, sind Letzteren die Kosten sowohl dieses Verfahrens als auch des Verfahrens vor dem Gericht aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Erste Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

1.      Das Urteil des Gerichts der Europäischen Union vom 16. Dezember 2010, Systran und Systran Luxembourg/Kommission (T‑19/07), wird aufgehoben.

2.      Die Klage der Systran SA und der Systran Luxembourg SA in der Rechtssache T‑19/07 wird abgewiesen.

3.      Die Systran SA und die Systran Luxembourg SA tragen die der Europäischen Kommission vor dem Gerichtshof der Europäischen Union und vor dem Gericht der Europäischen Union entstandenen Kosten.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Französisch.