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Rechtsmittel, eingelegt am 16. September 2010 von AstraZeneca AB und AstraZeneca plc gegen das Urteil des Gerichts erster Instanz (Sechste erweiterte Kammer) vom 1. Juli 2010 in der Rechtssache T-321/05, AstraZeneca AB, AstraZeneca plc/Europäische Kommission

(Rechtssache C-457/10 P)

Verfahrenssprache: Englisch

Verfahrensbeteiligte

Rechtsmittelführerinnen: AstraZeneca AB, AstraZeneca plc (Prozessbevollmächtigte: M. Brealey, QC, M. Hoskins QC und D. Jowell, Barristers, sowie F. Murphy, Solicitor)

Andere Verfahrensbeteiligte: European Federation of Pharmaceutical Industries and Associations (EFPIA), Europäische Kommission

Anträge

Die Rechtsmittelführerinnen beantragen,

das Urteil des Gerichts vom 1. Juli 2010 in der Rechtssache T-321/05 aufzuheben;

die Entscheidung C(2005) 1757 final der Kommission vom 15. Juli 2005 (Sache COMP/A.37.507/F3 - AstraZeneca) für nichtig zu erklären;

hilfsweise, die gegen die Rechtsmittelführerinnen in Art. 2 der angefochtenen Entscheidung der Kommission festgesetzte Geldbuße nach freiem Ermessen des Gerichtshofs herabzusetzen;

der Europäischen Kommission die Kosten aufzuerlegen.

Rechtsmittelgründe und wesentliche Argumente

Die Rechtsmittelführerinnen berufen sich auf mehrere Rechtsfehler, die das Urteil enthalte. Diese Fehler werden unter den folgenden Überschriften jeweils zusammenfassend dargestellt:

Bestimmung des relevanten Produktmarkts - Das Gericht habe einen Rechtsfehler begangen, indem es die Feststellungen, die die Kommission zum relevanten Produktmarkt getroffen habe und wonach Protonenpumpeninhibitoren (im Folgenden: PPI) im Zeitraum 1993 bis 2000 einen eigenen Markt gebildet hätten, bestätigt habe. Es werden zwei Rechtsmittelgründe vorgebracht.

Der erste Rechtsmittelgrund besteht aus zwei Hauptteilen. Erstens habe das Gericht einen Fehler begangen, indem es keine zeitliche Beurteilung der Beweise vorgenommen und so den relevanten Produktmarkt von 1993 auf der Grundlage der Wettbewerbssituation von PPI und H2-Blockern im Jahr 2000 festgestellt habe. Zweitens habe das Gericht einen Fehler begangen, indem es mit der Begründung, die mit "Trägheit" beschriebene Verschreibungspraxis der Ärzte sei für die Bestimmung des relevanten Marktes nicht von Bedeutung gewesen, unbeachtet gelassen habe, dass sich der Gebrauch von PPI allmählich erhöht habe.

Der zweite Rechtsmittelgrund besteht darin, dass die Frage der Gesamtkosten einer Behandlung mit H2-Blockern verglichen mit einer solchen mit PPI für jede Berufung auf Preisunterschiede bei der Bestimmung des relevanten Marktes grundlegend sei, und dass das Gericht einen Fehler begangen habe, indem es die Gesamtkosten der Behandlung nicht berücksichtigt habe.

Erster Missbrauch einer beherrschenden Stellung betreffend ergänzende Schutzzertifikate - Die Rechtsmittelgründe zum ersten Missbrauch bestehen aus zwei Hauptteilen. Erstens habe das Gericht einen Rechtsfehler bei der Beurteilung begangen, worin der Leistungswettbewerb bestehe. Es habe bei der Beurteilung, ob die Darstellungen der Rechtsmittelführerin gegenüber den Patentämtern objektiv irreführend gewesen seien, zu Unrecht die Angemessenheit der Auffassung der Rechtsmittelführerin und deren Gutgläubigkeit hinsichtlich ihrer gesetzlichen Ansprüche auf ein ergänzendes Schutzzertifikat als irrelevant zurückgewiesen. Mangelnde Transparenz reiche für die Feststellung eines Rechtsmissbrauchs nicht aus, vielmehr müsse ein Betrug oder eine vorsätzliche Täuschung vorliegen. Zweitens habe das Gericht bei der Beurteilung, worin ein auf eine Beschränkung des Wettbewerbs abzielendes Verhalten bestehe, einen Rechtsfehler begangen. Es habe zu Unrecht festgestellt, dass bereits die Stellung eines Antrags hinsichtlich eines Rechts des geistigen Eigentums, das erst 5 bis 6 Jahre später wirksam werde, unabhängig davon, ob das Recht letztlich gewährt und/oder durchgesetzt werde, ein auf eine Beschränkung des Wettbewerbs abzielendes Verhalten darstelle. Der Grund hierfür liege darin, dass das Verhalten zu sehr von dem angeblich betroffenen Markt abgekoppelt oder entfernt sei.

Zweiter Missbrauch einer beherrschenden Stellung: Rücknahme der Genehmigungen für das Inverkehrbringen - Die Rechtsmittelgründe zum zweiten Missbrauch bestehen aus zwei Hauptteilen. Erstens habe das Gericht einen Rechtsfehler bei der Beurteilung begangen, worin der Leistungswettbewerb bestehe. Das Gericht habe zu Unrecht entschieden, dass die Ausübung eines uneingeschränkten Rechts nach dem Gemeinschaftsrecht einen Verstoß gegen den Leistungswettbewerb darstelle.

Zweitens habe das Gericht einen Rechtsfehler bei der Beurteilung begangen, worin ein auf eine Beschränkung des Wettbewerbs abzielendes Verhalten bestehe. Es habe zu Unrecht festgestellt, dass die bloße Ausübung eines Rechts nach Gemeinschaftsrecht auf eine Beschränkung des Wettbewerbs abziele. Hilfsweise, sollte der Gerichtshof der Ansicht sein, dass die Ausübung eines vom Gemeinschaftsrecht gewährten Rechts grundsätzlich zu einem Missbrauch führen könne, müsse für die Feststellung eines Missbrauchs mehr vorliegen, als eine bloße Tendenz zur Wettbewerbsverzerrung. Die Rechtsmittelführerinnen tragen vor, dass die Kommission aufgefordert werden solle, zu beweisen, dass die Ausübung des ihnen rechtmäßig zustehenden Rechts geeignet sei, einen wirksamen Wettbewerb auszuschließen. Dies entspräche den Voraussetzungen in Zwangslizenzen betreffenden Fällen, um die es beim zweiten Missbrauch tatsächlich gehe.

Bußgelder - Das Gericht habe Art. 15 Abs. 2 der Verordnung 171 falsch angewandt, indem es die Bemessung der Geldbuße durch die Kommission unbeanstandet gelassen und der Neuheit der angeblichen Missbräuche, dem Fehlen jeglicher materieller Auswirkungen auf den Markt und anderen mildernden Umstände nicht ordnungsgemäß Rechnung getragen habe.

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1 - EWG Rat: Verordnung Nr. 17: Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln 85 und 86 des Vertrages (ABl. 13 vom 21.2.1962, S. 204-211).