Language of document : ECLI:EU:C:2011:194

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

PAOLO MENGOZZI

vom 31. März 2011(1)

Rechtssache C‑195/09

Synthon BV

gegen

Merz Pharma GmbH & Co KGaA

(Vorabentscheidungsersuchen des High Court of Justice, Chancery Division [Vereinigtes Königreich])

„Verordnung Nr. 1768/92 – Ergänzendes Schutzzertifikat – Bedingungen für die Erteilung – Begriff der ersten Genehmigung für das Inverkehrbringen“





1.        Gemäß der gemeinschaftsrechtlichen Harmonisierungsregelung über Arzneimittel kann ein solches nur nach einem langen Genehmigungsverfahren, das dem Schutz der Volksgesundheit dient, in den Verkehr gebracht werden. Dies kann dazu führen, dass die tatsächliche Verwertung von Patenten für Arzneimittel erst mehrere Jahre nach ihrer Erteilung beginnen kann. Das durch die Verordnung Nr. 1768/92(2) eingeführte ergänzende Schutzzertifikat hat zum Ziel, die Aushöhlung des ausschließlichen Rechts zur Verwertung dieser Patente zu begrenzen.(3)

2.        In der vorliegenden Rechtssache sind vier Vorlagefragen gestellt worden, die die Auslegung der Art. 13 und 19 der genannten Verordnung betreffen. Diese Fragen stellen sich im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Synthon B.V. (im Folgenden: Synthon) und der Merz Pharma GmbH & Co. KGaA (im Folgenden: Merz) und betreffen die Gültigkeit und die Dauer eines Schutzzertifikats, das Letzterer vom Patentamt des Vereinigten Königreichs für einen Wirkstoff erteilt wurde, der schon seit mehreren Jahren im Verkehr war, wenn auch als Bestandteil eines Arzneimittels für andere therapeutische Zwecke als die im Grundpatent angegebenen. Im Wesentlichen bittet das vorlegende Gericht den Gerichtshof um Klarstellung, ob Genehmigungen für das Inverkehrbringen dieses Arzneimittels, die Merz in zwei Mitgliedstaaten ohne Durchführung der durch die gemeinschaftsrechtliche Harmonisierungsregelung vorgeschriebenen Unschädlichkeits- und Wirksamkeitsprüfungen erteilt wurden, für die Prüfung der Gültigkeit und Dauer des Merz erteilten Schutzzertifikats in Betracht gezogen werden müssen.

I –    Rechtlicher Rahmen

A –    Gemeinschaftsrecht

1.      Die Richtlinien 65/65/EWG und 75/319/EWG

3.        Die Richtlinie 65/65/EWG des Rates vom 26. Januar 1965 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften über Arzneispezialitäten(4) sah in Art. 3 der auf den vorliegenden Sachverhalt anzuwendenden Fassung(5) vor, dass eine Arzneispezialität(6) in einem Mitgliedstaat erst dann in den Verkehr gebracht werden durfte, wenn die zuständige Behörde dieses Mitgliedstaats die Genehmigung dafür erteilt hatte.

4.        Eine solche Genehmigung musste von der für das Inverkehrbringen verantwortlichen Person bei der zuständigen Behörde des Mitgliedstaats beantragt werden; dem Antrag waren die in Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie aufgeführten Angaben und Unterlagen beizufügen. Außer den Angaben über die Zusammensetzung nach Art und Menge der Bestandteile der Arzneispezialität, den kurz gefassten Angaben über die Zubereitungsweise, den Heilanzeigen, Gegenanzeigen und Nebenwirkungen, der Dosierung und der Beschreibung der vom Hersteller angewandten Kontrollmethoden, bezog Art. 4 Nr. 8 der Richtlinie in die Angaben und Unterlagen, die dem Antrag beizufügen waren, auch die Ergebnisse von Versuchen physikalisch-chemischer, biologischer oder mikrobiologischer, pharmakologischer und toxikologischer sowie ärztlicher oder klinischer Art ein.

5.        Die Richtlinie 75/319(7) stellte Regeln für die Prüfung des Antrags auf Genehmigung für das Inverkehrbringen durch die Mitgliedstaaten auf. Diese schlossen insbesondere die Möglichkeit ein, die Arzneispezialität einem staatlichen Laboratorium zur Kontrolle vorzulegen und ergänzende Angaben und Unterlagen zu verlangen.

6.        Art. 5 der Richtlinie bestimmt:

„Die Genehmigung nach Artikel 3 wird versagt, wenn sich nach Prüfung der in Artikel 4 aufgeführten Angaben und Unterlagen ergibt, entweder dass das Arzneimittel bei bestimmungsgemäßem Gebrauch schädlich ist oder dass seine therapeutische Wirksamkeit fehlt oder vom Antragsteller unzureichend begründet ist oder dass das Arzneimittel nicht die angegebene Zusammensetzung nach Art und Menge aufweist.“

7.        Art. 24 der Richtlinie bestimmt in der durch Art. 37 der Richtlinie 75/319 geänderten Fassung:

„Die in dieser Richtlinie vorgesehene Regelung wird auf Arzneispezialitäten, für die eine Genehmigung für das Inverkehrbringen auf Grund früherer Vorschriften erteilt worden ist, innerhalb der Fristen und zu den Bedingungen schrittweise angewandt, die in Artikel 39 Absatz 2 und 3 der zweiten Richtlinie 75/319/EWG vorgesehen sind.“

8.        Art. 39 Abs. 2 und 3 der Richtlinie 75/319 bestimmt:

„(2) Die übrigen Bestimmungen dieser Richtlinie werden auf Arzneispezialitäten, die auf Grund früherer Vorschriften in den Verkehr gebracht worden sind, binnen 15 Jahren nach der Bekanntgabe gemäß Artikel 38 schrittweise angewandt.

(3) Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission binnen drei Jahren nach Bekanntgabe dieser Richtlinie die Anzahl der unter Absatz 2 fallenden Arzneispezialitäten mit und in jedem folgenden Jahr die Anzahl dieser Arzneispezialitäten, für die die Genehmigung für das Inverkehrbringen gemäß Artikel 3 der Richtlinie 65/65/EWG noch nicht erteilt worden ist.“

9.        Art. 22 der Richtlinie 65/65 bestimmt: „Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um dieser Richtlinie binnen achtzehn Monaten nach ihrer Bekanntgabe[(8)] nachzukommen, und setzen die Kommission hiervon unverzüglich in Kenntnis.“

2.      Die Verordnung Nr. 1768/92

10.      Der Zweck der zeitlichen Ausdehnung des Patentschutzes für Arzneimittel wird in den Erwägungsgründen der Verordnung Nr. 1768/92(9) (im Folgenden: Verordnung) deutlich. So heißt es in den Erwägungsgründen 3, 4, 6 und 7:

„Derzeit wird durch den Zeitraum zwischen der Einreichung einer Patentanmeldung für ein neues Arzneimittel und der Genehmigung für das Inverkehrbringen desselben Arzneimittels der tatsächliche Patentschutz auf eine Laufzeit verringert, die für die Amortisierung der in der Forschung vorgenommenen Investitionen unzureichend ist.

Diese Tatsache führt zu einem unzureichenden Schutz, der nachteilige Auswirkungen auf die pharmazeutische Forschung hat.

Auf Gemeinschaftsebene ist eine einheitliche Lösung zu finden, um auf diese Weise einer heterogenen Entwicklung der nationalen Rechtsvorschriften vorzubeugen, die neue Unterschiede zur Folge hätte, welche geeignet wären, den freien Verkehr von Arzneimitteln innerhalb der Gemeinschaft zu behindern und dadurch die Schaffung und das Funktionieren des Binnenmarktes unmittelbar zu beeinträchtigen.

Es ist deshalb notwendig, ein ergänzendes Schutzzertifikat für Arzneimittel, deren Vermarktung genehmigt ist, einzuführen, das der Inhaber eines nationalen oder europäischen Patents unter denselben Voraussetzungen in jedem Mitgliedstaat erhalten kann. Die Verordnung ist deshalb die geeignetste Rechtsform.“

11.      Art. 1 der Verordnung lautet:

„Im Sinne dieser Verordnung ist:

a) Arzneimittel: ein Stoff oder eine Stoffzusammensetzung, der (die) als Mittel zur Heilung oder zur Verhütung menschlicher oder tierischer Krankheiten bezeichnet wird, sowie ein Stoff oder eine Stoffzusammensetzung, der (die) dazu bestimmt ist, im oder am menschlichen oder tierischen Körper zur Erstellung einer ärztlichen Diagnose oder zur Wiederherstellung, Besserung oder Beeinflussung der menschlichen oder tierischen Körperfunktionen angewandt zu werden;

b) Erzeugnis: der Wirkstoff oder die Wirkstoffzusammensetzung eines Arzneimittels;

c) Grundpatent: ein Patent, das ein Erzeugnis im Sinne des Buchstabens b) als solches, ein Verfahren zur Herstellung eines Erzeugnisses oder eine Verwendung eines Erzeugnisses schützt und das von seinem Inhaber für das Verfahren zur Erteilung eines Zertifikats bestimmt ist.“

12.      Art. 2 („Anwendungsbereich“) bestimmt:

„Für jedes im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats durch ein Patent geschützte Erzeugnis, das vor seinem Inverkehrbringen als Arzneimittel Gegenstand eines verwaltungsrechtlichen Genehmigungsverfahrens gemäß der Richtlinie 65/65/EWG … ist, kann nach den in dieser Verordnung festgelegten Bedingungen und Modalitäten ein Zertifikat erteilt werden.“

13.      Art. 3 („Bedingungen für die Erteilung des Zertifikats“) der Verordnung lautet:

„Das Zertifikat wird erteilt, wenn in dem Mitgliedstaat, in dem die Anmeldung nach Artikel 7 eingereicht wird, zum Zeitpunkt dieser Anmeldung:

a) das Erzeugnis durch ein in Kraft befindliches Grundpatent geschützt ist;

b) für das Erzeugnis als Arzneimittel eine gültige Genehmigung für das Inverkehrbringen gemäß der Richtlinie 65/65/EWG … erteilt wurde. … Im Sinne des Artikels 19 Absatz 1 wird eine nach den innerstaatlichen Rechtsvorschriften Österreichs, Finnlands oder Schwedens erteilte Zulassung nämlich als eine gemäß der Richtlinie 65/65 erteilte Zulassung angesehen.

c) für das Erzeugnis nicht bereits ein Zertifikat erteilt wurde;

d) die unter Buchstabe b) erwähnte Genehmigung die erste Genehmigung für das Inverkehrbringen dieses Erzeugnisses als Arzneimittel ist.“

14.      Art. 4 bestimmt, dass sich der durch das Zertifikat gewährte Schutz allein auf das Erzeugnis erstreckt, das von der Genehmigung für das Inverkehrbringen des entsprechenden Arzneimittels erfasst wird, und zwar auf diejenigen Verwendungen des Erzeugnisses als Arzneimittel, die vor Ablauf des Zertifikats genehmigt wurden.

15.      Gemäß Art. 7 Abs. 1 und 2 der Verordnung muss die Anmeldung des Zertifikats innerhalb einer Frist von sechs Monaten, gerechnet ab dem Zeitpunkt, zu dem die Genehmigung für das Inverkehrbringen oder, wenn zeitlich danach erfolgt, das Grundpatent erteilt wurde, eingereicht werden.

16.      Art. 8 Abs. 1 Buchst. a, b und c der Verordnung bestimmt:

„(1) Die Zertifikatsanmeldung muss enthalten:

a)      einen Antrag auf Erteilung eines Zertifikats, wobei insbesondere anzugeben sind:

iii) Nummer des Grundpatents sowie Bezeichnung der Erfindung;

iv) Nummer und Zeitpunkt der ersten Genehmigung für das Inverkehrbringen des Erzeugnisses gemäß Artikel 3 Buchstabe b) sowie, falls diese nicht die erste Genehmigung für das Inverkehrbringen in der Gemeinschaft ist, auch Nummer und Zeitpunkt der letztgenannten Genehmigung;

b)      eine Kopie der Genehmigung für das Inverkehrbringen gemäß Artikel 3 Buchstabe b), aus der die Identität des Erzeugnisses ersichtlich ist und die insbesondere Nummer und Zeitpunkt der Genehmigung sowie die Zusammenfassung der Merkmale des Erzeugnisses gemäß Artikel 4a der Richtlinie 65/65/EWG … enthält;

c)      falls die Genehmigung nach Buchstabe b) nicht die erste Genehmigung für das Inverkehrbringen dieses Erzeugnisses als Arzneimittel in der Gemeinschaft ist, die Angabe der Identität des so genehmigten Erzeugnisses und der Rechtsvorschrift, auf deren Grundlage dieses Genehmigungsverfahren durchgeführt wurde, sowie eine Kopie der betreffenden Stelle des amtlichen Mitteilungsblatts, in dem die Genehmigung veröffentlicht wurde.“

17.      Gemäß Art. 9 Abs. 1 der Verordnung ist die Zertifikatsanmeldung bei der für den gewerblichen Rechtsschutz zuständigen Behörde des Mitgliedstaats einzureichen, in dem das Grundpatent erteilt wurde oder mit Wirkung für den das Grundpatent erteilt worden ist und in dem die Genehmigung für das Inverkehrbringen nach Art. 3 Buchst. b erlangt wurde. Abs. 2 bestimmt, dass ein Hinweis auf die Zertifikatsanmeldung von der genannten Behörde bekannt gemacht wird und dass der Hinweis neben anderen Angaben Nummer und Zeitpunkt der Genehmigung für das Inverkehrbringen gemäß Art. 3 Buchst. b sowie das durch die Genehmigung identifizierte Erzeugnis (Art. 9 Abs. 1 Buchst. d) und gegebenenfalls Nummer und Zeitpunkt der ersten Genehmigung für das Inverkehrbringen in der Gemeinschaft (Art. 9 Abs. 1 Buchst. e) enthalten muss. Die Bekanntmachung des Hinweises auf die Erteilung des Zertifikats muss gemäß Art. 11 dieselben Angaben enthalten.

18.      Art. 13 („Laufzeit des Zertifikats“) der Verordnung bestimmt in den Abs. 1 und 2:

„(1) Das Zertifikat gilt ab Ablauf der gesetzlichen Laufzeit des Grundpatents für eine Dauer, die dem Zeitraum zwischen der Einreichung der Anmeldung für das Grundpatent und dem Zeitpunkt der ersten Genehmigung für das Inverkehrbringen in der Gemeinschaft entspricht, abzüglich eines Zeitraums von fünf Jahren.

(2) Ungeachtet des Absatz 1 beträgt die Laufzeit des Zertifikats höchstens fünf Jahre vom Zeitpunkt seines Wirksamwerdens an.“

19.      Art. 15 der Verordnung führt die Gründe für die Nichtigkeit des Zertifikats auf. Abs. 1 lautet:

„(1) Das Zertifikat ist nichtig,

a)      wenn es entgegen den Vorschriften des Artikels 3 erteilt wurde;

b)      wenn das Grundpatent vor Ablauf seiner gesetzlichen Laufzeit erloschen ist;

c)      wenn das Grundpatent für nichtig erklärt oder derartig beschränkt wird, dass das Erzeugnis, für welches das Zertifikat erteilt worden ist, nicht mehr von den Ansprüchen des Grundpatents erfasst wird, oder wenn nach Erlöschen des Grundpatents Nichtigkeitsgründe vorliegen, die die Nichtigerklärung oder Beschränkung gerechtfertigt hätten.“

20.      Schließlich enthielt Art. 19 Abs. 1 in seiner ursprünglichen Fassung(10) die folgende Übergangsregelung:

„Für jedes Erzeugnis, das zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Verordnung durch ein in Kraft befindliches Grundpatent geschützt ist und für das als Arzneimittel eine erste Genehmigung für das Inverkehrbringen in der Gemeinschaft nach dem 1. Januar 1985 erteilt wurde, kann ein Zertifikat erteilt werden.“

B –    Nationales Recht

21.      In Deutschland wurde die Richtlinie 65/65 durch das Gesetz zur Neuordnung des Arzneimittelrechts vom 24. August 1976 (im Folgenden: AMG 1976) umgesetzt. Vorbehaltlich einer Anzeigepflicht behielten nach Art. 3 § 7 dieses Gesetzes Arzneimittel, die am 1. September 1976, dem Tag der Verkündung des Gesetzes, und auch noch am 1. Januar 1978, dem Tag des Inkrafttretens des Gesetzes, im Verkehr waren, automatisch für zwölf Jahre ihre Genehmigung. Nach dem vorher geltenden Recht war für das Inverkehrbringen keine Prüfung der Wirksamkeit und/oder Unschädlichkeit vorgeschrieben.

22.      In Luxemburg wurde die Richtlinie durch Großherzogliche Verordnung vom 29. April 1983 zur Durchführung des Gesetzes vom 11. April 1983 über das Inverkehrbringen von und die Werbung für Arzneispezialitäten und vorgefertigte Arzneimittel umgesetzt. Art. 3 dieses Gesetzes unterwirft das Inverkehrbringen einer Arzneispezialität oder eines vorgefertigten Arzneimittels einer Genehmigung durch das Gesundheitsministerium.

II – Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

23.      Memantin befand sich in Deutschland vor dem 1. September 1976 unter dem Namen Akatinol(11) unter Beachtung des zu diesem Zeitpunkt geltenden Rechts im Verkehr. Auf Antrag von Merz, der Beklagten des Ausgangsverfahrens, wurde das Inverkehrbringen nach Art. 3 § 7 AMG 1976 genehmigt. Diese Genehmigung vom 26. Juni 1976 lief am 1. Januar 1990 aus (im Folgenden: deutsche Genehmigung)(12). Anscheinend blieb Akatinol jedoch in Deutschland bis zum 9. Juli 2002 im Verkehr.

24.      Am 30. Juni 1983 beantragte Merz für Memantin eine Genehmigung für das Inverkehrbringen in Luxemburg. Diese Genehmigung wurde vom luxemburgischen Gesundheitsministerium am 19. September 1983 erteilt. Obwohl die oben in Nr. 22 erwähnte Großherzogliche Verordnung bereits in Kraft war, wurde die Genehmigung ohne Durchführung der durch die Richtlinie 65/65 vorgeschriebenen Unschädlichkeits- und Wirksamkeitsprüfung unter alleiniger Bezugnahme auf die frühere deutsche Genehmigung erteilt (im Folgenden: luxemburgische Genehmigung).

25.      Am 14. April 1989 meldete Merz ein europäisches Patent für Memantinchlorid an. Den schriftlichen Erklärungen von Merz zufolge bezog sich dieser Antrag auf zwei verschiedene Verwendungen der Derivate von Adamantan (zum einen für die Herstellung von Arzneimitteln zur Behandlung der Verletzung von Gehirnzellen infolge einer zerebralen Ischämie und zum anderen für die Herstellung eines Arzneimittels für die Behandlung der Alzheimer-Krankheit). Memantinchlorid ist ein Derivat von Adamantan. Das Patent wurde am 15. September 1993 erteilt und lief am 13. April 2009 aus (im Folgenden: Grundpatent). In der Vorlageentscheidung wird klargestellt, dass der Grund für die Erteilung dieses Patents trotz der Tatsache, dass Memantin schon früher im Handel erhältlich war, eine zweite medizinische Indikation war.

26.      Am 15. Mai 2002 erteilte die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) der H. Lundbeck A/S, Lizenzträger von Merz, eine Reihe von Genehmigungen für das Inverkehrbringen im Gemeinschaftsgebiet von Memantinchlorid und Ebixa zur Behandlung der Alzheimer-Krankheit (im Folgenden zusammen: Genehmigung von 2002). Die deutsche und die luxemburgische Genehmigung wurden danach aufgehoben.

27.      Am 13. November 2002 beantragte Merz beim Patent Office im Vereinigten Königreich ein ergänzendes Schutzzertifikat und gab dabei das Grundpatent und die Genehmigung von 2002 an. Das Zertifikat wurde am 14. August 2003 für den Zeitraum von fünf Jahren ab Ablauf des Grundpatents erteilt (im Folgenden: Merz-Zertifikat oder streitiges Zertifikat). Seine Laufzeit begann folglich am 14. April 2009 und endet am 13. April 2014.

28.      Synthon, Herstellerin von Generika, klagte vor dem High Court of Justice, Chancery Division, Patents Court, und beantragte die Nichtigerklärung des Merz-Zertifikats oder die Feststellung, dass es eine Nulllaufzeit hat.

29.      Mit ihrer Klage macht Synthon geltend, dass die Genehmigung von 2002 nicht die erste Genehmigung für das Inverkehrbringen von Memantin als Arzneimittel sei, da dieses schon 1983 in Luxemburg als Komponente von Akatinol zugelassen worden sei. Das Merz-Zertifikat sei daher nichtig, da es nicht die Voraussetzungen des Art. 3 der Verordnung erfülle, oder habe, hilfsweise, eine Nulllaufzeit in Anwendung des Art. 13 der Verordnung, da der Zeitpunkt der ersten Genehmigung für das Inverkehrbringen in der Gemeinschaft vor dem Zeitpunkt der Anmeldung des Patents liege. Wiederum hilfsweise hält Synthon das Zertifikat für nichtig, weil die erste Genehmigung für das Inverkehrbringen in der Gemeinschaft vor dem 1. Januar 1985 in Widerspruch zu Art. 19 Abs.1 der Verordnung erteilt worden sei bzw. weil Memantin unter Verletzung der Art. 2 und 3 der Verordnung als Arzneimittel in Verkehr gebracht worden sei, bevor eine der Richtlinie 65/65 konforme Genehmigung vorgelegen habe.

30.      Das vorlegende Gericht hegt im Rahmen der Entscheidung über diese Klage Zweifel über die richtige Auslegung einiger Vorschriften der Verordnung und hat daher die folgenden vier Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1.      Ist eine Genehmigung eine „erste Genehmigung für das Inverkehrbringen in der Gemeinschaft“ im Sinne der Art. 13 und 19 der Verordnung Nr. 1768/92, wenn sie gemäß nationalen Vorschriften erteilt wird, die der Richtlinie 65/65 konform sind, oder muss darüber hinaus festgestellt werden, dass die nationale Behörde bei Erteilung der betreffenden Genehmigung eine Beurteilung der Daten gemäß dem in der genannten Richtlinie vorgesehenen verwaltungsrechtlichen Verfahren vorgenommen hat?

2.      Umfasst der Begriff „erste Genehmigung für das Inverkehrbringen in der Gemeinschaft“ im Sinne der Art. 13 und 19 der Verordnung Nr. 1768/92 Genehmigungen, die nach nationalem Recht parallel zu einer Genehmigungsregelung bestehen durften, die der Richtlinie 65/65 konform ist?

3.      Fällt ein Erzeugnis, dessen erstmaliges Inverkehrbringen in der Gemeinschaft ohne Durchführung des Verwaltungsverfahrens gemäß der Richtlinie 65/65 zugelassen ist, in den Anwendungsbereich der Verordnung Nr. 1768/92 im Sinne von Art. 2 dieser Verordnung?

4.      Falls nein, ist ein für ein solches Erzeugnis erteiltes ergänzendes Schutzzertifikat nichtig?

III – Verfahren vor dem Gerichtshof

31.      Synthon, Merz und die Kommission haben Erklärungen gemäß Art. 23 Abs. 2 der Satzung des Gerichtshofs abgegeben und sind in der Verhandlung am 9. Dezember 2010 angehört worden.

IV – Würdigung

32.      Die dritte und die vierte Vorlagefrage betreffen den materiellen Anwendungsbereich der Verordnung und werfen ein Problem auf, das vorrangig gegenüber den anderen Vorlagefragen ist. Deshalb prüfe ich diese Fragen zuerst.

A –    Dritte und vierte Vorlagefrage

33.      Mit der dritten und der vierten Vorlagefrage bittet das vorlegende Gericht den Gerichtshof im Wesentlichen um Klärung, ob einerseits Erzeugnisse in den Anwendungsbereich der Verordnung im Sinne ihres Art. 2 fallen, für die eine Genehmigung für das Inverkehrbringen gemäß der Richtlinie 65/65 nach ihrem erstmaligen Inverkehrbringen erteilt wurde, und ob andererseits, falls dies verneint wird, ein für solche Erzeugnisse erteiltes ergänzendes Schutzzertifikat nichtig im Sinne der Verordnung ist.

34.      Nach Auffassung von Merz fallen nur die Genehmigungen in den Anwendungsbereich der Verordnung, die in dem Mitgliedstaat, in dem das ergänzende Schutzzertifikat beantragt wurde, der Richtlinie 65/65 konform erteilt worden sind. Ein Erzeugnis, das erstmals in der Gemeinschaft ohne Durchführung des in der Verordnung vorgesehenen Verfahrens in den Verkehr gebracht worden sei, wie es bei Memantin der Fall sei, falle in den Anwendungsbereich der Verordnung, wenn es in dem betroffenen Mitgliedstaat von einem Patent gedeckt sei und vor seinem Inverkehrbringen in diesem Mitgliedstaat einem Verwaltungsverfahren im Sinne der Richtlinie 65/65 unterzogen worden sei. Synthon und das vorlegende Gericht sind dagegen der Auffassung, dass Memantin nicht in den Anwendungsbereich der Verordnung falle, da es bereits vor der Erteilung einer der Richtlinie 65/65 konformen Genehmigung im Verkehr gewesen sei.

35.      Im Sinne von Art. 2 der Verordnung kann für „jedes im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats durch ein Patent geschützte Erzeugnis, das vor seinem Inverkehrbringen als Arzneimittel Gegenstand eines verwaltungsrechtlichen Genehmigungsverfahrens gemäß der Richtlinie 65/65/EWG ist“, ein Zertifikat erteilt werden.

36.      Im Wesentlichen wird der Gerichtshof um Klarstellung gebeten, ob dieser Artikel sich auf das Inverkehrbringen in dem Mitgliedstaat, in dem das ergänzende Schutzzertifikat beantragt wurde, so Merz, oder auf das erste Inverkehrbringen in der Gemeinschaft, so Synthon, bezieht.(13)

37.      Eine Entscheidung zwischen den beiden vorgeschlagenen Auslegungsmöglichkeiten, die sich auf Wortlaut- und/oder systematische Argumente gründen, scheint nicht einfach, da es, wie schon die Parteien des Ausgangsverfahrens und das vorlegende Gericht hervorgehoben haben, Anhaltspunkte sowohl für die eine als auch für die entgegengesetzte Auslegung gibt.

38.      Insbesondere trifft es zu, wie Merz ausführt, dass Art. 2 sich auf Erzeugnisse bezieht, die in einem Mitgliedstaat durch ein Patent geschützt sind, so dass der Schluss logisch wäre, dass, wann immer in diesem Artikel vom Inverkehrbringen eines Erzeugnisses die Rede ist, damit das Inverkehrbringen in diesem Mitgliedstaat gemeint sei. Allgemeiner betrachtet stünde diese Auslegung im Einklang mit der Konzeption des ergänzenden Schutzzertifikats als nationales Instrument zum Schutz des geistigen Eigentums.

39.      Jedoch trifft es auch zu, dass bei einer Auslegung des Begriffs „Inverkehrbringen“ im Sinne von Merz Art. 2 letztlich eine unnütze Wiederholung des Art. 3 wäre, während es logisch erscheint, Ersteren als eine Vorschrift anzusehen, die den Anwendungsbereich der Verordnung bestimmt und ihn auf „neue Erzeugnisse“(14) beschränkt, also auf Erzeugnisse, die vor ihrem Inverkehrbringen in der Gemeinschaft Gegenstand eines Verfahrens gemäß der Richtlinie 65/65 gewesen sind, und Letzteren als eine Norm, die die Voraussetzungen für die Erteilung eines Schutzzertifikats festlegt.

40.      Unter diesen Umständen muss die vom vorlegenden Gericht gestellte Auslegungsfrage im Licht der mit der Verordnung verfolgten Ziele beantwortet werden.

41.      Aus den Erwägungsgründen der Verordnung (insbesondere den Erwägungsgründen 2 bis 4) geht deutlich das Ziel hervor, der Verringerung der Laufzeit des ausschließlichen Patentschutzes entgegenzuwirken, die infolge der Durchführung des verwaltungsrechtlichen Genehmigungsverfahrens entsteht, das das Inverkehrbringen des Erzeugnisses und damit den Beginn der wirtschaftlichen Verwertung des Patents verzögert. Der Gemeinschaftsgesetzgeber wollte der pharmazeutischen Industrie in der Gemeinschaft ein Instrument zur Verfügung stellen, das eine angemessene Amortisierung der für die Forschung notwendigen Investitionen gewährleistet, und damit den Wettbewerbsnachteil gegenüber der Industrie von Drittstaaten ausgleichen.

42.      Gleichzeitig ist das Regelwerk der Verordnung deutlich das Ergebnis einer Abwägung der unterschiedlichen Interessen der Arzneimittelhersteller und ihrer Lizenzträger einerseits und der Hersteller von Generika, die den Preiswettbewerb auf dem Gebiet der Arzneimittel ankurbeln, andererseits. Konsequenz dieser Abwägung ist die Festlegung einer Höchstlaufzeit für das ausschließliche Verwertungsrecht, das sich aus dem Zusammentreffen von Patent und Schutzzertifikat ergibt, die unter der Höchstlaufzeit des Patents liegt (15 statt 20 Jahre).

43.      Die Rechtsprechung des Gerichtshofs zeigt die Tendenz, die durch diese Interessenabwägung geschaffene Struktur beizubehalten. Diese garantiert einerseits, dass die Funktion der Verordnung als Schutzinstrument der auf Forschung beruhenden pharmazeutischen Industrie durch Garantie des Nutzeffekts gewahrt bleibt(15), und wacht andererseits darüber, dass der Schutz nicht über die von der Verordnung gesteckten Ziele hinausgeht.(16)

44.      Des Weiteren verfolgt die Verordnung das Ziel einer einheitlichen Lösung des Problems des unzureichenden Patentschutzes auf Gemeinschaftsebene, um auf diese Weise einer heterogenen Entwicklung der nationalen Rechtsvorschriften vorzubeugen. Wie Generalanwalt Jacobs hervorgehoben hat, ist „[d]iese Einheitlichkeit … das vermutlich bedeutsamste Ergebnis des durch die Verordnung eingeführten Zertifikats“(17).

45.      Im Licht aller in den vorstehenden Absätzen dargestellten Argumente ziehe ich die von Synthon vorgeschlagene Theorie vor. Meiner Auffassung nach stünde es nämlich nicht im Einklang mit den Zielen der Verordnung, den Schutz des Zertifikats auf Erzeugnisse auszuweiten, die bereits vor Erteilung einer der Richtlinie 65/65 konformen Genehmigung aufgrund anderer Zulassungen(18) im Verkehr waren.

46.      Zum einen erscheint es nicht gerechtfertigt, diesen Schutz auf Erzeugnisse zu erstrecken, die zwar in dem Mitgliedstaat der Anmeldung des Zertifikats von einem Patent gedeckt sind und in diesem Staat erst nach Erteilung einer dem einschlägigen Gemeinschaftsrecht konformen Genehmigung für das Inverkehrbringen in den Verkehr gebracht wurden, aber bereits anderweit im Gebiet der Gemeinschaft aufgrund sonstiger Zulassungen ohne Durchführung der vom Gemeinschaftsrecht vorgeschriebenen Kontrollen im Verkehr waren. Insoweit ist es irrelevant, ob für diese Erzeugnisse zum Zeitpunkt ihres ersten Inverkehrbringens ein ausschließliches Verwertungsrecht bestand.(19)

47.      Zum anderen könnte, gewährte man auch unter diesen Umständen den durch die Verordnung gewährten Schutz, der Zeitraum des ausschließlichen Verwertungsrechts für ein durch ein Patent geschütztes Erzeugnis, der mit dem ersten Inverkehrbringen des Erzeugnisses in der Gemeinschaft begonnen hat, im Einzelfall die zwanzigjährige Laufzeit des Patents übersteigen.

48.      Ich bin nicht der Meinung, dass sich allein aus dem nationalen Charakter des Zertifikats eine andere Lösung herleiten lässt. Zweifellos bezweckt die Verordnung die Schaffung eines nationalen Instruments zum Schutz des geistigen Eigentums, dennoch ist, wie dargelegt, eines ihrer Hauptziele die Einheitlichkeit der im Gemeinschaftsgebiet erteilten Zertifikate, insbesondere im Hinblick auf ihre Laufzeit und die gesamte zeitliche Ausdehnung des Ausschließlichkeitsrechts. Folgte man der von Merz vertretenen Auffassung, würde dieses Ziel geschwächt, und zwar nicht nur aus den schon angeführten Gründen, sondern auch weil diese Auffassung die Möglichkeit impliziert, für dasselbe Erzeugnis in bestimmten Mitgliedstaaten (in denen vor dem Inverkehrbringen in diesem Staat eine dem Gemeinschaftsrecht konforme Genehmigung für das Inverkehrbringen erteilt worden ist) ein Zertifikat zu erhalten, in anderen (in denen das Erzeugnis schon zuvor aufgrund anderer Zulassungen in Verkehr war) dagegen nicht.

49.      Zudem würde die von Merz vertretene Auslegung zu einer Ungleichbehandlung zwischen Erzeugnissen führen, die vor dem in Art. 19 der Verordnung festgelegten Datum in den Verkehr gebracht wurden. Für die Erzeugnisse, für die bereits vor diesem Datum eine der Richtlinie 65/65 konforme Genehmigung für das Inverkehrbringen erteilt worden war, könnte nach der genannten Vorschrift kein Zertifikat mehr beantragt werden. Im Gegensatz dazu würde dieser Ausschluss nicht für Erzeugnisse gelten, die vor dem in Art. 19 der Verordnung festgelegten Datum aufgrund anderer Zulassungen im Verkehr waren und für die eine der Richtlinie 65/65 konforme Genehmigung für das Inverkehrbringen erst nach diesem Datum erlangt wurde.

50.      Aufgrund der vorstehenden Überlegungen bin ich der Auffassung, dass Art. 2 der Verordnung in dem Sinne ausgelegt werden muss, dass Erzeugnisse, die im Gemeinschaftsgebiet zeitlich vor der Erteilung einer dem geltenden Gemeinschaftsrecht konformen Genehmigung in den Verkehr gebracht worden sind, nicht in den Anwendungsbereich der Verordnung fallen. Da das im Ausgangsfall streitige Zertifikat für ein Erzeugnis erlassen wurde, dass nicht vom Anwendungsbereich der Verordnung umfasst ist, muss es als nichtig angesehen werden. Dies folgt aus der hier vertretenen Auslegung des Art. 2, und Art. 15 der Verordnung, der die Gründe für die Nichtigkeit des Zertifikats aufzählt, steht dem nicht entgegen.

51.      Die Würdigung der ersten und der zweiten Vorlagefrage erfolgt im Licht der von mir vorgeschlagenen Antworten auf die dritte und die vierte Vorlagefrage und nur nachrangig für den Fall, dass der Gerichtshof dieser Lösung nicht folgen sollte.

B –    Erste und zweite Vorlagefrage

52.      Mit den ersten beiden Vorlagefragen, die zweckmäßigerweise zusammen geprüft werden, möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob einerseits eine Genehmigung eine erste Genehmigung für das Inverkehrbringen in der Gemeinschaft im Sinne der Art. 13 und 19 der Verordnung sein kann, wenn sie ohne Durchführung der in Art. 4 Nr. 8 der Richtlinie vorgeschriebenen Prüfungen erteilt wurde, und andererseits, ob eine solche Genehmigung eine Genehmigung sein kann, die nach dem nationalen Recht zur Umsetzung der Richtlinie parallel zu einer der Richtlinie konformen Genehmigungsregelung bestehen durfte.(20)

53.      Art. 13 der Verordnung regelt die Berechnung der Laufzeit des Zertifikats in der Weise, dass der Ablauf der verschiedenen für das Gebiet der Gemeinschaft erteilten nationalen Zertifikate für das Inverkehrbringen harmonisiert wird. Wie richtig von Merz vorgetragen, ist somit zwar für die Anmeldung des Zertifikats die im Mitgliedstaat der Beantragung erteilte Genehmigung für das Inverkehrbringen relevant, doch ist für die Berechnung der Laufzeit des Zertifikats die erste in der Gemeinschaft erteilte Genehmigung heranzuziehen. Diese kann die erste Genehmigung für das Inverkehrbringen des Mitgliedstaats der Beantragung sein oder aber auch eine zuvor erlangte.

54.      Im vorliegenden Fall meint Merz, dass die erste Genehmigung für das Inverkehrbringen in der Gemeinschaft im Sinne der genannten Vorschrift die Genehmigung von 2002 sei, da sie die erste sei, die für Memantin den Voraussetzungen der Richtlinie 65/65 konform erteilt worden sei. Synthon ist dagegen der Auffassung, dass als erste Genehmigung für das Inverkehrbringen in der Gemeinschaft entweder die deutsche oder die luxemburgische Genehmigung gelten müsse, auch wenn keine der beiden unter Durchführung der von der genannten Richtlinie vorgeschriebenen Prüfungen erteilt worden sei.

55.      Der Gerichtshof hat sich zur Auslegung des Begriffs „erste Genehmigung für das Inverkehrbringen“ bereits in den Urteilen Hässle(21) und Novartis (22) geäußert, auf die sich, mit entgegengesetzten Argumenten, beide Parteien des Ausgangsfalls berufen.

56.      Im Urteil Hässle hat der Gerichtshof ausgeschlossen, dass eine im nationalen Recht auf dem Gebiet der Preisgestaltung von Arzneimitteln vorgesehene Genehmigung, von deren Erteilung die effektive Vermarktung der Arzneimittel abhängt, eine „erste Genehmigung für das Inverkehrbringen“ im Sinne von Art. 19 der Verordnung sein kann.

57.      Im Urteil Novartis hat der Gerichtshof dagegen bejaht, dass eine von den schweizerischen Behörden erteilte und vom Fürstentum Liechtenstein im Rahmen seiner regionalen Union mit der Schweiz automatisch anerkannte Genehmigung für das Inverkehrbringen unter den Begriff der „ersten Genehmigung für das Inverkehrbringen“ im Sinne von Art. 13 der Verordnung fällt, wie er für die Anwendung des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum zu verstehen ist.

58.      Wie vom vorlegenden Gericht festgestellt, kann keine der vom Gerichtshof in diesen Urteilen gefundenen Lösungen automatisch auf den vorliegenden Fall übertragen werden.

59.      Auf der einen Seite hat sich der Gerichtshof im Urteil Hässle mit einer nationalen Genehmigung befasst, die sich ihrem Wesen nach von einer Genehmigung für das Inverkehrbringen im Sinne der Richtlinie 65/65 unterschied, auch wenn sie im Hinblick auf die Auswirkungen auf die kommerzielle Verwertbarkeit des Erzeugnisses einer solchen vergleichbar war. Auf der anderen Seite erfolgte die Auslegung des Art. 13 der Verordnung im Urteil Novartis ausdrücklich nur im Zusammenhang mit der Anwendung des EWR-Abkommens.

60.      Dennoch liefern beide Urteile wichtige Anhaltspunkte für die Auslegung.

61.      Im Urteil Hässle hat der Gerichtshof festgestellt, dass „[n]ichts [es] rechtfertigt …, den Begriff ‚erste Genehmigung für das Inverkehrbringen‘ je nach der Vorschrift der Verordnung …, in der er sich findet, unterschiedlich auszulegen. Insbesondere darf diesem Begriff keine unterschiedliche Bedeutung beigelegt werden, je nachdem, ob er in Artikel 3 oder in Artikel 19 steht.“(23) Daher erscheint die von Synthon vorgetragene Theorie, wonach der Begriff „erste Genehmigung für das Inverkehrbringen“ zum Zweck der Berechnung der Laufzeit des Schutzzertifikats anders ausgelegt werden müsse, nicht vertretbar. Der Gerichtshof hat sich eindeutig für eine einheitliche Auslegung des Begriffs in allen Vorschriften der Verordnung, in denen er auftaucht, ausgesprochen.

62.      In demselben Urteil hat der Gerichtshof in ebenso klaren Worten ausgeführt: „Erstens nehmen weder Artikel 19 der Verordnung … noch irgendeine andere Vorschrift dieser Verordnung, noch deren Begründungserwägungen explizit oder auch nur implizit Bezug auf eine andere als die arzneimittelrechtliche Genehmigung im Sinne der Richtlinie 65/65 … Folglich muss die – u. a. in Artikel 19 Absatz 1 der Verordnung … erwähnte – ‚erste Genehmigung für das Inverkehrbringen in der Gemeinschaft‘ … eine gemäß der Richtlinie 65/65 erteilte Genehmigung für das Inverkehrbringen sein.“(24)

63.      Der Gerichtshof ist damit einem formalistischen Ansatz gefolgt, dem vor allem Erfordernisse der Rechtssicherheit zugrunde liegen(25) und der sich von dem von Generalanwalt Ruiz Jarabo-Colomer in seinen Schlussanträgen in der Rechtssache Novartis vertretenen Ansatz unterscheidet, der sich mehr auf die Ziele der Verordnung stützt. Nach dessen Auffassung erstreckt sich der Begriff „erste Genehmigung für das Inverkehrbringen in der Gemeinschaft“ im Rahmen der Berechnung der Laufzeit des Schutzzertifikats auf jede Art der Ermächtigung, nach der ein Arzneimittel in einem Teil des Unionsgebiets legal vertrieben werden darf.(26)

64.      Im Urteil Novartis hat der Gerichtshof, wenn auch in einem spezifischen Kontext, den Formalismus des Urteils Hässle abgeschwächt. Er nimmt zwar nicht auf letzteres Urteil Bezug, fasst aber unter den Begriff erste Genehmigung im EWR im Sinne des Art. 13 der Verordnung eine schweizerische Genehmigung, die automatisch im Fürstentum Liechtenstein anerkannt wurde und daher eindeutig nicht der Richtlinie 65/65 konform war. Die geradlinigen Überlegungen, die den Gerichtshof zu dieser Schlussfolgerung führen, sind in den Randnrn. 29 und 30 enthalten: Da das EWR-Abkommen es zulässt, dass im Fürstentum Liechtenstein zwei Arten von Genehmigungen für das Inverkehrbringen nebeneinander bestehen, nämlich zum einen die von den schweizerischen Behörden erteilten Genehmigungen, die aufgrund der regionalen Union zwischen der Schweiz und Liechtenstein in diesem Staat automatisch anerkannt werden, und zum anderen die gemäß der Richtlinie 65/65 in Liechtenstein erteilten Genehmigungen, sind Erstere im gleichen Maße wie Letztere bei der Anwendung des Art. 13 der Verordnung in Betracht zu ziehen.(27)

65.      Das vorlegende Gericht ist der Auffassung, dass die sich aus dem Urteil Novartis ergebenden Anhaltspunkte nicht ausreichten, um die vom Gerichtshof im Urteil Hässle getroffene Entscheidung als überholt anzusehen. Des Weiteren hat das deutsche Patentgericht in einer Entscheidung im Rahmen eines Rechtsstreits über einen von Merz in Deutschland gestellten Antrag auf Erteilung eines Schutzzertifikats für Memantin die Stellungnahme des Gerichtshofs im Urteil Hässle als Hinderungsgrund für die Anerkennung der deutschen oder der luxemburgischen Genehmigung als erste Genehmigung für das Inverkehrbringen im Sinne von Art. 13 der Verordnung angesehen.(28)

66.      Im Folgenden werden die einzelnen in Rede stehenden Genehmigungen für das Inverkehrbringen genauer geprüft.

67.      Es ist unstreitig, dass weder der von Merz infolge einer Anzeige gemäß Art. 3 § 7 AMG 1976 erlangten deutschen noch der auf diese gestützten luxemburgischen Genehmigung Unterlagen mit Ergebnissen von Versuchen pharmakologischer, toxikologischer und klinischer Art, wie zu diesem Zeitpunkt von der Richtlinie 65/65 verlangt, zugrunde lagen.(29) Es ist ebenso unstreitig, dass diese Ergebnisse auch zu keinem späteren Zeitpunkt während der Gültigkeit dieser Genehmigungen vorgelegt wurden.

68.      Beide Genehmigungen wurden zu einem Zeitpunkt erteilt, zu dem das jeweilige nationale Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 65/65 in Kraft war. Dennoch bestehen einige wichtige Unterschiede.

69.      Die deutsche Genehmigung wurde erteilt in Anwendung einer vom nationalen Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 65/65 vorgesehenen Übergangsregelung, die für einen Zeitraum von zwölf Jahren ab dem 1. Januar 1978 die bereits im Verkehr befindlichen Arzneimittel vorbehaltlich einer Anzeige an die zuständigen Behörden von der Durchführung des gemeinschaftsrechtlichen Genehmigungsverfahrens befreite. Diese Regelung setzte Art. 24 der genannten Richtlinie in der durch Art. 37 der Richtlinie 75/319 geänderten Fassung in Verbindung mit Art. 39 der Richtlinie 75/319 um(30), der eine schrittweise Anwendung(31) der Regelungen der Richtlinie 65/65 auf Arzneimittel, die bereits vor ihrem Inkrafttreten in Verkehr gebracht worden waren, bestimmte und somit übergangsweise den Handel mit Arzneimitteln wie Akatinol zuließ, für die keiner der vorgeschriebenen Versuche durchgeführt worden war.

70.      Die luxemburgische Genehmigung stütze sich dagegen ausschließlich auf den Umstand, das Akatinol in Deutschland aufgrund einer sogenannten fiktiven Genehmigung im Verkehr war.(32) Anders als die deutsche Genehmigung wurde die luxemburgische also nicht in Anwendung einer innerstaatlichen Übergangsregelung zur Umsetzung des Art. 24 der Richtlinie 65/65 erteilt.

71.      Zur Beantwortung der ersten beiden Vorlagefragen ist daher zu klären, ob eine Genehmigung mit den oben beschriebenen Eigenschaften im Sinne der Rechtsprechung Hässle als „gemäß der Richtlinie 65/65 erteilt“ angesehen werden kann und damit eine erste Genehmigung für das Inverkehrbringen in der Gemeinschaft zum Zweck der Berechnung der Laufzeit des Schutzzertifikats im Sinne des Art. 13 und in Anwendung des Art. 19 sein kann.

72.      Dem Gedankengang des vorlegenden Gerichts bei der Formulierung der ersten beiden Vorlagefragen folgend, muss zunächst geprüft werden, ob eine nach nationalem Recht zur Umsetzung der Richtlinie 65/65 erlassene Genehmigung eine erste Genehmigung für das Inverkehrbringen im Sinne von Art. 13 und 19 der Verordnung ist, obwohl ihrer Erteilung nicht das von der Richtlinie vorgesehene Verwaltungsverfahren vorausgegangen ist.

73.      Meiner Meinung nach kann gegebenenfalls eine Genehmigung, die kraft der Regelungen zur Umsetzung der Richtlinie 65/65 erteilt wurde, als „erste Genehmigung für das Inverkehrbringen in der Gemeinschaft“ im Sinne der Art. 13 und 19 angesehen werden, auch wenn das durch die Richtlinie vorgeschriebene Verwaltungsverfahren, insbesondere im Hinblick auf die toxikologischen, pharmakologischen und klinischen Untersuchungen, nicht oder nicht richtig durchgeführt worden ist.

74.      Im vorliegenden Fall fügt sich die Genehmigung förmlich in das System der Richtlinie 65/65 ein, auch wenn sie wichtige Voraussetzungen dieser nicht beachtet. Unter den gegebenen Umständen erscheint es unangemessen, den für die Erteilung des Schutzzertifikats zuständigen Behörden die Pflicht aufzuerlegen, die Konformität des für die Erteilung einer Genehmigung nach nationalem Recht zur Umsetzung der Richtlinie 65/65 durchgeführten Verfahrens mit dem Gemeinschaftsrecht zu prüfen. Eine solche Prüfung wird auch nicht von der Verordnung verlangt. Soweit Art. 8 Buchst. a Nr. iv, b und c der Verordnung vorschreibt, dass die Zertifikatsanmeldung die Angabe der Nummer und des Zeitpunkts der ersten Genehmigung für das Inverkehrbringen des Erzeugnisses in der Gemeinschaft, einen Nachweis der Identität des Erzeugnisses, die Angabe der Rechtsvorschrift, auf deren Grundlage das Genehmigungsverfahren durchgeführt wurde, sowie eine Kopie der betreffenden Stelle des amtlichen Mitteilungsblatts, in dem die Genehmigung veröffentlicht wurde, enthalten muss, verlangt er lediglich die Prüfung des Vorliegens der Genehmigung und der Identität des genehmigten Erzeugnisses und allenfalls eine formelle Prüfung, dass die Erteilung kraft einer Harmonisierungsvorschrift erfolgte.(33)

75.      Meiner Ansicht nach erfüllt der vorliegende Fall jedoch nicht die in Randnr. 73 beschriebenen Voraussetzungen. Tatsächlich sind sowohl die deutsche als auch die luxemburgische Genehmigung erteilt worden, während die jeweiligen Regelungen zur Umsetzung der Richtlinie 65/65 in Kraft waren, aber weder die eine noch die andere wurde kraft nationaler Vorschriften zur Ausführung des von der Richtlinie vorgesehenen Verwaltungsverfahrens erlassen. Wie oben dargelegt, wurde die deutsche Genehmigung auf der Basis von Übergangsregelungen, zu denen Art. 24 der Richtlinie ermächtigt, erteilt, während die Erteilung der luxemburgischen Genehmigung kraft der automatischen Anerkennung der deutschen Genehmigung aufgrund eines Mechanismus erfolgte, der außerhalb des von der genannten Richtlinie vorgesehenen Systems der gegenseitigen stillschweigenden Anerkennung liegt, das sich nur auf Genehmigungen bezieht, die nach Durchführung des in dieser Richtlinie vorgesehenen Verwaltungsverfahren erteilt wurden.

76.      Unter diesen Umständen sind meiner Meinung nach die in Frage stehenden Genehmigungen nicht als „gemäß“ der Richtlinie 65/65 erteilt anzusehen. Insbesondere geht mir die von der Kommission vertretene Auffassung zu weit, nach der es für die Sicherstellung einer solchen Konformität mit den Zielen der Verordnungsvorschriften ausreichend sei, dass die Genehmigung von den zuständigen Behörden eines Staates erteilt worden sei, in dem die Verpflichtung gelte, keine Genehmigung für das Inverkehrbringen für Arzneimittel zu erteilen, die nicht einem durch die Richtlinie vorgesehenen Verfahren unterworfen worden seien. Nach dieser Ansicht müssten auch Genehmigungen als der Richtlinie 65/65 konform gelten, die aufgrund von anderen nationalen Regelungen als denen zur Umsetzung der Richtlinie erteilt wurden.(34)

77.      Nachdem ausgeschlossen wurde, dass die von Merz für Memantin erlangte deutsche und luxemburgische Genehmigung der Richtlinie 65/65 „konform“ sind, muss geprüft werden, ob diese Genehmigungen dennoch, wie von Synthon behauptet, für die Frage, welches die erste Genehmigung für das Inverkehrbringen von Memantin in der Gemeinschaft ist, relevant sein können.

78.      Dies muss meiner Ansicht nach insbesondere für die deutsche Genehmigung bejaht werden, und zwar auf der Grundlage von Überlegungen, die denen des Gerichtshofs in den Randnrn. 29 und 30 des Urteils Novartis entsprechen und die auch außerhalb des spezifischen Zusammenhangs gelten, in dem sie dort stehen.

79.      Da die Richtlinie 65/65, wenn auch nur vorübergehend, das parallele Bestehen zweier Genehmigungsverfahren in den Mitgliedstaaten zuließ, nämlich einerseits das mit ihr eingeführte und andererseits das Verfahren, zu dem Art. 24 der Richtlinie ermächtigte, müssen die Genehmigungen, die auf der Grundlage des Letzteren erteilt wurden, gegebenenfalls als erste Genehmigungen im Sinne der Art. 13 und 19 der Verordnung angesehen werden. Im konkreten Fall trifft das auf die deutsche Genehmigung zu.

80.      Diese Lösung entspricht dem Zweck der Verordnung, der wie dargelegt darin besteht, der Verringerung der Laufzeit des ausschließlichen Patentschutzes entgegenzuwirken, die durch den Zeitraum entsteht, der zwischen der Einreichung der Patentanmeldung und der Beendigung des durch die Richtlinie für das Inverkehrbringen des Erzeugnisses vorgesehenen Verwaltungsverfahrens liegt, ohne dabei jedoch einen Zeitraum von 15 Jahren für das ausschließliche Verwertungsrecht zu überschreiten, der vom Gesetzgeber unter Abwägung der verschiedenen betroffenen Interessen als angemessen angesehen wurde.(35) Würde man bei der Berechnung der Laufzeit des Schutzzertifikats nicht die Genehmigungen berücksichtigen, die auf der Grundlage nationaler Regelungen in Anwendung des Art. 24 der Richtlinie 65/65 erteilt wurden, würde man faktisch den Erzeugnissen, die zum Zeitpunkt ihres Inverkehrbringens durch ein Patent geschützt waren, viel länger ein ausschließliches Verwertungsrecht gewähren. Wie von Synthon unterstrichen, hätte die entgegengesetzte Lösung darüber hinaus den widersinnigen Effekt, die Wiederherstellung der Ausschließlichkeit des Patents zu ermöglichen, ohne der Tatsache Rechnung zu tragen, dass, wie bei Memantin der Fall, das in Rede stehende Erzeugnis kraft einer Übergangsregelung im Handel sein konnte, ohne den durch das Gemeinschaftsrecht vorgeschriebenen Voraussetzungen zu entsprechen.(36)

81.      Ich bin der Ansicht, dass diese Lösung auch dann geboten ist, wenn die von dem Mitgliedstaat getroffene Regelung nach den Art. 24 der Richtlinie 65/65 und 39 der Richtlinie 75/319 zur schrittweisen Anpassung an die Regelungen der Richtlinie in Bezug auf die bereits im Verkehr befindlichen Arzneimittel nicht, wie in Deutschland, die Erteilung neuer (sogenannter fiktiver oder nachträglicher) Genehmigungen vorsah, sondern nur die Verlängerung der Gültigkeit der ursprünglichen Genehmigungen.(37) In diesem Fall muss das Bezugsdatum für die Anwendung der Art. 13 und 19 der Richtlinie 65/65 das Datum des Wirksamwerdens dieser Verlängerung sein.

82.      Meiner Ansicht nach sollte dagegen der Zeitraum vor dieser Verlängerung oder der Erteilung einer nachträglichen Genehmigung keine Rolle spielen. Nur kraft einer solchen Verlängerung oder Genehmigung kann nämlich der Handel mit Arzneimitteln, die in einem Mitgliedstaat aufgrund von Regelungen, die vor dem Inkrafttreten der Richtlinie 65/65 galten, in den Verkehr gebracht worden sind, als rechtmäßig im Sinne der Letzteren angesehen werden, wenn auch nur übergangsweise und unter dem Vorbehalt einer nachfolgenden Anpassung an die Voraussetzungen der Richtlinie (vgl. die in Art. 39 Abs. 2 und 3 festgelegten Bedingungen). Daher ist meiner Meinung nach eine Ermächtigung, aufgrund deren ein Arzneimittel ursprünglich in den Verkehr gebracht wurde, keine erste Genehmigung für das Inverkehrbringen in der Gemeinschaft, auch wenn dies der Zeitpunkt war, zu dem das Inverkehrbringen im Gebiet der Gemeinschaft zum ersten Mal genehmigt wurde.

83.      Eine solche Lösung entspricht den Erfordernissen der Rechtssicherheit, auf die auch der Gerichtshof im Urteil Hässle Bezug genommen hat(38), sowie der Einheitlichkeit und Einfachheit der Anwendung der Regelungen über das Schutzzertifikat, auf die besonders im Gesetzgebungsverfahren zum Erlass der Verordnung gedrungen wurde. Tatsächlich kann es eine sehr komplexe Aufgabe sein, die Existenz und den Beginn der Wirksamkeit von nationalen Ermächtigungen, die vor der Harmonisierung durch die Richtlinie 65/65 erteilt wurden, zu prüfen, während eine solche Prüfung viel einfacher ist, wenn sie sich auf eine Ermächtigung bezieht, durch die Arzneimittel, die sich bereits in Verkehr befanden, gemäß Übergangsregelungen, die auf der Richtlinie 65/65 beruhen, weiterhin rechtmäßig gehandelt werden können.

84.      Bevor aus der vorstehenden Würdigung Schlussfolgerungen gezogen werden können, muss noch eine letzte Frage geprüft werden, die, obwohl sie vom vorlegenden Gericht nicht gestellt wurde, doch einen Einfluss auf die Beantwortung der ersten beiden Vorlagefragen und die Entscheidung des bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreits haben kann.

85.      Diese Frage, zu der die Parteien des Ausgangsverfahrens in der mündlichen Verhandlung Stellung haben nehmen können, wurde von der Kommission im Rahmen des bereits erwähnten Verfahrens gestellt, das das Ersuchen um Vorabentscheidung des Court of Appeal in der Rechtssache Generics/Synaptech zum Gegenstand hat und das die Möglichkeit betrifft, zum Zweck der Bestimmung der Laufzeit eines Schutzzertifikats eine Genehmigung heranzuziehen, die für eine andere Verwendung des Erzeugnisses als die durch das Grundpatent geschützte erteilt wurde. Unter Berufung auf den Text des Art. 4 der Verordnung trägt die Kommission im Wesentlichen vor, dass der durch das Zertifikat gewährte Schutz alle Arten der Verwendung des Erzeugnisses umfasst, für die eine Genehmigung für das Inverkehrbringen erteilt worden sei, unter der Bedingung, dass diese Verwendungen in den Gegenstand des Grundpatents fielen. Daraus folgt nach Ansicht des als Streithelfer beigetretenen Organs, dass im Rahmen der Anwendung der Art. 13 und 19 der Verordnung eine Genehmigung, die für eine andere Verwendung des Erzeugnisses als die vom Grundpatent gedeckte erteilt worden sei, nicht als erste Genehmigung für das Inverkehrbringen in der Gemeinschaft anzusehen sei.

86.      Die Auffassung der Kommission kann nicht überzeugen. Art. 4 der Verordnung bestimmt den Gegenstand des Schutzes, den das Zertifikat gewährt, und legt einerseits fest, dass dieser Schutz nicht über den vom Grundpatent gewährten hinausgehen kann, und andererseits, dass das Schutzzertifikat jede nachfolgende vor Ablauf des Zertifikats erteilte Genehmigung für das Inverkehrbringen umfasst, die eine Verwendung des Erzeugnisses als Arzneimittel zum Gegenstand hat, womit er ausschließt, dass ein Schutzzertifikat für jede Genehmigung erteilt wird, die für ein Erzeugnis in ein und demselben Mitgliedstaat ergeht.

87.      Dagegen betrifft Art. 13 der Verordnung die Laufzeit des Schutzzertifikats, und Art. 19 führt Übergangsregelungen ein und bestimmt einige Bedingungen für die Erteilung des Schutzzertifikats. Sowohl eine wörtliche als auch eine systematische Auslegung dieser Vorschriften ergibt, dass die erste Genehmigung für das Inverkehrbringen in der Gemeinschaft, auf die diese sich beziehen, die erste Genehmigung für das Inverkehrbringen des Erzeugnisses als Arzneimittel ist.(39) Im Hinblick auf die Anwendung dieser Vorschriften wird weder auf eine bestimmte therapeutische Verwendung des Erzeugnisses, noch auf die vom Grundpatent gedeckte Verwendung oder gedeckten Verwendungen Bezug genommen, obwohl die Verordnung ausdrücklich vorsieht, dass sich ein solches Patent sowohl auf ein Erzeugnis als auch auf die Verwendung eines Erzeugnisses beziehen kann.(40)

88.      Die Verordnung scheint daher eine Auslegung zu rechtfertigen, nach der im Rahmen der Anwendung der Art. 13 und 19 als erste Genehmigung für das Inverkehrbringen in der Gemeinschaft die erste Genehmigung für das Erzeugnis als Arzneimittel gelten muss, unabhängig von der therapeutischen Verwendung, die Gegenstand dieser Genehmigung ist, und der Frage der Übereinstimmung dieser Verwendung mit der durch das Grundpatent geschützten.

89.      Diese Auslegung steht in Einklang mit der Auslegung des Begriffs des Erzeugnisses im Sinne der Verordnung in der Rechtsprechung des Gerichtshofs. Insofern weise ich darauf hin, dass nach Art. 1 Buchst. b der Verordnung unter Erzeugnis „der Wirkstoff oder die Wirkstoffzusammensetzung eines Arzneimittels“ zu verstehen ist. Im Urteil Massachusetts Institute of Technology hat der Gerichtshof entschieden, dass der Begriff „Erzeugnis“ im Sinne dieser Vorschrift der Verordnung im engen Sinne von „Wirkstoff“ oder „Wirkstoffzusammensetzung“ auszulegen ist.(41) Auf der Grundlage dieses Urteils hat der Gerichtshof im Beschluss Yissum entschieden, dass der Begriff des Erzeugnisses „die therapeutische Nutzung eines durch das Grundpatent geschützten Wirkstoffs nicht umfassen [kann und] dass Art. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 1768/92 dahin auszulegen ist, dass dann, wenn das Grundpatent eine zweite medizinische Verwendung eines Wirkstoffs schützt, diese Verwendung kein integraler Bestandteil der Definition des Erzeugnisses ist“(42).

90.      Die in Nr. 88 der vorliegenden Schlussanträge vorgeschlagene Auslegung wird außerdem durch einige Entscheidungen des Gerichtshofs bekräftigt. Im Urteil Pharmacia Italia hat er entschieden, „dass es der Erteilung eines Zertifikats in einem Mitgliedstaat der Gemeinschaft auf der Grundlage eines in diesem Mitgliedstaat zugelassenen Humanarzneimittels entgegensteht, dass vor dem nach Artikel 19 Absatz 1 der Verordnung maßgeblichen Stichtag in einem anderen Mitgliedstaat der Gemeinschaft eine Genehmigung für das Inverkehrbringen desselben Erzeugnisses als Tierarzneimittel erteilt worden ist“(43). In Randnr. 19 des Urteils erinnert der Gerichtshof an den Begriff „Erzeugnis“ im Sinne des Art. 1 Buchst. b und den Wortlaut der Art. 3 und 4 der Verordnung und stellt daraufhin in Randnr. 20 klar, „dass das entscheidende Kriterium für die Erteilung des Zertifikats nicht die Zweckbestimmung des Arzneimittels ist“ und „dass das Ziel des durch das Zertifikat gewährten Schutzes für jede Verwendung des Erzeugnisses als Arzneimittel gilt, ohne dass die Verwendung des Erzeugnisses als Humanarzneimittel von der als Tierarzneimittel zu unterscheiden wäre“(44). Im Urteil Biogen hat der Gerichtshof entschieden, dass, wenn ein Erzeugnis durch mehrere Grundpatente geschützt ist(45), jedes dieser Patente für das Verfahren zur Erteilung eines Schutzzertifikats bestimmt werden kann(46), aber auch klargestellt, dass „sich aus Artikel 13 der Verordnung ergibt, [dass] die Laufzeit dieser Zertifikate einheitlich nach dem Zeitpunkt der ersten Genehmigung für das Inverkehrbringen in der Gemeinschaft berechnet [wird]“(47).

91.      Auf der Grundlage der vorstehenden Überlegungen bin ich der Ansicht, dass eine Genehmigung auch dann als erste Genehmigung für das Inverkehrbringen in der Gemeinschaft im Sinne der Art. 13 und 19 der Verordnung angesehen werden kann, wenn sie für eine andere Verwendung des Erzeugnisses als die durch das Grundpatent geschützte erteilt wurde.

92.      Im Licht aller vorstehenden Überlegungen schlage ich dem Gerichtshof vor, die ersten beiden Vorlagefragen so zu beantworten, dass eine von den nationalen Behörden eines Mitgliedstaats gemäß nationalen Regelungen zur Umsetzung der Richtlinie 65/65 erteilte Genehmigung gegebenenfalls eine erste Genehmigung für das Inverkehrbringen in der Gemeinschaft im Sinne der Art. 13 und 19 der Verordnung sein kann, auch wenn das von dieser vorgeschriebene Verwaltungsverfahren, insbesondere im Hinblick auf die in Art. 4 Nr. 8 der Verordnung vorgesehene Übermittlung der Ergebnisse von toxikologischen, pharmakologischen und klinischen Versuchen, nicht oder nicht korrekt durchgeführt wurde.

93.      In gleicher Weise muss gegebenenfalls eine von den zuständigen nationalen Behörden gemäß Übergangsregelungen, zu denen Art. 24 der Richtlinie 65/65 in der durch Art. 37 der Richtlinie 75/319 geänderten Fassung und in Verbindung mit Art. 39 der Letzteren ermächtigt, erteilte Genehmigung, die auf einer Genehmigung für das Inverkehrbringen beruht, die vor der Umsetzung der Richtlinie 65/65 in das Recht des Mitgliedstaats erteilt wurde, als erste Genehmigung für das Inverkehrbringen in der Gemeinschaft im Sinne der genannten Vorschriften gelten.

94.      Auch wenn man unterstellt, dass das Schutzzertifikat an Merz rechtmäßig erteilt wurde(48), wäre auf der Grundlage der vorgeschlagenen Lösung seine Laufzeit dennoch falsch berechnet worden, da für diese Berechnung die Genehmigungen von 2002 und nicht die deutsche Genehmigung, die nach den vorstehenden Darstellungen die erste Genehmigung in der Gemeinschaft im Sinne des Art. 13 der Verordnung ist, herangezogen wurden. Würde man auf die deutsche Genehmigung Bezug nehmen, müsste die Laufzeit des Merz-Zertifikats auf null festgelegt werden.

V –    Ergebnis

95.      Auf der Grundlage aller dargelegten Überlegungen schlage ich dem Gerichtshof vor, die vom High Court of Justice (Chancery Division) vorgelegten Fragen wie folgt zu beantworten:

Die Verordnung (EWG) Nr. 1768/92 des Rates vom 18. Juni 1992 über die Schaffung eines ergänzenden Schutzzertifikats für Arzneimittel und insbesondere ihr Art. 2 ist so auszulegen, dass Erzeugnisse, die im Gebiet der Gemeinschaft als Arzneimittel in den Verkehr gebracht wurden, bevor für sie eine der Richtlinie 65/65/EWG des Rates vom 26. Januar 1965 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften über Arzneispezialitäten oder der Richtlinie 81/851/EWG des Rates vom 28. September 1981 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Tierarzneimittel konforme Genehmigung für das Inverkehrbringen erteilt worden ist, nicht in ihren Anwendungsbereich fallen.

Für solche Erzeugnisse erteilte ergänzende Schutzzertifikate sind nichtig.

96.      Für den Fall, dass der Gerichtshof dieser Lösung nicht folgt, schlage ich vor, die erste und die zweite vom High Court of Justice (Chancery Division) vorgelegte Frage wie folgt zu beantworten:

Eine von den nationalen Behörden eines Mitgliedstaats gemäß nationalen Regelungen zur Umsetzung der Richtlinie 65/65 erteilte Genehmigung für das Inverkehrbringen kann eine erste Genehmigung für das Inverkehrbringen in der Gemeinschaft im Sinne der Art. 13 und 19 der Verordnung sein, auch wenn das von dieser vorgeschriebene Verwaltungsverfahren, insbesondere im Hinblick auf die in Art. 4 Nr. 8 der Verordnung vorgesehene Übermittlung der Ergebnisse von toxikologischen, pharmakologischen und klinischen Versuchen, nicht oder nicht korrekt durchgeführt wurde.

Eine erste Genehmigung für das Inverkehrbringen des Erzeugnisses in der Gemeinschaft im Sinne der genannten Vorschriften kann auch eine von den zuständigen nationalen Behörden gemäß Übergangsregelungen, zu denen Art. 24 der Richtlinie 65/65 in der durch Art. 37 der Richtlinie 75/319/EWG des Rates vom 20. Mai 1975 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften über Arzneispezialitäten geänderten Fassung, in Verbindung mit Art. 39 der Letzteren ermächtigt, erteilte Genehmigung sein, die auf einer Genehmigung für das Inverkehrbringen beruht, die vor der Umsetzung der Richtlinie 65/65 in das Recht des Mitgliedstaats erteilt wurde.

Für die Anwendung der Art. 13 und 19 der Verordnung Nr. 1768/92 kann eine erste Genehmigung für das Inverkehrbringen des Erzeugnisses in der Gemeinschaft auch eine Genehmigung sein, die für einen anderen Gebrauch des Erzeugnisses als Arzneimittel erteilt worden ist als den- oder diejenigen, der bzw. die durch das Patent, das das Grundpatent im Sinne von Art. 1 Buchst. c dieser Verordnung bildet, geschützt ist bzw. sind.


1      Originalsprache: Italienisch.


2–      Verordnung (EWG) Nr. 1768/92 des Rates vom 18. Juni 1992 über die Schaffung eines ergänzenden Schutzzertifikats für Arzneimittel (ABl. L 182, S. 1).


3–      Die ersten derartigen Zertifikate wurden 1985 in den Vereinigten Staaten erteilt, gefolgt seit 1988 von japanischen Zertifikaten. In Europa wurde dieser ergänzende Patentschutz zunächst von einigen Mitgliedstaaten eingeführt (Italien, Frankreich und Schweden) und später auf Gemeinschaftsebene geregelt.


4–      ABl. Nr. 22 vom 9. Februar 1965, S. 369. Die Richtlinie 65/65 wurde mit Wirkung vom 18. Dezember 2001 durch die Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel (ABl. L 311, S. 67) ersetzt.


5–      Es handelt sich um die durch die zweite Richtlinie 75/319/EWG des Rates vom 20. Mai 1975 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften über Arzneispezialitäten (ABl. L 147, S. 13) geänderte Fassung. Die weiteren Änderungen erfolgten nach dem Inverkehrbringen von Akatinol in Deutschland und Luxemburg.


6–      Art. 1 Abs. 1 Nr. 1 der Richtlinie definierte für die Durchführung der Richtlinie „Arzneispezialitäten“ als „alle Arzneimittel, die im Voraus hergestellt und unter einer besonderen Bezeichnung und in einer besonderen Aufmachung in den Verkehr gebracht werden“ und „Arzneimittel“ als „alle Stoffe oder Stoffzusammensetzungen, die als Mittel zur Heilung oder zur Verhütung menschlicher oder tierischer Krankheiten bezeichnet werden“.


7–      In Fn. 5 angeführt. Auch diese Richtlinie wurde durch die Richtlinie 2001/83 aufgehoben.


8–      Erfolgt am 3. Februar 1965.


9–      Mit Wirkung vom 6. Juli 2009 wurde die Verordnung Nr. 1768/92 durch die Verordnung (EG) Nr. 469/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Mai 2009 über das ergänzende Schutzzertifikat für Arzneimittel (ABl. L 152, S. 1), mit der sie kodifiziert wurde, aufgehoben und ersetzt.


10–      Geändert durch die Akte über den Beitritt Österreichs, Finnlands und Schwedens zur Europäischen Union (ABl. 1994, C 241, S. 21).


11–      In ihren schriftlichen Erklärungen gibt Merz an, dass Akatinol u. a. für die Behandlung des Morbus Parkinson verwendet worden sei.


12–      Tatsächlich erfolgte die erste Genehmigung für das Inverkehrbringen von Memantin und Akatinol bereits vorher auf der Grundlage eines Gesetzes von 1961. Für die vorliegenden Schlussfolgerungen bezeichne ich als deutsche Genehmigung jedoch die nach den Vorschriften des AMG 1976 erteilte Zulassung, im Verkehr zu verbleiben.


13–      Wie das vorlegende Gericht ausführt, ist im Text der Verordnung der gegenständliche Artikel der einzige, bei dem eine solche Mehrdeutigkeit besteht. In allen anderen Vorschriften hat nämlich der Gemeinschaftsgesetzgeber klargestellt, ob die Genehmigung für das Inverkehrbringen sich auf das Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats, für den das ergänzende Schutzzertifikat beantragt wird, oder das eines anderen Mitgliedstaats bezieht (vgl. die Art. 3 Buchst. b, 8 Abs. 1 Buchst. a Nr. iv, b und c, 9 Abs. 2 Buchst. d und e, 11 Abs. 1 Buchst. d und e, 13 Abs. 1 sowie 19 Abs. 1 und 19a). Der Gerichtshof hält diese beiden Möglichkeiten ebenfalls auseinander und hat im Urteil Yamanouchi Pharmaceutical den unterschiedlichen Zweck unterstrichen, den die beiden Voraussetzungen der ersten Genehmigung für das Inverkehrbringen in der Gemeinschaft und der ersten Genehmigung für das Inverkehrbringen in dem Mitgliedstaat, in dem das ergänzende Schutzzertifikat beantragt wird, in der Systematik der Verordnung haben (vgl. Urteil vom 12. Juni 1997, C‑110/95, Slg. 1997, I‑3251).


14–      Vgl. den Vorschlag für eine Verordnung über die Schaffung eines ergänzenden Schutzzertifikats für Arzneimittel, KOM(90) 101endg. (im Folgenden: Verordnungsvorschlag der Kommission), Randnr. 24.


15–      Vgl. Urteil vom 16. September 1999, Farmitalia (C‑392/97, Slg. 1999, I‑5553, Randnrn. 19 und 22 und Punkt 1 des Tenors).


16–      Vgl. Urteil vom 19. Oktober 2004, Pharmacia Italia (C‑31/03, Slg. 2004, I‑10001).


17–      Vgl. die Schlussanträge von Generalanwalt Jacobs in der Rechtssache Pharmacia Italia, Urteil in Fn. 16 angeführt.


18–      Die häufig nicht den Anforderungen der Sicherheit der Arzneimittel gerecht wurden.


19–      Meiner Auffassung nach ändert sich die Schlussfolgerung nämlich nicht, wenn das Erzeugnis zu dem Zeitpunkt, zu dem es als Arzneimittel in den Verkehr gebracht wurde, nicht durch ein Patent geschützt war. Im Übrigen verlangt auch die Verordnung in Art. 13, wonach die Laufzeit des Zertifikats zum Zeitpunkt der ersten Genehmigung für das Inverkehrbringen in der Gemeinschaft beginnt, nicht, dass das betreffende Erzeugnis zum Zeitpunkt der Erteilung dieser Genehmigung durch ein Patent geschützt oder dass dafür ein Patent angemeldet sein muss (dies war z. B. nicht der Fall in der Rechtssache BASF betreffend die Auslegung der Verordnung [EG] Nr. 1610/96 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 1996 über die Schaffung eines ergänzenden Schutzzertifikats für Pflanzenschutzmittel, vgl. Urteil vom 10. Mai 2001 [C‑258/99, Slg. 2001, I‑3643]).


20–      Da das streitige Zertifikat ein Arzneimittel zur Anwendung beim Menschen betrifft, ist hier nur die Richtlinie 65/65 einschlägig.


21–      Urteil vom 11. Dezember 2003, Hässle (C‑127/00, Slg. 2003, I‑14781).


22–      Urteil vom 21. April 2005, Novartis u. a. (C‑207/03 und C‑252/03, Slg. 2005, I‑3209).


23–      Vgl. auch Urteil Pharmacia Italia, in Fn. 16 angeführt, Randnr. 16.


24–      Randnrn. 56 bis 58.


25–      Randnr. 60.


26–      Vgl. Nr. 49 der Schlussanträge.


27–      Randnrn. 29 und 30.


28–      Ähnlich das vorlegende Gericht in erster Instanz im Rahmen eines weiteren Verfahrens, das in der Berufungsinstanz Anlass zu einer Vorlagefrage gegeben hat, die Gegenstand der Rechtssache C‑427/09, Generics (UK), ist, in der ich heute meine Schlussanträge stelle.


29 – Die Pflicht der Antragsteller für eine Genehmigung für das Inverkehrbringen eines Arzneimittels, dem Antrag die Ergebnisse von Versuchen toxikologischer, pharmakologischer und klinischer Art gemäß Art. 8 Abs. 3 Buchst. i der Richtlinie 2001/83 (zuvor vorgeschrieben durch Art. 4 der Richtlinie 65/65) beizufügen, hat das Ziel, die Unschädlichkeit und Wirksamkeit eines Arzneimittels nachzuweisen. Vgl. in diesem Sinne Urteile vom 5. Oktober 1995, Scotia Pharmaceuticals (C‑440/93, Slg. 1995, I‑2851, Randnr. 17), vom 3. Dezember 1998, Generics (UK) u. a. (C‑368/96, Slg. 1998, I‑7967, Randnr. 23), und vom 18. Juni 2009, Generics (UK) (C‑527/07, Slg. 2009, I‑5259, Randnr. 22).


30–      Merz ist der Auffassung, dass die in Art. 3 § 7 AMG 1976 vorgesehenen Übergangsregelungen nicht Art. 24 der Richtlinie konform seien. In diesem Zusammenhang hat sie ihren schriftlichen Erklärungen eine mit Gründen versehene und an die deutsche Regierung adressierte Stellungnahme der Kommission beigefügt, in der diese die Vereinbarkeit des zunächst in Art. 3 § 7 AMG 1976 und dann in Art. 105 der geänderten Fassung des AMG vorgesehenen Systems der impliziten Genehmigung mit der Richtlinie bestreitet. Aus dem Dokument ergibt sich jedoch auch, dass diese Beanstandung einzig und allein die Möglichkeit der Vermarktung von Erzeugnissen, die nicht den vorgeschriebenen Versuchen unterzogen wurden, nach dem Ende des Übergangszeitraums, also nach dem 21. Mai 1990, betrifft.


31–      Gemäß Art. 39 der Richtlinie 75/319 binnen 15 Jahren nach der Bekanntgabe dieser Richtlinie (erfolgt am 21. Mai 1975).


32–      Vgl. das den Erklärungen von Merz beigefügte Schreiben des luxemburgischen Gesundheitsministers vom 3. Juli 2009. In diesem Schreiben wird angegeben, dass die luxemburgischen Behörden die Vervollständigung der Unterlagen zu den pharmakologischen und toxikologischen Versuchen und klinischen Untersuchungen im Laufe des Übergangszeitraums erwartet hätten, dass diese Unterlagen aber nicht eingetroffen seien.


33–      Ziel der Verordnung ist es, ein „einfaches und transparentes“ System für die Erteilung eines ergänzenden Schutzzertifikats zu schaffen. In Randnr. 16 des Verordnungsvorschlags der Kommission heißt es: „The patents offices should be able to implement the procedure for granting the certificate without an excessive burden being placed on their administrations … Examination of the conditions to be fulfilled for the certificate to be granted involves the use of objective data that are easy to verify … The adoption of a standard system to calculate the duration of the protection given by the certificate … means that the calculation is easy to make.“


34–      Es sei hervorgehoben, dass die Kommission in der Rechtssache C‑427/09, Generics (UK), in der ich heute meine Schlussanträge stelle, ihre in der vorliegenden Rechtssache im schriftlichen Verfahren abgegebene Stellungnahme wesentlich geändert hat.


35–      Vgl. Randnr. 24 des Verordnungsvorschlags der Kommission.


36–      Zudem ist im vorliegenden Fall weder die deutsche noch die luxemburgische Genehmigung jemals mit den Voraussetzungen der Richtlinie 65/65 in Übereinstimmung gebracht worden, obwohl die dafür durch die Richtlinie vorgesehene Frist abgelaufen ist. Soweit ersichtlich, ist daraus zu folgern, das Memantin auch nach Ablauf dieser Frist bis zum Erlass der Genehmigungen von 2002 noch unter Verstoß gegen die Richtlinie in Verkehr sein konnte.


37–      Wie z. B. in Luxemburg gemäß Art. 22 des oben angeführten Gesetzes vom 11. April 1983.


38–      Randnr. 60.


39–      Vgl. Art. 19 der Verordnung sowie Art. 13 im Licht des Art. 3 Buchst. d der Verordnung.


40–      Vgl. Art. 1 Buchst. c der Verordnung.


41–      Urteil vom 4. Mai 2006, Massachusetts Institute of Technology (C‑431/04, Slg. 2006, I‑4089, Randnr. 21). In Randnr. 19 dieses Urteils erinnert der Gerichtshof an Nr. 11 der Begründung des Vorschlags für eine Verordnung (EWG) des Rates vom 11. April 1990 über die Schaffung eines ergänzenden Schutzzertifikats für Arzneimittel (KOM[90] 101 endg.), in der ausgeführt wird: „Der Verordnungsvorschlag beschränkt sich auf neue Arzneimittel. Es handelt sich nicht darum, ein Zertifikat für jedes patentierte Arzneimittel zu erteilen, für das die Genehmigung des Inverkehrbringens vorliegt. Je Erzeugnis darf nur ein einziges Zertifikat erteilt werden, wobei es sich bei dem Erzeugnis im engeren Sinn um einen Wirkstoff handeln muss. Werden an dem Arzneimittel unbedeutende Änderungen vorgenommen, z. B. eine neue Dosierung, die Verwendung eines anderen Salzes oder Esters, eine andere pharmazeutische Form, so wird kein neues Zertifikat erteilt.“


42–      Beschluss vom 17. April 2007, Yissum (C‑202/05, Slg. 2007, I‑2839, Randnrn. 18 und 20).


43–      In Fn. 16 angeführt, Randnr. 23.


44–      Hervorhebung nur hier.


45–      Urteil vom 23. Januar 1997, Biogen (C‑181/95, Slg. 1997, I‑357). Im Ausgangsfall ging es um Patente mehrerer Inhaber, aber der Gedankengang des Gerichtshofs kann auf den Fall von Patenten, die verschiedene therapeutische Verwendungen eines Erzeugnisses schützen, übertragen werden.


46–      Unter der vom Gerichtshof klargestellten Bedingung, dass gemäß Art. 3 Buchst. c nicht mehr als ein Zertifikat für jedes Grundpatent erteilt werden kann.


47–      Randnr. 29.


48–      Neben der Nichtigkeit, die sich ergäbe, wenn der Gerichtshof der von mir für die Beantwortung der dritten und der vierten Vorlagefrage vorgeschlagenen Lösung folgte, ist im vorliegenden Fall auch nicht ersichtlich, ob die Voraussetzungen für die Anwendung für Art. 19 Abs. 1 der Verordnung gegeben sind. Aus den Akten geht nicht hervor, ob Memantin, wie von dieser Vorschrift verlangt, zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verordnung durch ein in Kraft befindliches Grundpatent geschützt war. Falls diese Vorschrift Anwendung fände, wäre das Merz-Zertifikat nichtig, weil die deutsche Genehmigung für das Inverkehrbringen, die erste in der Gemeinschaft, vor dem 1. Januar 1985 erteilt wurde und weil sie außerdem nach Ablauf der in Abs. 2 dieses Artikels festgelegten Frist von sechs Monaten nach Inkrafttreten der Verordnung beantragt wurde.