Language of document : ECLI:EU:T:2009:142

URTEIL DES GERICHTS (Achte Kammer)

6. Mai 2009(*)

„Wettbewerb – Kartelle – Markt für Kupfer‑Industrierohre – Entscheidung, mit der eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG festgestellt wird – Festsetzung von Preisen und Aufteilung der Märkte – Geldbußen – Konkrete Auswirkungen auf den Markt – Größe des betreffenden Marktes – Dauer der Zuwiderhandlung – Mildernde Umstände – Zusammenarbeit“

In der Rechtssache T‑127/04

KME Germany AG, vormals KM Europa Metal AG, mit Sitz in Osnabrück (Deutschland),

KME France SAS, vormals Tréfimétaux SA, mit Sitz in Courbevoie (Frankreich),

KME Italy SpA, vormals Europa Metalli SpA, mit Sitz in Florenz (Italien),

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte M. Siragusa, A. Winckler, G. C. Rizza, T. Graf und M. Piergiovanni,

Klägerinnen,

gegen

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch É. Gippini Fournier im Beistand von C. Thomas, Solicitor,

Beklagte,

wegen einer Klage auf Nichtigerklärung oder Herabsetzung der in Art. 2 Buchst. c, d und e der Entscheidung K (2003) 4820 endg. der Kommission vom 16. Dezember 2003 in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] und Artikel 53 EWR-Abkommen (Sache COMP/E-1/38.240 – Industrierohre) gegen die Klägerinnen verhängten Geldbußen einerseits und einer Widerklage der Kommission auf Erhöhung der Geldbußen andererseits

erlässt

DAS GERICHT ERSTER INSTANZ
DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Achte Kammer)

unter Mitwirkung der Präsidentin M. E. Martins Ribeiro sowie der Richter S. Papasavvas und N. Wahl (Berichterstatter),

Kanzler: C. Kantza, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 27. Februar 2008

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Die KME Germany AG (vormals KM Europa Metal AG), die KME France SAS (vormals Tréfimétaux SA) und die KME Italy SpA (vormals Europa Metalli SpA) gehören zu einer börsennotierten europäischen Industriegruppe, die weltweit tätig ist. Diese Gruppe ist einer der weltgrößten Hersteller von Halbfertigerzeugnissen aus Kupfer und Kupferlegierungen. Bis Juni 1995 bildeten KME France und KME Italy gemeinsam ein von KME Germany verschiedenes Unternehmen. Erst von diesem Zeitpunkt an bildeten KME Germany, KME Italy und KME France ein und dieselbe Gruppe (KME Germany, KME Italy und KME France werden im Folgenden unterschiedslos als Klägerinnen oder KME-Gruppe bezeichnet).

2        Auf die Mitteilung von Informationen der Mueller Industries Inc. hin führte die Kommission im März 2001 in den Räumlichkeiten der Outokumpu Oyj und der Luvata Oy (vormals Outokumpu Copper Products Oy) (im Folgenden zusammen: Outokumpu), der Wieland-Werke AG (im Folgenden: Wieland) und der Klägerinnen unangemeldete Nachprüfungen nach Art. 14 der Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962, Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln [81] und [82] des Vertrages (ABl. 1962, Nr. 13, S. 204), durch.

3        Am 9. April 2001 bot Outokumpu der Kommission eine Zusammenarbeit im Sinne der Mitteilung der Kommission über die Nichtfestsetzung oder die niedrigere Festsetzung von Geldbußen in Kartellsachen (ABl. 1996, C 207, S. 4, im Folgenden: Mitteilung von 1996 über Zusammenarbeit) an. Am 30. Mai 2001 übersandte sie hierzu ein Schreiben.

4        Am 30. September 2002 beantragte Wieland in ihrer Antwort auf ein an die KME-Gruppe und sie selbst gerichtetes Auskunftsverlangen der Kommission nach Art. 11 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17 vom Juli 2002 die Anwendung der Mitteilung von 1996 über Zusammenarbeit.

5        Auf dasselbe Auskunftsverlangen hin beantragte die KME-Gruppe am 15. Oktober 2002 für sich selbst die Anwendung dieser Mitteilung.

6        Nachdem sie eine Untersuchung, die weitere Nachprüfungen in den Räumlichkeiten von Outokumpu und KME umfasste, durchgeführt, an Treffen mit Vertretern von Outokumpu, der KME-Gruppe und Wieland teilgenommen und gemäß Art. 11 der Verordnung Nr. 17 weitere Auskünfte von der KME-Gruppe und Wieland verlangt hatte, leitete die Kommission im Juli 2003 das Zuwiderhandlungsverfahren ein und erließ eine an die Klägerinnen, Wieland und Outokumpu gerichtete Mitteilung der Beschwerdepunkte. Eine Anhörung fand nicht statt, nachdem die genannten Unternehmen hierauf verzichtet hatten.

7        Am 16. Dezember 2003 erließ die Kommission die Entscheidung K (2003) 4820 endg. in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] und Artikel 53 EWR-Abkommen (Sache COMP/E‑1/38.240 – Industrierohre) (im Folgenden: angefochtene Entscheidung), von der eine Zusammenfassung im Amtsblatt der Europäischen Union vom 28. April 2004 (ABl. L 125, S. 50) veröffentlicht wurde.

8        Der angefochtenen Entscheidung zufolge haben die in der Vereinigung für die Qualität von Rohren für den Bereich der Klima- und Kältetechnik (Cuproclima Quality Association, im Folgenden: Cuproclima) organisierten Hersteller, darunter die Klägerinnen, ihre Zusammenarbeit gegen Ende der 80er Jahre auf Wettbewerbsfragen ausgedehnt.

9        Die Treffen, die Cuproclima zweimal im Jahr abgehalten habe, seien ein regelmäßiger Anlass gewesen, um im Anschluss an die offizielle Tagesordnung über Preise zu diskutieren und Preise sowie andere kommerzielle Bedingungen für Industrierohre festzulegen. Diese gegen die Wettbewerbsregeln verstoßenden Treffen seien durch bilaterale Kontakte zwischen den betreffenden Unternehmen ergänzt worden. Die Unternehmen hätten Preisziele und andere kommerzielle Bedingungen für Industrierohre abgesprochen, Preiserhöhungen koordiniert, Kunden und Marktanteile zugeteilt sowie die Durchsetzung ihrer wettbewerbswidrigen Absprachen überwacht, indem sie eine Regelung bezüglich der Marktführerschaft getroffen und vertrauliche Informationen ausgetauscht hätten.

10      Die angefochtene Entscheidung enthält u. a. folgende Bestimmungen:

„Artikel 1

Die folgenden Unternehmen haben durch ihre Beteiligung, während der angegebenen Zeiträume, an einer Reihe von Vereinbarungen und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen in Form von Preisabsprachen und Marktaufteilung in der Industrierohrbranche gegen Artikel 81 Absatz 1 [EG] und, ab 1. Januar 1994, Artikel 53 Absatz 1 EWR-Abkommen verstoßen:

a)      [Wieland] vom 3. Mai 1988 bis 22. März 2001;

b)      Outokumpu …: allein vom 3. Mai 1988 bis 30. Dezember 1988 und gesamtschuldnerisch haftend mit [Luvata] vom 31. Dezember 1988 bis 22. März 2001;

c)      [Luvata]: vom 31. Dezember 1988 bis 22. März 2001 (gesamtschuldnerisch haftend mit [Outokumpu]);

d)      [KME Germany]: allein vom 3. Mai 1988 bis 19. Juni 1995 und gesamtschuldnerisch haftend mit [KME France] und [KME Italy] vom 20. Juni 1995 bis 22. März 2001;

e)      [KME Italy]: gesamtschuldnerisch haftend mit [KME France] vom 3. Mai 1988 bis 19. Juni 1995 und gesamtschuldnerisch haftend mit [KME Germany] und [KME France] vom 20. Juni 1995 bis 22. März 2001;

f)      [KME France]: gesamtschuldnerisch haftend mit [KME Italy] vom 3. Mai 1988 bis 19. Juni 1995 und gesamtschuldnerisch haftend mit [KME Germany] und [KME Italy] vom 20. Juni 1995 bis 22. März 2001.

Artikel 2

Für die in Artikel 1 genannten Zuwiderhandlungen werden folgende Geldbußen festgesetzt:

a)      [Wieland]: 20,79 Mio. EUR;

b)      Outokumpu … und [Luvata], gesamtschuldnerisch haftend: 18,13 Mio. EUR;

c)      [KME Germany], [KME France] und [KME Italy], gesamtschuldnerisch haftend: 18,99 Mio. EUR;

d)      [KME Germany]: 10,41 Mio. EUR;

e)      [KME Italy] und [KME France] gesamtschuldnerisch haftend: 10,41 Mio. EUR.“

11      In einem ersten Schritt stufte die Kommission zur Festsetzung des Ausgangsbetrags der Geldbuße die Zuwiderhandlung, die hauptsächlich in der Festsetzung von Preisen und der Aufteilung von Märkten bestanden habe, als eine ihrem Wesen nach besonders schwere Zuwiderhandlung ein (Randnr. 294 der angefochtenen Entscheidung).

12      Bei der Feststellung der Schwere der Zuwiderhandlung berücksichtigte die Kommission auch, dass das Kartell das gesamte Gebiet des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) betreffe (Randnr. 316 der angefochtenen Entscheidung). Sie untersuchte ferner die tatsächlichen Auswirkungen der Zuwiderhandlung und stellte fest, die Vereinbarung habe „unter dem Strich Marktwirkungen gezeitigt“ (Randnr. 314 der angefochtenen Entscheidung).

13      Für diese letzte Feststellung stützte sie sich insbesondere auf folgende Gesichtspunkte: Erstens berücksichtigte sie in Bezug auf die Umsetzung der Vereinbarung, dass sich die Teilnehmer gegenseitig über Absatzzahlen und Preisniveaus unterrichtet hätten (Randnr. 300 der angefochtenen Entscheidung). Zweitens fänden sich in der Akte Hinweise darauf, dass die Preise in Zeiträumen einer schwächeren Umsetzung der Vereinbarungen gefallen und in anderen Zeiträumen stark gestiegen seien (Randnr. 310 der angefochtenen Entscheidung). Drittens nahm die Kommission auf den von den Mitgliedern der Vereinbarungen gemeinsam gehaltenen Marktanteil von 75 % bis 85 % Bezug (Randnr. 310 der angefochtenen Entscheidung). Viertens stellte die Kommission fest, dass die jeweiligen Marktanteile der Teilnehmer der Vereinbarung – trotz der Kundenfluktuation zwischen ihnen – während der gesamten Dauer der Zuwiderhandlung relativ stabil geblieben seien (Randnr. 312 der angefochtenen Entscheidung).

14      Schließlich berücksichtigte die Kommission im Rahmen der Feststellung der Schwere der Zuwiderhandlung noch, dass die Branche der Kupfer-Industrierohre einen wichtigen Industriezweig darstelle, dessen Marktwert bezogen auf den EWR mit 288 Millionen Euro veranschlagt werde (Randnr. 318 der angefochtenen Entscheidung).

15      Unter Berücksichtigung aller dieser Umstände stellte die Kommission fest, dass die in Rede stehende Zuwiderhandlung besonders schwer sei (Randnr. 320 der angefochtenen Entscheidung).

16      In einem zweiten Schritt nahm die Kommission eine differenzierte Behandlung der betreffenden Unternehmen entsprechend ihrer Möglichkeit vor, den Wettbewerb aufgrund ihrer tatsächlichen Wirtschaftskraft erheblich zu schädigen. In dieser Hinsicht stellte die Kommission einen Unterschied zwischen den Anteilen am Kupferrohrmarkt im EWR fest, die die KME-Gruppe, Marktführerin im EWR mit [vertraulich](1) Marktanteil, einerseits und Outokumpu und Wieland mit [vertraulich] bzw. 13,4 % Marktanteil andererseits halten. In Anbetracht dieses Unterschieds wurde der Ausgangsbetrag der Geldbuße für Outokumpu und für Wieland auf 33 % der Geldbuße für die KME-Gruppe festgesetzt, also auf 11,55 Millionen Euro für Outokumpu und für Wieland und 35 Millionen Euro für die KME-Gruppe (Randnrn. 327 und 328 der angefochtenen Entscheidung).

17      Wegen der Gründung der KME-Gruppe im Jahr 1995 teilte die Kommission den Ausgangsbetrag von 35 Millionen Euro der gegen die Gruppe verhängten Geldbuße in zwei Teile auf. Der erste Teil bezieht sich auf den Zeitraum von 1988 bis 1995 (wobei zwischen KME Germany, KME France und KME Italy unterschieden wird), der zweite auf den Zeitraum von 1995 bis 2001 (wobei die drei Gesellschaften als Gruppe betrachtet werden). Dieser Ausgangsbetrag wurde daher wie folgt aufgeteilt: 8,75 Millionen Euro für KME Germany (1988 bis 1995); 8,75 Millionen Euro für KME Italy und KME France als Gesamtschuldner (1988 bis 1995) und 17,50 Millionen Euro für die KME-Gruppe, d. h. für KME Germany, KME France und KME Italy als Gesamtschuldner (1995 bis 2001) (Randnr. 329 der angefochtenen Entscheidung).

18      In einem dritten Schritt erhöhte die Kommission, um der Notwendigkeit Rechnung zu tragen, die Geldbuße in einer Höhe festzusetzen, die ihre abschreckende Wirkung sicherstellt, den Ausgangsbetrag der gegen Outokumpu verhängten Geldbuße um 50 % auf 17,33 Millionen Euro, da der weltweite Gesamtumsatz von Outokumpu von über 5 Milliarden Euro auf eine diese Erhöhung rechtfertigende Größe und Wirtschaftskraft hindeute (Randnr. 334 der angefochtenen Entscheidung).

19      In einem vierten Schritt bewertete die Kommission die Zuwiderhandlung, die sich über einen Zeitraum vom 3. Mai 1988 bis 22. März 2001 erstreckte, im Hinblick auf ihre Dauer als „lang“. Unter Berücksichtigung der Dauer der Zuwiderhandlung hielt sie es für angemessen, den Ausgangsbetrag der gegen die betreffenden Unternehmen verhängten Geldbußen für jedes Jahr der Teilnahme am Kartell um 10 % zu erhöhen. Daher erhöhte die Kommission den Ausgangsbetrag der für den Zeitraum von 1995 bis 2001 gegen die KME-Gruppe verhängten Geldbuße um 55 % und den Ausgangsbetrag der für den Zeitraum von 1988 bis 1995 gegen KME Germany einerseits und gegen KME Italy und KME France andererseits verhängten Geldbußen um 70 %. Der Grundbetrag der Geldbußen wurde folglich für die KME-Gruppe insgesamt auf 56,88 Millionen Euro festgesetzt (Randnrn. 338, 342 und 347 der angefochtenen Entscheidung).

20      In einem fünften Schritt wurde der Grundbetrag der gegen Outokumpu verhängten Geldbuße im Hinblick auf den erschwerenden Umstand um 50 % erhöht, dass sie als Adressatin der Entscheidung 90/417/EGKS der Kommission vom 18. Juli 1990 in einem Verfahren nach Artikel 65 [KS] betreffend eine Vereinbarung und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen von europäischen Herstellern von kaltgewalzten, nichtrostenden, flachen Stahlerzeugnissen (ABl. L 220, S. 28) Wiederholungstäterin sei (Randnr. 354 der angefochtenen Entscheidung).

21      In einem sechsten Schritt berücksichtigte die Kommission als mildernden Umstand, dass sie ohne die Zusammenarbeit von Outokumpu das rechtswidrige Verhalten nur für einen Zeitraum von vier Jahren hätte beweisen können, und reduzierte daher den Grundbetrag ihrer Geldbuße um 22,22 Millionen Euro, so dass der Grundbetrag der Geldbuße entspricht, die für einen solchen Zeitraum gegen sie verhängt worden wäre (Randnr. 386 der angefochtenen Entscheidung).

22      In einem siebten Schritt schließlich ermäßigte die Kommission gemäß Abschnitt D der Mitteilung von 1996 über Zusammenarbeit den Betrag der Geldbußen für Outokumpu um 50 %, für Wieland um 20 % und für die KME-Gruppe um 30 % (Randnrn. 402, 408 und 423 der angefochtenen Entscheidung).

 Verfahren und Anträge der Parteien

23      Die Klägerinnen haben mit Klageschrift, die am 1. April 2004 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, die vorliegende Klage erhoben.

24      Im Zuge einer Änderung der Besetzung der Kammern des Gerichts ist der Berichterstatter der Achten Kammer zugeteilt worden, der deshalb die vorliegende Rechtssache zugewiesen worden ist.

25      Die Kommission hat in ihrer Gegenerwiderung beantragt, die gegen die Klägerinnen verhängte Geldbuße zu erhöhen, weil diese in ihrer Erwiderung bestimmte im Verwaltungsverfahren nicht bestrittene Tatsachen in Frage gestellt hätten. Das Gericht hat die Klägerinnen aufgefordert, zu diesem Gegenantrag Stellung zu nehmen, und die Klägerinnen sind dieser Aufforderung innerhalb der gesetzten Frist nachgekommen.

26      Das Gericht (Achte Kammer) hat auf Bericht des Berichterstatters beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen, und hat die Parteien im Rahmen prozessleitender Maßnahmen im Sinne von Art. 64 seiner Verfahrensordnung gebeten, bestimmte Unterlagen vorzulegen, und ihnen schriftliche Fragen gestellt, auf die sie innerhalb der gesetzten Fristen geantwortet haben.

27      Die Parteien haben in der Sitzung vom 27. Februar 2008 mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet. Bei dieser Gelegenheit haben die Klägerinnen zur Stützung eines ihrer Klagegründe Unterlagen verwendet, die u. a. Statistiken und Grafiken zur Preisentwicklung der Preise für Industrierohre einerseits und für Kupfer andererseits enthielten. Die Kommission hat der Verwendung dieser Unterlagen widersprochen, da sie die darin enthaltenen Informationen nicht habe prüfen können und diese Informationen jedenfalls einen anderen als den hier relevanten Zeitraum beträfen.

28      Die von den Klägerinnen in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Unterlagen sind nicht zur Akte genommen worden.

29      Die Klägerinnen beantragen,

–        die gegen die KME-Gruppe verhängte Geldbuße erheblich herabzusetzen;

–        der Kommission die Kosten aufzuerlegen;

–        die Kommission zur Zahlung der Kosten zu verurteilen, die ihnen durch die Stellung einer Bankbürgschaft für die Zahlung der Geldbuße bis zum Urteil entstanden sind;

–        alle sonstigen Maßnahmen zu erlassen, die dem Gericht angemessen erscheinen.

30      Die Kommission beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        den Klägerinnen die Kosten aufzuerlegen;

–        die gegen die Klägerinnen verhängte Geldbuße zu erhöhen.

 Gründe

31      Die Klägerinnen stützen ihre Klage auf fünf Klagegründe, die sich alle auf die Festsetzung der gegen sie verhängten Geldbuße beziehen. Mit ihnen machen sie eine nicht angemessene Berücksichtigung der konkreten Auswirkungen des Kartells bei der Berechnung des Ausgangsbetrags der Geldbuße, eine unzutreffende Beurteilung der Größe des relevanten Marktes, eine fehlerhafte Erhöhung der Geldbuße aufgrund der Dauer der Zuwiderhandlung, die Nichtberücksichtigung mildernder Umstände und eine fehlerhafte Anwendung der Mitteilung von 1996 über Zusammenarbeit geltend.

32      Einleitend ist zum einen daran zu erinnern, dass aus den Randnrn. 290 bis 387 der angefochtenen Entscheidung hervorgeht, dass die von der Kommission wegen der Zuwiderhandlung festgesetzten Geldbußen gemäß Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17 verhängt wurden, und zum anderen daran, dass die Kommission in der angefochtenen Entscheidung zwar nicht ausdrücklich auf die Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, die gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 und gemäß Artikel 65 Absatz 5 [KS] festgesetzt werden (ABl. 1998, C 9, S. 3, im Folgenden: Leitlinien), Bezug nimmt, es aber unstreitig ist, dass sie den Betrag der Geldbußen unter Anwendung der dort dargelegten Methode bestimmt hat.

33      Die Leitlinien können zwar nicht als Rechtsnorm qualifiziert werden, stellen aber eine Verhaltensnorm dar, die einen Hinweis auf die zu befolgende Praxis enthält und von der die Kommission im Einzelfall nur unter Angabe von mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz zu vereinbarenden Gründen abweichen kann (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 18. Mai 2006, Archer Daniels Midland und Archer Daniels Midland Ingredients/Kommission, C‑397/03 P, Slg. 2006, I‑4429, Randnr. 91 und die dort angeführte Rechtsprechung).

34      Es ist somit Sache des Gerichts, im Rahmen der Kontrolle der Rechtmäßigkeit der mit der angefochtenen Entscheidung verhängten Geldbußen zu prüfen, ob die Kommission ihr Ermessen gemäß der in den Leitlinien dargelegten Methode ausgeübt hat, und, soweit es feststellt, dass sie davon abgewichen ist, ob diese Abweichung gerechtfertigt und rechtlich hinreichend begründet ist. Hierzu ist festzustellen, dass der Gerichtshof die Gültigkeit zum einen des Prinzips der Leitlinien selbst und zum anderen der darin angegebenen Methode bestätigt hat (Urteil des Gerichtshofs vom 28. Juni 2005, Dansk Rørindustri u. a./Kommission, C‑189/02 P, C‑202/02 P, C‑205/02 P bis C‑208/02 P und C‑213/02 P, Slg. 2005, I‑5425, Randnrn. 252 bis 255, 266 bis 267, 312 und 313).

35      Die aus dem Erlass der Leitlinien resultierende Selbstbeschränkung des Ermessens der Kommission ist nämlich nicht unvereinbar mit dem Fortbestand eines erheblichen Wertungsspielraums der Kommission. Die Leitlinien enthalten verschiedene Spielräume, die es der Kommission ermöglichen, ihr Ermessen im Einklang mit den Vorschriften der Verordnung Nr. 17 in ihrer Auslegung durch den Gerichtshof auszuüben (Urteil Dansk Rørindustri u. a./Kommission, oben in Randnr. 30 angeführt, Randnr. 267).

36      Daher ist in den Bereichen, in denen die Kommission über einen Ermessensspielraum verfügt, z. B. in Bezug auf den Erhöhungssatz nach Maßgabe der Dauer, die Rechtmäßigkeitskontrolle dieser Wertungen auf die Prüfung beschränkt, dass kein offensichtlicher Beurteilungsfehler vorliegt (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 18. Juli 2005, Scandinavian Airlines System/Kommission, T‑241/01, Slg. 2005, II‑2917, Randnrn. 64 und 79).

37      Im Übrigen greifen der Wertungsspielraum der Kommission und die diesem von ihr selbst gezogenen Grenzen grundsätzlich nicht der Ausübung der dem Gemeinschaftsrichter zustehenden Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung vor (Urteil des Gerichts vom 8. Juli 2004, JFE Engineering u. a./Kommission, T‑67/00, T‑68/00, T‑71/00 und T‑78/00, Slg. 2004, II‑2501, Randnr. 538), die ihn ermächtigt, die von der Kommission verhängte Geldbuße für nichtig zu erklären, zu ermäßigen oder zu erhöhen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 8. Februar 2007, Groupe Danone/Kommission, C‑3/06 P, Slg. 2007, I‑1331, Randnrn. 60 bis 62; Urteil des Gerichts vom 21. Oktober 2003, General Motors Nederland und Opel Nederland/Kommission, T‑368/00, Slg. 2003, II‑4491, Randnr. 181).

 Zum ersten Klagegrund: Keine angemessene Berücksichtigung der konkreten Auswirkungen des Kartells

 Vorbringen der Parteien

38      Im Rahmen ihres ersten Klagegrundes machen die Klägerinnen geltend, die Kommission sei verpflichtet gewesen, die konkreten Auswirkungen des Kartells auf den Markt im vorliegenden Fall bei der Festsetzung der Geldbußen zu berücksichtigen. Die angefochtene Entscheidung sei fehlerhaft, weil die Kommission diese Verpflichtung verkannt habe. Damit habe sie zugleich gegen die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Verhältnismäßigkeit sowie gegen die Leitlinien verstoßen. Außerdem seien Begründung und Ergebnis der angefochtenen Entscheidung in Bezug auf die konkreten Auswirkungen des Kartells fehlerhaft, unbelegt und widersprüchlich.

39      Im vorliegenden Fall sei die Verpflichtung der Kommission, die konkreten Auswirkungen des Kartells in angemessener Weise festzustellen, wegen der Begründung, die sie dafür gegeben habe, bei den Klägerinnen einen dreimal so hohen Ausgangsbetrag der Geldbuße anzuwenden wie bei Wieland und Outokumpu, noch stärker gewesen. Die Kommission habe nämlich zur Rechtfertigung dieser Ungleichbehandlung angeführt, dass das jeweilige Gewicht und damit die tatsächliche Auswirkung des rechtswidrigen Verhaltens jedes einzelnen Unternehmens auf den Wettbewerb berücksichtigt werden müsse. Es liege auf der Hand, dass diese Begründung auf der Annahme des Vorliegens tatsächlicher Auswirkungen des Kartells beruhe. Die Auferlegung verschieden hoher Geldbußen je nach den Auswirkungen des individuellen Verhaltens der beteiligten Unternehmen ergebe nur dann einen Sinn, wenn die Zuwiderhandlung insgesamt konkrete Auswirkungen auf den Markt gehabt habe.

40      Daher sei die Position der Kommission, das Wesen des Kartells habe ausgereicht, um den Ausgangsbetrag der der KME-Gruppe auferlegten Geldbuße zu rechtfertigen, unbegründet und unhaltbar.

41      Die Klägerinnen erinnern daran, dass sie auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte hin einen Bericht einer Beratungsgesellschaft vorgelegt hätten (im Folgenden: ursprünglicher Bericht), der das Fehlen tatsächlicher Auswirkungen der Zuwiderhandlung auf die Preise dargelegt habe. Zudem hätten sie im Verlauf dieses Verfahrens zwei weitere Berichte (im Folgenden: erster bzw. zweiter ergänzender Bericht) vorgelegt, die der Klageschrift bzw. der Erwiderung als Anlage beigefügt worden seien. Diese beiden Zusatzberichte seien von zwei der Autoren des ursprünglichen Berichts verfasst worden und bestätigten dessen Schlussfolgerungen.

42      Unter Bezugnahme auf die Randnrn. 299, 300 und 314 der angefochtenen Entscheidung führen die Klägerinnen aus, die Vorgehensweise der Kommission sei widersprüchlich, da es nicht logisch sei, wenn diese einerseits behaupte, es sei unmöglich, die Auswirkungen des Kartells auf die Preise zu bestimmen, und andererseits feststelle, dass es tatsächlich Auswirkungen auf die Preise gehabt habe.

43      In Anbetracht des von der Kommission beobachteten Zusammentreffens zwischen Preiserhöhungen und Nachfrageerhöhungen hätte diese eine empirische Untersuchung durchführen müssen. Fehle es an einer angemessenen ökonometrischen Studie, hätte die Kommission feststellen müssen, dass es grundsätzlich unmöglich sei, zu bestimmen, ob die Preiserhöhungen das Ergebnis einer Abstimmung zwischen Unternehmen oder allein der Erhöhung der Nachfrage geschuldet seien.

44      Im Übrigen seien die Behauptungen der Kommission in Bezug auf den ursprünglichen Bericht unzutreffend. Die Klägerinnen beziehen sich insoweit vor allem auf die beiden ergänzenden Berichte und führen aus, dass in der im ursprünglichen Bericht enthaltenen Untersuchung zutreffend festgestellt worden sei, dass das Kartell keine konkreten Auswirkungen auf die Preisschwankungen gehabt habe.

45      Schließlich machen die Klägerinnen unter Bezugnahme auf im Rahmen ihres vierten Klagegrundes ausgeführte Argumente geltend, dass die Akte Beispiele für die Nichteinhaltung der Kartellvereinbarungen enthalte und sie die Vereinbarung nur in begrenztem Umfang umgesetzt hätten.

46      Die Klägerinnen kommen demnach zu dem Ergebnis, dass der Ausgangsbetrag ihrer Geldbuße am unteren Rand der Bußgeldskala für Kartellrechtsverstöße hätte festgesetzt und weniger als das Dreifache des Ausgangsbetrags der für Wieland und für Outokumpu festgesetzten Geldbußen hätte betragen müssen.

47      Die Kommission beantragt, den Klagegrund zurückzuweisen.

48      Sie macht insbesondere geltend, dass die Klägerinnen drei der vier von ihr festgehaltenen Aspekte der Auswirkungen der Zuwiderhandlung auf den Markt, nämlich den Einfluss auf die Preis- und Mengenangebote an die Kunden, die Umsetzung der vereinbarten Preiserhöhungen und die Stabilisierung der Marktanteile weder in ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte noch in ihrer Klageschrift bestritten hätten.

49      Diese drei Aspekte seien von den Klägerinnen erstmals in ihrer Erwiderung bestritten worden. Dieses Vorbringen sei ein neues Angriffs- und Verteidigungsmittel und folglich gemäß Art. 48 § 2 der Verfahrensordnung unzulässig. Die oben genannten Tatsachen seien in der Mitteilung der Beschwerdepunkte unter den Bestandteilen der Zuwiderhandlung genannt worden. Die Kommission führt aus, sie habe, indem sie den Klägerinnen einen Abschlag von 30 % von der Geldbuße gewährt habe, u. a. der Tatsache Rechnung getragen, dass sie diese Tatsachen im Verwaltungsverfahren nicht bestritten hätten. Sie hätte diesen Abschlag nicht gewährt, wenn die Klägerinnen die Tatsachen in ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte bestritten hätten. Folglich ersucht die Kommission das Gericht, die gegen die Klägerinnen verhängte Geldbuße zu erhöhen.

50      Die Kommission erhebt auch gegen den zweiten ergänzenden Bericht eine Einrede der Unzulässigkeit. Die Vorlage dieses Berichts sei nach Art. 48 § 1 der Verfahrensordnung unzulässig. Statt die von der Kommission in ihrer Klageerwiderung ausgeführten Beanstandungen in Bezug auf die früheren Berechnungen zu widerlegen, versuchten die Verfasser des zweiten ergänzenden Berichts, eine Reihe neuer Berechnungen einzubringen, die diejenigen des ersten ergänzenden Berichts ersetzen sollten. Der zweite ergänzende Bericht sei auch gemäß Art. 44 § 1 Buchst. c der Verfahrensordnung auszuschließen, weil er, obwohl es sich um eine Anlage handele, Argumente enthalte, mit denen in der Sache auf von der Kommission in der Klageerwiderung vorgebrachte Argumente geantwortet werde.

 Würdigung durch das Gericht

51      Vorab ist über die von der Kommission erhobenen Einreden der Unzulässigkeit sowie die Widerklage zu entscheiden.

52      Erstens ist, was die „drei der vier Aspekte der Auswirkungen des Kartells“ betrifft, festzustellen, dass die Klägerinnen in ihrer Klageschrift die Schlussfolgerung der Kommission, dass die Zuwiderhandlung konkrete Auswirkungen auf den Markt gehabt habe, in Frage gestellt haben. Sie haben geltend gemacht, dass das Kartell keine erheblichen Auswirkungen auf die Preise gehabt habe, und vorgebracht, dass die Stabilisierung der Marktanteile sowie die Umsetzung von Preiserhöhungen für den Nachweis tatsächlicher Auswirkungen der Zuwiderhandlung nicht relevant sein könnten.

53      Diese Argumentation haben die Klägerinnen in ihrer Erwiderung fortgeführt, indem sie auf das Vorbringen der Kommission in ihrer Klagebeantwortung geantwortet haben, dass drei der vier Aspekte der Auswirkungen des Kartells in der Klageschrift nicht in Frage gestellt worden seien. Damit ist die von der Kommission in diesem Zusammenhang erhobene Einrede der Unzulässigkeit offensichtlich unbegründet und ihre Widerklage folglich unzulässig.

54      In Bezug auf die Frage, ob der zweite ergänzende Bericht ein zulässiges Beweisangebot darstellt, ist daran zu erinnern, dass gemäß Art. 48 § 1 der Verfahrensordnung die Parteien in der Erwiderung oder in der Gegenerwiderung noch Beweismittel benennen können, die Verspätung aber dann zu begründen haben. Diese Vorschrift betrifft indes neue Beweismittel und ist im Zusammenhang mit Art. 66 § 2 zu sehen, wonach Gegenbeweis und Erweiterung des Beweisantritts vorbehalten bleiben (Urteil des Gerichtshofs vom 17. Dezember 1998, Baustahlgewebe/Kommission, C‑185/95 P, Slg. 1998, I‑8417, Randnr. 72, und Urteil des Gerichts vom 12. September 2007, Kommission/Trends, T‑448/04, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 52).

55      Im vorliegenden Fall wurden zwei wirtschaftswissenschaftliche Studien, nämlich der ursprüngliche Bericht und der erste ergänzende Bericht, der Klageschrift als Anlagen beigefügt, um die Behauptung der Klägerinnen zu stützen, dass die Zuwiderhandlung keine Auswirkungen auf den Markt gehabt habe. Die Kommission hat in ihrer Klagebeantwortung Argumente vorgebracht, mit denen dargelegt werden sollte, dass die Methode und der Maßstab, die im ursprünglichen Bericht und im ersten ergänzenden Bericht verwendet wurden, fehlerhaft gewesen seien, dass deren Aussagekraft ungewiss sei und dass jedenfalls die Ergebnisse dieser Berichte der Feststellung von Auswirkungen des Kartells auf die Preise nicht entgegenstünden.

56      Damit kann der zweite ergänzende Bericht, der die genannten Beanstandungen der Kommission widerlegen soll, kein neues Beweisangebot sein, wie die Kommission behauptet, sondern stellt eine Verstärkung der von den Klägerinnen bereits mit der Klageschrift vorgelegten Beweise in Bezug auf das Fehlen von Auswirkungen des Kartells auf die Preise dar.

57      Was die Rüge der Kommission angeht, dass der zweite ergänzende Bericht, obwohl es sich um eine Anlage handele, Argumente enthalte, mit denen in der Sache auf von ihr in der Klagebeantwortung vorgebrachte Argumente geantwortet werde, ist daran zu erinnern, dass es nicht Sache des Gerichts ist, die Klagegründe und Argumente, auf die sich die Klage möglicherweise stützen lässt, in den Anlagen zu suchen und zu identifizieren, denn die Anlagen haben eine bloße Beweis- und Hilfsfunktion (vgl. Urteil des Gerichts vom 17. September 2007, Microsoft/Kommission, T‑201/04, Slg. 2007, II‑3601, Randnr. 94 und die dort angeführte Rechtsprechung).

58      Im vorliegenden Fall haben die Klägerinnen in ihrer Erwiderung die Einwände der Kommission gegen die beiden der Klageschrift als Anlagen beigefügten Berichte als zum Teil ins Leere gehend und zum Teil unbegründet zurückgewiesen. In diesem Zusammenhang haben sie in der Erwiderung ausgeführt, dass das Ergebnis dieser Berichte, nämlich das Fehlen von Auswirkungen des Kartells auf die Preise, selbst unter Berücksichtigung der methodologischen Einwände der Kommission dasselbe bliebe. Ferner haben sie vorgebracht, dass die Interpretation bestimmter in den genannten Berichten enthaltener Daten durch die Kommission in statistischer Hinsicht falsch sei.

59      Das Gericht stellt fest, dass der zweite ergänzende Bericht kein neues rechtliches Vorbringen enthält, sondern mittels neuer Berechnungsmethoden und ökonometrischer Referenzen die in der Erwiderung formulierten Aussagen untermauert. Hieraus folgt, dass alle von den Klägerinnen im Rahmen des ersten Klagegrundes vorgebrachten Beweisangebote und Rügen für zulässig zu erklären sind.

60      Zur Begründetheit dieses Klagegrundes ist festzustellen, dass die Klägerinnen damit sowohl die Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung (siehe oben, Randnrn. 12 und 13) durch die Kommission als auch die von ihr vorgenommene differenzierte Behandlung auf der Grundlage der Marktanteile der betroffenen Unternehmen (siehe oben, Randnr. 16) rügen.

61      Was zunächst die differenzierte Behandlung der in Rede stehenden Unternehmen angeht, bringt die hierzu von der Kommission in der angefochtenen Entscheidung ausgeführte Begründung u. a. das Bestreben zum Ausdruck, „das Gewicht jedes einzelnen Unternehmens und damit die tatsächliche Auswirkung des individuellen rechtswidrigen Verhaltens auf den Wettbewerb“ zu berücksichtigen (Randnr. 322 der angefochtenen Entscheidung). Allerdings ist zu betonen, dass die Kommission selbst dann, wenn es an einem Nachweis für konkrete Auswirkungen der Zuwiderhandlung auf den Markt fehlt, zu einer differenzierten Behandlung nach Maßgabe der Anteile am betreffenden Markt berechtigt ist, wie sie in den Randnrn. 326 bis 329 der angefochtenen Entscheidung vorgenommen wird.

62      Nach der Rechtsprechung stellt nämlich der Anteil jedes der betreffenden Unternehmen an dem Markt, der Gegenstand einer beschränkenden Verhaltensweise war, ein objektives Kriterium dar, das zutreffend die Verantwortung jedes der Unternehmen an der Schädlichkeit dieser Verhaltensweise auf den normalen Wettbewerb angibt (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 29. April 2004, Tokai Carbon u. a./Kommission, T‑236/01, T‑239/01, T‑244/01 bis T‑246/01, T‑251/01 und T‑252/01, Slg. 2004, II‑1181, Randnr. 197).

63      In gleicher Weise ist auch in Bezug auf die Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung festzustellen, dass es keinen Einfluss auf die Qualifizierung der Zuwiderhandlung als „besonders schwer“ und damit auf den Betrag der Geldbuße gehabt hätte, wenn die Kommission nicht nachgewiesen hätte, dass das Kartell konkrete Auswirkungen auf den Markt hatte.

64      Aus dem gemeinschaftsrechtlichen Sanktionssystem für Verstöße gegen die Wettbewerbsregeln, wie es mit der Verordnung Nr. 17 geschaffen wurde und von der Rechtsprechung ausgelegt wird, ergibt sich, dass Kartelle aufgrund ihres Wesens die schwersten Geldbußen verdienen. Die Frage nach ihren möglichen konkreten Auswirkungen auf den Markt, insbesondere die Frage, inwieweit die Wettbewerbsbeschränkung zu einem höheren Marktpreis geführt hat als dem, der ohne Kartell zu erzielen gewesen wäre, ist für die Bestimmung der Höhe der Geldbußen kein entscheidendes Kriterium (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofs vom 7. Juni 1983, Musique diffusion française u. a./Kommission, 100/80 bis 103/80, Slg. 1983, 1825, Randnrn. 120 und 129, vom 17. Juli 1997, Ferriere Nord/Kommission, C‑219/95 P, Slg. 1997, I‑4411, Randnr. 33, vom 16. November 2000, Stora Kopparbergs Bergslags/Kommission, C‑286/98 P, Slg. 2000, I‑9925, Randnrn. 68 bis 77, und vom 25. Januar 2007, Dalmine/Kommission, C‑407/04 P, Slg. 2007, I‑829, Randnrn. 129 und 130; Urteil Tokai Carbon u. a./Kommission, oben in Randnr. 62 angeführt, Randnr. 225; vgl. auch Schlussanträge des Generalanwalts Mischo in der Rechtssache C‑283/98 P, Urteil des Gerichtshofs vom 16. November 2000, Mo och Domsjö/Kommission, Slg. 2000, I‑9855, I‑9858, Nrn. 95 bis 101).

65      Zudem ergibt sich aus den Leitlinien, dass Vereinbarungen oder aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die – wie im vorliegenden Fall – insbesondere auf die Festsetzung der Preise und die Aufteilung der Kunden abzielen, bereits aufgrund ihres Wesens als „besonders schwer“ eingestuft werden können, ohne dass es erforderlich wäre, dass solche Verhaltensweisen durch eine Auswirkung oder einen besonderen räumlichen Umfang gekennzeichnet sind. Dieses Ergebnis wird dadurch bestätigt, dass zwar in der Beschreibung der „schweren“ Verstöße ausdrücklich erwähnt wird, dass sie Auswirkungen auf den Markt haben und in einem größeren Teil des Gemeinsamen Marktes zum Tragen kommen, die Beschreibung der „besonders schweren“ Verstöße aber kein Erfordernis konkreter Auswirkungen auf den Markt oder auf ein besonderes geografisches Gebiet enthält (Urteil des Gerichts vom 25. Oktober 2005, Groupe Danone/Kommission, T‑38/02, Slg. 2005, II‑4407, Randnr. 150).

66      Vorsorglich weist das Gericht darauf hin, dass nach seiner Auffassung die Kommission eine konkrete Auswirkung des Kartells auf den betreffenden Markt rechtlich hinreichend nachgewiesen hat.

67      In diesem Zusammenhang ist hervorzuheben, dass die Prämisse der Klägerinnen, wonach die Kommission, sofern sie sich bei der Festsetzung der Geldbuße auf eine konkrete Auswirkung des Kartells berufe, verpflichtet sei, das Vorliegen einer greifbaren wirtschaftlichen Auswirkung auf den Markt und einen Kausalzusammenhang zwischen der Auswirkung und der Zuwiderhandlung wissenschaftlich nachzuweisen, von der Rechtsprechung zurückgewiesen worden ist.

68      Das Gericht hat nämlich mehrfach entschieden, dass die konkreten Auswirkungen eines Kartells auf den Markt als hinreichend nachgewiesen anzusehen sind, wenn die Kommission in der Lage ist, konkrete und glaubhafte Indizien dafür vorzulegen, dass das Kartell mit hinreichender Wahrscheinlichkeit Auswirkungen auf den Markt hatte (vgl. u. a. Urteile des Gerichts Scandinavian Airlines System/Kommission, oben in Randnr. 36 angeführt, Randnr. 122, vom 27. September 2006, Archer Daniels Midland/Kommission, T‑59/02, Slg. 2006, II‑3627, Randnrn. 159 bis 161, Jungbunzlauer/Kommission, T‑43/02, Slg. 2006, II‑3435, Randnrn. 153 bis 155, Archer Daniels Midland/Kommission, T‑329/01, Slg. 2006, II‑3255, Randnrn. 176 bis 178, Roquette Frères/Kommission, T‑322/01, Slg. 2006, II‑3137, Randnrn. 73 bis 75).

69      In dieser Hinsicht ist festzustellen, dass die Klägerinnen die oben in Randnr. 13 dargelegten Tatsachen nicht bestritten haben, auf die sich die Kommission für ihre Annahme des Vorliegens konkreter Auswirkungen des Kartells auf den Markt gestützt hat, dass nämlich die Preise in Zeiträumen einer schwächeren Umsetzung der Vereinbarungen gefallen und in anderen Zeiträumen stark gestiegen sind, dass ein System für den Austausch von Daten über Verkaufsvolumen und Preisniveaus geschaffen wurde, dass die Kartellmitglieder insgesamt über einen großen Marktanteil verfügten und dass die jeweiligen Marktanteile der Kartellteilnehmer während der Dauer der Zuwiderhandlung relativ stabil geblieben sind. Die Klägerinnen haben nur geltend gemacht, diese Tatsachen seien nicht als Nachweis dafür geeignet, dass die in Rede stehende Zuwiderhandlung konkrete Auswirkungen auf den Markt gehabt habe.

70      Aus der Rechtsprechung geht jedoch hervor, dass die Kommission auf der Grundlage der in der vorstehenden Randnummer genannten Indizien annehmen darf, dass die Zuwiderhandlung konkrete Auswirkungen auf den Markt hatte (vgl. in diesem Sinne Urteile Jungbunzlauer/Kommission, oben in Randnr. 68 angeführt, Randnr. 159, Roquette Frères/Kommission, oben in Randnr. 68 angeführt, Randnr. 78, vom 27. September 2006, Archer Daniels Midland/Kommission, T‑59/02, oben in Randnr. 68 angeführt, Randnr. 165, Archer Daniels Midland/Kommission, T‑329/01, oben in Randnr. 68 angeführt, Randnr. 181; Urteil des Gerichts vom 14. Dezember 2006, Raiffeisen Zentralbank Österreich u. a./Kommission, T‑259/02 bis T‑264/02 und T‑271/02, Slg. 2006, II‑5169, Randnrn. 285 bis 287).

71      Soweit die Klägerinnen geltend machen, dass die Akte Beispiele für die Nichteinhaltung der Kartellvereinbarungen enthalte, ist dem entgegenzuhalten, dass die Tatsache, dass sich die Kartellmitglieder nicht immer an die Vereinbarungen hielten, nicht ausreicht, um eine Auswirkung auf den Markt auszuschließen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts Groupe Danone/Kommission, oben in Randnr. 65 angeführt, Randnr. 148).

72      Auch dem auf ihr eigenes Verhalten gestützten Vorbringen der Klägerinnen kann nicht gefolgt werden. Das von einem Unternehmen behauptete tatsächliche Verhalten ist nämlich bei der Bewertung der Auswirkungen eines Kartells auf den Markt nicht von Bedeutung; zu berücksichtigen sind lediglich die Wirkungen der Zuwiderhandlung in ihrer Gesamtheit (Urteil des Gerichts vom 9. Juli 2003, Archer Daniels Midland und Archer Daniels Midland Ingredients/Kommission, T‑224/00, Slg. 2003, II‑2597, Randnr. 167). Ebenso wenig kann beanstandet werden, dass die Kommission in Randnr. 303 der angefochtenen Entscheidung festgestellt hat, dass der ursprüngliche Bericht es nicht erlaube, ihre Feststellungen in Bezug auf die tatsächlichen Auswirkungen der Zuwiderhandlung auf den Markt zu widerlegen. Die in ihm enthaltene ökonometrische Untersuchung verarbeitet nämlich nur Zahlen, die sich auf die Klägerinnen beziehen.

73      In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen ist der vorliegende Klagegrund somit als unbegründet zurückzuweisen.

74      Das Gericht ist ferner im Rahmen seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung und im Licht der vorstehenden Erwägungen der Auffassung, dass die von der Kommission vorgenommene Beurteilung des nach Maßgabe der Schwere festgesetzten Ausgangsbetrags der Geldbuße nicht in Frage zu stellen ist.

 Zum zweiten Klagegrund: Unzutreffende Beurteilung der Größe der von der Zuwiderhandlung betroffenen Branche

 Vorbringen der Parteien

75      Mit diesem zweiten Klagegrund machen die Klägerinnen geltend, die Kommission habe, indem sie ein Marktvolumen von 288 Millionen Euro festgestellt habe, die Größe des betroffenen Marktes und damit die Schwere der Zuwiderhandlung überzeichnet, was zu einer zu hohen Geldbuße geführt habe. Außerdem verstoße die Vorgehensweise der Kommission gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz.

76      Die Klägerinnen stellen einleitend fest, dass sich der Gesamtpreis der Produkte im Industrierohrsektor normalerweise aus dem nach dem Kurs an der Londoner Metallbörse (London Metal Exchange, im Folgenden: LME) bestimmten Kupferpreis und den Bearbeitungskosten, die der Wertschöpfung des Herstellers entsprächen (im Folgenden: Bearbeitungsspanne), zusammensetze. Die für die Herstellung von Industrierohren aus Kupfer notwendigen Einsatzmetalle würden entweder vom Kunden bereitgestellt oder vom Rohrhersteller selbst beschafft und dann im Vollpreis weiterberechnet.

77      Die Größe des betroffenen Marktes sei ein relevanter Faktor für die Festsetzung des Ausgangsbetrags der Geldbuße. Zumindest habe die Kommission im vorliegenden Fall den Ausgangsbetrag nach Maßgabe der Größe des betroffenen Marktes bestimmt.

78      Die Klägerinnen behaupten, sie hätten als Hersteller von Industrierohren keinen Einfluss auf den Preis des wichtigsten Rohstoffs, Kupfer, der ungefähr zwei Drittel des von ihren Kunden bezahlten Endpreises ausmache. Der Metallpreis werde durch die täglichen Preisnotierungen an der LME festgelegt, und die Klägerinnen folgten bei der Beschaffung des Metalls lediglich den Weisungen der Käufer der Industrierohre. Daher bestimmten die Kunden selbst den Metallpreis. Der Kupferpreis sei folglich nur ein an den Kunden weitergegebener durchlaufender Posten. Die Volatilität des Metallpreises habe keinen Einfluss auf die Rentabilität der Klägerinnen. Das tatsächliche wirtschaftliche Gewicht des betroffenen Marktes sei daher auf die Bearbeitungsspanne beschränkt gewesen.

79      Im Übrigen sei der Begriff des bei der Bestimmung der Obergrenze von 10 % nach Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17 zu berücksichtigenden Gesamtumsatzes im vorliegenden Fall nicht notwendigerweise relevant, da es der Kommission und den Gemeinschaftsgerichten freistehe, den Umsatzbegriff im Zusammenhang mit der Berechnung der Größe des betreffenden Marktes anders auszulegen. Der Umsatz sei nämlich ein ungenauer Indikator für die Größe eines Produktmarkts. In bestimmten Fällen könnten somit andere Gesichtspunkte der Kommission eine bessere Beurteilung der Größe des Marktes ermöglichen.

80      Gestützt auf das Vorstehende bringen die Klägerinnen vor, die Kommission hätte ungefähr zwei Drittel vom Gesamtpreis der in Rede stehenden Produkte bei der Beurteilung der Größe des betroffenen Marktes abziehen müssen, was zur Festsetzung eines niedrigeren Ausgangsbetrags der Geldbuße geführt hätte. Die Kommission habe, indem sie den Kupferpreis nicht vom Umsatz des betroffenen Marktes abgezogen habe, die wirtschaftliche Realität des Marktes verkannt und unter Verstoß gegen Art. 15 der Verordnung Nr. 17 und die Leitlinien einen im Verhältnis zur Schwere der Zuwiderhandlung überzogenen Ausgangsbetrag der Geldbuße festgesetzt.

81      Die Tatsache, dass das Kartell neben den Absprachen über die Bearbeitungsspanne und andere kommerzielle Bedingungen auch die Aufteilung von Märkten und Kunden sowie einen rechtswidrigen Austausch von Informationen umfasst habe, könne die Stichhaltigkeit ihres Vorbringens, dass die Größe des relevanten Marktes im Rahmen der Ermittlung des Ausgangsbetrags der Geldbuße allein nach Maßgabe des auf die Bearbeitungsspanne bezogenen Umsatzes zu beurteilen sei, nicht beeinträchtigen.

82      Ferner müsse eine Sanktion, um abschreckend zu sein, an die vom Kartell erzielten Gewinne anknüpfen, und im vorliegenden Fall hingen die Gewinne der Kartellmitglieder nicht vom Metallpreis ab, sondern allein von der Bearbeitungsspanne der Rohre. Der formalistische Ansatz der Kommission führe im Übrigen zu einer strengeren Behandlung der im nachgelagerten Bereich der Herstellung tätigen Wirtschaftsteilnehmer gegenüber den auf den vorgelagerten Märkten tätigen Unternehmen. Dasselbe gelte für die Wirtschaftsteilnehmer, die teure Rohstoffe bearbeiteten, gegenüber denjenigen, die billige Rohstoffe bearbeiteten.

83      Die Kommission beantragt die Zurückweisung des von den Klägerinnen vorgebrachten Klagegrundes. Außerdem macht sie in ihrer Gegenerwiderung geltend, die Klägerinnen hätten bestimmte in der angefochtenen Entscheidung enthaltene Feststellungen in Bezug auf die Ausdehnung der Preisabsprachen auf Zahlungs- und Lieferungsmodalitäten sowie auf Konsignationslager erstmals in der Erwiderung bestritten. Sie habe, als sie der KME‑Gruppe einen Abschlag von 30 % von der Geldbuße nach der Mitteilung der Beschwerdepunkte gewährt habe, u. a. der Tatsache Rechnung getragen, dass sie diese Feststellungen im Verwaltungsverfahren nicht bestritten habe. Die Kommission ersucht das Gericht deshalb, die genannten Argumente als unzulässig zurückzuweisen und die gegen die KME‑Gruppe verhängte Geldbuße in Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung auf jeden Fall zu erhöhen.

 Würdigung durch das Gericht

84      Vorab ist festzustellen, dass weder über die Einrede der Unzulässigkeit noch über die Widerklage der Kommission zu entscheiden ist. Die Klägerinnen haben nämlich in Beantwortung von Fragen des Gerichts in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich eingeräumt, dass sich das in Rede stehende Kartell auf Zahlungs- und Lieferungsmodalitäten sowie auf Konsignationslager erstreckte. Auf jeden Fall ist festzustellen, dass die Einrede der Unzulässigkeit unbegründet und die Widerklage unzulässig ist, da aus der Akte hervorgeht, dass die Auffassung, die Zuwiderhandlung habe nur den Markt der Bearbeitung betroffen, von den Klägerinnen sowohl im Verwaltungsverfahren als auch in der Klageschrift vertreten worden ist.

85      In der Sache ist zunächst hervorzuheben, dass die in den Leitlinien dargelegte Methode, die von der Kommission in der angefochtenen Entscheidung angewandt wurde (siehe oben, Randnr. 32), einer Pauschallogik entspricht, wonach der allgemeine Ausgangsbetrag der Geldbuße nach Maßgabe der Schwere des Verstoßes berechnet wird, die unter Berücksichtigung seiner Art und der konkreten Auswirkungen auf den Markt, sofern diese messbar sind, und des Umfangs des betreffenden räumlichen Marktes bestimmt wird (Nr. 1 A Abs. 1 der Leitlinien). Danach wird der allgemeine Ausgangsbetrag der Geldbuße für jeden Teilnehmer nach Maßgabe insbesondere seiner Größe individualisiert.

86      Im Übrigen kann die Kommission bei der Ermittlung des allgemeinen Ausgangsbetrags der Geldbuße die Größe des betroffenen Marktes berücksichtigen, ohne jedoch hierzu verpflichtet zu sein (Urteile des Gerichts vom 15. März 2006, BASF/Kommission, T‑15/02, Slg. 2006, II‑497, Randnr. 134, und Roquette Frères/Kommission, oben in Randnr. 68 angeführt, Randnrn. 149 und 150).

87      Aus der angefochtenen Entscheidung geht allerdings klar hervor, dass die Kommission im vorliegenden Fall die Größe des Industrierohrmarkts im EWR bei der Beurteilung der Schwere der in Rede stehenden Zuwiderhandlung berücksichtigt hat. Obwohl die Kommission bereits auf der Grundlage der Art der Zuwiderhandlung festgestellt hat, dass diese „besonders schwer“ im Sinne ihrer Leitlinien gewesen sei (Randnr. 294), hat sie nämlich die Schwere der Zuwiderhandlung und damit den allgemeinen Ausgangsbetrag der Geldbuße in der angefochtenen Entscheidung unter Berücksichtigung der tatsächlichen Auswirkungen des Kartells auf den Markt (Randnrn. 295 bis 314), der räumlichen Ausdehnung des fraglichen Marktes (Randnrn. 315 bis 317) und der Tatsache bestimmt, dass der von der Zuwiderhandlung betroffene Sektor ein wichtiger Markt sei, dessen Wert für den EWR mit 288 Millionen Euro veranschlagt werde (Randnrn. 318 und 319).

88      Auch wenn die Größe des betreffenden Marktes bei der Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung und der Bestimmung des allgemeinen Ausgangsbetrags der Geldbuße nur einer der Gesichtspunkte war, die die Kommission in der angefochtenen Entscheidung herangezogen hat, ist sie doch jedenfalls von der Kommission bei der Festsetzung dieses Betrags tatsächlich berücksichtigt worden. Damit ist das Vorbringen der Kommission zurückzuweisen, dass der Ausgangsbetrag der gegen die Klägerinnen verhängten Geldbuße nicht notwendigerweise geringer als 35 Millionen Euro gewesen wäre, wenn der Kupferpreis von dem Marktumsatz abgezogen worden wäre.

89      Folglich ist zu prüfen, ob die Kommission bei der Beurteilung der Größe des relevanten Marktes zu Unrecht den Kupferpreis berücksichtigt hat.

90      Die Klägerinnen führen hierzu aus, dass sich der Kupferpreis der Kontrolle der Industrierohrhersteller entziehe, da er an der LME festgelegt werde, und dass die Käufer von Industrierohren selbst entschieden, zu welchem Preis das Metall erworben werde. Die Schwankungen des Metallpreises hätten auch keine Auswirkung auf ihren Gewinn.

91      Es gibt jedoch keinen stichhaltigen Grund dafür, dass bei der Berechnung des Umsatzes eines Marktes bestimmte Produktionskosten außer Betracht gelassen werden müssten. Wie die Kommission zu Recht festgestellt hat, gibt es in allen Industriezweigen Kosten des Endprodukts, die der Hersteller nicht beherrschen kann, die aber gleichwohl einen wesentlichen Bestandteil seiner gesamten Tätigkeit bilden und daher im Rahmen der Festsetzung des Ausgangsbetrags der Geldbuße nicht von seinem Umsatz ausgenommen werden dürfen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 15. März 2000, Cimenteries CBR u. a./Kommission, T‑25/95, T‑26/95, T‑30/95 bis T‑32/95, T‑34/95 bis T‑39/95, T‑42/95 bis T‑46/95, T‑48/95, T‑50/95 bis T‑65/95, T‑68/95 bis T‑71/95, T‑87/95, T‑88/95, T‑103/95 und T‑104/95, Slg. 2000, II‑491, Randnrn. 5030 und 5031). Der Umstand, dass der Kupferpreis einen bedeutenden Teil des Endpreises der Industrierohre darstellt oder dass die Preisschwankungen beim Kupfer sehr viel höher sind als bei anderen Rohstoffen, steht diesem Ergebnis nicht entgegen.

92      Die verschiedenen Rügen der Klägerinnen schließlich, die darauf abzielen, dass es, statt auf das Kriterium des Umsatzes des relevanten Marktes abzustellen, im Hinblick auf den Abschreckungszweck der Geldbußen und den Grundsatz der Gleichbehandlung zweckmäßiger sei, den Betrag der Geldbußen nach Maßgabe der Rentabilität der betreffenden Branche oder der entsprechenden Wertschöpfung festzusetzen, sind unerheblich. In dieser Hinsicht ist zunächst festzustellen, dass die Schwere der Zuwiderhandlung unter Heranziehung zahlreicher Faktoren zu ermitteln ist, in Bezug auf die die Kommission über ein Ermessen verfügt (Urteil des Gerichts vom 12. Dezember 2007, BASF/Kommission, T‑101/05 und T‑111/05, Slg. 2007, II‑4949, Randnr. 65), ohne dass es eine zwingende oder abschließende Liste von Kriterien gäbe, die auf jeden Fall berücksichtigt werden müssten (Urteil Dalmine/Kommission, oben in Randnr. 64 angeführt, Randnr. 129); es ist daher nicht Sache des Gemeinschaftsrichters, sondern der Kommission, im Rahmen ihres Ermessensspielraums und innerhalb der sich aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz und der Verordnung Nr. 17 ergebenden Grenzen die Kriterien und die Zahlen auszuwählen, die sie berücksichtigen will, um eine Politik umzusetzen, die die Einhaltung der in Art. 81 EG genannten Verbote sicherstellt.

93      Sodann ist es unbestreitbar, dass der Umsatz eines Unternehmens oder eines Marktes als Beurteilungskriterium für die Schwere der Zuwiderhandlung zwangsläufig vage und unvollkommen ist. Damit wird nicht zwischen Branchen mit hoher und solchen mit geringer Wertschöpfung oder zwischen profitablen und weniger profitablen Unternehmen unterschieden. Gleichwohl wird der Umsatz trotz seines Näherungscharakters gegenwärtig sowohl vom Gemeinschaftsgesetzgeber als auch vom Gerichtshof als angemessenes Kriterium angesehen, um im Rahmen des Wettbewerbsrechts die Größe und Wirtschaftskraft der betreffenden Unternehmen zu beurteilen (vgl. insbesondere Urteil Musique diffusion française u. a./Kommission, oben in Randnr. 64 angeführt, Randnr. 121, Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17, zehnter Erwägungsgrund und Art. 14 und 15 der Verordnung [EG] Nr. 139/2004 des Rates vom 20. Januar 2004 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen [ABl. L 24, S. 1]).

94      Nach alledem ist festzustellen, dass die Kommission zu Recht den Kupferpreis bei der Bestimmung der Größe des betreffenden Marktes berücksichtigt hat.

 Zum dritten Klagegrund: Fehlerhafte Erhöhung des Ausgangsbetrags der Geldbuße aufgrund der Dauer der Zuwiderhandlung

 Vorbringen der Parteien

95      Die Klägerinnen machen im Wesentlichen geltend, dass die Kommission durch die Erhöhung des Ausgangsbetrags der gegen sie verhängten Geldbuße um 10 % für jedes Jahr der Teilnahme an der Zuwiderhandlung gegen die Leitlinien sowie die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Verhältnismäßigkeit verstoßen habe, da sie nicht die unterschiedliche Intensität des Kartells während der Dauer der Zuwiderhandlung berücksichtigt habe.

96      Die Erhöhung um 10 % je Jahr der Zuwiderhandlung sei die maximale Erhöhung, die die Kommission gemäß den Leitlinien im Fall von Langzeitverstößen auferlegen könne. Die Erhöhung des Ausgangsbetrags der Geldbuße aufgrund der Dauer habe daher keinen mechanischen Charakter, sondern müsse im Verhältnis zu den konkreten und objektiven Auswirkungen der Zuwiderhandlung auf die Verbraucher stehen.

97      Da die Kommission bei komplexen Kartellen auf den Begriff „einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung“ zurückgreifen könne, um die Haftung auf Unternehmen auszudehnen, die nicht unmittelbar an allen Bestandteilen des Gesamtkartells teilgenommen hätten, sei es unerlässlich, die Erhöhung der Geldbuße aufgrund der Dauer unter Berücksichtigung etwaiger Zeiträume geringerer Aktivität des Kartells anzupassen.

98      Im vorliegenden Fall rechtfertigten die Tatsachen nicht die Anwendung der jährlichen Erhöhung um 10 %, da erstens das fragliche Kartell keine großen Auswirkungen auf den Preis gehabt habe und zweitens die Intensität der Kartellaktivitäten sich während des Zeitraums der Zuwiderhandlung verändert habe, wie die Kommission im Übrigen in verschiedenen Randnummern der angefochtenen Entscheidung festgestellt habe.

99      Die Kommission beantragt die Zurückweisung des vorliegenden Klagegrundes.

 Würdigung durch das Gericht

100    Es ist daran zu erinnern, dass eine Erhöhung der Geldbuße nach Maßgabe der Dauer nicht auf den Fall beschränkt ist, dass zwischen der Dauer und einer erhöhten Schädigung der mit den Wettbewerbsregeln verfolgten Ziele der Gemeinschaft ein unmittelbarer Zusammenhang besteht (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 30. September 2003, Michelin/Kommission, T‑203/01, Slg. 2003, II‑4071, Randnr. 278 und die dort angeführte Rechtsprechung).

101    Aus den Leitlinien geht zudem hervor, dass die Kommission weder eine Überschneidung noch eine Wechselwirkung zwischen der Beurteilung der Schwere und der Beurteilung der Dauer der Zuwiderhandlung vorgesehen hat.

102    Im Gegenteil ergibt sich, erstens, aus dem Aufbau der Leitlinien, dass sie die Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung als solcher vorsehen, um einen allgemeinen Ausgangsbetrag der Geldbuße zu bestimmen. Zweitens wird die Schwere der Zuwiderhandlung anhand der Merkmale des betreffenden Unternehmens, insbesondere seiner Größe und seiner Stellung auf dem relevanten Markt, geprüft; dies kann zu einer Gewichtung des Ausgangsbetrags, zur Einteilung der Unternehmen in Kategorien und zur Festsetzung eines spezifischen Ausgangsbetrags führen. Drittens wird die Dauer des Verstoßes bei der Festsetzung des Ausgangsbetrags berücksichtigt, und viertens sehen die Leitlinien die Berücksichtigung erschwerender und mildernder Umstände vor, die es ermöglichen, die Geldbuße insbesondere nach Maßgabe der aktiven oder passiven Rolle der betreffenden Unternehmen bei der Durchführung der Zuwiderhandlung anzupassen.

103    Hieraus folgt, dass die bloße Tatsache, dass sich die Kommission bei Zuwiderhandlungen von langer Dauer die Möglichkeit einer Erhöhung des für die Schwere der Zuwiderhandlung angesetzten Betrags um bis zu 10 % pro Jahr der Zuwiderhandlung vorbehalten hat, sie nicht dazu verpflichtet, diesen Erhöhungssatz nach Maßgabe der Intensität der Aktivitäten des Kartells oder seiner Wirkungen oder auch der Schwere der Zuwiderhandlung festzusetzen. Es obliegt nämlich der Kommission, den Erhöhungssatz, den sie wegen der Dauer der Zuwiderhandlung anwenden will, im Rahmen ihres Ermessens (siehe oben, Randnr. 36) zu bestimmen.

104    Im vorliegenden Fall hat die Kommission insbesondere in den Randnrn. 335 und 340 der angefochtenen Entscheidung festgestellt, dass die KME-Gruppe während eines Zeitraums von zwölf Jahren und zehn Monaten, also eines langen Zeitraums im Sinne der Leitlinien, an der Zuwiderhandlung beteiligt war, und daher die Geldbuße um 125 % erhöht. Damit ist die Kommission nicht von den Regeln abgewichen, die sie sich in den Leitlinien selbst gesetzt hat. Im Übrigen ist das Gericht der Auffassung, dass diese Erhöhung um 125 % im vorliegenden Fall nicht offensichtlich unverhältnismäßig ist.

105    Aus alledem ergibt sich, dass der Klagegrund in Bezug auf die Erhöhung der Geldbuße nach Maßgabe der Dauer als unbegründet zurückzuweisen ist.

 Zum vierten Klagegrund: Fehlende Berücksichtigung bestimmter mildernder Umstände

 Vorbringen der Parteien

106    Im Rahmen des vierten Klagegrundes bringen die Klägerinnen vier Rügen vor und machen geltend, die Kommission habe gegen Nr. 3 der Leitlinien verstoßen, indem sie es abgelehnt habe, bestimmte mildernde Umstände zu berücksichtigen.

107    Die Klägerinnen machen erstens geltend, dass sie zwar nicht systematisch von der Umsetzung der streitigen Vereinbarungen abgesehen, diese jedoch nur in begrenztem Umfang umgesetzt hätten, was einen mildernden Umstand darstellen müsse.

108    Zweitens habe die Kommission zu Unrecht die Tatsache unberücksichtigt gelassen, dass die Klägerinnen die Zuwiderhandlung nach den von der Kommission durchgeführten Nachprüfungen umgehend und freiwillig beendet hätten.

109    Drittens habe die Kommission es zu Unrecht abgelehnt, die schwierige wirtschaftliche Situation der Industrierohrbranche als mildernden Umstand zu betrachten. Damit habe sie gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen und ihr Ermessen weit überschritten, da sie im vorliegenden Fall strengere Kriterien angewandt habe als in vergleichbaren Situationen. Die Klägerinnen nehmen insoweit auf frühere Entscheidungen der Kommission Bezug, in denen die schwierigen wirtschaftlichen Bedingungen Herabsetzungen der Grundbeträge der Geldbußen gerechtfertigt hätten.

110    Viertens habe die Kommission unter Verstoß gegen Nr. 3 sechster Gedankenstrich der Leitlinien sowie die Grundsätze der Billigkeit und der Gleichbehandlung ihren Beitrag zum Nachweis der Gesamtdauer der Zuwiderhandlung in der angefochtenen Entscheidung nicht angemessen berücksichtigt. Aus der Entscheidung 2005/349/EG der Kommission vom 10. Dezember 2003 in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] und Artikel 53 EWR-Abkommen (Sache COMP/E-2/37.857 – Organische Peroxide) (ABl. 2005, L 110, S. 44) ergebe sich, dass gegen eine Gesellschaft, die der Kommission entscheidende Informationen liefere oder Informationen, die der Kommission bereits vorliegende Beweise in Bezug auf bestimmte Zeiträume der Zuwiderhandlung ergänzten, keine Geldbuße für diese Zeiträume verhängt werden dürfe.

111    Im vorliegenden Fall habe die Kommission aber, indem sie nur Outokumpu eine Herabsetzung des Ausgangsbetrags der Geldbuße gewährt habe, außer Betracht gelassen, dass die Klägerinnen entscheidende Beweismittel in Bezug auf die Zeiträume der Zuwiderhandlung von Mai 1988 bis November 1992 und von Mai 1998 bis Ende 1999 als erste vorgelegt hätten. Die Kommission habe daher dadurch, dass sie diese Zeiträume bei der Berechnung der gegen die Klägerinnen verhängten Geldbuße berücksichtigt habe, gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen und einen Fehler begangen.

112    Die Klägerinnen treten der Auslegung der Kommission entgegen, wonach die Anwendung von Nr. 3 der Leitlinien ausschließlich für das Unternehmen bestimmt sei, das als Erstes die Dauer der Zuwiderhandlung offenlege, was bedeute, dass es nur einen einzigen Begünstigten der nach dieser Vorschrift gewährten Verringerung des Ausgangsbetrags geben könne. Eine Belohnung der Zusammenarbeit auf der Grundlage einer zeitlichen Reihenfolge, unabhängig von der Qualität und der Tragweite der von dem kooperierenden Unternehmen gelieferten Hinweise und Unterlagen laufe dem von der Kommission in diesem Bereich verfolgten Ziel zuwider, Kartelle durch einen umfassenden Zugang zu Unterlagen mit hoher Beweiskraft und entscheidenden Informationen zu ermitteln und zu verbieten.

113    Die Kommission beantragt, den Klagegrund zurückzuweisen.

 Würdigung durch das Gericht

114    Vorab ist daran zu erinnern, dass sich die Kommission bei der Festsetzung der Höhe von Geldbußen grundsätzlich an ihre eigenen Leitlinien halten muss (siehe oben, Randnr. 33). Diese schreiben ihr aber nicht vor, alle in Nr. 3 der Leitlinien aufgeführten mildernden Umstände stets gesondert zu berücksichtigen; die Kommission ist nicht verpflichtet, insoweit automatisch eine zusätzliche Herabsetzung zu gewähren, weil die Frage, ob eine Herabsetzung der Geldbuße wegen mildernder Umstände angemessen ist, unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände im Weg einer Gesamtwürdigung zu beurteilen ist.

115    Der Erlass der Leitlinien hat nämlich keine Auswirkungen auf die frühere Rechtsprechung, nach der die Kommission über ein Ermessen verfügt, das es ihr erlaubt, bei der Bemessung der von ihr zu verhängenden Geldbußen insbesondere nach Maßgabe der Umstände des Einzelfalls bestimmte Gesichtspunkte zu berücksichtigen oder nicht. Da sich aus den Leitlinien kein zwingender Anhaltspunkt dafür ergibt, welche mildernden Umstände berücksichtigt werden können, ist davon auszugehen, dass der Kommission ein gewisser Spielraum verblieben ist, um im Weg einer Gesamtwürdigung über den Umfang einer etwaigen Herabsetzung der Geldbußen wegen mildernder Umstände zu entscheiden.

116    Zur ersten Rüge ist festzustellen, dass sie nicht durchgreifen kann, weil aus der Rechtsprechung eindeutig hervorgeht, dass die Zuwiderhandelnden, um Nr. 3 zweiter Gedankenstrich der Leitlinien in Anspruch nehmen zu können, nachweisen müssen, dass sie sich wettbewerbskonform verhielten oder dass sie sich zumindest den Verpflichtungen zur Umsetzung des Kartells so eindeutig und nachdrücklich widersetzten, dass dadurch sogar dessen Funktionieren selbst gestört wurde, und dass sie der Vereinbarung auch nicht scheinbar zustimmten und dadurch andere Unternehmen zur Umsetzung des fraglichen Kartells veranlassten (Urteile des Gerichts vom 8. Juli 2004, Dalmine/Kommission, T‑50/00, Slg. 2004, II‑2395, Randnr. 292, und vom 15. März 2006, Daiichi Pharmaceutical/Kommission, T‑26/02, Slg. 2006, II‑713, Randnr. 113).

117    Die Klägerinnen tragen aber im vorliegenden Fall nicht vor, dass sie sich der Umsetzung des in Rede stehenden Kartells so eindeutig und nachdrücklich widersetzt hätten, dass dessen Funktionieren selbst gestört wurde. Folglich ist die erste Rüge unbegründet.

118    In Bezug auf die zweite Rüge ist daran zu erinnern, dass nach Nr. 3 dritter Gedankenstrich der Leitlinien die „Beendigung der Verstöße nach dem ersten Eingreifen der Kommission (insbesondere Nachprüfungen)“ zu den mildernden Umständen gehört. Eine Herabsetzung der Geldbuße wegen der Beendigung einer Zuwiderhandlung nach dem ersten Eingreifen der Kommission kann jedoch nicht automatisch eintreten, sondern hängt von einer Bewertung der Umstände des Einzelfalls durch die Kommission im Rahmen ihres Ermessens ab.

119    Im vorliegenden Fall hatte die in Frage stehende Zuwiderhandlung ein geheimes Kartell zum Zweck der Festsetzung von Preisen und der Aufteilung von Märkten zum Gegenstand. Ein derartiges Kartell wird durch Art. 81 Abs. 1 Buchst. a und c EG ausdrücklich untersagt und stellt eine besonders schwere Zuwiderhandlung dar. Die Beteiligten mussten sich daher der Rechtswidrigkeit ihres Verhaltens bewusst sein. Dass das Kartell geheim war, bestätigt, dass dies der Fall war. Nach Auffassung des Gerichts besteht daher kein Zweifel daran, dass die Zuwiderhandlung von den Beteiligten vorsätzlich begangen wurde. Das Gericht hat jedoch bereits entschieden, dass die Beendigung einer vorsätzlich begangenen Zuwiderhandlung nicht als mildernder Umstand gewertet werden kann, wenn sie auf das Eingreifen der Kommission zurückzuführen ist (Urteil des Gerichts vom 11. März 1999, Ensidesa/Kommission, T‑157/94, Slg. 1999, II‑707, Randnr. 498).

120    Nach alledem ist die Rüge der Klägerinnen als unbegründet zurückzuweisen.

121    Darüber hinaus ist das Gericht im Rahmen seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung der Auffassung, dass die Tatsache, dass die Klägerinnen die in Rede stehende Zuwiderhandlung nach dem ersten Eingreifen der Kommission beendet haben, auf keinen Fall eine Herabsetzung des Betrags ihrer Geldbuße rechtfertigt. Diese Beendigung war nämlich nur eine angemessene und normale Reaktion auf das Eingreifen der Kommission und kann nicht dem Verdienst gleichgestellt werden, das in einer eigenständigen Initiative der Klägerinnen liegt. Außerdem stellte sie nur die Rückkehr zu rechtmäßigem Verhalten dar und hat nicht dazu beigetragen, dass die Kommission die Verstöße wirksamer verfolgen konnte.

122    Was die dritte Rüge betrifft, so ergibt sich aus der Rechtsprechung, dass die Kommission nicht verpflichtet ist, die schlechte Finanzlage der betroffenen Branche als mildernden Umstand zu berücksichtigen. Die Kommission muss nicht deshalb, weil sie in früheren Rechtssachen die wirtschaftliche Situation der Branche als mildernden Umstand berücksichtigt hat, diese Praxis unbedingt fortsetzen. Kartelle entstehen nämlich im Allgemeinen gerade dann, wenn eine Branche in Schwierigkeiten ist (vgl. Urteil Tokai Carbon u. a./Kommission, oben in Randnr. 62 angeführt, Randnr. 345 und die dort angeführte Rechtsprechung). Folglich ist die dritte Rüge zurückzuweisen.

123    In Bezug auf die vierte Rüge ist zunächst festzustellen, dass nach der Mitteilung von 1996 über Zusammenarbeit weder Outokumpu noch die Klägerinnen eine Herabsetzung von mehr als 50 % des Endbetrags der ihnen auferlegten Geldbußen erhalten konnten, da sie die Zuwiderhandlung der Kommission nicht angezeigt hatten, bevor diese selbst Nachprüfungen durchführte, die ihr ausreichende Gründe lieferten, um das Zuwiderhandlungsverfahren einzuleiten, das zu der angefochtenen Entscheidung geführt hat.

124    Es steht ebenfalls fest, dass die Kommission erstmals durch ein Schreiben von Outokumpu vom 30. Mai 2001 über die gesamte Dauer des Kartells unterrichtet wurde. Auf der Grundlage der zuvor von der Gesellschaft Mueller Industries gelieferten Informationen konnte die Kommission nämlich nur eine Zuwiderhandlung von Mai 1994 bis Mai 1998 beweisen. Die Klägerinnen behaupten jedoch, dass die Kommission das Bestehen des Kartells für die Zeiträume von Mai 1988 bis November 1992 und von Mai 1998 bis Ende 1999 endgültig dank der Informationen habe beweisen können, die sie ihr im Oktober 2002 mitgeteilt hätten.

125    Durch den Nachweis der zusätzlichen Dauer der Zuwiderhandlung war die Kommission in der Lage, die Ausgangsbeträge der gegen die Zuwiderhandelnden verhängten Geldbußen gemäß Nr. 1 B der Leitlinien um 125 % statt um 40 % zu erhöhen. Damit gingen die Unternehmen, die der Kommission die Information über die zusätzliche Dauer der Zuwiderhandlung lieferten, das Risiko ein, dass der Ausgangsbetrag ihrer Geldbußen um zusätzliche 85 Prozentpunkte erhöht wird.

126    Es handelt sich hierbei insofern um einen inneren Widerspruch der Mitteilung von 1996 über Zusammenarbeit, als ein Unternehmen, das unter Abschnitt D der Mitteilung fällt und der Kommission neue Informationen liefert, Gefahr läuft, mit einer schwereren Sanktion belegt zu werden, als wenn es diese Informationen der Kommission nicht übermittelt hätte. Diesem Widerspruch kann durch Nr. 3 sechster Gedankenstrich der Leitlinien abgeholfen werden, wonach eine „aktive Mitwirkung des Unternehmens an dem Verfahren außerhalb des Anwendungsbereichs der [Mitteilung von 1996 über Zusammenarbeit]“ einen mildernden Umstand darstellen kann.

127    Indem die Kommission hier, ohne die Bestimmung zu erwähnen, Nr. 3 sechster Gedankenstrich der Leitlinien angewandt hat, hat sie Outokumpu faktisch einen Erlass der Geldbuße hinsichtlich der zusätzlichen Dauer des Kartells gewährt, von der sie vor dem Zugang des Schreibens vom 30. Mai 2001 keine Kenntnis hatte (Randnr. 386 der angefochtenen Entscheidung).

128    Daher ist zu prüfen, ob die Kommission nach Nr. 3 sechster Gedankenstrich der Leitlinien oder gemäß dem Gleichbehandlungsgrundsatz verpflichtet war, auch den Klägerinnen für die Informationen, die diese der Kommission, mehr als sechzehn Monate nach Outokumpu, in Bezug auf die Zeiträume von 1988 bis 1992 und von 1998 bis 1999 geliefert haben, einen Abschlag zu gewähren.

129    Insoweit ist vorab daran zu erinnern, dass die Kommission hinsichtlich der Berücksichtigung von mildernden Umständen über ein Ermessen verfügt (Urteil des Gerichts vom 8. Juli 2004, Mannesmannröhren-Werke/Kommission, T‑44/00, Slg. 2004, II‑2223, Randnr. 307).

130    Sodann ist hervorzuheben, dass es in der Logik des Erlasses von Geldbußen liegt, dass ein solcher nur einem der Mitglieder eines Kartells zugutekommen kann, da die Wirkung erzielt werden soll, ein Klima der Unsicherheit innerhalb von Kartellen zu schaffen, indem zu ihrer Anzeige bei der Kommission ermutigt wird. Diese Unsicherheit ergibt sich aber gerade aus der Tatsache, dass die Kartellteilnehmer wissen, dass nur einer von ihnen einen Erlass der Geldbuße erhalten kann, indem er die anderen Teilnehmer an der Zuwiderhandlung anzeigt und sie somit der Gefahr aussetzt, dass ihnen gegenüber höhere Geldbußen verhängt werden.

131    In einer Situation wie der hier vorliegenden, in der die Kommission von der Existenz eines Kartells weiß, aber nicht über bestimmte wesentliche Beweise verfügt, die die gesamte Dauer dieser Zuwiderhandlung belegen können, ist es besonders wünschenswert, auf einen solchen Mechanismus zurückzugreifen, um insbesondere zu vermeiden, dass sich die Zuwiderhandelnden über die Verschleierung dieser Beweise verständigen.

132    Eine solche Situation unterscheidet sich von der, in der die Kommission bereits Kenntnis von Beweismitteln hat, die sie aber ergänzen möchte. In diesem letzten Fall ist es gerechtfertigt, den Zuwiderhandelnden einen Abschlag von der Geldbuße zu gewähren, statt einem einzigen Unternehmen die Geldbuße zu erlassen, weil das Ziel nicht mehr darin besteht, einen Umstand offenzulegen, der zu einer Erhöhung der verhängten Geldbuße führen kann, sondern darin, so viele Beweise wie möglich zu sammeln, um die Fähigkeit der Kommission zu erhöhen, die fraglichen Tatsachen zu beweisen.

133    Was die angebliche Ungleichbehandlung von Outokumpu und den Klägerinnen betrifft, ist festzustellen, dass diese sich nicht in einer vergleichbaren Situation befanden, da Outokumpu der Kommission mehr als ein Jahr vor den Klägerinnen die Informationen über die zusätzliche Dauer des Kartells von achteinhalb Jahren geliefert hatte.

134    Nach alledem ist die vierte Rüge zurückzuweisen.

135    Damit ist dieser Klagegrund insgesamt zurückzuweisen.

 Zum fünften Klagegrund: Unzureichende Herabsetzung der Geldbuße gemäß der Mitteilung von 1996 über Zusammenarbeit

 Vorbringen der Parteien

136    Die Klägerinnen vergleichen erstens ihre Zusammenarbeit sowie den ihnen gewährten Abschlag von 30 % mit der Behandlung, die Dritten in früheren Rechtssachen zuteil geworden ist. Hierbei kommen sie zu dem Schluss, dass sie benachteiligt worden seien.

137    Zweitens sind die Klägerinnen der Ansicht, dass sie in Anbetracht des Nutzens, den ihre Zusammenarbeit für den Ablauf der Untersuchung gehabt habe, einen Abschlag von mehr als 30 % gemäß Abschnitt D der Mitteilung von 1996 über Zusammenarbeit hätten erhalten müssen. In dieser Hinsicht machen sie zunächst geltend, dass sie der Kommission freiwillig Informationen geliefert hätten, die über das hinausgegangen seien, was sie gemäß Art. 11 der Verordnung Nr. 17 hätten aufdecken müssen, dass ferner diese Informationen die Funktionsweise des Kartells detailliert beschrieben hätten und dass schließlich einige dieser Informationen entscheidend für den Nachweis der Existenz der Zuwiderhandlung im Zeitraum von Mai 1988 bis November 1992 und von Mai 1998 bis Ende 1999 gewesen seien.

138    Drittens habe die Kommission gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen, indem sie einen Abschlag von 50 % von der gegen Outokumpu verhängten Geldbuße gewährt habe. Sie habe auch dadurch gegen diesen Grundsatz verstoßen, dass sie die Zusammenarbeit von Outokumpu sowohl bei der Vornahme eines Abschlags von 50 % der Geldbuße nach Abschnitt D der Mitteilung von 1996 über Zusammenarbeit als auch als mildernden Umstand im Sinne der Leitlinien berücksichtigt habe.

139    Die Kommission beantragt die Zurückweisung dieses Klagegrundes.

 Würdigung durch das Gericht

140    Zum von den Klägerinnen angestellten Vergleich des vorliegenden Falles mit der früheren Praxis der Kommission ist festzustellen, dass nach der Rechtsprechung allein aus der Tatsache, dass die Kommission in früheren Entscheidungen bei einem bestimmten Verhalten die Geldbuße in bestimmtem Umfang herabgesetzt hat, nicht abgeleitet werden kann, dass sie verpflichtet ist, bei der Beurteilung eines ähnlichen Verhaltens im Rahmen eines späteren Verwaltungsverfahrens dieselbe Herabsetzung vorzunehmen (vgl. Urteil des Gerichts vom 20. März 2002, ABB Asea Brown Boveri/Kommission, T‑31/99, Slg. 2002, II‑1881, Randnr. 239 und die dort angeführte Rechtsprechung). Die Klägerinnen können sich folglich nicht auf in anderen Rechtssachen gewährte Herabsetzungen von Geldbußen berufen.

141    Was die anderen Rügen betrifft, ist ferner daran zu erinnern, dass im Rahmen der Beurteilung der Zusammenarbeit der an einer Vereinbarung Beteiligten nur ein offensichtlicher Beurteilungsfehler der Kommission beanstandet werden kann, da diese bei der Beurteilung der Qualität und der Nützlichkeit des Kooperationsbeitrags eines Unternehmens, insbesondere im Vergleich zu den Beiträgen anderer Unternehmen, über einen weiten Beurteilungsspielraum verfügt (Urteil des Gerichtshofs vom 10. Mai 2007, SGL Carbon/Kommission, C‑328/05 P, Slg. 2007, I‑3921, Randnr. 88). Allerdings darf sie bei dieser Beurteilung nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen.

142    In diesem Zusammenhang ist festzustellen, dass die Kommission in der angefochtenen Entscheidung anerkannt hat, dass die von den Klägerinnen gelieferten Informationen über das hinausgegangen seien, was sie nach Art. 11 der Verordnung Nr. 17 habe fordern können. Die Kommission hat auch eingeräumt, dass die Klägerinnen neue Beweise vorgelegt und bereits vorliegende Beweise für die gesamte Dauer der Zuwiderhandlung, also den Zeitraum von 1988 bis 2001, bestätigt hätten. Sie hat insbesondere berücksichtigt, dass die Klägerinnen ihr halfen, den Umfang des Kartells im Zeitraum von 1997 bis 1999 zu ermitteln. Allerdings hat die Kommission darauf hingewiesen, dass die Klägerinnen weder die ersten noch die wichtigsten Lieferanten entscheidender Beweise für die Zeiträume von Mai 1988 bis November 1992 und von 1997 bis 1999 gewesen seien. Die Kommission hat außerdem berücksichtigt, dass die Klägerinnen erst in Beantwortung eines im Juli 2002 an sie gerichteten Schreibens gemäß Art. 11 der Verordnung Nr. 17 begonnen hätten, mit ihr zusammenzuarbeiten (Randnrn. 415 bis 417, 419, 420 und 423 der angefochtenen Entscheidung).

143    Es ist nicht zu beanstanden, dass die Kommission bei der Anwendung von Abschnitt D der Mitteilung von 1996 über Zusammenarbeit die Spontaneität berücksichtigt hat, mit der ihr die Informationen geliefert wurden (Urteil ABB Asea Brown Boveri/Kommission, oben in Randnr. 140 angeführt, Randnrn. 237 und 238). Im Rahmen einer Kronzeugenpolitik darf die Kommission den Unternehmen, die spontan mit ihr zusammenarbeiten, höhere Abschläge von den Geldbußen gewähren als den Unternehmen, die dies nicht tun. Im vorliegenden Fall ist unstreitig, dass die Klägerinnen im Gegensatz zu Outokumpu erst nach Zusendung eines Auskunftsverlangens kooperierten.

144    Was den Zeitraum von Mai 1988 bis November 1992 betrifft, geht aus der Akte hervor, dass die Kommission zu Recht festgestellt hat, dass die von den Klägerinnen vorgelegte Beschreibung in Bezug auf diesen Zeitraum weder detaillierter noch vollständiger war als die von Outokumpu und dass sie zu dem Zeitpunkt, zu dem die Klägerinnen zu kooperieren begonnen, seit ungefähr sechzehn Monaten im Besitz von entscheidenden Beweisen aus anderen Quellen war, die die Existenz der Zuwiderhandlung während dieser Jahre belegten. Sowohl die frühere Zusammenarbeit von Outokumpu als auch zwei im Zuge der Nachprüfungen gefundene Dokumente bestätigten nämlich, dass das in Rede stehende Kartell auf das Jahr 1988 zurückging.

145    Was den Zeitraum von Mai 1998 bis Ende 1999 betrifft, ist festzustellen, dass aus der Akte nicht hervorgeht, dass die Kommission die Zusammenarbeit der Klägerinnen nicht zur Kenntnis genommen hätte. Im Gegenteil hat die Kommission in Randnr. 419 der angefochtenen Entscheidung festgehalten, dass die Zusammenarbeit der Klägerinnen in gewissem Maße nützlich gewesen sei, was den Zeitraum 1997 bis 1999 angehe. Die Kommission kann nicht dafür gerügt werden, dass sie in derselben Randnummer auch darauf hinweist, bereits vor der Zusammenarbeit der Klägerinnen über Belege für verschiedene Treffen und den Austausch vertraulicher Informationen in diesem Zeitraum verfügt zu haben, da dies durch die in der Akte enthaltenen Beweise belegt wird.

146    Aus alledem ergibt sich, dass die Klägerinnen nicht dargetan haben, dass die Kommission bei ihrer Würdigung der Zusammenarbeit der Klägerinnen einen offensichtlichen Fehler begangen hat.

147    Zu dem Vorbringen, die Klägerinnen seien benachteiligt worden, genügt es, daran zu erinnern, dass sich die Klägerinnen und Outokumpu nicht in einer vergleichbaren Situation befanden, da Outokumpu schon lange vor den Klägerinnen mit der Kommission zusammenarbeitete und die Klägerinnen ihre Zusammenarbeit mit der Kommission erst nach Erhalt eines Auskunftsverlangens begonnen.

148    Im Übrigen kann in der Tatsache, dass Outokumpu dafür, dass sie lange vor den anderen Unternehmen mit der Kommission zusammenarbeitete, sowohl gemäß der Mitteilung von 1996 über Zusammenarbeit als auch nach den Leitlinien eine Herabsetzung der gegen sie verhängten Geldbuße gewährt worden ist, keine Benachteiligung der Klägerinnen liegen. Dass Outokumpu einen Abschlag gemäß Nr. 3 sechster Gedankenstrich der Leitlinien erhalten hat, liegt nämlich an der Wechselwirkung zwischen diesen Leitlinien und der Mitteilung von 1996 über Zusammenarbeit. Wenn die Klägerinnen die ersten Unternehmen gewesen wären, die mit der Kommission zusammengearbeitet hätten, hätten sie von der Anwendung sowohl der Mitteilung von 1996 über Zusammenarbeit als auch der Leitlinien profitieren können.

149    Nach alledem ist dieser Klagegrund zurückzuweisen.

 Zum Antrag auf Zahlung der Kosten für die Stellung der Bankbürgschaft

150    Die Klägerinnen haben nichts vorgebracht, um diesen Antrag zu stützen. Hieraus folgt, dass die Klageschrift insoweit nicht den in Art. 21 der Satzung des Gerichtshofs und Art. 44 § 1 Buchst. c der Verfahrensordnung für die Zulässigkeit einer Klage aufgestellten Mindestanforderungen genügt. Dieser Antrag ist daher als unzulässig zurückzuweisen.

 Kosten

151    Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerinnen unterlegen sind, sind ihnen gemäß dem Antrag der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Achte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die KME Germany AG, die KME France SAS und die KME Italy SpA tragen die Kosten.

Martins Ribeiro

Papasavvas

Wahl

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 6. Mai 2009.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Englisch.


1 – Nicht veröffentlichte vertrauliche Daten.