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Rechtsmittel, eingelegt am 25. November 2016 von der Europäischen Kommission gegen das Urteil des Gerichts (Achte Kammer) in den verbundenen Rechtssachen T-353/14 und T-17/15, Italien/Kommission

(Rechtssache C-621/16 P)

Verfahrenssprache: Italienisch

Parteien

Rechtsmittelführerin: Europäische Kommission (Prozessbevollmächtigte: L. Pignataro-Nolin und G. Gattinara)

Andere Parteien des Verfahrens: Italienische Republik, Republik Litauen

Anträge

Die Kommission beantragt,

das angefochtene Urteil aufzuheben;

falls der Gerichtshof die Sache für entscheidungsreif hält, die Klage im ersten Rechtszug als unbegründet abzuweisen;

der Italienischen Republik die Kosten beider Rechtszüge aufzuerlegen;

der Republik Litauen die eigenen Kosten aufzuerlegen.

Rechtsmittelgründe und wesentliche Argumente

Zur Stützung ihres Rechtsmittels macht die Kommission vier Gründe geltend: 1. Rechtsfehler bei der Auslegung der Rechtsnatur der „Allgemeinen Vorschriften“ für Auswahlverfahren und Rechtsfehler bei der Auslegung von Art. 7 Abs. 1 des Anhangs III des Statuts der Beamten der Europäischen Union (im Folgenden: Statut), mit der Folge, dass die Begründung fehlerhaft sei. 2. Rechtsfehler und Verletzung der Begründungspflicht bei der Auslegung von Art. 1d des Statuts. 3. Rechtsfehler bei der (im Übrigen widersprüchlichen) Auslegung von Art. 28f des Statuts und bei der Auslegung der Kriterien der gerichtlichen Nachprüfung durch das Gericht. 4. Rechtsfehler bei der Auslegung von Art. 2 der Verordnung Nr. 1/58 (ABl. 17 vom 6. Oktober 1958 S. 385).

Der erste Rechtsmittelgrund ist in vier Teile gegliedert. Mit dem ersten Teil trägt die Kommission vor, das Gericht habe einen Rechtsfehler bei der Auslegung der Rechtsnatur der „Allgemeinen Vorschriften“ für allgemeine Auswahlverfahren (ABl. 2014 C 60 A/1) begangen, da diese Vorschriften neue Sonderpflichten für die Durchführung des Auswahlverfahrens aufgestellt hätten, die von den angefochtenen Bekanntmachungen nicht geändert worden seien. Mit dem zweiten Teil trägt die Kommission vor, das Gericht habe einen Rechtsfehler begangen, indem es Art. 7 Abs. 1 des Anhangs III des Statuts dahin ausgelegt habe, dass das EPSO keine Rechtsetzungsbefugnis zum Erlass abstrakt-genereller Normen für die Sprachenregelung der von ihm veranstalteten Auswahlverfahren habe. Nach Ansicht der Kommission verfügt das EPSO über diese Befugnis. Die Kommission macht insoweit auch eine Verletzung der Begründungspflicht geltend, da sich das Gericht in Rn. 57 des angefochtenen Urteils schließlich widerspreche, indem es annehme, dass das EPSO jedenfalls die Befugnis habe, den Bedarf – auch in sprachlicher Hinsicht – der einzelnen Organe bei der Veranstaltung der verschiedenen Auswahlverfahren zu beurteilen. Mit dem dritten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes trägt die Kommission vor, das Gericht habe zu Unrecht angenommen, dass die Vorschriften bloße Rechtsakte zur Ankündigung der Kriterien für die Wahl der zweiten Sprache in den vom EPSO veranstalteten Auswahlverfahren seien, denn diese Vorschriften legten vielmehr mit verbindlicher Wirkung die Kriterien fest, die diese Wahl rechtfertigten. Mit dem vierten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes trägt die Kommission schließlich vor, das Gericht habe das Wesen und den Inhalt der angefochtenen Bekanntmachungen dahin falsch ausgelegt, dass die Bekanntmachungen in Bezug auf die Sprachenregelung neue Sonderpflichten aufstellten, und damit habe es mit der Zurückweisung der Unzulässigkeitseinrede der Kommission auch die Begründungspflicht verletzt. Die angefochtenen Bekanntmachungen seien insoweit bloß bestätigende Rechtsakte der Bestimmungen in den Allgemeinen Vorschriften.

Der zweite Rechtsmittelgrund ist in zwei Teile gegliedert. Mit dem ersten Teil macht die Kommission einen Rechtsfehler bei der Auslegung von Art. 1d des Statuts geltend, nach dem eine Einschränkung bei der Wahl der zweiten Sprache nicht zwangsläufig eine Diskriminierung sei, sondern im Hinblick auf ein allgemeines Ziel wie dienstliche Gründe im Bereich der Personalpolitik gerechtfertigt werden könne. Mit dem zweiten Teil trägt die Kommission vor, das Gericht habe die Begründungspflicht verletzt, weil es im angefochtenen Urteil bei der Suche nach einer Rechtfertigung für die Einschränkung bei der Wahl der zweiten Sprache ausschließlich Bekanntmachungen von Auswahlverfahren berücksichtigt habe, während es auch die Allgemeinen Vorschriften und ihren Inhalt habe berücksichtigen müssen.

Der dritte Rechtsmittelgrund ist in drei Teile gegliedert. Mit dem ersten Teil trägt die Kommission vor, das Gericht könne nicht ohne eine falsche Auslegung von Art. 28f des Statuts annehmen, dass die Anforderungen an die Sprachenkenntnisse nicht zu der in Art. 27 des Statuts genannten Befähigung der Bewerber gehörten. Mit dem zweiten Teil trägt die Kommission vor, das Gericht habe den Umfang seiner eigenen gerichtlichen Nachprüfung falsch bestimmt, der sich auf eine Beurteilung des offensichtlichen Beurteilungsfehlers oder der willkürlichen Behandlung habe beschränken müssen. Mit dem dritten Teil trägt die Kommission vor, das Gericht habe die Grenzen seiner eigenen gerichtlichen Kontrolle überschritten, indem es eine inhaltliche Beurteilung der Wahl, keine weiteren Sprachen außer den drei in den Ausschreibungen angegebenen Sprachen (Englisch, Französisch und Deutsch) einzuführen, vorgenommen und sich folglich an die Stelle der Verwaltung gesetzt habe.

Mit dem vierten Rechtsmittelgrund trägt die Kommission vor, das Gericht habe einen Rechtsfehler bei der Auslegung von Art. 2 der Verordnung Nr. 1/58 begangen, weil es angenommen habe, dass die Nachrichten zwischen dem EPSO und den Bewerbern in den Anwendungsbereich dieser Vorschrift fielen, unter Ausschluss jeglicher Möglichkeit, die Wahl der zweiten Sprache einzuschränken. Die Möglichkeit einer solchen Einschränkung ergebe sich jedoch aus Art. 1d Abs. 5 und 6 des Statuts, denen auch die Bewerber eines Auswahlverfahrens unterworfen seien.

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