Language of document : ECLI:EU:C:2010:213

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Dritte Kammer)

22. April 2010(*)

„Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats – Richtlinie 2001/80/EG – Umweltbelastungen – Feuerungsanlagen – Begrenzung von bestimmten Schadstoffemissionen in die Luft – Nichtanwendung der Richtlinie auf das Kraftwerk Lynemouth (Vereinigtes Königreich)“

In der Rechtssache C‑346/08

betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Art. 226 EG, eingereicht am 25. Juli 2008,

Europäische Kommission, vertreten durch P. Oliver und A. Alcover San Pedro als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Klägerin,

gegen

Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland, vertreten durch L. Seeboruth als Bevollmächtigten im Beistand von D. Wyatt, QC,

Beklagter,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten K. Lenaerts sowie der Richter G. Arestis, J. Malenovský, T. von Danwitz und D. Šváby (Berichterstatter),

Generalanwältin: J. Kokott,

Kanzler: R. Grass,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 10. Dezember 2009

folgendes

Urteil

1        Mit ihrer Klage beantragt die Kommission der Europäischen Gemeinschaften, festzustellen, dass das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland dadurch gegen seine Verpflichtungen aus der Richtlinie 2001/80/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2001 zur Begrenzung von Schadstoffemissionen von Großfeuerungsanlagen in die Luft (ABl. L 309, S. 1) verstoßen hat, dass es sich weigert, diese Richtlinie auf das von der Rio Tinto Alcan Smelting and Power (UK) Ltd (im Folgenden: Alcan) betriebene, in Lynemouth in Nordostengland gelegene Kraftwerk (im Folgenden: Kraftwerk Lynemouth) anzuwenden.

 Rechtlicher Rahmen

2        Die Richtlinie 2001/80, die die Richtlinie 88/609/EWG des Rates vom 24. November 1988 zur Begrenzung von Schadstoffemissionen von Großfeuerungsanlagen in die Luft (ABl. L 336, S. 1) ersetzt hat, gehört zu der Gemeinschaftsstrategie gegen die Versauerung und hat zum Ziel, die Schwefeldioxid‑, Stickoxid‑ und Staubemissionen von Großfeuerungsanlagen, deren Feuerungswärmeleistung 50 MW oder mehr beträgt, zu begrenzen. Diese Begrenzung ist in den Anhängen III bis VII der Richtlinie 2001/80 geregelt, die für diese Anlagen Emissionsgrenzwerte, ausgedrückt in Höchstkonzentrationen dieser Schadstoffe in den Abgasen, vorsehen.

3        In den Erwägungsgründen 6 und 11 der Richtlinie 2001/80 wird erläutert:

„(6)      Die bestehenden Großfeuerungsanlagen tragen erheblich zu den Emissionen von Schwefeldioxid und Stickoxiden in der Gemeinschaft bei; diese Emissionen müssen vermindert werden. Es ist daher erforderlich, das Konzept an die unterschiedlichen Merkmale des Großfeuerungsanlagensektors in den Mitgliedstaaten anzupassen.

(11)      Anlagen zur Elektrizitätserzeugung haben am Großfeuerungsanlagensektor einen bedeutenden Anteil.“

4        Art. 1 der Richtlinie 2001/80 bestimmt:

„Diese Richtlinie gilt für Feuerungsanlagen, deren Feuerungswärmeleistung 50 MW oder mehr beträgt, unabhängig davon, welche Art von Brennstoff (fest, flüssig oder gasförmig) darin verfeuert wird.“

5        In Art. 2 derselben Richtlinie heißt es:

„Im Sinne dieser Richtlinie bedeutet:

7.      ‚Feuerungsanlage‘ jede technische Einrichtung, in der Brennstoffe im Hinblick auf die Nutzung der dabei erzeugten Wärme oxidiert werden.

Diese Richtlinie betrifft nur Feuerungsanlagen zum Zwecke der Energieerzeugung mit Ausnahme derjenigen, die Verbrennungsprodukte unmittelbar bei Herstellungsverfahren verwenden. Insbesondere gilt diese Richtlinie nicht für folgende Feuerungsanlagen:

a)      Anlagen, in denen die Verbrennungsprodukte unmittelbar zum Erwärmen, zum Trocknen oder zu einer anderweitigen Behandlung von Gegenständen oder Materialien verwendet werden, z. B. Wärmöfen, Wärmebehandlungsöfen;

b)      Nachverbrennungsanlagen, d. h. technische Einrichtungen, die dafür ausgelegt sind, die Abgase durch Verbrennung zu reinigen, und die nicht als unabhängige Feuerungsanlagen betrieben werden;

c)      Einrichtungen zum Regenerieren von Katalysatoren für katalytisches Kracken;

d)      Einrichtungen für die Umwandlung von Schwefelwasserstoff in Schwefel;

e)      in der chemischen Industrie verwendete Reaktoren;

f)      Koksöfen;

g)      Winderhitzer (cowpers);

h)      technische Geräte, die zum Antrieb von Fahrzeugen, Schiffen oder Flugzeugen eingesetzt werden;

i)      Gasturbinen, die auf Offshore-Plattformen eingesetzt werden;

j)      Gasturbinen, für die die Genehmigung vor dem 27. November 2002 erteilt wurde oder die nach Auffassung der zuständigen Behörde vor dem 27. November 2002 Gegenstand eines umfassenden Genehmigungsantrags sind, sofern die Anlage bis zum 27. November 2003 in Betrieb genommen wird, unbeschadet des Artikels 7 Absatz 1 sowie des Anhangs VIII Abschnitte A und B.

Ferner fallen Anlagen, die von Diesel‑, Benzin- oder Gasmotoren angetrieben werden, nicht unter diese Richtlinie.

Werden zwei oder mehr gesonderte Neuanlagen derart errichtet, dass ihre Abgase unter Berücksichtigung technischer und wirtschaftlicher Faktoren nach dem Urteil der zuständigen Behörden über einen gemeinsamen Schornstein abgeleitet werden könnten, so gilt die von solchen Anlagen gebildete Kombination als eine einzige Einheit;

…“

6        Die Mitgliedstaaten sollten gemäß Art. 4 Abs. 3 der Richtlinie 2001/80 für bestehende Feuerungsanlagen spätestens bis zum 1. Januar 2008 eine nennenswerte Verminderung der Emissionen erzielen, indem sie entweder geeignete Maßnahmen treffen, um sicherzustellen, dass die bestehenden Anlagen die in den Anhängen dieser Richtlinie festgelegten Emissionsgrenzwerte einhalten, oder sicherstellen, dass die genannten Anlagen von dem nationalen Emissionsverminderungsplan erfasst werden. Gemäß Art. 4 Abs. 6 der Richtlinie war jeder Mitgliedstaat, der die Durchführung eines nationalen Emissionsverminderungsplans beschlossen hatte, verpflichtet, diesen der Kommission bis zum 27. November 2003 mitzuteilen, und diese war gehalten, innerhalb von sechs Monaten nach Erhalt dieser Mitteilung zu prüfen, ob dieser Plan die in Art. 4 Abs. 6 der Richtlinie aufgeführten Anforderungen erfüllte oder nicht.

 Vorverfahren

7        Mit Schreiben vom 27. November 2003 übermittelte das Vereinigte Königreich der Kommission die erste Fassung seines nationalen Emissionsverminderungsplan, nach dem das Kraftwerk Lynemouth zu den Feuerungsanlagen gehörte, die unter die Richtlinie 2001/80 fielen. Am 28. April 2005 legte dieser Mitgliedstaat einen aktualisierten nationalen Emissionsverminderungsplan vor, in dem diese Anlage ebenfalls erwähnt wurde. In der überarbeiteten Fassung des nationalen Emissionsverminderungsplans, die der Kommission am 28. Februar 2006 übermittelt wurde, wurde diese Anlage jedoch nicht mehr erwähnt.

8        Mit Schreiben vom 4. September 2006 teilte die Kommission dem Vereinigten Königreich ihre Auffassung mit, dass diese Streichung mit der Richtlinie 2001/80 nicht vereinbar sei. In seiner Antwort vom 2. Februar 2007 machte dieser Mitgliedstaat geltend, dass das Kraftwerk Lynemouth unter die allgemeine Ausnahmeregelung nach Art. 2 Nr. 7 der Richtlinie fallen müsse, weil es vollständig in eine Aluminiumhütte integriert sei und nur für die Herstellung dieses Metalls diene. Außerdem hob er hervor, dass dieses Kraftwerk geringe Umweltauswirkungen habe und dass die Gefahr bestehe, dass Alcan gezwungen sein könnte, diese Aluminiumhütte zu schließen, falls das Kraftwerk den in der genannten Richtlinie vorgesehenen Beschränkungen unterliegen sollte.

9        Am 29. Juni 2007 übermittelte die Kommission dem Vereinigten Königreich ein Mahnschreiben, auf das dieser Mitgliedstaat mit Schreiben vom 31. August 2007 antwortete.

10      Da die Kommission diese Antwort für unbefriedigend hielt, sandte sie dem Vereinigten Königreich am 23. Oktober 2007 eine mit Gründen versehene Stellungnahme, in der sie es aufforderte, binnen zwei Monaten die beanstandete Vertragsverletzung zu beenden.

11      Die Kommission sah sich durch das Vorbringen des Vereinigten Königreichs in Beantwortung dieser mit Gründen versehenen Stellungnahme in dessen Schreiben vom 21. Dezember 2007 nicht überzeugt und hat daher die vorliegende Klage erhoben.

 Zur Klage

 Vorbringen der Parteien

12      Die Kommission macht geltend, dass die Richtlinie auf das Kraftwerk Lynemouth Anwendung finde, und weist darauf hin, dass das Vereinigte Königreich diese Auffassung anfänglich geteilt habe, denn es habe diese Anlage in den einzelnen Fassungen seines nationalen Emissionsverminderungsplans erwähnt und sie erst in der revidierten Fassung, die ihr am 28. Februar 2006 übermittelt worden sei, nicht mehr aufgeführt.

13      Die Richtlinie 2001/80 gelte für alle Feuerungsanlagen mit Ausnahme der folgenden, in Art. 2 Nr. 7 der Richtlinie ausdrücklich erwähnten Anlagen:

–        nicht zur Energieerzeugung bestimmte Feuerungsanlagen (im Folgenden: Ausnahme 1);

–        Feuerungsanlagen, die Verbrennungsprodukte unmittelbar bei Herstellungsverfahren verwenden (im Folgenden: Ausnahme 2);

–        die in Art. 2 Nr. 7 Abs. 2 Buchst. a bis f der Richtlinie genannten Anlagen, bei denen es sich um Beispiele der Ausnahmen 1 und 2 handele, und

–        die einzelnen in Art. 2 Nr. 7 Abs. 2 Buchst. g bis j und Art. 2 Nr. 7 Abs. 3 der Richtlinie genannten Ausnahmen sui generis.

14      Sämtliche Anlagen im Sinne von Art. 2 Nr. 7 Abs. 2 Buchst. a bis f der Richtlinie fielen unter die Ausnahmen 1 oder 2, und es sei logisch, dass sie nicht in den Geltungsbereich dieser Richtlinie fielen, weil die Methodik und die mit der genannten Richtlinie festgelegten Emissionsgrenzwerte nicht ohne Weiteres auf diese Anlagen angewandt werden könnten. Die Richtlinie 2001/80 bezwecke die Regelung von Emissionen, die durch die Verbrennung (Oxidation) von Brennstoffen entstünden, und das Verfahren zur Berechnung der Emissionsgrenzwerte gehe von der Annahme aus, dass die Emissionen, mit denen infolge der Verbrennung des zur Betreibung der Feuerungsanlage verwendeten Brennstoffs zu rechnen sei, vorhersehbar seien. Wenn sich aus der Verbrennung des Brennstoffs resultierende heiße Abgase mit anderen Stoffen vermischten, die normalerweise bei einem Verbrennungsprozess nicht aufträten, seien die Ergebnisse nicht ausreichend vorhersehbar, und die Emissionsgrenzwerte, die in der genannten Richtlinie für die Verbrennung von Brennstoffen festgelegt seien, könnten nicht angewandt werden.

15      Die Kommission räumt demgegenüber ein, dass Anlagen im Sinne von Art. 2 Nr. 7 Abs. 2 Buchst. g bis j der Richtlinie 2001/80 weder zu der Ausnahme 1 noch zu der Ausnahme 2 gehörten; sie seien Ausnahmen sui generis.

16      Insbesondere was Winderhitzer (cowpers) im Sinne von Art. 2 Nr. 7 Abs. 2 Buchst. g der Richtlinie 2001/80 angehe, auf deren Beispiel das Vereinigte Königreich seine Auffassung weitgehend stütze, sei zu bemerken, dass diese „cowpers“ mit Steinen ausgerüstet seien, die als Wärmespeicher verwendet würden. Diese Steine würden durch den unmittelbaren Kontakt mit den aus der Verbrennung des Brennstoffs resultierenden heißen Abgasen erhitzt und anschließend verwendet, um die über ihnen strömende kalte Luft zu erwärmen und „heiße Luft“ zu erzeugen, die anschließend in den Hochofen eingeführt werde. Diese „cowpers“ unterschieden sich aufgrund der Aufheizung der Steine grundlegend von allen anderen Verbrennungsanlagen. Außerdem ergäben sich in der Ausmauerung der Kammern häufig Risse. Diese hätten zur Folge, dass das aus der Verbrennung resultierende Gas durch unverbranntes Hochofengas verunreinigt werde. Aus diesen beiden Gründen seien die in der genannten Richtlinie festgelegten Emissionsgrenzwerte nicht ohne Weiteres auf „cowpers“ anwendbar.

17      Keine der Anlagen im Sinne der Bestimmungen, die sich auf die Ausnahme 2 bezögen, sehe die Verwendung von elektrischem Strom in einem Herstellungsverfahren oder die Verwendung von Brennstoffen außerhalb der Feuerungsanlage selbst vor.

18      Es sei unstreitig, dass das Kraftwerk Lynemouth nicht unter die Ausnahme 1 falle, und es könne auch nicht unter die Ausnahme 2 fallen, weil es den Brennstoff nicht unmittelbar im Rahmen eines Herstellungsverfahrens verwende.

19      Sollte der Gerichtshof feststellen, dass die unmittelbare Verwendung von elektrischem Strom in einem Verfahren zur Stromerzeugung in einem Elektrizitätswerk dazu führe, dass dieses unter die Ausnahme 2 falle, so würden viele Großfeuerungsanlagen dem Anwendungsbereich der Richtlinie 2001/80 entzogen, was schwerwiegende Folgen für die Umwelt hätte.

20      Das Kraftwerk Lynemouth sei der neuntgrößte Erzeuger von Schwefeldioxidemissionen im Vereinigten Königreich; etwa 4 % aller mitgeteilten Schadstoffemissionen dieses Gases entfielen dort auf dieses Kraftwerk.

21      Das Vereinigte Königreich macht geltend, ein Elektrizitätswerk, das dazu bestimmt sei, elektrischen Strom für eine Fabrik zu produzieren, in der durch Elektrolyse Aluminium produziert werde, und das ausschließlich zu diesem Zweck gebaut worden sei, sei Teil einer technischen Einrichtung, die eine Verbrennungsanlage zur Energieerzeugung umfasse, in der die Verbrennungsprodukte unmittelbar bei Herstellungsverfahren verwendet würden. Demzufolge erfülle es die Voraussetzungen für eine Ausnahme nach Art. 2 Nr. 7 der Richtlinie 2001/80.

22      Erstens werde der produzierte elektrische Strom unmittelbar für die Herstellung von Aluminium eingesetzt. Das von Alcan betriebene Werk könne – entgegen dem Vorbringen der Kommission – nicht ebenso gut elektrischen Strom aus dem nationalen Netz verwenden.

23      Zweitens sei elektrischer Strom, der von einem Kohlekraftwerk produziert werde, ein indirektes Verbrennungsprodukt. Art. 2 Nr. 7 der Richtlinie 2001/80 betreffe nicht die unmittelbare Verwendung direkter Verbrennungsprodukte, sondern die von Verbrennungsprodukten. Energie wie elektrischer Strom, die durch die Oxidation von Brennstoffen gewonnen werde, sei als ein Verbrennungsprodukt anzusehen, denn diese Richtlinie beziehe sich nur auf Feuerungsanlagen, in denen Brennstoffe zur Energieerzeugung oxidiert würden. Dieser Art. 2 Nr. 7 bestimme nicht, dass er nur für direkte Verbrennungsprodukte gelte, und eine derartige Auslegung wäre fehlerhaft. Ein unmittelbarer Zusammenhang sei nicht zwischen der Verbrennung und dem Herstellungsverfahren, sondern zwischen den Verbrennungsprodukten und dem Herstellungsverfahren zu sehen. Im vorliegenden Fall bestehe ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen dem elektrischen Strom, der durch Verbrennung erzeugt werde, und dem eingesetzten Herstellungsverfahren, denn der elektrische Strom werde bei diesem zur Herstellung von Aluminium eingesetzt.

24      Die Tatsache, dass in Art. 2 Nr. 7 Abs. 2 Buchst. g der Richtlinie 2001/80 Winderhitzer (cowpers) erwähnt würden, bestätige, dass die Ausnahme nicht nur in dem von der Kommission geltend gemachten engen Sinne gelte. Der ersten Regelung in Art. 2 Nr. 7 der Richtlinie 88/609 sei zu entnehmen, dass die in Art. 2 Nr. 7 Abs. 2 Buchst. a bis g der Richtlinie 2001/80 aufgezählten Techniken spezielle Beispiele für vom Geltungsbereich der letztgenannten Richtlinie ausgenommene Feuerungsanlagen seien, und zwar weil diese entweder nicht für die Energieerzeugung bestimmt seien oder weil bei ihnen die Verbrennungsprodukte unmittelbar in einem Herstellungsprozess verwendet würden. Die in den „cowpers“ verwendete heiße Luft werde nicht unmittelbar durch Oxidation des Brennstoffs erhitzt, sondern mittelbar, nachdem der Brennstoff oxidiert sei, der die als Wärmespeicher verwendeten Steine erwärme, die ihrerseits die für das Herstellungsverfahren verwendete Luft erwärmten. Die auf diese Art und Weise indirekt erzeugte Energie sei zu Recht einem Verbrennungsprodukt im Sinne von Art. 2 Nr. 7 der Richtlinie 2001/80 gleichgestellt, obwohl es sich um ein indirektes Verbrennungsprodukt handele, genauso wie elektrischer Strom im Fall des Kraftwerks Lynemouth ein indirektes Verbrennungsprodukt sei. Nach zutreffender Auslegung von Art. 2 Nr. 7 der Richtlinie 2001/80 stehe der „cowper“ mit dem Hochofen in demselben Zusammenhang wie das Kraftwerk Lynemouth mit der von Alcan betriebenen Aluminiumhütte. In beiden Fällen handele es sich um eine zweckbestimmte, in das Herstellungsverfahren eingebundene Energiequelle.

25      Die in Art. 2 Nr. 7 Abs. 2 Buchst. g der Richtlinie 2001/80 genannten Winderhitzer (cowpers) seien entgegen dem Vorbringen der Kommission keine Ausnahme sui generis. Aus dem Wortlaut von Art. 2 Nr. 7 der Richtlinie 88/609 werde deutlich, dass die Ausnahmen sui generis in Art. 2 Nr. 7 Abs. 2 Buchst. h bis j der Richtlinie 2001/80 geregelt seien.

26      Hinsichtlich des Vorbringens der Kommission, dass die Auffassung des Vereinigten Königreichs den Geltungsbereich der Richtlinie 2001/80 erheblich einschränke, räumt dieser Mitgliedstaat ein, dass es anormal wäre, wenn alle Feuerungsanlagen, die elektrischen Strom produzierten, der für die unmittelbare Verwendung in einem Herstellungsverfahren bestimmt sei, von dieser Richtlinie nicht erfasst würden. Eine Anlage falle nur dann nicht unter die Richtlinie, wenn sie allein dazu bestimmt sei, den elektrischen Strom für ein Herstellungsverfahren zu liefern. Sämtliche in Art. 2 Nr. 7 Abs. 2 Buchst. a bis i der Richtlinie 2001/80 genannten Beispiele bezögen sich auf Energiequellen für den Eigenbedarf, die für bestimmte Prozesse oder Tätigkeiten vorgesehen und erstellt worden seien. Die einzigen erwähnten Verbrennungsprodukte umfassten Energie.

27      Der Gemeinschaftsgesetzgeber habe Anlagen nicht mit der Absicht vom Anwendungsbereich der Richtlinie 2001/80 ausgenommen, geringfügige negative Auswirkungen für die nationalen Regelungsorgane zu vermeiden, sondern um die mit der Einbeziehung dieser Anlagen in den genannten Anwendungsbereich verbundenen Vorteile für die Umwelt gegen die wirtschaftlichen Kosten abzuwägen. Was die fragliche Anlage angehe, seien die wirtschaftlichen und die sozialen Kosten, die mit der Einbeziehung der Anlage in den Geltungsbereich der Richtlinie verbunden wären – angesichts der Gefahr einer Schließung dieser Anlage, was den unmittelbaren oder mittelbaren Verlust von 4 000 Arbeitsplätzen in einem von hoher Arbeitslosigkeit gekennzeichneten Gebiet zur Folge hätte –, weitaus höher als der geringfügige Vorteil, der sich für die Umwelt bei einer Unterstellung der Anlage unter die Richtlinie ergebe. Dabei sei zu berücksichtigen, dass Alcan in den letzten Jahren erhebliche Beträge investiert habe, um die Umweltverträglichkeit zu verbessern, dass nach der Richtlinie 2008/1/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Januar 2008 über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung (ABl. L 24, S. 8) die Verpflichtung bestehe, Schwefelemissionen zu verringern, und dass die fragliche Herstellung durch Einfuhren aus außerhalb der Europäischen Union ansässigen Betrieben ersetzt würde, für die weniger strenge Umweltauflagen gälten. Da die Herstellung von Aluminium sehr energieaufwendig und diese Industrie deshalb starkem Druck ausgesetzt sei, sei die Richtlinie 2001/80 dahin auszulegen, dass zweckbestimmte Elektrizitätswerke, die elektrischen Strom für die Elektrolyse lieferten, von ihrem Geltungsbereich ausgenommen seien.

28      Zu dem Vorbringen der Kommission, dass die übrigen Aluminiumhütten den Anforderungen der Richtlinie 2001/80 bereits hätten angepasst werden müssen und dass es keinen Grund gebe, dem von Alcan betriebenen Werk einen Wettbewerbsvorteil einzuräumen, sei zu bemerken, dass das Kraftwerk Lynemouth vom Geltungsbereich dieser Richtlinie aufgrund objektiver Erwägungen ausgenommen sei, die für alle Anlagen gälten, die sich in der gleichen Situation befänden. Das Kraftwerk Lynemouth sei die einzige Anlage im Europäischen Wirtschaftsraum, die über eine Energiequelle für den Eigenbedarf verfüge, die geplant und gebaut worden sei, um elektrischen Strom für die Elektrolyse zu liefern.

29      Es sei folgerichtig, Feuerungsanlagen, die zur Energieversorgung von Herstellungsverfahren dienten, freizustellen, weil sie nur einen einzigen „internen Abnehmer“ hätten, so dass es nur einen einzigen Weg gebe, die Kosten auszugleichen, die aufgewandt worden seien, um der Richtlinie 2001/80 nachzukommen. Außerdem handele es sich bei den Endprodukten des Herstellungsverfahrens um Rohstoffe, die auf den internationalen Märkten gehandelt würden und einem unmittelbaren Wettbewerb durch Produzenten mit Sitz außerhalb der Union ausgesetzt seien, für die weniger strenge Regelungen gälten und die zu geringeren Kosten produzierten. Nicht zweckbestimmte Feuerungsanlagen belieferten demgegenüber zahlreiche Abnehmer, stünden oftmals im Eigentum des Mitgliedstaats und hätten keine wirklichen Konkurrenten.

30      Das Vereinigte Königreich wendet sich gegen das Vorbringen der Kommission, Art. 2 Nr. 7 der Richtlinie 2001/80 enthalte einen allgemeinen, weit auszulegenden Grundsatz und zwei eng auszulegende Ausnahmen. Diese Vorschrift umfasse eine Definition der Anlagen, die in den Geltungsbereich der Richtlinie fielen, und Definitionen von Anlagen, die von der Richtlinie nicht erfasst würden. Der Gerichtshof habe sich jedenfalls gegen eine enge Auslegung von Ausnahmeregelungen ausgesprochen, wenn eine solche Auslegung dem mit den Ausnahmeregelungen angestrebten Ziel zuwiderlaufe (Urteil vom 26. Mai 2005, Kingcrest Asssociates und Montecello, C‑498/03, Slg. 2005, I‑4427, Randnrn. 29 und 32).

 Würdigung durch den Gerichtshof

31      In dem vorliegenden Vertragsverletzungsverfahren geht es um die Frage, ob das Kraftwerk Lynemouth als eine Feuerungsanlage anzusehen ist, für die die Richtlinie 2001/80 gilt.

32      Nachdem das Kraftwerk Lynemouth in den ersten beiden Fassungen des nationalen Emissionsverminderungsplans, die der Kommission in den Jahren 2003 und 2005 gemäß dieser Richtlinie übermittelt wurden, und in allen gemäß der Richtlinie 88/609 – der in dem fraglichen Punkt nahezu wortgleich formulierten Vorgängerin der Richtlinie 2001/80 – seit 1990 erstellten Berichten und Dokumenten zu den Feuerungsanlagen gehörte, die unter die Richtlinie 2001/80 fallen, mag es zwar, wie die Kommission hervorhebt, überraschen, dass das Vereinigte Königreich nunmehr geltend macht, das genannte Kraftwerk falle nicht unter die Richtlinie 2001/80, jedoch ist dieser Umstand für die Frage, ob das Kraftwerk in den Geltungsbereich der letztgenannten Richtlinie fällt, unerheblich.

33      Es steht fest, dass das Kraftwerk Lynemouth eine Feuerungsanlage mit einer Feuerungswärmeleistung von über 50 MW im Sinne der Art. 1 und 2 Nr. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2001/80 ist.

34      Das Vereinigte Königreich macht jedoch geltend, das fragliche Kraftwerk sei ausschließlich dazu gebaut worden, elektrischen Strom für die Aluminiumherstellung in der nebenan liegenden Gießerei zu liefern, und erfülle die Voraussetzungen für die Ausnahmeregelung nach Art. 2 Nr. 7 Abs. 2 Satz 1 der Richtlinie 2001/80, wonach diese nur für Feuerungsanlagen zum Zweck der Energieerzeugung gelte, mit Ausnahme derjenigen, die Verbrennungsprodukte unmittelbar bei Herstellungsverfahren verwendeten.

35      Es trifft zwar zu, dass der vom Kraftwerk Lynemouth erzeugte elektrische Strom unmittelbar für die Herstellung von Aluminium verwendet wird. Bei dem „Hall-Heroult-Prozess“, der in dem von Alcan betriebenen Werk abläuft, wird Aluminiumoxid durch Schmelzelektrolyse reduziert, indem ein elektrischer Strom von der Anode zur Kathode fließt und das Aluminiumoxid in Aluminium und Sauerstoff zerlegt, wobei zur Aufrechterhaltung der Schmelzelektrolyse Wärme zugeführt wird.

36      Der elektrische Strom stellt jedoch, wie die Kommission bemerkt, kein Verbrennungsprodukt dar. Verbrennungsprodukte sind nämlich Abgase, Asche und sonstige Rückstände sowie Wärme, die durch die Verbrennung entsteht, während eine Feuerungsanlage in der Richtlinie 2001/80 als „technische Einrichtung, in der Brennstoffe im Hinblick auf die Nutzung der dabei erzeugten Wärme oxidiert werden“, definiert ist. Elektrischer Strom ist weder ein physisches Verbrennungsprodukt noch Wärme, sondern vielmehr das Ergebnis einer Reihe von Vorgängen, bei denen durch Verbrennung Wärme entsteht, die dazu verwendet wird, in einem Kessel Dampf zu erzeugen, der eine Turbine antreibt, die schließlich den elektrischen Strom erzeugt.

37      Wollte man elektrischen Strom als „Verbrennungsprodukt“ ansehen, müsste dieser Begriff so weit ausgelegt werden, dass er auch andere Produkte einschließen würde, die nicht unmittelbar aus einer Verbrennung entstehen und die weder in der wissenschaftlichen Sprache noch umgangssprachlich der üblichen Bedeutung dieses Begriffs entsprechen.

38      Art. 2 Nr. 7 Abs. 2 Satz 1 der Richtlinie 2001/80 steht außerdem einer derartigen weiten Auslegung des Begriffs „Verbrennungsprodukt“ entgegen, da er sich auf Feuerungsanlagen bezieht, bei denen das Verbrennungsprodukt „unmittelbar“ im Herstellungsverfahren verwendet wird. Von einer unmittelbaren Verwendung von Verbrennungsprodukten in einem Herstellungsverfahren kann aber keine Rede sein, wenn es zwischen der Verbrennung und dem Herstellungsverfahren Zwischenstufen wie die Erzeugung von elektrischem Strom gibt.

39      Gegen eine weite Auslegung des Begriffs „Verbrennungsprodukt“ spricht auch, dass dieser Begriff die Reichweite einer Ausnahme von einer allgemeinen Regel bestimmt. Nach ständiger Rechtsprechung sind Ausnahmen nämlich eng auszulegen, damit allgemeine Regelungen nicht ausgehöhlt werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 29. April 2004, Kapper, C‑476/01, Slg. 2004, I‑5205, Randnr. 72).

40      Entgegen dem Vorbringen des Vereinigten Königreichs beschränkt sich Art. 2 Nr. 7 Abs. 2 Satz 1 der Richtlinie 2001/80 nicht darauf, den Begriff „Feuerungsanlage“ zu definieren, sondern nimmt bestimmte Anlagen vom Geltungsbereich dieser Richtlinie aus. Der Ausnahmecharakter dieser Vorschrift ergibt sich im Übrigen ausdrücklich aus ihrem Wortlaut, denn sie bestimmt, dass die Richtlinie Feuerungsanlagen zum Zweck der Energieerzeugung betrifft „mit Ausnahme derjenigen, die Verbrennungsprodukte unmittelbar bei Herstellungsverfahren verwenden“.

41      Eine enge Auslegung von Art. 2 Nr. 7 Abs. 2 Satz 1 der Richtlinie 2001/80 ist insbesondere deshalb geboten, weil der Ausschluss bestimmter Feuerungsanlagen vom Geltungsbereich dieser Richtlinie deren eigenem Ziel zuwiderläuft. Die Richtlinie hat nämlich gemäß ihren Erwägungsgründen 4 bis 6 zum Ziel, die Versauerung durch eine Verminderung der Schwefeldioxid- und Stickoxidemissionen zu bekämpfen, zu denen Großfeuerungsanlagen in erheblichem Maße beitragen.

42      Da schließlich Anlagen zur Elektrizitätserzeugung im elften Erwägungsgrund der Richtlinie 2001/80 als die wesentlichen Feuerungsanlagen bezeichnet werden, auf die sich die Richtlinie bezieht, würde eine Ausdehnung der in Art. 2 Nr. 7 Abs. 2 Satz 1 der Richtlinie 2001/80 vorgesehenen Ausnahmeregelung auf Elektrizitätswerke, deren Stromerzeugung unmittelbar in einem Herstellungsverfahren verwendet wird, die Wirksamkeit der Richtlinie beeinträchtigen.

43      Nach alledem fällt das Kraftwerk von Lynemouth nicht unter die nach Art. 2 Nr. 7 Abs. 2 Satz 1 der Richtlinie 2001/80 vorgesehene Ausnahme für Feuerungsanlagen, in denen das Verbrennungsprodukt unmittelbar bei Herstellungsverfahren verwendet wird.

44      Keines der vom Vereinigten Königreich vorgetragenen Argumente kann diese Feststellung in Frage stellen.

45      Zu dem Vorbringen, die in der Richtlinie 2001/80 vorgesehenen Ausnahmen beruhten auf einer Abwägung der durch die Anwendung der Emissionsgrenzwerte hervorgerufenen Kosten mit den für die Umwelt resultierenden Vorteilen und das Ergebnis dieser Abwägung rechtfertige es im vorliegenden Fall, das Kraftwerk Lynemouth vom Geltungsbereich dieser Richtlinie auszunehmen, ist zunächst zu bemerken, dass weder in der genannten Richtlinie noch in den Vorarbeiten zu ihr die Gründe aufgeführt sind, die den allgemeinen und abstrakten Ausschluss der Feuerungsanlagen, in denen die Verbrennungsprodukte unmittelbar bei Herstellungsverfahren verwendet werden, von der Richtlinie wie auch die Beispiele bestimmter in Art. 2 Nr. 7 Abs. 2 Buchst. a bis g der Richtlinie 2001/80 aufgeführter Anlagen rechtfertigen.

46      Nach Ansicht der Kommission wurde die Art von Feuerungsanlagen, die unter diese Ausnahmeregelung fallen, wegen der Schadstoffverunreinigung der Abgase bei der unmittelbaren Verwendung der Verbrennungsprodukte in den Herstellungsverfahren vom Geltungsbereich der Richtlinie 2001/80 ausgenommen, so dass die Methodik und die in den Anhängen dieser Richtlinie für einzelne Verbrennungsprozesse festgelegten Emissionsgrenzwerte nicht ohne Weiteres auf diese Anlagen angewandt werden könnten. Außerdem ergebe sich bei allen Arten von Anlagen im Sinne von Art. 2 Nr. 7 Abs. 2 Buchst. a bis g der Richtlinie in den Abgasen der Feuerungsanlage eine Verunreinigung, während es unstreitig sei, dass die Verwendung von elektrischem Strom für die Herstellung von Aluminium keine Auswirkungen auf die Emissionen des Kraftwerks Lynemouth habe.

47      Das Vereinigte Königreich bestreitet nicht die Tatsache dieser Verunreinigung der Abgase in den einzelnen in Art. 2 Nr. 7 Abs. 2 Buchst. a bis g der Richtlinie 2001/80 genannten Anlagen, meint jedoch, der Grund für die Ausnahmen seien nicht die mit der Anwendung dieser Richtlinie verbundenen Schwierigkeiten, sondern die Abwägung von Kosten und Nutzen.

48      Ohne dass der genaue Zweck der genannten Ausnahmen ermittelt zu werden braucht, ist das Vorbringen des Vereinigten Königreichs auf jeden Fall zurückzuweisen, da die in Art. 2 Nr. 7 Abs. 2 Satz 1 der Richtlinie 2001/80 abstrakt formulierte Ausnahmeregelung nicht auf einer Abwägung von Kosten und Nutzen beruhen kann. Zwar ist es nämlich möglich, Kosten und Nutzen einer Anwendung von Emissionsgrenzwerten auf eine bestimmte Anlage oder auf bestimmte Anlagearten wie die im Sinne von Art. 2 Nr. 7 Abs. 2 Buchst. a bis g der Richtlinie 2001/80 zu bewerten, doch gilt dies nicht für Anlagen, in denen die Verbrennungsprodukte unmittelbar verwendet werden.

49      Zweitens genügt zu dem Vorbringen, die in Art. 2 Nr. 7 Abs. 2 Buchst. g der Richtlinie 2001/80 für Winderhitzer (cowpers) vorgesehene Ausnahmeregelung zeige, dass der Begriff „Verbrennungsprodukt“ weit ausgelegt werden müsse und indirekte Verbrennungsprodukte wie elektrischen Strom einschließe, der auch von der Generalanwältin in Nr. 39 ihrer Schlussanträge gemachte Hinweis, dass sich diese Ausnahmeregelung auf die Verwendung eines direkten Verbrennungsprodukts, Wärme, bezieht. Die genannten „cowpers“ übertragen nämlich die durch Verbrennung entstandene Wärme mit Hilfe von als Wärmespeicher verwendeten Steinen auf die Luft, die anschließend zur Förderung des Schmelzprozesses in den Hochofen eingeführt wird.

50      Die Winderhitzer (cowpers) sind zwar sicherlich kein Anwendungsfall für die abstrakte Ausnahmeregelung des Art. 2 Nr. 7 Abs. 2 Satz 1 der Richtlinie 2001/80, da die durch die Verbrennung erzeugte Wärme nur indirekt verwendet wird, doch ist daraus nicht abzuleiten, dass die genannte Ausnahmeregelung dahin auszulegen ist, dass Anlagen, die in einem Herstellungsverfahren indirekte Verbrennungsprodukte verwenden, vom Geltungsbereich dieser Richtlinie ausgeschlossen sind.

51      Es handelt sich dabei, wie die Kommission einräumt, insofern um eine redaktionelle Anomalie, als die genannten „cowpers“ eine Ausnahme sui generis und nicht eine abstrakte Ausnahme nach Art. 2 Nr. 7 Abs. 2 Satz 1 der Richtlinie 2001/80 darstellen. Die Kommission hat jedoch, vom Vereinigten Königreich unwidersprochen, die besonderen Gründe erläutert, aus denen die in dieser Richtlinie festgelegten Emissionsgrenzwerte nicht ohne Weiteres auf diese Anlagenart anwendbar seien; der „cowper“ unterscheidet sich nämlich aufgrund der Erwärmung der als Wärmespeicher verwendeten Steine von jeder anderen Feuerungsanlagenart, und das häufige Auftreten von Rissen in der Ausmauerung der Kammer hat eine Verunreinigung der aus der Verbrennung resultierenden Abgase durch unverbranntes Hochofengas zur Folge. Hinzu kommt, wie die Generalanwältin in der Fußnote zu Nr. 40 ihrer Schlussanträge bemerkt, dass die Winderhitzer (cowpers) zur Energieeinsparung häufig Gas verbrennen, das in den Hochöfen entsteht. Dieses Gas ist bereits verunreinigt, so dass die in der Richtlinie festgelegten Emissionsgrenzwerte trotz des Einsatzes der besten verfügbaren Technik nicht eingehalten werden können.

52      Die zusätzlich in Art. 2 Nr. 7 Abs. 2 Buchst. h bis j der Richtlinie 2001/80 aufgeführten Ausnahmen für drei Arten von Anlagen, die von der allgemeinen und abstrakten Ausnahmeregelung des Art. 2 Nr. 7 Abs. 2 Satz 1 der Richtlinie offensichtlich nicht mehr erfasst werden, bestätigen außerdem, dass die Bedeutung und die Tragweite der genannten allgemeinen Ausnahmeregelung nicht anhand einer besonderen Ausnahmeregelung bestimmt werden können.

53      Im Übrigen ist hervorzuheben, dass keine der in Art. 2 Nr. 7 Abs. 2 Buchst. a bis g der Richtlinie 2001/80 genannten Ausnahmen die Verwendung von Verbrennungsprodukten außerhalb der Feuerungsanlage selbst oder die Verwendung von elektrischem Strom in einem Herstellungsverfahren umfasst.

54      Aus alledem folgt, dass die Richtlinie 2001/80 für das Kraftwerk Lynemouth gilt und dass der Klage der Kommission stattzugeben ist.

55      Demnach ist festzustellen, dass das Vereinigte Königreich dadurch gegen die Richtlinie 2001/80 verstoßen hat, dass es das Kraftwerk Lynemouth nicht der Geltung dieser Richtlinie unterstellt.

 Kosten

56      Nach Art. 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da das Vereinigte Königreich mit seinem Vorbringen unterlegen ist, sind ihm auf Antrag der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Dritte Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

1.      Das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland hat dadurch gegen seine Verpflichtungen aus der Richtlinie 2001/80/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2001 zur Begrenzung von Schadstoffemissionen von Großfeuerungsanlagen in die Luft verstoßen, dass es das von der Rio Tinto Alcan Smelting and Power (UK) Ltd betriebene, in Lynemouth in Nordostengland gelegene Kraftwerk nicht der Geltung dieser Richtlinie unterstellt.

2.      Das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland trägt die Kosten.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Englisch.