Language of document : ECLI:EU:C:2009:89

SCHLUSSANTRÄGE DER GENERALANWÄLTIN

VERICA TRSTENJAK

vom 12. Februar 20091(1)

Rechtssache C‑5/08

Infopaq International A/S

gegen

Danske Dagblades Forening

(Vorabentscheidungsersuchen des Højesteret [Dänemark])

„Richtlinie 2001/29/EG – Art. 2 und 5 – Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft – Vervielfältigungsrecht – Ausnahmen und Beschränkungen – Flüchtige Vervielfältigungshandlungen – Beobachtung und Analyse von Printmedien – Aus elf Wörtern bestehende Auszüge aus Zeitungsartikeln“






Inhaltsverzeichnis


I – Einleitung

II – Rechtlicher Rahmen

III – Sachverhalt, Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

IV – Verfahren vor dem Gerichtshof

V – Vorbringen der Beteiligten

A – Erste Vorlagefrage

B – Zweite bis zwölfte Vorlagefrage

C – Dreizehnte Vorlagefrage

VI – Würdigung durch die Generalanwältin

A – Einleitung

B – Wesentliche Aspekte des von Infopaq angewandten Verfahrens zur Erstellung von Auszügen aus Zeitungsartikeln

C – Auslegung von Art. 2 der Richtlinie 2001/29 (erste Vorlagefrage)

D – Auslegung von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 (zweite bis zwölfte Vorlagefrage)

1. Inhalt und Zielsetzung des Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29

2. Voraussetzung für die Anwendbarkeit von Art. 5 Abs. 1: vorübergehende Vervielfältigungshandlungen

3. Prüfung der vier Voraussetzungen des Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29

a) Erste Voraussetzung: flüchtige Handlungen (zweite bis fünfte Vorlagefrage)

b) Zweite Voraussetzung: integraler und wesentlicher Teil eines technischen Verfahrens (sechste, siebte und achte Vorlagefragen)

c) Dritte Voraussetzung: Handlungen, deren alleiniger Zweck es ist, eine rechtmäßige Nutzung zu ermöglichen (neunte und zehnte Vorlagefrage)

i) Allgemein zur Voraussetzung in Bezug auf die rechtmäßige Nutzung des Werkes (neunte Vorlagefrage)

ii) Rechtmäßige Nutzung in der vorliegenden Rechtssache (zehnte Vorlagefrage)

– Neuformulierung der zehnten Vorlagefrage

– Prüfung und Beantwortung der zehnten Vorlagefrage

d) Vierte Voraussetzung: Handlungen, die keine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung haben (elfte und zwölfte Vorlagefrage)

4. Ergebnis zu Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29

E – Auslegung von Art. 5 Abs. 5 der Richtlinie 2001/29 (dreizehnte Vorlagefrage)

1. Erfüllt das Ausdrucken von Auszügen aus Zeitungsartikeln die Voraussetzungen des Art. 5 Abs. 5 der Richtlinie 2001/29?

2. Erfüllen die vorübergehenden Vervielfältigungshandlungen die Voraussetzungen des Art. 5 Abs. 5 der Richtlinie 2001/29?

3. Ergebnis bezüglich der Auslegung von Art. 5 Abs. 5 der Richtlinie 2001/29

F – Ergebnis

VII – Entscheidungsvorschlag


I –     Einleitung

1.        Die vorliegende Rechtssache wirft heikle Fragen des Ausgleichs zwischen dem Schutz des Urheberrechts und der technologischen Entwicklung in der Informationsgesellschaft auf. Einerseits sollte der Schutz des Urheberrechts ein reibungsloses Funktionieren und die Entwicklung neuer Technologien nicht unmöglich machen, andererseits ist jedoch auch in der Informationsgesellschaft ein angemessener Schutz des Urheberrechts zu gewährleisten. Da die technologische Entwicklung nämlich eine schnellere und leichtere Vervielfältigung von Werken ermöglicht, muss der Schutz des Urheberrechts dieser Entwicklung angepasst werden.

2.        Die in der vorliegenden Rechtssache gestellten Fragen beziehen sich zunächst darauf, ob die Speicherung und das Ausdrucken von Auszügen aus Zeitungsartikeln, wobei der Auszug aus einem Suchwort sowie den fünf vorangehenden und den fünf nachfolgenden Wörtern besteht, eine Vervielfältigung im Sinne von Art. 2 der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft(2) (im Folgenden: Richtlinie 2001/29) ist. Weiter geht es in den Fragen darum, ob das Verfahren der Erstellung dieser Auszüge, das das Einscannen der Zeitungsartikel – wodurch eine Bilddatei erstellt wird – und die Umwandlung dieser Bilddatei in eine Textdatei umfasst, sowie die Speicherung eines aus elf Wörtern bestehenden Auszugs genügen, damit Vervielfältigungshandlungen vorliegen, die die Voraussetzungen des Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 erfüllen. Schließlich möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Vervielfältigungshandlungen in dieser Rechtssache die Voraussetzungen des Art. 5 Abs. 5 der Richtlinie 2001/29 erfüllen.

3.        Diese Fragen stellen sich im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Gesellschaft Infopaq International A/S (im Folgenden: Infopaq) und dem Fachverband der dänischen Tageszeitungen, in dem Infopaq beim vorlegenden Gericht die Feststellung beantragt, dass die Erstellung von Auszügen aus Zeitungsartikeln, die aus einem Suchwort sowie den fünf vorangehenden und den fünf nachfolgenden Wörtern bestehen, keiner Erlaubnis der Inhaber der Urheberrechte an den Zeitungsartikeln bedarf.

II – Rechtlicher Rahmen

4.        Die Erwägungsgründe 4, 5, 9, 10, 11, 21, 22, 31 und 33 der Richtlinie 2001/29 lauten:

„(4)  Ein harmonisierter Rechtsrahmen zum Schutz des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte wird durch erhöhte Rechtssicherheit und durch die Wahrung eines hohen Schutzniveaus im Bereich des geistigen Eigentums substanzielle Investitionen in Kreativität und Innovation … fördern …

(5)       Die technische Entwicklung hat die Möglichkeiten für das geistige Schaffen, die Produktion und die Verwertung vervielfacht und diversifiziert. Wenn auch kein Bedarf an neuen Konzepten für den Schutz des geistigen Eigentums besteht, so sollten die Bestimmungen im Bereich des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte doch angepasst und ergänzt werden, um den wirtschaftlichen Gegebenheiten, z. B. den neuen Formen der Verwertung, in angemessener Weise Rechnung zu tragen.

(9)       Jede Harmonisierung des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte muss von einem hohen Schutzniveau ausgehen, da diese Rechte für das geistige Schaffen wesentlich sind. Ihr Schutz trägt dazu bei, die Erhaltung und Entwicklung kreativer Tätigkeit im Interesse der Urheber, ausübenden Künstler, Hersteller, Verbraucher, von Kultur und Wirtschaft sowie der breiten Öffentlichkeit sicherzustellen. Das geistige Eigentum ist daher als Bestandteil des Eigentums anerkannt worden.

(10)  Wenn Urheber und ausübende Künstler weiter schöpferisch und künstlerisch tätig sein sollen, müssen sie für die Nutzung ihrer Werke eine angemessene Vergütung erhalten, was ebenso für die Produzenten gilt, damit diese die Werke finanzieren können. … Nur wenn die Rechte des geistigen Eigentums angemessen geschützt werden, kann eine angemessene Vergütung der Rechtsinhaber gewährleistet und ein zufrieden stellender Ertrag dieser Investitionen sichergestellt werden.

(11)  Eine rigorose und wirksame Regelung zum Schutz der Urheberrechte und verwandten Schutzrechte ist eines der wichtigsten Instrumente, um die notwendigen Mittel für das kulturelle Schaffen in Europa zu garantieren und die Unabhängigkeit und Würde der Urheber und ausübenden Künstler zu wahren.

(21)      Diese Richtlinie sollte den Umfang der unter das Vervielfältigungsrecht fallenden Handlungen in Bezug auf die verschiedenen Begünstigten bestimmen. Dabei sollte der gemeinschaftliche Besitzstand zugrunde gelegt werden. Um die Rechtssicherheit im Binnenmarkt zu gewährleisten, muss die Definition dieser Handlungen weit gefasst sein.

(22)  Die Verwirklichung des Ziels, die Verbreitung der Kultur zu fördern, darf nicht durch Verzicht auf einen rigorosen Schutz der Urheberrechte oder durch Duldung der unrechtmäßigen Verbreitung von nachgeahmten oder gefälschten Werken erfolgen.

(31)  Es muss ein angemessener Rechts- und Interessenausgleich zwischen den verschiedenen Kategorien von Rechtsinhabern sowie zwischen den verschiedenen Kategorien von Rechtsinhabern und Nutzern von Schutzgegenständen gesichert werden. Die von den Mitgliedstaaten festgelegten Ausnahmen und Beschränkungen in Bezug auf Schutzrechte müssen vor dem Hintergrund der neuen elektronischen Medien neu bewertet werden. Bestehende Unterschiede bei den Ausnahmen und Beschränkungen in Bezug auf bestimmte zustimmungsbedürftige Handlungen haben unmittelbare negative Auswirkungen auf das Funktionieren des Binnenmarkts im Bereich des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte. Diese Unterschiede könnten sich mit der Weiterentwicklung der grenzüberschreitenden Verwertung von Werken und den zunehmenden grenzüberschreitenden Tätigkeiten durchaus noch deutlicher ausprägen. Um ein reibungsloses Funktionieren des Binnenmarkts zu gewährleisten, sollten diese Ausnahmen und Beschränkungen einheitlicher definiert werden. Dabei sollte sich der Grad ihrer Harmonisierung nach ihrer Wirkung auf die Funktionsfähigkeit des Binnenmarkts bestimmen.

(33)  Eine Ausnahme vom ausschließlichen Vervielfältigungsrecht sollte für bestimmte vorübergehende Vervielfältigungshandlungen gewährt werden, die flüchtige oder begleitende Vervielfältigungen sind, als integraler und wesentlicher Teil eines technischen Verfahrens erfolgen und ausschließlich dem Ziel dienen, entweder die effiziente Übertragung in einem Netz zwischen Dritten durch einen Vermittler oder die rechtmäßige Nutzung eines Werks oder sonstiger Schutzgegenstände zu ermöglichen. Die betreffenden Vervielfältigungshandlungen sollten keinen eigenen wirtschaftlichen Wert besitzen. Soweit diese Voraussetzungen erfüllt sind, erfasst diese Ausnahme auch Handlungen, die das ‚Browsing‘ sowie Handlungen des ‚Caching‘ ermöglichen; dies schließt Handlungen ein, die das effiziente Funktionieren der Übertragungssysteme ermöglichen, sofern der Vermittler die Information nicht verändert und nicht die erlaubte Anwendung von Technologien zur Sammlung von Daten über die Nutzung der Information, die von der gewerblichen Wirtschaft weithin anerkannt und verwendet werden, beeinträchtigt. Eine Nutzung sollte als rechtmäßig gelten, soweit sie vom Rechtsinhaber zugelassen bzw. nicht durch Gesetze beschränkt ist.“

5.        Art. 2 („Vervielfältigungsrecht“) der Richtlinie 2001/29 bestimmt:

„Die Mitgliedstaaten sehen für folgende Personen das ausschließliche Recht vor, die unmittelbare oder mittelbare, vorübergehende oder dauerhafte Vervielfältigung auf jede Art und Weise und in jeder Form ganz oder teilweise zu erlauben oder zu verbieten:

a)       für die Urheber in Bezug auf ihre Werke,

…“

6.        Art. 5 („Ausnahmen und Beschränkungen“) der Richtlinie 2001/29 bestimmt:

„(1)  Die in Artikel 2 bezeichneten vorübergehenden Vervielfältigungshandlungen(3), die flüchtig oder begleitend sind und einen integralen und wesentlichen Teil eines technischen Verfahrens darstellen und deren alleiniger Zweck es ist,

a)       eine Übertragung in einem Netz zwischen Dritten durch einen Vermittler oder

b)       eine rechtmäßige Nutzung

eines Werks oder sonstigen Schutzgegenstands zu ermöglichen, und die keine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung haben, werden von dem in Artikel 2 vorgesehenen Vervielfältigungsrecht ausgenommen.

(3)       Die Mitgliedstaaten können in den folgenden Fällen Ausnahmen oder Beschränkungen in Bezug auf die in den Artikeln 2 und 3 vorgesehenen Rechte vorsehen:

c)       für die Vervielfältigung durch die Presse, die öffentliche Wiedergabe oder die Zugänglichmachung von veröffentlichten Artikeln zu Tagesfragen wirtschaftlicher, politischer oder religiöser Natur oder von gesendeten Werken oder sonstigen Schutzgegenständen dieser Art, sofern eine solche Nutzung nicht ausdrücklich vorbehalten ist und sofern die Quelle, einschließlich des Namens des Urhebers, angegeben wird, oder die Nutzung von Werken oder sonstigen Schutzgegenständen in Verbindung mit der Berichterstattung über Tagesereignisse, soweit es der Informationszweck rechtfertigt und sofern – außer in Fällen, in denen sich dies als unmöglich erweist – die Quelle, einschließlich des Namens des Urhebers, angegeben wird;

d)       für Zitate zu Zwecken wie Kritik oder Rezensionen, sofern sie ein Werk oder einen sonstigen Schutzgegenstand betreffen, das bzw. der der Öffentlichkeit bereits rechtmäßig zugänglich gemacht wurde, sofern – außer in Fällen, in denen sich dies als unmöglich erweist – die Quelle, einschließlich des Namens des Urhebers, angegeben wird und sofern die Nutzung den anständigen Gepflogenheiten entspricht und in ihrem Umfang durch den besonderen Zweck gerechtfertigt ist;

o)       für die Nutzung in bestimmten anderen Fällen von geringer Bedeutung, soweit solche Ausnahmen oder Beschränkungen bereits in einzelstaatlichen Rechtsvorschriften vorgesehen sind und sofern sie nur analoge Nutzungen betreffen und den freien Waren- und Dienstleistungsverkehr in der Gemeinschaft nicht berühren; dies gilt unbeschadet der anderen in diesem Artikel enthaltenen Ausnahmen und Beschränkungen.

(5)       Die in den Absätzen 1, 2, 3 und 4 genannten Ausnahmen und Beschränkungen dürfen nur in bestimmten Sonderfällen angewandt werden, in denen die normale Verwertung des Werks oder des sonstigen Schutzgegenstands nicht beeinträchtigt wird und die berechtigten Interessen des Rechtsinhabers nicht ungebührlich verletzt werden.“

7.        Art. 2 der Richtlinie 2001/29 wurde mit § 2 des Ophavsretslov (Urheberrechtsgesetz)(4) in dänisches Recht umgesetzt:

„1.       Das Urheberrecht verleiht, mit den in diesem Gesetz genannten Einschränkungen, das ausschließliche Recht, über das Werk zu verfügen, indem es vervielfältigt oder in der ursprünglichen oder einer veränderten Form, einer Übersetzung, einer Umarbeitung in eine andere Literatur- oder Kunstart oder einer anderen Technik der Allgemeinheit zugänglich gemacht wird.

2.       Als Vervielfältigung gilt jede unmittelbare oder mittelbare, vorübergehende oder dauerhafte Vervielfältigung auf jede Art und Weise und in jeder Form ganz oder teilweise. Als Vervielfältigung gilt auch, wenn das Werk an Einrichtungen übertragen wird, die es wiedergeben können.

…“

8.        Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 wurde mit § 11a Abs. 1 des dänischen Urheberrechtsgesetzes in dänisches Recht umgesetzt:

„Die vorübergehende Vervielfältigung ist zulässig, sofern sie

1.      flüchtig oder begleitend ist,

2.      einen integralen und wesentlichen Teil eines technischen Verfahrens darstellt,

3.       ausschließlich bezweckt, eine Übertragung in einem Netz zwischen Dritten durch einen Vermittler oder eine rechtmäßige Nutzung eines Werks zu ermöglichen, und

4.      keine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung hat.“

III – Sachverhalt, Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

9.        Infopaq ist im Bereich der Beobachtung und Analyse von Printmedien tätig. Die Medienbeobachtung umfasst die Erstellung von Zusammenfassungen(5) ausgewählter Artikel aus der dänischen Tagespresse und verschiedenen Zeitschriften. Die Artikel werden nach Themen ausgewählt, die von den Kunden von Infopaq bestimmt werden, denen anschließend per E-Mail die Zusammenfassungen zugesandt werden. Auf Anfrage sendet Infopaq ihren Kunden auch Ausschnitte aus Zeitungsartikeln.

10.      Die Auswahl der Artikel erfolgt in einem sogenannten Datenerfassungsverfahren, das fünf Abschnitte umfasst.

11.      Im ersten Abschnitt tragen Mitarbeiter von Infopaq grundlegende Angaben zu jeder Publikation manuell in einer elektronischen Datenbank ein.

12.      Im zweiten Abschnitt werden die Publikationen eingescannt. Vor dem Einscannen wird der Rücken der Publikation geschnitten, so dass die einzelnen Blätter lose sind. Daraufhin wird der einzuscannende Ausschnitt ausgewählt. Durch das Einscannen wird für jede Seite der Veröffentlichung eine Bilddatei(6) erstellt, die anschließend auf einen Server für optische Zeichenerkennung(7) übertragen wird.

13.      Im dritten Abschnitt wandelt der OCR-Server die Bilddatei in eine Textdatei um. Dabei wird das Bild jedes Zeichens in den sogenannten ASCII‑Code(8) umgewandelt, der dem Computer ermöglicht, jedes einzelne Zeichen zu erkennen. So wird z. B. das Bild der Buchstaben TDC in etwas umgewandelt, das der Computer als Buchstaben TDC erkennen kann. Das Bild des Textes wird somit in Text umgewandelt, der als Textdatei gespeichert wird, die von jedem Textverarbeitungsprogramm gelesen werden kann. Das Verfahren mittels des OCR-Servers endet mit der Löschung der Bilddatei.

14.      Im vierten Abschnitt wird die Textdatei auf ein zuvor festgelegtes Suchwort durchsucht. Jedes Mal, wenn das Suchwort vorkommt, wird es in einer Datei gespeichert, in der festgehalten wird, in welcher Publikation, welchem Teil und auf welcher Seite das Suchwort genannt wird. Gleichzeitig wird auch der Wert angegeben, ausgedrückt in Prozentzahlen zwischen 0 und 100, der die Stellung des Suchworts in dem Artikel bezeichnet. Um die Suche nach diesem Wort bei einer späteren Lektüre des Artikels zu erleichtern, werden zusammen mit dem Wort die fünf vorangehenden und die fünf nachfolgenden Wörter angegeben. Dieser Abschnitt endet mit dem Löschen der Textdatei.

15.      Im fünften und letzten Abschnitt dieses Verfahrens wird ein Beleg für alle Seiten der Zeitung gedruckt, auf denen das Suchwort vorkommt; dieser Beleg enthält das Suchwort zusammen mit den fünf vorangehenden und den fünf nachfolgenden Wörtern. Das vorlegende Gericht nennt ein Beispiel für einen solchen Beleg:

„4. November 2005 – Dagbladet Arbejderen, Seite 3:

TDC: 73 % ‚der anstehende Verkauf des Telekommunikationskonzerns TDC, mit dessen Übernahme gerechnet wird‘“.

16.      Die Danske Dagblades Forening (im Folgenden: DDF) ist der Fachverband der dänischen Tageszeitungen, dessen Zweck darin besteht, seine Mitglieder in allen urheberrechtlichen Fragen zu unterstützen. Im Jahr 2005 erfuhr die DDF, dass Infopaq Auszüge aus Zeitungsartikeln ohne Erlaubnis der Inhaber der Urheberrechte bearbeitet, und beschwerte sich darüber bei Infopaq.

17.      Infopaq bestritt, dass diese Vorgehensweise der Zustimmung der Inhaber der Urheberrechte bedürfe, und erhob daher beim Østre Landsret Klage gegen die DDF, mit der sie die Feststellung beantragte, dass sie berechtigt ist, das Verfahren der „Datenerfassung“ ohne Zustimmung der DDF oder von deren Mitgliedern durchzuführen. Der Østre Landsret wies die Klage als unbegründet ab. Daraufhin legte Infopaq beim vorlegenden Gericht (Højesteret) Rechtsmittel ein.

18.      Das vorlegende Gericht führt im Vorlagebeschluss aus, dass in der betreffenden Rechtssache unstreitig sei, dass die Zustimmung der Inhaber der Urheberrechte nicht erforderlich sei, soweit es um die Beobachtung der Printmedien und die Erstellung von Zusammenfassungen von Zeitungsartikeln gehe, wenn die einzelnen Publikationen manuell gelesen würden, wenn die Artikel manuell anhand zuvor festgelegter Suchwörter ausgewählt würden und wenn auf dieser Grundlage manuell ein Beleg erstellt werde, in dem das in einem bestimmten Artikel gefundene Suchwort und der Fundort dieses Artikels in der Publikation angegeben würden. Unstreitig sei weiter, dass die Erstellung von Zusammenfassungen als solche nicht der Zustimmung der Inhaber der Urheberrechte bedürfe.

19.      Außerdem sei in der Rechtssache unstreitig, dass das sogenannte Verfahren der „Datenerfassung“ zwei Vervielfältigungshandlungen beinhalte, und zwar 1. das Einscannen der gedruckten Zeitungsartikel, wodurch eine Bilddatei entstehe, und 2. die Umwandlung der Bilddatei in eine Textdatei. Das Verfahren umfasse noch eine weitere Vervielfältigung der bearbeiteten Artikel, indem 3. das Suchwort zusammen mit den fünf vorangehenden und den fünf nachfolgenden Wörtern gespeichert werde und 4. diese elf Wörter ausgedruckt würden. Zwischen den Parteien sei streitig, ob die unter 3 und 4 beschriebenen Handlungen eine Vervielfältigung im Sinne von Art. 2 der Richtlinie 2001/29 darstellten.

20.      Vor diesem Hintergrund hat das vorlegende Gericht mit Beschluss vom 21. Dezember 2007 das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt(9):

1.       Sind die Speicherung und das anschließende Ausdrucken eines Textauszugs aus einem Zeitungsartikel, der aus einem Suchwort sowie den fünf vorangehenden und den fünf nachfolgenden Wörtern besteht, als geschützte Vervielfältigungshandlungen[(10)] anzusehen (vgl. Art. 2 der Richtlinie 2001/29[(11)])?

2.       Ist es für die Bestimmung, ob die vorübergehenden Vervielfältigungshandlungen als „flüchtig“ anzusehen sind (vgl. Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29), von Bedeutung, in welchem Zusammenhang sie vorgenommen werden?

3.       Ist eine vorübergehende Vervielfältigungshandlung als „flüchtig“ anzusehen, wenn die Vervielfältigung bearbeitet wird, z. B. durch Erstellung einer Textdatei auf der Grundlage einer Bilddatei oder durch das Suchen von Textstellen auf der Grundlage einer Textdatei?

4.       Ist eine vorübergehende Vervielfältigungshandlung als „flüchtig“ anzusehen, wenn ein Teil der Vervielfältigung, der aus einem oder mehreren Textauszügen von elf Wörtern besteht, gespeichert wird?

5.       Ist eine vorübergehende Vervielfältigungshandlung als „flüchtig“ anzusehen, wenn ein Teil der Vervielfältigung, der aus einem oder mehreren Textauszügen von elf Wörtern besteht, ausgedruckt wird?

6.      Ist es für die Bestimmung, ob die vorübergehenden Vervielfältigungshandlungen einen „integralen und wesentlichen Teil eines technischen Verfahrens“ (vgl. Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29) darstellen, von Bedeutung, in welchem Stadium des technischen Verfahrens sie vorgenommen werden?

7.       Können vorübergehende Vervielfältigungshandlungen einen „integralen und wesentlichen Teil eines technischen Verfahrens“ darstellen, wenn sie aus dem manuellen Einscannen ganzer Zeitungsartikel bestehen, wodurch diese von einem Printmedium in ein digitales Medium umgewandelt werden?

8.       Können vorübergehende Vervielfältigungshandlungen einen „integralen und wesentlichen Teil eines technischen Verfahrens“ darstellen, wenn sie aus dem Ausdrucken eines Teils der aus einem oder mehreren Textauszügen von elf Wörtern bestehenden Vervielfältigung bestehen?

9.       Umfasst die „rechtmäßige Nutzung“ (vgl. Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29) jede Form der Nutzung, die nicht der Zustimmung des Rechtsinhabers bedarf?

10.       Umfasst die „rechtmäßige Nutzung“ (vgl. Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29) das Einscannen ganzer Zeitungsartikel, die anschließende Bearbeitung der Vervielfältigung sowie die Speicherung und das etwaige Ausdrucken eines Teils der aus einem oder mehreren Textauszügen von elf Wörtern bestehenden Vervielfältigung durch ein Unternehmen für Zwecke des Schreibens von Zusammenfassungen, obwohl der Rechtsinhaber diesen Handlungen nicht zugestimmt hat?

11.       Nach welchen Kriterien ist zu beurteilen, ob die vorübergehenden Vervielfältigungshandlungen „von eigenständiger wirtschaftlicher Bedeutung“ (vgl. Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29) sind, sofern die übrigen Voraussetzungen der Bestimmung erfüllt sind?

12.       Können durch die vorübergehenden Vervielfältigungshandlungen erzielte Rationalisierungsgewinne des Nutzers in die Beurteilung der Frage einfließen, ob diese Handlungen „von eigenständiger wirtschaftlicher Bedeutung“ (vgl. Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29) sind?

13.       Sind das Einscannen ganzer Zeitungsartikel, die darauf folgende Bearbeitung der Vervielfältigung sowie die Speicherung und das etwaige Ausdrucken eines Teils der aus einem oder mehreren Textauszügen von elf Wörtern bestehenden Vervielfältigung durch ein Unternehmen ohne die Zustimmung des Rechtsinhabers „bestimmte Sonderfälle, in denen die normale Verwertung“ der Zeitungsartikel „nicht beeinträchtigt wird und die berechtigten Interessen des Rechtsinhabers nicht ungebührlich verletzt werden“ (vgl. Art. 5 Abs. 5 der Richtlinie 2001/29)?

IV – Verfahren vor dem Gerichtshof

21.      Der Vorlagebeschluss ist am 4. Januar 2008 beim Gerichtshof eingegangen. Im schriftlichen Verfahren haben Infopaq, die DDF, die Kommission und die österreichische Regierung Erklärungen eingereicht. In der Sitzung vom 20. November 2008 haben Infopaq, die DDF und die Kommission mündliche Ausführungen gemacht und Fragen des Gerichtshofs beantwortet.

V –    Vorbringen der Beteiligten

A –    Erste Vorlagefrage

22.      Nach Ansicht von Infopaq sind die Speicherung und das anschließende Ausdrucken eines Textauszugs aus einem Zeitungsartikel, der aus einem Suchwort sowie den fünf vorangehenden und den fünf nachfolgenden Wörtern besteht, keine teilweise Vervielfältigung im Sinne von Art. 2 der Richtlinie 2001/29. Die Richtlinie 2001/29 bestimme zwar keine Mindestschwelle für die Zahl von Wörtern, bei deren Unterschreitung keine teilweise Vervielfältigung vorliege, doch könne es gleichwohl eine solche Mindestschwelle geben. Durch die Speicherung und das Ausdrucken von elf Wörtern werde die festgelegte Mindestzahl, die Voraussetzung für das Vorliegen einer teilweisen Vervielfältigung sei, nicht überschritten.

23.      Die Kommission und die DDF sind hingegen der Ansicht, dass die Speicherung und das anschließende Ausdrucken eines Textauszugs aus einem Zeitungsartikel, der aus einem Suchwort sowie den fünf vorangehenden und den fünf nachfolgenden Wörtern besteht, eine geschützte Vervielfältigungshandlung im Sinne von Art. 2 der Richtlinie 2001/29 sei.

24.      Nach Auffassung der Kommission sind die Speicherung und das Ausdrucken eines Auszugs aus einem Artikel Formen der Vervielfältigung. Aus Art. 2 der Richtlinie 2001/29 gehe hervor, dass das ausschließliche Vervielfältigungsrecht der Urheber auch die teilweise Vervielfältigung umfasse und dass ein aus elf Wörtern bestehender Auszug aus einem Artikel eine teilweise Vervielfältigung im Sinne dieses Artikels der Richtlinie sei.

25.      Die DDF meint wie die Kommission, dass die Speicherung und das Ausdrucken eines aus elf Wörtern bestehenden Auszugs eine teilweise Vervielfältigung im Sinne von Art. 2 der Richtlinie 2001/29 seien. Wenn das Suchwort im Artikel wiederholt vorkomme, werde ein großer Teil dieses Artikels vervielfältigt; zur Veranschaulichung hat sie einen Artikel beigefügt, in dem zwei Suchwörter zusammen mit den fünf vorangehenden und den fünf nachfolgenden Wörtern markiert sind. Sie teile nicht den Standpunkt der österreichischen Regierung(12), dass der vervielfältigte Teil des Werkes als solcher die Voraussetzungen für das Vorliegen eines Werkes erfüllen müsse. Dass der Begriff und die Voraussetzungen für das Vorliegen eines Werkes in der Richtlinie 2001/29 nicht harmonisiert seien, hindere den Gerichtshof nicht daran, den Begriff des Ausdrucks der teilweisen Vervielfältigung des Werkes auszulegen. Die Frage, ob es in der vorliegenden Rechtssache um die teilweise Vervielfältigung eines Werkes gehe, sei unabhängig von den Voraussetzungen zu beurteilen, an die das nationale Recht das Vorliegen eines Werkes knüpfe.

26.      Nach Ansicht der österreichischen Regierung behält zwar Art. 2 der Richtlinie 2001/29 dem Urheber das ausschließliche Recht zur teilweisen Vervielfältigung des Werkes vor, er definiere aber nicht den Begriff des Werkes und regele auch nicht die Frage, unter welchen konkreten Voraussetzungen das Werk geschützt werde. Da die Voraussetzungen für den Schutz von Werken im Gemeinschaftsrecht nicht harmonisiert seien, seien sie nach nationalem Recht zu beurteilen. Unter Berücksichtigung dessen müsse der vervielfältigte Teil eines Werkes selbst die Voraussetzungen für das Vorliegen eines Werkes erfüllen.

B –    Zweite bis zwölfte Vorlagefrage

27.      Nach Ansicht von Infopaq und der österreichischen Regierung ist das Verfahren der Erstellung von Auszügen, wenn es unter die vorübergehenden Vervielfältigungshandlungen im Sinne von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 falle, zulässig, da es alle Voraussetzungen nach diesem Artikel erfülle; erstens handele es sich nämlich um eine flüchtige Handlung, zweitens sei diese Handlung ein integraler und wesentlicher Teil eines technischen Verfahrens, drittens bestehe ihr alleiniger Zweck darin, die rechtmäßige Nutzung eines Werkes oder sonstigen Schutzgegenstands zu ermöglichen, und viertens habe die Handlung keine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung.

28.      Bezüglich der ersten Voraussetzung („flüchtige“ Handlungen) betont Infopaq, dass Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 nicht auf vorübergehende Vervielfältigungshandlungen in Gestalt des Browsing und des Caching beschränkt sei. Die Voraussetzung, dass die Handlung „flüchtig“ sei, beziehe sich nur auf die Dauer vorübergehender Vervielfältigungshandlungen, und diejenigen Vervielfältigungshandlungen, die höchstens 30 Sekunden andauerten, seien als „flüchtig“ einzustufen.

29.      Zur zweiten Voraussetzung („integraler und wesentlicher Teil eines technischen Verfahrens“) vertritt Infopaq die Auffassung, dass der Begriff „integral“ eindeutig darauf hinweise, dass es nicht darauf ankomme, in welchem Abschnitt eines technischen Verfahrens die flüchtige Vervielfältigungshandlung erfolge.

30.      Zur dritten Voraussetzung („rechtmäßige Nutzung“) führt Infopaq aus, dass weder aus Art. 5 Abs. 1 noch aus dem 33. Erwägungsgrund der Richtlinie 2001/29 hervorgehe, dass eine „rechtmäßige Nutzung“ nur die Nutzung des Internets durch Browsing und Caching sei. Für eine „rechtmäßige Nutzung“ komme es zudem nicht darauf an, wer das Werk nutze; dies könne ein Endnutzer oder jeder beliebige andere sein. Für die Beantwortung der Frage, ob eine „rechtmäßige Nutzung“ vorliege, sei entscheidend, ob in dem betreffenden Verfahren ein rechtmäßig erlangtes Original der Publikation verwendet werde.

31.      Im Zusammenhang mit der vierten Voraussetzung („eigenständige wirtschaftliche Bedeutung“) macht Infopaq geltend, dass die Frage der eigenständigen wirtschaftlichen Bedeutung vom Standpunkt des Urhebers aus zu beurteilen sei. Außerdem sei im Rahmen dieser Voraussetzung nur festzustellen, ob die flüchtige Vervielfältigungshandlung eine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung habe, und nicht, ob das gesamte technologische Verfahren eine solche Bedeutung habe. Letztlich diene das von ihr angewandte technologische Verfahren der Erstellung von Zusammenfassungen, die rechtmäßig sei und somit die Rechte der Urheber der Publikationen nicht verletze; die flüchtigen Vervielfältigungshandlungen in Gestalt der Bild- und der Textdateien hätten hingegen als solche keine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung für die Rechtsinhaber. Nach Ansicht von Infopaq verstieße es gegen Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29, wenn die „eigenständige wirtschaftliche Bedeutung“ davon abhinge, dass der Inhaber des Urheberrechts keine Zahlung erhalte.

32.      Die österreichische Regierung ist wie Infopaq der Ansicht, dass die Voraussetzungen des Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 erfüllt seien, und trägt vor, dass diese Voraussetzungen nicht auf Zwischenspeicherungen bei Online-Übertragungen zwischen verschiedenen Servern beschränkt seien. Die Erstellung einer Bilddatei und deren Umwandlung in eine Textdatei sei eine „flüchtige“ Handlung, da diese Vervielfältigungen vergänglich seien; zugleich seien sie ein „integraler und wesentlicher Teil eines technischen Verfahrens“. Ferner sei die Nutzung der Werke „rechtmäßig“, da die Auszüge aus den Presseartikeln nicht die Voraussetzungen für einen urheberrechtlichen Schutz erfüllten. Zweck des von Infopaq angewandten Verfahrens sei allein die Erstellung von Auszügen aus Zeitungsartikeln anhand von Suchwörtern, es fehle daher an einer „eigenständigen wirtschaftlichen Bedeutung“.

33.      Die DDF und die Kommission hingegen halten die Voraussetzungen des Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 für nicht erfüllt.

34.      Die DDF unterstreicht, dass Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 im Hinblick auf den Zweck dieser Richtlinie auszulegen sei, und beruft sich dabei auf die Erwägungsgründe 9 und 10 der Richtlinie, aus denen hervorgehe, dass die Richtlinie ein hohes Schutzniveau für Urheber gewährleisten solle, die für die Nutzung ihrer Werke eine angemessene Vergütung erhalten müssten. Die Vorschriften der Richtlinie, die diesen Schutz sicherstellten, seien deshalb weit auszulegen, diejenigen Vorschriften, die Ausnahmen von diesem Schutz vorsähen, dagegen eng.

35.      Zur ersten Voraussetzung („flüchtige“ Handlungen) trägt die DDF vor, dass die Vervielfältigungshandlungen nicht flüchtig seien, da die Vervielfältigung andauere und nicht gelöscht werde, der Begriff „flüchtig“ aber bedeute, dass die Vervielfältigungen von kurzer Dauer seien.

36.      Zur zweiten Voraussetzung („integraler und wesentlicher Teil eines technischen Verfahrens“) führt die DDF aus, diese solle diejenigen Vervielfältigungen ausschließen, die automatisch im Rahmen eines solchen Verfahrens entstünden. In der vorliegenden Rechtssache entstünden die Vervielfältigungen jedoch nicht automatisch, da das Einscannen der Artikel und die Umwandlung der Bilddatei in eine Textdatei nur eine Vorphase der technischen Bearbeitung der Texte bildeten. Es handele sich somit nicht um ein technologisches Zwischenverfahren. Auch die Vervielfältigung in Gestalt von elf Wörtern sei kein „integraler und wesentlicher Teil eines technischen Verfahrens“, da die elf Wörter ausgedruckt würden.

37.      Zur dritten Voraussetzung („rechtmäßige Nutzung“) vertritt die DDF die Ansicht, dass an sich unrechtmäßige Nutzung nicht nach Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 rechtmäßig werden könne. In der vorliegenden Rechtssache handele es sich um eine unrechtmäßige Nutzung.

38.      Zur vierten Voraussetzung („eigenständige wirtschaftliche Bedeutung“) macht die DDF geltend, diese Voraussetzung bedeute, dass die Nutzung in der vorliegenden Rechtssache weder für den Anwender (d. h. Infopaq) noch für den Rechtsinhaber eine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung haben dürfe. Für Infopaq habe die Vervielfältigung eine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung, da dieses Unternehmen nach Schätzung der DDF 2 bis 4 Millionen dänische Kronen aufwenden müsste, würde es die automatischen Vervielfältigungen durch manuelle ersetzen. Die Vervielfältigung habe aber auch für die Mitglieder der DDF eine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung, da diese für die Erteilung von Lizenzen für die Vervielfältigung ihrer Werke hohe Zahlungen erhalten könnten.

39.      Auch die Kommission ist der Ansicht, dass die Voraussetzungen des Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 nicht erfüllt seien.

40.      Zur ersten Voraussetzung („flüchtige“ Handlungen) trägt sie vor, dass vorübergehende Vervielfältigungshandlungen flüchtig seien, wenn sie nur kurze Zeit andauerten, etwa Vervielfältigungen, die beim Browsing im Internet entstünden. Bei der Beurteilung der Frage, ob Vervielfältigungshandlungen flüchtig seien, müsse berücksichtigt werden, in welchem technologischen Verfahren es zur Vervielfältigung komme, insbesondere, ob in diesem Verfahren eine dauerhafte Vervielfältigung entstanden sei. In dem von Infopaq angewandten Verfahren sei eine dauerhafte Vervielfältigung in Gestalt von elf ausgedruckten Wörtern entstanden, so dass der Umstand, dass die zuvor erstellten Text- und Bilddateien gelöscht würden, wenn die elf Wörter ausgedruckt würden, nicht bedeute, dass die Vervielfältigungshandlung flüchtig sei.

41.      Zur zweiten Voraussetzung („integraler und wesentlicher Teil eines technischen Verfahrens“) führt die Kommission aus, dass es für die Frage, ob die vorübergehenden Vervielfältigungshandlungen „integraler und wesentlicher Teil eines technischen Verfahrens“ seien, nicht darauf ankomme, in welchem Abschnitt des technologischen Verfahrens sie erfolgten. Während des Verfahrens verfüge Infopaq wiederholt körperlich über die Vervielfältigungen und könne noch lange nach Zusendung der Auszüge an die Kunden Kopien in Papierform oder elektronischer Form aufbewahren. Außerdem ermöglichten die elektronischen Kopien eine Anwendung, die über eine schlichte elektronische Übertragung im Internet hinausgehe; in der vorliegenden Rechtssache würden nämlich auf der Grundlage der elektronischen Kopien Textdateien erstellt. Ferner könnten derartige vorübergehende Vervielfältigungshandlungen kein „integraler und wesentlicher Teil eines technischen Verfahrens“ sein, wenn sie das manuelle Einscannen ganzer Zeitungsartikel umfassten, die dadurch von gedruckten in digitale Dokumente umgewandelt würden, da dieses Verfahren weit über das hinausgehe, was für eine Erstellung des Auszugs erforderlich sei. Auch der Ausdruck eines Auszugs sei keine vorübergehende Vervielfältigungshandlung und könne deshalb kein „integraler und wesentlicher Teil eines technischen Verfahrens“ sein.

42.      Zur dritten Voraussetzung („rechtmäßige Nutzung“) vertritt die Kommission die Auffassung, dass eine rechtmäßige Nutzung nicht alle Nutzungsarten umfasse, die keine Zustimmung des Inhabers der Urheberrechte voraussetzen, sondern diejenigen Nutzungsarten, die der Rechtsinhaber erlaube oder die nicht vom ausschließlichen Recht des Inhabers des Urheberrechts erfasst würden bzw. unter die Ausnahmen von dem ausschließlichen Recht fielen. Das von Infopaq angewandte Verfahren zur Erstellung der Auszüge sei keine rechtmäßige Nutzung eines Werkes, da das Werk zum Zweck der Erstellung kurzer Textauszüge verändert werde.

43.      Im Zusammenhang mit der vierten Voraussetzung („eigenständige wirtschaftliche Bedeutung“) macht die Kommission geltend, dass sich die Kriterien für die Prüfung dieser Voraussetzung aus dem 33. Erwägungsgrund der Richtlinie 2001/29 ergäben und dass nach diesem Erwägungsgrund Vervielfältigungshandlungen keine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung hätten, wenn sie die Information nicht veränderten und nicht die erlaubte Anwendung von Technologien zur Sammlung von Daten über die Nutzung der Information, die von der gewerblichen Wirtschaft weithin anerkannt und verwendet würden, beeinträchtigten. Durch das von Infopaq angewandte Verfahren werde die Produktivität dieses Unternehmens gesteigert, da eine solche Erstellung der Auszüge sehr viel schneller und wirtschaftlicher sei; dies sei bei der Beurteilung der Frage zu berücksichtigen, ob die Tätigkeiten eine „eigenständige wirtschaftliche Bedeutung“ hätten.

C –    Dreizehnte Vorlagefrage

44.      Infopaq trägt zur dreizehnten Frage vor, dass Art. 5 Abs. 5 der Richtlinie 2001/29 keine eigenen Voraussetzungen aufstelle, die zusätzlich zu den Voraussetzungen nach Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie erfüllt werden müssten; wenn die Voraussetzungen des Art. 5 Abs. 1 erfüllt seien, brauchten die Voraussetzungen nach Art. 5 Abs. 5 der Richtlinie nicht geprüft zu werden.

45.      Die österreichische Regierung hält die Voraussetzungen nach Art. 5 Abs. 5 der Richtlinie 2001/29 für erfüllt, erläutert ihren Standpunkt aber nicht näher.

46.      Die DDF vertritt zur dreizehnten Frage die Auffassung, dass die Vervielfältigungshandlungen die Voraussetzungen nach Art. 5 Abs. 5 der Richtlinie 2001/29 nicht erfüllten. Infopaq nehme diese Vervielfältigungshandlungen vor, um ihre Kosten im Verhältnis zu ihren Konkurrenten senken zu können. Überdies hätten die Vervielfältigungshandlungen einen solchen Umfang und eine solche Bedeutung, dass es sich bei ihnen nicht um eine normale Verwertung des Werkes handele, sondern zugleich die berechtigten Interessen der Urheberrechtsinhaber ungebührlich verletzt würden, die durch eine Erteilung einer Lizenz, mit der eine solche Nutzung erlaubt werde, Zahlungen erhalten könnten.

47.      Nach Ansicht der Kommission braucht die dreizehnte Frage im Grunde genommen nicht beantwortet zu werden, da die Tätigkeit von Infopaq nicht unter die Ausnahme nach Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 falle. Gleichwohl schlägt die Kommission eine Antwort auf diese Frage vor. Sie trägt vor, dass Art. 5 Abs. 5, der einen dreistufigen Test vorsehe, mit Art. 13 des TRIPs-Übereinkommens vergleichbar sei. Der dreistufige Test nach Art. 5 Abs. 5 sei grundsätzlich getrennt von der Prüfung nach Art. 5 Abs. 1 durchzuführen, und die in Art. 5 Abs. 5 aufgestellte Voraussetzung der normalen Verwertung des Werkes ähnele der Voraussetzung aus Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29, dass die vorübergehende Vervielfältigungshandlung eine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung haben müsse. Für beide Voraussetzungen sei daher maßgeblich, ob die Vervielfältigungshandlungen eine elektronische Übertragung von Daten ohne wirtschaftliche Bedeutung ermöglichten oder ob sie eine Bedeutung hinzufügten, die über die bloße Datenübertragung hinausgingen. Da die Vervielfältigungshandlungen in der vorliegenden Rechtssache für Infopaq wirtschaftliche Bedeutung hätten, gehe es insoweit nicht um eine normale Verwertung des Werkes, so dass die Voraussetzungen nach Art. 5 Abs. 5 der Richtlinie 2001/29 nicht erfüllt seien.

VI – Würdigung durch die Generalanwältin

A –    Einleitung

48.      Die vorliegende Rechtssache betrifft die Auslegung des Umfangs des Vervielfältigungsrechts sowie die Ausnahmen und Beschränkungen in Bezug auf dieses Recht, wie sie in der Richtlinie 2001/29 geregelt sind, die bestimmte Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft harmonisiert(13). Das Vervielfältigungsrecht bildet den Kern des Urheberrechts(14), da es bedeutet, dass der Urheber das ausschließliche Recht hat, die Vervielfältigung eines Werkes zu erlauben oder zu untersagen. Der Umfang des ausschließlichen Vervielfältigungsrechts des Urhebers hängt jedoch davon ab, wie weit der Begriff der Vervielfältigung von Werken definiert wird.

49.      In der Vergangenheit konnte der Begriff der Vervielfältigung wegen der begrenzten Zahl von Vervielfältigungsmethoden leicht definiert werden(15); mit der Entwicklung der Informationstechnologien und der Möglichkeit einer digitalen Vervielfältigung haben sich jedoch auch die Möglichkeiten einer leichteren und rascheren Vervielfältigung vermehrt. Die leichtere und raschere Vervielfältigung macht einerseits die Gewährleistung eines angemessenen Schutzes des Urheberrechts erforderlich, setzt andererseits aber voraus, dass dieser Schutz hinreichend flexibel ist, damit er die Entwicklung und das reibungslose Funktionieren neuer Technologien nicht behindert(16). Auch die Prüfung der Vorlagefragen muss einen angemessenen Ausgleich zwischen einem hinreichend starken und einem hinreichend flexiblen Schutz der Urheberrechte zum Ausgangspunkt haben.

50.      Die Fragen, die das vorlegende Gericht in dieser Rechtssache stellt, lassen sich in drei Themenkomplexen zusammenfassen, denen auch die Argumentationsstruktur in diesen Schlussanträgen entsprechen wird. Im ersten Komplex, um den es in der ersten Vorlagefrage geht, wird die Auslegung des Begriffs „Vervielfältigung“ in Art. 2 der Richtlinie 2001/29 erörtert. Der zweite Komplex, der die Vorlagefragen 2 bis 12 umfasst, betrifft die Auslegung der Ausnahme vom Vervielfältigungsrecht, die in Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie festgelegt ist, der unter bestimmten Voraussetzungen vorübergehende Vervielfältigungshandlungen zulässt. Der dritte Komplex, der in der dreizehnten Vorlagefrage angesprochen wird, bezieht sich auf die Auslegung von Art. 5 Abs. 5 der Richtlinie, wonach die in Bezug auf das Vervielfältigungsrecht vorgesehenen Ausnahmen und Beschränkungen nur in bestimmten Sonderfällen angewandt werden dürfen, in denen die normale Verwertung des Werkes oder des sonstigen Schutzgegenstands nicht beeinträchtigt wird und die berechtigten Interessen des Rechtsinhabers nicht ungebührlich verletzt werden.

51.      Ich werde in diesen Schlussanträgen zunächst kurz die wesentlichen Aspekte des Verfahrens zur Erstellung von Auszügen aus Zeitungsartikeln erläutern und anschließend im Rahmen der Prüfung der drei Themenkomplexe die Vorlagefragen beantworten.

B –    Wesentliche Aspekte des von Infopaq angewandten Verfahrens zur Erstellung von Auszügen aus Zeitungsartikeln

52.      Wie das vorlegende Gericht feststellt, ist in der vorliegenden Rechtssache unstreitig, dass es in dem von Infopaq angewandten Verfahren zur Erstellung von Auszügen aus Zeitungsartikeln (das sogenannte Datenerfassungsverfahren) tatsächlich um zwei Vervielfältigungshandlungen geht, und zwar 1. die Erstellung einer Bilddatei durch das Einscannen von Zeitungsartikeln und 2. die Umwandlung der Bilddatei in eine Textdatei. Die Beteiligten sind jedoch uneins in der Frage, ob auch 3. die Speicherung der einzelnen Suchwörter einschließlich der fünf vorangehenden und der fünf nachfolgenden Wörter und 4. das Ausdrucken der elf Wörter eine Vervielfältigung sind.

53.      Im Folgenden werde ich deshalb die Frage erörtern, ob die Speicherung eines Suchworts einschließlich der fünf vorangehenden und der fünf nachfolgenden Wörter sowie das Ausdrucken dieser elf Wörter eine Vervielfältigungshandlung im Sinne von Art. 2 der Richtlinie 2001/29 sind.

C –    Auslegung von Art. 2 der Richtlinie 2001/29 (erste Vorlagefrage)

54.      Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die Speicherung und das anschließende Ausdrucken eines Textauszugs aus einem Zeitungsartikel, der aus einem Suchwort sowie den fünf vorangehenden und den fünf nachfolgenden Wörtern besteht, eine Vervielfältigung im Sinne von Art. 2 der Richtlinie 2001/29 darstellt.

55.      Art. 2 der Richtlinie 2001/29 bestimmt, dass die Mitgliedstaaten für die Urheber im Hinblick auf deren Werke das ausschließliche Recht vorsehen, „die unmittelbare oder mittelbare, vorübergehende oder dauerhafte Vervielfältigung auf jede Art und Weise und in jeder Form ganz oder teilweise zu erlauben oder zu verbieten“. Aus dem Wortlaut ergibt sich, dass eine Vervielfältigung eines urheberrechtlich geschützten Werkes nicht ohne Erlaubnis des Urhebers zulässig ist, unabhängig davon, ob es sich um eine vollständige oder teilweise Vervielfältigung handelt. Jedoch definiert Art. 2 der Richtlinie 2001/29 weder den Begriff der „Vervielfältigung“, noch bestimmt er die Voraussetzungen, unter denen eine „teilweise Vervielfältigung“ gegeben ist, so dass es zur Beantwortung der ersten Frage zunächst notwendig ist, beide Begriffe zu definieren.

56.      Im Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs muss bei der Definition der Begriffe „Vervielfältigung“ und „teilweise Vervielfältigung“ beachtet werden, dass das Erfordernis der einheitlichen Anwendung des Gemeinschaftsrechts verlangt, dass die Begriffe einer Vorschrift des Gemeinschaftsrechts, die, wie die der Richtlinie 2001/29, für die Ermittlung ihres Sinns und ihrer Tragweite nicht ausdrücklich auf das Recht der Mitgliedstaaten verweist, in der Regel in der gesamten Gemeinschaft autonom und einheitlich auszulegen sind(17). Unter Berücksichtigung dieses Erfordernisses kann der Begriff „Vervielfältigung“ meiner Ansicht nach als das Festhalten des urheberrechtlich geschützten Werkes auf einem bestimmten Informationsträger definiert werden.(18) Folglich kann die „teilweise Vervielfältigung“ als das Festhalten von nur einigen Teilen des urheberrechtlich geschützten Werkes auf einem Informationsträger definiert werden.

57.      Aus dem Wortlaut des Art. 2 der Richtlinie 2001/29 ergibt sich, dass der Begriff der „Vervielfältigung“ weit auszulegen ist, da er sowohl die „unmittelbare oder mittelbare“ als auch die „vorübergehende oder dauerhafte“ Vervielfältigung „auf jede Art und Weise“ und „ganz oder teilweise“ umfasst. Die Notwendigkeit einer weiten Auslegung ergibt sich des Weiteren aus dem 21. Erwägungsgrund der Richtlinie, in dem es heißt: „Diese Richtlinie sollte den Umfang der unter das Vervielfältigungsrecht fallenden Handlungen in Bezug auf die verschiedenen Begünstigten bestimmen. … Um die Rechtssicherheit im Binnenmarkt zu gewährleisten, muss die Definition dieser Handlungen weit gefasst sein.“ Eine weite Auslegung des Begriffs der Vervielfältigung ist für die Gewährleistung des Urheberrechtsschutzes auf dem von der Richtlinie 2001/29 bezweckten hohen Niveau unerlässlich.(19) Aus der weiten Auslegung des Begriffs der „Vervielfältigung“ lässt sich ein Argument zugunsten einer ebenfalls weiten Auslegung des Begriffs der „teilweisen Vervielfältigung“ ableiten: wenn der Begriff der „Vervielfältigung“ weit ausgelegt wird, ist es, a maiori ad minus, zwingend, diese weite Auslegung auf alle Modalitäten der Vervielfältigung, einschließlich der teilweisen, anzuwenden, da nur so ein hohes Schutzniveau im Bereich des Urheberrechts garantiert werden kann.

58.      Andererseits kann diese weite Auslegung des Begriffs „teilweise Vervielfältigung“ nicht in eine absurde und übertrieben technische Auslegung münden, die in ihren Anwendungsbereich jegliche Vervielfältigung, auch die eines noch so kleinen und unbedeutenden Fragments eines urheberrechtlich geschützten Werkes einschließt. Meiner Meinung nach muss für die Auslegung dieses Begriffs ein Mittelweg zwischen einer technisch fundierten Auslegung und einer zweiten Auslegung, nach der auch die teilweise Vervielfältigung einen Inhalt, eine Wiedererkennbarkeit und, als Teil eines urheberrechtlich geschützten Werkes, auch eine gewisse intellektuelle Würde haben muss, die den Urheberschutz erforderlich machen, gefunden werden. Nach meiner Auffassung sollte sich die Beantwortung der Frage, ob es sich im konkreten Fall um eine teilweise Vervielfältigung handelt, auf zwei Elemente gründen. Zunächst muss festgestellt werden, ob die teilweise Vervielfältigung tatsächlich mit dem Original des urheberrechtlich geschützten Werkes identisch ist (Identifikationselement). Konkret auf die teilweise Vervielfältigung von Zeitungsartikeln angewandt, bedeutet dies, festzustellen, ob die in der Vervielfältigung enthaltenen Wörter identisch mit denen des Zeitungsartikels sind, und zwar auch bezüglich ihrer Reihenfolge. Des Weiteren ist zu beurteilen, ob man auf der Grundlage der teilweisen Vervielfältigung den Inhalt des urheberrechtlich geschützten Werkes wiedererkennen kann, mit anderen Worten, ob sich eindeutig feststellen lässt, dass es sich um eine teilweise Vervielfältigung eines bestimmten urheberrechtlich geschützten Werkes handelt (Wiedererkennungselement). Im Fall der teilweisen Vervielfältigung von Zeitungsartikeln bedeutet dies, dass es möglich sein muss, mit Sicherheit festzustellen, dass ein bestimmter Auszug aus einem eindeutig bestimmbaren Zeitungsartikel stammt(20). Die teilweise Vervielfältigung wird demnach nicht rein quantitativ definiert(21), also nicht nach dem Kriterium de minimis, welches darauf aufbaut, genau zu bestimmen, der wievielte Teil eines Werkes vervielfältigt werden muss, damit eine teilweise Vervielfältigung vorliegt oder, auf die vorliegende Rechtssache angewandt, wie viele Wörter eines bestimmten urheberrechtlich geschützten Werkes für eine teilweise Vervielfältigung notwendig sind(22). Ob eine teilweise Vervielfältigung vorliegt, muss von Fall zu Fall bestimmt werden.

59.      Unter Zugrundelegung der in Nr. 58 herausgearbeiteten Kriterien kann man meiner Meinung nach in der vorliegenden Rechtssache schlussfolgern, dass die Speicherung und das anschließende Ausdrucken eines Textauszugs aus einem Zeitungsartikel, der aus einem Suchwort sowie den fünf vorangehenden und den fünf nachfolgenden Wörtern besteht, eine teilweise Vervielfältigung im Sinne von Art. 2 der Richtlinie 2001/29 darstellen. Sowohl das Identifikations- als auch das Wiedererkennungselement sind gegeben.

60.      Erstens sind in der vorliegenden Rechtssache die elf im Textauszug gedruckten Wörter identisch mit denen des Zeitungsartikels, auch hinsichtlich ihrer Reihenfolge. Meines Erachtens ist zudem die Sequenz von elf Wörtern im gegenständlichen Textauszug von ausreichender Länge, um feststellen zu können, ob die Wortsequenz des Auszugs der eines bestimmten Zeitungsartikels entspricht. Letztlich ist es in der vorliegenden Rechtssache auch gerade der Zweck des Auszugs, der aus einem Suchwort sowie den fünf vorangehenden und den fünf nachfolgenden Wörtern besteht, dem Leser das Auffinden des Suchworts im Artikel zu erleichtern(23).

61.      Zweitens ist in der vorliegenden Rechtssache zu berücksichtigen, dass Infopaq zu jedem Artikel das Suchwort sowie die fünf vorangehenden und die fünf nachfolgenden Wörter für jede Wiederholung des Suchworts im Artikel druckt. Wie zutreffend von der DDF vorgetragen(24), kann dies dazu führen, dass ein großer Teil des Zeitungsartikels vervielfältigt wird, was zweifellos eine teilweise Vervielfältigung dieses Artikels im Sinne von Art. 2 der Richtlinie 2001/29 darstellt.

62.      Unter Zugrundelegung der bisherigen Überlegungen ist nach meiner Auffassung die erste Vorlagefrage dahin gehend zu beantworten, dass die Speicherung und das anschließende Ausdrucken eines Textauszugs aus einem Zeitungsartikel, der aus einem Suchwort sowie den fünf vorangehenden und den fünf nachfolgenden Wörtern besteht, eine Vervielfältigung im Sinne von Art. 2 der Richtlinie 2001/29 darstellen.

D –    Auslegung von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 (zweite bis zwölfte Vorlagefrage)

63.      Mehrere Vorlagefragen (die Fragen 2 bis 12) des vorlegenden Gerichts betreffen die Auslegung von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29; es ist daher angebracht, sie zusammen zu prüfen. Mit diesen Vorlagefragen möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob es zulässig ist, das von Infopaq angewandte Verfahren der Bearbeitung von Zeitungsartikeln ohne Erlaubnis der Inhaber der Urheberrechte auszuführen, weil es unter die Ausnahmeregel des Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 fällt, der unter bestimmten Voraussetzungen vorübergehende Vervielfältigungshandlungen vom Vervielfältigungsrecht ausnimmt.

64.      Im Folgenden werde ich zunächst Inhalt und Zielsetzung des Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 bestimmen, um danach näher auf die einzelnen Voraussetzungen dieser Vorschrift einzugehen und im Rahmen jeder Voraussetzung die sie betreffende Frage zu erörtern.

1.      Inhalt und Zielsetzung des Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29

65.      Die Richtlinie 2001/29 sieht in Art. 5 Abs. 1 eine Ausnahme vom Vervielfältigungsrecht für bestimmte vorübergehende Vervielfältigungshandlungen vor. Aus Art. 5 Abs. 1 geht hervor, dass vom Vervielfältigungsrecht diejenigen Vervielfältigungshandlungen ausgenommen sind, welche die folgenden Voraussetzungen erfüllen:

–        Damit Art. 5 Abs. 1 Anwendung findet, müssen die Vervielfältigungshandlungen vorübergehend sein.

–        Diese vorübergehenden Vervielfältigungshandlungen müssen weitere vier Bedingungen erfüllen: Sie müssen erstens flüchtig oder begleitend sein, zweitens müssen sie einen integralen und wesentlichen Teil eines technischen Verfahrens darstellen, drittens muss es ihr alleiniger Zweck sein, eine Übertragung in einem Netz zwischen Dritten durch einen Vermittler oder eine rechtmäßige Nutzung eines Werkes oder sonstigen Schutzgegenstands zu ermöglichen, und viertens dürfen diese Handlungen keine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung haben.

66.      Die Ausnahmeregelung des Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 wurde aufgenommen, um vom weiten Anwendungsbereich des Vervielfältigungsrechts bestimmte Vervielfältigungshandlungen auszunehmen, die integraler Teil eines technischen Verfahrens sind und deren alleiniger Zweck es ist, eine andere Form der Nutzung eines bestimmten Werkes zu ermöglichen(25). Der 33. Erwägungsgrund der Richtlinie 2001/29 listet ausdrücklich unter den Handlungen, die vom Vervielfältigungsrecht ausgenommen werden sollten, diejenigen Handlungen auf, die eine „Übertragung in einem Netz“ ermöglichen, sowie solche, die „Handlungen des ‚Caching‘ ermöglichen; dies schließt Handlungen ein, die das effiziente Funktionieren der Übertragungssysteme ermöglichen“.(26) Diese Vervielfältigungshandlungen sind nach diesem Erwägungsgrund erlaubt, „sofern der Vermittler die Information nicht verändert und nicht die erlaubte Anwendung von Technologien zur Sammlung von Daten über die Nutzung der Information, die von der gewerblichen Wirtschaft weithin anerkannt und verwendet werden, beeinträchtigt“. Wären diese Handlungen nicht von der weiten Definition des Vervielfältigungsrechts ausgenommen, hätte dies für die neuen Technologien die Verpflichtung zur Folge gehabt, für jede noch so kurze und technisch notwendige Vervielfältigung die Erlaubnis des Urheberrechtsinhabers einholen zu müssen(27). Dies hätte z. B. dazu geführt, dass für jede Handlung des „Caching“(28), das die normale Nutzung der Informationstechnologien und des Internets durch die automatische Erstellung von vorübergehenden Kopien digitaler Daten ermöglicht, die Erlaubnis des Urheberrechtsinhabers hätte eingeholt werden müssen(29). Unter Zugrundelegung dieser Überlegungen bin ich der Auffassung, dass die in Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 geregelte Ausnahme sich nicht nur auf die im Internet auftretenden Vervielfältigungshandlungen bezieht, sondern auf alle Vervielfältigungshandlungen anzuwenden ist, die die in diesem Artikel festgelegten allgemeinen Voraussetzungen erfüllen(30).

67.      Des Weiteren möchte ich darauf hinweisen, dass man bei einer auf Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 beruhenden Analyse strikt zwischen den vorübergehenden Vervielfältigungshandlungen einerseits, für die untersucht werden muss, ob sie die Voraussetzungen des genannten Artikels erfüllen, und solchen Formen der Nutzung eines bestimmten Werkes, die durch die Vervielfältigungshandlungen ermöglicht worden sind, andererseits unterscheiden muss. So ermöglichen es z. B. die Handlungen des „Caching“ dem Internetnutzer, Internetseiten zu lesen und sich über deren Inhalt zu informieren. Die vorübergehende Speicherung auf dem RAM-Speicher(31) des Computers ermöglicht es dem Nutzer, eine Kopie einer Audio- oder Videoaufnahme zu erstellen. In einer auf Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 beruhenden Analyse ist immer zwischen den vorübergehenden Vervielfältigungshandlungen und der endgültigen Form der Nutzung eines bestimmten Werkes, die durch die vorübergehenden Vervielfältigungshandlungen ermöglicht wird, zu unterscheiden. Diese Unterscheidung wird insbesondere bei der Behandlung der dritten Voraussetzung des Art. 5 Abs. 1 relevant, nach der die vorübergehenden Vervielfältigungshandlungen eine rechtmäßige Nutzung ermöglichen müssen(32).

2.      Voraussetzung für die Anwendbarkeit von Art. 5 Abs. 1: vorübergehende Vervielfältigungshandlungen

68.      Aus dem Wortlaut des Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 ergibt sich eindeutig, dass nur vorübergehende Vervielfältigungshandlungen von der in diesem Artikel geregelten Ausnahme erfasst werden. Der Umstand, dass eine bestimmte Handlung eine vorübergehende Vervielfältigung darstellt, ist eine Voraussetzung für die Anwendbarkeit der Ausnahmeregelung und für die weitere Prüfung, ob die Vervielfältigungshandlung auch die sonstigen Voraussetzungen des genannten Artikels erfüllt. Eine Prüfung, ob das von Infopaq angewandte Verfahren der Bearbeitung von Zeitungsartikeln die Voraussetzungen des genannten Artikels erfüllt, setzt demnach die Feststellung voraus, welche der Vervielfältigungshandlungen, aus denen sich dieses Verfahren zusammensetzt, als vorübergehende Vervielfältigungshandlungen definiert werden können.

69.      In dem von Infopaq angewandten Verfahren der Bearbeitung von Zeitungsartikeln können verschiedene Vervielfältigungshandlungen identifiziert werden. Einerseits werden die Zeitungsartikel eingescannt, was zur Erstellung einer Bilddatei führt, die danach in eine Textdatei umgewandelt wird; aus dem Sachverhalt ergibt sich, dass die Bilddatei nach ihrer Umwandlung in eine Textdatei gelöscht ist, Letztere wiederum ist gelöscht, sobald der Auszug des Zeitungsartikels fertig ist. Andererseits werden die Suchwörter des so bearbeiteten Zeitungsartikels einschließlich der fünf vorangehenden und der fünf nachfolgenden Wörter gespeichert und gedruckt.

70.      Die Speicherung und Umwandlung der Bilddatei in eine Textdatei stellen demnach lediglich vorbereitende Handlungen in Bezug auf die Speicherung und das Ausdrucken des elf Wörter umfassenden Auszugs aus dem Zeitungsartikel dar. Beide Dateien werden gelöscht, die erste während des Verfahrens der Erstellung der Auszüge und die zweite unmittelbar nach der Fertigstellung des Auszugs. Nach meiner Auffassung können daher das Einscannen und die Umwandlung der Bilddatei in eine Textdatei als vorübergehende Vervielfältigungshandlungen definiert werden.

71.      Zur Beantwortung der Frage, ob die Speicherung eines elf Wörter umfassenden Auszugs aus einem Zeitungsartikel als vorübergehende Vervielfältigungshandlung angesehen werden kann, enthält der Vorlagebeschluss nicht genügend Anhaltspunkte. Das vorlegende Gericht gibt im Vorlagebeschluss lediglich an, dass zusammen mit dem Suchwort die fünf vorangehenden und die fünf nachfolgenden Wörter gespeichert werden(33), aber es legt nicht dar, wie lange diese Wörter im Speicher des Computers verbleiben. Diese Tatsachenfrage müsste vom vorlegenden Gericht geklärt werden.

72.      Unabhängig davon jedoch, wie die Speicherung eines elf Wörter umfassenden Auszugs zu bewerten ist, kann meiner Meinung nach das Ausdrucken dieses Auszugs nicht als vorübergehende Vervielfältigungshandlung angesehen werden. Der Ausdruck auf Papier ist vielmehr eine dauerhafte Vervielfältigung(34). Eine dauerhafte Vervielfältigung setzt dabei nicht ein zeitlich unendliches Verbleiben voraus, da auch eine solche Vervielfältigung zerstört werden kann, aber sie bedeutet, dass der Nutzer selbst den Moment der Zerstörung bestimmen kann. In Bezug auf den Ausdruck des Auszugs möchte ich auch unterstreichen, dass dieser keine Handlung darstellt, die, wie die von der Ausnahmeregelung des Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 erfassten Handlungen, lediglich die Nutzung des urheberrechtlich geschützten Werkes in einer anderen Form ermöglicht. Der Ausdruck des Auszugs aus dem Zeitungsartikel stellt die abschließende Vervielfältigung in dem von Infopaq angewandten Verfahren der Erstellung der Auszüge dar, so dass es für die Beurteilung der vorliegenden Rechtssache von Bedeutung ist, ob diese abschließende Vervielfältigung eine rechtmäßige Nutzung des urheberrechtlich geschützten Werkes darstellt(35), die durch die in dem Verfahren ausgeführten vorübergehenden Vervielfältigungshandlungen ermöglicht worden ist.

73.      Im Folgenden werde ich untersuchen, ob das Einscannen, die Umwandlung der Bilddatei in eine Textdatei und die Speicherung des elf Wörter umfassenden Auszugs, die den Ausdruck des elf Wörter umfassenden Ausdrucks ermöglichen, die Voraussetzungen des Art. 5 Abs. 1 erfüllen.

3.      Prüfung der vier Voraussetzungen des Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29

a)      Erste Voraussetzung: flüchtige Handlungen (zweite bis fünfte Vorlagefrage)

74.      Als erste Voraussetzung verlangt Art. 5 Abs. 1, dass die vorübergehende Vervielfältigungshandlung flüchtig oder begleitend ist. Da die Fragen des vorlegenden Gerichts sich nur auf die Möglichkeit beziehen, dass die Vervielfältigungshandlungen in der vorliegenden Rechtssache flüchtige Handlungen darstellen, beschränke ich mich auf die Auslegung dieser Voraussetzung und werde nicht prüfen, ob es sich um begleitende Handlungen handelt. Die Fragen 2 bis 5 des vorlegenden Gerichts beziehen sich auf die Auslegung des Begriffs der flüchtigen Vervielfältigungshandlung.

75.      Mit der zweiten Vorlagefrage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob der Zusammenhang, in dem die vorübergehenden Vervielfältigungshandlungen vorgenommen werden, für die Bestimmung, ob sie als flüchtig im Sinne von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 anzusehen sind, von Bedeutung ist, ohne jedoch im Vorlagebeschluss darzulegen, auf welchen Zusammenhang sich diese Vorlagefrage bezieht. Es lässt sich nicht erkennen, ob das vorlegende Gericht sich dabei auf die Art und Weise der Ausführung der Vervielfältigung (mittels Scanner und Systemen der optischen Erkennung der Zeichen und anschließender Speicherung), auf den Zeitraum der Existenz der Vervielfältigung oder aber auf andere Umstände beziehen will. Da es unklar ist, welche Umstände das vorlegende Gericht meint, und daher keine allgemeingültige bejahende oder verneinende Lösung geboten werden kann, muss meiner Ansicht nach die Frage neu formuliert werden.

76.      Die zweite Vorlagefrage muss demnach so verstanden werden, dass das vorlegende Gericht wissen möchte, welche Umstände dazu führen, dass bestimmte vorübergehende Vervielfältigungshandlungen als flüchtig im Sinne von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 anzusehen sind.

77.      Mit der dritten Vorlagefrage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob eine vorübergehende Vervielfältigungshandlung als flüchtig im Sinne von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 anzusehen ist, wenn sie durch Erstellung einer Textdatei auf der Grundlage einer Bilddatei oder durch das Suchen von Textstellen auf der Grundlage einer Textdatei ausgeführt wird. Auch die dritte Vorlagefrage muss teilweise neu formuliert werden, da das vorlegende Gericht auch fragt, ob eine Vervielfältigungshandlung flüchtig ist, wenn sie „durch das Suchen von Textstellen auf der Grundlage einer Textdatei“ ausgeführt wird. Da die reine Suche einer Textstelle keine Vervielfältigung ist, muss die dritte Vorlagefrage so verstanden werden, dass das vorlegende Gericht wissen möchte, ob eine vorübergehende Vervielfältigungshandlung als flüchtig angesehen werden kann, wenn die Vervielfältigung z. B. während der Erstellung einer Textdatei auf der Grundlage einer Bilddatei ausgeführt wird.

78.      Mit der vierten Vorlagefrage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob eine vorübergehende Vervielfältigungshandlung(36) als flüchtig im Sinne von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 angesehen werden kann, wenn ein Teil der Vervielfältigung, der aus einem oder mehreren Textauszügen von elf Wörtern besteht, gespeichert wird.

79.      Mit der fünften Vorlagefrage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob eine vorübergehende Vervielfältigungshandlung als flüchtig im Sinne von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 angesehen werden kann, wenn ein Teil der Vervielfältigung, der aus einem oder mehreren Textauszügen von elf Wörtern besteht, ausgedruckt wird.

80.      Zur Beantwortung dieser Vorlagefragen muss zunächst geklärt werden, wann eine vorübergehende Vervielfältigungshandlung flüchtig ist.

81.      Meiner Ansicht nach ist eine Vervielfältigungshandlung flüchtig, wenn die Vervielfältigung nur für einen sehr kurzen Zeitraum existiert(37). Es stellt sich die Frage, wie sich eine flüchtige von einer vorübergehenden Vervielfältigungshandlung unterscheidet. Meines Erachtens liegt der Unterschied in der Tatsache, dass eine flüchtige Vervielfältigungshandlung für einen sehr kurzen Zeitraum besteht, wohingegen eine vorübergehende Vervielfältigungshandlung auch für einen längeren Zeitraum bestehen kann(38). Flüchtige Vervielfältigungshandlungen sind also diejenigen vorübergehenden Vervielfältigungshandlungen, die für einen besonders kurzen Zeitraum bestehen, die nur momentan sind und unmittelbar nach ihrer Anfertigung verschwinden(39). Zwar ist auch die Dauer des Bestehens von vorübergehenden Vervielfältigungshandlungen begrenzt, aber sie kann im Vergleich zu der flüchtiger Vervielfältigungshandlungen länger sein(40). Zweifellos ist es sehr schwierig, wenn nicht unmöglich, im Voraus genau festzulegen, wie lange eine Vervielfältigung bestehen muss, damit sie als flüchtig angesehen werden kann, so dass eine solche Bewertung von Fall zu Fall unter Einbeziehung aller Umstände des konkreten Einzelfalls erfolgen sollte.

82.      Die zweite Vorlagefrage sollte meiner Meinung nach dahin gehend beantwortet werden, dass der wesentliche Umstand, unter dem bestimmte vorübergehende Vervielfältigungshandlungen als flüchtig im Sinne von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 angesehen werden können, die sehr kurze zeitliche Existenz der Vervielfältigung ist, dass jedoch die Prüfung unter Berücksichtigung aller Umstände des konkreten Sachverhalts erfolgen muss.

83.      In der vorliegenden Rechtssache werden sowohl die durch das Einscannen der Zeitungsartikel erstellten Bilddateien, als auch die durch die Bearbeitung der Bilddateien entstehenden Textdateien nach der Erstellung des Auszugs aus dem Zeitungsartikel gelöscht. In ihrem schriftlichen Vorbringen gibt Infopaq an, dass diese Dateien höchstens 30 Sekunden lang bestehen. Unter Berücksichtigung dessen, dass die Dauer des maximalen Bestehens dieser Dateien außerordentlich kurz ist und diese sofort gelöscht werden, bin ich der Auffassung, dass man in der vorliegenden Rechtssache in Betracht ziehen kann, dass es sich um flüchtige Vervielfältigungshandlungen handelt.

84.      Die dritte Vorlagefrage sollte daher meines Erachtens dahin gehend beantwortet werden, dass, wenn eine vorübergehende Vervielfältigungshandlung derart ausgeführt wird, dass eine Textdatei auf der Grundlage einer Bilddatei erstellt wird, und wenn sowohl die Textdateien als auch die Bilddateien anschließend sofort gelöscht werden, diese Vervielfältigungshandlung unter den in der vorliegenden Rechtssache gegebenen Umständen als flüchtig im Sinne von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 angesehen werden muss.

85.      Soweit das Speichern des Auszugs aus dem Zeitungsartikel betroffen ist, habe ich bereits in Nr. 71 dieser Schlussanträge hervorgehoben, dass das vorlegende Gericht im Vorlagebeschluss nicht ausreichend darlegt, wie lange der elf Wörter umfassende Auszug gespeichert wird.

86.      Die vierte Vorlagefrage sollte daher dahin gehend beantwortet werden, dass es Sache des vorlegenden Gerichts ist, auf der Grundlage der im Rahmen der Beantwortung der zweiten Vorlagefrage herausgearbeiteten Kriterien festzustellen, ob die Vervielfältigungshandlung als flüchtig im Sinne von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 angesehen werden kann, wenn ein Teil der Vervielfältigung, der aus einem oder mehreren Textauszügen von elf Wörtern besteht, gespeichert wird.

87.      In Bezug auf den Ausdruck eines Auszugs aus einem Zeitungsartikel habe ich in Nr. 72 dieser Schlussanträge klargestellt, dass dieser keine vorübergehende Vervielfältigungshandlung darstellt; a fortiori kann er keine flüchtige Vervielfältigungshandlung sein.

88.      Folglich muss die fünfte Vorlagefrage meiner Meinung nach so beantwortet werden, dass eine Vervielfältigungshandlung nicht als flüchtig im Sinne von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 angesehen werden kann, wenn unter Umständen, wie den in der vorliegenden Rechtssache gegebenen, ein Teil der Vervielfältigung, der aus einem oder mehreren Textauszügen von elf Wörtern besteht, ausgedruckt wird.

b)      Zweite Voraussetzung: integraler und wesentlicher Teil eines technischen Verfahrens (sechste, siebte und achte Vorlagefrage)

89.      Die zweite Voraussetzung, die eine vorübergehende Vervielfältigungshandlung gemäß Art. 5 Abs. 1 erfüllen muss, ist, dass sie integraler und wesentlicher Teil eines technischen Verfahrens sein muss. Auf die Auslegung dieser Voraussetzung beziehen sich die sechste und die siebte Vorlagefrage bezüglich des Einscannens und der Umwandlung von Bilddateien in Textdateien sowie die achte bezüglich des Ausdruckens von Auszügen aus Zeitungsartikeln. Das vorlegende Gericht fragt ausdrücklich, ob auch die Speicherung eines Ausdrucks aus einem Zeitungsartikel einen integralen und wesentlichen Bestandteil eines technischen Verfahrens darstellt.

90.      Mit der sechsten Vorlagefrage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob es für die Bestimmung, ob die vorübergehenden Vervielfältigungshandlungen einen „integralen und wesentlichen Teil eines technischen Verfahrens“ im Sinne von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 darstellen, von Bedeutung ist, in welchem Stadium des technischen Verfahrens sie vorgenommen werden.

91.      Mit der siebten Vorlagefrage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob vorübergehende Vervielfältigungshandlungen einen „integralen und wesentlichen Teil eines technischen Verfahrens“ im Sinne von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 darstellen können, wenn sie aus dem manuellen Einscannen ganzer Zeitungsartikel bestehen, wodurch diese von einem Printmedium in ein digitales Medium umgewandelt werden.

92.      Mit der achten Vorlagefrage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob vorübergehende Vervielfältigungshandlungen einen „integralen und wesentlichen Teil eines technischen Verfahrens“ im Sinne von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 darstellen können, wenn sie aus dem Ausdrucken eines Teils der Vervielfältigung, der sich aus einem oder mehreren elf Wörter umfassenden Textauszügen zusammensetzt, bestehen.

93.      Zur Beantwortung der sechsten und der siebten Vorlagefrage muss zunächst geprüft werden, wann eine bestimmte Vervielfältigungshandlung ein integraler und wesentlicher Teil eines technischen Verfahrens ist(41). Es muss bestimmt werden, wie restriktiv die zu erfüllende Voraussetzung ausgelegt werden soll, damit eine vorübergehende Vervielfältigungshandlung als integraler und wesentlicher Teil eines technischen Verfahrens angesehen werden kann. In der Literatur wird das Kernproblem bei der Auslegung dieser Voraussetzung im Wesentlichen so umrissen, dass geklärt werden muss, ob eine Vervielfältigungshandlung nur dann ein integraler und wesentlicher Teil eines technischen Verfahrens ist, wenn sie ein zwingend erforderliches Element dieses Verfahrens ist, ohne das dieses nicht durchführbar wäre, oder ob unter die Definition auch eine Handlung fällt, die kein zwingend erforderliches Element dieses Verfahrens ist(42).

94.      Ich bin der Ansicht, wie auch die herrschende Meinung in der Literatur(43), dass die Vervielfältigungshandlung kein zwingend erforderliches Element eines bestimmten technischen Verfahrens ist, von dem sie ein integraler und wesentlicher Teil sein soll. Dies ergibt sich bereits aus der Begründung des Richtlinienvorschlags zur Richtlinie 2001/29, in dem die Kommission darlegt, dass Art. 5 Abs. 1 darauf abzielt, die „durch die Technik diktierten“ vorübergehenden Vervielfältigungshandlungen auszunehmen(44). Daraus lässt sich auch schließen, dass es nicht von Bedeutung ist, in welchem Stadium des technischen Verfahrens es zu der vorübergehenden Vervielfältigungshandlung kommt.

95.      Folglich muss die sechste Vorlagefrage meines Erachtens so beantwortet werden, dass es für die Bestimmung, ob die vorübergehenden Vervielfältigungshandlungen einen integralen und wesentlichen Teil eines technischen Verfahrens im Sinne von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 darstellen, nicht von Bedeutung ist, in welchem Stadium des technischen Verfahrens sie vorgenommen werden.

96.      Für die Beantwortung der siebten Vorlagefrage muss herausgearbeitet werden, worin das technische Verfahren im Rahmen eines Verfahrens der Bearbeitung von Zeitungsartikeln besteht, mit anderen Worten, ob nur im Einscannen und der Umwandlung einer Bilddatei in eine Textdatei oder ob das gesamte Verfahren der Bearbeitung von Zeitungsartikeln einbezogen werden muss.

97.      Ich bin der Ansicht, dass in der vorliegenden Rechtssache das technische Verfahren das gesamte Verfahren der Bearbeitung von Zeitungsartikeln umfasst. Dieses Verfahren setzt sich aus dem Einscannen und der Umwandlung von Bilddateien in Textdateien sowie der Speicherung und dem Ausdruck eines Suchworts einschließlich der fünf vorangehenden und der fünf nachfolgenden Wörter zusammen. Sämtliche erwähnten Elemente sind Teile desselben technischen Verfahrens. Unter diesem Gesichtspunkt sind sowohl das Einscannen der Artikel als auch die Umwandlung von Bilddateien in Textdateien ohne Zweifel ein integraler und wesentlicher Teil eines technischen Verfahrens.

98.       Daher sollte meines Erachtens die Antwort auf die siebte Vorlagefrage lauten, dass unter Umständen wie den in der vorliegenden Rechtssache gegebenen, sofern die vorübergehenden Vervielfältigungshandlungen das manuelle Einscannen ganzer Zeitungsartikel umfassen, wodurch diese von einem Printmedium in ein digitales Medium umgewandelt werden, diese Vervielfältigungshandlungen ein integraler und wesentlicher Teil eines technischen Verfahrens im Sinne von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 sind.

99.      Zur Beantwortung der achten Vorlagefrage muss geklärt werden, ob der Ausdruck einer Vervielfältigung, der aus einem oder mehreren Textauszügen von jeweils elf Wörtern besteht, einen integralen und wesentlichen Teil eines technischen Verfahrens im Sinne von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 darstellen kann. Wie ich bereits in Nr. 97 dieser Schlussanträge dargelegt habe, muss prinzipiell auch der Ausdruck eines Auszugs aus einem Zeitungsartikel als integraler und wesentlicher Teil eines technischen Verfahrens angesehen werden. Jedoch ist zu beachten, dass der Ausdruck keine vorübergehende Vervielfältigungshandlung darstellt, weshalb er eine der Voraussetzungen für die Anwendung von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 nicht erfüllt.

100. Die achte Vorlagefrage muss daher meiner Ansicht nach dahin gehend beantwortet werden, dass unter Umständen wie den in der vorliegenden Rechtssache gegebenen der Ausdruck eines Auszugs keine vorübergehende Vervielfältigungshandlung darstellt, weshalb er nicht durch Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 gedeckt ist und es daher nicht von Bedeutung ist, zu klären, ob diese Vervielfältigungshandlung einen integralen und wesentlichen Teil eines technischen Verfahrens darstellt oder nicht.

c)      Dritte Voraussetzung: Handlungen, deren alleiniger Zweck es ist, eine rechtmäßige Nutzung zu ermöglichen (neunte und zehnte Vorlagefrage)

101. Die dritte Voraussetzung des Art. 5 Abs. 1 verlangt, dass der alleinige Zweck der vorübergehenden Vervielfältigungshandlung es ist, eine Übertragung in einem Netz zwischen Dritten durch einen Vermittler oder eine rechtmäßige Nutzung des Werkes zu ermöglichen. Da es sich in der vorliegenden Rechtssache eindeutig nicht um Übertragungen in einem Netz handelt und auch die Vorlagefragen nur die rechtmäßige Nutzung des Werkes betreffen, werde ich mein Gutachten auf die Prüfung der Voraussetzung in Bezug auf die rechtmäßige Nutzung des Werkes beschränken. Auf die Auslegung der Voraussetzung bezüglich der rechtmäßigen Nutzung beziehen sich die neunte und die zehnte Vorlagefrage.

i)      Allgemein zur Voraussetzung in Bezug auf die rechtmäßige Nutzung des Werkes (neunte Vorlagefrage)

102. Mit der neunten Vorlagefrage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die rechtmäßige Nutzung des Werkes im Sinne von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 jede Form seiner Nutzung, die nicht der Zustimmung des Inhabers des Urheberrechts bedarf, umfasst.

103. Zur Beantwortung der neunten Vorlagefrage muss die Bedeutung der Voraussetzung in Bezug auf die rechtmäßige Nutzung des Werkes im Sinne von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 geklärt werden.

104. Aus dem 33. Erwägungsgrund der Richtlinie 2001/29 geht hervor, dass die Nutzung des Werkes als rechtmäßig anzusehen ist(45), „soweit sie vom Rechtsinhaber zugelassen bzw. nicht durch Gesetze beschränkt ist“. Unter Zugrundelegung dieses Erwägungsgrundes lässt sich festhalten, dass es drei Arten der rechtmäßigen Nutzung des Werkes gibt. Erstens ist die Nutzung des Werkes rechtmäßig, wenn sie in einer Art und Weise erfolgt, die nicht der Zustimmung des Urheberrechtsinhabers bedarf, z. B. in Form des Lesens von Zeitungsartikeln. Soweit dagegen die Nutzung des Werkes in Form der Vervielfältigung, wie in der vorliegenden Rechtssache, oder in anderen Formen, die prinzipiell der Zustimmung des Urheberrechtsinhabers bedürfen(46), betroffen ist, ist die Nutzung, zweitens, rechtmäßig, wenn der Inhaber des Urheberrechts der Nutzung ausdrücklich zugestimmt hat oder wenn sie, drittens, ausdrücklich aufgrund einer der in Art. 5 Abs. 2 und 3(47) der Richtlinie 2001/29 geregelten Ausnahmen und Beschränkungen erlaubt ist, soweit der betroffene Mitgliedstaat diese Ausnahme oder Beschränkung umgesetzt hat und die Nutzung in den Anwendungsbereich des Art. 5 Abs. 5 der Richtlinie fällt.

105. Folglich muss die Antwort auf die neunte Vorlagefrage meines Erachtens lauten, dass die rechtmäßige Nutzung des Werkes im Sinne von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 alle Formen seiner Nutzung umfasst, die nicht der Zustimmung des Urheberrechtsinhabers bedürfen oder denen dieser ausdrücklich zugestimmt hat; im Fall der Nutzung des Werkes in Form der Vervielfältigung ist die Zustimmung des Urheberrechtsinhabers entbehrlich, wenn die Vervielfältigung aufgrund der in Art. 5 Abs. 2 und 3 der Richtlinie 2001/29 geregelten Ausnahmen und Beschränkungen erlaubt ist, soweit der betroffene Mitgliedstaat diese Ausnahme oder Beschränkung in innerstaatliches Recht umgesetzt hat und die Vervielfältigung in den Anwendungsbereich des Art. 5 Abs. 5 der Richtlinie 2001/29 fällt.

ii)    Rechtmäßige Nutzung in der vorliegenden Rechtssache (zehnte Vorlagefrage)

106. Mit der zehnten Vorlagefrage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die rechtmäßige Nutzung des Werkes im Sinne von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 das Einscannen ganzer Zeitungsartikel, die anschließende Bearbeitung der Vervielfältigung sowie die Speicherung und das etwaige Ausdrucken eines Teils der Vervielfältigung, der aus einem oder mehreren Textauszügen von elf Wörtern besteht, durch ein Unternehmen für Zwecke des Schreibens von Zusammenfassungen durch dieses Unternehmen umfasst, obwohl der Rechtsinhaber diesen Handlungen nicht zugestimmt hat. Meiner Ansicht nach muss diese Frage anders gefasst werden(48); im Folgenden lege ich die Gründe für eine Neuformulierung dieser Frage im Einzelnen dar.

–       Neuformulierung der zehnten Vorlagefrage

107. Die zehnte Vorlagefrage ist so formuliert, dass die Voraussetzung der rechtmäßigen Nutzung auf alle von Infopaq im Verfahren der Bearbeitung von Zeitungsartikeln ausgeführten Vervielfältigungshandlungen verweist. Eine solche Formulierung folgt einem falschen Verständnis von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29. Die die rechtmäßige Nutzung des Werkes betreffende Voraussetzung kann nicht so ausgelegt werden, dass die vorübergehenden Vervielfältigungshandlungen selbst eine rechtmäßige Nutzung des Werkes darstellen müssen, vielmehr müssen die vorübergehenden Vervielfältigungshandlungen eine andere Nutzung des Werkes ermöglichen, und diese muss rechtmäßig sein. Man nehme den folgenden Fall: Wenn in einem Bildungsinstitut eine Kopie – also eine Vervielfältigung – eines bestimmten urheberrechtlich geschützten Werkes für Zwecke der Illustration im Unterricht angefertigt wird, z. B., um einer Klasse eine Videoaufnahme vorzuspielen, und mit dieser Vervielfältigungshandlung eine Kopie der besagten Videoaufnahme vorübergehend im RAM-Speicher eines Computers gespeichert wird, ermöglicht diese vorübergehende Kopie, die im RAM-Speicher verbleibt, die Vervielfältigung für Zwecke der Illustration im Unterricht, was gemäß Art. 5 Abs. 3 Buchst. a der Richtlinie 2001/29 rechtmäßig ist(49). Die im RAM-Speicher verbleibende vorübergehende Kopie selbst ist nur dann rechtmäßig, wenn sie auch alle anderen Voraussetzungen von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 erfüllt, wenn sie also integraler und wesentlicher Teil eines technischen Verfahrens ist und keine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung hat. Die Voraussetzung der rechtmäßigen Nutzung des Werkes im Sinne von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 so auszulegen, dass sie gleichbedeutend mit der rechtmäßigen Nutzung der vorübergehenden Vervielfältigungshandlung ist, hieße, dass es für die Rechtmäßigkeit der vorübergehenden Vervielfältigungshandlung nicht mehr auf die Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen dieses Artikels ankäme, was Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 leerlaufen lassen würde.

108. Bei der auf Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 gestützten Prüfung muss daher klar zwischen den vorübergehenden Vervielfältigungshandlungen, die alle Voraussetzungen dieses Artikels erfüllen müssen, und den endgültigen Vervielfältigungshandlungen oder anderen Formen der Nutzung des Werkes, die durch die vorübergehenden Vervielfältigungshandlungen ermöglicht werden und eine rechtmäßige Nutzung des Werkes darstellen müssen, unterschieden werden. In der vorliegenden Rechtssache besteht die Nutzung des Werkes, d. h. der Zeitungsartikel, in dem Ausdrucken von Auszügen aus Zeitungsartikeln, Auszügen, die elf Wörter umfassen.

109. Im Vorlagebeschluss wird nicht eindeutig dargelegt, ob diese Auszüge aus Zeitungsartikeln intern als Grundlage für das Schreiben von Zusammenfassungen von Zeitungsartikeln verwendet werden oder nur als Hilfsmittel für die Auswahl der Zeitungsartikel, welche dann im Weiteren zusammengefasst werden. Ebenso wenig enthält der Vorlagebeschluss Anhaltspunkte zur Art und Weise der Bearbeitung der Zusammenfassungen und zu der Möglichkeit, dass diese wörtliche Bezugnahmen auf die Textauszüge von elf Wörtern enthalten. In Anbetracht der nicht eindeutigen Beschreibung des Sachverhalts ist es auch nicht ausgeschlossen, dass an die Kunden von Infopaq elf Wörter umfassende Textauszüge gesandt werden, die es dann diesen Kunden ermöglichen, aus dem Kontext zu schließen, welcher Zeitungsartikel für ihre Zwecke interessant ist. Jedenfalls werden die Textauszüge von elf Wörtern von Infopaq im Bereich der kommerziellen Tätigkeit der Anfertigung von Zusammenfassungen von Zeitungsartikeln genutzt.

110. Unabhängig von dem bisher Gesagten kann man meiner Meinung nach in der vorliegenden Rechtssache nicht davon ausgehen, dass das Schreiben von Zusammenfassungen, die Infopaq an ihre Kunden schickt, deshalb eine Nutzung des Werkes darstelle und die Voraussetzung der rechtmäßigen Nutzung im Sinne von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 erfüllt sei, weil das Schreiben von Zusammenfassungen nach dänischem Recht erlaubt ist. Es ist nicht möglich, die vorliegende Rechtssache so zu verstehen, dass das von Infopaq angewandte Verfahren der Erstellung von Textauszügen aus Zeitungsartikeln das Schreiben von Zusammenfassungen ermöglicht. Es trifft zu, dass dieses Verfahren das Schreiben von Zusammenfassungen wahrscheinlich erheblich vereinfacht, aber man kann nicht behaupten, dass es diese Tätigkeit ermöglicht. Infopaq könnte Zusammenfassungen von Zeitungsartikeln auch ohne die Verwendung von zuvor angefertigten Textauszügen, die aus elf Wörtern bestehen, anfertigen. Hinzu kommt, dass das Schreiben von Zusammenfassungen nicht notwendig dem Verfahren der Erstellung von Textauszügen, die aus elf Wörtern bestehen, folgt, so dass das Schreiben von Zusammenfassungen nicht als abschließendes Stadium des Verfahrens der Erstellung von Textauszügen, die hierdurch ermöglicht wird, verstanden werden kann.

111. Die zehnte Vorlagefrage muss daher so verstanden werden, dass das vorlegende Gericht mit ihr im Wesentlichen wissen möchte, ob das Einscannen ganzer Zeitungsartikel, die anschließende Bearbeitung der Vervielfältigung sowie die Speicherung eines Teils der Vervielfältigung, der aus einem oder mehreren Textauszügen von elf Wörtern besteht, durch ein Unternehmen eine rechtmäßige Nutzung des Werkes im Sinne von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29, also den Ausdruck und die Nutzung durch dieses Unternehmen zum Zweck der Tätigkeit des Schreibens von Zusammenfassungen von Zeitungsartikeln, obwohl der Rechtsinhaber diesen Handlungen nicht zugestimmt hat, ermöglichen.

–       Prüfung und Beantwortung der zehnten Vorlagefrage

112. Für die Prüfung dieser Vorlagefrage soll vorab klargestellt werden, dass die Nutzung von Zeitungsartikeln in Form von teilweisen Vervielfältigungen, d. h. von aus elf Wörtern zusammengesetzten Textauszügen, in zwei Fällen rechtmäßig ist: wenn der Inhaber des Urheberrechts ihr ausdrücklich zugestimmt hat oder wenn die teilweise Vervielfältigung unter eine der in Art. 5 Abs. 2 und 3 der Richtlinie 2001/29 geregelten Ausnahmen und Beschränkungen fällt, Dänemark diese in innerstaatliches Recht umgesetzt hat und die Vervielfältigung den Vorgaben des Art. 5 Abs. 5 der Richtlinie 2001/29 entspricht.

113. In der vorliegenden Rechtssache ergibt sich aus der Sachverhaltsschilderung eindeutig, dass die Inhaber der Urheberrechte der Erstellung der Auszüge aus Zeitungsartikeln nicht zugestimmt haben, so dass die Erstellung der Auszüge nicht auf dieser Grundlage rechtmäßig sein kann. Daher werde ich im Folgenden prüfen, ob die Nutzung der Zeitungsartikel in Form der Vervielfältigung von Auszügen aus diesen Artikeln in der vorliegenden Rechtssache auf der Grundlage einer der in Art. 5 Abs. 2 und 3 der Richtlinie 2001/29 geregelten Ausnahmen und Beschränkungen als rechtmäßig angesehen werden kann. Die Frage, ob die Vervielfältigungshandlung die Anforderungen des Art. 5 Abs. 5 der Richtlinie 2001/29 erfüllt, werde ich im Rahmen der Beantwortung der dreizehnten Vorlagefrage, welche die Auslegung von Art. 5 Abs. 5 der Richtlinie betrifft, behandeln.

114. In Bezug auf die das Vervielfältigungsrecht betreffenden Ausnahmen und Beschränkungen in Art. 5 Abs. 2 und 3 sollen zwei Aspekte unterstrichen werden. Zum einen sind die Ausnahmen und Beschränkungen, die die Richtlinie 2001/29 in Art. 5 Abs. 2 und 3 auflistet, fakultativ, und es ist den Mitgliedstaaten freigestellt, diese in ihrem nationalen Recht anzuwenden. Dies ergibt sich aus dem einleitenden Satz des Art. 5 der Richtlinie, wonach die Mitgliedstaaten diese Ausnahmen oder Beschränkungen vorsehen „können“(50). Da das vorlegende Gericht im Vorlagebeschluss keine Angaben dazu macht, welche Ausnahmen und Beschränkungen von Dänemark in das innerstaatliche Recht übernommen worden sind, werde ich in diesen Schlussanträgen nur darlegen, wie die einzelnen Ausnahmen und Beschränkungen ausgelegt werden sollten; die endgültige Prüfung bezüglich dieser Ausnahmen und Beschränkungen ist vom nationalen Gericht vorzunehmen, das ermitteln muss, welche der in Art. 5 Abs. 2 und 3 der Richtlinie geregelten Ausnahmen und Beschränkungen von Dänemark in das innerstaatliche Recht übernommen worden sind, und anhand dieser Ausnahmen und Beschränkungen prüfen muss, ob die teilweise Vervielfältigung von Zeitungsartikeln in Form von Auszügen, die aus elf Wörtern bestehen, eine rechtmäßige Nutzung der Zeitungsartikel darstellen kann.

115. Des Weiteren ergibt sich aus dem 32. Erwägungsgrund(51) der Richtlinie 2001/29, dass die in Art. 5 Abs. 2 und 3 der Richtlinie festgelegten Ausnahmen und Beschränkungen erschöpfend aufgeführt sind und dass demzufolge die Mitgliedstaaten in ihrem nationalen Recht keine Ausnahmen und Beschränkungen vorsehen können, die von den in der Richtlinie festgelegten abweichen. Folglich kann Dänemark in seinem nationalen Recht nicht bestimmen, dass die teilweise Vervielfältigung von Zeitungsartikeln in Form von Auszügen aus diesen Artikeln erlaubt ist, soweit sie für die Bearbeitung von Zusammenfassungen genutzt wird, wenn dies nicht aufgrund einer der in Art. 5 Abs. 2 und 3 der Richtlinie vorgesehenen Ausnahmen und Beschränkungen in Bezug auf das Vervielfältigungsrecht erlaubt ist.

116. Die einzige Ausnahme, die auf den ersten Blick in der vorliegenden Rechtssache von Bedeutung sein könnte, ist die nach Art. 5 Abs. 3 Buchst. c(52), welche die Vervielfältigung durch die Presse, mit anderen Worten die Nutzung von Werken in Verbindung mit der Berichterstattung über Tagesereignisse erlaubt(53). Dieser Artikel sieht zwei Ausnahmen in Bezug auf das Vervielfältigungsrecht vor. Die erste ist zulässig „für die Vervielfältigung durch die Presse, die öffentliche Wiedergabe oder die Zugänglichmachung von veröffentlichten Artikeln zu Tagesfragen wirtschaftlicher, politischer oder religiöser Natur …, sofern eine solche Nutzung nicht ausdrücklich vorbehalten ist und sofern die Quelle, einschließlich des Namens des Urhebers, angegeben wird“. Die zweite ist dagegen zulässig „für die Nutzung von Werken oder sonstigen Schutzgegenständen in Verbindung mit der Berichterstattung über Tagesereignisse, soweit es der Informationszweck rechtfertigt und sofern – außer in Fällen, in denen sich dies als unmöglich erweist – die Quelle, einschließlich des Namens des Urhebers, angegeben wird“.

117. Meiner Ansicht nach kann jedoch keine der in Art. 5 Abs. 3 Buchst. c der Richtlinie 2001/29 enthaltenen Ausnahmen, selbst wenn sie von Dänemark in innerstaatliches Recht umgesetzt worden ist, eine teilweise Vervielfältigung von Zeitungsartikeln in Form von Auszügen von elf Wörtern rechtfertigen.

118. Die erste in Art. 5 Abs. 3 Buchst. c geregelte Ausnahme kann die Vervielfältigung nicht rechtfertigen, da es sich nicht um eine Vervielfältigung durch die Presse, was herkömmlich Zeitungen und Zeitschriften umfasst(54), handelt. Des Weiteren handelt es sich in der vorliegenden Rechtssache nicht um eine öffentliche Wiedergabe oder Zugänglichmachung(55). Die öffentliche Wiedergabe umfasst vielmehr die einmalige oder wiederholte drahtlose oder drahtgebundene öffentliche Übertragung oder Weiterverbreitung eines Werkes, einschließlich der Rundfunkübertragung(56). Die Zugänglichmachung bezieht sich dagegen auf Handlungen, die das Werk Mitgliedern der Öffentlichkeit zugänglich machen, die an dem Ort, an dem die Zugänglichmachung ihren Ursprung nimmt, nicht anwesend sind(57). Selbst wenn Infopaq ihren Kunden die Auszüge aus Zeitungsartikeln per elektronische Post schickte, würde es sich dabei weder um eine öffentliche Wiedergabe(58) noch um eine Zugänglichmachung(59) handeln.

119. Entsprechend kann die teilweise Vervielfältigung von Zeitungsartikeln in Form von Auszügen aus Zeitungsartikeln nicht auf der Grundlage der zweiten von Art. 5 Abs. 3 Buchst. c der Richtlinie 2001/29 geregelten Ausnahme gerechtfertigt werden, welche die Berichterstattung über Tagesereignisse erlaubt. Diese Ausnahme erlaubt vielmehr die Nutzung des Werkes in Verbindung mit der eigenständigen Berichterstattung über Tagesereignisse(60); folglich kann ein Werk im Rahmen der Berichterstattung über ein beliebiges Tagesereignis genutzt werden. Würde man die unbeschränkte Vervielfältigung von Zeitungsartikeln auf der Grundlage einer Ausnahme, die die Berichterstattung über Tagesereignisse erlaubt, als zulässig erachten, widerspräche dies der Zielsetzung der ersten in Art. 5 Abs. 3 Buchst. c geregelten Ausnahme, die ausdrücklich auf die Vervielfältigung durch die Presse, die öffentliche Wiedergabe und die Zugänglichmachung von veröffentlichten Artikeln zu Tagesfragen wirtschaftlicher, politischer oder religiöser Natur Bezug nimmt und sich somit innerhalb dieses Artikels als lex specialis in Bezug auf die zweite in diesem Artikel geregelte Ausnahme darstellt.

120. Die teilweise Vervielfältigung von Zeitungsartikeln kann demnach keine rechtmäßige Nutzung dieser Artikel auf der Grundlage einer der in Art. 5 Abs. 2 und 3 der Richtlinie 2001/29 geregelten Ausnahmen und Beschränkungen darstellen.

121. Demzufolge muss die zehnte Vorlagefrage meiner Ansicht nach dahin gehend beantwortet werden, dass das Einscannen ganzer Zeitungsartikel, die anschließende Bearbeitung der Vervielfältigung sowie die Speicherung eines Teils der Vervielfältigung, der aus einem oder mehreren Textauszügen von elf Wörtern besteht, unter Umständen wie den in der vorliegenden Rechtssache gegebenen nicht die rechtmäßige Nutzung des Werkes im Sinne von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29, also den Ausdruck und die Nutzung zum Zweck der Tätigkeit des Schreibens von Zusammenfassungen von Zeitungsartikeln, durch das Unternehmen, obwohl der Rechtsinhaber diesen Handlungen nicht zugestimmt hat, ermöglichen.

d)      Vierte Voraussetzung: Handlungen, die keine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung haben (elfte und zwölfte Vorlagefrage)

122. Die vierte Voraussetzung, die eine vorübergehende Vervielfältigungshandlung gemäß Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 erfüllen muss, um vom Vervielfältigungsrecht ausgenommen zu sein, besteht darin, dass sie keine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung haben darf(61).

123. Auf die Auslegung dieser Voraussetzung beziehen sich die elfte und die zwölfte Vorlagefrage. Mit der elften Vorlagefrage möchte das vorlegende Gericht wissen, nach welchen Kriterien zu beurteilen ist, ob die vorübergehenden Vervielfältigungshandlungen von eigenständiger wirtschaftlicher Bedeutung im Sinne von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 sind. Mit der zwölften Vorlagefrage hingegen wird gefragt, ob durch die vorübergehenden Vervielfältigungshandlungen erzielte Rationalisierungsgewinne des Nutzers in die Beurteilung der Frage einfließen, ob diese Handlungen von eigenständiger wirtschaftlicher Bedeutung im Sinne von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 sind.

124. Die Voraussetzung, die die eigenständige wirtschaftliche Bedeutung betrifft, ist in der Richtlinie 2001/29 nicht definiert. Auch aus der Begründung des Richtlinienvorschlags, aus dem hervorgeht, dass aus dem Anwendungsbereich der Richtlinie solche Vervielfältigungshandlungen herauszunehmen sind, die eine spezifische wirtschaftliche Bedeutung haben, lässt sich die genaue Bedeutung dieses Begriffs nicht ableiten(62). Zur Auslegung dieser Voraussetzung muss geklärt werden, wann eine bestimmte Vervielfältigungshandlung eine wirtschaftliche Bedeutung hat, wann diese wirtschaftliche Bedeutung eigenständig ist und für wen(63) diese Vervielfältigungshandlung eine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung haben muss.

125. Die wirtschaftliche Bedeutung verlangt, dass die vorübergehende Vervielfältigungshandlung für das Subjekt, das sie ausübt, einen wirtschaftlichen Vorteil bewirken muss; aber indirekt, d. h., wenn der Inhaber des Urheberrechts eine angemessene Vergütung erhält, bewirkt diese Vervielfältigungshandlung auch einen wirtschaftlichen Vorteil für den Inhaber des Urheberrechts(64). Der wirtschaftliche Vorteil kann z. B. in einem Gewinn, in geringeren Ausgaben, in einer Steigerung der Effizienz und in Ähnlichem bestehen(65).

126. Meiner Ansicht nach ist jedoch das wesentliche Kriterium dafür, ob die wirtschaftliche Bedeutung eigenständig ist, die Frage, ob infolge vorübergehender Vervielfältigungshandlungen unmittelbar wirtschaftliche Vorteile gezogen werden. Eine solche wirtschaftliche Bedeutung wäre z. B. dann gegeben, wenn Infopaq an ihre Kunden neben den Auszügen aus Zeitungsartikeln auch die eingescannten Zeitungsartikel gegen ein Entgelt zur Verfügung stellen würde, d. h., wenn die Kunden von Infopaq direkten Zugriff, z. B. über Internet, auf die eingescannten Zeitungsartikel hätten. Eine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung läge ebenfalls vor, wenn Infopaq eine eigenständige Tätigkeit des Einscannens von Zeitungsartikeln ausüben würde, um diese Artikel dann per elektronische Post gegen Entgelt an ihre Kunden zu senden(66). Die bloße Möglichkeit von Infopaq, aus diesen beiden Vervielfältigungshandlungen konkrete wirtschaftliche Vorteile zu erzielen, reicht nicht aus, um die Voraussetzung bezüglich der eigenständigen wirtschaftlichen Bedeutung zu erfüllen; die Gesellschaft müsste vielmehr eine solche Tätigkeit tatsächlich ausüben.

127. Meines Erachtens muss daher die elfte Vorlagefrage so beantwortet werden, dass für die Beurteilung, ob die vorübergehenden Vervielfältigungshandlungen von eigenständiger wirtschaftlicher Bedeutung im Sinne von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 sind, festgestellt werden muss, ob infolge vorübergehender Vervielfältigungshandlungen unmittelbar wirtschaftliche Vorteile erlangt werden.

128. In der vorliegenden Rechtssache hat das Einscannen der Artikel und die Umwandlung der Bilddateien in Textdateien sowie die Speicherung der Auszüge(67) von Zeitungsartikeln für Infopaq eine Verringerung der Ausgaben und damit gleichzeitig eine erhöhte Wirtschaftlichkeit sowie eine Zeitersparnis zur Folge. Es ist unstrittig, dass diese Handlungen für Infopaq von wirtschaftlicher Bedeutung sind, die jedoch nach meiner Auffassung nicht eigenständig ist. Damit in der vorliegenden Rechtssache eine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung bejaht werden kann, ist es nicht ausreichend, dass die Vervielfältigungshandlung dazu beiträgt, dass Infopaq durch die Erstellung der Auszüge eine höhere Wirtschaftlichkeit erlangt. Das Einscannen der Artikel, die Umwandlung der Bilddateien in Textdateien sowie die Speicherung der Auszüge aus Zeitungsartikeln stellen vielmehr nur einen Teil des viel umfassenderen Verfahrens der Erstellung von Auszügen dar, haben aber keine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung(68). In der vorliegenden Rechtssache muss die eigenständige wirtschaftliche Bedeutung des Einscannens, der Umwandlung der Bilddateien in Textdateien und der Speicherung der Auszüge aus Zeitungsartikeln unabhängig von der wirtschaftlichen Bedeutung, die das abschließende Ausdrucken der Zeitungsartikel für Infopaq hat, geprüft werden. Meines Erachtens haben das Einscannen von Artikeln und die Umwandlung von Bilddateien in Textdateien sowie die Speicherung der Auszüge keine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung.

129. Die zwölfte Vorlagefrage muss daher meiner Auffassung nach dahin gehend beantwortet werden, dass die durch vorübergehende Vervielfältigungshandlungen erzielten Rationalisierungsgewinne des Nutzers unter Umständen wie den in der vorliegenden Rechtssache gegebenen nicht in die Beurteilung der Frage einfließen können, ob diese Handlungen von eigenständiger wirtschaftlicher Bedeutung im Sinne von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 sind.

4.      Ergebnis zu Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29

130. Auf der Grundlage der Prüfung der Voraussetzungen des Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 und der für die Vorlagefragen 1 bis 12 vorgeschlagenen Antworten lässt sich feststellen, dass die von Infopaq in dem Verfahren zur Erstellung von Auszügen aus Zeitungsartikeln vorgenommenen Vervielfältigungshandlungen nicht durch eine der in Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie in Bezug auf das Vervielfältigungsrecht genannten Ausnahmen und Beschränkungen gedeckt sind. Im Ergebnis bedeutet dies, dass Infopaq für die Erstellung der Auszüge der Zustimmung des Inhabers des Urheberrechts bedarf.

E –    Auslegung von Art. 5 Abs. 5 der Richtlinie 2001/29 (dreizehnte Vorlagefrage)

131. Mit der dreizehnten Vorlagefrage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob das Einscannen ganzer Zeitungsartikel, die darauf folgende Bearbeitung der Vervielfältigung sowie die Speicherung und das etwaige Ausdrucken eines Teils der Vervielfältigung, der aus einem oder mehreren Textauszügen von elf Wörtern besteht, durch ein Unternehmen ohne die Zustimmung des Rechtsinhabers bestimmte Sonderfälle, in denen die normale Verwertung der Zeitungsartikel nicht beeinträchtigt wird und die berechtigten Interessen des Rechtsinhabers nicht ungebührlich verletzt werden, im Sinne von Art. 5 Abs. 5 der Richtlinie 2001/29 darstellen können.

132. In Anbetracht der Tatsache, dass die Prüfung der Voraussetzungen des Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 zu dem Ergebnis geführt hat, dass die Vervielfältigungshandlungen in der vorliegenden Rechtssache diese Voraussetzungen nicht erfüllen, muss prinzipiell nicht geprüft werden, ob dieselben Handlungen die Voraussetzungen des Art. 5 Abs. 5 der Richtlinie erfüllen. Diese Vorschrift enthält nämlich zusätzliche Voraussetzungen für die Vervielfältigungshandlungen, die bereits die in Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie festgelegten Voraussetzungen erfüllen. Für den Fall, dass der Gerichtshof zu dem Ergebnis kommen sollte, dass die von Infopaq vorgenommenen Vervielfältigungshandlungen die Voraussetzungen des Art. 5 Abs. 1 erfüllen, werde ich im Folgenden kurz prüfen, ob die Vervielfältigungshandlungen die Voraussetzungen des Art. 5 Abs. 5 der genannten Richtlinie erfüllen.

133. In der vorliegenden Rechtssache muss meiner Ansicht nach im Rahmen der auf Art. 5 Abs. 5 der Richtlinie 2001/29 gestützten Prüfung erneut zwischen der abschließenden Vervielfältigungshandlung, also dem Ausdrucken der Auszüge aus Zeitungsartikeln, und den Vervielfältigungshandlungen, die diese abschließende Handlung ermöglichen, also dem Einscannen der Zeitungsartikel, der Umwandlung von Bilddateien in Textdateien sowie der Speicherung des Auszugs aus einem Zeitungsartikel, unterschieden werden. Sollte der Gerichtshof jedoch der Auffassung sein, dass im Rahmen der auf Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 gestützten Prüfung die abschließende Vervielfältigungshandlung, die durch die vorübergehenden Vervielfältigungshandlungen ermöglicht wird, eine rechtmäßige Nutzung des Werkes auf der Grundlage einer der in Art. 5 Abs. 2 und 3 der Richtlinie in Bezug auf das Vervielfältigungsrecht vorgesehenen Ausnahmen und Beschränkungen darstellen kann, müsste außerdem schon im Hinblick auf die Erfüllung der Voraussetzung der rechtmäßigen Nutzung geprüft werden, ob die abschließende Vervielfältigungshandlung die Voraussetzungen des Art. 5 Abs. 5 der Richtlinie erfüllt. Nur dann kann die Voraussetzung der rechtmäßigen Nutzung des Werkes im Sinne von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 als tatsächlich erfüllt angesehen werden. Nur wenn diese Voraussetzung neben allen anderen in Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 festgelegten Voraussetzungen gegeben ist, kann geprüft werden, ob die Voraussetzungen des Art. 5 Abs. 5 auch hinsichtlich der Vervielfältigungshandlungen, die die abschließende Nutzung ermöglichen, erfüllt sind. Daher werde ich im Folgenden zunächst prüfen, ob die abschließende Vervielfältigungshandlung (der Ausdruck der Auszüge aus Zeitungsartikeln) die Voraussetzungen des Art. 5 Abs. 5 der Richtlinie 2001/29 erfüllt, und anschließend, ob diese Voraussetzungen auch im Hinblick auf die Vervielfältigungshandlungen, die diese Handlung ermöglichen (das Einscannen der Zeitungsartikel, die Umwandlung von Bilddateien in Textdateien und die Speicherung(69) des Auszugs aus dem Zeitungsartikel), gegeben sind.

1.      Erfüllt das Ausdrucken von Auszügen aus Zeitungsartikeln die Voraussetzungen des Art. 5 Abs. 5 der Richtlinie 2001/29?

134. Aus Art. 5 Abs. 5 der Richtlinie 2001/29 ergibt sich, dass die in Art. 5 der Richtlinie 2001/29 genannten Ausnahmen und Beschränkungen, erstens, nur in bestimmten Sonderfällen angewandt werden dürfen, welche, zweitens, nicht die normale Verwertung des Werkes beeinträchtigen und, drittens, die berechtigten Interessen des Rechtsinhabers nicht ungebührlich verletzen dürfen(70). Diese Voraussetzungen sind kumulativ. Die in Art. 5 Abs. 5 der Richtlinie 2001/29 festgelegten Voraussetzungen, die in der Literatur oft als „Dreistufentest“(71) bezeichnet werden, sind in die Richtlinie anhand von Beispielen aus internationalen Verträgen, insbesondere Art. 9 Abs. 2 des Berner Übereinkommens(72), Art. 10 des WIPO-Urheberrechtsvertrags(73) und Art. 13 des TRIPs-Übereinkommens(74), übernommen worden. Aus dem 44. Erwägungsgrund der Richtlinie 2001/29 ergibt sich, dass die Möglichkeit der Anwendung der in der Richtlinie vorgesehenen Ausnahmen und Beschränkungen unter Beachtung der internationalen Verpflichtungen ausgeübt werden soll(75). Daraus folgt, dass Art. 5 Abs. 5 der Richtlinie 2001/29 unter Beachtung dieser internationalen Übereinkommen ausgelegt werden muss.

135. Die erste in Art. 5 Abs. 5 der Richtlinie 2001/29 festgelegte Voraussetzung verlangt, dass die Ausnahmen und Beschränkungen nur in bestimmten Sonderfällen angewandt werden dürfen. Diese müssen demnach klar definiert und durch festgelegte besondere Zwecke begründet sein(76). Im Fall der in Art. 5 Abs. 3 Buchst. c genannten Ausnahme liegt der besondere Zweck, auf den sich die Ausnahme gründet, in der Information der Öffentlichkeit über Tagesereignisse; diese Ausnahme schließt jedoch nicht aus, dass die Information einen, wie auch immer gearteten, indirekten kommerziellen Zweck hat(77).

136. Sollte der Gerichtshof der Auffassung sein, dass die Vervielfältigung von Zeitungsartikeln eine rechtmäßige Nutzung im Sinne von Art. 5 Abs. 3 Buchst. c der Richtlinie 2001/29 darstellt, geht er implizit davon aus, dass der Zweck dieser Vervielfältigung in der öffentlichen Berichterstattung liegt. Gewiss könnte der Gerichtshof der Auffassung sein, dass die teilweise Vervielfältigung in Form von Auszügen aus Zeitungsartikeln diesem Zweck nicht völlig zuwiderlaufe und dass der Hauptzweck kommerzieller Natur sei, während die öffentliche Berichterstattung nur zweitrangig sei. Auch wenn aber eine Zeitschrift den Artikel einer anderen Zeitschrift veröffentlicht oder in einer Radioübertragung ein Abschnitt eines Zeitungsartikels vorgelesen wird oder während einer Fernsehberichterstattung über eine Ausstellung Werke dieser Ausstellung gefilmt werden, nutzen diese Kommunikationsmedien das Werk nicht nur zu Zwecken der öffentlichen Berichterstattung, sondern vielmehr auch zu kommerziellen Zwecken. Meines Erachtens kann daher auch die Vervielfältigung von Auszügen aus Zeitungsartikeln dann, wenn sie für das Schreiben von Zusammenfassungen dieser Zeitungsartikel genutzt wird, eine Nutzung zum Zweck der öffentlichen Berichterstattung sein. Daraus folgt meiner Ansicht nach, dass ein Sonderfall im Sinne von Art. 5 Abs. 5 der Richtlinie 2001/29 gegeben ist. Im Hinblick auf das Ausdrucken von Auszügen aus Zeitungsartikeln ist daher die erste Voraussetzung des Art. 5 Abs. 5 der Richtlinie 2001/29 erfüllt.

137. Die zweite Voraussetzung des Art. 5 Abs. 5 der Richtlinie 2001/29 verlangt, dass in den Sonderfällen, in denen die Ausnahmen und Beschränkungen angewandt werden, die normale Verwertung des Werkes nicht beeinträchtigt wird. Die normale Verwertung von Zeitungsartikeln besteht darin, dass die Zeitungen, in denen die Artikel veröffentlicht sind, verkauft werden und dadurch Gewinn erzielt wird; die wirtschaftlichen Vorteile, die mit Zeitungsartikeln erlangt werden können, müssen dem Inhaber des Urheberrechts vorbehalten bleiben(78). Es beeinträchtigt die normale Verwertung, wenn merklich auf den Zeitungsmarkt eingewirkt wird und dadurch der Umfang der Verkäufe zurückgeht(79).

138. Die von Infopaq vorgenommene Vervielfältigung von Auszügen aus Zeitungsartikeln ermöglicht es, schnell zu übersehen, welche Artikel von Bedeutung sind und für welche davon das Schreiben einer Zusammenfassung nützlich ist. Die Gesellschaft Infopaq kann daher Zusammenfassungen von allen wichtigen Zeitungsartikeln schreiben, so dass ihre Kunden keine Zeitungen mehr zu kaufen brauchen(80). Auf diese Weise beeinträchtigt meiner Auffassung nach die Vervielfältigung von Auszügen aus Zeitungsartikeln die normale Verwertung dieser Artikel, so dass die zweite Voraussetzung des Art. 5 Abs. 5 der Richtlinie 2001/29 nicht gegeben ist.

139. Die dritte Voraussetzung des Art. 5 Abs. 5 der Richtlinie 2001/29 verlangt, dass die Sonderfälle, in denen die Ausnahmen und Beschränkungen angewandt werden, die berechtigten Interessen des Rechtsinhabers nicht ungebührlich verletzen. Im Bereich der dritten Voraussetzung reicht also die bloße Beeinträchtigung der berechtigten Interessen des Rechtsinhabers nicht aus, zumal letztlich jede Ausnahme oder Beschränkung eine Beeinträchtigung mit sich bringen wird; im Übrigen darf diese Beeinträchtigung nicht ungebührlich sein(81). Die Beeinträchtigung muss daher quantitativ und qualitativ näher bestimmt werden(82).

140. In der vorliegenden Rechtssache wird der Auszug aus dem Zeitungsartikel für alle Artikel vorbereitet, die bestimmte Suchwörter enthalten. Wenn in diesen Artikeln das Suchwort oft wiederholt wird, bedeutet dies unter einem quantitativen Gesichtspunkt, dass für jeden Artikel ein Auszug hergestellt werden kann. Falls ein Artikel verschiedene Suchwörter enthält, bedeutet dies auch, dass es möglich ist, dass für jeden Artikel mehrere Auszüge hergestellt werden. Wie bereits im Rahmen der Prüfung der zweiten Voraussetzung des Art. 5 Abs. 5 der Richtlinie 2001/29 hervorgehoben, kann die Vervielfältigung dieser Auszüge durch das Schreiben der Zusammenfassungen den Verkauf der Zeitungsartikel beeinträchtigen, weshalb auch die Inhaber der Urheberrechte ein berechtigtes Interesse haben, an den von Infopaq erzielten Gewinnen beteiligt zu werden. Zieht man in Betracht, dass die Auszüge für zahlreiche Zeitungsartikel bearbeitet werden, bin ich der Ansicht, dass eine ungebührliche Verletzung der berechtigten Interessen der Rechtsinhaber gegeben ist. Meines Erachtens muss daher geschlussfolgert werden, dass der Ausdruck von Auszügen aus Zeitungsartikeln auch die dritte Voraussetzung des Art. 5 Abs. 5 der Richtlinie 2001/29 nicht erfüllt.

141. Da das Ausdrucken von Auszügen aus Zeitungsartikeln weder die zweite noch die dritte Voraussetzung des Art. 5 Abs. 5 der Richtlinie 2001/29 erfüllt, kann es keine rechtmäßige Nutzung der Zeitungsartikel im Sinne von Art. 5 Abs. 1 dieser Richtlinie darstellen.

2.      Erfüllen die vorübergehenden Vervielfältigungshandlungen die Voraussetzungen des Art. 5 Abs. 5 der Richtlinie 2001/29?

142. Nachdem in Nr. 141 dieser Schlussanträge hervorgehoben worden ist, dass die Auszüge aus Zeitungsartikeln keine rechtmäßige Nutzung der Zeitungsartikel darstellen können, kann man in Erwägung ziehen, dass das Einscannen, die Umwandlung von Bilddateien in Textdateien und die Speicherung(83) der Auszüge aus Zeitungsartikeln nicht eine rechtmäßige Nutzung des Werkes ermöglichen und daher die Voraussetzungen des Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 nicht erfüllen. Da diese Vervielfältigungshandlungen nicht auf der Grundlage von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 gerechtfertigt werden können, können sie dies auch nicht unabhängig davon auf der Grundlage der Voraussetzungen des Art. 5 Abs. 5 dieser Richtlinie. Es lässt sich daher schlussfolgern, dass auch insoweit, als die vorübergehenden Vervielfältigungshandlungen betroffen sind, diese nicht die Voraussetzungen des Art. 5 Abs. 5 der genannten Richtlinie erfüllen.

3.      Ergebnis bezüglich der Auslegung von Art. 5 Abs. 5 der Richtlinie 2001/29

143. In Anbetracht der in Bezug auf Art. 5 Abs. 5 der Richtlinie 2001/29 durchgeführten Prüfung, sollte meines Erachtens die dreizehnte Vorlagefrage dahin gehend beantwortet werden, dass unter Berücksichtigung der in der vorliegenden Rechtssache gegebenen Umstände das Einscannen ganzer Zeitungsartikel, die darauf folgende Bearbeitung der Vervielfältigung sowie die Speicherung und das Ausdrucken eines Teils der Vervielfältigung, der aus einem oder mehreren Textauszügen von elf Wörtern besteht, durch ein Unternehmen ohne die Zustimmung des Rechtsinhabers nicht bestimmte Sonderfälle, in denen die normale Verwertung der Zeitungsartikel nicht beeinträchtigt wird und die berechtigten Interessen des Rechtsinhabers nicht ungebührlich verletzt werden, im Sinne von Art. 5 Abs. 5 der Richtlinie 2001/29 darstellen können.

F –    Ergebnis

144. Die in diesen Schlussanträgen vorgenommenen Prüfungen haben gezeigt, dass alle von Infopaq im Verfahren zur Erstellung von Auszügen aus Zeitungsartikeln vorgenommenen Handlungen Vervielfältigungshandlungen im Sinne von Art. 2 der Richtlinie 2001/29 darstellen. Diese Vervielfältigungshandlungen sind weder aufgrund der mit Bezug auf das Vervielfältigungsrecht in Art. 5 Abs. 1 Richtlinie 2001/29 vorgesehenen Ausnahmen und Beschränkungen noch im Sinne von Art. 5 Abs. 5 der Richtlinie 2001/29 zulässig. Daraus folgt, dass Infopaq für die Vornahme dieser Vervielfältigungshandlungen der Zustimmung der Inhaber der Urheberrechte bedarf.

VII – Entscheidungsvorschlag

145. Aus den dargestellten Gründen schlage ich dem Gerichtshof vor, die vom Højesteret vorgelegten Fragen unter Bezugnahme auf die in der vorliegenden Rechtssache gegebenen Umstände und in der Reihenfolge, in der diese Fragen gestellt worden sind, wie folgt zu beantworten:

1.         Die Speicherung und das anschließende Ausdrucken eines Textauszugs aus einem Zeitungsartikel, der aus einem Suchwort sowie den fünf vorangehenden und den fünf nachfolgenden Wörtern besteht, stellen eine Vervielfältigung im Sinne von Art. 2 der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft dar.

2.         Der wesentliche Umstand, unter dem bestimmte vorübergehende Vervielfältigungshandlungen als flüchtig im Sinne von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 angesehen werden können, ist die sehr kurze zeitliche Existenz der Vervielfältigung, jedoch muss die Prüfung unter Berücksichtigung aller Umstände des konkreten Einzelfalls erfolgen.

3.         Wird eine vorübergehende Vervielfältigungshandlung so ausgeführt, dass eine Textdatei auf der Grundlage einer Bilddatei erstellt wird, und werden sowohl die Textdateien als auch die Bilddateien anschließend sofort gelöscht, muss diese Vervielfältigungshandlung unter den in der vorliegenden Rechtssache gegebenen Umständen als flüchtig im Sinne von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 angesehen werden.

4.         Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, auf der Grundlage der im Rahmen der Beantwortung der zweiten Vorlagefrage herausgearbeiteten Kriterien festzustellen, ob die Vervielfältigungshandlung als flüchtig im Sinne von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 angesehen werden kann, wenn ein Teil der Vervielfältigung, der aus einem oder mehreren Textauszügen von elf Wörtern besteht, gespeichert wird.

5.         Eine Vervielfältigungshandlung kann nicht als flüchtig im Sinne von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 angesehen werden, wenn unter Umständen wie den in der vorliegenden Rechtssache gegebenen ein Teil der Vervielfältigung, der aus einem oder mehreren Textauszügen von elf Wörtern besteht, ausgedruckt wird.

6.         Für die Bestimmung, ob vorübergehende Vervielfältigungshandlungen einen integralen und wesentlichen Teil eines technischen Verfahrens im Sinne von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 darstellen, ist nicht von Bedeutung, in welchem Stadium des technischen Verfahrens sie vorgenommen werden.

7.         Unter Umständen wie den in der vorliegenden Rechtssache gegebenen sind vorübergehende Vervielfältigungshandlungen, sofern sie das manuelle Einscannen ganzer Zeitungsartikel umfassen, wodurch diese von einem Printmedium in ein digitales Medium umgewandelt werden, ein integraler und wesentlicher Teil eines technischen Verfahrens im Sinne von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29.

8.         Unter Umständen wie den in der vorliegenden Rechtssache gegebenen stellt der Ausdruck eines Auszugs keine vorübergehende Vervielfältigungshandlung dar, weshalb er nicht von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 gedeckt sein kann und nicht von Bedeutung für die Frage ist, ob diese Vervielfältigungshandlung ein integraler und wesentlicher Teil eines technischen Verfahrens ist oder nicht.

9.         Die rechtmäßige Nutzung des Werkes im Sinne von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 umfasst alle Formen der Nutzung des Werkes, die nicht der Zustimmung des Urheberrechtsinhabers bedürfen oder denen dieser ausdrücklich zugestimmt hat; im Fall der Nutzung des Werkes in Form der Vervielfältigung ist die Zustimmung des Urheberrechtsinhabers entbehrlich, wenn die Vervielfältigung aufgrund der in Art. 5 Abs. 2 und 3 der Richtlinie 2001/29 geregelten Ausnahmen und Beschränkungen erlaubt ist, soweit der betroffene Mitgliedstaat diese Ausnahme oder Beschränkung in innerstaatliches Recht umgesetzt hat und die Vervielfältigung in den Anwendungsbereich des Art. 5 Abs. 5 der Richtlinie 2001/29 fällt.

10.         Das Einscannen ganzer Zeitungsartikel, die anschließende Bearbeitung der Vervielfältigung sowie die Speicherung eines Teils der Vervielfältigung, der aus einem oder mehreren Textauszügen von elf Wörtern besteht, ermöglichen unter Umständen wie den in der vorliegende Rechtssache gegebenen nicht die rechtmäßige Nutzung des Werkes im Sinne von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29, also den Ausdruck und die Nutzung zum Zweck der Tätigkeit des Schreibens von Zusammenfassungen von Zeitungsartikeln durch das Unternehmen, obwohl der Rechtsinhaber diesen Handlungen nicht zugestimmt hat.

11.         Für die Beurteilung, ob die vorübergehenden Vervielfältigungshandlungen von eigenständiger wirtschaftlicher Bedeutung im Sinne von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 sind, muss festgestellt werden, ob infolge vorübergehender Vervielfältigungshandlungen unmittelbar wirtschaftliche Vorteile erlangt werden.

12.         Die durch vorübergehende Vervielfältigungshandlungen erzielten Rationalisierungsgewinne des Nutzers können unter Umständen wie den in der vorliegenden Rechtssache gegebenen nicht für die Frage berücksichtigt werden, ob diese Handlungen von eigenständiger wirtschaftlicher Bedeutung im Sinne von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 sind.

13.         Unter Umständen wie den in der vorliegenden Rechtssache gegebenen können das Einscannen ganzer Zeitungsartikel, die darauf folgende Bearbeitung der Vervielfältigung sowie die Speicherung und das Ausdrucken eines Teils der Vervielfältigung, der aus einem oder mehreren Textauszügen von elf Wörtern besteht, durch ein Unternehmen ohne die Zustimmung des Rechtsinhabers nicht bestimmte Sonderfälle, in denen die normale Verwertung der Zeitungsartikel nicht beeinträchtigt wird und die berechtigten Interessen des Rechtsinhabers nicht ungebührlich verletzt werden, im Sinne von Art. 5 Abs. 5 der Richtlinie 2001/29 darstellen.


1 – Originalsprache: Slowenisch.


2 – ABl. L 167, S. 10.


3 –      [Diese Fußnote betrifft nur die slowenische Fassung.]


4 – Bekendtgørelse af lov om ophavsret, nr. 763 af 30. juni 2006 (Konsolidierte Fassung des Urheberrechtsgesetzes, Nr. 763 vom 30. Juni 2006). Eine Übersetzung der konsolidierten Fassung des dänischen Urheberrechtsgesetzes in englischer Sprache ist auf der Website des dänischen Kulturministeriums zugänglich: http://www.kum.dk/sw832.asp.


5 – Im Vorlagebeschluss wird nicht erläutert, wie diese Zusammenfassungen erarbeitet werden und welchen Inhalt sie genauer haben. Ebenso wenig wird eindeutig erklärt, welches Verhältnis zwischen den Zusammenfassungen und den aus einem Suchwort sowie den fünf Wörtern davor und den fünf Wörtern danach zusammengesetzten Auszügen aus Zeitungsartikeln besteht (vgl. Nr. 15 dieser Schlussanträge). Im Vorlagebeschluss wird an keiner Stelle ausdrücklich gesagt, ob die aus elf Wörtern zusammengesetzten Auszüge ausschließlich intern verwendet werden oder ob die Möglichkeit besteht, dass sie an Auftraggeber von Infopaq versandt werden.


6 – Eine TIFF-Datei (Tagged Image File Format).


7 – Ein OCR-Server (Optical Character Recognition).


8 – ASCII ist die Abkürzung für American Standard Code for Information Interchange.


9 – [Diese Fußnote betrifft nur die slowenische Fassung.]


10 –      [Diese Fußnote betrifft nur die slowenische Fassung.]


11 –      Das vorlegende Gericht verwendet in den Vorlagefragen für die Richtlinie 2001/29 den Ausdruck „Infosoc-Richtlinie“; „Infosoc“ ist die Abkürzung für den englischen Ausdruck „information society“ (Informationsgesellschaft). Um der Richtlinie in diesen Schlussanträgen eine einheitliche Kurzbezeichnung zu geben, verwende ich auch in den Vorlagefragen die Bezeichnung „Richtlinie 2001/29“.


12 – Zum Standpunkt der österreichischen Regierung vgl. Nr. 26 dieser Schlussanträge.


13 – Die Richtlinie 2001/29 richtet ihr besonderes Augenmerk auf den Schutz des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft, ist aber nicht auf diesen Bereich beschränkt. Sie soll einerseits durch die Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft zum Funktionieren des Binnenmarkts beitragen und dient zum anderen der Erfüllung bestimmter internationaler Verpflichtungen in diesen Bereich. Letzteres betrifft nach dem 15. Erwägungsgrund der Richtlinie 2001/29 in erster Linie die Verpflichtungen aus zwei internationalen Verträgen, die im Rahmen der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) angenommen wurden, und zwar dem WIPO-Urheberrechtsvertrag und dem WIPO-Vertrag über Darbietungen und Tonträger. Im Schrifttum vgl. z. B. Lehmann, M., „The EC Directive on the Harmonisation of Certain Aspects of Copyright and Related Rights in the Information Society – A Short Comment“, International review of industrial property and copyright law, Nr. 5/2003, S. 521.


14 – Vgl. in diesem Sinne Grünbuch „Urheberrecht und verwandte Schutzrechte in der Informationsgesellschaft“, KOM(95) 382 endg., S. 49; Vivant, M., „Directive 2001/29/EC on the harmonisation of certain aspects of copyright and related rights in the information society“, in: Lodder, A. R., Kaspersen, H. W. K. (Hrsg.), Edirectives: Guide to European Union Law on E-Commerce, Kluwer Law International, Den Haag 2002, S. 98; Lehmann, M., a. a. O. (Fn. 13), S. 523, Fn. 18.


15 – Vgl. in diesem Sinne Grünbuch „Urheberrecht und verwandte Schutzrechte in der Informationsgesellschaft“, a. a. O. (Fn. 14), S. 49.


16 – Zur Ermöglichung der Entwicklung und des reibungslosen Funktionierens neuer Technologien sind beispielsweise Vervielfältigungen erlaubt, die für das reibungslose Funktionieren des Internets oder für die Anwendung von Computerprogrammen erforderlich sind. Das geht z. B. aus dem 33. Erwägungsgrund der Richtlinie 2001/29 hervor, wonach „Handlungen, die das ‚Browsing‘ sowie Handlungen des ‚Caching‘ ermöglichen“, vom Vervielfältigungsrecht ausgenommen sind. Das Erfordernis, dass das Vervielfältigungsrecht das reibungslose Funktionieren neuer Technologien nicht unmöglich macht, ergibt sich auch aus anderen Richtlinien, etwa aus der Richtlinie 91/250/EWG des Rates vom 14. Mai 1991 über den Rechtsschutz von Computerprogrammen (ABl. L 122, S. 42), in deren 17. Erwägungsgrund es heißt: „Zu dem Ausschließlichkeitsrecht des Urhebers, die nicht erlaubte Vervielfältigung seines Werks zu untersagen, sind im Fall eines Computerprogramms begrenzte Ausnahmen für die Vervielfältigung vorzusehen, die für die bestimmungsgemäße Verwendung des Programms durch den rechtmäßigen Erwerber technisch erforderlich sind“.


17 – Vgl. u. a. Urteile vom 7. Dezember 2006, SGAE (C‑306/05, Slg. 2006, I‑11519, Randnr. 31), vom 9. November 2000, Yiadom (C‑357/98, Slg. 2000, I‑9265, Randnr. 26), und vom 6. Februar 2003, SENA (C‑245/00, Slg. 2003, I‑1251, Randnr. 23).


18 – Vgl. in der Literatur u. a. Vivant, M., a. a. O. (Fn. 14), S. 98, der die Vervielfältigung als „‚Festhalten‘ eines Werkes auf einem Informationsträger“ definiert. Kritharas, T., „The Challenge of Copyright in Information Society. Copyright on the Internet: Current Legal Aspects“, Revue hellénique de droit international, Nr. 1/2003, S. 22, der, unter Berufung auf die britische Rechtsprechung, das Vervielfältigungsrecht wie folgt definiert: „Was es wert ist, kopiert zu werden, ist es prima facie wert, [urheberrechtlich] geschützt zu werden“.


19 – Das Ziel des hohen Schutzniveaus geht insbesondere aus dem neunten Erwägungsgrund der Richtlinie 2001/29 hervor, in dem es heißt: „Jede Harmonisierung des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte muss von einem hohen Schutzniveau ausgehen, da diese Rechte für das geistige Schaffen wesentlich sind“. Indirekt ergibt sich dieses Ziel auch aus dem vierten und zehnten Erwägungsgrund. Im vierten Erwägungsgrund heißt es: „Ein harmonisierter Rechtsrahmen zum Schutz des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte wird durch erhöhte Rechtssicherheit und durch die Wahrung eines hohen Schutzniveaus im Bereich des geistigen Eigentums substanzielle Investitionen in Kreativität und Innovation … fördern …“ Der zehnte Erwägungsgrund der Richtlinie bekräftigt, dass die Urheber „für die Nutzung ihrer Werke eine angemessene Vergütung erhalten [müssen]“ und eine solche Vergütung nur gewährleistet werden kann, „wenn die Rechte des geistigen Eigentums angemessen geschützt werden“. Auch der Gerichtshof hat die Notwendigkeit eines hohen Schutzniveaus zugunsten der Urheber unterstrichen, der diesen eine angemessene Vergütung für die Nutzung ihrer Werke garantiert; vgl. Urteil SGAE (in Fn. 17 angeführt, Randnr. 36).


20 – Man denke z. B. an die teilweise Vervielfältigung eines Bildes. Wenn das Bild ein Objekt auf einer weißen Wand darstellt, wäre es nicht möglich, anhand einer Fotografie (einer Vervielfältigung also), die nur einen Teil der weißen Wand darstellt, zu bestimmen, um welches Bild es sich handelt. Gibt die Fotografie hingegen einen Teil des Objekts wieder und wäre es eindeutig, dass es sich um eine Vervielfältigung genau dieses Bildes handelt, läge eine teilweise Vervielfältigung vor. Dies lässt sich anhand eines noch extremeren Beispiels verdeutlichen: Wenn in den von Infopaq bearbeiteten Auszügen aus Zeitungsartikeln nur ein einzelnes Wort wiedergegeben würde, z. B. das Bindewort „und“ oder auch nur der Name einer bestimmten Gesellschaft, dann wäre es nicht möglich, festzustellen, aus welchem Zeitungsartikel dieser Auszug stammt, folglich würde es sich nicht um eine teilweise Vervielfältigung handeln.


21 – Hinsichtlich der Fragen zu quantitativen Vorgaben in Bezug auf den Umfang von Zitaten verweise ich zum Vergleich auf die Diskussion zu Art. 10 Abs. 1 der Berner Übereinkunft zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst (vom 9. September 1886, ergänzt in Paris am 4. Mai 1896, revidiert in Berlin am 13. November 1908, ergänzt in Bern am 20. März 1914 und revidiert in Rom am 2. Juni 1928, in Brüssel am 26. Juni 1948, in Stockholm am 14. Juli 1967, in Paris am 24. Juli 1971 und revidiert am 28. September 1979), welcher die Zulässigkeit von Zitaten regelt; sie betrifft die Höchstgrenzen der Zitate und hat gezeigt, wie schwierig eine quantitative Begrenzung des Umfangs in der Anwendung ist. Vgl. u. a. Ricketson, S., Ginsburg, J. C., International Copyright and Neighbouring Rights.The Berne Convention and Beyond, Vol. I, Oxford University Press, New York 2005, S. 788, Randnr. 13.42; Ricketson, S., The Berne Convention for the protection of literary and artistic works: 1886-1986, Centre for Commercial Law Studies, Queen Mary College; Kluwer, London 1987, S. 493, Randnr. 9.23.


22 – Für literarische oder allbekannte Zitate reichen bereits wenige Worte, damit eine Vervielfältigung gegeben ist. So beinhaltet z. B. das Zitat „Et tu, Brute?“ nur drei Wörter, dennoch kann man ohne Weiteres schlussfolgern, dass es sich um eine teilweise Vervielfältigung des Textes von William Shakespeares Tragödie „Julius Cäsar“ handelt. Nimmt man jedoch beispielhaft drei der vom vorlegenden Gericht angeführten Wörter des Zeitungsartikels (siehe Nr. 15 dieser Schlussanträge) – „Verkauf des Telekommunikationskonzerns“ –, könnte man wohl kaum auf die Vervielfältigung eines bestimmten Zeitungsartikels schließen.


23 – Siehe Nr. 14 dieser Schlussanträge.


24 – Siehe Nr. 25 dieser Schlussanträge.


25 – Begründung des Richtlinienvorschlags des Europäischen Parlaments und des Rates zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft, KOM(97) 628 endg., S. 29, Randnr. 3.


26 – Hierzu ist hervorzuheben, dass die Vervielfältigungshandlungen, die nach Art. 5 Abs. 1 ausgenommen werden sollen, auch im Bericht der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament und den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss über die Umsetzung der Richtlinie 2001/29 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft, SEC(2007) 1556, S. 3, aufgelistet sind: Vervielfältigungen durch Internetrouter, die bei der Internetnutzung sowohl auf dem Speicher RAM (Random Access Memory) als auch auf den Cache-Speichern entstehenden Vervielfältigungen.


27 – Vgl. in diesem Sinne u. a. Lehmann, M., a. a. O. (Fn. 13), S. 523–524.


28 – Hugenholtz, P. B., „Caching and Copyright: The Right of Temporary Copying“, European Intellectual Property Review, Nr. 10/2000, S. 482, definiert die Cache-Speicherung („Caching“) als eine „automatische Erstellung von vorübergehenden Kopien digitaler Daten … um unmittelbar über diese Daten für einen zukünftigen Gebrauch verfügen zu können“.


29 – Kritharas, T., a. a. O. (Fn. 18), S. 34, stellt klar, dass die Richtlinie 2001/29 auf der Grundlage von Art. 5 Abs. 1 die Handlungen des „Caching“ vom Vervielfältigungsrecht ausnimmt. Vgl. Hugenholtz, P. B., a. a. O. (Fn. 28), S. 482 ff., der verschiedene Formen des „Caching“ unter dem Gesichtspunkt des Urheberrechtsschutzes analysiert.


30 – Dies findet Bestätigung in der Begründung des Richtlinienvorschlags des Europäischen Parlaments und des Rates zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft, KOM(97) 628 endg., S. 29, Randnr. 3, aus dem hervorgeht, dass die von Art. 5 Abs. 1 geregelte Ausnahme sowohl den Bereich des Internets als auch alle Vervielfältigungshandlungen, die über diesen Bereich hinausgehen, betrifft. In diesem Sinne auch, u. a., Plaza Penadés, J., „Propiedad intelectual y sociedad de la información (la Directiva comunitaria 2001/29/CE)“, in: de Paula Blasco Gascó, F. (Hrsg.), Contratación y nuevas tecnologías, Consejo General del Poder Judicial, Madrid 2005, S. 147.


31 – Der RAM-Speicher (Random Access Memory) funktioniert so, dass Daten, die das Funktionieren des Computers ermöglichen, vorübergehend gespeichert werden; wenn der Nutzer den Computer ausschaltet, sind diese auf dem RAM-Speicher gespeicherten Daten automatisch gelöscht. Vgl. in diesem Sinne Kritharas, T., a. a. O. (Fn. 18), S. 22; Westkamp, G., „Transient Copying and Public Communications: The Creeping Evolution of Use and Access Rights in European Copyright Law“, George Washington International Law Review, Nr. 5/2004, S. 1057, Randnr. 2.


32 – Siehe Nrn. 101 ff. dieser Schlussanträge.


33 – Diese Information wird vom vorlegenden Gericht in Punkt 2 des Vorlagebeschlusses vorgetragen, wo das Verfahren der Erstellung der Auszüge aus Zeitungsartikeln beschrieben wird.


34 – Vgl. den Bericht „Study on the implementation and effect in Member States’ laws of Directive 2001/29/EC on the harmonisation of certain aspects of copyright and related rights in the information society“, Institute for Information Law, Universität Amsterdam, Niederlande, 2007, abrufbar im Internet unter http://ec.europa.eu/internal_market/copyright/docs/studies/infosoc-study_en.pdf, S. 23, der die dauerhafte Vervielfältigung als „materielle dauerhafte Kopie“ („tangible permanent copy“), und die vorübergehende Vervielfältigung als „unsichtbare vorübergehende Kopie“ („non-visible temporary copy“) definiert.


35 – Siehe Nrn. 101 ff. dieser Schlussanträge.


36 – Das vorlegende Gericht benutzt den Begriff „vorübergehende Vervielfältigungshandlung“; da es aber, wie schon in Nr. 71 dieser Schlussanträge hervorgehoben, unklar ist, ob die Speicherung des elf Wörter umfassenden Auszugs eine vorübergehende Vervielfältigung darstellt, werde ich bei der Behandlung der Vorlagefrage nur die Bezeichnung „Vervielfältigungshandlung“ verwenden.


37 – So auch der Bericht „Study on the implementation and effect in Member States’ laws of Directive 2001/29/EC on the harmonisation of certain aspects of copyright and related rights in the information society“, a. a. O. (Fn. 34), S. 32, der unterstreicht, dass der Begriff „flüchtig“ in Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 sich auf einen „sehr kurzen Zeitraum“ bezieht.


38 – Dies ergibt sich auch aus der allgemeinen Bedeutung der Begriffe „vorübergehend“ und „flüchtig“ in den verschiedenen Sprachen. Der englische Begriff „temporary“ („vorübergehend“) bedeutet „dauert nur eine begrenzte Zeit“, während der Begriff „transient“ („flüchtig“) „dauert nur sehr kurze Zeit“ bedeutet; vgl. Oxford Dictionary of English, 2. Aufl., Oxford University Press, Oxford 2005. Entsprechend dazu wird der deutsche Begriff „vorübergehend“ als „dauert nur für eine bestimmte Zeit; momentan“ definiert, während der Begriff „flüchtig“ wie folgt definiert wird (Punkt 3 des Stichworts „flüchtig“): „geht schnell vorbei, bleibt nicht lange“; vgl. Duden – Deutsches Universalwörterbuch, 6. Aufl., Mannheim 2006. Der französische Begriff „provisoire“ („vorübergehend“) bedeutet „besteht, bleibt, bis eine definitive Situation eintritt“, während „transitoire“ („flüchtig“) „dauert einen kurzen Zeitraum“ bedeutet; vgl. Nouveau Larousse Encyclopédique, 2. Vol., Larousse, Paris 2003. Im Italienischen bedeutet der Begriff „temporaneo“ („vorübergehend“) „dauert für einen begrenzten Zeitraum, der nicht endgültig ist“, während der Begriff „transitorio“ („flüchtig“) „nicht dauerhaft, zeitlich begrenzt“ bedeutet; vgl. Dizionario Italiano Sabatini Coletti, Giunti, Florenz 1997. Es handelt sich um semantische Nuancen, die im Zusammenhang entschlüsselt werden müssen, um den tatsächlichen Sinngehalt des einzelnen Begriffs zu erfassen.


39 – Vgl. den Bericht „Study on the implementation and effect in Member States’ laws of Directive 2001/29/EC on the harmonisation of certain aspects of copyright and related rights in the information society“, a. a. O. (Fn. 34), S. 32.


40 – Ebd.


41 – In der Literatur wird darauf hingewiesen, dass es nicht ganz klar ist, worauf diese Voraussetzung abzielt. Vgl. u. a. Hart, M., „The Copyright in the Information Society Directive: An Overview“, European Intellectual Property Review, Nr. 2/2002, S. 59. Vgl. Mayer, H.-P., „Richtlinie 2001/29/EG zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft“, Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht, Nr. 11/2002, S. 327, der diese Voraussetzung als „problematisch“ bezeichnet.


42 – Dieses Problem bei der Auslegung der Voraussetzung, dass die Vervielfältigungshandlung ein integraler und wesentlicher Teil eines technischen Verfahrens sein muss, wird z. B. im Bericht „Study on the implementation and effect in Member States’ laws of Directive 2001/29/EC on the harmonisation of certain aspects of copyright and related rights in the information society“, a. a. O. (Fn. 34), S. 33, besprochen. Vgl. auch Spindler, G., „Europäisches Urheberrecht in der Informationsgesellschaft“, Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht, Nr. 2/2002, S. 111.


43 – So Spindler, G., a. a. O. (Fn. 42), S. 111; Bericht „Study on the implementation and effect in Member States’ laws of Directive 2001/29/EC on the harmonisation of certain aspects of copyright and related rights in the information society“, a. a. O. (Fn. 34), S. 33.


44 – Die Begründung des Richtlinienvorschlags spricht von „certain acts of reproduction which are dictated by technology“; Begründung des Richtlinienvorschlags des Europäischen Parlaments und des Rates zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft, KOM(97) 628 endg., S. 29.


45 – [Diese Fußnote betrifft nur die slowenische Fassung.]


46 – Öffentliche Wiedergabe, Zugänglichmachung oder Verbreitung des Werkes.


47 – Zu der Tatsache, dass die Voraussetzung der rechtmäßigen Nutzung auf die rechtmäßige Nutzung nach Art. 5 Abs. 2 und 3 der Richtlinie 2001/29 Bezug nimmt, vgl. u. a. Waelde, C., MacQueen, H., „The Scope of Copyright“, Electronic Journal of Comparative Law, Nr. 3/2006, S. 63; vgl. auch den Bericht „Study on the implementation and effect in Member States’ laws of Directive 2001/29/EC on the harmonisation of certain aspects of copyright and related rights in the information society“, a. a. O. (Fn. 34), S. 34, der unterstreicht, dass die Voraussetzung der rechtmäßigen Nutzung im Sinne von Art. 5 Abs. 1 auf Rechtsnormen außerhalb von Art. 5 Abs. 1 Bezug nimmt.


48 – Siehe Nr. 111 dieser Schlussanträge.


49 – Der Bericht „Study on the implementation and effect in Member States’ laws of Directive 2001/29/EC on the harmonisation of certain aspects of copyright and related rights in the information society“, a. a. O. (Fn. 34), S. 34, gibt folgendes Beispiel: Die Vervielfältigung eines Werkes im RAM-Speicher, die für den gleichen Zeitraum gespeichert bleibt wie die Kopie zum Zweck der privaten Nutzung im Sinne von Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29 (wie in innerstaatliches Recht umgesetzt), kann vom Vervielfältigungsrecht gemäß Art. 5 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie ausgenommen werden, da die Nutzung, die diese ermöglicht (d. h. die Kopie für Privatzwecke), rechtmäßig ist.


50 – Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie 2001/29 sieht Ausnahmen und Beschränkungen in Bezug auf das in Art. 2 der Richtlinie geregelte Vervielfältigungsrecht vor, während die in Art. 5 Abs. 3 vorgesehenen Ausnahmen und Beschränkungen das Vervielfältigungsrecht des Art. 2 und das in Art. 3 der Richtlinie geregelte Recht der öffentlichen Wiedergabe von Werken und das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung sonstiger Schutzgegenstände betreffen.


51 – Im 32. Erwägungsgrund der Richtlinie 2001/29 heißt es: „Die Ausnahmen und Beschränkungen in Bezug auf das Vervielfältigungsrecht … sind in dieser Richtlinie erschöpfend aufgeführt.“


52 – Zu diesem Artikel sei darauf hingewiesen, dass in die Richtlinie 2001/29 der Art. 10bis der Berner Übereinkunft zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst, a. a. O. (Fn. 21), übernommen worden ist. Genauer gesagt wurde die erste in Art. 5 Abs. 3 Buchst. c der Richtlinie 2001/29 geregelte Ausnahme aus Art. 10bis Abs. 1 und die zweite aus Art. 10bis Abs. 2 der Berner Übereinkunft übernommen.


53 – Die anderen Ausnahmen sind in der vorliegenden Rechtssache nicht von Bedeutung. Zu der in Art. 5 Abs. 3 Buchst. d vorgesehenen Ausnahme betreffend „Zitate zu Zwecken wie Kritik oder Rezensionen, sofern sie ein Werk oder einen sonstigen Schutzgegenstand betreffen, das bzw. der der Öffentlichkeit bereits rechtmäßig zugänglich gemacht wurde, sofern – außer in Fällen, in denen sich dies als unmöglich erweist – die Quelle, einschließlich des Namens des Urhebers, angegeben wird und sofern die Nutzung den anständigen Gepflogenheiten entspricht und in ihrem Umfang durch den besonderen Zweck gerechtfertigt ist“, ist insbesondere hervorzuheben, dass es sich in der vorliegenden Rechtssache, auch wenn die Auszüge aus Zeitungsartikeln Zitate enthalten können, jedenfalls nicht um Zwecke der Kritik oder Rezension handelt. Diese Zitate werden nicht zum Zwecke der Kritik oder Rezension eines bestimmten Zeitungsartikels, sondern vielmehr für die Tätigkeit der Bearbeitung von Zusammenfassungen von Zeitungsartikeln genutzt.


54 – So u. a. Berger, C., „Elektronische Pressespiegel und Informationsrichtlinie. Zur Vereinbarkeit einer Anpassung des § 49 UrhG an die Pressespiegel-Entscheidung des BGH mit der Informationsrichtlinie“, Computer und Recht, Nr. 5/2004, S. 363; Glas, V., Die urheberrechtliche Zulässigkeit elektronischer Pressespiegel. Zugleich ein Beitrag zur Harmonisierung der Schranken des Urheberrechts in den Mitgliedstaaten der EU, Mohr Siebeck, Tübingen 2008, S. 131. Auch aus der Literatur zur Berner Übereinkunft, nach deren Beispiel die erste Ausnahme in Art. 5 Abs. 3 Buchst. c der Richtlinie formuliert worden ist, geht hervor, dass dieser Begriff herkömmlich die Zeitungen und Zeitschriften umfasst; vgl. u. a. Ricketson, S., a. a. O. (Fn. 21), S. 501, Randnr. 9.30, und S. 503, Randnr. 9.32. Nach Auffassung der Literatur steht Art. 10bis Abs. 1 der Berner Übereinkunft nicht im Widerspruch zur Zunahme der Veröffentlichungen, auch im Internet, von Zeitungen und Zeitschriften; vgl. dazu u. a. Ricketson, S., Ginsburg, J. C., a. a. O. (Fn. 21), S. 801, Randnr. 4.


55 – Das Recht der öffentlichen Wiedergabe und der öffentlichen Zugänglichmachung von urheberrechtlich geschützten Werken ist in Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 geregelt, in dem es heißt: „Die Mitgliedstaaten sehen vor, dass den Urhebern das ausschließliche Recht zusteht, die drahtgebundene oder drahtlose öffentliche Wiedergabe ihrer Werke einschließlich der öffentlichen Zugänglichmachung der Werke in der Weise, dass sie Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich sind, zu erlauben oder zu verbieten.“


56 – Die Wiedergabe an die Öffentlichkeit ist im 23. Erwägungsgrund der Richtlinie 2001/29 definiert als „jegliche Wiedergabe an die Öffentlichkeit …, die an dem Ort, an dem die Wiedergabe ihren Ursprung nimmt, nicht anwesend ist“, und „jegliche entsprechende drahtgebundene oder drahtlose öffentliche Übertragung oder Weiterverbreitung eines Werks, einschließlich der Rundfunkübertragung“. Darunter fallen z. B. auch die Wiedergabe an die Öffentlichkeit sowie die Rundfunk-, Satelliten- und drahtgebundene Übertragung des urheberrechtlich geschützten Werkes oder anderer Schutzgegenstände.


57 – Die Zugänglichmachung ist im 24. Erwägungsgrund der Richtlinie 2001/29 definiert, wonach diese „alle Handlungen der Zugänglichmachung derartiger Schutzgegenstände für Mitglieder der Öffentlichkeit umfasst, die an dem Ort, an dem die Zugänglichmachung ihren Ursprung nimmt, nicht anwesend sind“. Aus der Literatur zu den WIPO-Verträgen (WIPO-Urheberrechtsvertrag und WIPO-Vertrag über Darbietungen und Tonträger), die mit der Richtlinie 2001/29 in das Gemeinschaftsrecht übernommen werden, geht hervor, dass die Zugänglichmachung eine Zugänglichmachung mittels Informationssystemen, dank deren ein bestimmtes Werk erhalten werden kann, impliziert; vgl. Ficsor, M., The Law of Copyright and the Internet. The 1996 WIPO Treaties, their Interpretation and Implementation, Oxford University Press, New York 2002, S. 183, Randnr. 4.56. Vgl. auch Reinbothe, J., von Lewinski, S., The WIPO Treaties 1996. The WIPO Copyright Treaty and The WIPO Performances and Phonograms Treaty. Commentary and Legal Analysis, Butterworths, London 2002, S. 109, Randnr. 20.


58 – Die Versendung per elektronische Post stellt ohne Zweifel keine drahtgebundene oder drahtlose öffentliche Übertragung oder Weiterverbreitung eines Werkes, einschließlich der Rundfunkübertragung, dar.


59 – Meines Erachtens kann die Versendung von Auszügen aus Zeitungsartikeln per elektronische Post an einzelne Kunden nicht als Zugänglichmachung verstanden werden. Aus Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 2001/29 ergibt sich als eine Voraussetzung dafür, dass eine Zugänglichmachung von Schutzgegenständen gegeben ist, dass sie Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich sind. Diese Voraussetzung ist im Falle des E-Mail-Versands nicht erfüllt, da es sich um eine direkte Korrespondenz an bestimmte Kunden handelt, durch die den Kunden die teilweisen Vervielfältigungen nicht von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich sind. Auch die Literatur unterstreicht, dass die Versendung des Werkes per elektronische Post nicht unter die Handlungen der Zugänglichmachung fällt. Vgl. u. a. von Lewinski, S., „Die Multimedia-Richtlinie – Der EG-Richtlinienvorschlag zum Urheberrecht in der Informationsgesellschaft“, MultiMedia und Recht, Nr. 3/1998, S. 116; Spindler, G., a. a. O. (Fn. 42), S. 108.


60 – Glas, V., a. a. O. (Fn. 54), S. 144. Diese Auslegung wird auch durch Art. 10bis Abs. 2 der Berner Übereinkunft bestätigt, nach dessen Beispiel die Ausnahme in die Richtlinie 2001/29 übernommen worden ist und in dem es heißt: „Ebenso bleibt der Gesetzgebung der Verbandsländer vorbehalten, zu bestimmen, unter welchen Voraussetzungen anlässlich der Berichterstattung über Tagesereignisse durch Fotografie oder Film oder im Weg der Rundfunksendung oder Übertragung mittels Draht an die Öffentlichkeit Werke der Literatur oder Kunst, die im Verlauf des Ereignisses sichtbar oder hörbar werden, in dem durch den Informationszweck gerechtfertigten Umfang vervielfältigt und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden dürfen“ (Hervorhebung nur hier). In der Literatur vgl. Ricketson, S., Ginsburg, J. C., a. a. O. (Fn. 21), S. 802 (Randnr. 13.54) und S. 805 (Randnr. 13.55).


61 – In der Literatur wird unterstrichen, dass sich diese Voraussetzung weder in den internationalen Übereinkommen noch im nationalen Urheberrecht wiederfindet. Vgl. dazu Westkamp, G., a. a. O. (Fn. 31), S. 1101. Vgl. auch den Bericht „Study on the implementation and effect in Member States’ laws of Directive 2001/29/EC on the harmonisation of certain aspects of copyright and related rights in the information society“, a. a. O. (Fn. 34), S. 35.


62 – Begründung des Richtlinienvorschlags des Europäischen Parlaments und des Rates zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft, KOM(97) 628 endg., S. 37.


63 – Insoweit ist es wesentlich, ob die vorübergehende Vervielfältigungshandlung eine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung für denjenigen hat, der sie ausführt, oder hingegen für den Inhaber des Urheberrechts.


64 – In diesem Sinne auch der Bericht „Study on the implementation and effect in Member States’ laws of Directive 2001/29/EC on the harmonisation of certain aspects of copyright and related rights in the information society“, a. a. O. (Fn. 34), S. 35, in dem unterstrichen wird, dass, damit Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 einen effektiven Anwendungsbereich hat, die eigenständige wirtschaftliche Bedeutung nicht nur unter dem Gesichtspunkt der Interessen des Rechtsinhabers gesehen werden kann.


65 – Vgl. Corbet, J., „De ontwerp-richtlijn van 10 december 1997 over het auteursrecht en de naburige rechten in de Informatiemaatschappij“, Informatierecht/AMI, Nr. 5/1998, S. 96, wonach das „Caching“ eine wirtschaftliche Bedeutung hat, da es die Übertragungsgeschwindigkeit von Daten erhöht, weshalb die Öffentlichkeit die Anbieter vorzieht, die eine solche Form der Übertragung anbieten. Corbet spricht nur von wirtschaftlicher Bedeutung, aber nicht von eigenständiger wirtschaftlicher Bedeutung. Vgl. auch Hugenholtz, P. B., Koelman, K., Digital Intellectual Property Practice Economic Report, Institute for Information Law (IViR), S. 24, op. 36, Bericht abrufbar unter www.ivir.nl/publications/hugenholtz/PBH-DIPPER.doc.


66 – Auch in der Literatur wird unterstrichen, dass eine Vervielfältigung, wenn sie eine autonome wirtschaftliche Tätigkeit darstellt, eine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung hat. Vgl. in diesem Sinne Hugenholtz, P. B., a. a. O. (Fn. 28), S. 488; Westkamp, G., a. a. O. (Fn. 31), S. 1098; Hugenholtz, P. B., Koelman, K., a. a. O. (Fn. 65), S. 24.


67 – Diese Feststellung gilt für die Speicherung der Auszüge, falls das vorlegende Gericht zu der Auffassung kommen sollte, dass es sich dabei um eine vorübergehende Vervielfältigungshandlung handelt; andernfalls kann diese Speicherung nicht auf der Grundlage von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 gerechtfertigt werden.


68 – Vgl. die Argumentation in Westkamp, G., a. a. O. (Fn. 31), S. 1101, der unterstreicht, dass die wirtschaftliche Bedeutung von Vervielfältigungshandlungen immer im Licht der abschließenden Vervielfältigungshandlung beurteilt werden muss.


69 – Diese Feststellung gilt für die Speicherung der Auszüge, sofern das vorlegende Gericht zu der Auffassung kommen sollte, dass es sich dabei um eine vorübergehende Vervielfältigungshandlung handelt; andernfalls kann diese Speicherung nicht auf der Grundlage von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 gerechtfertigt werden.


70 – In Bezug auf Art. 5 Abs. 5 der Richtlinie 2001/29 wird klargestellt, dass dieser zusätzliche Voraussetzungen für die Anwendung der in Bezug auf das Vervielfältigungsrecht, das Recht der öffentlichen Wiedergabe, das Recht der Zugänglichmachung und das Recht der Verbreitung von Werken oder sonstigen Schutzgegenständen vorgesehenen Ausnahmen und Beschränkungen festlegt. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut des Artikels, der auf die „in den Absätzen 1, 2, 3 und 4 genannten Ausnahmen und Beschränkungen“ des Art. 5 der Richtlinie 2001/29 Bezug nimmt; diese Absätze regeln die das Vervielfältigungsrecht (Abs. 2 und 3), das Recht der öffentlichen Wiedergabe und der Zugänglichmachung (Abs. 3) und das Verbreitungsrecht (Abs. 4) betreffenden Ausnahmen und Beschränkungen.


71 – Vgl. u. a. Hart, M., a. a. O. (Fn. 41), S. 61; Kritharas, T., a. a. O. (Fn. 18), S. 30; Lehmann, M., a. a. O. (Fn. 13), S. 526.


72 – Berner Übereinkunft zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst, a. a. O. (Fn. 21). Es trifft zu, dass die Gemeinschaft nicht Vertragspartei der Berner Übereinkunft ist, aber einige Vorschriften der Richtlinie 2001/29 sind anhand des Beispiels dieser Übereinkunft formuliert worden. Die Liste der Vertragsparteien der Berner Übereinkunft ist im Internet abrufbar unter http://www.wipo.int/treaties/en/ShowResults.jsp?country_id=ALL&start_year=ANY&end_year=ANY&search_what=C&treaty_id=15.


73 – Die Europäische Gemeinschaft ist Vertragspartei des Vertrags der Weltorganisation für geistiges Eigentum zum Urheberrecht. Die Liste der Vertragsparteien kann im Internet abgerufen werden unter http://www.wipo.int/treaties/en/ShowResults.jsp?country_id=ALL&start_year=ANY&end_year=ANY&search_what=C&treaty_id=16.


74 – Agreement on Trade-Related Aspects of Intellectual Property Rights. Die Europäische Gemeinschaft ist Vertragspartei des TRIPs-Übereinkommens; die Zuständigkeit für den Abschluss dieses Abkommens ist zwischen der Gemeinschaft und den Mitgliedstaaten geteilt, vgl. Gutachten des Gerichtshofs vom 15. November 1994 (Gutachten 1/94, Slg. 1994, I‑5267, Nr. 3 des Tenors).


75 – Der 44. Erwägungsgrund bestimmt des Weiteren: „Solche Ausnahmen und Beschränkungen dürfen nicht auf eine Weise angewandt werden, dass die berechtigten Interessen der Rechtsinhaber verletzt werden oder die normale Verwertung ihrer Werke oder sonstigen Schutzgegenstände beeinträchtigt wird.“ Dieser Erwägungsgrund nimmt somit ausdrücklich auf zwei der drei in Art. 5 Abs. 5 der Richtlinie 2001/29 genannten Voraussetzungen Bezug.


76 – Spezielle Zwecke dieser Art sind z. B. die Vervielfältigung des Werkes für Bildungszwecke, für die Nutzung zugunsten behinderter Personen oder für Zwecke der öffentlichen Sicherheit. Bezüglich der einzelnen Ausnahmen in diesen Bereichen vgl. Art. 5 Abs. 3 Buchst. a, b und e der Richtlinie 2001/29. Vgl. in der Literatur Ricketson, S., Ginsburg, J. C., a. a. O. (Fn. 21), S. 764, Randnr. 13.12; Reinbothe, J., von Lewinski, S., a. a. O. (Fn. 57), S. 124, Randnr. 15.


77 – Hierzu sei bemerkt, dass die in Art. 5 Abs. 3 Buchst. c der Richtlinie 2001/29 genannte Ausnahme nicht ausdrücklich bestimmt, dass die öffentliche Berichterstattung über Tagesereignisse keine wirtschaftliche Bedeutung haben darf; insoweit unterscheidet sich diese Ausnahme von den z. B. in Abs. 2 Buchst. b oder Abs. 2 Buchst. c dieses Artikels genannten Ausnahmen, die ausdrücklich verbieten, dass die Vervielfältigungen für den privaten Gebrauch oder die von öffentlich zugänglichen Bibliotheken und Bildungseinrichtungen vorgenommenen Vervielfältigungen einen kommerziellen Zweck verfolgen.


78 – Vgl. in diesem Sinne Ficsor, M., a. a. O. (Fn. 57), S. 516, Randnr. C10.03.


79 – Reinbothe, J., von Lewinski, S., a. a. O. (Fn. 57), S. 125, Randnr. 18, unterstreichen, dass im Rahmen dieser Voraussetzung der für die Verwertbarkeit dieses Werkes relevante Markt, auf den sich eine bestimmte Ausnahme nicht auswirken darf, definiert werden muss. Dazu wird der Fall erwähnt (Randnr. 19), dass der Verkauf von kopierten Schulbüchern sich auf den Markt der Schulbücher auswirkt und daher nicht aufgrund der Ausnahme, die die Vervielfältigung zu Bildungszwecken zulässt, gerechtfertigt werden kann.


80 – Diese Prüfung erfolgt unabhängig davon, dass, wie vom vorlegenden Gericht und den Parteien des Ausgangsverfahrens vorgetragen, das Schreiben von Zusammenfassungen nach dänischem Recht erlaubt ist. Als Beispiel mag ebenfalls dienen, dass auch die Lektüre von kopierten Büchern nicht verboten ist, dass dies jedoch nicht das unlimitierte Kopieren der Bücher rechtfertigt.


81 – Ficsor, M., a. a. O. (Fn. 57), S. 516, Randnr. C10.03.


82 – Reinbothe, J., von Lewinski, S., a. a. O. (Fn. 57), S. 126 f., Randnr. 22.


83 – Diese Feststellung gilt für die Speicherung der Auszüge aus Zeitungsartikeln, sofern das vorlegende Gericht zu der Auffassung kommen sollte, dass es sich dabei um eine vorübergehende Vervielfältigungshandlung handelt; andernfalls kann diese Speicherung nicht auf der Grundlage von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 gerechtfertigt werden.