Language of document : ECLI:EU:C:2009:130

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

PAOLO MENGOZZI

vom 5. März 20091(1)

Rechtssache C‑429/07

Inspecteur van de Belastingdienst/P/kantoor P

gegen

X BV

(Vorabentscheidungsersuchen des Gerechtshof te Amsterdam [Niederlande])

„Wettbewerbspolitik – Art. 81 EG und 82 EG – Art. 15 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 – Amicus curiae – Schriftliche Stellungnahmen der Kommission – Nationaler Rechtsstreit über die steuerliche Abziehbarkeit einer durch eine Entscheidung der Kommission verhängten Geldbuße“





I –    Einleitung

1.        Erstmals wird der Gerichtshof gefragt, unter welcher Voraussetzung oder welchen Voraussetzungen die Kommission der Europäischen Gemeinschaften den Gerichten der Mitgliedstaaten gemäß Art. 15 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 und 82 des Vertrags niedergelegten Wettbewerbsregeln(2) schriftliche Stellungnahmen übermitteln kann.

2.        Diese Frage, die mit einem Vorabentscheidungsersuchen des Gerechtshof te Amsterdam (Niederlande) gestellt wird, wird im besonderen Kontext eines Steuerrechtsstreits aufgeworfen, der die teilweise Abziehbarkeit einer mit einer Entscheidung der Kommission verhängten Geldbuße betrifft.

II – Rechtlicher Rahmen

A –    Gemeinschaftsrecht

3.        Art. 15 der Verordnung Nr. 1/2003 („Zusammenarbeit mit Gerichten der Mitgliedstaaten“) sieht vor:

„(1)      Im Rahmen von Verfahren, in denen Artikel 81 [EG] oder 82 [EG] zur Anwendung kommt, können die Gerichte der Mitgliedstaaten die Kommission um die Übermittlung von Informationen, die sich in ihrem Besitz befinden, oder um Stellungnahmen zu Fragen bitten, die die Anwendung der Wettbewerbsregeln der Gemeinschaft betreffen.

(2)      Die Mitgliedstaaten übermitteln der Kommission eine Kopie jedes schriftlichen Urteils eines einzelstaatlichen Gerichts über die Anwendung des Artikels 81 [EG] oder 82 [EG]. Die betreffende Kopie wird unverzüglich übermittelt, nachdem das vollständige schriftliche Urteil den Parteien zugestellt wurde.

(3)      Die einzelstaatlichen Wettbewerbsbehörden können von sich aus den Gerichten ihres Mitgliedstaats schriftliche Stellungnahmen zur Anwendung des Artikels 81 [EG] oder 82 [EG] übermitteln. Mit Erlaubnis des betreffenden Gerichts können sie vor den Gerichten ihres Mitgliedstaats auch mündlich Stellung nehmen. Sofern es die kohärente Anwendung der Artikel 81 [EG] oder 82 [EG] erfordert, kann die Kommission aus eigener Initiative den Gerichten der Mitgliedstaaten schriftliche Stellungnahmen übermitteln. Sie kann mit Erlaubnis des betreffenden Gerichts auch mündlich Stellung nehmen.

Zum ausschließlichen Zweck der Ausarbeitung ihrer Stellungnahmen können die Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten und die Kommission das betreffende Gericht des Mitgliedstaats ersuchen, ihnen alle zur Beurteilung des Falls notwendigen Schriftstücke zu übermitteln oder für deren Übermittlung zu sorgen.

…“

4.        Der 21. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1/2003 lautet:

„Die einheitliche Anwendung der Wettbewerbsregeln erfordert außerdem, Formen der Zusammenarbeit zwischen den Gerichten der Mitgliedstaaten und der Kommission vorzusehen. Dies gilt für alle Gerichte der Mitgliedstaaten, die die Artikel 81 [EG] und 82 [EG] zur Anwendung bringen, unabhängig davon, ob sie die betreffenden Regeln in Rechtsstreitigkeiten zwischen Privatparteien anzuwenden haben oder ob sie als Wettbewerbsbehörde oder als Rechtsmittelinstanz tätig werden. Insbesondere sollten die einzelstaatlichen Gerichte die Möglichkeit erhalten, sich an die Kommission zu wenden, um Informationen oder Stellungnahmen zur Anwendung des Wettbewerbsrechts der Gemeinschaft zu erhalten. Der Kommission und den Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten wiederum muss die Möglichkeit gegeben werden, sich mündlich oder schriftlich vor einzelstaatlichen Gerichten zu äußern, wenn Artikel 81 [EG] oder 82 [EG] zur Anwendung kommt. Diese Stellungnahmen sollten im Einklang mit den einzelstaatlichen Verfahrensregeln und Gepflogenheiten, einschließlich derjenigen, die die Wahrung der Rechte der Parteien betreffen, erfolgen. Hierzu sollte dafür gesorgt werden, dass die Kommission und die Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten über ausreichende Informationen über Verfahren vor einzelstaatlichen Gerichten verfügen.“

B –    Nationales Recht

5.        Art. 89h des Gesetzes vom 22. Mai 1997 mit neuen Wettbewerbsregeln (Mededingingswet) in der durch das Gesetz vom 30. Juni 2004 geänderten Fassung (im Folgenden: Mededingingswet) bestimmt:

„1. Der Raad [Verwaltungsrat der niederländischen Wettbewerbsbehörde Nederlandse Mededingingsautoriteit, im Folgenden: NMa] oder die Kommission der Europäischen Gemeinschaften können, wenn sie nicht als Partei auftreten, im Verfahren über eine Klage beim Verwaltungsgericht schriftliche Stellungnahmen gemäß Art. 15 Abs. 3 Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 1/2003 übermitteln, wenn der Raad [der NMa] oder die Kommission der Europäischen Gemeinschaften den Wunsch dazu geäußert haben. Das Gericht kann dafür einen Termin bestimmen. Mit Zustimmung des Gerichts können sie auch in der Sitzung mündlich Stellung nehmen.

2. Auf Ersuchen im Sinne von Art. 15 Abs. 3 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 übermittelt das Gericht dem Raad [der NMa] und der Kommission der Europäischen Gemeinschaften alle Schriftstücke im Sinne dieser Bestimmung. Die Parteien können innerhalb einer vom Gericht zu bestimmenden Frist zu den zu übermittelnden Schriftstücken Stellung nehmen.

3.      Die Parteien können sich innerhalb einer vom Gericht zu bestimmenden Frist zu den Stellungnahmen des Raad [der NMa] oder der Kommission der Europäischen Gemeinschaften äußern. Das Gericht kann den Parteien Gelegenheit geben, sich zu ihren jeweiligen Stellungnahmen zu äußern.“

6.        In den Erläuterungen zum Gesetz vom 30. Juni 2004 mit Änderungen der Mededingingswet heißt es, dass die von der Kommission übermittelten schriftlichen oder mündlichen Stellungnahmen den Status von Gutachten hätten und eine kohärente Anwendung des Wettbewerbsrechts fördern sollten. Die Kommission und die nationalen Wettbewerbsbehörden hätten sich dabei an das niederländische Prozessrecht zu halten. Im Parteiprozess sei das Gericht nämlich passiv. Das Gericht sei im Übrigen nicht an das Gutachten der Kommission gebunden. Die richterliche Unabhängigkeit werde daher nicht in Frage gestellt. Die Kommission und die nationalen Wettbewerbsbehörden hätten die Rechte der Parteien zu wahren und dafür Sorge zu tragen, dass vertrauliche geschäftliche Daten vertraulich blieben. Schließlich sei das nationale Gericht gemäß Art. 15 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1/2003 befugt, die Kommission um die Übermittlung von Informationen oder um Stellungnahmen zu bitten.

7.        Art. 3.14 des Einkommensteuergesetzes 2001 (Wet Inkomstenbelasting 2001) sieht vor:

„1.      Bei der Ermittlung des Gewinns können Kosten und Ausgaben nicht abgezogen werden, die im Zusammenhang mit folgenden Posten stehen:

c.      Geldbußen, die von einem niederländischen Strafgericht verhängt worden sind, und Geldbeträge, die an den Staat zur Vermeidung von Strafverfolgung in den Niederlanden oder zur Erfüllung einer Auflage im Zusammenhang mit einer Begnadigung an den Staat gezahlt worden sind, sowie Geldbußen, die durch eine Einrichtung der Europäischen Union verhängt worden sind, und Bußgelder und Aufschläge, die nach dem Allgemeinen Abgabengesetz (Algemene wet inzake rijksbelastingen), dem Zollgesetz (Douanewet), dem Koordinationsgesetz über die soziale Sicherheit (Coördinatiewet Sociale Verzekering), dem Gesetz über Verkehrsordnungswidrigkeiten (Wet administratiefrechtelijke handhaving verkeersvoorschriften) und dem Wettbewerbsgesetz (Mededingingswet) verhängt worden sind …“

III – Sachverhalt des Ausgangsverfahrens und Vorlagefrage

8.        Mit Entscheidung vom 27. November 2002 stellte die Kommission fest, dass die BPB plc, die Gebrüder Knauf Westdeutsche Gipswerke KG, die Société Lafarge SA und die Gyproc Benelux NV gegen Art. 81 Abs. 1 EG verstoßen haben, indem sie in den Jahren 1992 bis 1998 an einer Gesamtheit von Vereinbarungen und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen im Gipsplattensektor teilgenommen haben(3). Mit dieser Entscheidung verhängte die Kommission auch gegen jedes dieser Unternehmen eine Geldbuße. Diese Geldbußen wurden unter Vorbehalt gezahlt oder durch eine Bankbürgschaft gesichert.

9.        Die von der Kommission verhängten Geldbußen wurden vom Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften in seinen Urteilen vom 8. Juli 2008 bestätigt(4).

10.      Vor Verkündung der Urteile des Gerichts, mit denen der Betrag dieser Geldbußen bestätigt wurde, wälzte eines der vier erwähnten Unternehmen, das vom vorlegenden Gericht als X KG bezeichnet wird, die Geldbuße teilweise auf eine ihrer Tochtergesellschaften, die ihren Sitz in den Niederlanden hat, die X BV (im Folgenden: X), ab.

11.      Am 13. März 2004 erließ die niederländische Steuerverwaltung gegen X einen Körperschaftsteuerbescheid für das Steuerjahr 2002. Mit Schreiben vom 8. April 2004 legte dieses Unternehmen beim Inspecteur (Inspecteur van de Belastingdienst/P/kantoor P) Einspruch gegen den Steuerbescheid ein, der mit Bescheid vom 11. März 2005 zurückgewiesen wurde.

12.      Am 19. April 2005 erhob X Klage bei der für Steuerangelegenheiten zuständigen Arrondissementsrechtbank Haarlem. Zwischen den Parteien dieses Verfahrens besteht Streit über die Frage, ob die von der Kommission verhängte Geldbuße, die auf X abgewälzt wurde, eine Geldbuße im Sinne von Art. 3.14 Abs. 1 Buchst. c des Einkommensteuergesetzes 2001 darstellt, die den Abzug von Geldbußen, die von den Einrichtungen der Gemeinschaft verhängt worden sind, bei der Berechnung des Gewinns eines Unternehmens untersagt.

13.      Mit Urteil vom 22. Mai 2006 ließ die Arrondissementsrechtbank Haarlem die teilweise Abziehbarkeit der Geldbuße zu, soweit mit dieser dem Zuwiderhandelnden die Vorteile entzogen werden sollten, die er sich durch die Zuwiderhandlung verschafft hatte.

14.      Die niederländische Steuerverwaltung legte gegen dieses Urteil mit Rechtsmittelschrift zum 30. Juni 2006 Rechtsmittel beim Gerechtshof te Amsterdam ein.

15.      Mit Schreiben vom 15. März 2007 übermittelte die Kommission, die durch die Presse und durch die NMa vom Urteil der Arrondissementsrechtbank Haarlem und dem laufenden Verfahren erfahren hatte, dem Gerechtshof te Amsterdam ihren Wunsch, gemäß Art. 15 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003 als amicus curiae tätig zu werden. Die Kommission beantragte im Übrigen, hierfür eine Frist zu setzen und ihr die für das Verständnis des Rechtsstreits erforderlichen Schriftstücke zu übermitteln.

16.      In einer Sitzung des Gerechtshof te Amsterdam vom 22. August 2007 wurden die Parteien des Ausgangsverfahrens und die Kommission aufgefordert, sich zu der Frage zu äußern, ob Art. 15 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003 die Kommission ermächtige, von Amts wegen im Ausgangsverfahren eine schriftliche Stellungnahme zu übermitteln.

17.      Der Gerechtshof te Amsterdam hat vernünftige Zweifel hinsichtlich der Auslegung von Art. 15 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003 und hat daher das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

Ist die Kommission gemäß Art. 15 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 befugt, aus eigener Initiative eine schriftliche Stellungnahme in einem Verfahren zu übermitteln, in dem es darum geht, ob eine Geldbuße, die die Kommission wegen Zuwiderhandlung gegen das europäische Wettbewerbsrecht gegen die X KG verhängt hat und die (teilweise) auf die Betroffene abgewälzt worden ist, von dem (steuerlichen) Gewinn, den die Betroffene 2002 erzielt hat, abgezogen werden kann?

IV – Verfahren vor dem Gerichtshof

18.      Gemäß Art. 23 der Satzung des Gerichtshofs haben X, die niederländische Regierung und die Kommission schriftliche Erklärungen eingereicht. Diese Beteiligten und die italienische Regierung haben auch in der Sitzung am 18. Dezember 2008 mündliche Ausführungen gemacht.

V –    Untersuchung

19.      Nach Art. 15 Abs. 3 Unterabs. 1 Satz 3 der Verordnung Nr. 1/2003 kann die Kommission aus eigener Initiative den Gerichten der Mitgliedstaaten schriftliche Stellungnahmen übermitteln, „[s]ofern es die kohärente Anwendung der Art. 81 [EG] oder 82 [EG] erfordert“.

20.      Über die Auslegung der erwähnten Wendung besteht Streit zwischen den Beteiligten, die vor dem Gerichtshof Erklärungen abgegeben haben.

21.      Nach Ansicht von X und der niederländischen Regierung ist die Wendung in Art. 15 Abs. 3 Unterabs. 1 Satz 3 der Verordnung Nr. 1/2003 eng auszulegen und soll eine kohärente Auslegung der Art. 81 EG und 82 EG gewähren sowie den nationalen Gerichten bei der Anwendung dieser Bestimmungen helfen. Das Auftreten der Kommission als amicus curiae sei daher strikt auf den Rahmen der Anwendung der Art. 81 EG und 82 EG durch die nationalen Gerichte beschränkt. Diese Auslegung stehe im Einklang mit Wortlaut, Zweck und Entstehungsgeschichte des Art. 15 der Verordnung Nr. 1/2003 sowie den Texten zur Auslegung dieser Verordnung wie der Bekanntmachung der Kommission über die Zusammenarbeit zwischen der Kommission und den Gerichten der EU‑Mitgliedstaaten bei der Anwendung der Art. 81 EG und 82 EG(5). Im Übrigen kann sich nach Ansicht der niederländischen Regierung die Kommission nicht auf das in Art. 15 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003 vorgesehene Verfahren zu einem weiterreichenden Zweck als der effektiven Anwendung der Art. 81 EG und 82 EG berufen. Schließlich dürfe die einheitliche Anwendung der Art. 81 EG und 82 EG nicht in einem Fall beeinträchtigt werden, in dem das nationale Gericht nicht zur Auslegung oder Anwendung eines dieser Artikel aufgefordert sind. Somit schlössen alle diese Erwägungen aus, dass die Kommission in einem Rechtsstreit über nationales Steuerrecht wie dem beim vorlegenden Gericht anhängigen eine Stellungnahme gemäß Art. 15 Abs. 3 Unterabs. 1 Satz 3 der Verordnung Nr. 1/2003 übermitteln könne.

22.      Die Kommission vertritt, unterstützt durch die italienische Regierung, die Ansicht, der Anwendungsbereich von Art. 15 Abs. 3 Unterabs. 1 Satz 3 der Verordnung Nr. 1/2003 und insbesondere die Wendung „kohärente Anwendung der Artikel 81 [EG] oder 82 [EG]“ als Voraussetzung für die Übermittlung ihrer schriftlichen Stellungnahme an ein nationales Gericht müsse weit ausgelegt werden. Die Ansicht, dass die Übermittlung einer schriftlichen Stellungnahme gemäß Art. 15 Abs. 3 Unterabs. 1 Satz 3 der Verordnung Nr. 1/2003 von der zusätzlichen Voraussetzung abhängig sei, dass sich das nationale Verfahren auf die Anwendung von Art. 81 EG oder Art. 82 EG beziehe, sei unrichtig. Vielmehr genüge es, dass der Rechtsstreit die kohärente Anwendung des Wettbewerbsrechts der Gemeinschaft beeinträchtigen könne. Außerdem hätten die Bestimmungen des 21. Erwägungsgrundes der Verordnung Nr. 1/2003 und die Bekanntmachung über die Zusammenarbeit zwischen der Kommission und den Gerichten der EU‑Mitgliedstaaten bei der Anwendung der Art. 81 EG und 82 EG lediglich Hinweischarakter und könnten eine weite Auslegung von Art. 15 Abs. 3 Unterabs. 1 Satz 3 dieser Verordnung nicht beschränken. In Anbetracht dieser Erwägungen und da die Kommission über einen erheblichen Ermessensspielraum bei der Prüfung verfüge, ob eine Rechtssache es erfordere, einem nationalen Gericht eine schriftliche Stellungnahme zu übermitteln, sei sie ermächtigt und besitze ein berechtigtes Interesse daran, eine solche Stellungnahme im Rahmen des Steuerrechtsstreits des Ausgangsverfahrens zu übermitteln. Die Geldbußen stünden nämlich, da sie wettbewerbswidriges Verhalten ahndeten, im Zusammenhang mit der Anwendung der Art. 81 EG und 82 EG, wie in Art. 83 Abs. 2 Buchst. a EG angegeben. Die Möglichkeit, durch eine Entscheidung der Kommission verhängte Geldbußen auch nur teilweise steuerlich in Abzug zu bringen, berge die Gefahr, die Abschreckungswirkung der Entscheidung erheblich zu beschränken, und gefährde die Ziele des EG‑Vertrags, insbesondere die Anwendung des Wettbewerbsrechts der Gemeinschaft. Schließlich sei das nationale Gericht nicht an die von der Kommission übermittelte schriftliche Stellungnahme gebunden, und die Kommission erlange nach Art. 15 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003 nicht die Stellung einer Streithelferin im Ausgangsverfahren.

23.      Die im vorliegenden Vorabentscheidungsverfahren aufgeworfene Problematik lässt sich konkreter in der folgenden Frage zusammenfassen: Erfasst der Anwendungsbereich der Voraussetzung in Art. 15 Abs. 3 Unterabs. 1 Satz 3 der Verordnung Nr. 1/2003 einen Sachverhalt, bei dem die Kommission durch die Übermittlung einer schriftlichen Stellungnahme an ein nationales Rechtsmittelgericht die kohärente Anwendung der Wirkungen einer ihrer eigenen Entscheidungen zur Umsetzung von Art. 81 EG zu gewährleisten sucht, die dieses Gericht aus der Sicht der Kommission möglicherweise beeinträchtigen würde, wenn es die vom Gericht des ersten Rechtszugs gewählte Auslegung und dessen Lösung bestätigen würde?

24.      Vorab sei bemerkt, dass, wie die Kommission vor dem Gerichtshof eingeräumt hat, der Sachverhalt, um den es in der vorliegenden Rechtssache geht, zur Kategorie der „atypischen Fälle“ gehört, in denen sie sich veranlasst sehen kann, von den ihr durch Art. 15 Abs. 3 Unterabs. 1 Satz 3 der Verordnung Nr. 1/2003 verliehenen verfahrensrechtlichen Befugnissen Gebrauch zu machen. Es steht nämlich fest, dass die von dieser Bestimmung erfassten „typischen Fälle“ diejenigen sind, bei denen das nationale Gericht dazu aufgerufen ist, Art. 81 EG und/oder Art. 82 EG auf eine bestimmte Situation anzuwenden, und/oder sie tatsächlich konkret anwendet.

25.      Infolgedessen kann der von X und der niederländischen Regierung vertretenen engen Auslegung von Art. 15 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003 nicht gefolgt werden.

26.      Zunächst ist deren Vorbringen zurückzuweisen, wonach die Kommission nur in den Fällen, in denen die kohärente Auslegung der Art. 81 EG oder 82 EG durch eine Entscheidung eines Gerichts eines Mitgliedstaats beeinträchtigt werden könnte, befugt sein soll, das in Art. 15 Abs. 3 Unterabs. 1 Satz 3 der Verordnung Nr. 1/2003 vorgesehene Verfahren einzuleiten. Es genügt nämlich die Feststellung, dass in dieser Bestimmung von der „kohärenten Anwendung“ dieser Artikel und nicht nur von deren Auslegung die Rede ist.

27.      Sodann vermag auch die These der niederländischen Regierung nicht zu überzeugen, wonach die Kommission das Recht, eine schriftliche Stellungnahme im Sinne von Art. 15 Abs. 3 Unterabs. 1 Satz 3 der Verordnung Nr. 1/2003 zu übermitteln, nicht in einem Rechtsstreit über die Anwendung des nationalen Rechts geltend machen könne, da dieser nicht die Gefahr berge, die kohärente Anwendung der Art. 81 EG oder 82 EG zu beeinträchtigen, sondern höchstens deren tatsächliche wirksame Anwendung.

28.      Da nämlich der Begriff der Kohärenz von Natur aus mehrdeutig ist, kann sich die fragliche Wendung in Art. 15 Abs. 3 Unterabs. 1 Satz 3 der Verordnung Nr. 1/2003 ohne Weiteres auf Sachverhalte beziehen, in denen ein nationales Gericht möglicherweise sowohl die innere Kohärenz der Art. 81 EG oder 82 EG beeinträchtigen kann, d. h. im Kern die kohärente Anwendung der in diesen Bestimmungen aufgestellten Voraussetzungen, als auch ihre äußere Kohärenz, d. h. die Wahrung eines logischen und nachvollziehbaren Platzes dieser Bestimmungen im allgemeineren Rahmen des Systems der Gemeinschaftsregeln für den Wettbewerb oder des Vertrags(6).

29.      Wenn man der Ansicht ist, dass sich Art. 15 Abs. 3 Unterabs. 1 Satz 3 der Verordnung Nr. 1/2003 auf den Begriff der Kohärenz im zuletzt erwähnten Sinne bezieht, so ist nicht ausgeschlossen, wie ich in meinen folgenden Ausführungen prüfen werde, dass ein mit einem nationalrechtlichen Rechtsstreit befasstes nationales Gericht trotzdem die kohärente Anwendung der Art. 81 EG oder 82 EG beeinträchtigen kann.

30.      In dieser Hinsicht ist es meines Erachtens bereits unschwer ersichtlich, dass ein nationales Urteil, das die Möglichkeit gewährt, eine mit einer Entscheidung der Kommission, die Art. 81 EG umsetzt, verhängte Geldbuße ganz oder teilweise steuerlich abzuziehen, die kohärente Anwendung einer solchen Entscheidung in den Mitgliedstaaten beeinträchtigen kann, in denen die betreffenden Unternehmen niedergelassen sind.

31.      Zwar könnte man in diesem Fall einwenden, dass die Übermittlung schriftlicher Stellungnahmen der Kommission gemäß Art. 15 Abs. 3 Unterabs. 1 Satz 3 der Verordnung Nr. 1/2003 sich auf einen Fall bezieht, bei dem es eher darum geht, die einheitliche Anwendung einer Entscheidung zur Durchführung von Art. 81 EG zu gewährleisten, als die kohärente Anwendung dieser Bestimmung.

32.      Allerdings erscheint es mir allzu formalistisch, wenn man die aufgezeigten Konsequenzen der zweiten Auslegung von Art. 15 Abs. 3 Unterabs. 1 Satz 3 der Verordnung Nr. 1/2003, die oben in Nr. 28 vorgeschlagen worden ist, unmittelbar ziehen würde.

33.      Zunächst unterscheidet sich zwar der Begriff der Kohärenz von dem Begriff der Einheitlichkeit dadurch, dass es beim erstgenannten Begriff Abstufungen geben kann, die beim zweiten grundsätzlich nicht hinnehmbar sind, doch wird der zweite Begriff auch in verschiedenen Sprachfassungen der Verordnung Nr. 1/2003 anstelle des Begriffs der „Kohärenz“ oder der Wendung „kohärente Anwendung“ benutzt, die in den anderen Sprachfassungen dieses Rechtsakts verwendet werden. So wird die Wendung „einheitliche Anwendung“ in der dänischen („ensartede anvendelse“), der italienischen („applicazione uniforme“) und der schwedischen („enhetliga tillämpningen“) Fassung von Art. 15 Abs. 3 Unterabs. 1 Satz 3 der Verordnung Nr. 1/2003 verwendet, während der Begriff „einheitlich“ auch in der deutschen („einheitliche“), dänischen und schwedischen Fassung der betreffenden Erwägungsgründe dieser Verordnung verwendet wird.

34.      Schließlich erscheint der Begriff der Kohärenz oder, genauer, der Ausdruck „kohärente Anwendung“ hinreichend elastisch, so dass in den Anwendungsbereich des in Art. 15 Abs. 3 Unterabs. 1 Satz 3 der Verordnung Nr. 1/2003 vorgesehenen Mechanismus Sachverhalte einbezogen werden können, bei denen ein nationales Gericht die einheitliche oder sogar wirksame Anwendung der Art. 81 EG oder 82 EG gefährdet oder gefährden könnte(7). Eine solche Lösung wäre umso angemessener, als die Ziele der Verordnung Nr. 1/2003 darin bestehen, für eine wirksame und einheitliche Anwendung der Art. 81 EG und 82 EG zu sorgen(8), in deren Kontext die Kommission im Hinblick auf die ihr durch das Gemeinschaftsrecht übertragene Überwachungsaufgabe(9) eine entscheidende Funktion erfüllt.

35.      Schließlich halte ich es, da die Auslegung von Art. 81 EG mit dieser Bestimmung in eins geht, kaum für denkbar, dass sich die Kommission nur deshalb nicht auf den in Art. 15 Abs. 3 Unterabs. 1 Satz 3 der Verordnung Nr. 1/2003 vorgesehenen Mechanismus sollte berufen können, weil sie nur die kohärente Anwendung einer Entscheidung sicherstelle, die selbst Art. 81 EG anwendet und auslegt. In dieser Hinsicht erscheint es mir unvorstellbar, dass der Verweis auf die Art. 81 EG und 82 EG in Art. 15 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003 nicht nur die Auslegung, die der Gerichtshof diesen Bestimmungen gibt, sondern auch die auf diese Bestimmungen gestützte Entscheidungspraxis der Kommission, sofern allerdings diese Praxis nicht vom Gemeinschaftsrichter für rechtswidrig befunden wird, erfassen sollte.

36.      Gewiss könnte man noch entgegnen, dass Art. 15 Abs. 3 Unterabs. 1 Satz 3 der Verordnung Nr. 1/2003 nur die kohärente Anwendung der Art. 81 EG oder 82 EG wahren soll und nicht diejenige anderer Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts wie des Art. 83 EG, auf dessen Grundlage die Kommission insbesondere die Befugnis erhalten hat, gegen Unternehmen, die gegen das in Art. 81 Abs. 1 EG vorgesehene Verbot verstoßen haben, Geldbußen zu verhängen.

37.      Ein solcher Einwand würde jedoch den – durch Art. 83 Abs. 2 Buchst. a EG herausgestellten – „zweckgerichteten“ Charakter der Geldbußen verkennen, die bezwecken, „die Beachtung der in Artikel 81 Abs. 1 [EG] und Artikel 82 [EG] genannten Verbote … zu gewährleisten“, und die daher eines der Mittel darstellen, die der Kommission an die Hand gegeben worden sind, um sie in die Lage zu versetzen, die ihr durch das Gemeinschaftsrecht übertragene Überwachungsaufgabe zu erfüllen(10).

38.      Daher wäre die Annahme zunächst gekünstelt, dass trotz der inneren Beziehung der Geldbußen zur Anwendung der Art. 81 EG und 82 EG ein Rechtsstreit über die Anwendung innerstaatlichen Rechts, der eine Frage aufwirft, die die Natur der Geldbußen betrifft, die durch eine Entscheidung der Kommission verhängt worden sind, mit der die Beachtung des Verbots von Art. 81 Abs. 1 EG gewährleistet werden soll, von vornherein nicht die kohärente Anwendung von Art. 81 EG berühren könnte.

39.      Ich komme damit zu dem Haupteinwand der niederländischen Regierung und von X, wonach der in Art. 15 Abs. 3 Unterabs. 1 Satz 3 der Verordnung Nr. 1/2003 vorgesehene Mechanismus nur für den Fall geschaffen worden sei, dass ein nationales Gericht aufgerufen sei, die Art. 81 EG oder 82 EG anzuwenden.

40.      Dieses Vorbringen ist zwar nicht völlig unbegründet, denn der durch Art. 15 Abs. 3 Unterabs. 1 Satz 3 der Verordnung Nr. 1/2003 eingeführte Mechanismus ist zweifellos im Wesentlichen für den Fall vorgesehen, dass die nationalen Gerichte aufgerufen sind, über die Anwendung von Art. 81 EG und/oder von Art. 82 EG zu entscheiden.

41.      So dürfte es offenkundig sein, dass der Übergang von einer besonders zentralisierten Anwendung der Art. 81 EG und 82 EG, wie sie nach der Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962, Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln [81] und [82] des Vertrages(11) bestand, auf eine Regelung der dezentralisierten Durchführung des Wettbewerbsrechts der Gemeinschaft, wie sie durch die Verordnung Nr. 1/2003 eingeführt wurde, die Schaffung von Mechanismen erfordert, die geeignet sind, eine „wirksame“, „einheitliche“ und/oder „kohärente“ Anwendung der Art. 81 EG und 82 EG, je nach den verschiedenen in der Verordnung Nr. 1/2003 verwendeten Ausdrücken, sicherzustellen(12). Zudem gehören zu diesen Mechanismen auch die der Zusammenarbeit zwischen den Gerichten der Mitgliedstaaten einerseits und der Kommission sowie den nationalen Wettbewerbsbehörden andererseits, die in Art. 15 der Verordnung Nr. 1/2003 vorgesehen ist.

42.      Indessen bin ich der Ansicht, dass der Mechanismus der spezifischen Zusammenarbeit im Sinne von Art. 15 Abs. 3 Unterabs. 1 Satz 3 der Verordnung Nr. 1/2003 nicht von der vorherigen Voraussetzung abhängig gemacht werden kann, dass sich der Rechtsstreit, der bei dem nationalen Gericht anhängig ist, auf die Anwendung von Art. 81 EG oder Art. 82 EG bezieht, sondern sich sehr wohl auf eine Situation erstrecken kann, bei der das nationale Gericht, obwohl es mit einem Rechtsstreit über die Anwendung innerstaatlichen Rechts befasst ist, im Rahmen dieses Rechtsstreits Feststellungen zur Bedeutung oder Tragweite eines Begriffs oder eines Ausdrucks des Gemeinschaftsrechts, wie einer von der Kommission verhängten Geldbuße, trifft, der in einem inneren Zusammenhang mit der Anwendung der Art. 81 EG und/oder 82 EG steht.

43.      Zunächst ist nämlich daran zu erinnern, dass in Art. 15 Abs. 3 Unterabs. 1 Satz 3 der Verordnung Nr. 1/2003 ausschließlich von der „kohärenten Anwendung“ der Art. 81 EG und 82 EG die Rede ist. So macht entgegen Art. 15 Abs. 1 dieser Verordnung, der Bitten nationaler Gerichte an die Kommission um Übermittlung von Informationen oder Stellungnahmen betrifft, wenn diese „[i]m Rahmen von Verfahren, in denen Artikel 81 [EG] oder 82 [EG] zur Anwendung kommen“, und Art. 15 Abs. 2 dieser Verordnung, der die Übermittlung der Urteile nationaler Gerichte „über die Anwendung des Artikels 81 [EG] oder 82 [EG]“ betrifft, Art. 15 Abs. 3 Unterabs. 1 Satz 3 der Verordnung Nr. 1/2003 die Übermittlung schriftlicher Stellungnahmen durch die Kommission nicht davon abhängig, dass bei einem nationalen Gericht ein Rechtsstreit anhängig ist, in dem dieses über die Anwendung der Art. 81 EG oder 82 EG zu befinden hat.

44.      Schließlich heißt es im 21. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1/2003, dass der Kommission „die Möglichkeit gegeben werden [muss], sich mündlich oder schriftlich vor einzelstaatlichen Gerichten zu äußern, wenn Artikel 81 [EG] oder 82 [EG] zur Anwendung kommt“(13), doch kann diese Angabe als solche nicht die der Kommission eingeräumte Möglichkeit beschränken, solche Äußerungen unter anderen Umständen abzugeben, solange die Voraussetzung in Art. 15 Abs. 3 Unterabs. 1 Satz 3 dieser Verordnung beachtet wird.

45.      Im Übrigen ist zu bemerken, dass der in der vorstehenden Nummer teilweise wiedergegebene Teilsatz des 21. Erwägungsgrundes der Verordnung Nr. 1/2003 den Wortlaut von Art. 15 Abs. 3 dieser Verordnung nur ungenau widerspiegelt. Zum einen behandelt nämlich dieser Satz die schriftlichen und mündlichen Stellungnahmen der Kommission vor den nationalen Gerichten gleich, während Art. 15 Abs. 3 Unterabs. 1 Satz 4 der Verordnung Nr. 1/2003 die letztgenannte Möglichkeit von der Erlaubnis des nationalen Gerichts abhängig macht. Zum anderen stellt sie die Stellungnahmen der Kommission und diejenigen der nationalen Wettbewerbsbehörden auf eine Stufe, obwohl, wie auch die niederländische Regierung einräumt, die für Erstere geltende Voraussetzung („sofern es die kohärente Anwendung der Art. 81 [EG] oder 82 [EG] erfordert“) sich zumindest dem Wortlaut nach von der für Letztere geltenden Voraussetzung unterscheidet, die von sich aus den Gerichten ihres Mitgliedstaats schriftliche Stellungnahmen „zur Anwendung des Artikels 81 [EG] oder 82 [EG]“ übermitteln können.

46.      Aus diesem Satz des 21. Erwägungsgrundes kann daher kein so rigider Schluss gezogen werden, wie ihn die niederländische Regierung in Bezug auf die Auslegung von Art. 15 Abs. 3 Unterabs. 1 Satz 3 der Verordnung Nr. 1/2003 vorschlägt.

47.      Ebenso besteht zwar sicherlich ein Zusammenhang zwischen der Übermittlung jedes schriftlichen vollständigen Urteils der nationalen Gerichte, die „über die Anwendung des Artikels 81 [EG] oder 82 [EG]“ entscheiden, gemäß Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 und der der Kommission gebotenen Möglichkeit, den Gerichten der Mitgliedstaaten nach Art. 15 Abs. 3 Unterabs. 1 Satz 3 dieser Verordnung schriftliche Stellungnahmen zu übermitteln, doch kann dieser Zusammenhang nicht in eine vorherige Voraussetzung für die Übermittlung dieser Stellungnahmen umgeformt werden.

48.      Andernfalls könnte nämlich die Kommission im ersten Rechtszug entscheidenden nationalen Gerichten niemals schriftliche Stellungnahmen übermitteln, und sie könnte dies auch dann nicht tun, wenn gegen die Verpflichtung in Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 verstoßen worden wäre, die Kommission jedoch auf anderem Wege Kenntnis von einem Urteil erlangt hätte, das ihrer Ansicht nach die kohärente Anwendung der Art. 81 EG oder 82 EG gefährden könnte, was es erfordern würde, dass sie schriftliche Stellungnahmen abgibt; das würde auch die Fälle erfassen, in denen diese Gerichte über die Anwendung der Art. 81 EG und/oder 82 EG entscheiden.

49.      Ich schließe daraus, dass die Übermittlung schriftlicher Stellungnahmen durch die Kommission an die Gerichte der Mitgliedstaaten nicht von einer zusätzlichen oder stillschweigenden Voraussetzung abhängig gemacht werden kann, wonach die Beurteilung durch ein nationales Gericht, die die kohärente Anwendung von Art. 81 EG oder 82 EG gefährden könnte, im Rahmen eines Rechtsstreits erfolgen muss, in dem dieses Gericht zur Anwendung dieser Artikel veranlasst worden ist.

50.      Die niederländische Regierung hat in ihren Erklärungen die Ansicht vertreten, dass eine solche Lösung zu Rechtsunsicherheit führen würde, da die Möglichkeit für die Kommission, den nationalen Gerichten gemäß Art. 15 Abs. 3 Unterabs. 1 Satz 3 der Verordnung Nr. 1/2003 Stellungnahmen zu übermitteln, schrankenlos würde.

51.      Diese Rüge vermag nicht zu überzeugen. Die Grenzen, die der Anwendung des in Art. 15 Abs. 3 Unterabs. 1 Satz 3 der Verordnung Nr. 1/2003 vorgesehenen Mechanismus gezogen sind, sind diejenigen, die durch die Voraussetzung in diesem Abs. 3 aufgestellt werden. Letztlich bin ich, wie ich bereits in diesen Schlussanträgen ausgeführt habe, der Ansicht, dass, unabhängig von der Natur des betreffenden Rechtsstreits, die Beurteilungen eines nationalen Gerichts, die sich auf die Anwendung der Art. 81 EG und 82 EG beziehen und die deren kohärente Anwendung gefährden könnten, dafür entscheidend sind, dass die Kommission den in Art. 15 Abs. 3 Unterabs. 1 Satz 3 der Verordnung Nr. 1/2003 vorgesehenen Mechanismus in Gang setzen kann.

52.      Genau dies entspricht meines Erachtens der Lage im vorliegenden Fall, die die Kommission dazu veranlasst hat, dem vorlegenden Gericht eine schriftliche Stellungnahme zu übermitteln.

53.      Wie nämlich aus den Akten hervorgeht, entschied die in erster Instanz mit dem Steuerrechtsstreit befasste Arrondissementsrechtbank Haarlem, um die Anwendung von Art. 3.14 Abs. 1 Buchst. c des niederländischen Einkommensteuergesetzes von 2001 auszuschließen, dass die mit einer Entscheidung der Kommission zur Anwendung von Art. 81 EG verhängten Geldbußen im Wesentlichen „vorteilsentziehenden“ Charakter hätten, was dieses Gericht zu der Feststellung veranlasste, dass sie zumindest teilweise steuerlich abziehbar seien.

54.      Eine solche Beurteilung der Natur der von der Kommission verhängten Geldbußen bezieht sich jedoch zweifellos auf einen Begriff des Gemeinschaftsrechts, der in einem inneren Zusammenhang mit der Anwendung von Art. 81 EG und/oder Art. 82 EG steht. Mit anderen Worten, auch wenn der bei der Arrondissementsrechtbank Haarlem anhängige Rechtsstreit steuerrechtlicher Art war, bezogen sich die Beurteilungen dieses Gerichts eindeutig auf eine Frage, die in einem inneren Zusammenhang mit der Anwendung von Art. 81 EG und/oder von Art. 82 EG steht.

55.      Wie aus Nr. 2.3 der Vorlageentscheidung und den von der Kommission beim Gerichtshof eingereichten Erklärungen hervorgeht, sieht diese gerade in dieser Beurteilung, die sich auf die Natur der mit einer Entscheidung der Kommission über die Anwendung von Art. 81 EG verhängten Geldbußen bezieht, eine Gefährdung einer kohärenten Anwendung dieses Artikels, und zwar insbesondere unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Gerichtshofs, wonach die in diesem Zusammenhang verhängten Geldbußen unerlaubte Handlungsweisen ahnden und ihrer Wiederholung vorbeugen sollen(14). Diese Rechtsprechung veranlasst die Kommission im Übrigen dazu, geltend zu machen, dass die „Entziehung eines Vorteils“ eindeutig nicht der Hauptzweck der Geldbußen sei, die sie gegen Unternehmen verhänge, die gegen das Wettbewerbsrecht der Gemeinschaft verstoßen hätten(15).

56.      Daher ist die Kommission aufgrund der von der Arrondissementsrechtbank Haarlem vorgenommenen Beurteilung der Natur der von ihr verhängten Geldbußen, durch die Presse und von NMa von dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Verfahren unterrichtet, zu dem Ergebnis gelangt, dass es die kohärente Anwendung von Art. 81 EG erfordert, diesem Gericht eine schriftliche Stellungnahme zu der vorstehend wiedergegebenen Beurteilung im Urteil der Arrondissementsrechtbank Haarlem zu übermitteln.

57.      Daher hält sich die Kommission in der vorliegenden Rechtssache ohne Überdehnung der in Art. 15 Abs. 3 Unterabs. 1 Satz 3 der Verordnung Nr. 1/2003 aufgestellten Voraussetzung für berechtigt, gemäß diesem Artikel eine schriftliche Stellungnahme zu übermitteln.

58.      Entgegen der Ansicht von X und der niederländischen Regierung führt eine solche Lösung meines Erachtens weder zu einer Verfälschung des in Art. 15 Abs. 3 Unterabs. 1 Satz 3 der Verordnung Nr. 1/2003 vorgesehenen Mechanismus noch zu einem widerrechtlichen Eingriff in die Verfahrensautonomie der Mitgliedstaaten.

59.      Zum ersten Punkt sei daran erinnert, dass X geltend macht, die Kommission habe zwar im Ausgangsverfahren keine Parteistellung, jedoch ein eigenes Interesse an einer Entscheidung des Rechtsstreits in dem Sinne, dass die steuerliche Abziehbarkeit der von ihr wegen Verstoßes gegen das Wettbewerbsrecht der Gemeinschaft verhängten Geldbußen ausgeschlossen werde, was deren Befugnisse im Rahmen ihrer Rolle eines amicus curiae, die in Art. 15 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003 vorgesehen sei, überschreite.

60.      Abgesehen davon, dass die Verordnung Nr. 1/2003 den Begriff amicus curiae nicht verwendet und daher erst recht nicht dessen Funktion festlegt(16), veranlassen mich zwei Hauptgründe dazu, dieses Vorbringen zurückzuweisen.

61.      Erstens besteht, wie ich in den vorliegenden Schlussanträgen bereits mehrfach ausgeführt habe, die einzige Voraussetzung, die Art. 15 Abs. 3 Unterabs. 1 Satz 3 der Verordnung Nr. 1/2003 dafür aufstellt, dass die Kommission ihr Recht, den Gerichten der Mitgliedstaaten schriftliche Stellungnahmen zu übermitteln, ausüben kann, darin, dass die kohärente Anwendung der Art. 81 EG oder 82 EG gefährdet würde. Mit dieser Bestimmung ist es also nicht unvereinbar, dass die Kommission neben der Beachtung dieser zwingenden Voraussetzung möglicherweise ein mehr oder weniger unmittelbares und/oder mehr oder weniger klar zum Ausdruck gebrachtes Interesse daran besitzen kann, dass der Rechtsstreit, in dem sie eine schriftliche Stellungnahme übermitteln will, in einem bestimmten Sinne entschieden wird. Im Übrigen ist es wegen der besonderen Aufgabe der Überwachung des Gemeinschaftsrechts, insbesondere des Wettbewerbsrechts der Gemeinschaft, die der Kommission obliegt, außerordentlich schwierig oder gar unmöglich, in der Praxis zwischen dem zu unterscheiden, was zum öffentlichen Interesse der Gemeinschaft, und dem, was zu einem individuelleren Interesse der Kommission gehört, sollte ein solches Interesse denn bestehen. Im vorliegenden Fall etwa erkenne ich eindeutig ein öffentliches Interesse daran, dass eine von der Kommission erlassene Entscheidung, mit der gegen Unternehmen, die das Verbot in Art. 81 Abs. 1 EG verletzt haben, Geldbußen verhängt werden, in der gesamten Gemeinschaft kohärente, einheitliche und zweckdienliche Wirkungen zeitigt.

62.      In Wirklichkeit wäre meines Erachtens der Versuch vergeblich, die Tragweite des in Art. 15 Abs. 3 Unterabs. 1 Satz 3 der Verordnung Nr. 1/2003 vorgesehenen Mechanismus nach Maßgabe angeblich von der Kommission verfolgter mehr oder weniger unmittelbarer und eingestandener Interessen zu beschränken, obwohl die einzige in dieser Bestimmung vorgesehene Voraussetzung erfüllt wäre.

63.      Zweitens darf nicht aus den Augen verloren werden, dass die schriftliche Stellungnahme, die die Kommission gemäß Art. 15 Abs. 3 Unterabs. 1 Satz 3 der Verordnung Nr. 1/2003 übermittelt, das nationale Gericht nicht bindet, bei dem diese Stellungnahme eingereicht wird, wie dies im Übrigen ausdrücklich in den Erwägungsgründen des im vorliegenden Fall anwendbaren Gesetzes vom 30. Juni 2004 mit den Änderungen der Mededingingswet ausgeführt wird, dass die Kommission nicht die Stellung einer Beteiligten im Ausgangsverfahren erlangt und einer solchen nicht gleichgestellt ist, wie X im Übrigen selbst in der Sitzung eingeräumt hat(17), und dass die Übermittlung dieser Stellungnahme die den Parteien des Ausgangsverfahrens zustehenden Verfahrensrechte nicht berührt(18).

64.      Daher ist nicht zu erkennen, dass die Kommission mit der Übermittlung einer schriftlichen Stellungnahme an das vorlegende Gericht die Grenzen überschritten hätte, die ihrem Recht zur Übermittlung solcher Stellungnahmen in Art. 15 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003 gezogen sind, oder die in dieser Bestimmung vorgesehenen Verfahrensmodalitäten sowie nationalen Verfahrensbestimmungen nicht beachtet hätte.

65.      Diese verfahrensrechtliche Bemerkung veranlasst mich, die in Nr. 58 dieser Schlussanträge dargestellte zweite Rüge der niederländischen Regierung, die die Missachtung der Verfahrensautonomie der Mitgliedstaaten betrifft, zu behandeln und zurückzuweisen. Über das in der vorstehenden Nummer Gesagte hinaus genügt nämlich der Hinweis, dass eine solche Überschreitung nicht vorliegen kann, wenn, wie im vorliegenden Fall, das Vorgehen der Kommission in den Anwendungsbereich von Art. 15 Abs. 3 Unterabs. 1 Satz 3 der Verordnung Nr. 1/2003 fällt.

66.      Schließlich sei rein vorsorglich ausgeführt, dass die in den vorliegenden Schlussanträgen vorgeschlagene Vorgehensweise sich nur auf die Möglichkeit für die Kommission bezieht, dem vorlegenden Gericht eine schriftliche Stellungnahme zu übermitteln. Sie lässt jedoch die Freiheit dieses Gerichts unberührt, gemäß Art. 234 EG dem Gerichtshof die Frage vorzulegen, ob das Gemeinschaftsrecht einen Mitgliedstaat einschließlich seiner Gerichte daran hindert, einem Steuerpflichtigen die Möglichkeit zu geben, eine durch eine Entscheidung der Kommission gemäß Art. 81 EG verhängte Geldbuße von seinem steuerpflichtigen Gewinn abzuziehen(19).

67.      Nach alledem bin ich der Ansicht, dass ein Sachverhalt wie der des Ausgangsverfahrens, bei dem die Kommission einem nationalen Gericht, das mit einem Rechtsstreit über die Frage befasst ist, ob eine durch eine Entscheidung der Kommission gemäß Art. 81 EG verhängte Geldbuße steuerlich abziehbar ist, eine schriftliche Stellungnahme zu übermitteln beabsichtigt, von Art. 15 Abs. 3 Unterabs. 1 Satz 3 der Verordnung Nr. 1/2003 erfasst wird.

VI – Ergebnis

68.      Aufgrund der vorstehenden Erwägungen schlage ich dem Gerichtshof vor, auf die Frage des Gerechtshof te Amsterdam wie folgt zu antworten:

Ein Sachverhalt wie der des Ausgangsverfahrens, bei dem die Kommission einem nationalen Gericht, das mit einem Rechtsstreit über die Frage befasst ist, ob eine durch eine Entscheidung der Kommission gemäß Art. 81 EG verhängte Geldbuße steuerlich abziehbar ist, eine schriftliche Stellungnahme zu übermitteln beabsichtigt, wird von Art. 15 Abs. 3 Unterabs. 1 Satz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 und 82 des Vertrags niedergelegten Wettbewerbsregeln erfasst.


1 – Originalsprache: Französisch.


2 – ABl. 2003, L 1, S. 1.


3 – Entscheidung 2005/471/EG der Kommission vom 27. November 2002 bezüglich eines Verfahrens zur Durchführung von Artikel 81 des EG-Vertrags gegen: BPB PLC, Gebrüder Knauf Westdeutsche Gipswerke KG, Société Lafarge SA, Gyproc Benelux NV (Sache COMP/E-1/37.152 – Gipsplatten) (ABl. L 166, S. 8).


4 – Urteile des Gerichts vom 8. Juli 2008, Saint‑Gobain Gyproc Belgium/Kommission (T-50/03, Slg. 2008, II-0000), Knauf Gips/Kommission (T-52/03, Slg. 2008, II‑0000), BPB/Kommission (T‑53/03, Slg. 2008, II‑0000) und Lafarge/Kommission (T-54/03, Slg. 2008, II‑0000). Gegen die Urteile in den Rechtssachen T‑52/03 und T‑54/03 sind Rechtsmittel beim Gerichtshof eingelegt worden, die gegenwärtig anhängig unter den Aktenzeichen C‑407/08 P, Knauf Gips/Kommission, und C‑413/08 P, Lafarge/Kommission, und in das Register eingetragen worden sind.


5 – ABl. 2004, C 101, S. 54.


6 – Obwohl sich die Rechtstheorien nicht über eine Definition des Begriffs Kohärenz einig sind, sind sie allgemein und bildlich der Ansicht, dass dieser Begriff im Kern Bestandteile eines rechtlichen Systems bezeichnet, die zusammengenommen Sinn ergeben (vgl. hierzu MacCormick,  N., „Coherence in Legal Justification“ in Peczenik, A. [Hrsg.], Theory of Legal Science, Reidel, 1984, S. 235). Sie unterscheiden in der Regel auch die lokale systemische Kohärenz von der globalen systemischen Kohärenz, wobei die Erstgenannte die Situation bezeichnet, bei der nur bestimmte Bereiche eines Rechtssystems in kohärenter Weise gegliedert sind, während bei der Letztgenannten sämtliche Bereiche des Systems logisch und nachvollziehbar interagieren: vgl. hierzu Amaya Navarro, A., An Inquiry into the Nature of Coherence and its Role in Legal Argument, Doctoral Thesis, European University Institute, Florenz, 2006, insbesondere S. 35-37, und Bertea, S., „Looking for Coherence within the European Community“, European Law Journal, Nr. 2, 2005, S. 157.


7 – Ohne mich in der Sache zum Ausgangsverfahren zu äußern oder zur dort aufgeworfenen Problematik Stellung nehmen zu wollen, weise ich darauf hin, dass der Zusammenhang zwischen kohärenter Anwendung und wirksamer Anwendung der Art. 81 EG und 82 EG in dem besonderen Kontext der Abziehbarkeit der Geldbußen zumindest stillschweigend im Urteil des Gerichts vom 10. März 1992, Hoechst/Kommission (T-10/89, Slg. 1992, II‑629, Randnrn. 368 f.), behandelt worden zu sein scheint; in dieser Entscheidung hat das Gericht ausgeschlossen, dass die Kommission bei der Festsetzung des Betrags der Geldbuße, die sie wegen Verstoßes gegen das Verbot des Art. 81 Abs. 1 EG verhängt hatte, davon ausgehen durfte, dass diese Geldbuße aus dem zu versteuernden Gewinn zu leisten gewesen wäre, denn dies hätte dazu geführt, dass „der Staat, in dem das Unternehmen zur Steuer veranlagt wird, einen Teil der Geldbuße tragen [müsste]“, was zu einer Verringerung der Besteuerungsgrundlage des Unternehmens geführt hätte. Unter Betonung des Umstands, dass die Kommission „[h]iervon nicht ausgehen konnte“, bin ich der Ansicht, dass das Gericht hervorheben wollte, dass dieser Fall mit der Regelung der Haftung der Unternehmen nicht kohärent ist, die sich in einer gegen das Verbot des Art. 81 Abs. 1 EG verstoßenden Weise verhalten, und dieses Verbot sowie den abschreckenden Charakter der zu dessen Wahrung verhängten Geldbußen unwirksam machen würde.


8 – Vgl. insbesondere den ersten und den 34. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1/2003.


9 – Urteile vom 7. Juni 1983, Musique Diffusion française u. a./Kommission (100/80 bis 103/80, Slg. 1983, 1825, Randnr. 105), und vom 7. Juni 2007, Britannia Alloys & Chemicals/Kommission (C‑76/06 P, Slg. 2007, I‑4405, Randnr. 22).


10 – Urteile Musique Diffusion française u. a./Kommission (Randnr. 105) und Britannia Alloys & Chemicals/Kommission (Randnr. 22).


11 – ABl. 1962, Nr. 13, S. 204. Zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1216/1999 des Rates vom 10. Juni 1999 (ABl. L 148, S. 5).


12 – In der französischen Fassung der Verordnung Nr. 1/2003 wird der Begriff „effectif[ve]“ in den Erwägungsgründen 5 und 8 und in adverbialer Form in Art. 35 Abs. 1 dieser Verordnung verwendet; der Begriff „efficace“ wird in den Erwägungsgründen 6 und 34 verwendet; der Begriff „uniforme“ wird im 22. Erwägungsgrund und im Titel von Art. 16 der Verordnung Nr. 1/2003 gebraucht. Der Begriff „cohérent(e)“ wird in den Erwägungsgründen 14, 17, 19 und 21 sowie in Art. 15 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003 verwendet. Wie ich in Nr. 33 der vorliegenden Schlussanträge hervorgehoben habe, finden sich diese Unterscheidungen nicht notwendigerweise in allen Sprachfassungen der Verordnung Nr. 1/2003.


13 – Hervorhebung nur hier.


14 – Vgl. Urteile vom 15. Juli 1970, ACF Chemiefarma/Kommission (41/69, Slg. 1970, 661, Randnr. 173), vom 29. Juni 2006, SGL Carbon/Kommission (C‑308/04 P, Slg. 2006, I‑5977, Randnr. 37), und Britannia Alloys & Chemicals/Kommission (Randnr. 22).


15 – Ohne zu dieser Frage abschließend Stellung zu nehmen, kann die Ansicht der Kommission durch die Ausführungen im Urteil vom 28. Juni 2005, Dansk Rørindustri u. a./Kommission (C‑189/02 P, C‑202/02 P, C‑205/02 P bis C‑208/02 P und C‑213/02 P, Slg. 2005, I‑5425, Randnrn. 292 bis 294), bestätigt werden, wonach der Gewinn, den die Unternehmen aus ihren wettbewerbswidrigen Praktiken ziehen konnten, zu den Faktoren gehört, die für die Beurteilung der Schwere des Verstoßes eine Rolle spielen, und dabei die Berücksichtigung dieses Faktors die abschreckende Wirkung der Geldbuße gewährleisten soll.


16 – In der Praxis ist eine solche Funktion schwer abzugrenzen, insbesondere gegenüber der Funktion der Streithilfe: vgl. u. a. De Schutter, O., „Le tiers à l’instance devant la Cour de justice de l’Union européenne“, in Ruiz Fabri, H., und Sorel, J.-M., Le tiers à l’instance, Pedone, Paris, 2005.


17 – In diesem Zusammenhang sei daran erinnert, dass Art. 15 Abs. 3 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 die Kommission ermächtigt, zum ausschließlichen Zweck der Ausarbeitung ihrer Stellungnahmen die für die Beurteilung des Falls notwendigen Schriftstücke anzufordern.


18 – Vgl. hierzu den 21. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1/2003 und, was das Ausgangsverfahren betrifft, Art. 89h Abs. 3 der Mededingingswet.


19 – Hierzu ist festzustellen, dass die Regierung der Niederlande mit der Kommission darin übereinstimmt, dass das niederländische Einkommensteuergesetz von 2001 die steuerliche Abziehbarkeit der Geldbußen ausschließt, die die Kommission wegen Zuwiderhandlung gegen das Verbot in Art. 81 Abs. 1 EG verhängt.