Language of document : ECLI:EU:C:2008:739

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Erste Kammer)

18. Dezember 2008(*)

„Rechtsmittel – Gemeinschaftsmarke – Verordnung (EG) Nr. 40/94 – Art. 8 und 63 – Wortmarke MOBILIX – Widerspruch der Inhaberin der nationalen und Gemeinschaftswortmarke OBELIX – Teilweise Zurückweisung des Widerspruchs – Reformatio in peius – Sogenannte ‚Neutralisierungstheorie‘ – Änderung des Streitgegenstands – Schriftstücke, die der beim Gericht eingereichten Klageschrift beigefügt wurden, als neue Beweise“

In der Rechtssache C‑16/06 P

betreffend ein Rechtsmittel gemäß Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs, eingelegt am 12. Januar 2006,

Les Éditions Albert René Sàrl mit Sitz in Paris (Frankreich), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt J. Pagenberg,

Rechtsmittelführerin,

andere Verfahrensbeteiligte:

Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM), vertreten durch G. Schneider als Bevollmächtigten,

Beklagter im ersten Rechtszug,

Orange A/S mit Sitz in Kopenhagen (Dänemark), Prozessbevollmächtigter: J. Balling, advokat,

Streithelferin im ersten Rechtszug,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten P. Jann sowie der Richter A. Tizzano, A. Borg Barthet, M. Ilešič und E. Levits (Berichterstatter),

Generalanwältin: V. Trstenjak,

Kanzler: J. Swedenborg, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 25. Oktober 2007,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 29. November 2007

folgendes

Urteil

1        Das Unternehmen Les Éditions Albert René Sàrl (im Folgenden: Rechtsmittelführerin) beantragt mit seinem Rechtsmittel die Aufhebung des Urteils des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften vom 27. Oktober 2005, Éditions Albert René/HABM – Orange (MOBILIX) (T‑336/03, Slg. 2005, II‑4667, im Folgenden: angefochtenes Urteil), mit dem dieses seine Klage auf Aufhebung der Entscheidung der Vierten Beschwerdekammer des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) vom 14. Juli 2003 (Sache R 559/2002-4, im Folgenden: streitige Entscheidung) abgewiesen hat, die zu dem Verfahren eines Widerspruchs der Rechtsmittelführerin aus ihrer älteren Marke OBELIX gegen die Anmeldung der Gemeinschaftswortmarke MOBILIX ergangen war.

 Rechtlicher Rahmen

2        Die Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S. 1) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 3288/94 des Rates vom 22. Dezember 1994 (ABl. L 349, S. 83) geänderten Fassung (im Folgenden: Verordnung Nr. 40/94) bestimmt in ihrem Art. 8 („Relative Eintragungshindernisse“):

„(1)      Auf Widerspruch des Inhabers einer älteren Marke ist die angemeldete Marke von der Eintragung ausgeschlossen,

b)      wenn wegen ihrer Identität oder Ähnlichkeit mit der älteren Marke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen in dem Gebiet besteht, in dem die ältere Marke Schutz genießt; dabei schließt die Gefahr von Verwechslungen die Gefahr ein, dass die Marke mit der älteren Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird.

(2)      ‚Ältere Marken‘ im Sinne von Absatz 1 sind:

a)      Marken mit einem früheren Anmeldetag als dem Tag der Anmeldung der Gemeinschaftsmarke, gegebenenfalls mit der für diese Marken in Anspruch genommenen Priorität, die den nachstehenden Kategorien angehören:

i)               Gemeinschaftsmarken;

c)      Marken, die am Tag der Anmeldung der Gemeinschaftsmarke, gegebenenfalls am Tag der für die Anmeldung der Gemeinschaftsmarke in Anspruch genommenen Priorität, in einem Mitgliedstaat im Sinne des Art. 6bis der Pariser Verbandsübereinkunft notorisch bekannt sind.

(5)      Auf Widerspruch des Inhabers einer älteren Marke im Sinne des Absatzes 2 ist die angemeldete Marke auch dann von der Eintragung ausgeschlossen, wenn sie mit der älteren Marke identisch ist oder dieser ähnlich ist und für Waren oder Dienstleistungen eingetragen werden soll, die nicht denen ähnlich sind, für die die ältere Marke eingetragen ist, wenn es sich im Falle einer älteren Gemeinschaftsmarke um eine in der Gemeinschaft bekannte Marke und im Falle einer älteren nationalen Marke um eine in dem betreffenden Mitgliedstaat bekannte Marke handelt und die Benutzung der angemeldeten Marke die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der älteren Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzen oder beeinträchtigen würde.“

3        Art. 63 („Klage beim Gerichtshof“) der Verordnung Nr. 40/94 bestimmt:

„(1)      Die Entscheidungen der Beschwerdekammern, durch die über eine Beschwerde entschieden wird, sind mit der Klage beim Gerichtshof anfechtbar.

(2)      Die Klage ist zulässig wegen Unzuständigkeit, Verletzung wesentlicher Formvorschriften, Verletzung des Vertrages, dieser Verordnung oder einer bei ihrer Durchführung anzuwendenden Rechtsnorm oder wegen Ermessensmissbrauchs.

(3)      Der Gerichtshof kann die angefochtene Entscheidung aufheben oder abändern.

(4)      Die Klage steht den an dem Verfahren vor der Beschwerdekammer Beteiligten zu, soweit sie durch die Entscheidung beschwert sind.

…“

4        Art. 74 („Ermittlung des Sachverhalts von Amts wegen“) der Verordnung Nr. 40/94 sieht vor:

„(1)      In dem Verfahren vor dem Amt ermittelt das Amt den Sachverhalt von Amts wegen. Soweit es sich jedoch um Verfahren bezüglich relativer Eintragungshindernisse handelt, ist das Amt bei dieser Ermittlung auf das Vorbringen und die Anträge der Beteiligten beschränkt.

(2)      Das Amt braucht Tatsachen und Beweismittel, die von den Beteiligten verspätet vorgebracht werden, nicht zu berücksichtigen.“

5        Art. 76 („Beweisaufnahme“) der Verordnung Nr. 40/94 bestimmt in seinem Abs. 1:

„In den Verfahren vor dem Amt sind insbesondere folgende Beweismittel zulässig:

b)      Einholung von Auskünften,

c)      Vorlegung von Urkunden und Beweisstücken,

…“

6        Nach Art. 135 § 4 der Verfahrensordnung des Gerichts können die Schriftsätze der Parteien den vor der Beschwerdekammer verhandelten Streitgegenstand nicht ändern.

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

7        Am 7. November 1997 meldete die Orange A/S (im Folgenden: Orange) gemäß der Verordnung Nr. 40/94 beim HABM das Wortzeichen MOBILIX als Gemeinschaftsmarke an.

8        Die Marke wurde für folgende Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 16, 35, 37, 38 und 42 des Abkommens von Nizza über die Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in geänderter und revidierter Fassung angemeldet:

–        „Telekommunikationsapparate, -instrumente und -anlagen, einschließlich solche für Fernsprechapparate, Telefone, Mobiltelefone, einschließlich Antennen, Strahler und Parabolantennen, Akkumulatoren und Batterien, Transformatoren und Konverter, Kodierer und Dekodierer, kodierte Karten und kodierbare Karten, Telefonkarten, Signal- und Unterrichtsapparate und ‑instrumente, elektronische Telefonbücher, Teile und Zubehör für die vorstehend genannten Waren, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind“ in Klasse 9;

–        „Telefonkarten“ in Klasse 16;

–        „telefonischer Antwortdienst für zeitweilig abwesende Teilnehmer, Beratung und Unterstützung in Bezug auf Geschäftsführung und Organisation, Beratung und Unterstützung in Verbindung mit der Überwachung von Geschäftsabläufen“ in Klasse 35;

–        „Installation und Reparatur von Telefonen, Bau, Reparatur, Installation“ in Klasse 37;

–        „Telekommunikation, einschließlich Telekommunikationsinformationen, Kommunikation über Telefon und Fernschreiber, Kommunikation über Computerbildschirm und Mobiltelefon, Übertragung über Fernkopierer, Ausstrahlung von Rundfunk- und Fernsehprogrammen, einschließlich Kabelfernsehen und Übertragung über das Internet, Nachrichtenübermittlung, Leasing von Nachrichtensendegeräten, Leasing von Telekommunikationsapparaten, einschließlich Telefonapparate“ in Klasse 38;

–        „wissenschaftliche und industrielle Forschung, Konstruktion, einschließlich Projektierung von Anlagen und Telekommunikationsanlagen, insbesondere für Fernsprechsysteme, sowie Erstellung von Programmen für die Datenverarbeitung, Entwicklung, Pflege und Aktualisierung von Software, Leasing von Computern und Computerprogrammen“ in Klasse 42.

9        Gegen die Anmeldung erhob die Rechtsmittelführerin einen Widerspruch, den sie auf folgende ältere Rechte am Wort „OBELIX“ stützte:

–        die ältere eingetragene Gemeinschaftsmarke Nr. 16154 mit dem Anmeldetag des 1. April 1996 für folgende Waren und Dienstleistungen:

–        „elektrotechnische und elektronische, fotografische, Film-, optische, Unterrichtsapparate und -instrumente (mit Ausnahme von Projektionsapparaten), soweit in Klasse 9 enthalten, elektronische Spielapparate mit und ohne Bildschirm, Computer, Programmmodule und auf Datenträger aufgezeichnete Computerprogramme, insbesondere Videospiele“ in Klasse 9;

–        „Papier, Pappe (Karton); Papierwaren und Pappwaren, Druckschriften (soweit in Klasse 16 enthalten), Zeitungen und Zeitschriften, Bücher; Buchbinderartikel, nämlich Buchbindegarn, -leinen und andere Stoffe zum Buchbinden; Fotografien; Schreibwaren, Klebstoffe (für Papier- und Schreibwaren); Künstlerbedarfsartikel, nämlich Zeichen-, Mal- und Modellierwaren; Pinsel; Schreibmaschinen und Büroartikel (ausgenommen Möbel) und Büromaschinen (soweit in Klasse 16 enthalten); Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Verpackungsmaterial aus Kunststoff, soweit es nicht in anderen Klassen enthalten ist; Spielkarten; Drucklettern; Druckstöcke“ in Klasse 16;

–        „Spiele, Spielzeug; Turn- und Sportartikel (soweit in Klasse 28 enthalten); Christbaumschmuck“ in Klasse 28;

–        „Marketing und Werbung“ in Klasse 35;

–        „Filmvorführungen, Filmproduktionen, Filmvermietung; Veröffentlichung und Herausgabe von Büchern und Zeitschriften; Erziehung und Unterhaltung; Organisation und Durchführung von Messen und Ausstellungen; Volksbelustigungen, Betrieb eines Vergnügungsparks, Produktion von Live-Veranstaltungen, von Musik- und Sprechdarbietungen; Schaustellung von Nachbauten und Vorführungen kulturhistorischen und völkerkundlichen Charakters“ in Klasse 41;

–        „Beherbergung und Verpflegung von Gästen; Fotografieren; Übersetzungen; Verwaltung und Verwertung von Urheberrechten; Verwertung gewerblicher Schutzrechte“ in Klasse 42;

–        die in allen Mitgliedstaaten notorisch bekannte ältere Marke für Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 16, 28, 35, 41 und 42.

10      Das Verfahren vor dem HABM ist vom Gericht in den Randnrn. 6 bis 8 des angefochtenen Urteils folgendermaßen zusammengefasst worden:

„6      Zur Begründung des Widerspruchs machte die [Rechtsmittelführerin] geltend, es bestehe Verwechslungsgefahr im Sinne von Artikel 8 Absätze 1 Buchstabe b und 2 der Verordnung Nr. 40/94.

7      Mit Entscheidung vom 30. Mai 2002 wies die Widerspruchsabteilung den Widerspruch zurück und ließ die Anmeldung zum weiteren Eintragungsverfahren zu. Zur Begründung führte die Widerspruchsabteilung, nach deren Auffassung die Bekanntheit der älteren Marke nicht schlüssig dargelegt worden war, aus, dass die Marken einander insgesamt nicht ähnlich seien. Zwar bestehe eine gewisse klangliche Ähnlichkeit, diese werde aber durch das Erscheinungsbild der Marken und insbesondere ihre sehr unterschiedlichen Aussagegehalte neutralisiert … Die ältere eingetragene Marke werde überdies am ehesten mit dem berühmten Cartoon gleichgesetzt, was sie in begrifflicher Hinsicht noch stärker von der Anmeldemarke abhebe.

8      Auf die Beschwerde der [Rechtsmittelführerin] … erließ die Vierte Beschwerdekammer [die streitige Entscheidung], mit der sie die Entscheidung der Widerspruchsabteilung teilweise aufhob. Die Beschwerdekammer stellte zunächst klar, dass der Widerspruch als ausschließlich auf Verwechslungsgefahr gestützt anzusehen sei. Zwischen den Marken sei eine gewisse Ähnlichkeit erkennbar. Was den Vergleich der Waren und Dienstleistungen angehe, so seien die in der Anmeldung beanspruchten ‚Signal- und Unterrichtsapparate und -instrumente‘ und die von der älteren eingetragenen Marke erfassten ‚optischen und Unterrichtsapparate und -instrumente‘ in Klasse 9 einander ähnlich. Gleiches gelte für die in der Anmeldung aufgeführten Dienstleistungen ‚Beratung und Unterstützung in Bezug auf Geschäftsführung und Organisation, Beratung und Unterstützung in Verbindung mit der Überwachung von Geschäftsabläufen‘ in Klasse 35 und die von der älteren eingetragenen Marke erfassten Dienstleistungen ‚Marketing und Werbung‘ derselben Klasse. In Anbetracht des Ähnlichkeitsgrades der in Frage stehenden Zeichen und der genannten Waren und Dienstleistungen bestehe insoweit bei den maßgeblichen Verkehrskreisen Verwechslungsgefahr. Demgemäß hat die Beschwerdekammer die Gemeinschaftsmarkenanmeldung für [diese Waren und Dienstleistungen] zurückgewiesen und sie für die übrigen Waren und Dienstleistungen zur Eintragung zugelassen.“

 Die Klage vor dem Gericht und das angefochtene Urteil

11      Mit Klageschrift, die am 1. Oktober 2003 bei der Kanzlei des Gerichts einging, beantragte die Rechtsmittelführerin die Aufhebung der streitigen Entscheidung, wofür sie drei Klagegründe anführte, mit denen sie erstens einen Verstoß gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. b und 2 der Verordnung Nr. 40/94, zweitens einen Verstoß gegen Art. 8 Abs. 5 dieser Verordnung und drittens einen Verstoß gegen Art. 74 der Verordnung rügte.

12      In der mündlichen Verhandlung beantragte die Rechtsmittelführerin hilfsweise, die Sache an die Vierte Beschwerdekammer des HABM zurückzuverweisen, damit sie nachweisen könne, dass ihre Marke eine „bekannte“ Marke im Sinne von Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 40/94 sei.

13      Das Gericht hat zunächst in den Randnrn. 15 und 16 des angefochtenen Urteils die Zulässigkeit der fünf Schriftstücke geprüft, die der Klageschrift zum Beweis der Bekanntheit des Wortzeichens OBELIX beigefügt waren. Das Gericht hat festgestellt, dass diese Schriftstücke nicht im Verfahren vor dem HABM eingereicht worden seien, und sie daher für unzulässig erklärt, da ihre Zulassung Art. 135 § 4 seiner Verfahrensordnung zuwiderliefe.

14      Unter Bezugnahme auf die Art. 63 und 74 der Verordnung Nr. 40/94 sowie Art. 135 seiner Verfahrensordnung hat das Gericht sodann den Klagegrund eines Verstoßes gegen Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 40/94 als unzulässig zurückgewiesen.

15      Das Gericht hat u. a. in Randnr. 20 des angefochtenen Urteils darauf hingewiesen, dass die etwaige Anwendbarkeit des Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 40/94 von der Rechtsmittelführerin zu keinem Zeitpunkt vor der Beschwerdekammer geltend gemacht und daher von der Beschwerdekammer auch nicht geprüft worden sei. Das Gericht hat festgestellt, dass die Rechtsmittelführerin, soweit sie sich im Rahmen ihres Widerspruchs und vor der Beschwerdekammer auf die Bekanntheit ihrer Marke berufen habe, dies ausschließlich im Zusammenhang mit Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 getan habe, also zur Darlegung des Bestehens von Verwechslungsgefahr bei den maßgeblichen Verkehrskreisen.

16      Schließlich hat das Gericht gemäß Art. 44 § 1 seiner Verfahrensordnung den in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag für unzulässig erklärt.

17      In der Sache hat das Gericht in den Randnrn. 32 bis 36 des angefochtenen Urteils die Begründetheit des Klagegrundes einer Verletzung von Art. 74 der Verordnung Nr. 40/94 geprüft, mit dem geltend gemacht worden war, dass die Beschwerdekammer, da dies von Orange nicht bestritten worden sei, von der Bekanntheit der Marke OBELIX hätte ausgehen müssen.

18      Das Gericht hat in Randnr. 34 des angefochtenen Urteils entschieden, dass Art. 74 der Verordnung Nr. 40/94 nicht dahin ausgelegt werden könne, dass das HABM die von einem Beteiligten geltend gemachten Umstände, gegen die der andere Beteiligte keine Einwände erhoben habe, als bewiesen behandeln müsse.

19      Das Gericht hat sodann in Randnr. 35 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass weder die Widerspruchsabteilung noch die Beschwerdekammer zu der Ansicht gelangt seien, dass die Rechtsmittelführerin die von ihr vorgebrachte rechtliche Beurteilung, wonach das nicht eingetragene Zeichen ein bekanntes Zeichen sei und das eingetragene Zeichen erhöhte Kennzeichnungskraft besitze, durch Tatsachen und Beweismittel hinreichend untermauert habe. Das Gericht hat daher in Randnr. 36 des angefochtenen Urteils diesen Klagegrund für unbegründet erklärt.

20      In den Randnrn. 53 bis 88 des angefochtenen Urteils hat das Gericht den Klagegrund eines Verstoßes gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. b und 2 der Verordnung Nr. 40/94 geprüft.

21      Hinsichtlich der Ähnlichkeit der fraglichen Waren und Dienstleistungen hat das Gericht das Vorbringen der Rechtsmittelführerin zurückgewiesen, dem zufolge die von der Gemeinschaftsmarkenanmeldung erfassten Waren der Klassen 9 und 16 durchweg wesentliche Bestandteile der von der älteren Marke geschützten Waren enthielten. Dazu hat das Gericht in Randnr. 61 des angefochtenen Urteils ausgeführt, dass die bloße Tatsache, dass ein Produkt als Einzelteil, Zubehör oder Komponente einer anderen Ware verwendet werden könne, nicht als Beweis dafür ausreichen könne, dass die solche Komponenten enthaltenden Endprodukte ähnlich seien, da insbesondere ihre Art, ihre Verwendungszwecke und ihre Abnehmerkreise ohne Weiteres verschieden sein könnten. Das Gericht hat im Übrigen in Randnr. 63 des angefochtenen Urteils bemerkt, dass die weite Formulierung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses der älteren eingetragenen Marke von der Rechtsmittelführerin nicht als Argument dafür angeführt werden könne, dass eine hohe Ähnlichkeit oder gar Identität mit den von der Anmeldemarke erfassten Waren bestehe.

22      Das Gericht hat in den Randnrn. 66 bis 70 des angefochtenen Urteils ebenso das Vorbringen zurückgewiesen, mit dem die Rechtsmittelführerin dartun wollte, dass die Dienstleistungen der angemeldeten Gemeinschaftsmarke in den Klassen 35, 37, 38 und 42 den von der älteren Marke geschützten Dienstleistungen ähnlich seien, wobei das Gericht allerdings eine Ausnahme anerkannt hat. Seiner Auffassung nach bestand nämlich „Ähnlichkeit der in der Anmeldung aufgeführten Dienstleistungen ‚Leasing von Computern und Computerprogrammen‘ (Klasse 42) mit den Waren ‚Computer‘ und ‚auf Datenträger aufgezeichnete Computerprogramme‘ der [Rechtsmittelführerin] (Klasse 9), da diese Dienstleistungen und Waren einander ergänzen“.

23      Zum Zeichenvergleich hat das Gericht in den Randnrn. 75 und 76 des angefochtenen Urteils u. a. ausgeführt, dass die Zeichen, obgleich ihnen die Buchstabenkombination „OB“ und die Endung „-LIX“ gemeinsam seien, deutliche bildliche Unterschiede aufwiesen wie die den beiden Buchstaben „OB“ jeweils nachfolgenden Buchstaben, den jeweiligen Wortanfang und die Länge der Zeichen. Unter Hinweis darauf, dass sich die Aufmerksamkeit des Verbrauchers normalerweise auf den Anfang eines Wortes richte, ist das Gericht zu dem Ergebnis gelangt, dass „die Zeichen einander bildlich nicht oder allenfalls nur ganz schwach ähnlich sind“.

24      Nach dem klanglichen Vergleich der Zeichen hat das Gericht in den Randnrn. 77 und 78 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass sie in dieser Hinsicht eine gewisse Ähnlichkeit aufwiesen.

25      Zum begrifflichen Vergleich hat das Gericht in Randnr. 79 des angefochtenen Urteils konstatiert, dass das Wort „Obelix“, auch wenn es als Wortmarke eingetragen sei, vom Verkehr ohne Weiteres mit der populären Figur eines Cartoons in Verbindung gebracht werde, was eine begriffliche Verwechslung mit mehr oder weniger verwandten Wörtern beim Publikum sehr unwahrscheinlich mache.

26      In den Randnrn. 80 und 81 des angefochtenen Urteils hat das Gericht daraus, dass das Wortzeichen OBELIX in der Wahrnehmung der maßgeblichen Verkehrskreise eine eindeutige und bestimmte Bedeutung habe, die diese Verkehrskreise ohne Weiteres erfassen könnten, den Schluss gezogen, dass die begrifflichen Unterschiede zwischen den fraglichen Zeichen geeignet seien, die klangliche und etwaige bildliche Ähnlichkeit der Zeichen zu neutralisieren.

27      Zur Verwechslungsgefahr hat das Gericht in Randnr. 82 des angefochtenen Urteils ausgeführt, „dass die zwischen den Zeichen bestehenden Unterschiede ausreichen, um in der Wahrnehmung durch die angesprochenen Verkehrskreise eine Verwechslungsgefahr auszuschließen, da eine Verwechslungsgefahr kumulativ einen genügend hohen Ähnlichkeitsgrad der Marken und einen genügend hohen Ähnlichkeitsgrad der mit ihnen gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen voraussetzen würde“.

28      Das Gericht ist so in den Randnrn. 83 und 84 des angefochtenen Urteils zu dem Ergebnis gekommen, dass die Beurteilung der Kennzeichnungskraft der älteren Marke durch die Beschwerdekammer und das Vorbringen der Rechtsmittelführerin zur Bekanntheit dieser Marke auf die Anwendung von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 im vorliegenden Fall ohne Einfluss seien.

29      Schließlich hat das Gericht in Randnr. 85 des angefochtenen Urteils das Argument der Rechtsmittelführerin, wonach es wegen der Endung „-ix“ durchaus naheliegend sei, dass sich der Ausdruck „Mobilix“ nahtlos in die Markenfamilie der „Asterix“-Figuren einfüge und als Ableitung von „Obelix“ verstanden werde, mit der Erwägung zurückgewiesen, dass die Rechtsmittelführerin keinerlei Recht zur ausschließlichen Benutzung der Endung „-ix“ geltend machen könne.

30      Mit der abschließenden Feststellung, dass eines der zwingenden Tatbestandsmerkmale des Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 nicht vorliege und daher zwischen der Anmeldemarke und der älteren Marke keine Verwechslungsgefahr bestehe, hat das Gericht die von der Rechtsmittelführerin erhobene Klage abgewiesen.

 Zum Rechtsmittel

31      Mit ihrem Rechtsmittel, das sie auf sechs Rechtsmittelgründe stützt, beantragt die Rechtsmittelführerin, das angefochtene Urteil und die streitige Entscheidung aufzuheben, die Anmeldung Nr. 671396 des Wortzeichens MOBILIX für alle beanspruchten Waren und Dienstleistungen zurückzuweisen und dem HABM die Kosten in den Verfahren vor dem Gericht und vor dem Gerichtshof aufzuerlegen. Hilfsweise beantragt die Rechtsmittelführerin, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache an das Gericht zurückzuverweisen.

32      Das HABM beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen und der Rechtsmittelführerin die Kosten aufzuerlegen.

 Zum ersten Rechtsmittelgrund: Verstoß gegen Art. 63 der Verordnung Nr. 40/94 und gegen Regeln des Gemeinschaftsverwaltungs- und -verfahrensrechts (reformatio in peius)

 Vorbringen der Parteien

33      Mit ihrem ersten Rechtsmittelgrund rügt die Rechtsmittelführerin, das Gericht habe gegen Art. 63 der Verordnung Nr. 40/94 verstoßen und unter Verletzung der Regeln des Gemeinschaftsverwaltungs- und ‑verfahrensrechts dadurch eine reformatio in peius vorgenommen, dass es entgegen der streitigen Entscheidung zum Nachteil der Rechtsmittelführerin entschieden habe, dass die fraglichen Zeichen einander nicht ähnlich seien, obgleich die Frage der Zeichenähnlichkeit nicht zum Streitgegenstand vor dem Gericht gehört habe, weshalb dieses für ihre Beurteilung nicht zuständig gewesen sei.

34      Gemäß Art. 63 Abs. 4 der Verordnung Nr. 40/94 habe die Rechtsmittelführerin die streitige Entscheidung nur insoweit angefochten, als sie durch sie beschwert gewesen sei, und sich daher nur dagegen gewandt, dass die Beschwerdekammer die Prüfung des Widerspruchs gemäß Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 40/94 abgelehnt habe, ferner die Kennzeichnungskraft und die Bekanntheit der Marke OBELIX nicht berücksichtigt habe und schließlich von fehlender Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen der streitigen Marken ausgegangen sei.

35      Die von der Beschwerdekammer vorgenommene Beurteilung der Zeichenähnlichkeit sei hingegen weder von der Rechtsmittelführerin noch von Orange als anderer Beteiligter im Beschwerdeverfahren vor dem Gericht angegriffen worden. Was das HABM anbelange, müsse es zwar die streitige Entscheidung nicht systematisch verteidigen, sei aber auch nicht dazu befugt, den Streitgegenstand vor dem Gericht zum Nachteil des Klägers zu ändern.

36      Das HABM meint, dass das Gericht, da die Rechtsmittelführerin die Feststellungen der Beschwerdekammer zur Verwechslungsgefahr gerügt habe und die Zeichenähnlichkeit ein Element dieser Feststellungen bilde, notwendig die Beurteilung, die die Beschwerdekammer bei dem Vergleich der Zeichen vorgenommen habe, habe prüfen müssen, um die Rechtmäßigkeit der von der Beschwerdekammer getroffenen Feststellungen zu Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 zu kontrollieren. Das Gericht sei daher für die Prüfung der Zeichenähnlichkeit zuständig gewesen.

37      Was den Verstoß gegen den Grundsatz des Verbots der reformatio in peius angehe, habe das Gericht die streitige Entscheidung, mit der die Beschwerdekammer dem Widerspruch teilweise stattgegeben habe, nicht abgeändert. Die Rechtsmittelführerin sei somit nicht in eine ungünstigere Lage als die versetzt worden, in der sie sich vor der Erhebung ihrer Klage beim Gericht befunden habe.

 Würdigung durch den Gerichtshof

38      Nach Art. 63 Abs. 2 der Verordnung Nr. 40/94 obliegt es dem Gericht, die Rechtmäßigkeit der von den Beschwerdekammern erlassenen Entscheidungen dadurch zu überprüfen, dass es die von den Beschwerdekammern vorgenommene Anwendung des Gemeinschaftsrechts insbesondere auf den ihnen vorliegenden Sachverhalt einer Kontrolle unterzieht (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 4. Oktober 2007, Naipes Heraclio Fournier/HABM, C‑311/05 P, Randnr. 38 und die dort angeführte Rechtsprechung).

39      Daher darf das Gericht in den Grenzen des Art. 63 der Verordnung Nr. 40/94 in seiner Auslegung durch den Gerichtshof dadurch die Rechtmäßigkeit der Entscheidungen der Beschwerdekammern des HABM einer vollständigen Kontrolle unterwerfen, dass es erforderlichenfalls der Frage nachgeht, ob die Beschwerdekammern die in dem Rechtsstreit fraglichen Tatsachen rechtlich richtig eingeordnet haben (vgl. in diesem Sinne Urteil Naipes Heraclio Fournier/HABM, Randnr. 39) oder ob die Beurteilung des den Beschwerdekammern unterbreiteten Sachverhalts nicht Fehler aufweist.

40      Es ist zu beachten, dass die Rechtsmittelführerin vor dem Gericht einen Verstoß der Vierten Beschwerdekammer des HABM gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. b und 2 der Verordnung Nr. 40/94 rügte.

41      Zum einen warf die Rechtsmittelführerin im Rahmen dieses Klagegrundes die Frage der Ähnlichkeit der Zeichen auf. Während die Beschwerdekammer – wie sich aus den Randnrn. 8 und 47 bis 49 des angefochtenen Urteils ergibt – eine gewisse Ähnlichkeit der Zeichen festgestellt hatte, machte die Rechtsmittelführerin insbesondere geltend, dass die Zeichen einander in Wirklichkeit in hohem Maße ähnlich seien, um dadurch die Feststellung eines höheren Ähnlichkeitsgrades als den von der Beschwerdekammer angenommenen zu erwirken.

42      Damit machte die Rechtsmittelführerin, wie auch die Generalanwältin in Nr. 41 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, die Frage der Zeichenähnlichkeit selbst zu einem Teil des Streitgegenstands vor dem Gericht.

43      Zum anderen trug die Rechtsmittelführerin zur Verwechslungsgefahr auch vor, dass bei Berücksichtigung der Wechselbeziehung zwischen der Warenähnlichkeit, der Zeichenähnlichkeit und der Kennzeichnungskraft der älteren Marke die Unähnlichkeiten zwischen den Zeichen im Bereich identischer Waren und Dienstleistungen und, in weitem Umfang, ähnlicher Waren und Dienstleistungen nicht genügten, um angesichts der Bekanntheit der älteren Marke insbesondere klangliche Verwechslungen zu verhindern.

44      Insoweit ist jedoch darauf hinzuweisen, dass für die Anwendung des Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 eine Verwechslungsgefahr eine Identität oder Ähnlichkeit der angemeldeten Marke mit der älteren Marke und eine Identität oder Ähnlichkeit der in der Anmeldung angegebenen Waren oder Dienstleistungen mit denen voraussetzt, für die die ältere Marke eingetragen ist. Es handelt sich hierbei um kumulative Voraussetzungen (vgl. Urteile vom 12. Oktober 2004, Vedial/HABM, C‑106/03 P, Slg. 2004, I‑9573, Randnr. 51, und vom 13. September 2007, Ponte Finanziaria/HABM und F.M.G. Textile [vormals Marine Enterprise Project], C‑234/06 P, Slg. 2007, I‑7333, Randnr. 48).

45      Das Bestehen von Verwechslungsgefahr beim Publikum ist daher unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des konkreten Falles umfassend zu beurteilen (Urteil vom 15. März 2007, T.I.M.E. ART/HABM, C‑171/06 P, Randnr. 33).

46      Diese umfassende Beurteilung impliziert eine gewisse Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der von ihnen erfassten Waren oder Dienstleistungen. So kann ein geringer Grad der Ähnlichkeit der erfassten Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (vgl. Urteil T.I.M.E. ART/HABM, Randnr. 35, sowie, zur Ersten Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken [ABl. 1989, L 40, S. 1], Urteile vom 29. September 1998, Canon, C‑39/97, Slg. 1998, I‑5507, Randnr. 17, und vom 22. Juni 1999, Lloyd Schuhfabrik Meyer, C‑342/97, Slg. 1999, I‑3819, Randnr. 19).

47      Da die Rechtsmittelführerin die Beurteilung der Verwechslungsgefahr durch die Beschwerdekammer gerügt hatte, war somit das Gericht wegen des Grundsatzes der Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der erfassten Waren und Dienstleistungen, dazu befugt, die von der Beschwerdekammer vorgenommene Beurteilung der Zeichenähnlichkeit nachzuprüfen.

48      Bei der ihm obliegenden Überprüfung der Rechtmäßigkeit einer Entscheidung einer Beschwerdekammer des HABM kann das Gericht nämlich nicht durch eine fehlerhafte Beurteilung des Sachverhalts durch die Beschwerdekammer gebunden sein, soweit diese Beurteilung Teil der Feststellungen ist, deren Rechtmäßigkeit vor dem Gericht bestritten wird.

49      Zum Grundsatz des Verbots der reformatio in peius schließlich, auf den sich die Rechtsmittelführerin beruft, genügt auch unter der Annahme, dass dieser Grundsatz in einem Verfahren der Rechtmäßigkeitskontrolle einer Entscheidung einer Beschwerdekammer des HABM geltend gemacht werden kann, der Hinweis, dass das Gericht, das das Bestehen einer Verwechslungsgefahr verneint und die von der Rechtsmittelführerin erhobene Klage abgewiesen hat, die streitige Entscheidung aufrechterhalten hat. Im Hinblick auf diese Entscheidung, soweit sie die Rechtsmittelführerin beschwert, befindet sich diese daher nach Verkündung des angefochtenen Urteils nicht in einer ungünstigeren rechtlichen Lage als vor Erhebung der Klage.

50      Der erste Rechtsmittelgrund ist daher als unbegründet zurückzuweisen.

 Zum zweiten Rechtsmittelgrund: Verstoß gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94

Zum ersten Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes

–       Vorbringen der Parteien

51      Mit dem ersten Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes macht die Rechtsmittelführerin geltend, dass das Gericht im Rahmen seiner Beurteilung der Ähnlichkeit der mit den streitigen Marken gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 verstoßen habe.

52      Die Rechtsmittelführerin wirft dem Gericht erstens vor, dass es für die Beurteilung der Frage, ob die jeweiligen Waren und Dienstleistungen ähnlich seien, einen verfehlten rechtlichen Maßstab angewandt habe. Die Rechtsmittelführerin meint, dass die Waren und Dienstleistungen unter der Annahme hätten verglichen werden müssen, dass die streitigen Marken identisch seien und dass die ältere Marke über eine hochgradige Kennzeichnungskraft verfüge oder eine bekannte Marke sei.

53      Zweitens stellt die Rechtsmittelführerin die Stimmigkeit und die Grundlage der konkreten Feststellungen des Gerichts zur Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen in Frage.

54      Hinsichtlich des Vergleichs der Waren der Marke MOBILIX in den Klassen 9 und 16 mit denen der Marke OBELIX in denselben Klassen ist die Rechtsmittelführerin zunächst der Auffassung, dass das Gericht die Auflistungen dieser Waren offensichtlich irrig aufgefasst und infolgedessen verfälscht habe. Denn die Ausführungen des Gerichts zu diesen Auflistungen in Randnr. 62 des angefochtenen Urteils seien unzutreffend und stünden sowohl zu den Auflistungen selbst als auch zu den eigenen Darlegungen des Gerichts in Randnr. 63 des angefochtenen Urteils in Widerspruch.

55      Die Rechtsmittelführerin rügt außerdem einen Widerspruch zwischen der in Randnr. 62 des angefochtenen Urteils in der Verfahrenssprache getroffenen Feststellung „That list of goods and services is close to that which is claimed in the Community trade mark“ und der weiteren Feststellung, dass die Waren der älteren Marke und die der Anmeldemarke einander nicht ähnlich seien.

56      Schließlich hält es die Rechtsmittelführerin für rechtsfehlerhaft, dass das Gericht in Randnr. 64 des angefochtenen Urteils die verfehlte Beurteilung der Beschwerdekammer gebilligt habe, wonach die von der Anmeldung erfassten Waren der Klassen 9 und 16 nicht in das weit gefasste Waren- und Dienstleistungsverzeichnis der älteren eingetragenen Marke fielen. Überdies habe sich das Gericht nicht hinreichend mit ihrem Vorbringen auseinandergesetzt, dass die in der Anmeldung der Marke MOBILIX beanspruchten Waren zu den von der Marke OBELIX erfassten „elektrotechnischen und elektronischen Apparaten und Instrumenten“ gehörten. Das Gericht habe im Übrigen nicht die Ähnlichkeit dieser Waren analysiert.

57      Im Rahmen des Vergleichs der Dienstleistungen der angemeldeten Gemeinschaftsmarke in den Klassen 35, 37, 38 und 42 mit den Waren der Marke OBELIX habe das Gericht in Randnr. 70 des angefochtenen Urteils fehlerhaft angenommen, dass zwischen diesen Waren und Dienstleistungen keine Ähnlichkeit bestehe.

58      Diese Feststellung widerspreche zum einen der in Randnr. 68 des angefochtenen Urteils enthaltenen Annahme des Gerichts, dass zwischen den Dienstleistungen der Anmeldemarke in Klasse 38 und den Dienstleistungen des älteren Rechts in Klasse 41 eine schwache Ähnlichkeit bestehe, und sei überdies unzutreffend, da die Dienstleistungen „Filmvorführungen, Filmproduktionen, Filmvermietung“ der älteren Marke in Klasse 41 den von Orange beanspruchten Dienstleistungen „Ausstrahlung von Rundfunk- und Fernsehprogrammen, einschließlich Kabelfernsehen und Übertragung über das Internet“ ähnlich seien.

59      Zum anderen hätte das Gericht im Rahmen des Vergleichs der von der Marke OBELIX geschützten Waren in Klasse 9 mit den Dienstleistungen der Anmeldemarke MOBILIX in Klasse 42 die Ähnlichkeit der Waren „Computer, Programmmodule und auf Datenträger aufgezeichnete Computerprogramme“ mit den Dienstleistungen „Erstellung von Programmen für die Datenverarbeitung, Entwicklung, Pflege und Aktualisierung von Software“ feststellen müssen, und es sei zu Unrecht darüber hinweggegangen, dass die Herstellung der „elektrotechnischen und elektronischen Apparate und Instrumente“ in Klasse 9 notwendig Tätigkeiten der „Forschung und Konstruktion“, also von Dienstleistungen der Klasse 42, voraussetze.

60      Schließlich habe das Gericht in Randnr. 69 des angefochtenen Urteils zu Unrecht befunden, dass die Anmeldung der Gemeinschaftsmarke ausschließlich auf die Telekommunikation in ihren verschiedenen Formen gerichtet sei, während im Rahmen der älteren Eintragung auf keine Tätigkeit dieses Bereichs Bezug genommen werde. Zudem habe das Gericht keinerlei Tatsache oder Beweis zur Stützung seiner ebenfalls in Randnr. 69 des angefochtenen Urteils aufgestellten Behauptung angeführt, dass die Bejahung der Ähnlichkeit in allen Fällen, in denen das ältere Recht Computer erfasse und die für das angemeldete Zeichen beanspruchten Waren oder Dienstleistungen den Einsatz von Computern einschließen könnten, eindeutig auf eine Überdehnung des Schutzbereichs hinauslaufe, den der Gesetzgeber dem Markeninhaber gewähre.

61      Das HABM macht geltend, dass die Rechtsmittelführerin mit ihrem Vorbringen zur Ähnlichkeit der mit den streitigen Marken gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen die Beurteilung von Tatsachen durch das Gericht in Frage zu stellen suche, was im Rahmen eines Rechtsmittels unzulässig sei. Das Gericht habe die Tatsachen oder Beweismittel nicht verfälscht, es habe die Verzeichnisse dieser Waren und Dienstleistungen fehlerfrei wiedergegeben, und es habe eine vergleichende Prüfung unternommen, die auf Kriterien wie der Art des Herstellers oder der Art und Weise des Vertriebs dieser Waren beruht habe.

–       Würdigung durch den Gerichtshof

62      Es ist erstens daran zu erinnern, dass laut dem siebten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 40/94 die Verwechslungsgefahr, deren Beurteilung von einer Vielzahl von Umständen, so insbesondere dem Bekanntheitsgrad der Marke auf dem Markt, der gedanklichen Verbindung, die das benutzte oder eingetragene Zeichen zu ihr hervorrufen kann, sowie dem Grad der Ähnlichkeit zwischen der Marke und dem Zeichen und zwischen den damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen, abhängt, die spezifische Voraussetzung für den Schutz ist, der nach Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 durch die Gemeinschaftsmarke gewährt wird.

63      Wie oben in Randnr. 46 des vorliegenden Urteils in Erinnerung gebracht, impliziert die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr eine gewisse Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der von ihnen erfassten Waren und Dienstleistungen, wobei ein geringer Grad der Ähnlichkeit Letzterer durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden kann und umgekehrt.

64      Der Gerichtshof hat daher zu Art. 4 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 89/104, der mit Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 im Wesentlichen identisch ist, entschieden, dass die Kennzeichnungskraft der älteren Marke, insbesondere ihre Bekanntheit, bei der Beurteilung zu berücksichtigen ist, ob die Ähnlichkeit zwischen den durch die beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen ausreicht, um eine Verwechslungsgefahr herbeizuführen (vgl. Urteil Canon, Randnr. 24).

65      Um das Vorliegen der Identität oder Ähnlichkeit der fraglichen Waren oder Dienstleistungen zu beurteilen, sind jedoch, wie das Gericht zutreffend in Randnr. 59 des angefochtenen Urteils hervorgehoben hat, alle relevanten Faktoren zu beachten, die das Verhältnis zwischen den Waren oder Dienstleistungen kennzeichnen. Zu diesen Faktoren gehören insbesondere deren Art, Verwendungszweck und Nutzung sowie ihre Eigenschaft als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Waren oder Dienstleistungen (vgl. Urteile Canon, Randnr. 23, und vom 11. Mai 2006, Sunrider/HABM, C‑416/04 P, Slg. 2006, I‑4237, Randnr. 85).

66      In Übereinstimmung mit dieser Rechtsprechung hat das Gericht in den Randnrn. 61 bis 70 des angefochtenen Urteils die mit den streitigen Marken gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen verglichen und dabei eingehend untersucht, wodurch das Verhältnis zwischen diesen Waren und Dienstleistungen gekennzeichnet ist.

67      Folglich stellt es keinen Rechtsfehler dar, dass das Gericht diese Waren und Dienstleistungen miteinander verglichen hat, ohne diesem Vergleich die Annahme zugrunde zu legen, dass die einander gegenüberstehenden Marken identisch seien und dass die ältere Marke eine Kennzeichnungskraft besitze.

68      Soweit die Rechtsmittelführerin die Stimmigkeit und die Grundlage der Feststellungen des Gerichts im Rahmen des Vergleichs der mit den streitigen Marken gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen in Frage stellt, ist daran zu erinnern, dass das Rechtsmittel, wie sich aus den Art. 225 Abs. 1 EG und 58 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs ergibt, auf Rechtsfragen beschränkt ist. Für die Feststellung und Beurteilung der relevanten Tatsachen sowie die Beweiswürdigung ist allein das Gericht zuständig. Die Würdigung der Tatsachen und der Beweismittel ist somit, außer im Fall ihrer Verfälschung, keine Rechtsfrage, die als solche der Kontrolle des Gerichtshofs im Rahmen eines Rechtsmittels unterläge (vgl. u. a. Urteile vom 19. September 2002, DKV/HABM, C‑104/00 P, Slg. 2002, I‑7561, Randnr. 22, vom 12. Januar 2006, Deutsche SiSi-Werke/HABM, C‑173/04 P, Slg. 2006, I‑551, Randnr. 35, und vom 22. Juni 2006, Storck/HABM, C‑25/05 P, Slg. 2006, I‑5719, Randnr. 40).

69      Eine solche Verfälschung muss sich aus den Akten offensichtlich ergeben, ohne dass eine neue Tatsachen- und Beweiswürdigung vorgenommen werden muss (vgl. Urteile vom 28. Mai 1998, New Holland Ford/Kommission, C‑8/95 P, Slg. 1998, I‑3175, Randnr. 72, vom 6. April 2006, General Motors/Kommission, C‑551/03 P, Slg. 2006, I‑3173, Randnr. 54, und vom 21. September 2006, JCB Service/Kommission, C‑167/04 P, Slg. 2006, I‑8935, Randnr. 108).

70      Bei der Erörterung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses der älteren eingetragenen Marke für Klasse 9, das in Randnr. 5 des angefochtenen Urteils und Randnr. 9 des vorliegenden Urteils wiedergegeben ist, hat das Gericht in Randnr. 62 des angefochtenen Urteils ausgeführt, dass „die für die Marke beanspruchten Bereiche Fotografie, Kino, Optikwaren, Unterricht und Videospiele sind“.

71      Zum Waren- und Dienstleistungsverzeichnis der Anmeldung für die Klassen 9 und 16, das in Randnr. 3 des angefochtenen Urteils und Randnr. 8 des vorliegenden Urteils wiedergegeben ist, hat das Gericht in derselben Randnr. 62 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass die Anmeldung fast ausschließlich den Bereich der Telekommunikation in allen ihren Formen betreffe.

72      Es ergibt sich jedoch nicht in offensichtlicher Weise, dass die Auffassung, die sich das Gericht von den Waren- und Dienstleistungverzeichnissen der streitigen Marken gebildet hat, sachliche Fehler aufwiese oder dass das Gericht die von der Rechtsmittelführerin angegriffene Beurteilung nicht in gültiger Weise auf diese Verzeichnisse hätte stützen können.

73      Das Vorbringen der Rechtsmittelführerin zu einer Verfälschung des Inhalts dieser Verzeichnisse durch das Gericht ist daher als unbegründet zurückzuweisen.

74      Zu dem gerügten Widerspruch zwischen der in Randnr. 62 des angefochtenen Urteils in der Verfahrenssprache getroffenen Feststellung „That list of goods and services is close to that which is claimed in the Community trade mark“ und der Feststellung, dass die Waren der älteren Marke und die der Anmeldemarke einander nicht ähnlich seien, ist darauf hinzuweisen, dass die Frage, ob die Begründung eines Urteils des Gerichts widersprüchlich oder unzureichend ist, eine Rechtsfrage ist, die als solche im Rahmen eines Rechtsmittels aufgeworfen werden kann (vgl. Urteile vom 7. Mai 1998, Somaco/Kommission, C‑401/96 P, Slg. 1998, I‑2587, Randnr. 53, vom 13. Dezember 2001, Cubero Vermurie/Kommission, C‑446/00 P, Slg. 2001, I‑10315, Randnr. 20, und vom 8. Februar 2007, Groupe Danone/Kommission, C‑3/06 P, Slg. 2007, I‑1331, Randnr. 45).

75      Insoweit ist zu beachten, dass es in Randnr. 62 des angefochtenen Urteils darum ging, die Tragweite des jeweiligen Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses der älteren eingetragenen Marke und der Anmeldemarke zu untersuchen.

76      Aus diesem Zweck sowie dem Inhalt der Randnr. 62 des angefochtenen Urteils ergibt sich, dass die in der Verfahrenssprache getroffene Feststellung „That list of goods and services is close to that which is claimed in the Community trade mark“ so hätte formuliert werden müssen, dass sie folgende Bedeutung hat:

„Dieses Waren- und Dienstleistungsverzeichnis ist mit dem der Anmeldung zu vergleichen.“

77      Dieses Redaktionsversehen beeinträchtigt aber nicht die Stimmigkeit der Gründe des angefochtenen Urteils, da die Feststellungen, die das Gericht in Randnr. 62 dieses Urteils zur Tragweite der Waren- und Dienstleistungsverzeichnisse der streitigen Marken getroffen hat, nicht seinen Feststellungen in den Randnrn. 63 und 64 des Urteils widersprechen.

78      Folglich kann das von der Rechtsmittelführerin benannte Redaktionsversehen nicht als ein Begründungsfehler angesehen werden, der es rechtfertigen würde, das angefochtene Urteil in diesem Punkt aufzuheben (vgl. Urteil vom 2. Juni 1994, de Compte/Parlament, C‑326/91 P, Slg. 1994, I‑2091, Randnr. 96).

79      Zum übrigen Vorbringen der Rechtsmittelführerin im Rahmen des ersten Teils des zweiten Rechtsmittelgrundes schließlich ist festzustellen, dass sie sich zwar formell auf Beurteilungs- oder Begründungsfehler beruft, im Wesentlichen jedoch die vom Gericht vorgenommene Beurteilung der Tatsachen in Frage zu stellen sucht.

80      Wie oben in Randnr. 68 des vorliegenden Urteils in Erinnerung gerufen, ist die Würdigung der Tatsachen und der Beweismittel, außer im Fall ihrer Verfälschung, jedoch keine Rechtsfrage, die als solche der Kontrolle des Gerichtshofs im Rahmen eines Rechtsmittels unterläge.

81      Daher ist der erste Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes als teils unbegründet, teils unzulässig zurückzuweisen.

 Zum zweiten Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes

–       Vorbringen der Parteien

82      Mit dem zweiten Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes, den die Rechtsmittelführerin hilfsweise zum ersten Rechtsmittelgrund geltend macht, rügt sie, dass das Gericht mit seiner Feststellung, die streitigen Marken seien unähnlich, gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 40/94 verstoßen habe.

83      Die Rechtsmittelführerin meint, das Gericht habe seiner Beurteilung der Markenähnlichkeit nicht die richtigen rechtlichen Maßstäbe zugrunde gelegt, sondern sei mechanisch vorgegangen, ohne den Zweck des Vergleichs zu berücksichtigen.

84      Hinsichtlich der visuellen Ähnlichkeit habe das Gericht willkürlich die Unterschiede zwischen den Marken hervorgehoben, obgleich nach den allgemeinen Grundsätzen des Markenrechts die den Marken gemeinsamen Elemente gewöhnlich bedeutsamer seien als die sie unterscheidenden Elemente.

85      Außerdem habe das Gericht in Randnr. 75 des angefochtenen Urteils seine eigene Rechtsprechung außer Betracht gelassen, die aus dem Urteil vom 14. Oktober 2003, Phillips-Van Heusen/HABM – Pash Textilvertrieb und Einzelhandel (BASS) (T‑292/01, Slg. 2003, II‑4335, Randnr. 50), hervorgehe und der zufolge sich die Aufmerksamkeit des Publikums mindestens ebenso stark auf die Anfangsbuchstaben einer Wortmarke richte wie auf deren mittleren Buchstaben.

86      Die Beurteilung der klanglichen Ähnlichkeit sowie der begrifflichen Ähnlichkeit durch das Gericht in den Randnrn. 77 bis 79 des angefochtenen Urteils sei verfehlt, da sie durch die dem Gericht unterbreiteten Tatsachen nicht gestützt werde.

87      Zudem verletzten die Ausführungen des Gerichts in Randnr. 79 des angefochtenen Urteils den Grundsatz, dass die Verwechslungsgefahr umso größer sei, je größer die notorische Bekanntheit oder die Kennzeichnungskraft einer älteren Marke sei.

88      Die Rechtsmittelführerin wirft dem Gericht weiter vor, dass es in den Randnrn. 80 bis 82 des angefochtenen Urteils die sogenannte „Neutralisierungstheorie“ herangezogen habe, denn diese sei nur im Stadium der endgültigen Beurteilung der Verwechslungsgefahr anwendbar, nicht aber dann, wenn die einander gegenüberstehenden Marken visuell oder klanglich oder aber visuell und klanglich ähnlich seien.

89      Schließlich zeige es ein Missverständnis ihres Vorbringens, dass das Gericht in Randnr. 85 des angefochtenen Urteils ausgeführt habe, sie beanspruche ein ausschließliches Benutzungsrecht an der Endung „-ix“, während sie in Wirklichkeit vorgetragen habe, dass sie Inhaberin einer Familie von Marken sei, die ähnlich gebildet seien wie die Marke MOBILIX. Das Bestehen einer Markenfamilie werde aber im Allgemeinen – selbst bei Fehlen von klanglichen und visuellen Ähnlichkeiten – als ein gesonderter Grund für Verwechslungsgefahr angesehen.

90      Das HABM trägt vor, dass unter den verschiedenen Argumenten der Rechtsmittelführerin die einzige Rechtsfrage dahin gehe, ob das Gericht in Randnr. 81 des angefochtenen Urteils rechtmäßig zu der Feststellung habe gelangen können, dass die begrifflichen Unterschiede zwischen den Zeichen geeignet seien, die bestehenden klanglichen und visuellen Ähnlichkeiten zu neutralisieren. Das Gericht habe jedoch ordnungsgemäß die Gesamtheit der Gesichtspunkte geprüft, die nach gefestigter Rechtsprechung für die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr zu berücksichtigen seien.

–       Würdigung durch den Gerichtshof

91      Was erstens das Vorbringen anbelangt, dass das Gericht im Rahmen des visuellen Zeichenvergleichs die Unterschiede zwischen den Zeichen hervorgehoben habe, statt ihre Ähnlichkeiten zu ermitteln, genügt die Feststellung, dass die Rechtsmittelführerin in Wirklichkeit die vom Gericht vorgenommene Beurteilung des Sachverhalts in Frage zu stellen sucht, was nach der oben in Randnr. 68 des vorliegenden Urteils in Erinnerung gerufenen Rechtsprechung, außer im Fall der Verfälschung von Tatsachen oder Beweismitteln, keine Rechtsfrage ist, die der Kontrolle des Gerichtshofs im Rahmen eines Rechtsmittels unterläge.

92      Soweit die Rechtsmittelführerin zweitens vorträgt, dass das Gericht mit seiner Erwägung, dass sich die Aufmerksamkeit des Verbrauchers normalerweise auf den Wortanfang richte, seine eigene Rechtsprechung außer Betracht gelassen habe, genügt der Hinweis, dass zum einen diese Erwägung der von der Rechtsmittelführerin angeführten nicht widerspricht und dass zum anderen das Gericht, ohne diese Regel zu einem absoluten Grundsatz zu erheben, lediglich befunden hat, dass es sich im vorliegenden Fall so verhalte. Diese Beurteilung tatsächlicher Art kann jedoch gleichfalls nicht der Kontrolle durch den Gerichtshof im Rahmen eines Rechtsmittels unterworfen werden.

93      Im gleichen Sinne ist drittens zu bemerken, dass die Rechtsmittelführerin mit ihrem Vorbringen, die Beurteilung der klanglichen Ähnlichkeit und der begrifflichen Ähnlichkeit durch das Gericht in den Randnrn. 77 bis 79 seines Urteils sei deshalb verfehlt, weil sie nicht durch die ihm unterbreiteten Tatsachen gestützt würden, erreichen möchte, dass der Gerichtshof seine eigene Beurteilung der Tatsachen an die Stelle der des Gerichts setzt.

94      Da jedoch keine Verfälschung der Tatsachen und Beweismittel durch das Gericht geltend gemacht wurde, ist der Gerichtshof für ihre Beurteilung nicht zuständig.

95      Viertens ist darauf hinzuweisen, dass dem Vorbringen der Rechtsmittelführerin, wonach die Ausführungen des Gerichts in Randnr. 79 des angefochtenen Urteils den markenrechtlichen Grundsatz verletzten, dem zufolge die Verwechslungsgefahr umso größer sei, je größer die notorische Bekanntheit oder die Kennzeichnungskraft der älteren Marke sei, ein falsches Verständnis des angefochtenen Urteils zugrunde liegt.

96      In Randnr. 79 des angefochtenen Urteils hat das Gericht nämlich im Wege einer Beurteilung der Tatsachen, die vom Gerichtshof nicht zu überprüfen ist, lediglich festgestellt, dass das Zeichen auf eine berühmte Cartoonfigur hinweise und sich deshalb begrifflich vom Zeichen MOBILIX unterscheide, und sich daher zur notorischen Bekanntheit der Marke OBELIX nicht geäußert.

97      Soweit sich die Rechtsmittelführerin fünftens gegen die Anwendung der sogenannten „Neutralisierungstheorie“ durch das Gericht wendet, ist festzustellen, dass das Gericht sämtliche Gesichtspunkte geprüft hat, die nach gefestigter Rechtsprechung für eine umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr zu berücksichtigen sind.

98      Nach der Rechtsprechung impliziert die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr jedoch, dass die begrifflichen Unterschiede zwischen zwei Zeichen die zwischen ihnen bestehenden klanglichen und visuellen Ähnlichkeiten neutralisieren können, wenn zumindest eines der Zeichen aus der Sicht der maßgeblichen Verkehrskreise eine eindeutige und bestimmte Bedeutung hat, so dass diese Verkehrskreise sie ohne Weiteres erfassen können (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 12. Januar 2006, Ruiz-Picasso u. a./HABM, C‑361/04 P, Slg. 2006, I‑643, Randnr. 20, und vom 23. März 2006, Mülhens/HABM, C‑206/04 P, Slg. 2006, I-2717, Randnr. 35).

99      Es ist daher nicht zu beanstanden, dass das Gericht in Randnr. 81 des angefochtenen Urteils diese Neutralisierungstheorie anwandte.

100    Was sechstens das Argument der Rechtsmittelführerin angeht, sie sei Inhaberin einer Markenfamilie mit der charakteristischen Endsilbe „‑ix“, ist zu konstatieren, dass die Rechtsmittelführerin zwar mehrere ältere Marken anführte, die ihrer Auffassung nach zu der genannten Markenfamilie gehören, aber ihren Widerspruch allein auf die ältere Marke OBELIX stützte.

101    Für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist nämlich in dem Fall, in dem der Widerspruch auf das Bestehen mehrerer Marken gestützt ist, die gemeinsame Merkmale aufweisen, infolge deren sie als Teil ein und derselben „Markenfamilie“ oder als „Serienmarken“ angesehen werden können, zu berücksichtigen, dass sich die Verwechslungsgefahr bei Vorliegen einer solchen Familie oder Serie daraus ergibt, dass sich der Verbraucher hinsichtlich der Herkunft oder des Ursprungs der von der Anmeldemarke erfassten Waren oder Dienstleistungen irren kann und zu Unrecht annimmt, dass die Anmeldemarke zu der Familie oder Serie von Marken gehört (vgl. in diesem Sinne Urteil Ponte Finanziaria/HABM und F.M.G Textile [vormals Marine Enterprise Project], Randnrn. 62 und 63).

102    Folglich ist der zweite Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes als teils unzulässig, teils unbegründet zurückzuweisen.

 Zum dritten Rechtsmittelgrund: Verstoß gegen Art. 74 der Verordnung Nr. 40/94

 Vorbringen der Parteien

103    Die Rechtsmittelführerin lastet dem Gericht erstens an, es habe Art. 74 der Verordnung Nr. 40/94 verletzt, indem es in Randnr. 36 des angefochtenen Urteils ihr Vorbringen zurückgewiesen habe, dass die Beschwerdekammer die Marke OBELIX als eine notorisch bekannte Marke mit hochgradiger Kennzeichnungskraft hätte anerkennen müssen, da diese Tatsache von der anderen Beteiligten im Verfahren vor der Beschwerdekammer nie bestritten worden sei.

104    Die Rechtsmittelführerin meint, es sei zu unterscheiden zwischen dem denkbaren Fall einer Nichtteilnahme von Orange am Widerspruchsverfahren vor der Beschwerdekammer, in dem das HABM seine Entscheidung allein auf der Grundlage der von der Rechtsmittelführerin als Widersprechender beigebrachten Nachweise hätte treffen dürfen, und dem Fall der Beteiligung von Orange an diesem Verfahren. Habe im letztgenannten Fall Orange das Vorbringen der Rechtsmittelführerin nicht bestritten, wäre es abwegig gewesen, von Letzterer die Beibringung sämtlicher Nachweise für ihr Vorbringen zu verlangen, da keine Regel oder kein Grundsatz des Gemeinschaftsrechts einen Beteiligten zum Beweis eines Vorbringens verpflichte, das von dem anderen Beteiligten nicht bestritten werde.

105    Zweitens hat das Gericht nach Auffassung der Rechtsmittelführerin dadurch gegen Art. 74 der Verordnung Nr. 40/94 verstoßen, dass es die Marke OBELIX ebenso wenig wie die Beschwerdekammer als eine notorisch bekannte Marke mit hochgradiger Kennzeichnungskraft anerkannt habe.

106    Das HABM trägt unter Bezugnahme auf das Urteil Vedial/HABM vor, dass auch dann, wenn die Frage der Bekanntheit der Marke OBELIX zwischen den Parteien nicht streitig sei, das Gericht hierdurch nicht gebunden sei und prüfen müsse, ob die Beschwerdekammer dadurch, dass sie in der streitigen Entscheidung eine Ähnlichkeit der in Frage stehenden Marken verneint habe, nicht gegen die Verordnung Nr. 40/94 verstoßen habe. Im Rahmen eines Verfahrens mit mehreren Beteiligten vor dem HABM gebe es keinen Grundsatz, wonach vom anderen Beteiligten nicht bestrittene Tatsachen als erwiesen anzusehen seien.

 Würdigung durch den Gerichtshof

107    Es ist von vornherein festzustellen, dass die von der Rechtsmittelführerin erhobene Rüge, das Gericht habe dadurch gegen Art. 74 der Verordnung Nr. 40/94 verstoßen, dass es die Marke OBELIX nicht als eine notorisch bekannte Marke mit hochgradiger Kennzeichnungskraft anerkannt habe, auf einem verfehlten Verständnis der Randnrn. 32 bis 36 des angefochtenen Urteils beruht und daher unbegründet ist.

108    In den Randnrn. 32 bis 36 des angefochtenen Urteils hat das Gericht nämlich nicht selbst geprüft, ob die Marke OBELIX eine notorisch bekannte Marke mit hochgradiger Kennzeichnungskraft ist, sondern nur die Begründetheit des von der Rechtsmittelführerin vorgebrachten Klagegrundes eines Verstoßes gegen Art. 74 Abs. 1 der Verordnung Nr. 40/94 untersucht, dem zufolge die Beschwerdekammer die von der Rechtsmittelführerin vertretene Bewertung der Marke OBELIX, weil diese von Orange nicht bestritten worden sei, als erwiesen hätte behandeln müssen.

109    Da die Rechtsmittelführerin insoweit geltend macht, das Gericht habe, weil es keinen Verstoß der Beschwerdekammer gegen Art. 74 Abs. 1 der Verordnung Nr. 40/94 festgestellt habe, hierdurch selbst gegen diese Bestimmung verstoßen, ist diese Rüge als unzulässig zurückzuweisen.

110    Zwar können im ersten Rechtszug geprüfte Rechtsfragen im Rechtsmittelverfahren erneut aufgeworfen werden, wenn ein Rechtsmittelführer die Auslegung oder Anwendung des Gemeinschaftsrechts durch das Gericht beanstandet. Könnte nämlich ein Rechtsmittelführer sein Rechtsmittel nicht in dieser Weise auf bereits vor dem Gericht geltend gemachte Klagegründe und Argumente stützen, so würde dies dem Rechtsmittelverfahren einen Teil seiner Bedeutung nehmen (vgl. u. a. Urteile vom 6. März 2003, Interporc/Kommission, C‑41/00 P, Slg. 2003, I‑2125, Randnr. 17, und Storck/HABM, Randnr. 48).

111    Jedoch muss ein Rechtsmittel, wie aus den Art. 225 EG, 58 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs und 112 § 1 Abs. 1 Buchst. c der Verfahrensordnung des Gerichtshofs hervorgeht, die beanstandeten Teile des Urteils, dessen Aufhebung beantragt wird, sowie die rechtlichen Argumente, die diesen Antrag speziell stützen, genau bezeichnen. Diesem Erfordernis entspricht ein Rechtsmittel nicht, das sich darauf beschränkt, die bereits vor dem Gericht dargelegten Klagegründe und Argumente zu wiederholen oder wörtlich wiederzugeben, aber überhaupt keine Ausführungen speziell zur Bezeichnung des Rechtsfehlers enthält, mit dem das angefochtene Urteil behaftet sein soll (vgl. u. a. Urteile vom 4. Juli 2000, Bergaderm und Goupil/Kommission, C‑352/98 P, Slg. 2000, I‑5291, Randnrn. 34 und 35, und Storck/HABM, Randnr. 47).

112    Da die Rechtsmittelführerin jedoch bereits vor dem Gericht geltend machte, dass Orange ihr Vorbringen im Widerspruchsverfahren nicht bestritten habe und das HABM deshalb von dem Grundsatz hätte ausgehen müssen, dass die Marke OBELIX eine bekannte Marke sei, wiederholt sie im Rahmen des vorliegenden Rechtsmittelgrundes nur ihre Argumentation vor dem Gericht, ohne anzugeben, aus welchen Gründen es rechtsfehlerhaft sein soll, dass das Gericht diese Argumentation in den Randnrn. 32 bis 36 des angefochtenen Urteils zurückgewiesen hat.

113    Der dritte Rechtsmittelgrund – Verstoß gegen Art. 74 Abs. 1 der Verordnung Nr. 40/94 – ist deshalb als teils unbegründet, teils unzulässig zurückzuweisen.

 Zum vierten Rechtsmittelgrund: Verstoß gegen Art. 63 der Verordnung Nr. 40/94 und Art. 135 § 4 der Verfahrensordnung des Gerichts durch Zurückweisung des Antrags, die streitige Entscheidung wegen der unterlassenen Anwendung von Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 40/94 aufzuheben

 Vorbringen der Parteien

114    Nach Ansicht der Rechtsmittelführerin hat das Gericht dadurch, dass es ihren auf Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 40/94 gestützten Antrag als unzulässig zurückgewiesen hat, den Gegenstand des Beschwerdeverfahrens unzutreffend ausgelegt und damit gegen Art. 63 der Verordnung Nr. 40/94 und Art. 135 § 4 seiner Verfahrensordnung verstoßen.

115    Das Gericht habe nämlich seine eigene, der Randnr. 37 seines Urteils vom 9. November 2005, Focus Magazin Verlag/HABM – ECI Telecom (Hi-FOCuS) (T‑275/03, Slg. 2005, II‑4725, Randnr. 37), zu entnehmende Rechtsprechung außer Betracht gelassen, nach der aus der funktionalen Kontinuität zwischen den Dienststellen des HABM folge, dass die Beschwerdekammer im Anwendungsbereich von Art. 74 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung Nr. 40/94 ihre Entscheidung auf das gesamte tatsächliche und rechtliche Vorbringen des betroffenen Beteiligten sowohl im Verfahren vor der Stelle, die in erster Instanz entschieden habe, als auch, wobei sich eine Einschränkung nur aus Art. 74 Abs. 2 der Verordnung Nr. 40/94 ergebe, im Beschwerdeverfahren zu stützen habe.

116    Obschon ihr Vorbringen vor der Beschwerdekammer auf Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 gestützt gewesen sei, hätte eine verständige Lektüre der im Widerspruchsverfahren und im Beschwerdeverfahren eingereichten Unterlagen ersichtlich werden lassen, dass sie sich durchgehend darauf berufen habe, dass eine notorisch bekannte Marke im Sinne des Art. 8 Abs. 1 und 2 Buchst. c der Verordnung Nr. 40/94 auch eine „bekannte“ Marke im Sinne von Art. 8 Abs. 5 der Verordnung und damit auch nach der letztgenannten Bestimmung zu schützen sei.

117    Überdies sei die von der Beschwerdekammer getroffene Feststellung, dass die Rechtsmittelführerin ihre Beschwerde ausdrücklich auf Fragen im Zusammenhang mit Art. 8 Abs. 1 der Verordnung Nr. 40/94 beschränkt habe, unzutreffend, was sie vor dem Gericht auch gerügt habe. Sie habe vor dem Gericht ferner das Verhältnis zwischen den Abs. 2 und 5 des Art. 8 der Verordnung Nr. 40/94 thematisiert, um darzutun, dass die durch diese Bestimmungen jeweils geschützten Marken heute die gleiche Konnotation hätten. Das Gericht habe dieses Vorbringen jedoch in dem angefochtenen Urteil zu Unrecht nicht in der Sache geprüft, indem es den Antrag für unzulässig erklärt habe.

118    Das HABM meint, dass die Rechtsmittelführerin, während sie hätte rügen müssen, dass ihre Beschwerde in der Entscheidung der Beschwerdekammer als nur auf Art. 8 Abs. 1 der Verordnung Nr. 40/94 gestützt behandelt worden und dadurch in dieser Entscheidung gegen Art. 74 der Verordnung verstoßen worden sei, in ihrer Klageschrift vor dem Gericht einen Verstoß der Beschwerdekammer gegen Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 40/94 gerügt habe. Da die Beschwerdekammer Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 40/94 nicht geprüft habe, habe das Gericht im Licht des Art. 135 § 4 seiner Verfahrensordnung zu Recht entschieden, dass ein beim Gericht gestellter Antrag der Rechtsmittelführerin, mit dem die Anwendung dieser Bestimmung begehrt werde, unzulässig sei.

 Würdigung durch den Gerichtshof

119    Was erstens die vom Gericht vorgenommene Prüfung zur Ermittlung des Streitgegenstands vor der Beschwerdekammer anbelangt, hat es zwar in Randnr. 20 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass die etwaige Anwendbarkeit von Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 40/94 von der Rechtsmittelführerin vor der Beschwerdekammer zu keinem Zeitpunkt geltend gemacht und daher von der Beschwerdekammer auch nicht geprüft worden sei, jedoch in derselben Randnummer auch ausgeführt, dass sich die Rechtsmittelführerin in ihrem Widerspruch und vor der Beschwerdekammer auf die Bekanntheit ihrer älteren Marke ausschließlich im Zusammenhang mit der Anwendung des Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 berufen habe, um das Bestehen von Verwechslungsgefahr bei den maßgeblichen Verkehrskreisen darzutun.

120    Daher kann es dem Gericht nicht zum Vorwurf gemacht werden, dass es sich für die Abgrenzung des Streitgegenstands vor der Beschwerdekammer ausschließlich auf den Vortrag der Rechtsmittelführerin vor der Beschwerdekammer stützte. Das Gericht hat sich vielmehr Gewissheit darüber verschafft, dass sich aus dem Vorbringen der Rechtsmittelführerin vor der Widerspruchsabteilung nicht ergab, dass diese ihren Widerspruch auch auf Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 40/94 gestützt hätte.

121    Da das Gericht damit festgestellt hatte, dass das relative Eintragungshindernis des Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 40/94 nicht Teil des Streitgegenstands vor der Beschwerdekammer war, hat es diesen Klagegrund folglich zu Recht als unzulässig zurückgewiesen.

122    Die Rechtsmittelführerin war nämlich nicht befugt, vor dem Gericht die Vorgaben des Rechtsstreits zu ändern, wie sie sich aus den von ihr selbst und von Orange vorgetragenen Anträgen und Darlegungen ergaben (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 26. April 2007, Alcon/HABM, C‑412/05 P, Slg. 2007, I‑3569, Randnr. 43).

123    Zum einen besteht die vom Gericht nach Art. 63 der Verordnung Nr. 40/94 ausgeübte Kontrolle in einer Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Entscheidungen der Beschwerdekammern des HABM. Das Gericht kann die mit der Klage angefochtene Entscheidung nur aufheben oder abändern, wenn zum Zeitpunkt ihres Erlasses einer der in Art. 63 Abs. 2 der Verordnung Nr. 40/94 aufgeführten Gründe für ihre Aufhebung oder Abänderung vorlag (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. März 2007, HABM/Kaul, C‑29/05 P, Slg. 2007, I‑2213, Randnr. 53).

124    Zum anderen ergibt sich aus Art. 135 § 4 der Verfahrensordnung des Gerichts, dass die Parteien nicht den vor der Beschwerdekammer verhandelten Streitgegenstand ändern können.

125    Soweit die Rechtsmittelführerin zweitens rügt, die Beschwerdekammer habe fehlerhaft entschieden, dass Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 40/94 nicht Teil des Streitgegenstands sei, ist darauf hinzuweisen, dass die Rechtsmittelführerin einen Rechtsmittelgrund geltend macht, der nicht Teil der gegen die streitige Entscheidung beim Gericht eingereichten Klage war und deshalb ein neuer Rechtsmittelgrund ist, der den Streitgegenstand erweitert und infolgedessen nicht erstmals im Stadium des Rechtsmittels geltend gemacht werden kann.

126    Könnte nämlich eine Partei vor dem Gerichtshof erstmals ein Angriffs- oder Verteidigungsmittel vorbringen, das sie vor dem Gericht nicht vorgebracht hat, so könnte sie den Gerichtshof, dessen Befugnisse im Rechtsmittelverfahren beschränkt sind, letztlich mit einem weiter reichenden Rechtsstreit befassen, als ihn das Gericht zu entscheiden hatte. Im Rahmen eines Rechtsmittels sind die Befugnisse des Gerichtshofs daher auf die Beurteilung der rechtlichen Entscheidung über das im ersten Rechtszug erörterte Vorbringen beschränkt (vgl. u. a. Urteile vom 1. Juni 1994, Kommission/Brazzelli Lualdi u. a., C‑136/92 P, Slg. 1994, I‑1981, Randnr. 59, vom 30. März 2000, VBA/VGB u. a., C‑266/97 P, Slg. 2000, I‑2135, Randnr. 79, vom 29. April 2004, Henkel/HABM, C‑456/01 P und C‑457/01 P, Slg. 2004, I‑5089, Randnr. 50, und JCB Service/Kommission, Randnr. 114).

127    Folglich ist der vierte Rechtsmittelgrund als teils unbegründet, teils unzulässig zurückzuweisen.

 Zum fünften Rechtsmittelgrund: Verstoß gegen Art. 63 der Verordnung Nr. 40/94 und die Verfahrensordnung des Gerichts durch die Zurückweisung des Antrags, die Sache an die Beschwerdekammer zurückzuverweisen, als unzulässig

 Vorbringen der Parteien

128    Die Rechtsmittelführerin trägt vor, dass ihr in der mündlichen Verhandlung vor dem Gericht gestellter Antrag kein neuer Antrag, sondern ein Hilfsantrag zu ihrem auf Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 40/94 gestützten Antrag gewesen sei. Der Hauptantrag umfasse aber notwendig alle damit zusammenhängenden Anträge, und der Streitgegenstand werde nicht jedes Mal geändert, wenn dem ursprünglichen Antrag ein weiterer angefügt werde.

129    Folglich habe das Gericht damit, dass es diesen Antrag als einen neuen, den Streitgegenstand ändernden Antrag für unzulässig erklärt habe, gegen Art. 63 der Verordnung Nr. 40/94 und die Art. 44, 48 und 135 § 4 seiner Verfahrensordnung verstoßen.

130    Das HABM hält dem entgegen, dass der fragliche Antrag auf einen neuen Klagegrund gestützt worden sei, wonach die Beschwerdekammer dadurch gegen Art. 74 Abs. 1 der Verordnung Nr. 40/94 verstoßen haben solle, dass sie nicht über die Anwendbarkeit von Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 40/94 entschieden habe. Der Hilfsantrag sei von der Rechtsmittelführerin auch erst gestellt worden, nachdem sie erkannt habe, dass ihr Klagegrund eines Verstoßes gegen Art. 8 Abs. 5 der Verordnung unzulässig gewesen sei. Da der Hilfsantrag erst in der mündlichen Verhandlung gestellt worden sei, habe ihn das Gericht zu Recht nach den Art. 44 und 48 seiner Verfahrensordnung für unzulässig erklärt.

 Würdigung durch den Gerichtshof

131    Wie sich aus den Randnrn. 119 bis 124 des vorliegenden Urteils ergibt, hat das Gericht den Klagegrund eines Verstoßes gegen Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 40/94 zu Recht als unzulässig zurückgewiesen.

132    Der vorliegende Rechtsmittelgrund, mit dem die Rechtsmittelführerin dem Gericht vorwirft, es habe einen Antrag als neuen Antrag angesehen, den sie hilfsweise zu dem Klagegrund eines Verstoßes gegen Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 40/94 für den Fall gestellt habe, dass das Gericht Letzteren als unbegründet ansehen sollte, geht daher ins Leere.

 Zum sechsten Rechtsmittelgrund: Verstoß gegen Art. 63 der Verordnung Nr. 40/94 und Art. 135 § 4 der Verfahrensordnung des Gerichts durch Nichtzulassung bestimmter Unterlagen

 Vorbringen der Parteien

133    Nach Auffassung der Rechtsmittelführerin hat das Gericht dadurch gegen Art. 63 der Verordnung Nr. 40/94 und Art. 135 § 4 seiner Verfahrensordnung verstoßen, dass es bestimmte, von ihr erstmals vor dem Gericht vorgelegte Unterlagen für unzulässig erklärte.

134    Im vorliegenden Fall habe sie beim Gericht nur deshalb neue Beweismittel vorgelegt, weil die Beschwerdekammer die ihr von der Rechtsmittelführerin unterbreiteten Beweismittel für unzureichend erachtet habe, um ihr Vorbringen zu belegen.

135    Nach Meinung des HABM ist der sechste Rechtsmittelgrund zurückzuweisen, da die Rolle des Gerichts in der Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Entscheidungen der Beschwerdekammern bestehe und nicht in der Prüfung, ob es zu dem Zeitpunkt, zu dem es über eine Klage gegen eine solche Entscheidung befinde, rechtmäßig eine neue Entscheidung mit dem gleichen Tenor wie die angefochtene Entscheidung erlassen könne. Demgemäß könne der Beschwerdekammer kein rechtswidriges Handeln auf der Grundlage von Tatsachen angelastet werden, die ihr nicht vorgetragen worden seien.

 Würdigung durch den Gerichtshof

136    Wie das Gericht in Randnr. 16 des angefochtenen Urteils zutreffend ausgeführt hat, ist eine bei ihm erhobene Klage auf die Kontrolle der Rechtmäßigkeit der von den Beschwerdekammern des HABM erlassenen Entscheidungen im Sinne von Art. 63 der Verordnung Nr. 40/94 gerichtet.

137    Aus dieser Bestimmung folgt, dass Tatsachen, die die Beteiligten nicht vor den Stellen des HABM vorgetragen haben, auch im Stadium der Klage beim Gericht nicht mehr vorgetragen werden können.

138    Aus dieser Bestimmung folgt weiter, dass das Gericht den Sachverhalt nicht im Licht erstmals bei ihm vorgelegter Nachweise neu prüfen kann. Denn die Rechtmäßigkeit einer Entscheidung einer Beschwerdekammer des HABM ist anhand der Informationen zu beurteilen, die der Beschwerdekammer im Zeitpunkt des Erlasses dieser Entscheidung verfügbar sein konnten.

139    Insoweit hat der Gerichtshof bereits darauf hingewiesen, dass sich aus den Art. 61 Abs. 2 und 76 der Verordnung Nr. 40/94 ergibt, dass die Beschwerdekammer für die Begründetheitsprüfung der bei ihr anhängig gemachten Beschwerde die Beteiligten so oft wie erforderlich auffordert, eine Stellungnahme zu ihren Bescheiden einzureichen, und dass sie auch eine Beweisaufnahme anordnen kann, zu der die Erhebung von Tatsachen und die Vorlage von Beweismitteln gehören können. Art. 62 Abs. 2 der Verordnung Nr. 40/94 sieht weiter vor, dass in einem Fall, in dem die Beschwerdekammer die Angelegenheit zur weiteren Entscheidung an die Dienststelle zurückverweist, die die streitige Entscheidung erlassen hat, diese Dienststelle durch die Gründe und den Tenor der Entscheidung der Beschwerdekammer gebunden wird, „soweit der Tatbestand derselbe ist“. Diese Bestimmungen belegen ihrerseits die Möglichkeit, dass das Tatsachenmaterial in den verschiedenen Stadien des vor dem HABM geführten Verfahrens angereichert wird (Urteil HABM/Kaul, Randnr. 58).

140    Die Rechtsmittelführerin kann daher nicht geltend machen, dass vor dem HABM nur unzureichende Möglichkeiten der Beibringung von Beweisen bestünden.

141    Im Übrigen ist daran zu erinnern, dass nach Art. 74 Abs. 2 der Verordnung Nr. 40/94 das HABM Tatsachen und Beweismittel, die von den Beteiligten verspätet vorgebracht werden, nicht zu berücksichtigen braucht.

142    Dazu hat der Gerichtshof ausgeführt, dass ein Beteiligter, wenn er Tatsachen und Beweismittel nicht innerhalb der ihm hierfür nach den Vorschriften der Verordnung Nr. 40/94 gesetzten Fristen vorgebracht und sie damit im Sinne von Art. 74 Abs. 2 der Verordnung „verspätet“ in das Verfahren eingeführt hat, keinen bedingungslosen Anspruch auf ihre Berücksichtigung durch die Beschwerdekammer besitzt, die für ihre Entscheidung, ob die Tatsachen oder Beweismittel für die von ihr zu erlassende Entscheidung zu berücksichtigen sind, vielmehr über ein Ermessen verfügt (vgl. Urteil HABM/Kaul, Randnr. 63).

143    Jedoch sind Beweismittel, die beim HABM niemals eingereicht worden sind, jedenfalls nicht rechtzeitig vorgebracht worden und können deshalb kein Kriterium für die Rechtmäßigkeit der Entscheidung der Beschwerdekammer bilden.

144    Da die Entscheidung des Gerichts, die erstmals bei ihm eingereichten Unterlagen zurückzuweisen, nach Art. 63 der Verordnung Nr. 40/94 gerechtfertigt war, sind die Argumente der Rechtsmittelführerin zu einem Verstoß gegen Art. 135 § 4 der Verfahrensordnung des Gerichts nicht mehr zu prüfen.

145    Nach alledem ist der sechste Rechtsmittelgrund als unbegründet zurückzuweisen.

146    Da keiner der Rechtsmittelgründe durchgreift, ist das Rechtsmittel insgesamt zurückzuweisen.

 Kosten

147    Nach Art. 69 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs, der nach deren Art. 118 auf das Rechtsmittelverfahren entsprechende Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Rechtsmittelführerin mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr, wie vom HABM beantragt, die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Erste Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

1.      Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

2.      Die Les Éditions Albert René Sàrl trägt die Kosten.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Englisch.