Language of document : ECLI:EU:T:2012:323

URTEIL DES GERICHTS (Zweite Kammer)

27. Juni 2012(*)

„Wettbewerb – Missbrauch einer beherrschenden Stellung – Betriebssysteme für Client‑PCs – Betriebssysteme für Arbeitsgruppenserver – Weigerung des marktbeherrschenden Unternehmens, Interoperabilitätsinformationen zu liefern und ihre Nutzung zu gestatten – Erfüllung der Verpflichtungen aus einer Entscheidung, mit der eine Zuwiderhandlung festgestellt wird und verhaltensorientierte Abhilfemaßnahmen auferlegt werden – Zwangsgeld“

In der Rechtssache T‑167/08

Microsoft Corp. mit Sitz in Redmond, Washington (Vereinigte Staaten), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwalt J.‑F. Bellis und I. Forrester, QC,

Klägerin,

unterstützt durch

The Computing Technology Industry Association, Inc., mit Sitz in Oakbrook Terrace, Illinois (Vereinigte Staaten), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte G. van Gerven und T. Franchoo,

und durch

Association for Competitive Technology, Inc., mit Sitz in Washington, DC (Vereinigte Staaten), Prozessbevollmächtigte: zunächst D. Went und H. Pearson, Solicitors, dann H. Mercer, QC,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch T. Christoforou, V. Di Bucci, F. Castillo de la Torre und N. Khan als Bevollmächtigte,

Beklagte,

unterstützt durch

Free Software Foundation Europe e.V. mit Sitz in Hamburg (Deutschland) und

Samba Team mit Sitz in New York, New York (Vereinigte Staaten),

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte C. Piana und T. Ballarino,

durch

Software & Information Industry Association mit Sitz in Washington, DC, Prozessbevollmächtigte: T. Vinje und D. Dakanalis, Solicitors, sowie Rechtsanwalt A. Tomtsis,

durch

European Committee for Interoperable Systems (ECIS) mit Sitz in Brüssel (Belgien), Prozessbevollmächtigte: T. Vinje, Solicitor, sowie Rechtsanwälte M. Dolmans, N. Dodoo und A. Ferti,

durch

International Business Machines Corp. mit Sitz in Armonk, New York (Vereinigte Staaten), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte M. Dolmans und T. Graf,

durch

Red Hat Inc. mit Sitz in Wilmington, Delaware (Vereinigte Staaten), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte C.‑D. Ehlermann und S. Völcker sowie C. O’Daly, Solicitor,

und durch

Oracle Corp. mit Sitz in Redwood Shores, Kalifornien (Vereinigte Staaten), Prozessbevollmächtigte: T. Vinje, Solicitor, und Rechtsanwalt D. Paemen,

Streithelfer,

betreffend eine Klage auf Nichtigerklärung der Entscheidung K(2008) 764 endg. der Kommission vom 27. Februar 2008 zur Festsetzung der endgültigen Höhe des mit der Entscheidung K(2005) 4420 endg. gegen die Microsoft Corp. verhängten Zwangsgelds (Sache COMP/C‑3/37.792 – Microsoft) sowie, hilfsweise, Aufhebung oder Herabsetzung des Zwangsgelds

erlässt

DAS GERICHT (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten N. J. Forwood (Berichterstatter) sowie der Richter F. Dehousse und J. Schwarcz,

Kanzler: N. Rosner, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 24. Mai 2011

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Die Microsoft Corp., eine Gesellschaft mit Sitz in Redmond, Washington (Vereinigte Staaten), entwirft, entwickelt und vermarktet ein breites Spektrum von Software-Produkten für verschiedene Arten von EDV-Geräten. Zu diesen Produkten gehören u. a. Betriebssysteme für Personal Computer von Endnutzern (im Folgenden: Client‑PCs) und Betriebssysteme für Arbeitsgruppenserver.

2        Am 24. März 2004 erließ die Kommission die Entscheidung 2007/53/EG in einem Verfahren gemäß Artikel 82 [EG] und Artikel 54 EWR-Abkommen gegen die Microsoft Corp. in der Sache COMP/C‑3/37.792 – Microsoft (ABl. 2007, L 32, S. 23, im Folgenden: Entscheidung von 2004).

3        Der Entscheidung von 2004 zufolge hat Microsoft durch den Missbrauch einer beherrschenden Stellung in zwei Fällen gegen Art. 82 EG und Art. 54 EWR‑Abkommen verstoßen, deren erster – um den allein es in der vorliegenden Rechtssache geht – darin bestehe, dass sich Microsoft von Oktober 1998 bis zum Zeitpunkt der Zustellung der Entscheidung von 2004 geweigert habe, ihren Wettbewerbern „Interoperabilitätsinformationen“ zur Verfügung zu stellen und deren Nutzung für die Entwicklung und den Vertrieb von Produkten zu gestatten, die mit Microsoft-Produkten auf dem Markt der Betriebssysteme für Arbeitsgruppenserver konkurrierten (Art. 2 Buchst. a der Entscheidung von 2004).

4        „Interoperabilitätsinformationen“ im Sinne der Entscheidung von 2004 sind die „vollständigen und genauen Spezifikationen für alle Protokolle, die in Windows-Betriebssystemen für Arbeitsgruppenserver implementiert und von Windows-Arbeitsgruppenservern genutzt werden, um den Windows‑Arbeitsgruppennetzwerken Daten- und Druckdienste sowie Gruppen- und Nutzerverwaltungsdienste einschließlich der Dienste Windows‑Domänenkontrolle, Active Directory und Group Policy zur Verfügung zu stellen“ (Art. 1 Nr. 1 der Entscheidung von 2004).

5        Ein „Windows-Arbeitsgruppennetzwerk“ wird definiert als „jede Gruppe von Windows-Client-PCs und Windows‑Arbeitsgruppenservern, die über ein Computernetzwerk miteinander verbunden sind“ (Art. 1 Nr. 7 der Entscheidung von 2004).

6        Ein „Protokoll“ wird definiert als „ein Regelwerk für die gegenseitige Verbindung und Interaktion zwischen mehreren Windows‑Betriebssystemen für Arbeitsgruppenserver und Windows‑Client‑PC‑Betriebssystemen, die in einem Windows‑Arbeitsgruppennetzwerk auf verschiedenen Rechnern installiert sind“ (Art. 1 Nr. 2 der Entscheidung von 2004).

7        Die Kommission hebt in der Entscheidung von 2004 hervor, dass sich die fragliche Weigerung nicht auf Teile des „Quellcode“ von Microsoft beziehe, sondern ausschließlich auf Spezifikationen der betreffenden Protokolle, d. h. auf eine eingehende Beschreibung dessen, was von der fraglichen Software erwartet werde, und nicht auf Implementierungen, mit denen der Code auf dem Rechner umgesetzt werde (Randnrn. 24 und 569 der Entscheidung von 2004). Insbesondere sei „nicht daran gedacht, von Microsoft zu verlangen, das Kopieren von Windows durch Dritte zuzulassen“ (Randnr. 572 der Entscheidung von 2004).

8        Die beiden in der Entscheidung von 2004 festgestellten Missbräuche wurden mit einer Geldbuße in Höhe von 497 196 304 Euro geahndet (Art. 3 der Entscheidung von 2004).

9        Als Abhilfemaßnahme für die in Art. 2 Buchst. a der Entscheidung von 2004 festgestellte missbräuchliche Weigerung wird Microsoft in Art. 5 der Entscheidung Folgendes aufgegeben:

„a)      Microsoft … stellt binnen 120 Tagen ab Zustellung dieser Entscheidung allen Unternehmen, die ein Interesse daran haben, Betriebssysteme für Arbeitsgruppenserver zu entwickeln und zu vertreiben, Interoperabilitätsinformationen zur Verfügung und gestattet diesen Unternehmen unter angemessenen und nicht diskriminierenden Bedingungen die Nutzung der Interoperabilitätsinformationen für die Entwicklung und den Vertrieb von Betriebssystemen für Arbeitsgruppenserver.

b)      Microsoft … gewährleistet, dass die zur Verfügung gestellten Interoperabilitätsinformationen kontinuierlich und unverzüglich aktualisiert werden.

c)      Microsoft … richtet binnen 120 Tagen ab Zustellung dieser Entscheidung einen Bewertungsmechanismus ein, der es interessierten Unternehmen in praktikabler Weise ermöglicht, sich Kenntnis vom Umfang und den Nutzungsbedingungen der Interoperabilitätsinformationen zu verschaffen; Microsoft … darf angemessene und nicht diskriminierende Bedingungen festlegen, um sicherzustellen, dass der in diesem Rahmen gewährte Zugang zu den Interoperabilitätsinformationen nur zu Bewertungszwecken genutzt wird.

d)      Binnen 60 Tagen vom Datum der Zustellung dieser Entscheidung an legt Microsoft … der Kommission die Maßnahmen vor, die es zu ergreifen beabsichtigt, um den Anordnungen unter Buchstaben (a), (b) und (c) Folge zu leisten. Diese Vorlage muss so ausführlich sein, dass die Kommission eine vorläufige Beurteilung treffen kann, inwieweit die geplanten Maßnahmen die wirksame Einhaltung der Entscheidung gewährleisten werden. Microsoft … wird insbesondere die Konditionen für die Nutzung der Interoperabilitätsinformationen sehr genau aufführen.

…“

10      Art. 7 der Entscheidung von 2004 bestimmt:

„Binnen 30 Tagen ab Zustellung dieser Entscheidung unterbreitet Microsoft … der Kommission einen Vorschlag für die Schaffung eines geeigneten Mechanismus zur Unterstützung der Kommission bei der Überwachung der Einhaltung dieser Entscheidung durch Microsoft … Zu diesem Mechanismus gehört ein von Microsoft … unabhängiger Überwachungsbeauftragter.

Für den Fall, dass die Kommission den von Microsoft … vorgeschlagenen Überwachungsmechanismus nicht für geeignet hält, behält sie sich das Recht vor, einen solchen Mechanismus durch Entscheidung vorzuschreiben.“

11      Mit Klageschrift, die am 7. Juni 2004 bei der Kanzlei des Gerichts einging, erhob Microsoft eine Klage gegen die Entscheidung von 2004.

12      Mit besonderem Schriftsatz, der am 25. Juni 2004 in das Register der Kanzlei des Gerichts eingetragen wurde, beantragte Microsoft gemäß Art. 242 EG, den Vollzug von Art. 4, Art. 5 Buchst. a bis c und Art. 6 Buchst. a der Entscheidung von 2004 auszusetzen.

13      Mit Beschluss vom 22. Dezember 2004, Microsoft/Kommission (T‑201/04 R, Slg. 2004, II‑4463), wies der Präsident des Gerichts diesen Antrag zurück.

14      Mit der Entscheidung K(2005) 2988 endg. vom 28. Juli 2005 in einem Verfahren gemäß Artikel 82 [EG] (Sache COMP/C‑3/37.792 – Microsoft) schrieb die Kommission den in Art. 7 der Entscheidung von 2004 vorgesehenen Mechanismus vor. Am 4. Oktober 2005 ernannte die Kommission den unabhängigen Überwachungsbeauftragten.

15      Mit Entscheidung vom 10. November 2005 (im Folgenden: Entscheidung von 2005), durch die gemäß Art. 24 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 [EG] und 82 [EG] niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003, L 1, S. 1) ein Zwangsgeld verhängt wurde, stellte die Kommission fest, dass die von Microsoft am 20. Oktober 2005 vorbereitete technische Dokumentation mit Interoperabilitätsinformationen weder genau noch vollständig sei (Randnr. 101 der Entscheidung von 2005). Sie war außerdem der Auffassung, dass die von Microsoft für den Zugang zu den Interoperabilitätsinformationen und die Gestattung ihrer Nutzung geforderten Vergütungssätze nicht angemessen seien (Randnrn. 161 und 193 der Entscheidung von 2005). Aus diesen Gründen gab sie Microsoft unter Androhung eines Zwangsgelds von 2 Mio. Euro für jeden Tag des Verzugs auf, den Verpflichtungen aus Art. 5 Buchst. a und c der Entscheidung von 2004 bis spätestens 15. Dezember 2005 nachzukommen.

16      Mit Entscheidung vom 12. Juli 2006 (im Folgenden: Entscheidung von 2006) zur Festsetzung der endgültigen Höhe des mit Entscheidung K(2005) 4420 endg. gegen Microsoft verhängten Zwangsgelds (Sache COMP/C‑3/37.792 – Microsoft) (ABl. 2008, C 138, S. 10) stellte die Kommission fest, dass die von Microsoft bis zum 20. Juni 2006 vorbereitete technische Dokumentation mit Interoperabilitätsinformationen weder genau noch vollständig sei (Randnr. 232 der Entscheidung von 2006). Sie verhängte gegen Microsoft daher ein Zwangsgeld von 280, Mio. Euro mit der Begründung, dass diese im Zeitraum vom 16. Dezember 2005 bis zum 20. Juni 2006 nicht Art. 5 Buchst. a und c der Entscheidung von 2004 nachgekommen sei. Ferner erhöhte sie das Zwangsgeld, das nach der Entscheidung von 2005 verhängt werden konnte, mit Wirkung vom 31. Juli 2006 auf 3 Mio. Euro je Tag.

17      Mit Klageschrift, die am 2. Oktober 2006 bei der Kanzlei des Gerichts einging, focht Microsoft die Entscheidung von 2006 an.

18      Mit Urteil vom 17. September 2007, Microsoft/Kommission (T‑201/04, Slg. 2007, II‑3601), erklärte das Gericht Art. 7 der Entscheidung von 2004 für nichtig und wies die Klage im Übrigen ab. In Nr. 1 des Tenors des Urteils Microsoft/Kommission heißt es:

„1.      Art. 7 der Entscheidung 2007/53/EG der Kommission vom 24. März 2004 in einem Verfahren gemäß Artikel 82 [EG] und Artikel 54 EWR-Abkommen gegen … Microsoft … (Sache COMP/C‑3/37.792 – Microsoft) wird für nichtig erklärt, soweit

–        Microsoft aufgegeben wird, einen Vorschlag für die Schaffung eines Mechanismus zu unterbreiten, zu dem die Einsetzung eines unabhängigen Überwachungsbeauftragten gehören muss, der befugt ist, unabhängig von der Kommission Zugang zur Unterstützung, zu Informationen, zu Unterlagen, zu den Geschäftsräumen und zu den Mitarbeitern von Microsoft sowie zum Quellcode der einschlägigen Microsoft-Produkte zu erhalten;

–        verlangt wird, dass der Vorschlag für die Schaffung dieses Mechanismus vorsieht, dass alle mit der Einsetzung des Überwachungsbeauftragten verbundenen Kosten einschließlich seiner Vergütung von Microsoft getragen werden;

–        der Kommission das Recht vorbehalten wird, einen Mechanismus der im ersten und im zweiten Gedankenstrich genannten Art durch Entscheidung vorzuschreiben.“

19      Mit Schreiben, das am 24. Oktober 2007 bei der Kanzlei des Gerichts einging, nahm Microsoft ihre Klage gegen die Entscheidung von 2006 (oben in Randnr. 17 angeführt) zurück.

 Angefochtene Entscheidung

20      Mit der Entscheidung K(2008) 764 endg. vom 27. Februar 2008 zur Festsetzung der endgültigen Höhe des mit Entscheidung K(2005) 4420 endg. gegen Microsoft verhängten Zwangsgelds (Sache COMP/C‑3/37.792 – Microsoft) (ABl. 2009, C 166, S. 20, im Folgenden: angefochtene Entscheidung) verhängte die Kommission gegen Microsoft ein Zwangsgeld von 899 Mio. Euro mit der Begründung, dass diese im Zeitraum vom 21. Juni 2006 bis zum 21. Oktober 2007 nicht den Verpflichtungen aus Art. 5 Buchst. a der Entscheidung von 2004 nachgekommen sei.

21      Aus Randnr. 14 der angefochtenen Entscheidung geht hervor, dass diese ausschließlich die Verpflichtung von Microsoft aus Art. 5 Buchst. a der Entscheidung von 2004 betrifft, Zugang zu den Interoperabilitätsinformationen zu gewähren und unter angemessenen und nicht diskriminierenden Bedingungen deren Nutzung zu gestatten.

 Protokollprogramm für Arbeitsgruppenserver

22      Den Randnrn. 21 bis 23 der angefochtenen Entscheidung ist zu entnehmen, dass Microsoft mit Schreiben vom 29. Oktober 2004 der Kommission zwei Entwürfe von Vereinbarungen vorlegte, die sie ihren Wettbewerbern im Rahmen eines „Work Group Server Protocol Program“ (Programm für Arbeitsgruppenserver‑Protokolle) anbieten wollte. Es handelte sich zum einen um den Entwurf einer Vereinbarung über die Erteilung einer Lizenz für Rechte des geistigen Eigentums an den fraglichen Protokollen und zum anderen um den Entwurf einer Vereinbarung über die Bewertung dieser Protokolle.

23      Mit Schreiben vom 20. Mai 2005 und im Rahmen des ständigen Austauschs mit der Kommission legte Microsoft fünf Arten von Vereinbarungen (im Folgenden zusammen: WSPP‑Vereinbarungen) vor, und zwar:

–        das Microsoft Work Group Server Protocol Program License Agreement (All IP) for Development and Product Distribution (Work Group Server Operating System Software) (Lizenzvereinbarung [All IP] für die Entwicklung und den Vertrieb von Software‑Produkten für Betriebssysteme für Arbeitsgruppenserver im Rahmen des Programms für Arbeitsgruppenserver‑Protokolle von Microsoft, im Folgenden: All‑IP‑Vereinbarung);

–        das Microsoft Communications Protocol Program Agreement for Evaluation of Technical Documentation (3-Day) (Vereinbarung für die Bewertung der technischen Dokumentation im Rahmen des Programms für Kommunikationsprotokolle von Microsoft [3 Tage]);

–        das Microsoft Communications Protocol Program Agreement for Evaluation of Technical Documentation (30-Day) (Vereinbarung für die Bewertung der technischen Dokumentation im Rahmen des Programms für Kommunikationsprotokolle von Microsoft [30 Tage]);

–        das Microsoft Work Group Server Protocol Program License Agreement (No Patents) for Development and Product Distribution (Work Group Server Operating System Software) (Lizenzvereinbarung [No Patents] für die Entwicklung und den Vertrieb von Software‑Produkten für Betriebssysteme für Arbeitsgruppenserver im Rahmen des Programms für Arbeitsgruppenserver‑Protokolle von Microsoft, im Folgenden: No‑Patent‑Vereinbarung);

–        das Microsoft Work Group Server Protocol Program Patent Only License Agreement for Development and Product Distribution (Lizenzvereinbarung [Patents Only] für die Entwicklung und den Vertrieb von Software‑Produkten im Rahmen des Programms für Arbeitsgruppenserver‑Protokolle von Microsoft, im Folgenden: Patent‑Only‑Vereinbarung) (Randnrn. 32 und 33 der angefochtenen Entscheidung).

24      Den Randnrn. 33, 37, 39, 40, 44, 57, 59, 66, 92 und 103 der angefochtenen Entscheidung ist zu entnehmen, dass Microsoft im Rahmen des ständigen Austauschs mit der Kommission vom 20. Mai 2005 bis zum 21. Mai 2007 13 aufeinanderfolgende überarbeitete Fassungen der WSPP‑Vereinbarungen einschließlich Vergütungsregelungen vorlegte. Eine am 22. Oktober 2007 vorgelegte Vergütungsregelung sieht den Abschluss einer No‑Patent‑Vereinbarung vor, mit der der Zugang zu der die Interoperabilitätsinformationen enthaltenden technischen Dokumentation und deren Nutzung gegen Zahlung eines Pauschalbetrags von 10 000 Euro gestattet werden. Ferner ist auch eine Lizenzvereinbarung für patentierte Technologien gegen eine Vergütung verfügbar, die auf der Grundlage der Nettoeinnahmen des Vertragspartners von Microsoft berechnet wird (Randnr. 102 der angefochtenen Entscheidung).

25      Gemäß Randnr. 39 der angefochtenen Entscheidung enthielt die Fassung der WSPP‑Vereinbarungen, die Microsoft der Kommission am 31. Mai 2005 unterbreitet hatte, auch Grundsätze für die Preisfindung in Bezug auf die Interoperabilitätsinformationen (im Folgenden: WSPP‑Preisfindungsgrundsätze), die nach Verhandlungen zwischen den beiden Parteien ausgearbeitet worden waren. Diese Grundsätze sollten den unabhängigen Überwachungsbeauftragten nicht nur im Rahmen der Erstellung von Gutachten, sondern auch dann leiten, wenn ein Vertragspartner von Microsoft sich an ihn wendet, damit er über die Angemessenheit des jeweiligen Vergütungssatzes befindet, wobei seine Entscheidung vom High Court of Justice (England & Wales) für vollstreckbar erklärt werden kann (Randnrn. 47 und 113 der angefochtenen Entscheidung).

 Mitteilung der Beschwerdepunkte

26      Am 1. März 2007 richtete die Kommission eine Mitteilung der Beschwerdepunkte an Microsoft (Randnr. 73 der angefochtenen Entscheidung).

27      Mit Schreiben vom 2. März 2007 bat Microsoft die Kommission um Mitteilung der genauen Vergütungssätze, die sie verlangen solle, damit ihr Handeln als mit den Verpflichtungen aus der Entscheidung von 2004 vereinbar angesehen werde. Mit Schreiben vom 8. März 2007 antwortete die Kommission, dass es nicht ihre Aufgabe sei, die genauen Vergütungssätze festzulegen, sondern sich zu vergewissern, dass jegliche von Microsoft geforderte Vergütung im Einklang mit Art. 5 Buchst. a der Entscheidung von 2004 angemessen und nicht diskriminierend sei (Randnr. 75 der angefochtenen Entscheidung).

28      Mit Schreiben vom 23. April 2007 beantwortete Microsoft die Mitteilung der Beschwerdepunkte. Am 24. Juli 2007 sandte die Kommission ein „Schreiben zum Sachverhalt“ an Microsoft, mit dem dieser Gelegenheit gegeben werden sollte, Beweismaterial zu kommentieren, das die Kommission nach der Mitteilung der Beschwerdepunkte gesammelt hatte. Microsoft gab am 31. August 2007 eine Stellungnahme ab (Randnrn. 82, 98 und 99 der angefochtenen Entscheidung).

 Prüfung der Einhaltung der mit Art. 5 Buchst. a der Entscheidung von 2004 auferlegten Verpflichtungen

 Kriterien für die Prüfung der Angemessenheit der von Microsoft verlangten Vergütungssätze

29      In Randnr. 105 der angefochtenen Entscheidung wies die Kommission darauf hin, dass nach Randnr. 1003 der Entscheidung von 2004 jegliche als Gegenleistung für den Zugang zu den Interoperabilitätsinformationen und deren Nutzung geforderte Vergütung den Nutzern dieser Informationen ermöglichen müsse, nachhaltig mit dem Betriebssystem für Arbeitsgruppenserver von Microsoft zu konkurrieren. Ferner dürfe Randnr. 1008 Ziff. ii der Entscheidung von 2004 zufolge eine solche Vergütung nicht den strategischen Wert der Macht von Microsoft auf dem Markt für Betriebssysteme für Client‑PCs oder für Betriebssysteme für Arbeitsgruppenserver widerspiegeln.

30      Unter diesen Umständen stellte die Kommission fest, dass eine von Microsoft auferlegte Bedingung, die potenziell eine Einschränkung des Zugangs zu den Interoperabilitätsinformationen und deren Nutzung bewirke, immer nur dann im Sinne von Art. 5 Buchst. a der Entscheidung von 2004 angemessen sein könne, wenn sie im Hinblick auf die legitimen Interessen von Microsoft, die mit ihr geschützt werden sollten, erforderlich und verhältnismäßig sei. Um objektiv gerechtfertigt zu sein, dürfe jegliche von Microsoft verlangte Vergütung daher allein den gegebenenfalls vorhandenen eigenständigen Wert der jeweiligen Informationen widerspiegeln, nicht aber den strategischen Wert, der sich aus der damit eröffneten bloßen Möglichkeit ergebe, mit den Betriebssystemen von Microsoft zu interoperieren. Es sei an Microsoft, hierfür den Nachweis zu erbringen (Randnrn. 106 und 107 der angefochtenen Entscheidung).

31      Nach Ansicht der Kommission entsprachen die WSPP‑Preisfindungsgrundsätze (oben in Randnr. 25 angeführt) den in den Randnrn. 1003 und 1008 Ziff. ii der Entscheidung von 2004 genannten Zielen. So sähen diese Grundsätze zum einen vor, dass die Vergütungsregelung den Nutzern der Interoperabilitätsinformationen ermöglichen müsse, nachhaltig mit Microsoft zu konkurrieren und zum anderen, dass für die Feststellung, ob die Interoperabilitätsinformationen einen eigenständigen Wert aufwiesen, d. h. einen Wert, der nicht in dem oben in Randnr. 29 beschriebenen strategischen Wert bestehe, erstens zu prüfen sei, ob es sich bei den betroffenen Protokollen um Schöpfungen von Microsoft handele, zweitens zu untersuchen sei, ob diese Schöpfungen innovativ seien, und drittens zu berücksichtigen sei, was eine Marktbewertung vergleichbarer Technologien – unter Ausschluss des strategischen Werts aufgrund ihrer gegebenenfalls beherrschenden Stellung – ergebe (Randnrn. 117 und 118 der angefochtenen Entscheidung).

32      Die Kommission erklärte außerdem in den Randnrn. 119 und 158 der angefochtenen Entscheidung, dass sie anhand der oben in Randnr. 31 dargelegten Kriterien prüfen werde, ob die von Microsoft geforderten Vergütungssätze angemessen seien.

33      Die Kommission führte ferner aus, dass sie ihrer Prüfung für den Zeitraum bis zum 21. Oktober 2007 die am 21. Mai 2007 vorgelegte Fassung der WSPP‑Vereinbarungen (oben in Randnr. 24 angeführt) zugrunde legen werde. Da die in dieser Fassung der WSPP‑Vereinbarungen enthaltene Vergütungsregelung niedrigere Vergütungssätze vorsehe, als sie in den vorhergehenden Fassungen vorgesehen gewesen seien, gälten die Feststellungen der Kommission erst recht für diese älteren Fassungen (Randnr. 103 der angefochtenen Entscheidung).

34      Zum ersten oben in Randnr. 31 dargelegten Kriterium gab die Kommission an, dass es nicht erfüllt sei, wenn Microsoft Public‑Domain‑Protokolle verwende (Randnr. 129 der angefochtenen Entscheidung).

35      Zum zweiten oben in Randnr. 31 angeführten Kriterium führte die Kommission aus, wenn die fraglichen Technologien nicht neu seien, weil sie vom Stand der Technik umfasst seien oder sich für einen Fachmann offensichtlich aus dem Stand der Technik ergäben, habe Microsoft keinen Anspruch auf eine Vergütung. Die Kriterien der Neuheit und der Nichtoffensichtlichkeit seien sachgerecht, da es sich im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes um gängige Begriffe handele (Randnrn. 130 und 138 der angefochtenen Entscheidung). In diesem Zusammenhang stellte sie fest, dass geringfügige Ergänzungen oder Verbesserungen, deren Wert für die Adressaten der Interoperabilitätsinformationen zu vernachlässigen sei, im Rahmen der Durchführung der Entscheidung von 2004 nicht als innovativ eingestuft werden könnten (Randnr. 144 der angefochtenen Entscheidung).

36      Die Kommission ergänzte hierzu, soweit Microsoft Patente auf Protokoll‑Technologien geltend mache, die mit der technischen Dokumentation offengelegt würden, gehe sie für die Zwecke der angefochtenen Entscheidung vorläufig davon aus, dass diese Technologien innovativ seien (Randnr. 132 der angefochtenen Entscheidung).

37      Zum dritten oben in Randnr. 31 dargelegten Kriterium gab die Kommission an, dass damit geprüft werden solle, ob die von Microsoft verlangten Vergütungssätze mit einer Marktbewertung vergleichbarer Technologien vereinbar seien (Randnr. 139 der angefochtenen Entscheidung).

 Prüfung der Angemessenheit der von Microsoft verlangten Vergütungssätze

–       Allgemeiner Rahmen

38      In den Randnrn. 159 bis 164 der angefochtenen Entscheidung fasste die Kommission den allgemeinen Rahmen für die von Microsoft vorgeschlagene Vergütungsregelung zusammen.

39      Hierzu führte sie aus, dass Microsoft im Rahmen der WSPP‑Vereinbarungen verschiedene Arten des Zugangs zu den Interoperabilitätsinformationen vorschlage. In diesem Zusammenhang biete Microsoft Zugang zu Protokollen für fünf Szenarien in Bezug auf den Dienst der gemeinsamen Nutzung von Dateien und Druckern, für 16 Szenarien in Bezug auf den Dienst der Verwaltung von Nutzern und Gruppen von Nutzern sowie für den „General Networking“‑Dienst.

40      Vier Arten von Vereinbarungen gewährten Zugang zu Interoperabilitätsinformationen.

41      Erstens ermöglichte die No‑Patent‑Vereinbarung den Adressaten der Interoperabilitätsinformationen, Betriebssysteme für Arbeitsgruppenserver auf der Grundlage der technischen Dokumentation zu entwickeln und zu vertreiben.

42      Zweitens erteilte Microsoft aufgrund der Patent‑Only‑Vereinbarung eine Lizenz auf den Inhalt von Patenten, unter die nach ihren Angaben die Technologie fällt, die nötig ist, um mit Windows‑Betriebssystemen für Client‑PCs und für Arbeitsgruppenserver zu interoperieren.

43      Drittens erteilte Microsoft aufgrund der All‑IP‑Vereinbarung nicht nur eine Lizenz auf den Inhalt von Patenten, unter die nach ihren Angaben die Technologie fällt, die nötig ist, um mit Windows‑Betriebssystemen für Client‑PCs und für Arbeitsgruppenserver zu interoperieren, sondern gewährte auch den Zugang zu der technischen Dokumentation und das Recht auf Nutzung dieser Dokumentation.

44      Viertens gewährte Microsoft aufgrund der Vereinbarung mit der Bezeichnung „Interface Definition Language Only“ den Zugang zu der technischen Dokumentation für diese Dateien und das Recht auf Nutzung dieser Dokumentation.

45      Aus Randnr. 160 der angefochtenen Entscheidung geht außerdem hervor, dass Microsoft für die meisten Szenarien je nach Art der in Betracht gezogenen Vereinbarung verschiedene Vergütungssätze forderte und diese Sätze mit einer Unter‑ und einer Obergrenze versah. Vergütungssätze waren ferner vorgesehen für die nach Dienst geordneten Szenarien sowie für sämtliche Szenarien innerhalb der drei oben in Randnr. 39 erwähnten Dienste. Die verlangte Vergütung war entweder als Prozentsatz der Nettoeinnahmen ihres Vertragspartners aus dem Verkauf der die fraglichen Protokolle implementierenden Produkte oder als Pauschalbetrag je verkauften Server ausgedrückt.

46      Den Randnrn. 166, 167 und 297 der angefochtenen Entscheidung schließlich ist zu entnehmen, dass sich die Kommission auf die Angemessenheit der Vergütungssätze konzentrierte, die Microsoft für die nicht patentierte Technologie forderte, die in der technischen Dokumentation enthalten war und im Rahmen der No‑Patent‑Vereinbarung offengelegt wurde.

–       Innovativer Charakter der in der technischen Dokumentation beschriebenen Protokolle, zu denen Microsoft aufgrund der No‑Patent‑Vereinbarung Zugang gewährt

47      Randnr. 169 der angefochtenen Entscheidung zufolge machte Microsoft im Rahmen von zwei der Kommission am 31. Juli bzw. am 24. August 2006 vorgelegten Berichten geltend, dass 173 Protokolle nicht patentierte Innovationen enthielten.

48      Zur Begründung ihrer Beurteilung habe Microsoft erstens überprüft, ob die fragliche Technologie von ihr oder in ihrem Auftrag entwickelt worden sei, zweitens das mit dieser Technologie gelöste Problem beschrieben, drittens dargelegt, welche zum Stand der Technik gehörenden Technologien berücksichtigt worden seien, um den innovativen Charakter des jeweiligen Protokolls nachzuweisen, und viertens angegeben, wo diese Innovationen in der überarbeiteten technischen Dokumentation zu finden seien.

49      Des Weiteren ergibt sich aus den Randnrn. 62, 69 und 171 der angefochtenen Entscheidung, dass der unabhängige Überwachungsbeauftragte auf Ersuchen der Kommission die Beurteilung von Microsoft hinsichtlich der nicht patentierten Technologie nach der oben in Randnr. 48 beschriebenen Methodik überprüft hat und dass die Kommission in Bezug auf die Szenarien „File Replication Service“, „Directory Replication Service“ und „Network Access Protection“ das gleiche Ersuchen an ein spezialisiertes Unternehmen – TAEUS – gerichtet hat. Die Berichte von TAEUS und des unabhängigen Überwachungsbeauftragten wurden der Kommission am 15. Dezember 2006 bzw. 27. Februar 2007 vorgelegt.

50      Laut Kommission kam der unabhängige Überwachungsbeauftragte zu dem Schluss, dass wenig von dem Material, das Microsoft im Rahmen der technischen Dokumentation vorgelegt habe, innovativ sei und deshalb eine Vergütung rechtfertige. Zudem habe TAEUS festgestellt, dass keine der 21 Technologien, die in den drei von ihr untersuchten Szenarien enthalten gewesen, innovativ sei (Randnrn. 171 bis 174 der angefochtenen Entscheidung). Nach Fn. 197 der angefochtenen Entscheidung änderte die Antwort von Microsoft auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte, in deren Folge der unabhängige Überwachungsbeauftragte zwei Berichte und TAEUS einen Bericht erstellten, nichts an diesem Ergebnis.

51      Die Kommission folgerte hinsichtlich der 173 Technologien für Protokolle, die Microsoft als innovativ dargestellt hatte, dass 166 Technologien dem Stand der Technik entsprächen oder sich für einen Fachmann offensichtlich aus dem Stand der Technik ergäben und 7 Technologien innovativ seien (Randnrn. 175 und 219 der angefochtenen Entscheidung).

52      Die 173 fraglichen Technologien sind in einer Tabelle im Anhang zur angefochtenen Entscheidung dargestellt, die eine kurze Beschreibung jeder Technologie enthält sowie für die meisten Technologien Informationen über das Datum ihrer Entwicklung, der Nutzen, der sich nach Ansicht von Microsoft daraus ergibt, einen Verweis auf die von Microsoft vorgelegte Akte, eine kurze Bewertung, einen Verweis auf den Stand der Technik und einen Verweis auf die Quellen, die nach Auffassung der Kommission die betreffende Bewertung und die Angaben zum Stand der Technik rechtfertigen. Bei den fraglichen Quellen handelt es sich um zwei Berichte des unabhängigen Überwachungsbeauftragten vom 3. März bzw. 8. Juli 2007 sowie eine Stellungnahme des European Committee for Interoperable Systems (ECIS) vom 8. Mai 2007 zur Antwort von Microsoft auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte.

53      In den Randnrn. 187 bis 218 der angefochtenen Entscheidung legte die Kommission dar, wie sie den innovativen Charakter von acht Technologien für Protokolle beurteilt, die unter das zum Dienst der Verwaltung von Nutzern und Gruppen von Nutzern gehörende Szenario „Directory & Global Catalog Replication“ fallen, und von elf Technologien für Protokolle, die unter das zum Dienst der gemeinsamen Nutzung von Dateien und Druckern gehörende Szenario „File Replication Service“ fallen. Abgesehen von den Ausführungen zur „File Staging“‑Technologie wies die Kommission das Vorbringen von Microsoft, dass diese Technologien innovativen Charakter hätten, zurück (Randnr. 219 der angefochtenen Entscheidung).

–       Marktbewertung vergleichbarer Technologien

54      In den Randnrn. 220 bis 279 der angefochtenen Entscheidung legte die Kommission ihre Beurteilung in Bezug auf eine Marktbewertung von Technologien dar, die mit den im Rahmen der No‑Patent‑Vereinbarung offengelegten nicht patentierten Technologien vergleichbar sind. Danach werden vergleichbare Technologien sowohl von Microsoft als auch von anderen Unternehmen kostenlos angeboten, weshalb die Marktbewertung zeige, dass die von Microsoft geforderten Vergütungssätze unangemessen seien.

 Zwangsgeld

55      Die Kommission führte in Randnr. 285 der angefochtenen Entscheidung aus, dass diese ausschließlich den Zeitraum vom 21. Juni 2006 bis zum 21. Oktober 2007 betreffe. In Randnr. 298 der angefochtenen Entscheidung stellte sie klar, dass die von Microsoft am 22. Oktober 2007 beschlossene Vergütungsregelung (oben in Randnr. 24 angeführt) nicht auf Einwände hinsichtlich der Angemessenheit der darin enthaltenen Vergütungssätze stoße. Dementsprechend setzte die Kommission die endgültige Höhe des Zwangsgelds für den betreffenden Zeitraum auf 899 Mio. Euro fest (Randnrn. 299 und 300 der angefochtenen Entscheidung).

 Verfahren und Anträge der Beteiligten

56      Mit am 9. Mai 2008 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangener Klageschrift hat Microsoft die vorliegende Klage erhoben.

57      Mit am 16. August 2008 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenem Schriftsatz haben der Free Software Foundation Europe e.V. (im Folgenden: FSFE) und Samba Team im vorliegenden Verfahren die Zulassung als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der Kommission beantragt.

58      Mit am 19. August 2008 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Schriftsätzen haben die Software & Information Industry Association (im Folgenden: SIIA) und ECIS im vorliegenden Verfahren die Zulassung als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der Kommission beantragt.

59      Mit am 25. August 2008 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Schriftsätzen haben die International Business Machines Corp. (im Folgenden: IBM) und die Red Hat Inc. im vorliegenden Verfahren die Zulassung als Streithelferinnen zur Unterstützung der Anträge der Kommission beantragt.

60      Mit am 26. August 2008 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenem Schriftsatz hat die Oracle Corp. im vorliegenden Verfahren die Zulassung als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Kommission beantragt.

61      Mit am 25. bzw. 26. August 2008 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Schriftsätzen haben The Computing Technology Industry Association, Inc. (im Folgenden: CompTIA) und die Association for Competitive Technology, Inc. (im Folgenden: ACT) im vorliegenden Verfahren die Zulassung als Streithelferinnen zur Unterstützung der Anträge von Microsoft beantragt.

62      Mit Beschluss vom 20. November 2008 hat der Präsident der Siebten Kammer des Gerichts diese Streitbeitritte zugelassen.

63      Die Streithelfer haben ihre Schriftsätze fristgerecht eingereicht, und die Parteien haben hierzu fristgerecht Stellung genommen.

64      Im Zuge einer Änderung der Zusammensetzung der Kammern des Gerichts ist der Berichterstatter der Zweiten Kammer zugeteilt worden, der die Rechtssache dementsprechend zugewiesen worden ist.

65      Auf Bericht des Berichterstatters hat das Gericht beschlossen, das mündliche Verfahren zu eröffnen, und im Rahmen prozessleitender Maßnahmen die Parteien aufgefordert, bestimmte Unterlagen vorzulegen und weitere Informationen zu erteilen.

66      Microsoft beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären;

–        hilfsweise, das Zwangsgeld aufzuheben oder herabzusetzen;

–        der Kommission und ihren Streithelfern die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

67      Die Kommission beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        Microsoft die Kosten aufzuerlegen.

68      FSFE, Samba Team, SIIA, ECIS, IBM, Red Hat und Oracle beantragen,

–        die Klage abzuweisen;

–        Microsoft die ihnen durch den Beitritt als Streithelfer entstandenen Kosten aufzuerlegen.

69      CompTIA beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären;

–        die ihr durch den Beitritt als Streithelferin entstandenen Kosten der Kommission aufzuerlegen.

70      ACT beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären;

–        hilfsweise, das gegen Microsoft verhängte Zwangsgeld aufzuheben oder herabzusetzen;

–        die ihr durch die Streithilfe entstandenen Kosten der Kommission aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

71      Mit ihren Klagegründen rügt Microsoft erstens, dass es rechtswidrig gewesen sei, ein Zwangsgeld zu verhängen, bevor ihre Verpflichtungen aus Art. 5 der Entscheidung von 2004 hinreichend konkretisiert worden seien, zweitens, dass die Kommission hinsichtlich der Unangemessenheit der Vergütungssätze für die No‑Patent‑Vereinbarung einen Fehler begangen habe, drittens, dass der Kommission ein Fehler in Bezug auf die Kriterien unterlaufen sei, anhand deren sie den innovativen Charakter der Technologien für Protokolle geprüft habe, die Gegenstand der No‑Patent‑Vereinbarung seien, viertens, dass die Heranziehung der Berichte des unabhängigen Überwachungsbeauftragten rechtswidrig sei, fünftens, dass die Verteidigungsrechte verletzt worden seien, und sechstens, dass es für die Verhängung eines Zwangsgelds keine Rechtsgrundlage gebe und das Zwangsgeld überhöht und unverhältnismäßig sei.

72      Ferner macht Microsoft im Rahmen der Klagegründe 1, 2, 3 und 6 geltend, dass die angefochtene Entscheidung unzureichend begründet sei.

 Zum ersten Klagegrund: Rechtswidrigkeit der Verhängung eines Zwangsgelds, bevor die Verpflichtungen von Microsoft aus Art. 5 Buchst. a der Entscheidung von 2004 konkretisiert worden seien

 Vorbringen der Beteiligten

73      Microsoft stützt ihren ersten Klagegrund auf insgesamt vier Rügen.

74      Erstens habe die Kommission ihre Verpflichtung verletzt, ausdrücklich zu erklären, was Microsoft unternehmen müsse, um Art. 5 Buchst. a der Entscheidung von 2004 nachzukommen. Wie sich nämlich aus ihrer Entscheidungspraxis ergebe, sei die Kommission in der Lage gewesen, in der Entscheidung von 2004 anzugeben, auf welche Vergütungssätze Microsoft Anspruch habe. Der Begriff „angemessene Sätze“ schließe Sätze unterschiedlicher Höhe ein. Mit dieser Feststellung werde weder die Rechtmäßigkeit der Entscheidung von 2004 in Frage gestellt noch in Abrede gestellt, dass es möglich sei, Bestimmungen zu erfüllen, die unbestimmte Rechtsbegriffe enthielten, sondern das Recht bestritten, ein Zwangsgeld wegen Verletzung der oben genannten Bestimmung festzusetzen, bevor die sich aus ihr ergebenden Verpflichtungen konkretisiert worden seien.

75      Um die betreffenden Verpflichtungen zu konkretisieren, bevor die Anordnung an Microsoft ergehe, ihnen nachzukommen, habe die Kommission das in Art. 5 Buchst. d der Entscheidung von 2004 vorgesehene Verfahren geschaffen. Wie die Kommission in ihren Mitteilungen der Beschwerdepunkte an Microsoft von August 2000 und August 2003 erklärt habe und aus Randnr. 995 der Entscheidung von 2004 hervorgehe, habe sie sich für den Fall, dass die von Microsoft vorgeschlagenen Maßnahmen nicht zufriedenstellend seien, vorbehalten, die nötigen Maßnahmen im Wege einer Entscheidung anzuordnen. Die Kommission habe sich jedoch hartnäckig geweigert, zu konkretisieren, was sie unter „angemessenen Vergütungssätzen“ verstehe, obwohl sie im Hinblick auf die Obliegenheiten, die sie aufgrund von Art. 5 der Entscheidung von 2004 übernommen habe, Microsoft im Wege einer Entscheidung ausdrücklich formulierte Konditionen hätte vorschreiben müssen. Da die WSPP‑Preisfindungsgrundsätze nur Leitlinien bereitstellten, aus denen sich kein genauer Satz ergebe, könnten sie hierfür nicht als ausreichend erachtet werden. Das Vorbringen, mit dem den Interoperabilitätsinformationen ein eigenständiger Wert abgesprochen und behauptet werde, dass diese Informationen üblicherweise kostenlos zur Verfügung gestellt würden, sei sachlich unzutreffend und in Anbetracht des Abschlusses von Lizenzvereinbarungen nach der Vergütungsregelung von Microsoft nicht plausibel.

76      Zweitens macht Microsoft geltend, dass die Vorgehensweise der Kommission gegen Art. 24 der Verordnung Nr. 1/2003 verstoße, da die Verhängung eines Zwangsgelds, mit dem eine Person zu einem bestimmten Verhalten gezwungen werden solle, voraussetze, dass die Verpflichtungen der betreffenden Person genau festgelegt seien, und die Verhängung des Zwangsgelds andernfalls die Grundrechte verletze. Im vorliegenden Fäll hätte die Kommission, die nicht zur Einleitung des Verfahrens des Art. 24 der Verordnung Nr. 1/2003 berechtigt sei, wenn sie nicht genau wisse, was Microsoft tun müsse, um der Entscheidung von 2004 nachzukommen, den unabhängigen Überwachungsbeauftragten hinzuziehen können, um die Verpflichtungen von Microsoft im erforderlichen Maß zu konkretisieren.

77      Unterstützt von CompTIA führt Microsoft drittens aus, die Kommission habe dadurch, dass sie ein Zwangsgeld verhängt habe, bevor sie die Verpflichtungen von Microsoft im erforderlichen Maß konkretisiert habe, gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung verstoßen. Hierzu trägt CompTIA vor, dass das Handeln der Kommission durch einen Mangel an Transparenz, Objektivität und Fairness gekennzeichnet sei, während das verhängte Zwangsgeld willkürlich und im Hinblick auf die Umstände des vorliegenden Falles unverhältnismäßig sei. Das Verhalten der Kommission, so CompTIA weiter, sei eine Quelle von Gefahren und von Unsicherheit, die zum Nachteil der Verbraucher die Motivation für Innovationen untergrabe.

78      Schließlich trägt Microsoft viertens vor, die Kommission habe dadurch, dass sie sich geweigert habe, eine rechtsbehelfsfähige Entscheidung zu erlassen, mit der die Verpflichtungen aus Art. 5 Buchst. a der Entscheidung von 2004 hinsichtlich der Vergütungssätze konkretisiert würden, de facto Microsoft gezwungen, ihre Aufforderungen zur Senkung der Vergütungssätze für alle WSPP‑Vereinbarungen zu befolgen, ohne deswegen die Rechtmäßigkeit der fraglichen Aufforderungen gerichtlich prüfen lassen zu können. Damit sei Microsoft ihr Recht auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz gegen diese – immer noch „vorläufigen“ – Beurteilungen durch die Kommission genommen worden. Selbst wenn sich Microsoft geweigert hätte, ihre Vorschläge zu überarbeiten, oder eine Schadensersatz‑ oder Untätigkeitsklage erhoben hätte, hätten darüber hinaus diese Klagen die Kommission nicht zu einer Entscheidung veranlasst, mit der ein angemessener Vergütungssatz festgelegt worden wäre.

79      Da Microsoft diese Ausführungen im Lauf des Verwaltungsverfahrens wiederholt vorgetragen habe, ohne jedoch eine Antwort zu erhalten, auch nicht in der angefochtenen Entscheidung, sei Letztere zudem unzureichend begründet.

80      ACT macht geltend, dass Microsoft die am besten geeigneten Methoden angewandt habe, um ihre Verpflichtungen aus Art. 5 Buchst. a der Entscheidung von 2004 zu definieren, während sich die Kommission darauf beschränkt habe, die Ergebnisse der hierauf bezogenen Untersuchungen zurückzuweisen, ohne wenigstens die Klarstellungen vorzunehmen, die Microsoft benötigt habe, um den fraglichen Verpflichtungen nachzukommen. Außerdem habe die Kommission nur von den Unternehmen, die ihren Standpunkt unterstützt hätten, Auskünfte erbeten.

81      Die Kommission und die sie unterstützenden Streithelfer halten den vorliegenden Klagegrund für unbegründet und fügen hinzu, dass sich Microsoft im Rahmen der vorliegenden Klage nicht auf eine angebliche Ungenauigkeit der Entscheidung von 2004 in Bezug auf die Festlegung ihrer Verpflichtungen berufen könne.

 Würdigung durch das Gericht

82      Von vornherein zurückzuweisen ist das Vorbringen der Kommission, wonach Microsoft die Rechtmäßigkeit der Entscheidung von 2004 in Frage stelle. Wie nämlich den Schriftsätzen von Microsoft zu entnehmen ist, stützen sich ihre Erwägungen nicht auf eine angebliche Rechtswidrigkeit von Art. 5 Buchst. a dieser Entscheidung, sondern darauf, dass die Kommission kein Zwangsgeld wegen Verletzung der fraglichen Bestimmung gegen sie verhängen dürfe, ohne zuvor im Wege einer rechtsbehelfsfähigen Entscheidung festgestellt zu haben, welchen Vergütungssatz sie für angemessen halte. Diese Problematik betrifft offensichtlich die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung, aufgrund deren das Zwangsgeld verhängt wurde.

83      Sodann ist darauf hinzuweisen, dass, wie aus Randnr. 280 der angefochtenen Entscheidung hervorgeht, das fragliche Zwangsgeld mit der Begründung verhängt wurde, dass Microsoft unter Verstoß gegen die in Art. 5 Buchst. a der Entscheidung von 2004 aufgestellte Verpflichtung weder den Zugang zu Interoperabilitätsinformationen, die unter die No‑Patent‑Vereinbarung fielen, gewährt noch deren Nutzung zu „angemessenen Bedingungen“ gestattet habe.

84      Zu der zuletzt genannten Bestimmung ist festzustellen, dass die Anordnung der gesetzlich vorgesehenen Abhilfemaßnahmen nicht deshalb unmöglich wird, weil zur Formulierung von Regeln, deren Verletzung die zivilrechtliche, verwaltungsrechtliche oder sogar strafrechtliche Haftung des Zuwiderhandelnden auslöst, unbestimmte Rechtsbegriffe herangezogen werden, sofern der Rechtsunterworfene anhand des Wortlauts der einschlägigen Bestimmung und nötigenfalls mit Hilfe ihrer Auslegung durch die Gerichte erkennen kann, welche Handlungen und Unterlassungen seine Haftung begründen (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofs vom 3. Mai 2007, Advocaten voor de Wereld, C‑303/05, Slg. 2007, I‑3633, Randnr. 50, und vom 22. Mai 2008, Evonik Degussa/Kommission, C‑266/06 P, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 39).

85      Insoweit ist nach einer ständigen Rechtsprechung (Beschluss des Gerichtshofs vom 10. Juli 2001, Irish Sugar/Kommission, C‑497/99 P, Slg. 2001, I‑5333, Randnr. 15, sowie Urteile des Gerichts vom 11. März 1999, Eurofer/Kommission, T‑136/94, Slg. 1999, II‑263, Randnr. 271, und vom 10. April 2008, Deutsche Telekom/Kommission, T‑271/03, Slg. 2008, II‑477, Randnr. 252) der verfügende Teil der Entscheidung von 2004 im Licht ihrer Begründung zu lesen und auszulegen. Nach ihrer Randnr. 1003 soll mit dieser Entscheidung gewährleistet werden, dass die Wettbewerber von Microsoft, indem sie die offengelegten Spezifikationen implementieren, Produkte entwickeln können, die mit der im marktbeherrschenden Windows-Betriebssystem für Client-PCs nativ unterstützten Windows-Domänenarchitektur interoperieren und dadurch nachhaltig mit dem Betriebssystem für Arbeitsgruppenserver von Microsoft konkurrieren können. Ferner darf Randnr. 1008 Ziff. ii der Entscheidung von 2004 zufolge jegliche Vergütung, die Microsoft als Gegenleistung für den Zugang zu den Interoperabilitätsinformationen und deren Nutzung verlangen könnte, keinesfalls den strategischen Wert der Macht von Microsoft auf dem Markt für Betriebssysteme für Client‑PCs oder dem Markt für Betriebssysteme für Arbeitsgruppenserver widerspiegeln.

86      In diesem Zusammenhang nahm Microsoft nach Verhandlung mit der Kommission (Randnrn. 39, 111 und 113 der angefochtenen Entscheidung) im Mai 2005 die WSPP‑Preisfindungsgrundsätze in die WSPP‑Vereinbarungen auf. So erklärt Microsoft in Section 7.5 der No‑Patent‑Vereinbarung (in ihrer Fassung vom 21. Mai 2007), dass sie diese Preisfindungsgrundsätze bei der Ausarbeitung der Tabelle ihrer Vergütungen angewandt habe, und gibt an, dass nach Section 7.7(d) derselben Vereinbarung der unabhängige Überwachungsbeauftragte und der High Court of Justice befugt seien, sie zum Handeln zu zwingen, wenn sie gegen die betreffenden Preisfindungsgrundsätze verstoße.

87      Zum Inhalt der oben in Randnr. 31 erläuterten WSPP‑Preisfindungsgrundsätze ist festzustellen, dass sie kumulative und hinreichend genaue Kriterien vorsehen, anhand deren Microsoft beurteilen kann, ob eine bestimmte Technologie einen eigenständigen Wert besitzt, der sich von ihrem strategischen Wert unterscheidet, wie er in Randnr. 1008 Ziff. ii der Entscheidung von 2004 und den genannten Preisfindungsgrundsätzen beschrieben ist. Zudem lässt nichts darauf schließen, dass diese auf Art. 5 der Entscheidung von 2004 gestützten Preisfindungsgrundsätze sich für eine Anwendung durch den unabhängigen Überwachungsbeauftragten und den High Court of Justice eignen, aber nicht genügen, damit sich Microsoft dieser Bestimmung entsprechend verhält oder die Kommission ihre Aufgabe wahrnimmt, dieses Verhalten zu überwachen.

88      Folglich war die Kommission berechtigt, gegen Microsoft ein Zwangsgeld wegen Nichteinhaltung der Verpflichtungen aus Art. 5 Buchst. a der Entscheidung von 2004 zu verhängen, da diese Bestimmung die oben in Randnr. 84 erläuterten Bedingungen erfüllt.

89      Hinzuzufügen ist, dass die Kommission in einem Schreiben vom 18. April 2005 Microsoft dargelegt hat, dass jegliche Vergütung pauschal sein müsse und nicht im Verhältnis zu den Einnahmen aus dem Verkauf der von den Wettbewerbern von Microsoft verkauften Produkte stehen dürfe. Wie SIIA vorträgt, hat zudem am 1. März 2007 Herr B., Senior Vice President, General Counsel and Corporate Secretary von Microsoft, im Rahmen einer Pressekonferenz, deren Transkript sich auf der Website von Microsoft findet, erklärt, dass die WSPP‑Preisfindungsgrundsätze zwar recht komplex, aber „sehr klar“ seien.

90      Das Vorbringen von Microsoft, wonach die Kommission im Wege einer rechtsbehelfsfähigen Entscheidung selbst den angemessenen Vergütungssatz hätte festlegen müssen, bevor sie ein Zwangsgeld habe verhängen dürfen, ist ebenfalls unbegründet.

91      Wie sich nämlich aus der obigen Randnr. 84 ergibt, hindert die Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe in einer Bestimmung nicht an der Feststellung der Haftung des Zuwiderhandelnden. Wie die Kommission bemerkt, könnte andernfalls ein Verstoß gegen die Art. 101 oder 102 AEUV, die ihrerseits mit Hilfe unbestimmter Rechtsbegriffe, wie der Verfälschung des Wettbewerbs oder dem „Missbrauch“ einer beherrschenden Stellung, abgefasst sind, nicht mit einer Geldbuße geahndet werden, bevor eine die Zuwiderhandlung feststellende Entscheidung erlassen worden ist.

92      Entgegen den Ausführungen von Microsoft (siehe oben in Randnr. 75) hat Art. 5 Buchst. d der Entscheidung von 2004 ausschließlich zum Ziel, das Unternehmen zu zwingen, die Maßnahmen zu beschließen und der Kommission mitzuteilen, die es ergreifen will, um seinen Verpflichtungen aus den Buchst. a bis c derselben Bestimmung nachzukommen. Dieser Artikel begründet also eine Verpflichtung, mit der es, wie darin dargelegt wird, der Kommission ermöglicht werden soll, vor Ablauf der in Buchst. a vorgeschriebenen Frist von 120 Tagen die Maßnahmen zu beurteilen, die Microsoft zu ergreifen beabsichtigt, um die Zuwiderhandlung abzustellen. Somit ergibt sich weder aus Art. 5 Buchst. d der Entscheidung von 2004 und erst recht nicht aus ihrer Randnr. 995, dass sich die Kommission in welcher Art und Weise auch immer verpflichtet hätte, im Wege einer Entscheidung einen angemessenen Vergütungssatz festzulegen, bevor sie ein Zwangsgeld verhängt.

93      Zu ergänzen ist insoweit, dass das aufgrund der angefochtenen Entscheidung verhängte Zwangsgeld den Zeitraum vom 21. Juni 2006 bis zum 21. Oktober 2007 abdeckt. Wie sich aber aus Randnr. 101 der Entscheidung von 2005 und Randnr. 232 der Entscheidung von 2006 (oben in Randnrn. 15 und 16 angeführt) ergibt, hatte Microsoft bis zum 20. Juni 2006 nicht einmal eine genaue und vollständige Fassung der Interoperabilitätsinformationen vorgelegt, so dass es der Kommission, selbst wenn sie es für angezeigt gehalten hätte, angemessene Vergütungssätze festzulegen, unmöglich gewesen wäre, dies zu tun.

94      Des Weiteren ist die Unterscheidung zwischen einer Geldbuße und einem Zwangsgeld, die Microsoft einzuführen versucht (siehe oben in Randnr. 76), für die im Rahmen des vorliegenden Klagegrundes aufgeworfene Frage ohne Bedeutung. Denn zum einen sind eine aufgrund von Art. 23 der Verordnung Nr. 1/2003 verhängte Geldbuße und ein endgültiges Zwangsgeld wie das hier in Rede stehende, das gemäß Art. 24 Abs. 2 derselben Verordnung verhängt wird, jeweils Folgen einer Zuwiderhandlung gegen die Art. 101 oder 102 AEUV sowie einer Entscheidung, mit der aufgegeben wird, die fragliche Zuwiderhandlung abzustellen, und gegebenenfalls verhaltensorientierte Abhilfemaßnahmen auferlegt werden. Zum anderen beziehen sich die Geldbuße und das Zwangsgeld beide auf das Verhalten des Unternehmens, wie es in der Vergangenheit zutage getreten ist, und müssen beide abschreckende Wirkung haben, um zu verhindern, dass die Zuwiderhandlung sich wiederholt oder fortgesetzt wird. In Anbetracht dieser Gemeinsamkeit der Merkmale und Ziele ist eine Unterscheidung in Bezug auf den Grad der Genauigkeit dessen, was ein Unternehmen zu tun oder zu lassen hat, um die Wettbewerbsregeln einzuhalten, bevor an das Unternehmen eine Entscheidung ergeht, mit der eine Geldbuße verhängt wird, oder aber eine Entscheidung, mit der ein Zwangsgeld auferlegt wird, durch nichts gerechtfertigt.

95      Microsoft hat durchaus recht mit ihrer Ansicht, dass mehrere Sätze unter den Begriff „angemessene Vergütungssätze“ fallen könnten. Diese Auffassung bestätigt jedoch die Begründetheit der These der Kommission, wonach es nicht an ihr sei, unter den angemessenen Vergütungssätzen im Sinne der Entscheidung von 2004 einen bestimmten Satz zu wählen und ihn Microsoft vorzuschreiben. Denn die Kommission ist zwar befugt, eine Zuwiderhandlung festzustellen und den betroffenen Parteien aufzugeben, sie abzustellen, doch steht es ihr nicht zu, den Parteien ihre eigene Wahl unter den verschiedenen möglichen Verhaltensweisen aufzuzwingen, die allesamt dem Vertrag oder einer Entscheidung entsprechen, mit der verhaltensorientierte Abhilfemaßnahmen vorgeschrieben werden, wie der angefochtenen Entscheidung von 2004 (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 18. September 1992, Automec/Kommission, T‑24/90, Slg. 1992, II‑2223, Randnr. 52). Hat das Unternehmen eine dieser möglichen Verhaltensweisen gewählt, darf die Kommission folglich weder eine Zuwiderhandlung feststellen noch ein Zwangsgeld verhängen, nur weil sie eine andere Verhaltensweise vorzieht. Demnach ist es Sache von Microsoft, Rechte auf Zugang zu den Interoperabilitätsinformationen und deren Nutzung zu angemessenen Vergütungssätzen im Sinne von Art. 5 Buchst. a der Entscheidung von 2004 zu gewähren, ohne dass die Kommission ein Zwangsgeld gegen sie verhängen kann, falls sie der Ansicht sein sollte, dass die fraglichen Sätze angemessen sind, aber andere, möglicherweise „noch angemessenere“ Sätze hätten vorgeschlagen werden sollen.

96      Unter diesen Umständen ist das Vorbringen, mit dem Microsoft einen Verstoß gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung rügt (siehe oben in Randnr. 77), zurückzuweisen.

97      Schließlich kann Microsoft auch mit ihrem Vorbringen in Bezug auf eine Verletzung des Rechts auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz keinen Erfolg haben. Insoweit genügt die Feststellung, dass sich Microsoft im Rahmen des vorliegenden Verfahrens gegen die Beurteilung der Kommission in Bezug auf den innovativen Charakter der fraglichen Technologien und daraus folgend auf die Angemessenheit der geforderten Vergütungssätze wendet. Die Rüge von Microsoft besteht daher im Kern darin, dass sie diese Beurteilung früher hätte beanstanden können, wenn die Kommission im Wege einer Entscheidung den angemessenen Satz festgelegt hätte. Wenn dies aber der Wille von Microsoft gewesen wäre, hätte sie, anstatt einen langen Dialog mit der Kommission aufzunehmen und die verlangten Sätze nach und nach zu senken, zunächst so schnell wie möglich eine genaue und vollständige Fassung der Interoperabilitätsinformationen übermitteln und anschließend die von ihr für angemessen erachteten Vergütungssätze endgültig beschließen können. In diesem Fall wäre, wenn die Kommission die fraglichen Sätze für unangemessen gehalten hätte, eine Entscheidung wie die hier angefochtene früher ergangen. Das Recht von Microsoft auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz ist daher in keiner Art und Weise beeinträchtigt worden.

98      Der Teil des vorliegenden Klagegrundes, mit dem eine Verletzung der Begründungspflicht geltend gemacht wird, weil die Kommission auf diese, auch während des Verwaltungsverfahrens vorgetragenen Argumente nicht eingegangen sei, ist ebenfalls zurückzuweisen.

99      Nach ständiger Rechtsprechung muss die in Art. 253 EG vorgeschriebene Begründung der Natur des betreffenden Rechtsakts angepasst sein und die Überlegungen des Gemeinschaftsorgans, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und der Gerichtshof seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann. Das Begründungserfordernis ist nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach dem Inhalt des Rechtsakts, der Art der angeführten Gründe und nach dem Interesse zu beurteilen, das die Adressaten oder andere durch den Rechtsakt unmittelbar und individuell betroffene Personen an Erläuterungen haben können. In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich oder rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob die Begründung eines Rechtsakts den Erfordernissen des Art. 253 EG genügt, nicht nur anhand ihres Wortlauts, sondern auch anhand ihres Kontexts sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet zu beurteilen ist (Urteil des Gerichtshofs vom 30. März 2000, VBA/Florimex u. a., C‑265/97 P, Slg. 2000, I‑2061, Randnr. 93).

100    Wie sich aus der vorausgehenden Prüfung ergibt, hindern die Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet keineswegs an der Verhängung eines Zwangsgelds ohne vorherige Festlegung des Vergütungssatzes, der aus Sicht der Kommission im Sinne von Art. 5 Buchst. a der Entscheidung von 2004 angemessen wäre. Unter diesen Umständen erfüllt die Kommission ihre Begründungspflicht, wenn sie klar und eindeutig darlegt, aus welchen Gründen die von Microsoft verlangten Vergütungssätze nicht angemessen waren; eine Begründung speziell zu der Befugnis, ohne vorherige Festlegung des angemessenen Satzes durch die Kommission ein Zwangsgeld zu verhängen, ist hierfür nicht erforderlich.

101    Der erste Klagegrund ist somit zurückzuweisen.

 Zum zweiten Klagegrund: Fehler der Kommission hinsichtlich der Unangemessenheit der Vergütungssätze für die No‑Patent‑Vereinbarung

 Vorbringen der Beteiligten

102    Microsoft trägt vor, angesichts der Unbestimmtheit des Begriffs der angemessenen Vergütung und der Weigerung der Kommission, die Verpflichtungen von Microsoft zu konkretisieren, habe sich Microsoft bereit erklärt, einen Mechanismus zu schaffen, der es ermögliche, die Vergütungssätze mit potenziellen Lizenznehmern auszuhandeln, und sich der schiedsrichterlichen Zuständigkeit des unabhängigen Überwachungsbeauftragten zu unterwerfen. Außerdem habe Microsoft auf Ersuchen der Kommission sogar Vergütungssätze festgelegt, die wesentlich niedriger gewesen seien als diejenigen, die die weltbekannte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers, gestützt auf die Bewertung der zutreffend als vergleichbar angesehenen Technologien und aufgrund weltweit anerkannter Methoden vorgeschlagen habe. Wie jedoch allgemein bekannt sei, dienten selbst diese Sätze nur als Ausgangspunkt für die Verhandlungen mit den potenziellen Vertragspartnern und könne, falls keine Einigung erzielt werde, der unabhängige Überwachungsbeauftragte angerufen werden, um in Anwendung der WSPP‑Preisfindungsgrundsätze einen angemessenen Satz zu bestimmen. Selbst wenn die Kommission nicht mit der Beurteilung durch die externen Fachleute einverstanden sei, die Microsoft in gutem Glauben und mit dem Ziel, der Entscheidung von 2004 nachzukommen, beauftragt habe, könne nicht angenommen werden, dass Microsoft unangemessene oder gar diskriminierende Vergütungssätze angewandt habe, da keiner ihrer Vertragspartner es für angezeigt gehalten habe, den unabhängigen Überwachungsbeauftragten anzurufen, nicht einmal während der Verhandlungen, obwohl die Stellung von Microsoft wegen der Drohung mit einem sehr hohen Zwangsgeld geschwächt gewesen sei. Jedenfalls stelle die Einführung dieses Streitbeilegungsmechanismus mit dem Einverständnis von Microsoft sicher, dass jegliche letztlich gezahlte Vergütung den vom Überwachungsbeauftragten angewandten WSPP-Preisfindungsgrundsätzen entspreche und damit angemessen sei.

103    Folglich liege der Grund, aus dem einige Unternehmen nicht einmal mit Microsoft verhandelt und auch nicht den unabhängigen Überwachungsbeauftragten angerufen hätten, nicht darin, dass die von ihr vorgeschlagenen Vergütungssätze unangemessen gewesen seien, sondern darin, dass sie nicht dem Argument gefolgt seien, wonach die fraglichen Protokolle nicht innovativ seien.

104    Microsoft weist auch das Vorbringen, wonach die Unternehmen, die Lizenzvereinbarungen geschlossen hätten, für den strategischen Wert der fraglichen Technologien bezahlt hätten und keine Wettbewerber von Microsoft seien, als sachlich unzutreffend zurück.

105    Dass die mit Microsoft geschlossenen Vereinbarungen die All‑IP‑Vereinbarung beträfen, sei nicht von Bedeutung, da sich hieraus nicht ergebe, dass die für die No‑Patent‑Vereinbarung vorgeschlagenen Vergütungssätze unangemessen seien, und die technische Dokumentation in beiden Fällen identisch sei.

106    Nachdem Microsoft diese Argumente im Lauf des Verwaltungsverfahrens wiederholt vorgetragen habe, ohne jedoch eine Antwort zu erhalten, auch nicht in der angefochtenen Entscheidung, sei diese Entscheidung auch mangelhaft begründet.

107    Angesichts der Weigerung der Kommission, zu konkretisieren, welche Vergütungssätze sie für angemessen halte, habe sich Microsoft zudem verpflichtet, rückwirkend ab dem Tag, an dem die Entscheidung von 2004 erlassen worden sei, jedweden Satz anzuwenden, der bei Beendigung des Austauschs mit der Kommission als angemessen festgelegt werde, so dass die eventuellen Lizenznehmer sicher sein könnten, letztlich nur einen angemessenen Preis zu zahlen. Soweit die Kommission behaupte, dass die von Microsoft nur vorgeschlagenen und nicht „angewandten“ Vergütungssätze abschreckende Wirkung hätten, handele es sich bloß um eine nicht durch Beweise gestützte Unterstellung.

108    Wenn die Kommission es für so wichtig halte, dass die potenziellen Lizenznehmer die Kosten für die Lizenzen genau kalkulieren könnten, hätte sie eine Entscheidung erlassen müssen, in der der höchste angemessene Satz bestimmt sei, anstatt einen Schiedsmechanismus vorzuschreiben.

109    Unterstützt von CompTIA führt Microsoft aus, dass das Ergebnis der Verhandlungen mit Wirtschaftsteilnehmern, die nicht mit Microsoft verbunden seien, der zuverlässigste Indikator für die Angemessenheit eines bestimmten Vergütungssatzes sei. Schon vier Unternehmen hätten aus eigenem Antrieb Vereinbarungen über den Zugang zu den Interoperabilitätsinformationen selbst zu einem Preis geschlossen, der über demjenigen liege, den die Kommission für unangemessen halte, was nicht zugunsten theoretischer und abstrakter Bewertungskonstruktionen übergangen werden dürfe. Ferner ist es CompTIA zufolge im Verhandlungsstadium unmöglich, zu wissen, ob die fraglichen Unternehmen konkurrierende Technologien zu denen von Microsoft entwickeln wollten, was im Hinblick auf den Gegenstand der Entscheidung von 2004 ohnehin nicht von Bedeutung sei.

110    Microsoft ergänzt, dass die Entscheidung von 2004 ihr weder verbiete, Vergütungssätze zu fordern, die im Verhältnis zu den Einnahmen der Lizenznehmer stünden, noch vorschreibe, sich dem Geschäftsmodell jedes ihrer potenziellen Vertragspartner anzupassen.

111    Schließlich habe die Kommission verkannt, dass die No‑Patent‑Vereinbarung ungeachtet ihres Namens den Interessenten das Recht einräume, die von Microsoft patentierten Innovationen zu nutzen. Wenn die Kommission der Meinung sei, dass die Zusage von Microsoft, keine Rechte aus den zugehörigen Patenten geltend zu machen, nicht die gewünschte Wirkung habe, solle sie dies im Rahmen des vorliegenden Verfahrens klar zum Ausdruck bringen.

112    Die Kommission und die sie unterstützenden Streithelfer halten diesen Klagegrund für unbegründet.

 Würdigung durch das Gericht

113    Soweit Microsoft vorträgt, dass die in dem von der angefochtenen Entscheidung abgedeckten Zeitraum verlangten Vergütungssätze nur Vorschläge gewesen seien, die der Aufnahme von Verhandlungen gedient hätten, an deren Ende angemessene Sätze stünden, ist ihr Vorbringen ohne Weiteres zurückzuweisen. Mit Art. 5 Buchst. a der Entscheidung von 2004 soll Microsoft nämlich nicht nur verpflichtet werden, Verhandlungen mit jedem Unternehmen aufzunehmen, das Betriebssysteme für Arbeitsgruppenserver zu entwickeln und zu vertreiben beabsichtigt, sondern auch gezwungen werden, ihm zu angemessenen und nicht diskriminierenden Bedingungen die Interoperabilitätsinformationen offenzulegen und deren Nutzung zu diesem Zweck zu gestatten.

114    Folglich war Microsoft mit Ablauf der durch Art. 5 Buchst. a der Entscheidung von 2004 gewährten Frist von 120 Tagen verpflichtet, solche Bedingungen von sich aus vorzuschlagen. Darauf, dass die Vergütungssätze, die Microsoft in dem von der angefochtenen Entscheidung abgedeckten Zeitraum vorschlug, niedriger gewesen sein sollen als diejenigen, zu denen PricewaterhouseCoopers in ihrem Bericht vom 23. April 2007 geraten hätte, kommt es dementsprechend nicht an, umso mehr, als dieser Bericht keine Untersuchung in Bezug auf den innovativen Charakter der fraglichen Technologien enthält. Was ferner die fehlende Definition des Begriffs der angemessenen Vergütung und die Pflichten betrifft, die die Kommission insoweit treffen, ist auf die Erwägungen oben in den Randnrn. 84 bis 95 hinzuweisen.

115    Dem Argument von Microsoft, dass die Einführung des Mechanismus des unabhängigen Überwachungsbeauftragten mit ihrem Einverständnis sicherstelle, dass jede letztlich gezahlte Vergütung den vom Überwachungsbeauftragten angewandten WSPP-Preisfindungsgrundsätzen entspreche und damit angemessen sei, kann nicht gefolgt werden. Wie oben in den Randnrn. 113 und 114 ausgeführt, bestand nämlich die Microsoft mit der Entscheidung von 2004 auferlegte Verpflichtung darin, von sich aus zu angemessenen und nicht diskriminierenden Bedingungen die Interoperabilitätsinformationen offenzulegen und deren Nutzung zu gestatten. Unter diesen Umständen sollen durch die Existenz eines Schiedsmechanismus, mit dem ein unabhängiger Überwachungsbeauftragter betraut ist, allenfalls die Folgen gemildert werden, die sich ergeben, falls das beherrschende Unternehmen bei seinem missbräuchlichen Verhalten bleibt, damit gegebenenfalls auftretende Meinungsverschiedenheiten schnell und vor allem unter Ausnutzung eines besonders hohen Niveaus an Fachwissen geschlichtet werden. Die Einführung eines solches Mechanismus kann jedoch nicht sicherstellen, dass die Wettbewerbssituation so wiederhergestellt wird, wie sie gewesen wäre, wenn Microsoft von sich aus zu angemessenen Bedingungen einen Zugang zu den Interoperabilitätsinformationen vorgeschlagen hätte. Diese Feststellung gilt umso mehr im Rahmen von Märkten, die sich schnell entwickeln und in denen die Entwicklung von Produkten wie den hier in Rede stehenden von Investitionen abhängt, deren Fixkosten sehr hoch sind und von den Interessenten im Voraus kalkuliert werden können müssen. Wie die Kommission in Beantwortung einer schriftlichen Frage des Gerichts ausgeführt hat, ohne dass Microsoft dem entgegengetreten wäre, konnten die Interoperabilitätsinformationen zudem erst am 23. November 2006 in dem Sinne als in einer genauen und vollständigen Fassung offengelegt betrachtet werden, dass ein Entwurf für die Entwicklung eines Software‑Produkts auf diese Informationen gestützt werden konnte. Demnach fehlte dem unabhängigen Überwachungsbeauftragten wenigstens bis zu diesem Datum weitgehend schon die Grundlage für seine Aufgabe als Schiedsrichter über die Angemessenheit der von Microsoft vorgeschlagenen Preise. Die Existenz eines erst nach Abschluss einer No‑Patent‑Vereinbarung zum Zuge kommenden Schiedsmechanismus kann daher nicht als Faktor gesehen werden, der geeignet wäre, die mit der Nichteinhaltung der Verpflichtungen aus Art. 5 Buchst. a der Entscheidung von 2004 verbundenen Folgen vollständig zu beheben.

116    Das Gleiche gilt für die Klausel „Beschleunigtes Verfahren zur Beilegung von Streitigkeiten“ in den Fassungen der Vereinbarungen für die Bewertung der technischen Dokumentation von Oktober 2005 und Februar 2006 (siehe oben in Randnr. 23), auf die in Fn. 136 der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen wird. Wie sich nämlich aus ihrem Wortlaut ergibt, der laut Microsoft in den Fassungen von Februar 2007 identisch ist, muss im Fall einer Meinungsverschiedenheit zwischen Microsoft und einem potenziellen Lizenznehmer über die Vereinbarkeit der geforderten Preise oder der Kategorisierung der Technologien mit den WSPP‑Preisfindungsgrundsätzen oder gar über die Bestimmungen einer WSPP‑Vereinbarung der Lizenznehmer Microsoft schriftlich mitteilen, aus welchen Gründen er der Auffassung ist, dass Microsoft nicht ihren Verpflichtungen nachkommt. Wird innerhalb einer Frist von 15 Arbeitstagen keine Einigung erzielt, kann sich der potenzielle Lizenznehmer an den unabhängigen Überwachungsbeauftragten wenden, der ermächtigt ist, eine Stellungnahme zu dieser Frage abzugeben. In einem solchen Fall soll Microsoft verpflichtet sein, innerhalb einer Frist von zwei Wochen schriftlich mitzuteilen, aus welchen Gründen die betreffenden Preise oder Bestimmungen aus ihrer Sicht gerechtfertigt sind.

117    Aus der Klausel „Beschleunigtes Verfahren zur Beilegung von Streitigkeiten“ geht eindeutig hervor, dass der darin vorgesehene Mechanismus dem unabhängigen Überwachungsbeauftragten keine Befugnis verleiht, nach einer Vorabkontrolle im Hinblick auf den zukünftigen Abschluss einer WSPP‑Vereinbarung den WSPP‑Preisfindungsgrundsätzen entsprechende Vergütungssätze vorzuschreiben, sondern nur die Befugnis, eine Stellungnahme hierzu abzugeben, und dass Microsoft unter Darlegung der Gründe für ihre Entscheidung ihren Standpunkt aufrechterhalten kann. Selbst wenn man davon absieht, dass Microsoft nach Art. 5 Buchst. a der Entscheidung von 2004 verpflichtet war, von sich aus angemessene und nicht diskriminierende Bedingungen vorzuschlagen, ist somit festzustellen, dass der betreffende Mechanismus nicht geeignet war, ein Ergebnis zu gewährleisten, das dem von der genannten Bestimmung angestrebten Resultat gleichkommt.

118    Ferner ändert der Umstand, dass Microsoft sich verpflichtet hat, rückwirkend die von der Kommission als angemessen akzeptierten Sätze anzuwenden, nichts daran, dass diese Sätze in dem durch die angefochtene Entscheidung abgedeckten Zeitraum, d. h. deutlich nach Ablauf der in Art. 5 Buchst. a der Entscheidung von 2004 gesetzten Frist, den Unternehmen, die Betriebssysteme für Arbeitsgruppenserver entwickeln und vertreiben wollten, von Microsoft nicht angeboten wurden.

119    Dass einige Unternehmen Vereinbarungen mit Microsoft zu den von ihr verlangten Sätzen geschlossen haben, ohne sich an den unabhängigen Überwachungsbeauftragten zu wenden, genügt im Übrigen nicht, um die Stichhaltigkeit der Ausführungen zum innovativen Charakter der fraglichen Technologien in den Randnrn. 165 bis 219 der angefochtenen Entscheidung in Frage zu stellen. Denn erstens handelt es sich, wie Microsoft einräumt, bei den fraglichen Vereinbarungen um solche des Typs All IP, was bedeutet, dass sie auch von Microsoft patentierte Technologien betreffen, deren innovativen Charakter die Kommission nicht bezweifelt hat. Selbst wenn die Tatsache, dass die fraglichen Vereinbarungen solche des Typs All IP sind, nicht beweist, dass die von Microsoft im Rahmen der No‑Patent‑Vereinbarung geforderten Vergütungssätze unangemessen sind, beweist sie also auch nicht das Gegenteil. Angenommen, die Verantwortlichen dieser Gesellschaften wären vom innovativen Charakter der fraglichen Technologien überzeugt gewesen, lautet zweitens die entscheidende Frage, ob die Prüfung, die die Kommission insoweit vorgenommen hat, objektiv den in diesem Bereich anwendbaren Regeln entspricht; dieser Frage wird im Rahmen des dritten Klagegrundes nachgegangen.

120    Zudem ist klarzustellen, dass die Entscheidung von 2004 Microsoft zwar nicht verbietet, Vergütungssätze zu fordern, die im Verhältnis zu den Einnahmen der Lizenznehmer stehen, solche Sätze aber nur verlangt werden dürfen, wenn sie einen anderen Wert repräsentieren als den strategischen Wert der fraglichen Technologien (vgl. Randnr. 1008 Ziff. ii der Entscheidung von 2004). Die von der Kommission im Rahmen der angefochtenen Entscheidung vorgenommene Prüfung bezieht sich aber gerade auf diesen zuletzt genannten Aspekt. Ferner ist festzustellen, dass die Entscheidung von 2004 – vorbehaltlich der Verpflichtung, die Interoperabilitätsinformationen unter nicht diskriminierenden Bedingungen zur Verfügung zu stellen – hinsichtlich der Möglichkeit eines jeglichen potenziellen Vertragspartners von Microsoft, je nach seinem Geschäftsmodell eine Vereinbarung mit ihr zu schließen, neutral ist. Das Gleiche gilt erst recht für die angefochtene Entscheidung, und zwar in dem Sinne, dass das Verhalten von Microsoft auf der Grundlage des innovativen Charakters der fraglichen Technologien untersucht wird und nicht der Möglichkeit für jeden der potenziellen Vertragspartner, je nach seinem Geschäftsmodell eine Vereinbarung mit ihr zu schließen. Das oben in Randnr. 110 zusammengefasste Vorbringen von Microsoft ist daher als ins Leere gehend zurückzuweisen.

121    Soweit Microsoft vorträgt, dass die No‑Patent‑Vereinbarung Interessierten das Recht einräume, patentierte Technologien zu nutzen, genügt die Feststellung, dass nach Section 1.14 dieser Vereinbarung der Begriff „Microsoft licensed intellectual property“ das Know‑how, Betriebs‑ und Geschäftsgeheimnisse, vertrauliche Informationen und Urheberrechte mit ausdrücklicher Ausnahme aller Rechte, für die ein Patent oder eine anhängige Patentanmeldung existiert, einschließt. Was die einseitige Zusage von Microsoft angeht, keine Rechte in Verbindung mit Patenten geltend zu machen, ist mit der Kommission festzustellen, dass sie erst am 24. Oktober 2007 abgegeben wurde, d. h. nach Ende des von der angefochtenen Entscheidung abgedeckten Zeitraums. Darüber hinaus erstreckt sich, wie Microsoft in ihrer Stellungnahme zu den Streithilfeschriftsätzen einräumt, diese Zusage nur auf die nicht kommerzielle Vermarktung, während „Open source“‑Entwickler, die kommerziell vermarkten, ausgenommen sind. Schließlich ist festzustellen, dass die im Rahmen der No‑Patent‑Vereinbarung gegebenenfalls erfolgende Offenlegung der Informationen in Bezug auf patentgeschützte Technologien, d. h. andere als die im Anhang zur angefochtenen Entscheidung aufgeführten Technologien, keineswegs mit einem Recht für den Vertragspartner von Microsoft verbunden sind, sie so anzuwenden, dass die fraglichen Patente verletzt werden. Wie die Kommission darlegt, sind diese Informationen nämlich im Rahmen des erteilten Patents öffentlich verfügbar, ohne dass es einem Entwickler dadurch erlaubt würde, das Patent zu nutzen. Unter diesen Umständen ist im Hinblick auf die Unterscheidung zwischen patentierten und nicht patentierten Interoperabilitätsinformationen (vgl. Randnrn. 161 bis 164 der angefochtenen Entscheidung) nicht zu folgern, dass die No‑Patent‑Vereinbarung den Vertragspartnern von Microsoft das Recht einräumt, patentierte Technologien anzuwenden, die sie nach eigenem Bekunden zudem für die Entwicklung von Betriebssystemen für Arbeitsgruppenserver nicht benötigen.

122    Zu der von Microsoft erhobenen Rüge einer unzureichenden Begründung ist festzustellen, dass, wie die Kommission in den Randnrn. 122 bis 127 und 273 bis 278 der angefochtenen Entscheidung geltend macht, diese auf das Vorbringen eingegangen ist, das auf den Abschluss von Vereinbarungen mit bestimmten Wirtschaftsteilnehmern gestützt wird. Selbst wenn Microsoft während des Verwaltungsverfahrens geltend gemacht haben sollte, dass sie jederzeit bereit sei, über die in ihren Vergütungsregelungen angeführten Preise zu verhandeln, geht darüber aus Randnr. 116 der angefochtenen Entscheidung eindeutig hervor, dass die WSPP‑Preisfindungsgrundsätze im Hinblick auf jegliche „von Microsoft vorgeschlagene und/oder festgelegte Vergütung“ eingehalten werden mussten. Dass sich eine Vergütung, die sich an die fraglichen Grundsätze hält, eventuell aus Verhandlungen mit Microsoft ergeben könnte, ist folglich nach derselben Randnummer ohne Bedeutung für die Wahrung der Verpflichtungen aus Art. 5 Buchst. a der Entscheidung von 2004. Somit ist diese Rüge ebenso wie der zweite Klagegrund insgesamt zurückzuweisen.

 Zum dritten Klagegrund: Fehler der Kommission in Bezug auf die Kriterien für die Prüfung des innovativen Charakters der Technologien, die Gegenstand der No‑Patent‑Vereinbarung sind

 Vorbringen der Beteiligten

123    Microsoft wiederholt, dass die Kommission den Wert der patentierten Innovationen verkannt habe, die in der No‑Patent‑Vereinbarung beschrieben seien, und fügt hinzu, dass die Anwendung eines Kriteriums der Patentierbarkeit bei der Prüfung des innovativen Charakters der nicht patentierten Technologien einen offensichtlichen Beurteilungsfehler darstelle. Außerdem sei die angefochtene Entscheidung unzureichend begründet.

124    Der vorliegende Klagegrund gehe keineswegs ins Leere, denn Microsoft halte die Analyse der Kommission in Bezug auf das dritte Kriterium der WSPP‑Preisfindungsgrundsätze nach wie vor für falsch. Diese Analyse beruhe nämlich auf einem fehlerhaften Verständnis des Begriffs der Innovation, was sich zwangsläufig auf die Wahl der als vergleichbar betrachteten Technologien auswirke. CompTIA führt aus, dass die von der Kommission als vergleichbar gewählten Technologien zu einem anderen Geschäftsmodell gehörten als demjenigen, dem Microsoft folge, so dass die von der Kommission vorgenommene Marktbewertung fehlerhaft sei.

125    Der Standpunkt, dass Microsoft nur für neue und nicht offensichtliche Technologien im Sinne des Patentrechts eine Vergütung beanspruchen könne, finde weder in der Entscheidung von 2004 noch in den WSPP‑Preisfindungsgrundsätzen noch im Recht im Allgemeinen eine Stütze. Microsoft habe die Anwendung dieser Kriterien durch die Kommission oder den unabhängigen Überwachungsbeauftragten nicht als im vorliegenden Fall sachgerecht akzeptiert. Denn Geschäftsgeheimnissen könne, führt Microsoft unterstützt von CompTIA und ACT aus, ein hoher Wert zukommen, der grundsätzlich den Fixkosten für Entwicklung geschuldet sei; dies gelte unabhängig davon, ob sie außerdem patentierbar oder schon patentgeschützt seien, da das betreffende Unternehmen in der Entscheidung, wie es insoweit verfahre, frei bleiben müsse. Entgegen den Angaben von IBM sei die Funktionalität des Protokolls „File Replication Service“ von kapitaler Bedeutung, weshalb einer seiner Aspekte in den Vereinigten Staaten patentiert sei. Die Kommission habe nicht erläutert, inwiefern das von ihr angewandte Kriterium der Patentierbarkeit im Einklang mit Randnr. 1008 Ziff. ii der Entscheidung von 2004 gerade den strategischen Wert der Technologien von Microsoft ausschließen solle. Nach Auffassung von ACT hätte nur eine Prüfung des Werts, den die Interoperabilitätsinformationen in Abwesenheit jedweder beherrschender Wirtschaftsteilnehmer hätten, es ermöglicht, die von Microsoft vorgeschlagenen Sätze im Licht der Entscheidung von 2004 zu bewerten.

126    Unterstützt von ACT macht Microsoft geltend, dass die Kommission die Kriterien der Neuheit und der Nichtoffensichtlichkeit zu restriktiv und daher sogar dem Patentrecht zuwider angewandt habe. So könnten entgegen den von der Kommission in anderen Bereichen aufgestellten Prüfungsregeln nur echte Pioniererfindungen, die vollständig vom Stand der Technik abwichen, im vorliegenden Kontext als neu eingestuft werden. Die Existenz von Verweisen auf den Stand der Technik, die sich auf Konzepte bezögen, die den von Microsoft angewandten Konzepten ähnelten, bedeute jedoch nicht, dass die Technologien, auf die sich die angefochtene Entscheidung beziehe, allesamt offensichtlich seien, zumal ihre Wettbewerber nicht imstande gewesen seien, sie zu entwickeln, wie CompTIA und ACT bestätigen. CompTIA meint, der Markt und nicht die Kommission müsse über die beste Technologie entscheiden. Die Kommission gehe so weit, in ihrer Klagebeantwortung die Angemessenheit des Kriteriums der Neuheit, wie es im Rahmen des gewerblichen Rechtsschutzes angewandt werde, zu leugnen, so dass für Microsoft unklar sei, welches Kriterium in der angefochtenen Entscheidung letztlich angewandt worden sei.

127    Ferner schließe die punktuelle Herangehensweise in der angefochtenen Entscheidung jede nicht offensichtliche Kombination bekannter Elemente aus dem Begriff der Innovation aus. Nach der Rechtsprechung der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts (EPA) sei die entscheidende Frage jedoch nicht, ob ein Fachmann eine solche Kombination hätte vornehmen können, sondern ob er es in Erwartung eines Fortschritts tatsächlich getan hätte. ACT bemerkt, dass die Kommission den innovativen Charakter einiger von der angefochtenen Entscheidung betroffener Technologien zugestanden habe, und führt aus, dass eine Technologie als innovativ eingestuft werden müsse, wenn sie in einer Kombination neuer und nicht offensichtlicher Elemente mit nicht patentierbaren Elementen bestehe. Es sei nicht ersichtlich, dass die Kommission die technologischen Kombinationen von Microsoft als solche wirklich geprüft habe.

128    Microsoft habe während des Verwaltungsverfahrens mehrere Berichte eingereicht, die die Wahrhaftigkeit ihrer Behauptungen hinsichtlich der Neuheit und Nichtoffensichtlichkeit der in der technischen Dokumentation enthaltenen nicht patentierten Erfindungen belegten und die von der Kommission zurückgewiesen worden seien. Es gebe daher keinen Grund, die dem Gericht vorliegenden Akten weiter anwachsen zu lassen; die entscheidende Frage laute, ob die Herangehensweise der Kommission mit der Entscheidung von 2004 vereinbar sei.

129    Die angefochtene Entscheidung sei zudem unzureichend begründet, da sie nicht auf die Untersuchung in einem Bericht eingehe, den ein Professor und Barrister – ein ehemaliges Mitglied der Beschwerdekammer des EPA – erstellt habe und der im Detail die patentrechtlichen Fehler der Kommission darlege und dadurch die Wahrhaftigkeit der Behauptungen von Microsoft bestätige. Des Weiteren gehe aus diesem Bericht hervor, dass die Kommission und der unabhängige Überwachungsbeauftragte die Patentierbarkeit der Technologien unter Berücksichtigung des Standes der Technik im Jahr 2007 geprüft hätten und nicht in dem Zeitpunkt, in dem Microsoft die Erteilung eines Patents beantragt habe, so dass sie Technologien berücksichtigt hätten, die nach der ersten Implementierung der Schlüsseltechnologien von Microsoft erschienen seien. Nach dieser Logik könne jedoch kein Unternehmen beweisen, dass seine Technologie neu und nicht offensichtlich sei, während es eine willkürliche Unterscheidung zwischen den verschiedenen Technologien gebe, je nachdem, ob Microsoft beschlossen habe, ein Patent zu beantragen oder nicht. Die angefochtene Entscheidung enthalte ferner nur vage Verweise ohne spezifischen Vergleich zwischen den Patentansprüchen dieser Technologien und denen der zum Stand der Technik gehörenden Technologien.

130    Unabhängig von konkreten Beispielen sei die Untersuchung der Kommission aufgrund der von Microsoft aufgezeigten fundamentalen Fehler insgesamt mangelhaft, so dass das Gericht im Rahmen der ihm obliegenden umfassenden Kontrolle die Rechtswidrigkeit der angefochtenen Entscheidung feststellen müsse. Dass es auf übergeordneter Ebene Innovationen gebe, ergebe sich jedenfalls daraus, dass die Kommission in der angefochtenen Entscheidung ihre Beurteilung geändert und die Auffassung vertreten habe, dass Microsoft das Recht habe, eine Vergütung für Lizenzen zu verlangen, die im Rahmen anderer Vereinbarungen als der No‑Patent‑Vereinbarung erteilt würden. Die technische Dokumentation sei jedoch im Rahmen aller WSPP‑Vereinbarungen identisch.

131    ACT ergänzt, dass die Herangehensweise der Kommission die Weitergabe hochwertiger Technologien zu ungewöhnlich niedrigen Preisen begünstige, Investitionen in die Forschung durch pauschale Abwertung der gewerblichen Schutzrechte verhindere und das „Open source“‑Modell zulasten innovativer kleiner und mittlerer Unternehmen unverhältnismäßig bevorzuge.

132    Unterstützt von SIIA und Oracle trägt die Kommission vor, dass der vorliegende Klagegrund ins Leere gehe, da der verfügende Teil der angefochtenen Entscheidung nicht nur auf der Prüfung des innovativen Charakters der fraglichen Technologien beruhe, sondern auch auf dem Ergebnis der Marktbewertung für vergleichbare Technologien. Microsoft habe die oben in Randnr. 54 wiedergegebene Feststellung jedoch nicht bestritten, und deren schlichte Zurückweisung im Stadium der Erwiderung erfülle nicht die Voraussetzungen des Art. 44 Abs. 1 Buchst. c oder des Art. 48 Abs. 2 der Verfahrensordnung des Gerichts. Außerdem sei, wie sich aus den Randnrn. 165, 220, 221 und 280 der angefochtenen Entscheidung ergebe, die Untersuchung des innovativen Charakters unabhängig von derjenigen, die sich auf die Marktbewertung beziehe. Hilfsweise tragen die Kommission und die sie unterstützenden Streithelfer vor, dass der vorliegende Klagegrund unbegründet sei.

 Würdigung durch das Gericht

133    Zunächst einmal ist die Auffassung der Kommission zurückzuweisen, dass der vorliegende Klagegrund ins Leere gehe.

134    Auch wenn es zutrifft, dass die drei Kriterien, die zu den WSPP‑Preisfindungsgrundsätzen gehören, kumulativ erfüllt sein müssen, sind das zweite und das dritte Kriterium begrifflich in dem Sinne verbunden, dass, wenn die fraglichen Technologien als innovativ angesehen werden, dem Erfordernis, dass sich die Marktbewertung auf „vergleichbare“ Technologien bezieht, nicht schon deshalb Genüge getan ist, weil die zuletzt genannten Technologien die Interoperabilität betreffen.

135    Wenn die Technologien, die die Interoperabilitätsinformationen umfassen, als innovativ betrachtet werden, aber eine Marktbewertung in Bezug auf nicht innovative Technologien der Interoperabilität zeigt, dass diese kostenlos verfügbar sind, müsste insoweit, damit der Vergleich sinnvoll bleibt, zusätzlich ausgeschlossen werden, dass dieser Umstand dem nicht innovativen Charakter der fraglichen Technologien geschuldet ist.

136    Erweisen sich die Feststellungen der Kommission zum innovativen Charakter der von der No‑Patent‑Vereinbarung erfassten Technologien als unzutreffend, kann das folglich die Prämissen der in den Randnrn. 222 bis 237 der angefochtenen Entscheidung erläuterten Marktbewertung beeinträchtigen, da diesen Randnummern nicht zu entnehmen ist, das sich die fragliche Untersuchung auf innovative Technologien bezogen hat.

137    Diese Schlussfolgerung wird durch Randnr. 237 der angefochtenen Entscheidung, wonach der unabhängige Überwachungsbeauftragte in seinem Bericht vom 27. Februar 2007 (oben in Randnr. 51 angeführt) die mit den innovativen Technologien von Microsoft vergleichbaren Technologien benannt hat, nicht in Frage gestellt. Anders als die Berichte vom 3. März und 8. Juli 2007, von denen ausgehend die Tabelle im Anhang zur angefochtenen Entscheidung erstellt wurde, gehören nämlich die einschlägigen Feststellungen dieses Berichts nicht zu den Gründen der angefochtenen Entscheidung. Unter diesen Umständen lässt sich nicht überprüfen, ob die Technologien, mit denen sich der unabhängige Überwachungsbeauftragte befasst hat, auch dann mit den von der Kommission für nicht innovativ befundenen Technologien vergleichbar sind, wenn sich dieser Befund der Kommission als falsch erwiese. Das Gleiche gilt für die Hinweise in den Randnrn. 223 und 231 der angefochtenen Entscheidung, wonach die vergleichbaren Technologien „in bestimmten Fällen“ patentierte Technologien einschließen. Derartige Beispiele für Technologien für Protokolle werden in den Randnrn. 224 und 232 der angefochtenen Entscheidung gegeben. Gleichwohl ergibt sich aus dieser summarischen Darstellung nicht, dass diese Technologien in funktioneller Hinsicht mit allen Technologien für die betroffenen Protokolle vergleichbar sind.

138    Was die Begründetheit des vorliegenden Klagegrundes angeht, ist zunächst festzustellen, dass die Unterscheidung zwischen dem strategischen und dem eigenständigen Wert der Technologien, die Gegenstand der angefochtenen Entscheidung sind, eine fundamentale Prämisse für die Beurteilung der Angemessenheit jeglicher Vergütung darstellt, die Microsoft für den Zugang zu den erwähnten Interoperabilitätsinformationen und deren Nutzung verlangt.

139    Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass ein Unternehmen, das über ein Recht des geistigen Eigentums verfügt und den Zugang zu Erzeugnissen oder Dienstleistungen verweigert, die für eine bestimmte Tätigkeit unerlässlich sind, bereits dann missbräuchlich handelt, wenn drei Bedingungen kumulativ erfüllt sind: Die Weigerung muss das Auftreten eines neuen Erzeugnisses verhindern, nach dem eine potenzielle Nachfrage der Verbraucher besteht, sie darf nicht gerechtfertigt sein und sie muss geeignet sein, jeglichen Wettbewerb auf einem abgeleiteten Markt auszuschließen (Urteil des Gerichtshofs vom 29. April 2004, IMS Health, C‑418/01, Slg. 2004, I‑5039, Randnr. 38).

140    Im vorliegenden Fall wurde festgestellt, dass die oben in Randnr. 139 erwähnten drei kumulativen Bedingungen erfüllt waren und die Weigerung von Microsoft, Zugang zu den Interoperabilitätsinformationen zu gewähren und ihre Nutzung zu gestatten, daher missbräuchlich war (vgl. in diesem Sinne Urteil Microsoft/Kommission, oben in Randnr. 18 angeführt, Randnrn. 711 und 712).

141    In diesem Zusammenhang musste jede Abhilfemaßnahme, mit der Microsoft gezwungen werden soll, die Interoperabilitätsinformationen offenzulegen und ihre Nutzung durch andere Wirtschaftsteilnehmer zum Zweck der Entwicklung und des Vertriebs von Betriebssystemen für Arbeitsgruppenserver zu gestatten, sicherstellen, dass Microsoft keine Gegenleistungen erhalten konnte, die mit den Vorteilen, die sie aus der missbräuchlichen Ausnutzung ihrer beherrschenden Stellung auf dem Markt für Betriebssysteme für Client‑PCs zog, vergleichbar waren.

142    Wenn Microsoft erlaubt wird, Vergütungssätze zu verlangen, die den Wert widerspiegeln, der sich aus der bloßen Möglichkeit ergibt, mit den Betriebssystemen von Microsoft zu interoperieren, d. h. den strategischen Wert der Macht, über die sie auf dem Markt für Betriebssysteme für Client‑PCs oder für Betriebssysteme für Arbeitsgruppenserver verfügt, ist das außerdem so, als ob ihr das Recht eingeräumt wird, die Vorteile des Missbrauchs in eine Vergütung für die Erteilung von Lizenzen umzuwandeln. Die Anerkennung eines solches Rechts liefe der Natur der Sache nach dem in Randnr. 1003 der angefochtenen Entscheidung genannten Ziel zuwider, nachhaltigen Wettbewerb mit dem Betriebssystem für Arbeitsgruppenserver von Microsoft zu ermöglichen, da Microsoft in der Lage wäre, von jedem potenziellen Wettbewerber prohibitive Vergütungssätze zu fordern. Solche Sätze können daher, wie in den Randnrn. 106 und 107 der angefochtenen Entscheidung angegeben, nicht als angemessen im Sinne der Randnr. 1008 Ziff. ii und des Art. 5 Buchst. a der Entscheidung von 2004 betrachtet werden.

143    Wie in Randnr. 118 der angefochtenen Entscheidung festgestellt, ist die Anwendung der WSPP‑Preisfindungsgrundsätze (oben in Randnr. 31 angeführt) – und insbesondere das Kriterium des innovativen Charakters der betreffenden Technologien – außerdem ein geeigneter Indikator dafür, ob die von Microsoft verlangten Vergütungssätze den eigenständigen Wert einer Technologie widerspiegeln und nicht ihren strategischen Wert. Der eigenständige Wert von Produkten wie den in Rede stehenden besteht nämlich in ihrem innovativen Charakter. Dass diese Technologien aufgrund der von Microsoft verfolgten Politik Geschäftsgeheimnisse gewesen sein sollen, lässt demgegenüber nicht erkennen, dass sie außer dem strategischen Wert noch einen anderen Wert haben.

144    Muss überdies jeglicher strategische Wert der fraglichen Technologien, wie er oben in Randnr. 142 sowie in den Randnrn. 105 und 107 der angefochtenen Entscheidung dargelegt worden ist, ausgeschlossen werden (siehe oben in den Randnrn. 29 und 30), dann ist auch eine Marktbewertung vergleichbarer Technologien der oben in den Randnrn. 134 und 135 dargestellten Art zwingend, weil auch ausgeschlossen werden muss, dass solche Technologien im Geschäftsverkehr üblicherweise gegen erheblich niedrigere Vergütungssätze, als Microsoft sie fordert, oder sogar kostenlos angeboten werden. Gerade eine solche Methode ermöglicht es im Endeffekt, zu prüfen, welchen Wert die Interoperabilitätsinformationen hätten, wenn es keinen beherrschenden Wirtschaftsteilnehmer gäbe, wie ACT dies fordert. Ohne Innovation hingegen stellt die Tatsache, dass etwas geheim ist, für sich allein für einen Lizenznehmer nichts als einen strategischen Wert dar, während die Fixkosten für die Entwicklung selbst nach der in einem Bericht vom 24. August 2006 geäußerten Ansicht des von Microsoft als Sachverständigen benannten Unternehmens PricewaterhouseCoopers keine zutreffende Grundlage für die Bewertung des geistigen Eigentums sind.

145    Folglich genügt die Anwendung der WSPP‑Preisfindungsgrundsätze objektiv und unabhängig von jeglicher Vereinbarung zwischen Microsoft und ihren potenziellen Vertragspartnern, um beurteilen zu können, ob die von Microsoft verlangten Vergütungssätze im Sinne der Randnr. 1008 Ziff. ii und des Art. 5 Buchst. a der Entscheidung von 2004 angemessen sind.

146    Soweit Microsoft vorträgt, dass die WSPP‑Preisfindungsgrundsätze der Verwendung durch die Parteien eines möglichen Lizenzvertrags, dem unabhängigen Überwachungsbeauftragten und dem High Court of Justice vorbehalten seien, die Kommission aber hiervon ausgenommen sei, kann dem nicht gefolgt werden. Die Kommission ist nämlich durch nichts daran gehindert, die fraglichen Grundsätze heranzuziehen, wenn sie der Durchführung von Art. 5 Buchst. a der Entscheidung von 2004 dienlich sind.

147    Diese Feststellung beantwortet jedoch noch nicht, ob die betreffenden Grundsätze zutreffend angewandt wurden, was Microsoft ebenfalls bestreitet. Insoweit ist zu betonen, dass Microsoft nicht die Beurteilung des innovativen Charakters einer oder mehrerer von den 166 für nicht innovativ befundenen Technologien durch die Kommission beanstandet, sondern sich generell gegen die Definition der Kriterien wendet, anhand deren geprüft wurde, ob eine Innovation vorliegt.

148    Hierzu ist zunächst zu bemerken, dass, wie aus Randnr. 138 der angefochtenen Entscheidung hervorgeht, die Kommission zur Prüfung des innovativen Charakters der betreffenden Technologien die Begriffe der Neuheit und der Nichtoffensichtlichkeit „als geläufige Begriffe im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes“ herangezogen hat. Diesem Zitat ist zu entnehmen, dass die Kommission den Begriffen der Neuheit und der Nichtoffensichtlichkeit die Bedeutung beigemessen hat, die sie im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes haben.

149    In diesem Zusammenhang ist zu bemerken, dass die Kommission gemäß Randnr. 138 der angefochtenen Entscheidung als „neu“ eine Technologie definiert hat, die nicht zum Stand der Technik gehört, und als „nicht offensichtlich“ eine Technologie, die für einen Fachmann nicht naheliegend ist. Diese Definitionen entsprechen denen der Neuheit und der erfinderischen Tätigkeit in Art. 54 bzw. Art. 56 des Übereinkommens über die Erteilung europäischer Patente vom 5. Oktober 1973 in geänderter Fassung. Da das in einer Prüfung des innovativen Charakters der Technologien von Microsoft bestehende Vorgehen der Kommission als legitim anerkannt wird (vgl. oben, Randnrn. 133 bis 146), kann der Kommission nicht das Recht abgesprochen werden, den innovativen Charakter dieser Technologien unter Bezugnahme auf dessen Bestandteile zu untersuchen, nämlich die Neuheit und die – unter den Begriff der erfinderischen Tätigkeit fallende – Nichtoffensichtlichkeit. Zudem erklärt Microsoft in einem Schreiben vom 4. Mai 2006, dass die Innovation nach den Kriterien der Neuheit und der erfinderischen Tätigkeit beurteilt werden müsse, auch wenn die Beurteilung des innovativen Charakters ihrer Ansicht nach das Recht auf Wahrung des Geschäftsgeheimnisses nicht verdrängen kann. In einem Schreiben vom 31. Juli 2006 (oben in Randnr. 47 angeführt) hat Microsoft außerdem anerkannt, dass das Kriterium der Innovation als „den strategischen Wert zurückhaltender Filter“ die Bedeutung habe, die ihm im Patentrecht beigemessen werde, und ihre Berichte über die Innovation unter Zugrundelegung dieser Definition einreicht.

150    Wenn im Rahmen der vorliegenden Rechtssache der innovative Charakter der Technologien, die Gegenstand der angefochtenen Entscheidung sind, unter Bezugnahme auf die Neuheit und die erfinderische Tätigkeit beurteilt wird, hat dies, anders als Microsoft meint, nicht zur Folge, dass die Rechte am geistigen Eigentum, Geschäftsgeheimnisse oder andere vertrauliche Informationen pauschal entwertet werden, und erst recht nicht, dass dieser Charakter generell eine Voraussetzung dafür wird, dass ein Produkt oder eine Information unter ein solches Recht fällt oder ein Geschäftsgeheimnis darstellt. Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich nämlich, dass eine derartige Prüfung die Anwendung von Art. 5 Buchst. a der Entscheidung von 2004 ermöglichen soll, der, verstanden im Licht der Randnrn. 1003 und 1008 Ziff. ii derselben Entscheidung, im Hinblick auf den hier festgestellten Missbrauch jegliche von Microsoft verlangte Vergütung verbietet, die den strategischen Wert der betreffenden Technologien widerspiegelt. Dieses Ziel wird in den WSPP‑Preisfindungskriterien, die im Anschluss an die Verhandlungen zwischen der Kommission und Microsoft ausgearbeitet wurden, ausdrücklich erklärt (siehe oben in den Randnrn. 25, 31 und 87).

151    Da Microsoft ferner keinen sachgerechteren Gehalt für die Begriffe der Neuheit und der Nichtoffensichtlichkeit vorgeschlagen hat, der ebenfalls geeignet wäre, jeglichen strategischen Wert dieser Technologien auszuschließen, bringt ihre Argumentation keinen Fehler zum Vorschein, der die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung in Frage stellt, soweit die Kommission angegeben hat, dass sie die Begriffe der Neuheit und der Nichtoffensichtlichkeit herangezogen habe.

152    Auch wenn im Rahmen der Anwendung des Übereinkommens über die Erteilung europäischer Patente die Große Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts der Ansicht ist, dass die Prüfung der Nichtoffensichtlichkeit nur bei Ansprüchen betreffend computerimplementierte Programme vorzunehmen sei, die technischen Charakter hätten (vgl. in diesem Sinne Stellungnahme G 3/08, ABl. EPA 2011, 1, Nr. 10.13 der Entscheidungsgründe), macht Microsoft zudem nicht geltend, dass es undenkbar sei, die Nichtoffensichtlichkeit der betreffenden Technologien in einem anderen Kontext zu beurteilen als dem der Erteilung eines Patents, ohne zuvor ihren technischen Charakter zu untersuchen. Ferner stellt in rechtlicher Hinsicht die Untersuchung des technischen Charakters der Ansprüche betreffend computerimplementierte Programme eine Vorgehensweise dar, die dem Verfahren zur Erteilung eines Patents eigen ist, da Programme für Datenverarbeitungsanlagen „als solche“ nicht patentfähig sind (vgl. z. B. Art. 52 Abs. 2 und 3 des Übereinkommens über die Erteilung europäischer Patente).

153    Ebenso wenig Erfolg hat Microsoft mit ihrem Vorbringen, dass die Kommission die Kriterien der Neuheit und der erfinderischen Tätigkeit zu restriktiv und daher sogar dem Patentrecht zuwider angewandt habe, so dass „nur echte Pioniererfindungen, die vollständig vom Stand der Technik abweichen“, als innovativ eingestuft würden und die Existenz von Verweisen auf den Stand der Technik, die sich auf Konzepte bezögen, die den von Microsoft angewandten Konzepten ähnelten, mit der Offensichtlichkeit der von der angefochtenen Entscheidung erfassten Technologien gleichzusetzen sei (siehe oben in Randnr. 126). Abgesehen von pauschalen Behauptungen trägt Microsoft nämlich nichts vor, was die konkreten Feststellungen zum innovativen Charakter der betreffenden Technologien in Frage stellen und es dem Gericht ermöglichen würde, die Begründetheit dieses Vorwurfs zu prüfen.

154    Da sämtliche Technologien, die Microsoft als innovativ präsentiert hat, eine nach der anderen untersucht worden sind und die Kommission jede von ihnen auf ihren innovativen Charakter geprüft hat, kann Microsoft ferner nicht mit Erfolg geltend machen, dass ihr innovativer Charakter wegen einer angeblich fehlerhaften Anwendung der Kriterien der Neuheit und der erfinderischen Tätigkeit pauschal verneint worden sei.

155    Das Gleiche gilt für die Beurteilung der angeblich innovativen Kombinationen von Technologien, die jeweils einzeln betrachtet keine erfinderische Tätigkeit erkennen ließen. Insoweit wurden den Randnrn. 146 bis 156 der angefochtenen Entscheidung zufolge die von Microsoft angeführten Kombinationen von Technologien sehr wohl als solche untersucht und für nicht innovativ befunden. Dies wird bestätigt durch die Seiten 1, 5, 8, 13, 21, 22, 29, 31, 34, 39, 61, 64 und 68 der Tabelle im Anhang zur angefochtenen Entscheidung, aus denen hervorgeht, dass die Kommission den innovativen Charakter von 19 Kombinationen von Technologien eine nach der anderen geprüft hat. Nach der Darstellung auf diesen Seiten der genannten Tabelle in Verbindung mit den Seiten 4, 8, 14, 15, 16, 17, 18, 19, 28, 29, 39, 40, 41, 43, 58, 66, 70, 111, 120 und 129 des Berichts des unabhängigen Überwachungsbeauftragten vom 8. Juli 2007 und den Seiten 7, 73 und 78 des ebenfalls von ihm erstellten Berichts vom 3. März 2007 (oben in Randnr. 52 angeführt), hat Microsoft während des Verwaltungsverfahrens weder Einzelheiten genannt noch Beweise oder andere Belege vorgelegt, aus denen auf einen innovativen Charakter von 18 der 19 fraglichen Kombinationen von Technologien geschlossen werden könnte. Außerdem wird in diesen Berichten auch festgestellt, dass die Technologien, aus denen die betreffenden Kombinationen bestünden, zum Stand der Technik gehörten. Unter diesen Umständen war es an Microsoft, im Einzelnen anzugeben, warum die Kombination der nicht innovativen Technologien innovativ sein soll, denn es kann nicht Aufgabe des unabhängigen Überwachungsbeauftragten oder der Kommission sein, zu spekulieren, womit Microsoft begründen will, dass eine Innovation vorliegt.

156    Wie sich aus Seite 7 der Tabelle im Anhang zur angefochtenen Entscheidung ergibt, hat die Kommission überdies die Beurteilung des unabhängigen Überwachungsbeauftragten auf Seite 32 seines Berichts vom 8. Juli 2007 bestätigt, mit der der innovative Charakter der Technologie „Referral Management“ anerkannt wird, die in einer neuen Kombination verschiedener Metriken in einem komplexen Algorithmus besteht.

157    Im Rahmen ihrer Klage begründet Microsoft nicht, inwiefern die auf die Berichte des unabhängigen Überwachungsbeauftragten gestützte Beurteilung des innovativen Charakters einer oder mehrerer dieser Kombinationen von Technologien durch die Kommission mit konkreten Fehlern behaftet sein soll. Unter diesen Umständen können die – wie oben in Randnr. 153 festgestellt – pauschalen Behauptungen zur angeblich punktuellen Herangehensweise der Kommission mangels konkreter, diese Behauptungen substantiierender Beispiele nur zurückgewiesen werden.

158    Soweit Microsoft in ihrer Antwort auf eine schriftliche Frage des Gerichts behauptet, während des Verwaltungsverfahrens darauf hingewiesen zu haben, dass der innovative Charakter der zu den Protokollen „File Replication Service“ und „Directory Replication Service“ gehörenden Technologien auf der „Ebene“ dieser Protokolle beurteilt werden müsse, ist festzustellen, dass, wie den Seiten 13, 21 und 22 der Tabelle im Anhang zur angefochtenen Entscheidung zu entnehmen ist, die Kommission den innovativen Charakter von sieben Kombinationen von Technologien in diesen Protokollen geprüft hat. Anhand der Ausführungen von Microsoft lässt sich jedoch weder nachvollziehen, inwiefern in dieser Prüfung nicht auf die von ihr behaupteten Innovationen eingegangen worden sein soll, noch, aus welchen konkreten Gründen eine andere Prüfung geboten gewesen wäre.

159    Anders als Microsoft geltend macht (vgl. oben, Randnr. 130), hat die Kommission daher keinen „fundamentalen Fehler“ begangen, der ihre Untersuchung unabhängig von konkreten Beispielen für einen solchen einer Beurteilung anhaftenden Fehler insgesamt wertlos werden ließe.

160    Dem Argument von Microsoft, dass die Kommission gegen die Berechnung von Vergütungssätzen für im Rahmen anderer Vereinbarungen als der No‑Patent‑Vereinbarung erteilter Lizenzen keine Einwände erhoben habe, woraus folge, dass es Innovationen auf weniger „punktuellen“ Ebenen gegeben habe, da die technische Dokumentation im Rahmen aller WSPP‑Vereinbarungen identisch sei, kann nicht gefolgt werden. Den Randnrn. 132 und 162 bis 164 der angefochtenen Entscheidung ist nämlich zu entnehmen, dass die Kommission für andere Vereinbarungen als die No‑Patent‑Vereinbarung Microsoft einen Anspruch auf eine nicht nur symbolische Vergütung zugestanden hat, da infolge der fraglichen Vereinbarungen Lizenzen für Patente auf die zur technischen Dokumentation gehörende Technologie erteilt werden, und zwar unbeschadet der Gültigkeit der fraglichen Patente. Wie oben in Randnr. 121 ausgeführt, schließt der Begriff „Microsoft licensed intellectual property“ im Rahmen der No‑Patent‑Vereinbarung das Know-how, Betriebs‑ und Geschäftsgeheimnisse, vertrauliche Informationen und Urheberrechte mit ausdrücklicher Ausnahme aller Rechte ein, für die ein Patent oder eine anhängige Patentanmeldung existiert.

161    Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass es Microsoft nicht gelungen ist, die Feststellungen der Kommission hinsichtlich des fehlenden innovativen Charakters der Technologien und der Kombinationen von Technologien zu erschüttern. Im Übrigen genügt die allgemeine Bezugnahme auf Unterlagen, die im Verwaltungsverfahren eingereicht worden seien und in denen die von der Kommission insoweit begangenen Fehler offengelegt worden seien (vgl. oben, Randnr. 128), hierfür offensichtlich nicht.

162    Soweit Microsoft eine angeblich unzureichende Begründung in Bezug auf die Prüfung des innovativen Charakters der fraglichen Technologien rügt (vgl. oben, Randnr. 129), ergibt sich aus der oben in Randnr. 99 angeführten Rechtsprechung, dass die Kommission verpflichtet ist, klar und verständlich darzulegen, aus welchen Gründen sie der Ansicht ist, dass die jeweilige Technologie innovativ ist oder nicht. Dieses Erfordernis bedeutet nicht, dass die Kommission über die Umstände, auf die sie ihre Beurteilung stützt, hinaus darlegen müsste, warum im Verwaltungsverfahren dargelegte Umstände oder Argumente ihre Schlussfolgerung nicht in Frage stellen. Die Frage, ob in Anbetracht dieser Umstände oder Argumente die Folgerungen der Kommission für unhaltbar zu erklären sind, betrifft die Begründetheit der angefochtenen Entscheidung, wobei es Microsoft freisteht, sie vor dem Gericht geltend zu machen und auf dieser Grundlage die Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung zu beantragen.

163    Das Argument von Microsoft, dass die Kommission und der unabhängige Überwachungsbeauftragte den innovativen Charakter der Technologien unter Berücksichtigung des Standes der Technik im Jahr 2007 untersucht hätten und nicht in dem Zeitpunkt, in dem sie die Erteilung eines Patents beantragt habe (vgl. oben, Randnr. 129), ist sachlich unzutreffend. Denn nach Fn. 149 der angefochtenen Entscheidung haben sowohl die Kommission als auch der unabhängige Überwachungsbeauftragte auf das von Microsoft verlangte Datum abgestellt. Microsoft trägt jedoch nichts vor, was diese Feststellung in Frage stellen könnte, und nennt keine konkreten Fälle, in denen auf einen späteren Stand der Technik verwiesen würde als den, der an dem von Microsoft jeweils verlangten Datum bestanden hat.

164    Daher ist der dritte Klagegrund zurückzuweisen.

 Zum vierten Klagegrund: Rechtswidrige Heranziehung der Berichte des unabhängigen Überwachungsbeauftragten

 Vorbringen der Beteiligten

165    Microsoft trägt vor, infolge der Nichtigerklärung von Art. 7 der Entscheidung von 2004 durch das Urteil Microsoft/Kommission (oben in Randnr. 18 angeführt) seien sämtliche Handlungen des unabhängigen Überwachungsbeauftragten rechtswidrig, wie etwa die Anforderung und Entgegennahme von Dokumenten und anderen Materialien, die unmittelbar von Microsoft stammten, und die Erstellung der Berichte auf der Grundlage dieser Dokumente und Materialien. Im vorliegenden Fall habe die Kommission die angefochtene Entscheidung in vollem Umfang auf die Berichte des unabhängigen Überwachungsbeauftragten gestützt, der Beweisstücke aufgrund einer rechtswidrigen Ermächtigung erhalten habe. Die Kommission habe somit nicht alle erforderlichen Maßnahmen ergriffen, um dem Urteil Microsoft/Kommission (oben in Randnr. 18 angeführt) nachzukommen.

166    Unabhängig von der Frage, ob der unabhängige Überwachungsbeauftragte von den Befugnissen Gebrauch gemacht habe, die ihm rechtswidrig übertragen worden seien, beruhe die Entscheidung vom 28. Juli 2005 (oben in Randnr. 14 angeführt) zweifellos auf der vom Gericht beanstandeten Delegation, so dass die Kommission die angefochtene Entscheidung nicht auf diese Berichte habe stützen dürfen.

167    Unter diesen Umständen seien die Fragen, ob Microsoft den Ersuchen des unabhängigen Überwachungsbeauftragten habe Folge leisten müssen und ob die Kommission vom unabhängigen Überwachungsbeauftragten oder von Microsoft rechtmäßig Zugang zu den fraglichen Informationen erhalten habe, ohne Belang, da der unabhängige Überwachungsbeauftragte im Rahmen der Befugnisse gehandelt habe, die ihm von der Kommission übertragen worden seien.

168    Da TAEUS, wie sich auch aus dem Anhang zur angefochtenen Entscheidung ergebe, nicht dieselben Aufgaben wahrgenommen habe wie der unabhängige Überwachungsbeauftragte, sei schließlich deren Beteiligung in diesem Zusammenhang nicht von Bedeutung.

169    Die Kommission macht mit Unterstützung ihrer Streithelfer geltend, dass dieser Klagegrund unbegründet sei.

 Würdigung durch das Gericht

170    Art. 7 der Entscheidung von 2004 wurde für nichtig erklärt, soweit Microsoft aufgegeben wird, einen Vorschlag für die Schaffung eines Mechanismus zu unterbreiten, zu dem die Einsetzung eines unabhängigen Überwachungsbeauftragten gehören muss, der befugt ist, unabhängig von der Kommission Zugang zur Unterstützung, zu Informationen, zu Unterlagen, zu den Geschäftsräumen und zu den Mitarbeitern von Microsoft sowie zum Quellcode der einschlägigen Microsoft-Produkte zu erhalten (vgl. oben, Randnr. 18).

171    Außerdem ist den Randnrn. 1268 und 1271 des Urteils Microsoft/Kommission (oben in Randnr. 18 angeführt) zu entnehmen, dass die auf den unabhängigen Überwachungsbeauftragten übertragenen und oben in Randnr. 170 beschriebenen Rechte viel weiter gehen, als wenn die Kommission ihren eigenen Sachverständigen eingesetzt hätte, da Art. 7 der Entscheidung von 2004 dem unabhängigen Überwachungsbeauftragten Befugnisse verleiht, die nur die Kommission ausüben durfte.

172    Anders als Microsoft meint, ist die Tatsache, dass Randnr. 33 und Art. 3 Nr. 2 der Entscheidung vom 28. Juli 2005 (oben in Randnr. 14 angeführt) auf die fraglichen Befugnisse des unabhängigen Überwachungsbeauftragten gestützt werden, nicht von Bedeutung, da dieser Umstand allenfalls die Rechtmäßigkeit dieser Entscheidung beeinträchtigen könnte, die an Microsoft gerichtet war und gegen die sie keinen Rechtsbehelf eingelegt hat.

173    Zur Frage, ob der unabhängige Überwachungsbeauftragte aufgrund von Art. 3 Nr. 2 der Entscheidung vom 28. Juli 2005 Ersuchen an Microsoft gerichtet hat, macht die Kommission geltend, dass dieser weder von der betreffenden Befugnis Gebrauch gemacht noch den von Microsoft erhaltenen Quellcode für das Abfassen seiner Berichte verwendet habe. Außerdem sei die gesamte Korrespondenz zwischen Microsoft und dem unabhängigen Überwachungsbeauftragten im Einklang mit Art. 4 Nr. 1 der Entscheidung vom 28. Juli 2005 auf freiwilliger Basis geführt worden.

174    Hierzu ist festzustellen, dass der unabhängige Überwachungsbeauftragte nach Art. 3 Nr. 2 der Entscheidung vom 28. Juli 2005 u. a. Auskunftsersuchen an Microsoft richten kann. Des Weiteren steht es Microsoft gemäß Art. 4 Nr. 1 derselben Entscheidung frei, auf die Ersuchen des unabhängigen Überwachungsbeauftragten zu antworten, während sich die Kommission das Recht vorbehält, ihre Befugnisse aufgrund der Verordnung Nr. 1/2003 auszuüben, falls auf freiwilliger Basis keine Antwort erteilt wird.

175    Demnach wird Art. 3 Nr. 2 der Entscheidung vom 28. Juli 2005 in Verbindung mit ihrem Art. 4 Nr. 1 durch die teilweise Nichtigerklärung von Art. 7 der Entscheidung von 2004 in Nr. 1 erster Gedankenstrich des Tenors des Urteils Microsoft/Kommission (oben in Randnr. 18 angeführt) nicht berührt, da diese Bestimmungen es dem unabhängigen Überwachungsbeauftragten lediglich ermöglichen, in unmittelbaren Kontakt zu Microsoft zu treten, um seine Aufgabe zu erledigen, ohne ihm die Befugnis zu übertragen, eine Zwangsmaßnahme zu treffen; Letzteres ist ausdrücklich der Kommission vorbehalten.

176    Zudem hat der unabhängige Überwachungsbeauftragte die von Microsoft erlangten Informationen im vorliegenden Fall unbestritten verwendet, um Berichte zu erstellen, auf deren Grundlage die Kommission die Feststellungen in der angefochtenen Entscheidung getroffen hat.

177    Zu ergänzen ist noch, dass die Kommission den einzig möglichen Weg gewählt hat, um im Rahmen von Art. 233 EG die Situation an das Urteil Microsoft/Kommission (oben in Randnr. 18 angeführt) anzupassen, und zwar, indem sie gemäß Art. 18 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 von Microsoft verlangt hat, der Kommission alle Dokumente und anderen Materialien zu übermitteln, zu denen der unabhängige Überwachungsbeauftragte unmittelbar Zugang gehabt hatte.

178    Deshalb ist der vierte Klagegrund zurückzuweisen.

 Zur fünften Klagegrund: Verletzung der Verteidigungsrechte

 Vorbringen der Beteiligten

179    Microsoft macht geltend, dass die Zusendung der Mitteilung der Beschwerdepunkte am 1. März 2007, d. h. sieben Monate vor dem Ende des Zeitraums, den die Kommission für die Feststellung der Nichterfüllung des Art. 5 der Entscheidung von 2004 berücksichtigt habe (22. Oktober 2007), Microsoft daran gehindert habe, ihren Standpunkt zu allen ihr entgegengehaltenen Umständen darzulegen. Denn sowohl die Mitteilung der Beschwerdepunkte als auch das Schreiben zum Sachverhalt enthielten nur vorläufige Beurteilungen im Sinne von Art. 5 Buchst. d der Entscheidung von 2004 und gäben Microsoft keine Gelegenheit, ihre Ansicht zu sämtlichen für die Verhängung des Zwangsgelds berücksichtigten Tatsachen vorzubringen, mit dem ein anderes Ziel verfolgt werde als mit einer Geldbuße. So habe Microsoft nicht zur Begrenzung des Gegenstands der angefochtenen Entscheidung Stellung nehmen können, die sich allein auf die Vereinbarkeit mit Art. 5 Buchst. a der Entscheidung von 2004 nur unter dem Aspekt der No‑Patent‑Vereinbarung konzentriert habe und zeige, dass die Kommission den innovativen Charakter von drei weiteren Technologien im Vergleich zum Standpunkt in der Mitteilung der Beschwerdepunkte eingeräumt habe. Diese Umstände seien entscheidend im Hinblick auf Art. 24 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003. Ferner habe Microsoft weder vortragen können, dass die Vereinbarkeit ihres Verhaltens mit den Verpflichtungen aus der Entscheidung von 2005 zu einer erheblichen Herabsetzung des Zwangsgelds hätte führen müssen, noch die Dauer des von der Kommission gewählten Zeitraums kommentieren können. Schließlich habe Microsoft keine Möglichkeit gehabt, auf bestimmte sachliche Fehler der Kommission hinzuweisen, wie etwa, dass das Zwangsgeld bis zum 22. Oktober 2007 berechnet worden sei, obwohl Microsoft den für angemessen befundenen Vorschlag am 9. Oktober 2007 vorgelegt habe.

180    Dadurch habe die Kommission zudem die Rolle des Beratenden Ausschusses für Kartell‑ und Monopolfragen untergraben, den sie nach Art. 14 der Verordnung Nr. 1/2003 hören müsse.

181    Die Kommission bestreitet die Begründetheit dieses Klagegrundes.

 Würdigung durch das Gericht

182    Nach der Rechtsprechung müssen die Beschwerdepunkte in der Mitteilung der Beschwerdepunkte, sei es auch nur in gedrängter Form, so klar abgefasst sein, dass die Betroffenen tatsächlich erkennen können, welches Verhalten ihnen die Kommission zur Last legt. Nur unter dieser Voraussetzung kann die Mitteilung der Beschwerdepunkte nämlich den ihr durch die Gemeinschaftsverordnungen zugewiesenen Zweck erfüllen, der darin besteht, den Unternehmen alle erforderlichen Angaben zur Verfügung zu stellen, damit sie sich sachgerecht verteidigen können, bevor die Kommission eine endgültige Entscheidung erlässt (vgl. Urteil des Gerichts vom 15. März 2006, BASF/Kommission, T‑15/02, Slg. 2006, II‑497, Randnr. 46 und die dort angeführte Rechtsprechung).

183    Diesem Erfordernis ist Genüge getan, wenn den Betroffenen in der Entscheidung keine anderen als die in der Mitteilung der Beschwerdepunkte genannten Zuwiderhandlungen zur Last gelegt und nur Tatsachen berücksichtigt werden, zu denen sie sich äußern konnten (vgl. Urteil BASF/Kommission, oben in Randnr. 182 angeführt, Randnr. 47 und die dort angeführte Rechtsprechung).

184    Außerdem stellt die Mitteilung der Beschwerdepunkte gegenüber der zum Abschluss des Verwaltungsverfahrens ergehenden Entscheidung eine vorbereitende Verfahrenshandlung dar. Bis zum Erlass einer endgültigen Entscheidung kann daher die Kommission in Anbetracht insbesondere der schriftlichen oder mündlichen Äußerungen der Beteiligten entweder einzelne oder auch sämtliche bis dahin gegen diese erhobenen Beschwerdepunkte fallen lassen und damit ihre Auffassung zugunsten der Beteiligten ändern oder umgekehrt beschließen, neue Beschwerdepunkte hinzuzufügen, sofern sie den betreffenden Unternehmen Gelegenheit gibt, hierzu Stellung zu nehmen (Urteil des Gerichts vom 30. September 2003, Atlantic Container Line u. a./Kommission, T‑191/98, T‑212/98 bis T‑214/98, Slg. 2003, II‑3275, Randnrn. 114 und 115).

185    Zur Ausübung der Verteidigungsrechte in Bezug auf die Verhängung von Geldbußen geht aus einer ständigen Rechtsprechung hervor, dass die Kommission ihre Verpflichtung zur Wahrung des Anhörungsrechts der Unternehmen erfüllt, wenn sie in der Mitteilung der Beschwerdepunkte ausdrücklich darauf hinweist, dass sie prüfen wird, ob gegen die betreffenden Unternehmen Geldbußen festzusetzen sind, und die für die etwaige Festsetzung einer Geldbuße wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte wie Schwere und Dauer der vermuteten Zuwiderhandlung sowie den Umstand anführt, ob diese vorsätzlich oder fahrlässig begangen wurde. Damit macht sie gegenüber den Unternehmen die Angaben, die diese für ihre Verteidigung nicht nur gegen die Feststellung der Zuwiderhandlung, sondern auch gegen die Festsetzung einer Geldbuße benötigen (vgl. Urteil BASF/Kommission, oben in Randnr. 182 angeführt, Randnr. 48 und die dort angeführte Rechtsprechung).

186    Wenn schließlich die Kommission in der Mitteilung der Beschwerdepunkte oder irgendeinem anderen ihr nachfolgenden Dokument, mit dem den beschuldigten Unternehmen die Möglichkeit gegeben werden soll, tatsächlich in Erfahrung zu bringen, welche Verhaltensweisen ihnen vorgeworfen werden, angibt, dass die Zuwiderhandlung noch nicht beendet sei, darf sie für die Bemessung der Geldbuße die Zeit berücksichtigen, die zwischen der Mitteilung der Beschwerdepunkte und dem Erlass der Entscheidung verstrichen ist, mit der das Verwaltungsverfahren beendet wird, sofern sie nur diejenigen Tatsachen berücksichtigt, zu denen die Betroffenen die Gelegenheit hatten, sich zu äußern (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 15. März 2000, Cimenteries CBR u. a./Kommission, T‑25/95, T‑26/95, T‑30/95 bis T‑32/95, T‑34/95 bis T‑39/95, T‑42/95 bis T‑46/95, T‑48/95, T‑50/95 bis T‑65/95, T‑68/95 bis T‑71/95, T‑87/95, T‑88/95, T‑103/95 und T‑104/95, Slg. 2000, II‑491, Randnrn. 575 und 576).

187    Aus den oben in Randnr. 94 dargelegten Gründen gelten die vorstehenden Erwägungen in vollem Umfang im Zusammenhang mit den nach Art. 24 der Verordnung Nr. 1/2003 verhängten Zwangsgeldern. Außerdem handelt es sich, anders als Microsoft meint, bei der Mitteilung der Beschwerdepunkte und dem Schreiben zum Sachverhalt um Mitteilungen im Sinne von Art. 27 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1/2003 und nicht um vorläufige Beurteilungen im Sinne von Art. 5 Buchst. d der Entscheidung von 2004 (oben in Randnr. 9 angeführt).

188    Im vorliegenden Fall ist den Randnrn. 267 und 276 der Mitteilung der Beschwerdepunkte zu entnehmen, dass die Kommission der Ansicht war, dass das Verhalten von Microsoft am 1. März 2007 nicht die Verpflichtungen aus Art. 5 Buchst. a der Entscheidung von 2004 erfüllte, und dass sie beabsichtigte, die endgültige Höhe des Zwangsgelds für den Zeitraum vom 16. Dezember 2005 bis zum Tag des Erlasses der endgültigen Entscheidung festzusetzen.

189    Zudem geht aus dem dritten Absatz des Schreibens zum Sachverhalt und Randnr. 54 seines Anhangs I hervor, dass nach Auffassung der Kommission ihre Beschwerdepunkte im Hinblick auf die am 21. Mai 2007 vorgelegte Vergütungsregelung (vgl. oben, Randnrn. 24 und 33) gültig blieben.

190    Da sich das Microsoft aufgrund der angefochtenen Entscheidung zur Last gelegte Verhalten nicht von demjenigen unterscheidet, das in der Mitteilung der Beschwerdepunkte und dem Schreiben zum Sachverhalt beschrieben wird, ist daher festzustellen, dass die Verteidigungsrechte von Microsoft insoweit nicht verletzt worden sind.

191    Zu dem Umstand, dass die Kommission den Gegenstand ihrer Untersuchung auf die No‑Patent‑Vereinbarung begrenzt und nach der Mitteilung der Beschwerdepunkte den innovativen Charakter von sieben Technologien eingeräumt hat, genügt die Feststellung, dass eine Ergänzung der Mitteilung der Beschwerdepunkte nur dann erforderlich ist, wenn sich die Kommission aufgrund des Ermittlungsergebnisses veranlasst sieht, den betroffenen Unternehmen neue Handlungen zur Last zu legen oder den Nachweis bestrittener Zuwiderhandlungen auf eine erheblich geänderte Grundlage zu stellen, und nicht, wenn die Kommission ihrer Pflicht nachkommt, Beschwerdepunkte fallen zu lassen, die sich im Hinblick auf die Antworten auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte als nicht ausreichend begründet erwiesen haben (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 7. Januar 2004, Aalborg Portland u. a./Kommission, C‑204/00 P, C‑205/00 P, C‑211/00 P, C‑213/00 P, C‑217/00 P und C‑219/00 P, Slg. 2004, I‑123, Randnrn. 67 und 192).

192    Was den sachlichen Fehler betrifft, den Microsoft der Kommission nicht habe mitteilen können (vgl. oben, Randnr. 179 a. E.), ist festzustellen, dass sich dieser Fehler nie ausgewirkt hat. Aufgrund der Pflicht von Microsoft, ihren potenziellen Wettbewerbern angemessene Vergütungssätze vorzuschlagen (vgl. oben, Randnr. 114), konnte nämlich nur das tatsächliche Angebot dieser Sätze die Zuwiderhandlung beenden, während die bloße Mitteilung von Vergütungssätzen an die Kommission zum Zweck der Prüfung ihrer Angemessenheit nicht den Verpflichtungen aus Art. 5 Buchst. a der Entscheidung von 2004 genügte.

193    Schließlich ist einem Schreiben vom 15. November 2007 zu entnehmen, dass der Beratende Ausschuss für Kartell‑ und Monopolfragen die Mitteilung der Beschwerdepunkte, das Schreiben zum Sachverhalt und die Antworten von Microsoft zu diesen Dokumenten erhalten hat, so dass er von den Tatsachen, die Microsoft zur Last gelegt wurden, Kenntnis nehmen konnte.

194    Der fünfte Klagegrund ist daher zurückzuweisen.

 Zum sechsten Klagegrund: Fehlende Rechtsgrundlage für die Verhängung eines Zwangsgelds, das außerdem überhöht und unverhältnismäßig sei

 Vorbringen der Beteiligten

195    Microsoft macht erstens geltend, dass die Kommission kein Zwangsgeld gegen sie habe verhängen dürfen, ohne zuvor genau definiert zu haben, wie Microsoft sich hätte verhalten müssen, um der Entscheidung von 2004 nachzukommen. Außerdem könne Microsoft nicht zur Erfüllung von Art. 5 Buchst. a dieser Entscheidung verpflichtet gewesen sein, bevor das in Buchst. d derselben Bestimmung beschriebene Verfahren abgeschlossen gewesen sei.

196    Zweitens habe die Kommission mit der angefochtenen Entscheidung Microsoft nur hinsichtlich derjenigen Vergütungssätze einen Verstoß zur Last gelegt, die sich auf die No‑Patent‑Vereinbarung bezögen und als Ausgangspunkt für Verhandlungen vorgeschlagen worden seien. Es sei jedoch absurd, einer WSPP‑Vereinbarung Vorrang zu geben, obwohl bei allen Vereinbarungen angenommen worden sei, dass sie für die Wettbewerber von Microsoft unerlässliche Informationen beträfen.

197    Drittens gehe aus der Entscheidung von 2006 hervor, dass die Kommission 75 % des Höchstbetrags des Zwangsgelds für die Verpflichtung von Microsoft berechnet habe, eine klare und vollständige Fassung der Interoperabilitätsinformationen vorzulegen, und 25 % für die Verpflichtung, angemessene und nicht diskriminierende Vergütungssätze vorzuschlagen. Indem die Kommission im vorliegenden Fall rund 60 % des Höchstbetrags des Zwangsgelds wegen Verletzung des ersten Teils der an zweiter Stelle genannten Verpflichtung verhängt habe, sei sie jedoch unerklärlicherweise von ihrer ursprünglichen Gewichtung abgegangen und habe dadurch gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes verstoßen. Außerdem habe die Kommission weder die Methode zur Berechnung des täglichen Zwangsgelds noch die Grundsätze erläutert, nach denen sie die Ermäßigungen berechnet habe, so dass die angefochtene Entscheidung insoweit unzureichend begründet sei. Daraus ergebe sich zudem, dass die Kommission in Wirklichkeit keine kohärente Gewichtung der verschiedenen Formen von Verstößen nach ihrer Bedeutung vorgenommen habe.

198    Viertens führt Microsoft aus, dass von den 488 Tagen, die vom Zwangsgeld abgedeckt seien, 306 der Prüfung der Vorschläge von Microsoft durch die Kommission gewidmet worden seien, was Zweifel an deren Standpunkt begründe, wonach offensichtlich sei, welche Maßnahmen Microsoft hätte ergreifen müssen, und die Unfairness des verhängten Zwangsgelds belege.

199    Fünftens wiederholt Microsoft, unterstützt von ACT, dass sie unter Berücksichtigung der Weigerung der Kommission, ihr durch Angabe der angemessenen Höhe der Vergütungssätze substanziell zu helfen, alle ihr zur Verfügung stehenden Maßnahmen ergriffen habe, um der Entscheidung von 2004 nachzukommen.

200    Sechstens sei das Zwangsgeld 40-mal so hoch wie die Vergütung, auf die Microsoft Anspruch gehabt hätte, wenn alle ihre Wettbewerber No‑Patent‑Vereinbarungen zu den von der Kommission für unangemessen befundenen Sätzen geschlossen hätten, und gehe weit über alle Geldbußen hinaus, die in letzter Zeit wegen Verletzung der Wettbewerbsregeln verhängt worden seien.

201    Siebtens habe die Kommission unberücksichtigt gelassen, dass Microsoft schließlich der Entscheidung von 2004 nachgekommen sei, und es unterlassen, aus diesem Grund gemäß Art. 24 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 das Zwangsgeld herabzusetzen.

202    Achtens schließlich wiederholt Microsoft, dass der Zeitraum der Zuwiderhandlung am 9. Oktober 2007 geendet habe (vgl. oben, Randnr. 179).

203    Die Kommission trägt vor, dass sich das Zwangsgeld für die 488 Tage, die von der angefochtenen Entscheidung erfasst seien, auf 1,423 Mrd. Euro hätte belaufen können. Da erstens die von Microsoft am 22. Oktober 2007 beschlossene Regelung keinen Einwänden hinsichtlich der Angemessenheit der darin enthaltenen Vergütungssätze begegne, zweitens Microsoft seit 21. Mai 2007 erheblich niedrigere Sätze angewandt habe und drittens die angefochtene Entscheidung nur die No‑Patent‑Vereinbarung betreffe, habe sich das verhängte Zwangsgeld auf rund 63 % des Höchstbetrags des Zwangsgelds belaufen. Allerdings betreffe die Ermäßigung auch den Zeitraum vor dem 21. Mai 2007, habe sich aber nicht auf den gesamten betroffenen Zeitraum zu erstrecken. Das Zwangsgeld setze sich zusammen aus 2 Mio. Euro pro Tag für den Zeitraum vom 21. Juni 2006 bis zum 20. Mai 2007 und 1,5 Mio. Euro pro Tag für den Zeitraum vom 21. Mai bis zum 21. Oktober 2007. Nach ständiger Rechtsprechung sei Art. 253 EG keine Verpflichtung zu entnehmen, in der Entscheidung der Kommission Zahlenangaben zur Berechnung einer Geldbuße machen; die gleiche Regel gelte für Zwangsgelder. Unter diesen Umständen enthielten die Randnrn. 281 bis 299 der angefochtenen Entscheidung insoweit eine angemessene Begründung.

204    Im Übrigen bestreiten die Kommission und die sie unterstützenden Streithelfer die Begründetheit des Vorbringens von Microsoft.

 Würdigung durch das Gericht

205    Das oben in Randnr. 195 erläuterte erste Argument von Microsoft deckt sich mit dem ersten Klagegrund und ist daher aus den oben in den Randnrn. 82 bis 97 dargelegten Gründen zurückzuweisen. Soweit Microsoft vorträgt, dass sie nicht zur Erfüllung von Art. 5 Buchst. a der Entscheidung von 2004 verpflichtet gewesen sein könne, bevor das in Art. 5 Buchst. d beschriebene Verfahren abgeschlossen gewesen sei, genügt die Feststellung, dass diese Herangehensweise Microsoft ein Vetorecht hinsichtlich der Durchführung der Entscheidung von 2004 gäbe. Microsoft könnte nämlich schon dadurch, dass sie nicht ihre – im Übrigen eindeutig andere – Verpflichtung aus Art. 5 Buchst. d der Entscheidung von 2004 erfüllt, die Bestimmungen des Art. 5 Buchst. a unerfüllbar werden lassen.

206    Zu den Ausführungen von Microsoft betreffend die Ausübung der unbeschränkten Nachprüfungsbefugnis durch das Gericht ist Folgendes festzustellen.

207    Zu dem oben in Randnr. 196 dargelegten Argument von Microsoft ist zu bemerken, dass die Kommission die Begrenzung des Gegenstands ihrer Untersuchung gebührend berücksichtigt hat, indem sie das Zwangsgeld deutlich unterhalb der Höhe festgesetzt hat, die in der Entscheidung von 2006 vorgesehen war (vgl. oben, Randnr. 203).

208    Im Hinblick auf die Bedeutung der No‑Patent‑Vereinbarung in Fällen, in denen die potenziellen Vertragspartner von Microsoft nicht an Lizenzen für Patente interessiert waren, spricht zudem, wie auch die Kommission und SIIA ausführen, nichts dagegen, die endgültige Höhe des Zwangsgelds auf einem Niveau wie dem des Zwangsgelds festzusetzen, das aufgrund der angefochtenen Entscheidung verhängt worden ist.

209    Auch wenn Microsoft diesem Argument keine besondere Bedeutung für die Begründung ihres Antrags auf Überprüfung der Höhe des Zwangsgelds durch das Gericht beimisst, ist insoweit ihr Vorbringen zurückzuweisen, dass die Kommission nicht die Befugnis von Microsoft in Frage gestellt habe, die No‑Patent‑Vereinbarung nur Lizenznehmern anzubieten, die bereits eine Lizenz für bestimmte patentierte Technologien erworben hätten.

210    Genauer gesagt wies die Kommission, wie aus den Randnrn. 28, 29 und 38 bis 41 eines Schreibens der Kommission vom 17. März 2005 hervorgeht, Microsoft darauf hin, dass mehrere potenzielle Begünstigte der Entscheidung von 2004 annähmen, dass sie keine Lizenzen für die patentierten Technologien von Microsoft benötigten, um Betriebssysteme für Arbeitsgruppenserver zu entwickeln, die mit den Betriebssystemen für Client‑PCs von Microsoft kompatibel seien. Daher wies die Kommission den Vorschlag von Microsoft zurück, eine einzige Art von Lizenz anzubieten, mit der gleichzeitig patentierte und nicht patentierte Technologien zur Verfügung gestellt werden sollten, da ein solcher Kopplungsverkauf nicht objektiv gerechtfertigt sei und Microsoft Erwerber einer Lizenz für nicht patentierte Technologien immer noch vor den zuständigen nationalen Gerichten verfolgen könne, falls sie diese Technologien unter Verletzung der Patente von Microsoft anwendeten, für die sie keine Lizenz erworben hätten.

211    Im selben Zusammenhang schlug die Kommission mit Schreiben vom 18. April 2005 Microsoft u. a. einen Entwurf für eine No‑Patent‑Vereinbarung vor, die ohne vorherige Erteilung einer Lizenz für patentierte Technologien verfügbar sein sollte, wobei die Rechte von Microsoft aus ihren Patenten im oben erwähnten Sinne ausdrücklich vorbehalten waren. Ferner legte die Kommission in Beantwortung eines Schreibens von Microsoft vom 2. Mai 2005 mit Schreiben vom 28. Juni 2005 erneut dar, dass Microsoft, um die Anordnung von „Zwangslizenzen“ für patentierte Technologien, an denen ihre Wettbewerber kein Interesse hätten, zu vermeiden, eine Vereinbarung über nicht patentierte Technologien – unbeschadet ihrer Patentrechte – verfügbar machen müsse. Unter diesen Umständen sei es an den Betroffenen, diejenigen nicht patentierten oder patentierten Technologien zu wählen, die sie für nötig hielten, um ihre Produkte zu entwickeln. Dementsprechend wies die Kommission im selben Schreiben die Fassung von Section 2.4(b) des von Microsoft vorgeschlagenen Entwurfs für eine No‑Patent‑Vereinbarung vom 7. Juni 2005 zurück, wonach diese Vereinbarung nur für Inhaber einer Lizenz für Patentansprüche, die durch die Implementierung von zu den Interoperabilitätsinformationen gehörender, nicht patentierter Technologien „zwingend verletzt“ werden, verfügbar sein sollte.

212    Mit Schreiben vom 8. Juli 2005 schlug Microsoft u. a. vor, in die No‑Patent‑Vereinbarung einen Satz einzufügen, wonach der Betroffene nicht verpflichtet sein sollte, eine Lizenz für patentierte Elemente zu erwerben, wenn den nicht patentierten Elementen, die er in Lizenz nehmen will, kein „zwingender Anspruch“ entspricht. Im selben Schreiben erklärte Microsoft, sie hoffe, dass diese Klarstellung den Einwand der Kommission entkräfte.

213    Mit Schreiben vom 13. Juli 2005 antwortete die Kommission Microsoft, dass die Klarstellung willkommen sei, ganz besonders im Licht von „Section 11.4[a], wo eindeutig bestimmt ist, dass, wenn der Lizenznehmer die zwingenden Ansprüche bestreitet, Microsoft nicht aus diesem Grund die Lizenz kündigen kann“.

214    Wie schließlich dem Protokoll eines Treffens zu entnehmen ist, das am 31. Januar und 1. Februar 2007 in London stattfand, hat sich während dieses Treffens herausgestellt, dass Microsoft die oben in Randnr. 212 erwähnte Klarstellung dahin ausgelegt hat, dass der potenzielle Erwerber einer No‑Patent‑Lizenz im Fall einer Meinungsverschiedenheit mit Microsoft über die Existenz „zwingender Ansprüche“ nach wie vor verpflichtet sei, eine Lizenz für die Patente zu erwerben, die sich auf diese Ansprüche bezögen. Hierzu geht aus einem Schreiben von Microsoft vom 12. Februar 2007 hervor, dass IBM in einem Dokument mit dem Titel „Comments“ vom 28. Januar 2007 die Aufmerksamkeit auf diesen Punkt gelenkt hatte und dass Microsoft von da an die betreffende Auslegung aufgab.

215    Der Zusammenfassung des Schriftverkehrs und des Protokolls oben in den Randnrn. 210 bis 214 ist zu entnehmen, dass die Kommission von Anfang an Microsoft in klaren Worten dargelegt hat, dass der gekoppelte Verkauf von Lizenzen für nicht patentierte und patentierte Technologien mangels objektiver Rechtfertigung für eine solche Kopplung nicht mit ihren Verpflichtungen aus Art. 5 der Entscheidung von 2004 vereinbar sei. Die Kommission hat außerdem klargestellt, dass es einem potenziellen Lizenznehmer, wenn er glaube, keine Lizenz für patentierte Technologien von Microsoft zu benötigen, um mit den Betriebssystemen für Client‑PCs von Microsoft interoperable Produkte entwickeln zu können, freistehen müsse, keine solche Lizenz zu erwerben, auch wenn er Gefahr laufe, vor den nationalen Gerichten verklagt zu werden, falls er derartige Patente verletzen sollte. Unter diesen Umständen gab die Zustimmung, die die Kommission im Anschluss an eine Klarstellung von Microsoft (vgl. oben, Randnrn. 212 und 213) äußerte, nur der Auslegung der Kommission Ausdruck, wonach mit der fraglichen Klarstellung potenziellen Lizenznehmern das Recht eingeräumt wurde, zu wählen, welche Elemente sie in Lizenz nehmen wollen, ohne dass ihre Weigerung, patentierte Elemente in Lizenz zu nehmen, eine Weigerung von Microsoft nach sich ziehen darf, nicht patentierte Elemente in Lizenz zu geben. Dass die Frage im Januar 2007 wieder auftrat, liegt demnach ausschließlich daran, dass Microsoft ihre Klarstellung weiterhin in einer Art und Weise auslegte, die der Auslegung durch die Kommission und die potenziellen Lizenznehmer entgegensetzt war, und nicht an einer am 13. Juli 2005 angeblich von der Kommission erteilten Zustimmung.

216    Auch soweit Microsoft in ihrem Schriftverkehr mit der Kommission zu ihrer Rechtfertigung anführt, dass der Erwerb einer Lizenz für „zwingende Ansprüche“ als Voraussetzung für die Verfügbarkeit einer No‑Patent‑Vereinbarung die Erwerber vor jeglicher Klage von Microsoft vor den nationalen Gerichten schütze, kann ihr nicht gefolgt werden. Denn unabhängig davon, dass die Lizenznehmer eher als Microsoft in der Lage sind, die für den Schutz ihrer Interessen am besten geeignete Wahl zu treffen, haben sie auf eigene Gefahr zu beurteilen, ob im Rahmen der Entwicklung von Produkten, die mit denen von Microsoft interoperabel sind, Patentansprüche zwingend sind. Die Kommission hat jedoch von Anfang an klar gemacht, dass die Erteilung von Lizenzen im Rahmen der No‑Patent‑Vereinbarung die Rechte von Microsoft aufgrund ihrer Patente unberührt lässt (vgl. oben, Randnrn. 210 und 211).

217    Zu dem oben in Randnr. 197 dargelegten Argument genügt die Feststellung, dass die Kommission, selbst wenn sie im vorliegenden Fall von der Gewichtung abgegangen sein sollte, die sie in der Entscheidung von 2006 vorgenommen hatte, durch nichts verpflichtet ist, sie für jede nachfolgende Entscheidung zu befolgen. Hatte Microsoft anfangs nicht einmal eine genaue und vollständige Fassung der Interoperabilitätsinformationen offengelegt, war es nämlich in diesem Stadium nur folgerichtig, ein Zwangsgeld zu verhängen, das insbesondere eher diesen Aspekt des Verhaltens berücksichtigte als die Frage, inwiefern die Umstände angemessen waren, unter denen die Offenlegung erfolgen sollte. Was die Methode zur Berechnung des Zwangsgelds angeht, kann die Befugnis des Gerichts zu unbeschränkter Nachprüfung die Vorlage und Heranziehung zusätzlicher Informationen erfordern, die an sich nicht in der Entscheidung erwähnt zu werden brauchen, damit diese dem Begründungserfordernis gemäß Art. 253 EG genügt (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 16. November 2000, KNP BT/Kommission, C‑248/98 P, Slg. 2000, I‑9641, Randnr. 40). Da der endgültig festgesetzte Betrag des Zwangsgelds unter dem in der Entscheidung von 2006 vorgesehenen Höchstbetrag liegt und die oben in Randnr. 203 enthaltenen Angaben genügen, um seine Berechnung nachzuvollziehen, hat Microsoft mit ihrem Vorbringen keinen Erfolg.

218    Selbst wenn die Gründe, die die Kommission dazu veranlasst haben, die endgültige Höhe des Zwangsgelds für den Zeitraum vom 1. August 2006 bis zum 20. Mai 2007 in Höhe von zwei Dritteln des mit der Entscheidung von 2006 verhängten Zwangsgelds festzusetzen, auch für die Berechnung der endgültigen Höhe des Zwangsgelds für den Zeitraum vom 21. Juni bis zum 31. Juli 2006 gelten, war es zudem sachgerecht, für den zuletzt genannten Zeitraum einen – dem Gesamtbetrag des mit der Entscheidung von 2005 verhängten täglichen Zwangsgelds entsprechenden – Betrag von 2 Mio. Euro festzusetzen. Das Verhalten von Microsoft war nämlich seiner Art nach in beiden Zeiträumen gleich, so dass ein identisches tägliches Zwangsgeld gerechtfertigt ist.

219    Zu dem oben in Randnr. 198 erläuterten Argument von Microsoft genügt die Feststellung, dass Microsoft verpflichtet war, ihren potenziellen Vertragspartnern angemessene Vergütungssätze anzubieten (vgl. oben, Randnr. 114), weshalb die Tatsache, dass ein Teil des Zwangsgelds auf Zeiträume entfällt, in denen Microsoft auf die Beurteilung eines angeblich von ihr unterbreiteten neuen Vorschlags durch die Kommission wartete, nicht die Auswirkungen der Nichteinhaltung der Entscheidung von 2004 durch Microsoft lindert und somit keinen mildernden Umstand darstellt. Dem oben in Randnr. 199 dargelegten Argument von Microsoft kann aus denselben Gründen wie oben in Randnr. 114 erst recht nicht gefolgt werden.

220    Zu den oben in den Randnrn. 200 und 201 zusammengefassten Argumenten von Microsoft ist erstens festzustellen, dass Microsoft keinen Beweis dafür liefert, dass das verhängte Zwangsgeld 40-mal höher sei als die Vergütung, auf die sie Anspruch gehabt hätte, wenn alle ihre Wettbewerber No‑Patent‑Vereinbarungen zu den von der Kommission für unangemessen befundenen Sätzen geschlossen hätten. Zweitens trägt jedenfalls in Anbetracht der Größe von Microsoft gemessen am Umsatz, des Verzugs, mit dem sie eine genaue und vollständige Fassung der Interoperabilitätsinformationen vorgelegt hat, und des zusätzlichen Verzugs bei der Unterbreitung eines angemessenen Vergütungssatzes, einschließlich aller Vorteile, die diese Umstände in Form von Marktanteilen mit sich bringen, die von der Kommission gewährte Herabsetzung des Zwangsgelds (vgl. oben, Randnr. 203) sowohl der nötigen Abschreckungswirkung der Höhe des Zwangsgelds als auch der Tatsache, dass Microsoft zu guter Letzt ihren Verpflichtungen aus Art. 5 Buchst. a der Entscheidung von 2004 nachgekommen ist, gebührend Rechnung.

221    Darüber hinaus beendete, wie oben in Randnr. 192 dargelegt, nur das tatsächliche Angebot angemessener Vergütungssätze die Zuwiderhandlung, während die bloße Mitteilung von Vergütungssätzen an die Kommission zwecks Prüfung ihrer Angemessenheit nicht den Verpflichtungen aus Art. 5 Buchst. a der Entscheidung von 2004 genügte. Das oben in Randnr. 202 wiedergegebene Vorbringen ist daher zurückzuweisen.

222    Im Rahmen der Ausübung der Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung, mit der das Gericht aufgrund von Art. 31 der Verordnung Nr. 1/2003 ausgestattet ist und die die Vorlage und Heranziehung zusätzlicher Informationen erfordern kann, die an sich nicht in der Entscheidung erwähnt zu werden brauchen (Urteil KNP BT/Kommission, oben in Randnr. 217 angeführt, Randnr. 40), ist allerdings noch ein Schreiben des Generaldirektors der Generaldirektion (GD) „Wettbewerb“ an Microsoft vom 1. Juni 2005 zu berücksichtigen. Dieses Schreiben, das nach mündlicher Anhörung der Beteiligten zu den Akten genommen wurde, betrifft die Frage, ob im Rahmen der Entscheidung von 2004 Microsoft ihren Wettbewerbern verbieten durfte, die mit den Betriebssystemen für Client‑PCs interoperablen und zwischenzeitlich von ihnen entwickelten Produkte in Form von Quellcode zu vertreiben. Hierzu vertrat die Kommission die Auffassung, dass Microsoft aufgrund von Art. 5 der Entscheidung von 2004 verpflichtet sei, den Vertrieb von Software, die die Wettbewerber auf Basis der Protokolle von Microsoft entwickelt hätten, in Form von Quellcode zu gestatten, soweit die in dieser Software angewandten Protokolle von Microsoft nicht innovativ seien. Die Kommission führte allerdings auch aus, dass Microsoft zwar einen solchen Vertrieb bis zur Verkündung des Urteils in der Rechtssache Microsoft/Kommission (oben in Randnr. 18 angeführt) verhindern dürfe, aber in der Zwischenzeit alle erforderlichen Maßnahmen ergreifen müsse, um sich zu vergewissern, dass sie, falls die Klage von Microsoft in Bezug auf Art. 5 der Entscheidung von 2004 zurückgewiesen werde, ihrer Verpflichtung aus dieser Bestimmung sofort und in vollem Umfang nachkommen könne.

223    Folglich war dieses Schreiben geeignet, Microsoft glauben zu lassen, dass sie die Beschränkungen beim Vertrieb der Produkte, die ihre Wettbewerber auf Basis der weder unter ein Patent fallenden noch innovativen Interoperabilitätsinformationen entwickelt hatten, bis zur Verkündung des Urteils Microsoft/Kommission (oben in Randnr. 18 angeführt), d. h. bis zum 17. September 2007, aufrechterhalten durfte.

224    Die Kommission hat hierzu in der mündlichen Verhandlung von Microsoft unbestritten vorgetragen, dass mit diesem Schreiben letztlich versucht worden sei, die Tatsache, dass nun einmal eine Zeit von zwei bis drei Jahren nötig sei, damit ein auf den Interoperabilitätsinformationen beruhendes Konkurrenzprodukt entwickelt werden könne, auf der einen Seite mit dem legitimen Interesse, das Microsoft an der Wiederherstellung des status quo ante für den Fall habe, dass Art. 5 der Entscheidung von 2004 vom Gericht im Rahmen der Rechtssache Microsoft/Kommission (oben in Randnr. 18 angeführt) für nichtig erklärt werde, auf der anderen Seite in Einklang zu bringen. Da nach den seinerzeit verfügbaren Indizien damit gerechnet worden sei, dass das Gericht sein Urteil ungefähr bei Ablauf des Zeitraums fällen werde, der für die Entwicklung eines auf den Interoperabilitätsinformationen beruhenden Konkurrenzprodukts nötig sei, habe sie angenommen, auf diese Art und Weise die verschiedenen Interessen, die damals in der Rechtssache betroffen gewesen seien, korrekt abzuwägen.

225    Festzustellen ist, dass das Schreiben der Kommission vom 1. Juni 2005 einen Aspekt der Durchführung von Art. 5 der Entscheidung von 2004 betrifft, und zwar den Zugang zu den Interoperabilitätsinformationen unter nicht diskriminierenden Bedingungen, der nicht die Grundlage der angefochtenen Entscheidung ist. So hat die Kommission zwar während des Verwaltungsverfahrens auf die Praxis Bezug genommen, das Entwicklungsmodell „Open source“ wegen bestimmter Klauseln in den von Microsoft vorgeschlagenen Vereinbarungen auszuschließen (vgl. z. B. Randnrn. 65 bis 70 des Anhangs zum Schreiben der Kommission vom 17. März 2005), doch wird die angefochtene Entscheidung mit der Unangemessenheit der Preise begründet, die Microsoft für den Zeitraum vom 21. Juni 2006 bis zum 21. Oktober 2007 vorgeschlagen habe (siehe oben in Randnr. 55).

226    Hat die Kommission aber im Hinblick auf einen anhängigen Rechtsstreit unter Berücksichtigung der Art der durch Art. 5 der Entscheidung von 2004 auferlegten Verpflichtungen und der Folgen, die sich aus einer möglichen Nichtigerklärung ergeben können, Microsoft erlaubt, zeitweise eine Praxis anzuwenden, die möglicherweise wettbewerbswidrige Auswirkungen hat, die mit der Entscheidung von 2004 beseitigt werden sollen, dann kann dieser Umstand im Rahmen der Festsetzung der Höhe des Zwangsgelds in Rechnung gestellt werden.

227    Bei der betreffenden Prüfung sind verschiedene Gesichtspunkte zu berücksichtigen. Erstens hat Microsoft ungeachtet der Reichweite des Schreibens vom 1. Juni 2005, das sich auf den Vertrieb der von ihren Wettbewerbern entwickelten Produkte beschränkte, in der Praxis den „Open source“‑Entwicklern weiterhin jeglichen Zugang zu den Interoperabilitätsinformationen verweigert, was in diesem Schreiben nicht als legitime Möglichkeit anerkannt worden war. Seinem Sinn nach gestattete das fragliche Schreiben Microsoft nämlich allenfalls, diesen Entwicklern beim Vertrieb ihrer Produkte bis zur Verkündung des Urteils des Gerichts im Rahmen der Rechtssache Microsoft/Kommission (oben in Randnr. 18 angeführt) Beschränkungen aufzuerlegen.

228    Zweitens zählen, wie in Randnr. 68 des Anhangs zum Schreiben der Kommission vom 17. März 2005 erwähnt und in der mündlichen Verhandlung wiederholt dargelegt, die „Open source“‑Entwickler zu den Hauptwettbewerbern von Microsoft.

229    Drittens wurde aufgrund des Verzugs, mit dem Microsoft eine genaue und vollständige Fassung der Interoperabilitätsinformationen zur Verfügung stellt (vgl. oben, Randnr. 115), die Wahrscheinlichkeit, dass ein Konkurrenzprodukt vor der Verkündung des Urteils Microsoft/Kommission (oben in Randnr. 18 angeführt) entwickelt werden konnte, rein theoretisch, was die oben in Randnr. 224 dargelegte Beurteilung durch die Kommission bestätigt.

230    Viertens genügte die von Microsoft angewandte Praxis in Bezug auf die bis zum 21. Oktober 2007 vorgeschlagenen Preise schon als solche, um Art. 5 der Entscheidung von 2004 gegenüber den „Open source“‑Entwicklern seine Wirksamkeit zu nehmen.

231    Fünftens hat Microsoft nichts dafür vorgelegt, inwieweit die wettbewerbswidrigen Auswirkungen des mit der angefochtenen Entscheidung geahndeten Verhaltens eingetreten wären, wenn sie sich so verhalten hätte, wie im Schreiben vom 1. Juni 2005 beschrieben, aber ihrer Verpflichtung nachgekommen wäre, für weder patentierte noch innovative Technologien angemessene Preise vorzuschlagen. Es gibt in Anbetracht der Ausführungen oben in den Randnrn. 224 und 229 keine Hinweise darauf, dass die Auswirkungen in diesem Fall mehr als nur geringfügig gewesen wären.

232    Unter diesen Umständen ist die Höhe des gegen Microsoft verhängten Zwangsgelds auf 860 Mio. Euro festzusetzen.

 Kosten

233    Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Nach Art. 87 § 3 kann das Gericht die Kosten teilen oder beschließen, dass jede Partei ihre eigenen Kosten trägt, wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt oder wenn ein außergewöhnlicher Grund vorliegt.

234    Da Microsoft mit ihren ersten fünf Klagegründen unterlegen ist, aber im Rahmen des sechsten Klagegrundes eine Herabsetzung des Zwangsgelds gewährt worden ist, trägt Microsoft ihre eigenen Kosten, 95 % der Kosten der Kommission mit Ausnahme der Kosten, die der Kommission im Zusammenhang mit der Streithilfe von CompTIA und ACT entstanden sind, sowie 80 % der Kosten von FSFE, Samba Team, SIIA, ECIS, IBM, Red Hat und Oracle.

235    Die Kommission trägt 5 % ihrer eigenen Kosten mit Ausnahme der Kosten, die ihr im Zusammenhang mit der Streithilfe von CompTIA und ACT entstanden sind.

236    CompTIA und ACT tragen ihre eigenen Kosten und die Kosten, die im Zusammenhang mit ihrer Streithilfe der Kommission entstanden sind.

237    FSFE, Samba Team, SIIA, ECIS, IBM, Red Hat und Oracle tragen 20 % ihrer eigenen Kosten.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Zweite Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Höhe des Zwangsgelds, das in Art. 1 der Entscheidung K(2008) 764 endg. der Kommission vom 27. Februar 2008 zur Festsetzung der endgültigen Höhe des mit der Entscheidung K(2005) 4420 endg. gegen die Microsoft Corporation verhängten Zwangsgelds (Sache COMP/C‑3/37.792 – Microsoft) gegen die Microsoft Corp. verhängt worden ist, wird auf 860 Mio. Euro festgesetzt.

2.      Microsoft trägt ihre eigenen Kosten, 95 % der Kosten der Europäischen Kommission mit Ausnahme der Kosten, die der Kommission im Zusammenhang mit der Streithilfe von The Computing Technology Industry Association, Inc. und der Association for Competitive Technology, Inc. entstanden sind, sowie 80 % der Kosten der Free Software Foundation Europe e.V., von Samba Team, der Software & Information Industry Association, des European Committee for Interoperable Systems, der International Business Machines Corp., der Red Hat Inc. und der Oracle Corp.

3.      Die Kommission trägt 5 % ihrer eigenen Kosten mit Ausnahme der Kosten, die ihr im Zusammenhang mit der Streithilfe von The Computing Technology Industry Association, Inc. und der Association for Competitive Technology, Inc. entstanden sind.

4.      The Computing Technology Industry Association und die Association for Competitive Technology tragen ihre eigenen Kosten und die Kosten, die im Zusammenhang mit ihrer Streithilfe der Kommission entstanden sind.

5.      Die Free Software Foundation Europe und Samba Team, die Software & Information Industry Association, das European Committee for Interoperable Systems, International Business Machines, Red Hat und Oracle tragen 20 % ihrer eigenen Kosten.

Forwood

Dehousse

Schwarcz

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 27. Juni 2012.

Unterschriften

Inhaltsverzeichnis


Vorgeschichte des Rechtsstreits

Angefochtene Entscheidung

Protokollprogramm für Arbeitsgruppenserver

Mitteilung der Beschwerdepunkte

Prüfung der Einhaltung der mit Art. 5 Buchst. a der Entscheidung von 2004 auferlegten Verpflichtungen

Kriterien für die Prüfung der Angemessenheit der von Microsoft verlangten Vergütungssätze

Prüfung der Angemessenheit der von Microsoft verlangten Vergütungssätze

– Allgemeiner Rahmen

– Innovativer Charakter der in der technischen Dokumentation beschriebenen Protokolle, zu denen Microsoft aufgrund der No‑Patent‑Vereinbarung Zugang gewährt

– Marktbewertung vergleichbarer Technologien

Zwangsgeld

Verfahren und Anträge der Beteiligten

Rechtliche Würdigung

Zum ersten Klagegrund: Rechtswidrigkeit der Verhängung eines Zwangsgelds, bevor die Verpflichtungen von Microsoft aus Art. 5 Buchst. a der Entscheidung von 2004 konkretisiert worden seien

Vorbringen der Beteiligten

Würdigung durch das Gericht

Zum zweiten Klagegrund: Fehler der Kommission hinsichtlich der Unangemessenheit der Vergütungssätze für die No‑Patent‑Vereinbarung

Vorbringen der Beteiligten

Würdigung durch das Gericht

Zum dritten Klagegrund: Fehler der Kommission in Bezug auf die Kriterien für die Prüfung des innovativen Charakters der Technologien, die Gegenstand der No‑Patent‑Vereinbarung sind

Vorbringen der Beteiligten

Würdigung durch das Gericht

Zum vierten Klagegrund: Rechtswidrige Heranziehung der Berichte des unabhängigen Überwachungsbeauftragten

Vorbringen der Beteiligten

Würdigung durch das Gericht

Zur fünften Klagegrund: Verletzung der Verteidigungsrechte

Vorbringen der Beteiligten

Würdigung durch das Gericht

Zum sechsten Klagegrund: Fehlende Rechtsgrundlage für die Verhängung eines Zwangsgelds, das außerdem überhöht und unverhältnismäßig sei

Vorbringen der Beteiligten

Würdigung durch das Gericht

Kosten


* Verfahrenssprache: Englisch.