Language of document : ECLI:EU:C:2005:531

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

DÁMASO RUIZ-JARABO COLOMER

vom 8. September 20051(1)

Rechtssache C-361/04 P

Claude Ruiz-Picasso,

Paloma Ruiz-Picasso,

Maya Widmaier-Picasso,

Marina Ruiz-Picasso,

Bernard Ruiz-Picasso

gegen

Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle)

„Rechtsmittel – Gemeinschaftsmarke – Wortmarke ‚PICARO‘ – Widerspruch des Inhabers der Gemeinschaftswortmarke ‚PICASSO‘ – Zurückweisung des Widerspruchs“





1.        Mit dem Rechtsmittel wird das Urteil des Gerichts erster Instanz (Zweite Kammer) vom 22. Juni 2004(2) angefochten, mit dem die Klage auf Aufhebung der Entscheidung der Dritten Beschwerdekammer des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (im Folgenden: HABM) abgewiesen wurde, mit der dieses wiederum den Widerspruch der Inhaber der Wortmarke PICASSO, der Rechtsmittelführer in diesem Verfahren, gegen die Eintragung des Wortzeichens PICARO für Kraftfahrzeuge zurückgewiesen hatte.

2.        Die Rechtssache fügt sich in die Diskussion um die Verwechslungsgefahr ein und berührt folglich die Anwendung des Artikels 8 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung über die Gemeinschaftsmarke(3). Das Rechtsmittel wird auf einen einzigen Rechtsmittelgrund gestützt, der vier Teile umfasst. Der erste richtet sich gegen einige Aussagen des Gerichts erster Instanz, denen zufolge die größere Bedeutung, die das begriffliche Element für die Beurteilung der Ähnlichkeit erlange, die etwaigen optischen und klanglichen Ähnlichkeiten neutralisieren könne; der zweite betrifft den besonderen Schutz von Marken mit erhöhter Kennzeichnungskraft; der dritte und der vierte Teil schließlich betreffen einige Aspekte der Gefahr, den Verbraucher nach dem Kauf in Verwirrung zu bringen (post-sale confusion).

3.        Es ist vor allem anderen überraschend, auf den Namen von Pablo Ruiz Picasso in einem Rechtsmittelverfahren zu stoßen, das mit seinen Erfolgen als Maler und Bildhauer nichts zu tun hat(4) und mit den prosaischen Auseinandersetzungen über den Gebrauch seines zweiten Familiennamens in Zusammenhang steht, der ihn als Künstler individualisierte und mit dem er den Großteil seiner Werke signiert hat. Es stimmt traurig, wenn man feststellen muss, dass der herausragendste Mythos des 20. Jahrhunderts, ein Erbgut der Menschheit, auf ein Handelsobjekt, eine Ware reduziert wird. Natürlich ist das legitime Interesse, diesen Namen gegen irgendeinen abträglichen Angriff zu verteidigen, nicht zu beanstanden, auch wenn eine maßlose Popularisierung zu gewerblichen Zwecken außerhalb der Bereiche, in denen er seinen Ruf erworben hat, den Respekt, den seine außergewöhnliche Persönlichkeit verdient, in Gefahr bringen könnte.

I –    Die Verordnung über die Gemeinschaftsmarke

4.        Die erwähnte Verordnung Nr. 40/94 enthält die für die Entscheidung des Rechtsstreits maßgeblichen Vorschriften.

5.        Gemäß ihrem Artikel 4 können Gemeinschaftsmarken alle Zeichen sein, „die sich grafisch darstellen lassen, insbesondere Wörter einschließlich Personennamen, Abbildungen, Buchstaben, Zahlen und die Form oder Aufmachung der Ware, soweit solche Zeichen geeignet sind, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden“.

6.        Artikel 8, der die relativen Eintragungshindernisse aufzählt, bestimmt in Absatz 1 Buchstabe b:

„Auf Widerspruch des Inhabers einer älteren Marke ist die angemeldete Marke von der Eintragung ausgeschlossen,

a)      …

b)      wenn wegen ihrer Identität oder Ähnlichkeit mit der älteren Marke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen in dem Gebiet besteht, in dem die ältere Marke Schutz genießt; dabei schließt die Gefahr von Verwechslungen die Gefahr ein, dass die Marke mit der älteren Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird.

…“

II – Vorgeschichte des Rechtsmittels

A –    Sachverhalt des Rechtsstreits erster Instanz

7.        Am 11. September 1998 meldete die DaimlerChrysler AG, die Streithelferin in der ersten Instanz, beim HABM das Wortzeichen PICARO als Gemeinschaftsmarke an.

8.        Sie beantragte die Eintragung für „Kraftfahrzeuge und deren Teile, Omnibusse“, die zur Klasse 12 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung gehören.

9.        Nach der vorgeschriebenen Veröffentlichung der Anmeldung im Blatt für Gemeinschaftsmarken erhob die „Succession Picasso“(5) gemäß Artikel 42 Absatz 1 der Verordnung Nr. 40/94 Widerspruch gegen diese Anmeldung in Bezug auf alle dort aufgeführten Warengruppen und machte dabei eine Verwechslungsgefahr im Sinne von Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94 geltend.

10.      Die Auseinandersetzung im Rahmen des Artikels 42 beruhte darauf, dass bereits eine den Erben des Künstlers gemeinsam zustehende Gemeinschaftsmarke Nr. 614.867 eingetragen war. Das Wortzeichen PICASSO wurde am 26. April 1999 in das Register für Waren der Klasse 12 nach dem Abkommen von Nizza mit folgender Beschreibung aufgenommen: „Fahrzeuge; Apparate zur Beförderung auf dem Lande, in der Luft oder auf dem Wasser, Kraftfahrzeuge, Autobusse, Lastkraftwagen, Lieferwagen, Wohnwagen, Fahrzeuganhänger“.

11.      Die zuständige Abteilung des HABM stimmte der beantragten Eintragung zu, da eine Verwechslungsgefahr zwischen den beiden Marken nicht bestehe, worauf die Succession Picasso diese Entscheidung gemäß Artikel 59 der Verordnung Nr. 40/94 bei der Beschwerdekammer des HABM anfocht.

12.      Mit Entscheidung vom 18. März 2002(6) wies die Dritte Beschwerdekammer des HABM die Beschwerde zurück, weil die in Rede stehenden Marken in Anbetracht des erhöhten Aufmerksamkeitsgrads der maßgeblichen Verkehrskreise weder klanglich noch optisch ähnlich seien. Außerdem werde durch die begriffliche Wirkung der älteren Marke jede klangliche oder optische Ähnlichkeit zwischen diesen Marken beseitigt.

13.      Mit Klageschrift, die am 13. Juni 2002 bei der Kanzlei des Gerichts erster Instanz einging, erhoben die Erben von Picasso Klage auf Aufhebung der Entscheidung der genannten Beschwerdekammer.

B –    Das angefochtene Urteil

14.      Die Klägerin führte zwei Klagegründe an, von denen der erste auf eine Verletzung des Artikels 8 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94 und der zweite darauf gestützt war, dass die Beschwerdekammer die Grenzen des Rechtsstreits zwischen den Parteien des Widerspruchsverfahrens überschritten habe.

15.      Da das Urteil des Gerichts erster Instanz in Bezug auf den zweiten Klagegrund nicht mit dem Rechtsmittel angefochten worden ist, bedarf es insoweit keiner Stellungnahme.

16.      Was den Verstoß gegen die genannte Vorschrift der Verordnung Nr. 40/94 betrifft, nahm das Gericht zunächst eine Gesamtbeurteilung der Verwechslungsgefahr anhand der in seinem Urteil vom 9. Juli 2003 in der Rechtssache T‑162/01 (Laboratorios RTB/HABM)(7) dargelegten Kriterien vor und stellte die teilweise Identität oder Ähnlichkeit der mit den streitigen Marken gekennzeichneten Waren heraus(8).

17.      Ferner untersuchte es auf der Grundlage anderer früherer Urteile(9) den Grad der Ähnlichkeit der beiden Zeichen und ermittelte optische und klangliche Entsprechungen, wenn auch geringen Grades. In Verbindung mit der begrifflichen Ähnlichkeit der strittigen Marken stellte das Gericht erster Instanz die bekannten Unterschiede zwischen dem Namen des berühmten Malers(10) einerseits und dem Wort Picaro andererseits fest, wobei es darauf hinwies, dass das letztgenannte Wort außerhalb der Spanisch sprechenden Welt keinen semantischen Inhalt habe(11), allerdings seinem Ursprung nicht nachging(12).

18.      Aufgrund der dargelegten begrifflichen Unterschiede und der klaren Bedeutung des Namens desjenigen, der das Bild „Les demoiselles d’Avignon“(13) gemalt hat, stellte es fest, dass dieser semantische Gehalt als Marke für Kraftfahrzeuge in der Wahrnehmung des Durchschnittsverbrauchers nicht den Namen des Schöpfers von „Guernica“(14) überlagern könne, der dieses Zeichen nie auf Anhieb mit einer Kraftfahrzeugmarke in Verbindung bringen würde. Daher die Überzeugung des Gerichts erster Instanz, dass die großen Bedeutungsunterschiede zwischen den in Rede stehenden Zeichen schwerer wögen als die optischen und klanglichen Ähnlichkeiten(15).

19.      Unter Berufung auf die Bekanntheit des Namens PICASSO forderten die Erben des Genies einen umfassenderen Schutz, wie ihn die Rechtsprechung Marken mit großer Kennzeichnungskraft zuerkannt habe(16), was das Gericht erster Instanz indessen mit der Begründung zurückwies, dass der hohe Bekanntheitsgrad des Künstlers die Gefahr einer Verwechslung der Marken für die fraglichen Waren nicht erhöhen könne(17).

20.      Abschließend prüfte es unter Beachtung der technischen Entwicklung und des Preises des Produkttyps den Grad der Aufmerksamkeit der maßgeblichen Verkehrskreise beim Kauf, den es als besonders hoch ansah. Es berücksichtigte hingegen diesen Eindruck nicht für andere Zeitpunkte als den Kauf, insbesondere nicht für solche nach diesem, die bei der Prüfung einer Verwechslungsgefahr beim Kunden von Bedeutung sein können(18).

III – Das Verfahren vor dem Gerichtshof und die Anträge der Beteiligten

21.      Das Rechtsmittel der ungeteilten Erbengemeinschaft Picasso ist bei der Kanzlei des Gerichtshofes am 19. August 2004 eingegangen und vom HABM am 6. Dezember 2004 beantwortet worden. Erwiderung und Gegenerwiderung haben nicht stattgefunden.

22.      Die Sitzung, an der die Vertreter beider Beteiligter und von DaimlerChrysler, der Streithelferin in der ersten und in der Rechtsmittelinstanz, teilgenommen haben, hat am 14. Juli 2005 stattgefunden.

23.      Die Rechtsmittelführer beantragen:

–        das angefochtene Urteil des Gerichts erster Instanz vom 22. Juni 2004 in der Rechtssache T‑185/02 aufzuheben;

–        die Entscheidung der Dritten Beschwerdekammer des HABM vom 18. März 2002 in der Beschwerdesache R 0247/2001‑3 insofern aufzuheben, als das von ihnen angestrengte Widerspruchsverfahren gegen die von DaimlerChrysler eingereichte Anmeldung des Wortzeichens PICARO als Gemeinschaftsmarke abgelehnt wurde;

–        dem HABM dessen eigene Kosten und die Kosten der Rechtsmittelführer in beiden Instanzen aufzuerlegen.

24.      Das HABM beantragt:

–        das Rechtsmittel zurückzuweisen;

–        den Rechtsmittelführern die Kosten aufzuerlegen.

25.      Die Streithelferin unterstützt die Anträge des HABM.

IV – Prüfung des Rechtsmittelgrundes

26.      Die Rechtsmittelführer stützen sich auf einen einzigen Rechtsmittelgrund, der vier Teile umfasst und seine Grundlage in der Verletzung des Artikels 8 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94 über die Gemeinschaftsmarke findet.

A –    Zum ersten Teil des Rechtsmittelgrundes

27.      Die Picasso-Erben bekämpfen den Inhalt der Randnummern 56 bis 58 des angefochtenen Urteils, wonach die Bedeutungsunterschiede die optischen oder klanglichen Ähnlichkeiten weitgehend neutralisieren könnten; sie argumentieren, dass es insoweit nicht erforderlich sei, dass zumindest eine der streitigen Marken in der Wahrnehmung der maßgeblichen Verkehrskreise eine so eindeutige und bestimmte Bedeutung habe, dass diese Verkehrskreise in der Lage seien, sie ohne weiteres zu erfassen(19). 

28.      Die Regel sei, wenn man sie so ausdrücke, nicht richtig, auch wenn sie in einigen konkreten Fällen zutreffe. Es treffe nicht zu, dass der Umstand, dass eine Marke eine genaue Bedeutung außerhalb des Produktbereichs gewinne, den sie bezeichne, den Bedeutungsunterschied zu anderen Zeichen erhöhe, ohne dass, wenn dies der Fall sei, zu prüfen wäre, ob diese Bedeutung ein ausreichendes Niveau erlange.

29.      Außerdem sei ihres Erachtens die Neutralisierung, die die Bedeutungsunterschiede gegenüber den Ähnlichkeiten der optischen und klanglichen Kriterien herbeiführen sollten, denkgesetzwidrig, da sie sich ausschließlich auf die Berühmtheit des Malers aus Málaga(20) stütze, ohne sie – anders als die Rechtsprechung des Gerichtshofes im Urteil Lloyd Schuhfabrik Meyer(21) es verlange – mit den Waren in Verbindung zu bringen, denen sie dienten.

30.      Für das HABM bezieht sich das einzige Vorbringen der Rechtsmittelführer, das im Rahmen der Rechtsmittelinstanz rechtlich bedeutsam wäre, auf das Fehlen einer Erwägung zu der Verbindung zwischen dem Zeichen und den Gegenständen, auf die es sich bezieht. Es macht insoweit geltend, dass für die Ähnlichkeit den geschützten Waren und Dienstleistungen Bedeutung nur insoweit zukomme, als sie die Vorstellung des Verbrauchers entscheidend beeinflussten.

31.      Im Übrigen gebe es keine Regel, wonach sich der semantische Vergleich der Marken auf die Bedeutungen zu beschränken habe, die diese in Zusammenhang mit den betreffenden Waren hätten, weil es um die Gewinnung eines Gesamteindrucks gehe. Deshalb sei seines Erachtens das von den Picasso-Erben angefochtene Urteil zu Recht Ausdruck des Grundsatzes des Gesamteindrucks, den dieses gewerbliche Eigentum beim Publikum hervorrufe.

32.      DaimlerChrysler stellt eine Verwechslungsgefahr wegen des besonderen Bedeutungsgehalts des Wortes PICASSO in Abrede und steht auf dem Standpunkt, dass die Verwendung eines solchen Namens gerade bezwecke, für die Verbraucher eine sichtbare Verbindung zwischen den Fahrzeugen und dem Künstler herzustellen.

33.      Der Gerichtshof wird hier erstmals mit der Rechtmäßigkeit dieser Beurteilungsregel für die Verwechslungsgefahr konfrontiert, weshalb sich empfiehlt, kurz auf die Rechtsprechung einzugehen. In der Rechtssache Sabèl hat der Gerichtshof entschieden, dass alle erheblichen Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen seien(22) und dabei hinsichtlich der Ähnlichkeit der betreffenden Marken in Bild, Klang oder Bedeutung auf den Gesamteindruck abzustellen sei, den die Marken hervorriefen(23), wobei insbesondere die sie unterscheidenden und dominierenden Elemente berücksichtigt werden müssten(24).

34.      Diese Beurteilung der optischen, klanglichen und begrifflichen Komponenten, die im jeweiligen konkreten Fall als dominant zu betrachten sind, steht dem Gericht zu, das den Rechtsstreit zu entscheiden hat. Ich habe bereits an anderem Ort(25) meine Meinung zur Erweiterung der Rechtsmittelkontrolle des Gerichtshofes in diesem Bereich geäußert, weshalb der Hinweis genügt, dass er gemäß Artikel 58 seiner Satzung nicht in die Überprüfung einer Tatsachenfrage eintreten darf.

35.      Diese Kontrolle wäre nur dann angebracht, wenn die umstrittene Regel absolut und a priori verwendet würde, d. h., ohne dass zuvor die Einzelprüfung der einzelnen Elemente stattgefunden hätte, was zu einer automatischen Anwendung führen würde, die in klarem Widerspruch zur bereits erwähnten Rechtsprechung des Gerichtshofes stünde.

36.      In den Randnummern 54 und 55 wog das angefochtene Urteil alle Gesichtspunkte im Einklang mit dieser Rechtsprechung ab, bevor es sich mit der Bedeutung befasste, die es für entscheidend hielt.

37.      Die gefundene Lösung birgt keine Überraschung, da bereits im Schrifttum die Meinung vertreten worden ist, dass, auch wenn die Ähnlichkeit eines der Elemente ausreiche, um eine Verwechslungsgefahr zu begründen(26), das Auftreten zweier Bezeichnungen im Bedeutungsbereich in zwei einander diametral entgegengesetzte Richtungen führen könne: Entweder werde eine Verwechslungsgefahr begründet oder das Ergebnis der klanglichen Beurteilung der verglichenen Marken neutralisiert(27).

38.      Die Rechtsmittelführer rügen, dass das Gericht erster Instanz seine Entscheidung bezüglich der Waren und des relevanten Marktes nicht begründet habe, wie dies das Urteil Lloyd Schuhfabrik Meyer fordere. In Randnummer 27 dieses Urteils wird indessen eine Berücksichtigung dieser Faktoren nur verlangt, falls das vorlegende Gericht einen gewissen Grad der Ähnlichkeit im Bild, im Klang und in der Bedeutung feststellt. Das angefochtene Urteil hingegen hat sich hierzu in negativem Sinn ausgesprochen, weshalb das Gericht nicht verpflichtet war, unter Berücksichtigung der Art der betreffenden Waren oder Dienstleistungen oder der Bedingungen, unter denen sie vertrieben werden, deren Bedeutung zu bewerten.

39.      Diesen Ausführungen ist somit zu entnehmen, dass das angefochtene Urteil nicht gegen Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94 verstoßen hat. Der erste Teil des Rechtsmittelgrundes ist daher als nicht stichhaltig zurückzuweisen.

B –    Zum zweiten Teil des Rechtsmittelgrundes

40.      Mit dem zweiten Teil des einzigen Rechtsmittelgrundes werfen die Erben eines der Väter des Kubismus(28) dem Gericht erster Instanz vor, dass es die Rechtsprechung des Gerichtshofes nicht beachtet habe, wonach die Verwechslungsgefahr zunehme, je stärker die Kennzeichnungskraft der älteren Marke sei(29), und ebenso wenig die, wonach Marken mit einer von Haus aus oder wegen ihrer Bekanntheit auf dem Markt hohen Kennzeichnungskraft einen umfassenderen Schutz genießen(30).

41.      Das Wort PICASSO hat nach Meinung der Rechtsmittelführer eine solche herausragende Kennzeichnungskraft und enthält keinerlei Beschreibung von Kraftfahrzeugen, was in der ersten Instanz nicht zum Tragen gekommen sei.

42.      Nach Auffassung des HABM hat das Gericht erster Instanz nicht gegen die erwähnte Regel des Urteils Sabèl verstoßen, weil es in Wirklichkeit jede Kennzeichnungskraft des besagten Zeichens verneint habe.

43.      Diese Maßnahme wäre eine Tatsachenbewertung, wie sie dem Gerichtshof versagt sei, weshalb dieses Vorbringen unzulässig wäre. Lediglich wenn es eine Rechtsnorm gäbe, die der Verwendung eines ruhmreichen Namens eine hohe Kennzeichnungskraft zubilligte, könnte man einen Rechtsfehler des erstinstanzlichen Gerichts bejahen. Die Gemeinschaftsrechtsprechung enthalte dagegen eine solche Rechtsbehauptung nicht(31).

44.      Die Streithelferin macht geltend, dass die Bezeichnung PICASSO eine solche Kennzeichnungskraft in der Welt des Automobils nicht besitze, weshalb sie nicht reduziert werden könne.

45.      Ginge man davon aus, dass mit diesem Teil des Rechtsmittelgrundes dem Gericht erster Instanz vorgeworfen würde, die Kennzeichnungskraft der Marke PICASSO verkannt zu haben, wäre diese Rüge, wie das HABM bemerkt, unzulässig, weil es eine Tatsachenbewertung implizieren würde, die nicht in die Zuständigkeit des Gerichtshofes fällt.

46.      Gerade die Formulierung der Rechtsmittelschrift zeigt aber, dass dem Gericht vorgeworfen wird, die Regel des umfassenderen Schutzes von Marken mit einer hohen Kennzeichnungskraft nicht herangezogen zu haben.

47.      Eine Durchsicht der Randnummern 55, 57 und 61 des angefochtenen Urteils legt es indessen nahe, dass die Bezeichnung PICASSO als Fahrzeugmarke diese Eigenschaft nicht hat, so dass ihr dieser umfassendere Schutz nicht etwa deshalb zukommen kann, weil es der Name eines berühmten Malers ist.

48.      Folglich gibt es keinen Grund, dem angefochtenen Urteil eine Verletzung des Artikels 8 Absatz 1 Buchstabe b anzulasten, weshalb der zweite Teil des Rechtmittelgrundes als nicht stichhaltig zurückzuweisen ist.

C –    Zum dritten Teil des Rechtsmittelgrundes

49.      Mit diesem Teil des Rechtsmittelgrundes greifen die Rechtsmittelführer die Methode an, die das Gericht erster Instanz bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr angewandt hat und die vom Grad der Aufmerksamkeit des durchschnittlichen Verbrauchers zu dem Zeitpunkt ausgeht, zu dem er seine Verbraucherentscheidung vorbereitet und trifft; sie halten sie für zu restriktiv, weil einerseits die Kunden auch dann mit den Waren konfrontiert seien, wenn sie keine Kaufentscheidung zu treffen hätten, und weil andererseits die Marken nach dem Urteil in der Rechtssache C‑206/01 (Arsenal Football Club)(32) eine Funktion auch nach dem Kauf erfüllten.

50.      Folglich verletze, so die Picasso-Erben, die Beschränkung der Aufmerksamkeit des durchschnittlichen Verbrauchers, wie sie im angefochtenen Urteil vorgenommen worden sei, Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94 und verkenne damit den Grundsatz, dass der Inhaber eines Markenrechts vor wie nach dem Kauf gegen mögliche Verwechslungen geschützt werden müsse.

51.      Für das HABM macht es in einigen Fällen, z. B. beim Erwerb verpackter Ware, Sinn, auf die Umsicht der Verbraucher nach dem Kauf abzustellen. Im Allgemeinen bemesse sich indessen das Interesse des Käufers gemäß dem Zeitpunkt, in dem er sich für eine bestimmte Ware entscheide.

52.      DaimlerChrysler verweist auf den in dem angefochtenen Urteil dargelegten Standpunkt, um zu belegen, dass der Grad der Aufmerksamkeit der Verbraucher beim Erwerb von Fahrzeugen besonders hoch sei. Hingegen sei jede Verwechslung nach Durchführung des Geschäfts auszuschließen, weil der Käufer beim Treffen seiner Entscheidung besonders umsichtig und beobachtend sei, weshalb die Beurteilung der Verwechslungsgefahr in diesem Augenblick zu erfolgen habe.

53.      Da sich dieser Teil des Rechtsmittelgrundes auf das Urteil Arsenal beruft, ist es unerlässlich, dessen Inhalt zu untersuchen. In Randnummer 57 wird nicht ausgeschlossen, dass einige Verbraucher das Zeichen als Angabe des FC Arsenal als Herkunftsunternehmen der Waren auffassen könnten, insbesondere nachdem sie von Herrn Reed verkauft worden sind und den Verkaufsstand verlassen haben, in dem sich der Hinweis befindet, dass es sich nicht um offizielle Waren dieses Clubs handele. Dem lässt sich aber keine allgemeine Regel entnehmen, die dazu verpflichten würde, die Funktion der Marke über den Zeitpunkt des Verkaufs der mit ihr versehenen Waren hinaus zu verlängern.

54.      Wie das HABM in seiner Rechtsmittelbeantwortung bemerkt hat, hat sich das hohe Gemeinschaftsgericht des Arguments der Verwechslung nach dem Verkauf nur bedient, um zu bekräftigen, dass das Markenrecht verletzt worden ist, und zwar trotz des von Herrn Reed an seinem Verkaufsstand angebrachten Hinweises, dass die Waren nicht vom FC Arsenal stammten. Außerdem ist die Mehrheit im Schrifttum nicht mit der Ansicht einverstanden, dass das Argument der post‑sale confusion Bedeutung für die Untersuchung der Verwechslungsgefahr hat(33).

55.      Angesichts dieser Überlegungen ist auch hier keinerlei Verstoß gegen Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94 zu erkennen, weshalb der dritte Teil des Rechtsmittelgrundes ebenfalls als nicht stichhaltig zurückzuweisen ist.

D –    Zum vierten Teil des Rechtsmittelgrundes

56.      Mit dem vierten Teil des Rechtsmittelgrundes wird die vom Gericht in Randnummer 60 des angefochtenen Urteils getroffene Unterscheidung danach gerügt, ob die Beurteilung der Verwechslungsgefahr im Rahmen eines Widerspruchsverfahrens [nach Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung] oder zur Feststellung des Vorliegens einer Markenrechtsverletzung [gemäß Artikel 9 Absatz 1 Buchstabe b] erfolge; dies widerspreche der Feststellung des Gerichtshofes im Urteil Arsenal.

57.      Nach Auffassung der Rechtsmittelführer findet diese unterschiedliche Behandlung weder im Wortlaut noch in der Systematik der Verordnung Nr. 40/94 eine Stütze, weil beide Situationen eine Untersuchung der Verwechslung nach dem Verkauf erforderten, zumal wenn es sich um Waren wie Kraftfahrzeuge handele, die im Straßenverkehr und in den Anzeigen in allen Medien ständig der Aufmerksamkeit des Publikums dargeboten seien.

58.      Das HABM weist auf die offenbare Unterschiedlichkeit der Sachverhalte des Urteils Arsenal und des angefochtenen Urteils hin, sowohl was das Verfahren, den beanstandeten Verstoß und den Widerspruch als auch den behandelten Gegenstand angehe: die Identität der Waren und Zeichen im ersten gegenüber der Ähnlichkeit im zweiten Fall. In diesem Kontext habe sich das Urteil Arsenal nicht zur Verwechslungsgefahr im Sinne von Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe b der Richtlinie 89/104(34), sondern zur Subsumtion der streitigen Verwendung unter diese Vorschrift geäußert.

59.      Für die Streithelferin bedeutet die betreffende Randnummer des angefochtenen Urteils lediglich, dass in einem Verfahren wegen Markenmissbrauch Tatsachen Bedeutung haben können, die im Widerspruchsverfahren nicht von Belang seien.

60.      In Randnummer 60 des angefochtenen Urteils heißt es, dass die Frage des bei der Bewertung der Verwechslungsgefahr zu berücksichtigenden Grades der Aufmerksamkeit der betreffenden Verkehrskreise sich von der Frage unterscheide, ob Umstände, die nach dem Kauf einträten, bei der Prüfung, ob ein Markenrecht verletzt worden sei, relevant sein könnten, wie dies bei der Nutzung eines mit der Marke identischen Zeichens im Urteil Arsenal anerkannt worden sei.

61.      In diesem Kontext unterstreicht diese Feststellung lediglich den Unterschied zwischen einerseits der Einschätzung des Grades der Aufmerksamkeit der Verkehrskreise bei der Beurteilung der Gefahr einer Verwechslung zweier Zeichen, die notwendig ähnlich sind, weil es sich, wenn sie identisch wären, um die Verletzung eines Markenrechts handeln würde, und andererseits der Ermittlung von Umständen nach dem Kauf, die bei der Prüfung, ob dieses gewerbliche Schutzrecht verletzt worden ist, relevant sein könnten. Wie dieser Randnummer 60 zu entnehmen ist, spricht das Gericht erster Instanz zu keinem Zeitpunkt von irgendeinem Unterschied bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr im Rahmen eines Widerspruchs‑ oder aber eines Verletzungsverfahrens.

62.      Daher ist auch der vierte Teil des Rechtsmittelgrundes als nicht stichhaltig anzusehen.

63.      Da keine der Rügen des einzigen Rechtsmittelgrundes durchgreift, weil alle offensichtlich nicht stichhaltig sind, muss das Rechtsmittel zurückgewiesen werden.

V –    Kurze Schlussbemerkung

64.      Der Rechtsvertreter der Picasso-Erben hat die Rechtsmittelschrift genutzt, um Bedeutung und Häufigkeit der Verwendung von Familiennamen von Personen als Marken zu erläutern, die sich großer Berühmtheit erfreuen oder sehr volkstümlich sind, und hierbei berühmte Persönlichkeiten der Geschichte wie Napoleon, Churchill oder Gorbatschow, Modeschöpfer wie Christian Dior oder Allessi, Sportler wie Boris Becker oder Tiger Woods und Musiker wie Mozart angeführt. Er hat auf die Rolle verwiesen, die das so genannte Merchandising insbesondere bei bereits bekannten Zeichen spielt, um andere Produkte zu vermarkten, die keinerlei Beziehung zum Original mehr haben(35) wie etwa Coca-Cola (Getränke) für Kleidung und Schreibwarenartikel; Marlboro (Zigaretten) für Kleidung; Davidoff (Zigarren) für Luxuskosmetika. Solche Gedanken sind für mich das Stichwort für einige Bemerkungen.

65.      Zunächst hatte die Gewährung einer Lizenz durch die Picasso-Erben an den Automobilhersteller Citroën, ein Modell des Typs Xsara entsprechend zu taufen, Kritik hervorgerufen, insbesondere seitens des Direktors des Picasso-Museums in Paris, weil man befürchtete, dass das Bild des Genies auf immer beschädigt werde(36) und dass im dritten Jahrtausend Picasso nur noch eine Automarke sein werde.

66.      Obwohl der Gemeinschaftsgesetzgeber die Möglichkeit bietet, Eigennamen als Marken eintragen zu lassen, die für die verschiedensten Waren und Dienstleistungen verwendet werden können, muss der Grad des Schutzes, den sie verdienen oder gewonnen haben, abgestuft werden, wobei von der Kernfunktion dieses gewerblichen Schutzrechts auszugehen ist.

67.      Ich habe bereits in anderen Beiträgen zu Protokoll gegeben, dass der eigentliche Zweck des Markenrechts meines Erachtens der Schutz der Richtigkeit der Information ist, die das eingetragene Zeichen über die Unternehmensherkunft bestimmter Güter vermittelt(37) – unbeschadet anderer Funktionen(38).

68.      Ich habe schon früher auch darauf hingewiesen(39), dass die Innehabung einer Marke ihrem Inhaber ein Monopol verleiht, so dass er grundsätzlich und allgemein in der Lage ist, anderen ihre Verwendung zu verbieten. Dieser ex lege verliehene Schutz ist umso mehr gerechtfertigt, wenn es sich um den eigenen Namen handelt, weil niemand gegen Parasitismus gefeit ist(40).

69.      Allerdings sind zwei Klarstellungen zur rechtmäßigen Verteidigung des Personennamens zu treffen, mit dem man Ansehen gewonnen hat. Erstens darf man, wenn dieser Name übertragen wird, um ihn in einem Bereich zu verwenden, der mit dem, in dem er Ansehen erworben hat, nichts zu tun hat, nicht ohne weiteres den größeren Schutz beanspruchen, der bei Marken mit hoher Unterscheidungskraft sicherzustellen ist, und zwar im Kern deshalb, weil es in diesem anderen Umfeld – jedenfalls zunächst – höchst zweifelhaft ist, ob er über die Unternehmensherkunft der Waren oder Dienstleistungen informiert. Zweitens besteht ein gewisses allgemeines Interesse daran, die Namen großer Künstler als universelles Kulturerbe vor der unersättlichen kaufmännischen Habgier zu retten, um zu vermeiden, dass ihr Werk durch Trivialisierung Schaden nimmt. Betrüblich ist die Vorstellung, dass der durchschnittlich informierte, normal aufmerksame und umsichtige Verbraucher, der schon Namen wie Opel, Renault, Ford oder Porsche nicht mehr mit den berühmten Ingenieuren verbindet, die ihren Produkten ihren Namen gaben, mit dem Namen Picasso in einer leider nicht mehr weit entfernten Zukunft einem ähnlichen Vorgang unterliegen könnte.

VI – Zu den Kosten

70.      Aufgrund der Regelung des Artikels 122 in Verbindung mit Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung, die gemäß Artikel 118 für das Rechtsmittelverfahren gelten, ist die unterliegende Partei in die Kosten zu verurteilen. Wenn daher, wie ich empfehle, der einzige Rechtsmittelgrund der Rechtsmittelführer zurückgewiesen wird, sind diesen die Kosten des Rechtsmittelverfahrens aufzuerlegen.

VII – Ergebnis

71.      Aufgrund der vorstehenden Erwägungen schlage ich dem Gerichtshof vor, das Rechtsmittel der Miterben der Succession Picasso gegen das Urteil des Gerichts erster Instanz vom 22. Juni 2004 in der Rechtssache T‑185/02 zurückzuweisen und den Rechtsmittelführern die Kosten des Rechtsmittelverfahrens aufzuerlegen.


1 – Originalsprache: Spanisch.


2 – Urteil vom 22. Juni 2004 in der Rechtssache T‑185/02 (Ruiz-Picasso u. a./HABM, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht).


3 – Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S. 1), geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 3288/94 des Rates vom 22. Dezember 1994 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 40/94 über die Gemeinschaftsmarke zur Umsetzung der im Rahmen der Uruguay-Runde geschlossenen Übereinkünfte (ABl. L 349, S. 83).


4 – Auch wenn die am besten bekannten künstlerischen Facetten des in seiner Kreativität unerschöpflichen Pablo Picasso (1881–1973) die der beiden erwähnten bildenden Künste sind, ist doch daran zu erinnern, dass er sich auch an die Literatur, konkret an das Theater, gewagt hat, wenn auch mit weniger Erfolg; Frucht dieser Tätigkeit war das 1948 geschriebene, von Gallimard aber erst 1969 veröffentlichte Stück „Les quatre petites filles“ (Die vier kleinen Mädchen); die spanische Fassung mit dem Titel „Las cuatro niñitas“ ist von Aguilar herausgegeben und von Maria Teresa León, Madrid, 1973, übersetzt worden. Seiner dichterischen Seite, die sich entwickelt, wenn die Schaffenswut nachlässt oder er bestimmten Schwierigkeiten im Privatleben gegenübersteht, haben M. Gustavino und A. Michaël einen Beitrag gewidmet: „L’écriture n’est pas un jeu“, in dem Sammelwerk Picasso, l’objet du mythe, École Nationale Supérieure des Beaux Arts de Paris, Paris, 2005, S. 109 ff.


5 – Unter diesem Namen tritt eine Mehrheit von Personen, allesamt Verwandte des Malers, auf, die eine ungeteilte Erbengemeinschaft im Sinne der Artikel 815 ff. des französischen Code civil darstellt, der die Rechtsmittelführer angehören.


6 – Beschwerdesache R 247/2001‑3.


7 – Slg. 2003, II‑2821.


8 – Randnrn. 49 bis 52 des angefochtenen Urteils.


9 – Insbesondere Urteil vom 14. Oktober 2003 in der Rechtssache T‑292/01 (Phillips‑Van Heusen/HABM, Slg. 2003, II‑4335).


10 – Allgemein bejaht wird der italienische Ursprung des zweiten Familiennamens des Künstlers, wenn auch die Picassos, als Picasso geboren wurde, schon über mehrere Generationen hinweg in Andalusien lebten. Den Vaternamen „Ruiz“ ließ er aufgrund seines Aufenthalts in Paris weg. Während er in Spanien lebte, erhielten seine Bilder und Zeichnungen stets die dreiteilige Signatur: Pablo Ruiz Picasso, P. Ruiz Picasso oder auch P. R. P. Höchstwahrscheinlich hat die Schwierigkeit der Franzosen, den ersten Familiennamen auszusprechen, zu seinem Verschwinden geführt. Hingegen hat das Wort Picasso, ohne Hindernisse und mit Betonung der letzten Silbe, in der Sprache Molières keinen Widerstand gefunden. Lafuente Ferrari, E., „Prólogo“, in: Huelin y Ruiz-Blasco, R., Pablo Ruiz Picasso, Biblioteca de la Revista de Occidente, Madrid, 1976, S. 12.


11 – Randnrn. 53 bis 55 des angefochtenen Urteils. Nach dem von der Real Academia Española herausgegebenen Diccionario de la lengua, 21. Aufl., Madrid 1992, ist unter „pícaro“ insbesondere eine Art von dreister, ausgelassener, Possen treibender Person von übler Lebensart, aber nicht unsympathisch, zu verstehen, die Protagonist von Meisterwerken der spanischen so genannten pikaresken oder Schelmenliteratur ist. Diese Gattung erreichte ihren Höhepunkt in Romanen wie dem anonymen „La vida de Lazarillo de Tormes“, der erstmals 1554 veröffentlicht wurde, „Guzmán de Alfarache“ von Mateo Alemán (1604) und „El Buscón“ (1604; erstmals veröfffentlicht 1620) von Francisco de Quevedo. R. Menéndez Pidal, „Antología de prosistas castellanos“, Madrid, 1917, S. 117, hat betont, dass das letzte Drittel des 16. Jahrhunderts einschließlich der ersten Jahrzehnte des 17., sowohl was die Schönheit als auch was die Verbreitung in der zivilisierten Welt betrifft, den Höhepunkt des Ruhms der spanischsprachigen Prosa darstellt, die sich in zwei allerdings einander ganz entgegengesetzten Gattungen als höchst originell darstellt: der eher erhabenen mystischen Sprache, die alle Geheimnisse der Philospohie der göttlichen Liebe zu erfassen vermag, und der eher dreisten pikaresken Literatur, schonungslos in der satirischen Darstellung der verbreiteten Kaste der Freunde des Müßiggangs und des Darbens. Das Wort pícaro könnte außerhalb des spanischen Kulturkreises richtig verstanden werden, wenn Hergé, der Schöpfer des „Tintin“, darauf geachtet hätte, es in dem Band der Abenteuer dieses Comichelden mit dem Titel „Tintin et les Picaros“ (Verlag Casterman, Tournai, 1976) zu erklären. Da er dies nicht getan hat, hat er es seinen Lesern in englischer, deutscher und französischer Sprache, in denen sich das Wort erhalten hat, verwehrt, seinen wahren Sinngehalt zu erfassen, den sie wahrscheinlich mit der Guerilla gleichsetzen, konkret mit der Guerillagruppe unter dem Befehl des Generals Alcázar.


12 – Die Etymologie des Wortes pícaro ist ungewiss. Es wird erstmals in der Posse namens „Custodia del hombre“ von Bartolomé Palau erwähnt, die zwischen 1541 und 1547 entstanden ist. Nach J. Corominas, Diccionario crítico etimológico de la lengua castellana, Verlag Gredos, Madrid, 1974, Band III, S. 768, sind pícaro und sein altes Synonym picaño vielleicht mehr oder weniger Jargonworte, die von dem Verb picar (stechen; [Fleisch] hacken) abgeleitet sind, das verschiedene Verrichtungen bezeichnet, die gewöhnlich den pícaros (z. B. Küchenjungen oder Picadores beim Stierkampf) oblagen. Es gab auch einen späteren Einfluss des französischen „picard“, der zur Entstehung des Abstraktums „picardía“ führte (Anspielung auf das Gebiet der Picardie jenseits der Pyrenäen, in dem zahlreiche Bewohner jener Zeit, meistens Soldaten, ein ungezwungenes, sorgloses Bohemeleben führten). Der Ausdruck war Teil der Volkstradition, bevor er literarischen Rang gewann.


13 – Dieses 1907 entstandene Gemälde, das ursprünglich „Bordel philosophique“ hieß, stellt die Geburt des Kubismus dar, eines Malstils, der in einer Rückführung von Figuren auf ihre Grundformen und ihrer Umsetzung in ein eigenständiges geometrisches Vokabular bestand. Brihuega Sierra, J., „Die spanische Kunst zwischen 1900 und 1939“, in: Die Geschichte der spanischen Kunst, deutsche Fassung der Historia del arte de España, Lunwerg Editores, 1996, Verlag Könemann, Köln, 1997, S. 438.


14 – Dieses Bild stellt den Schrecken der Bombardierung der Stadt, die ihm den Namen gab, durch Hitlers Luftwaffe am 26. April 1937 dar. Über seinen Wert aus streng künstlerischer Sicht hinaus stellt es ein Manifest des geschichtlichen Engagements des Künstlers in dem Sinne dar, dass er seinen Elfenbeinturm aufgab, um sich mit der Menschheit zu identifizieren und zu solidarisieren. Brihuega Sierra, J., zitiert in Fußnote 13, S. 460.


15 – Randnrn. 56 bis 58 des angefochtenen Urteils.


16 – Urteile des Gerichtshofes vom 11. November 1997 in der Rechtssache C‑251/95 (Sabèl, Slg. 1997, I‑6191, Randnr. 24) und vom 29. September 1998 in der Rechtssache C‑39/97 (Canon, Slg. 1998, I‑5507, Randnr. 18).


17 – Randnr. 61 des angefochtenen Urteils.


18 – Randnrn. 59 und 60 des angefochtenen Urteils.


19 – Urteile Phillips-Van Heusen/HABM (zitiert in Fußnote 9, Randnr. 54) und vom 3. März 2004 in der Rechtssache T‑355/02 (Mühlens/HABM, Slg. 2004, II‑0000, in der Rechtsmittelinstanz).


20 – Dieser Hinweis sollte neutral verstanden werden, d. h. lediglich im Hinblick auf den bewiesenen Geburtsort des Malers, und nicht als Stellungnahme in der ebenso sterilen wie künstlichen Diskussion über seine – französische oder spanische – Staatsangehörigkeit.


21 – Urteil vom 22. Juni 1999 in der Rechtssache C‑342/97 (Slg. 1999, I‑3819).


22 – Urteil vom 11. November 1997 (zitiert in Fußnote 16, Randnr. 22).


23 – Urteil Sabèl (zitiert in Fußnote 16, Randnr. 23).


24 – Vgl. auch das Urteil Lloyd Schuhfabrik Meyer (zitiert in Fußnote 21, Randnr. 25).


25 – Nrn. 58 bis 60 meiner Schlussanträge vom 14. Mai 2002 in der Rechtssache C‑104/00, in der das Urteil vom 19. September 2002 (DKV, Slg. 2002, I‑7651) ergangen ist.


26 – So versteht dies z. B. Bender, A., „Relative Eintragungshindernisse“, in: Ekey, F./Klipperl, D., Markenrecht, Heidelberg, 2003, S. 930 und 931; ebenso Urteil Lloyd Schuhfabrik Meyer (zitiert in Fußnote 21, Randnr. 28).


27 – Fernández-Nóvoa, C., Tratado sobre derecho de marcas, 2. Aufl, Madrid, 2004, S. 301.


28 – Es ist schwierig, den genauen Ursprung dieser Kunstrichtung festzustellen, wenngleich der Gedanke, die sichtbare Welt in Kuben, Kegeln und Zylindern darzustellen, auf einen Rat zurückgeht, den Cézanne in einem Brief einem jungen Maler erteilte, vielleicht um ihm zu verstehen zu geben, dass er seine Bilder nach dem Muster dieser Grundformen aufbaue. Gombrich, E. H., Geschichte der Kunst, 16. Aufl., Frankfurt am Main, 1996, S. 573.


29 – Urteil Sabèl (zitiert in Fußnote 16, Randnr. 24).


30 – Urteil Lloyd Schuhfabrik Meyer (zitiert in Fußnote 21, Randnr. 20).


31 – Bezüglich der Kriterien, die bei der Beurteilung einer hohen Kennzeichnungskraft dienlich sein könnten, verweist das HABM auf die Urteile des Gerichtshofes vom 4. Mai 1999 in der Rechtssache C‑108/99 (Chiemsee, Slg. 1999, I‑2779, Randnr. 51) und Lloyd Schuhfabrik Meyer (zitiert in Fußnote 21, Randnr. 23).


32 – Urteil vom 12. November 2002, Slg. 2002, I‑10273, Randnr. 57.


33 – Baudenbacher, C., und Naumann, A., „Neueste Entwicklungen in der immaterialgüterrechtlichen Rechtsprechung der Europäischen Gerichtshöfe“, in: Baudenbacher, C., und Simon, J., Neueste Entwicklungen im Europäischen und internationalen Immaterialgüterrecht, Basel, 2003, S. 1 ff., insbesondere S. 47.


34 – Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988, Erste Richtlinie zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (ABl. L 40, S. 1).


35 – Zum bereits zitierten Urteil Arsenal vgl. Kilbey, I., „The ironies of Arsenal v Reed“, European Intellectual Property Review, 2004, S. 479 ff.


36 – Tageszeitung El Mundo, Ausgabe vom Donnerstag, den 6. Januar 2000, Adresse: http://www.elmundo.es/papel/hemeroteca/2000/01/06/cultura/793771.html.


37 – Schlussanträge in der Rechtssache C‑23/01, in der das Urteil vom 21. November 2002 (Robelco, Slg. 2002, I‑10913, Nr. 26) ergangen ist.


38 – Wie z. B. die als Element der Verkaufsförderung oder Instrument der Handelsstrategie; Grynfogel, C., „Le risque de confusion, une notion à géométrie variable en droit communautaire des marques“, Revue de Jurisprudence de Droit des Affaires, Nr. 6/2000, S. 494, 500. Vgl. ebenso meine Schlussanträge vom 13. Juni 2002 in der Rechtssache Arsenal (zitiert in Fußnote 32, insbesondere Nrn. 43 und 46 bis 49).


39 – Schlussanträge in der Rechtssache C‑283/01, in der das Urteil vom 27. November 2003 (Shield Mark, Slg. 2003, I‑14313, Nr. 50) ergangen ist.


40 – So der als Pelé bekannte brasilianische Fußballspieler, dessen Pseudonym sogar für Kleidung und Sportartikel eingetragen wurde, ohne dass anscheinend irgendeine Art von Genehmigung vorgelegen hätte. Entscheidung Nr. 490/1999 der Widerspruchsabteilung des HABM vom 20. Juli 1999, Pellet/Pelé.