Language of document : ECLI:EU:C:2008:560

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

YVES BOT

vom 14. Oktober 20081(1)

Rechtssache C‑42/07

Liga Portuguesa de Futebol Profissional (CA/LPFP),

Baw International Ltd

gegen

Departamento de Jogos da Santa Casa da Misericórdia de Lisboa

(Vorabentscheidungsersuchen des Tribunal de Pequena Instância Criminal Porto [Portugal])

„Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats, die einer einzigen Einrichtung das ausschließliche Recht zur Veranstaltung und zum Betrieb von Internet-Wetten einräumen – ‚Technische Vorschrift‘ im Sinne der Richtlinie 98/34/EG – Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit – Zwingender Grund des Allgemeininteresses – Schutz der Verbraucher und der öffentlichen Ordnung – Eignung der nationalen Rechtsvorschriften zur Erreichung der verfolgten Ziele – Verhältnismäßigkeit“






Inhaltsverzeichnis


I – Einführung

A – Allgemeine Darstellung der vorliegenden Rechtssache

B – Die Glücks- und Geldspiele

1. Eine Vielzahl unterschiedlicher Spiele

2. Eine große wirtschaftliche Bedeutung

3. Eine Tätigkeit, die ernsthafte Gefahren mit sich bringt

4. Eine von den Mitgliedstaaten streng geregelte Tätigkeit

5. Die Auswirkungen der neuen Kommunikationsmittel

II – Der rechtliche Rahmen

A – Das Gemeinschaftsrecht

1. Das abgeleitete Recht

a) Das Fehlen einer speziellen Regelung für die Glücks‑ und Geldspiele

b) Die Richtlinie 98/34

2. Das Primärrecht und seine Auslegung

a) Der Vertrag

b) Die Rechtsprechung

B – Das nationale Recht

1. Die Angaben des vorlegenden Gerichts

2. Die ergänzenden Auskünfte der portugiesischen Regierung

a) Die Glücksspielarten

i) Die Kasinospiele

ii) Die Lotterien, Tombolas und Werbewettbewerbe

iii) Die Lottospiele und die Wetten

b) Die für Santa Casa geltende Regelung

III – Das Ausgangsverfahren und die Vorabentscheidungsfrage

IV – Würdigung

A – Zur Zulässigkeit der Vorabentscheidungsfrage

B – Zur materiellen Prüfung

1. Die Anwendung der Richtlinie 98/34

a) Der Gerichtshof darf die Richtlinie 98/34 auslegen, obwohl das vorlegende Gericht nicht auf sie Bezug genommen hat

b) Die streitige Regelung fällt in den Anwendungsbereich der Richtlinie 98/34

c) Die Folgen der unterlassenen Notifizierung der streitigen Regelung

d) Die Wirkungen des Urteils des Gerichtshofs für das vorlegende Gericht

2. Die Vereinbarkeit der in Rede stehenden nationalen Rechtsvorschriften mit den Verkehrsfreiheiten

a) Die anwendbare Verkehrsfreiheit

b) Das Vorliegen einer Beschränkung

c) Die Rechtfertigung der Beschränkung

i) Das Vorbringen der Beteiligten

ii) Würdigung

– Die Reichweite der Umrahmung der Befugnisse der Mitgliedstaaten im Bereich der Glücks- und Geldspiele

– Der Verbraucherschutz und der Schutz der öffentlichen Ordnung können Einschränkungen der freien Wettdienstleistungen im Internet rechtfertigen

– Die Eignung der in Rede stehenden Rechtsvorschriften zur Erreichung der verfolgten Ziele

– Die Verhältnismäßigkeit der in Rede stehenden Rechtsvorschriften

– Die nichtdiskriminierende Anwendung

V – Ergebnis

I –    Einführung

A –    Allgemeine Darstellung der vorliegenden Rechtssache

1.        Die Problematik der Vereinbarkeit der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten im Bereich der Glücks- und Geldspiele mit dem Gemeinschaftsrecht hat bereits zu einer relativ umfangreichen Rechtsprechung geführt. Sie löst jedoch auch weiterhin viele Fragen der Gerichte der Mitgliedstaaten aus, wie die Zahl der gegenwärtig beim Gerichtshof anhängigen Rechtssachen zeigt(2).

2.        In der vorliegenden Rechtssache soll dem vorlegenden Gericht die Entscheidung darüber ermöglicht werden, ob die nationalen Rechtsvorschriften, soweit sie einem einzigen Wirtschaftsteilnehmer das ausschließliche Recht einräumen, im Internet Wetten anzubieten, mit dem Gemeinschaftsrecht im Einklang stehen.

3.        Die Rechtssache betrifft die portugiesischen Rechtsvorschriften, die dem Departamento de Jogos da Santa Casa da Misericórdia de Lisboa(3), einer jahrhundertealten Einrichtung ohne Gewinnerzielungsabsicht, die mit der Finanzierung von Angelegenheiten des öffentlichen Interesses betraut ist, das ausschließliche Recht einräumen, Lotterien und Wetten im gesamten Staatsgebiet zu veranstalten und zu betreiben. Das ausschließliche Recht wurde auf alle elektronischen Kommunikationsmittel einschließlich des Internets ausgedehnt. Diese Rechtsvorschriften sehen auch Sanktionen in Form von Geldbußen für diejenigen vor, die unter Verstoß gegen das genannte Ausschließlichkeitsrecht derartige Spiele veranstalten und für sie werben.

4.        Gegen die Baw International Ltd(4), ein Unternehmen für Online-Wetten mit Sitz in Gibraltar, und die Liga Portuguesa de Futebol Profissional (CA/LOFP)(5) wurden Geldbußen verhängt, weil sie elektronische Wetten angeboten und für diese Wetten geworben hatten.

5.        Das vorlegende Gericht, vor dem Bwin und Liga die Geldbußen angefochten haben, stellt sich die Frage, ob die nationalen Rechtsvorschriften mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar sind, soweit sie für Internet-Wetten eine solche Ausschließlichkeitsregelung vorsehen.

6.        In den vorliegenden Schlussanträgen werde ich zunächst darlegen, dass die Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats, die einer einzigen Einheit das ausschließliche Recht einräumen, im Internet Wetten anzubieten, und die Sanktionen in Form von Geldbußen für Personen vorsehen, die gegen dieses ausschließliche Recht verstoßen, technische Vorschriften im Sinne der Richtlinie 98/34/EG des Europäischen Parlaments und des Rates(6) sind. Ich werde hieraus den Schluss ziehen, dass die Rechtsvorschriften privaten Wirtschaftsteilnehmern wie Liga und Bwin nicht entgegengehalten werden können, wenn sie der Kommission der Europäischen Gemeinschaften nicht ordnungsgemäß notifiziert worden sind.

7.        Ich werde sodann darlegen, dass die genannten Rechtsvorschriften eine Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit darstellen. Danach werde ich untersuchen, inwieweit solche Rechtsvorschriften gerechtfertigt sein können.

8.        Vorab werde ich die Reichweite beschreiben, die meines Erachtens die gemeinschaftsrechtliche Umrahmung der Befugnisse der Mitgliedstaaten im Bereich der Glücks‑ und Geldspiele haben sollte. Ich werde darlegen, dass die Dienstleistungsfreiheiten keine Öffnung des Marktes im Bereich der Glücks- und Geldspiele bewirken sollen. Ein Mitgliedstaat sollte meiner Ansicht nach nur dann verpflichtet sein, die Tätigkeit der Glücks- und Geldspiele für den Markt zu öffnen, wenn er diese Tätigkeit rechtlich oder tatsächlich als eine echte wirtschaftliche Tätigkeit behandelt, bei der es um die Erzielung möglichst hoher Gewinne geht. Weiter werde ich meine Auffassung darlegen, dass den Mitgliedstaaten bei der Festlegung der Maßnahmen zum Schutz der Verbraucher und der öffentlichen Ordnung vor der Spielsucht, und zwar auch bei der Festlegung des hierfür erforderlichen Spieleangebots, ein weites Ermessen einzuräumen ist. Daraus werde ich den Schluss ziehen, dass sich das Gemeinschaftsrecht darauf beschränken muss, Sachverhalte zu verbieten, bei denen die einschränkenden Maßnahmen zum Schutz der Verbraucher vor dem exzessiven Glücksspiel offensichtlich ihren Zweck verfehlen.

9.        Art. 49 EG steht, wie ich darlegen werde, Rechtsvorschriften wie den in Rede stehenden portugiesischen Bestimmungen nicht entgegen, wenn sie die folgenden, vom vorlegenden Gericht zu prüfenden Voraussetzungen erfüllen: sie müssen aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt sein, sie müssen geeignet sein, die Verwirklichung ihrer Ziele zu garantieren, sie dürfen nicht über dasjenige hinausgehen, was zur Erreichung der Ziele erforderlich ist, und sie müssen in nichtdiskriminierender Weise angewandt werden. Die einzelnen Voraussetzungen werde ich wie folgt erläutern.

10.      Erstens darf ein Mitgliedstaat in Anbetracht der Gefahren, die von den Glücks- und Geldspielen im Internet ausgehen, das Recht zum Betrieb dieser Spiele zum Schutz der Verbraucher und der öffentlichen Ordnung beschränken.

11.      Zweitens kann die Vergabe des ausschließlichen Rechts zur Veranstaltung und zum Betrieb derartiger Spiele an eine einzige Einrichtung eine zur Verfolgung der genannten Ziele geeignete Maßnahme sein, wenn zum einen der Mitgliedstaat über Mittel verfügt, um den Betrieb der Glücks- und Geldspiele durch die Einrichtung, die Inhaberin des genannten Rechts ist, wirksam zu steuern und zu beaufsichtigen, und zum anderen der Mitgliedstaat bei der konkreten Durchführung sein Ermessen nicht offenkundig überschritten hat.

12.      Drittens kann die Vergabe eines Ausschließlichkeitsrechts an eine einzige Einrichtung, die unter der Aufsicht des Mitgliedstaats steht und keine Gewinnerzielungsabsicht verfolgt, eine verhältnismäßige Maßnahme sein.

13.      Viertens sind die in Rede stehenden Rechtsvorschriften, soweit sie einer einzigen Einheit das ausschließliche Recht zur Veranstaltung und zum Betrieb von Lotterien und Wetten im Internet einräumen, als solche nicht diskriminierend.

14.      Bevor ich den rechtlichen und tatsächlichen Rahmen der vorliegenden Rechtssache darlege und zur Untersuchung übergehe, erscheint es mir erforderlich, die Glücks- und Geldspiele in der Europäischen Union sowie die mit ihnen einhergehenden Probleme kurz darzustellen.

B –    Die Glücks- und Geldspiele

15.      Ich werde kurz die folgenden fünf Punkte erläutern. Zu den Glücks- und Geldspielen gehören heute sehr unterschiedliche Spiele. Sie haben eine sehr große wirtschaftliche Bedeutung. Gleichwohl stellen sie eine ernsthafte Gefahr für die Gesellschaft dar. Sie sind Gegenstand einer strengen und heterogenen Regelung in den Mitgliedstaaten. Die elektronischen Kommunikationsmittel schließlich, vor allem das Internet, sind ein bedeutender Faktor für die Entwicklung dieser Spiele.

1.      Eine Vielzahl unterschiedlicher Spiele

16.      Die Veranstaltung von Spielen, deren Ergebnis vom Zufall abhängt und bei denen die Spieler Wertgegenstände oder Geld einsetzen, hat eine lange Geschichte und ist in etlichen Gesellschaften anzutreffen. Die Historiker legen ihr Auftreten im Fernen Osten und in Ägypten in das dritte Jahrtausend vor unserer Zeitrechnung(7). In der griechischen und römischen Antike sind sie weit verbreitet(8).

17.      Die Glücks‑ und Geldspiele haben sich im Laufe der Geschichte stark diversifiziert, und es gibt sie heute in sehr großer Vielfalt. Sie lassen sich stark schematisiert in vier große Kategorien unterteilen.

18.      Die erste Kategorie besteht aus den Lotterien, zu denen auch die Bingo-Spiele zählen, die auf demselben Prinzip beruhen. Es handelt sich um reine Glücksspiele, bei denen Kenntnisse und Strategie keine Rolle spielen. Das Ergebnis ergibt sich bei ihnen aus der Ziehung von Gewinnzahlen, die sofort oder zeitlich verschoben bekannt werden.

19.      Lotterien und Bingo-Spiele können in ganz unterschiedlichem Maßstab veranstaltet werden, von der jährlichen Lotterie oder dem jährlichen Bingo-Spiel eines örtlichen Vereins mit geringwertigen Sachpreisen als Gewinn bis hin zu den von den nationalen oder regionalen Lotterien veranstalteten Spielen, die sich auf das gesamte Gebiet eines Mitgliedstaats oder eines Bundesstaats erstrecken und einen Gewinn versprechen, der mehrere Millionen Euro erreichen kann. Sie können auch in unterschiedlichen Formen veranstaltet werden. Es gibt sie daher in sehr großer Vielfalt.

20.      Im Februar 2004 beschlossen die Lotterien mehrerer Mitgliedstaaten, eine gemeinsame Lotterie unter der Bezeichnung „EuroMillions“ einzurichten(9).

21.      Während der letzten zwanzig Jahre sind auch so genannte Rubbel-Lotterien in den Verkehr gelangt, bei denen dem Spieler zu niedrigen Preisen ein Los angeboten wird, auf dem das Ergebnis unter einer mit dem Fingernagel oder einer Münze abzuschabenden Filmschicht aufgedruckt ist.

22.      Die zweite große Kategorie von Glücks- und Geldspielen sind die Wetten. Wetten können sich auf das Ergebnis eines Wettkampfs, den Eintritt eines Ereignisses oder die Existenz einer Sache beziehen.

23.      Eine der bekanntesten und ältesten Wetten ist die Pferdewette. Die Spieler sind aufgefordert, auf das Ergebnis eines Rennens zu setzen, dessen Teilnehmer, nämlich Pferde und Jockeys, im Voraus bekannt sind. Die Wettenden können daher ihre Wetten abschließen und sich auf ihr Glück und ihre Kenntnisse von den Eigenschaften und Leistungen der Teilnehmer verlassen. Zu den Pferdewetten sind die Wetten bei den Sportwettkämpfen hinzugetreten.

24.      Der Gewinn hängt entweder vom Gesamtbetrag der Wetteinnahmen oder von der mit dem Buchmacher vereinbaren Quote ab.

25.      Drittens sind die Kasinos zu nennen. Es handelt sich um Einrichtungen, die der Öffentlichkeit zugänglich sind und in denen unterschiedliche Spiele zugelassen sind. Sie wurden lange Zeit als Einrichtungen angesehen, die einer wohlhabenden Klientel vorbehalten waren, die sich mit großen Beträgen an komplexen oder vermeintlich komplexen Spielen, umrahmt von allerlei Ritualen und Zeremoniell, beteiligen konnte.

26.      Viertens sind die Geldspielautomaten anzuführen. Sie wurden in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts in den Vereinigten Staaten von Amerika entwickelt, wo sie sofort ein Erfolg waren(10). Es handelt sich um Maschinen, in die der Spieler ein Geldstück oder einen Jeton einwirft und die ein Ergebnis anzeigen, das durch ein nach dem Zufallsprinzip arbeitendes Informationssystem vorprogrammiert ist. Zeitpunkt und Häufigkeit, mit der das von der Maschine angezeigte Ergebnis mit der Gewinnkombination übereinstimmt, wird somit vom Zufall bestimmt.

2.      Eine große wirtschaftliche Bedeutung

27.      Die Glücks- und Geldspiele haben in den letzten Jahren eine bedeutende Entwicklung durchlaufen. Ihnen kommt seither eine als beachtlich anzusehende wirtschaftliche Bedeutung zu. Zum einen nämlich erzielen die Betreiber der Spiele mit ihnen sehr hohe Einkünfte(11). Zum anderen stehen sie für eine nicht unerhebliche Zahl von Arbeitsplätzen in den einzelnen Mitgliedstaaten(12).

3.      Eine Tätigkeit, die ernsthafte Gefahren mit sich bringt

28.      Die Glücks- und Geldspiele bringen jedoch ernsthafte Gefahren für die Gesellschaft mit sich, solche, die die Spieler betreffen, und solche, die von den Wirtschaftsteilnehmern ausgehen, die sie veranstalten.

29.      Zum einen können die Spiele dazu führen, dass Spieler ihre wirtschaftliche und familiäre Situation, möglicherweise sogar ihr Gesundheit gefährden.

30.      Die Glücks- und Geldspiele erlauben es ihrer Natur nach nur einer sehr geringen Zahl von Spielern zu gewinnen, da sie andernfalls defizitär wären und sich nicht halten könnten. In den allermeisten Fällen verlieren die Spieler daher mehr, als sie gewinnen. Der Spielreiz und die Aussicht auf unter Umständen sehr hohe Gewinne können die Spieler trotzdem dazu verleiten, für die Spiele mehr auszugeben, als sie gemessen an ihrem Freizeitetat zur Verfügung haben.

31.      Dieses Verhalten kann somit dazu führen, dass ein Spieler nicht mehr in der Lage ist, seinen sozialen und familiären Verpflichtungen nachzukommen. Es kann auch zu einer echten Abhängigkeit von Glücks- und Geldspielen kommen, vergleichbar mit der durch Drogen oder Alkohol verursachten Abhängigkeit(13).

32.      Zum anderen können sich die Glücks- und Geldspiele angesichts der sehr hohen Einsätze, die mit ihnen verbunden sind, für Manipulationen seitens des Veranstalters eignen, der erreichen möchte, dass das Ergebnis der Ziehung oder des Sportwettkampfes möglichst günstig für ihn ausfällt. Zudem verfügt der Spieler in dem Verhältnis zum Veranstalter als Einzelner über kein wirklich effizientes Mittel, um überprüfen zu können, ob das Spiel unter den angekündigten Bedingungen stattfindet.

33.      Schließlich können die Glücks- und Geldspiele ein Mittel zum „Waschen“ rechtswidrig erworbener Geldbeträge sein. Solche Geldbeträge werden eingesetzt in der Hoffnung, Spielgewinne zu erzielen. Sie können sich sogar in einen Unternehmensgewinn verwandeln, wenn der Delinquent zugleich Eigentümer der Spielstätte ist.

4.      Eine von den Mitgliedstaaten streng geregelte Tätigkeit

34.      Die Glücks- und Geldspiele wurden im Laufe der Geschichte immer wieder aus Gründen der Moral, der Religion oder des Schutzes der öffentlichen Ordnung verurteilt(14). Sie setzten sich dennoch als ein gesellschaftliches Faktum durch.

35.      Die Reaktion der Politik schwankte zwischen einem völligen Verbot, einer engen Umrahmung durch Vorschriften, die eine Verwendung der Einnahmen aus Glücks- und Geldspielen ausschließlich zur Finanzierung öffentlicher Anliegen vorsahen, und einer Förderung, um sich den Geldsegen, den diese freiwillige Steuer darstellt, zunutze zu machen.

36.      Heute unterliegen die Glücks- und Geldspiele in den meisten Mitgliedstaaten der Union einer restriktiven Regelung.

37.      Die Beschränkung besteht in mehreren dieser Staaten(15) in Form eines grundsätzlichen Verbots der Glücks- und Geldspiele, das mit speziellen Ausnahmen verbunden ist. Auch setzt in den meisten von ihnen(16) der Betrieb eines Glücks- oder Geldspiels, sofern er vorgesehen ist, die Erteilung einer Lizenz durch die zuständige Behörde voraus. Ferner unterliegt die Zahl der Wirtschaftsteilnehmer, denen der Betrieb eines bestimmten Spiels genehmigt werden kann, meist einem Numerus clausus.

38.      In mehreren Mitgliedstaaten kann der Betrieb von Glücks- und Geldspielen auch Gegenstand eines Ausschließlichkeitsrechts sein, das einer staatlichen Einrichtung oder einem privaten Wirtschaftsteilnehmer eingeräumt wird(17).

39.      Die in den Mitgliedstaaten geltenden Regelungen zeigen somit bedeutsame Unterschiede. Zu den Unterschieden in den Regelungen über den Betrieb kommt der Umstand hinzu, dass die Ausnahmen vom grundsätzlichen Verbot, sofern es ein solches gibt, ebenso wie der Begriff der Glücks- und Geldspiele und der Anwendungsbereich der nationalen Regelung nicht einheitlich sind. Ein bestimmtes Spiel kann daher in einem Mitgliedstaat zugelassen und in einem anderen Mitgliedstaat verboten sein oder einer anderen Behandlung unterliegen(18).

40.      Schließlich fällt auch die steuerliche Behandlung der Glücks- und Geldspiele je nach Mitgliedstaat sehr unterschiedlich aus, da in einigen Mitgliedstaaten die Gewinne aus dem Betrieb dieser Spiele nach unterschiedlichen Prozentsätzen Zwecken zugeführt werden müssen, die im öffentlichen Interesse liegen. Auch der Teil der Gewinne, der an die Spieler ausgeschüttet wird, schwankt erheblich.

5.      Die Auswirkungen der neuen Kommunikationsmittel

41.      Noch vor zwanzig Jahren waren die Glücks- und Geldspiele nur an bestimmten Orten zugänglich, wie insbesondere in den zahlreichen Wettbüros und den Verkaufsstellen für Lotterielose, an den Rennbahnen und in den Kasinos. Die Teilnahme an einem Glücks- und Geldspiel setzte daher voraus, dass sich der Spieler an einen bestimmten Ort begab. Die Teilnahme war auch nur zu bestimmten Öffnungszeiten der Spielstätten möglich.

42.      Durch das Auftreten der elektronischen Kommunikationsmittel seit den neunziger Jahren, wie das Mobiltelefon, das interaktive Fernsehen und vor allem das Internet, hat sich diese Situation radikal verändert. Dank der neuen Kommunikationsmittel kann der Spieler zu jeder Tageszeit spielen, ohne seine Wohnung zu verlassen.

43.      Die Teilnahme an Glücks- und Geldspielen wird dadurch erheblich erleichtert. Der Zugang zu den Spielen wird darüber hinaus durch folgende Faktoren begünstigt. Zum einen wächst die Zahl derjenigen, die sich dieser elektronischen Kommunikationsmittel bedienen können, ständig(19). Zum anderen können die Kommunikationsmittel immer einfacher bedient werden und sind integriert(20). Schließlich kann der Zahlungsverkehr von den genannten Kommunikationsmitteln aus sehr leicht abgewickelt werden.

44.      Ferner bieten die elektronischen Kommunikationsmittel, vor allem das Internet, den im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats wohnenden Personen die materielle Möglichkeit, nicht nur zu den Online-Spielen Zugang zu erhalten, die von den im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats ansässigen Wirtschaftsteilnehmern angeboten werden, sondern auch zu denen, die von Wirtschaftsteilnehmern angeboten werden, die in anderen Mitgliedstaaten oder in Drittländern ansässig sind.

45.      Die neuen Kommunikationsmittel haben daher zu einer erheblichen Zunahme des Angebots an Glücks- und Geldspielen geführt, die einen sehr großen Zuspruch gefunden haben(21).

II – Der rechtliche Rahmen

A –    Das Gemeinschaftsrecht

1.      Das abgeleitete Recht

a)      Das Fehlen einer speziellen Regelung für die Glücks‑ und Geldspiele

46.      Die Glücks- und Geldspiele sind bis heute in der Union weder geregelt noch harmonisiert.

47.      Sie sind ausdrücklich vom Anwendungsbereich der Richtlinie 200/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates(22) ausgenommen, deren Art. 1 Abs. 5 Buchst. d dritter Gedankenstrich bestimmt, dass die Richtlinie auf „Gewinnspiele mit einem einen Geldwert darstellenden Einsatz bei Glücksspielen, einschließlich Lotterien und Wetten“ keine Anwendung findet.

48.      Die Glücks- und Geldspiele sind auch ausdrücklich vom Anwendungsbereich der Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates(23) ausgenommen, deren 25. Erwägungsgrund vorsieht, dass „Glücksspiele einschließlich Lotterien und Wetten … aufgrund der spezifischen Natur dieser Tätigkeiten, die von Seiten der Mitgliedstaaten Politikansätze zum Schutz der öffentlichen Ordnung und zum Schutz der Verbraucher bedingen, … ausgenommen sein [sollten]“.

49.      Gleichwohl können nationale Rechtsvorschriften, die es Internet‑Dienstleistungsunternehmen verbieten, Glücks- und Geldspiele im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats anzubieten, unter die Richtlinie 98/34 fallen.

b)      Die Richtlinie 98/34

50.      Die Richtlinie 98/34 soll Handelshemmnisse, die sich aus dem Erlass unterschiedlicher technischer Regelungen seitens der Mitgliedstaaten ergeben können, beseitigen oder abschwächen, indem sie die Transparenz der einzelstaatlichen Initiativen gegenüber der Kommission, den europäischen Normungsgremien und den anderen Mitgliedstaaten fördert.

51.      Ihr Anwendungsbereich wurde durch die Richtlinie 98/48 auf alle Dienste der Informationsgesellschaft erweitert, d. h. gemäß Art. 1 Nr. 2 der Richtlinie 98/34 auf die gegen Entgelt elektronisch und auf individuellen Abruf eines Empfängers erbrachten Dienstleistungen.

52.      Der Begriff „technische Vorschrift“ wird in Art. 1 Nr. 11 der Richtlinie 98/34 wie folgt definiert:

„… Technische Spezifikationen oder sonstige Vorschriften oder Vorschriften betreffend Dienste, einschließlich der einschlägigen Verwaltungsvorschriften, deren Beachtung rechtlich oder de facto für das Inverkehrbringen, die Erbringung des Dienstes, die Niederlassung eines Erbringers von Diensten oder die Verwendung in einem Mitgliedstaat oder in einem großen Teil dieses Staats verbindlich ist, sowie – vorbehaltlich der in Artikel 10 genannten Bestimmungen – die Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten, mit denen Herstellung, Einfuhr, Inverkehrbringen oder Verwendung eines Erzeugnisses oder Erbringung oder Nutzung eines Dienstes oder die Niederlassung als Erbringer von Diensten verboten werden.

…“

53.      Die Richtlinie 98/34 sieht somit ein System vor, nach dem der einzelne Mitgliedstaat verpflichtet ist, der Kommission von den Entwürfen technischer Vorschriften Mitteilung zu machen, damit sowohl die Kommission als auch die anderen Mitgliedstaaten ihren Standpunkt mitteilen und eine den Handel weniger einschränkende Normung vorschlagen können. Das genannte System gibt der Kommission auch die erforderliche Zeit, um gegebenenfalls eine verbindliche Harmonisierungsregelung vorzuschlagen.

54.      Art. 8 der Richtlinie 98/34 sieht daher vor:

„(1) [D]die Mitgliedstaaten [übermitteln] der Kommission unverzüglich jeden Entwurf einer technischen Vorschrift, sofern es sich nicht um eine vollständige Übertragung einer internationalen oder europäischen Norm handelt; in diesem Fall reicht die Mitteilung aus, um welche Norm es sich handelt. Sie unterrichten die Kommission gleichzeitig in einer Mitteilung über die Gründe, die die Festlegung einer derartigen technischen Vorschrift erforderlich machen, es sei denn, die Gründe gehen bereits aus dem Entwurf hervor.

Die Kommission unterrichtet die anderen Mitgliedstaaten unverzüglich über den Entwurf einer technischen Vorschrift und alle ihr zugegangenen Dokumente. Sie kann den Entwurf auch dem nach Artikel 5 eingesetzten Ausschuß und gegebenenfalls dem jeweils zuständigen Ausschuß zur Stellungnahme vorlegen.

(2)   Die Kommission und die Mitgliedstaaten können bei dem Mitgliedstaat, der einen Entwurf einer technischen Vorschrift unterbreitet hat, Bemerkungen vorbringen, die dieser Mitgliedstaat bei der weiteren Ausarbeitung der technischen Vorschrift soweit wie möglich berücksichtigt.

(3)   Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission unverzüglich den endgültigen Wortlaut einer technischen Vorschrift mit.

…“

55.      Art. 9 der Richtlinie 98/34 bestimmt:

„(1) Die Mitgliedstaaten nehmen den Entwurf einer technischen Vorschrift nicht vor Ablauf von drei Monaten nach Eingang der Mitteilung gemäß Artikel 8 Absatz 1 bei der Kommission an.

(2)   Die Mitgliedstaaten nehmen

–        unbeschadet der Absätze 4 und 5 einen Entwurf einer Vorschrift betreffend Dienste nicht vor Ablauf von vier Monaten nach Eingang der Mitteilung gemäß Artikel 8 Absatz 1 bei der Kommission an, wenn die Kommission oder ein anderer Mitgliedstaat innerhalb von drei Monaten nach Eingang der Mitteilung eine ausführliche Stellungnahme abgibt, der zufolge die geplante Maßnahme Elemente enthält, die den freien Verkehr von Dienstleistungen oder die Niederlassungsfreiheit der Betreiber im Rahmen des Binnenmarktes beeinträchtigen könnten.

(4)   Die Mitgliedstaaten nehmen den Entwurf einer technischen Vorschrift nicht vor Ablauf von zwölf Monaten nach Eingang der Mitteilung gemäß Artikel 8 Absatz 1 bei der Kommission an, wenn die Kommission innerhalb von drei Monaten nach diesem Zeitpunkt die Feststellung bekanntgibt, daß der Entwurf der technischen Vorschrift einen Gegenstand betrifft, für welchen dem Rat ein Vorschlag für eine Richtlinie, eine Verordnung oder eine Entscheidung im Sinne des Artikels 189 des [EG-]Vertrags [jetzt Art. 249 EG] vorgelegt worden ist.

…“

2.      Das Primärrecht und seine Auslegung

56.      Die Regelungen der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Glücks- und Geldspiele dürfen nicht gegen die Verpflichtungen verstoßen, die die Mitgliedstaaten im Rahmen des EG-Vertrags eingegangen sind, insbesondere nicht gegen die Verkehrsfreiheiten.

a)      Der Vertrag

57.      Art. 49 Abs. 1 EG verbietet die Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs innerhalb der Gemeinschaft für Angehörige der Mitgliedstaaten, die in einem anderen Staat der Gemeinschaft als demjenigen des Leistungsempfängers ansässig sind.

58.      Nach den Art. 55 EG und 48 EG findet Art. 48 EG auf die Dienstleistungen einer nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats gegründeten Gesellschaft Anwendung, die ihren satzungsmäßigen Sitz, ihre Hauptverwaltung oder ihre Hauptniederlassung innerhalb der Gemeinschaft hat.

b)      Die Rechtsprechung

59.      Die Frage der Vereinbarkeit der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten im Bereich der Glücks- und Geldspiele mit den grundlegenden Verkehrsfreiheiten hat zu einer relativ umfangreichen Rechtsprechung geführt, die in ihren großen Zügen wie folgt dargestellt werden kann.

60.      Die Glücks- und Geldspiele sind als Teil des Wirtschaftslebens im Sinne des Art. 2 EG anzusehen(24). Sie bestehen aus der Leistung eines bestimmten Dienstes, nämlich der Aussicht auf einen Geldgewinn, gegen Bezahlung.

61.      Sie entsprechen auch einer Dienstleistung, die in den Anwendungsbereich der Art. 43 EG und 49 EG über die Niederlassungsfreiheit und die Dienstleistungsfreiheit fällt. Eine Regelung, die das Recht zur Veranstaltung von Glücks‑ und Geldspielen in einem Mitgliedstaat verbietet oder beschränkt, kann daher eine Beschränkung der Verkehrsfreiheiten darstellen(25).

62.      Der Gerichtshof hat jedoch in ständiger Rechtsprechung eingeräumt, dass die genannten Spiele eine Wirtschaftstätigkeit besonderer Art darstellen, und zwar aus folgenden Gründen. Zunächst einmal sind in allen Mitgliedstaaten die sittlichen, religiösen oder kulturellen Erwägungen allgemein darauf gerichtet, ihre Ausübung zu begrenzen oder sogar zu verbieten und zu verhindern, dass sie zu einer Quelle persönlichen Gewinns werden. Sodann verstärken die Glücks‑ und Geldspiele angesichts der Höhe der Beträge, die durch sie eingenommen werden können, die Gefahr von Betrug und anderen Straftaten. Außerdem verleiten sie zu Ausgaben, die schädliche persönliche und soziale Folgen haben können. Schließlich ist, ohne dass dies allein als sachliche Rechtfertigung angesehen werden könnte, nicht ohne Bedeutung, dass Glücks- und Geldspiele in erheblichem Maße zur Finanzierung uneigennütziger oder im Allgemeininteresse liegender Tätigkeiten wie sozialer oder karitativer Werke, des Sports oder der Kultur beitragen können(26).

63.      In größerem Rahmen veranstaltete Lotterien(27), Geldspielautomaten(28), Wetten über Sportwettkämpfe(29) und Kasinospiele(30) wurden als Spiele angesehen, die die Gefahr von Betrug und anderen Straftaten wegen der Höhe der Beträge, die durch sie eingenommen werden können, erhöhen und die für die Verbraucher eine Gefahr bedeuten können, weil sie zu Ausgaben verleiten(31).

64.      Die Mitgliedstaaten dürfen die Veranstaltung von Spielen, die diese Merkmale aufweisen, aus Gründen des Verbraucherschutzes (Beschränkung der menschlichen Spielleidenschaft, Vermeidung von Anreizen für die Bürger zu überhöhten Ausgaben für das Spielen) und des Schutzes der sozialen Ordnung (Vermeidung der durch Geldspiele hervorgerufenen Gefahren von Betrug und anderen Straftaten) zu Recht Beschränkungen unterwerfen. Diese Gründe sind zwingende Gründe des Allgemeininteresses, die Beschränkungen von Verkehrsfreiheiten rechtfertigen können(32).

65.      Die Verwendung der Spieleinkünfte für die Finanzierung sozialer Aktivitäten kann dagegen für sich genommen keine Rechtfertigung sein. Der Gerichtshof stützt diese Auffassung auf den Grundsatz, dass Steuermindereinnahmen nicht zu den in Art. 46 EG genannten Gründen gehören und auch keinen zwingenden Grund des Allgemeininteresses bilden(33). Eine solche Verwendung der Spieleinkünfte könne nur eine erfreuliche Nebenfolge einer Beschränkung sein(34).

66.      Die Festlegung des erforderlichen Niveaus des Verbraucherschutzes und des Schutzes der öffentlichen Ordnung im Hinblick auf die Glücks- und Geldspiele fällt in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten.

67.      Nach Auffassung des Gerichtshofs ist daher den staatlichen Stellen bei der Festlegung der Anforderungen, die wegen des Schutzes der Spieler und, ganz allgemein, nach Maßgabe der soziokulturellen Besonderheiten jedes Mitgliedstaats wegen des Schutzes der Sozialordnung an Art und Weise der Veranstaltung von Spielen, die Höhe der Einsätze sowie die Verwendung der dabei erzielten Gewinne zu stellen sind, ein ausreichendes Ermessen zuzuerkennen(35). Es steht den Mitgliedstaaten somit frei, die Ziele ihrer Politik auf dem Gebiet der Glücks- und Geldspiele festzulegen und gegebenenfalls das angestrebte Schutzniveau genau zu bestimmen(36).

68.      Eine nationale Maßnahme, die eine Verkehrsfreiheit einschränkt, muss jedoch, um gerechtfertigt sein zu können, in nichtdiskriminierender Weise angewandt werden, sie muss zur Erreichung des verfolgten Ziels geeignet sein, und sie darf nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist(37).

69.      Im Rahmen der Prüfung, ob diese Voraussetzungen eingehalten sind, hat der Gerichtshof wiederholt darauf hingewiesen, dass die Gründe, die die von der betreffenden Regelung vorgesehenen Beschränkungen rechtfertigen, in ihrer Gesamtheit zu würdigen seien(38).

70.      Der Gerichtshof hat entschieden, dass die folgenden Beschränkungen gerechtfertigt sein könnten.

71.      Ein Mitgliedstaat darf die Durchführung eines Spiels in seinem Hoheitsgebiet vollständig verbieten(39). Nach Auffassung des Gerichtshofs obliegt es den staatlichen Stellen, zu beurteilen, ob es im Rahmen des verfolgten Ziels notwendig ist, Tätigkeiten dieser Art vollständig oder teilweise zu verbieten, oder ob es genügt, sie zu beschränken und zu diesem Zweck bestimmte Kontrollen vorzusehen(40).

72.      Ein Mitgliedstaat kann ferner einer einzigen Einrichtung oder auch einer beschränkten Zahl von Wirtschaftsteilnehmern das ausschließliche Recht zur Veranstaltung von Glücks‑ und Geldspielen gewähren(41).

73.      Der Gerichtshof hat die Auffassung vertreten, dass der Umstand, dass ein Mitgliedstaat die Veranstaltung von Glücks- und Geldspielen durch eine mit einem ausschließlichen Recht versehene Einrichtung oder durch eine bestimmte Zahl von Wirtschaftsteilnehmern erlaube, nicht den Zielen widerspreche, die Verbraucher gegen eine Verleitung zu überhöhten Ausgaben zu schützen und die öffentliche Ordnung zu verteidigen. Eine begrenzte Erlaubnis der Glücks- und Geldspiele im Rahmen eines Ausschließlichkeitsrechts, die den Vorteil biete, die Spiellust und den Betrieb dieser Spiele in kontrollierte Bahnen zu lenken, die Risiken eines solchen Betriebs im Hinblick auf Betrug und andere Straftaten auszuschalten und die sich daraus ergebenden Gewinne zu gemeinnützigen Zwecken zu verwenden, diene auch der Verwirklichung dieser Ziele(42).

74.      Ferner kann allein der Umstand, daß ein Mitgliedstaat ein anderes Schutzsystem als ein anderer Mitgliedstaat gewählt hat, keinen Einfluss auf die Beurteilung der Notwendigkeit und der Verhältnismäßigkeit der einschlägigen Bestimmungen haben. Diese sind allein im Hinblick auf die von den nationalen Stellen des betreffenden Staates verfolgten Ziele und das von ihnen angestrebte Schutzniveau zu beurteilen(43).

75.      Im Urteil Läärä hat der Gerichtshof auch die Frage geprüft, ob es zur Erreichung der vom finnischen Gesetz im Hinblick auf den Betrieb der Geldspielautomaten verfolgten Ziele besser wäre, eine Regelung mit den erforderlichen Auflagen für die betroffenen Wirtschaftsteilnehmer zu erlassen, statt einer zugelassenen öffentlich-rechtlichen Vereinigung ein ausschließliches Betriebsrecht zu gewähren.

76.      Der Gerichtshof hat darauf hingewiesen, dass diese Entscheidung im Ermessen der Mitgliedstaaten liege, allerdings unter dem Vorbehalt, dass sie im Hinblick auf das angestrebte Ziel nicht unverhältnismäßig erscheine(44). Diese Voraussetzung sei erfüllt, weil die Einrichtung, die das ausschließliche Recht zum Betrieb der Geldspielautomaten besitze, eine Vereinigung des öffentlichen Rechts sei, die ihre Tätigkeiten unter staatlicher Aufsicht ausübe und den zu verteilenden Nettoertrag, der sich aus dem Betrieb der Geldspielautomaten ergebe, an den Staat abzuführen habe(45).

77.      Zwar könnte der Staat die Beträge, die ihm auf diese Weise zu gemeinnützigen Zwecken zuflössen, auch auf andere Weise erhalten, z. B. durch die Besteuerung der Tätigkeiten, deren Ausübung den einzelnen Wirtschaftsteilnehmern im Rahmen einer Regelung ohne Ausschließlichkeitscharakter erlaubt werde, doch stelle die Verpflichtung der zugelassenen öffentlich-rechtlichen Vereinigung zur Abführung der Erträge aus ihrer Betriebstätigkeit eine deutlich wirksamere Maßnahme dar, um angesichts der Risiken von Betrug und anderen Straftaten die aus diesen Tätigkeiten resultierenden Gewinne streng zu begrenzen(46).

78.      In den Urteilen Zenatti, Gambelli u. a. und Placania u. a. hat der Gerichtshof im Hinblick auf die italienischen Rechtsvorschriften, die einer beschränkten Zahl von Einrichtungen, die bestimmte Kriterien erfüllen, das ausschließliche Recht zur Veranstaltung von Wetten vorbehalten, die Voraussetzungen näher erläutert, die nationale Rechtsvorschriften erfüllen müssen, um gerechtfertigt sein zu können.

79.      Im Urteil Zenatti hat der Gerichtshof festgestellt, dass die betreffenden italienischen Rechtsvorschriften darauf abzielten, zu verhindern, dass die Spiele zu einer Quelle persönlicher Bereicherung würden, die Gefahr von Betrug und anderen Straftaten sowie schädliche, persönliche und soziale Folgen durch den von ihnen ausgeübten Anreiz zu Ausgaben zu vermeiden und sie nur insoweit zuzulassen, als sie von gesellschaftlichem Nutzen für die zweckentsprechende Durchführung eines Sportwettkampfs seien(47).

80.      Derartige Rechtsvorschriften könnten nur gerechtfertigt sein, wenn sie in erster Linie wirklich dem Ziel dienten, die Gelegenheiten zum Spiel zu vermindern, und wenn die Finanzierung sozialer Aktivitäten mit Hilfe einer Abgabe auf die Einnahmen aus genehmigten Spielen nur eine erfreuliche Nebenfolge, nicht aber der eigentliche Grund der betriebenen restriktiven Politik sei(48). Es sei Sache des vorlegenden Gerichts zu überprüfen, ob die genannten Rechtsvorschriften angesichts ihrer konkreten Anwendungsmodalitäten wirklich Zielen dienten, mit denen sie gerechtfertigt werden könnten, und ob die in ihnen enthaltenen Beschränkungen nicht außer Verhältnis zu diesen Zielen stünden(49).

81.      In der Rechtssache Gambelli u. a. hatte das vorlegende Gericht ausgeführt, die italienischen Rechtsvorschriften über die Wetten seien im Jahr 2000 geändert worden und aus den Vorarbeiten zu den Änderungsvorschriften ergebe sich, dass die Italienische Republik auf nationaler Ebene eine Politik der starken Ausweitung des Spielens und Wettens zum Zweck der Einnahmenerzielung verfolge und dabei die bereits zugelassenen Konzessionäre schütze.

82.      Der Gerichtshof hat ausgeführt, dass die Beschränkungen aus Gründen des Verbraucherschutzes, der Betrugsvorbeugung und der Vermeidung von Anreizen für die Bürger zu überhöhten Ausgaben für das Spielen nur gerechtfertigt sein könnten, wenn sie geeignet seien, die Verwirklichung dieser Ziele in dem Sinne zu gewährleisten, dass sie kohärent und systematisch zur Begrenzung der Wetttätigkeiten beitrügen(50).

83.      Soweit nun aber die Behörden eines Mitgliedstaats die Verbraucher dazu anreizten und ermunterten, an Lotterien, Glücksspielen oder Wetten teilzunehmen, damit der Staatskasse daraus Einnahmen zuflössen, könnten sie sich nicht im Hinblick auf die Notwendigkeit, die Gelegenheiten zum Spiel zu vermindern, auf die öffentliche Sozialordnung berufen, um Maßnahmen wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden zu rechtfertigen(51).

84.      Im Hinblick auf das Ziel, das Risiko auszuschalten, dass die Konzessionäre für Spiele in kriminelle oder betrügerische Tätigkeiten verwickelt würden, erschienen die italienischen Rechtsvorschriften im Bereich der Ausschreibungen unverhältnismäßig, soweit sie die Möglichkeit für Kapitalgesellschaften, die auf den reglementierten Märkten der anderen Mitgliedstaaten notiert seien, ausschlössen, Konzessionen für die Verwaltung von Sportwetten in Italien zu erhalten. Es gebe Mittel, die Konten und Tätigkeiten solcher Gesellschaften zu kontrollieren(52).

85.      Im Urteil Placanica u. a. hatte es der Gerichtshof erneut mit dem italienischen Gesetz über Wetten auf Sportereignisse zu tun, nachdem zuvor die Corte suprema di cassazione (Italien) die Auffassung vertreten hatte, dass diese Rechtsvorschriften mit den Art. 43 EG und 49 EG vereinbar seien. Das italienische Gericht war der Ansicht, dass das tatsächliche Ziel der genannten Rechtsvorschriften nicht darin bestehe, die Verbraucher durch Beschränkung der Spielleidenschaft zu schützen, sondern darin, die Glücksspieltätigkeiten in kontrollierbare Bahnen zu lenken, um ihre Ausnutzung zu kriminellen Zwecken zu verhindern.

86.      Da das vom italienischen Gesetz vorgesehene Konzessionssystem nur dieses Ziel verfolge, könne eine „Politik der kontrollierten Expansion“ im Glücksspielsektor ohne Weiteres mit dem Ziel in Einklang stehen, Spieler, die verbotenen Tätigkeiten geheimer Spiele oder Wetten nachgingen, dazu zu veranlassen, zu erlaubten und geregelten Tätigkeiten überzugehen. Es sei zur Erreichung dieser Ziele erforderlich, dass die zugelassenen Betreiber eine verlässliche und zugleich attraktive Alternative zur verbotenen Tätigkeit bereitstellten, was als solches das Angebot einer breiten Palette von Spielen, einen gewissen Werbeumfang und den Einsatz neuer Vertriebstechniken mit sich bringen könne(53).

87.      Angesichts der verschiedenen Umstände tatsächlicher Art, auf die die italienische Regierung verwiesen hatte und die den bedrohlichen Umfang der geheimen Spiele in Italien belegten, befand der Gerichtshof, dass ein Konzessionssystem ein wirksamer Mechanismus sei, um die im Glücksspielsektor tätigen Wirtschaftsteilnehmer mit dem Ziel zu kontrollieren, der Ausnutzung dieser Tätigkeiten zu kriminellen oder betrügerischen Zwecken vorzubeugen(54).

88.      Der Gerichtshof hat jedoch festgestellt, dass die betreffenden Rechtsvorschriften insoweit unverhältnismäßig seien, als sie die Möglichkeit für Kapitalgesellschaften, die auf den reglementierten Märkten der anderen Mitgliedstaaten notiert seien, ausschlössen, Konzessionen für die Verwaltung von Sportwetten in Italien zu erhalten(55).

B –    Das nationale Recht

1.      Die Angaben des vorlegenden Gerichts

89.      Art. 2 des Decreto-lei Nr. 282/2003 vom 8. November 2003(56) verleiht Santa Casa das ausschließliche Recht, dem Staatsmonopol unterliegende Spiele, insbesondere Lotterien und Wetten, auf elektronischer Basis zu betreiben. Die Ausschließlichkeitsregelung gilt für das gesamte Staatsgebiet einschließlich der Radiofrequenzen, des Internets sowie sonstiger öffentlicher Telekommunikationsnetze.

90.      Nach Art. 11 Abs. 1 Buchst. a und b des Decreto-lei Nr. 282/2003 sind Ordnungswidrigkeiten:

–        die Förderung, die Veranstaltung oder der Betrieb von dem Staatsmonopol unterliegenden Spielen (insbesondere Lotterien und Wetten) auf elektronischem Wege unter Verstoß gegen die Ausschließlichkeitsregelung;

–        die Werbung für die Durchführung der entsprechenden Ziehungen, und zwar unabhängig davon, ob sie im In- oder im Ausland stattfinden.

2.      Die ergänzenden Auskünfte der portugiesischen Regierung

91.      In Portugal unterliegen die Glücks- und Geldspiele allgemein einem grundsätzlichen Verbot. Der Staat hat sich jedoch die Möglichkeit vorbehalten, nach einer von ihm als geeignet angesehenen Regelung im Wege der Ausschreibung den Betrieb eines oder mehrerer Spiele unmittelbar oder über eine staatlich kontrollierte Einrichtung zu genehmigen oder für den Betrieb Konzessionen an gewinnorientierte oder nicht gewinnorientierte private Einheiten zu vergeben.

a)      Die Glücksspielarten

92.      Die portugiesischen Rechtsvorschriften unterscheiden bei den Glücks‑ und Geldspielen zwischen drei Kategorien, nämlich den Kasinospielen, den Lotterien, Tombolas und Werbewettbewerben sowie den Lottospielen und Wetten.

i)      Die Kasinospiele

93.      Die Kasinospiele umfassen die Tischspiele wie Roulette und Poker sowie andere Arten von Spielen wie Bingo und Geldspielautomaten.

94.      Ihre Veranstaltung wird durch das Decreto-lei Nr. 422/89 vom 2. Dezember 1989(57) geregelt, das der Gerichtshof im Urteil Anomar u. a. geprüft hat.

95.      Das Recht zur Veranstaltung der Kasinospiele ist grundsätzlich dem Staat vorbehalten und kann nur von Unternehmen mit der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft ausgeübt werden, denen der Staat eine Konzession durch einen verwaltungsrechtlichen Vertrag verliehen hat. Die Spiele sind nur in Kasinos zulässig, die in durch Gesetz eingerichteten und festgelegten Spielzonen errichtet wurden.

96.      Gegenwärtig sind in Portugal neun Kasinos dieser Art in Betrieb, und vor kurzem wurden Lizenzen für vier weitere erteilt.

ii)    Die Lotterien, Tombolas und Werbewettbewerbe

97.      Diese Kategorie umfasst die Lotterien, Tombolas, Losziehungen, Werbewettbewerbe, Quizwettbewerbe und Wettspiele. Sie bedürfen einer vorherigen Genehmigung durch die Regierung, die im Einzelfall erteilt und mit besonderen Auflagen versehen wird.

98.      Die genannte Kategorie hat in Portugal praktisch keine kommerzielle Bedeutung.

iii) Die Lottospiele und die Wetten

99.      Diese Kategorie umfasst alle die Spiele, bei denen der Teilnehmer die Ergebnisse von – einem oder mehreren – Wettkämpfen oder Zahlenziehungen vorhersagt. Diese Spiele fallen in Portugal unter die Bezeichnung „Spiele“ oder „dem Staatsmonopol unterliegende Spiele“.

100. Die Veranstaltung dieser Spiele wird durch das Decreto-lei Nr. 84/85 vom 28. März 1985 geregelt(58).

101. Nach Art. 1 Abs. 1 dieses Decreto-lei ist das Recht zur Veranstaltung von Lottospielen und Wetten dem Staat vorbehalten, der Santa Casa das ausschließliche Recht zur Veranstaltung und zum Betrieb der Spiele im gesamten Inland überträgt.

102. Nach den Ausführungen in der Präambel der Rechtsvorschriften, die das genannte Ausschließlichkeitsrecht regeln, war die Portugiesische Republik der Auffassung, sie könne nicht länger darüber hinwegsehen, dass die genannten Spiele geheim durchgeführt würden und die Teilnahme an ihnen zur Spielsucht führe. Sie wolle daher den Spielen einen rechtlichen Rahmen geben, um die Korrektheit der Spiele zu gewährleisten und der Spielsucht Grenzen zu setzen. Die Portugiesische Republik wolle auch, dass die Einkünfte aus den Spielen, die nach den kulturellen Vorstellungen in diesem Mitgliedstaat moralisch verwerflich seien, nicht eine Quelle persönlichen Gewinns seien, sondern der Finanzierung sozialer oder im Allgemeininteresse liegender Angelegenheiten dienten.

103. Ursprünglich veranstaltete Santa Casa Spiele mit den Bezeichnungen „Totobola“ und „Totoloto“. Die Bezeichnung „Totobola“ umfasst alle Spiele, in denen die Teilnehmer die Ergebnisse eines oder mehrerer Sportwettkämpfe voraussagen. Die Bezeichnung „Totoloto“ erfasst alle Spiele, in denen die Teilnehmer die Ergebnisse von Zahlenziehungen voraussagen.

104. Die Palette von Spielen wurde in der Folgezeit nach und nach erweitert: 1993 um „Joker“(59), 1994 um die „Lotaria instantânia“, eine Sofortlotterie, bei der Felder freigerubbelt werden, gemeinhin als „raspadinha“(60) bezeichnet, 1998 um „Totogolo“(61) und 2004 um „Euromilhões“, das europäische Lotto(62).

105. Im Jahre 2003 wurde der rechtliche Rahmen für Lottospiele und Wetten angepasst, um den technischen Entwicklungen gerecht zu werden, die es möglich machen, Spiele in elektronischer Form anzubieten, und zwar vor allem im Internet. Diese Maßnahmen sind im Decreto-lei Nr. 282/2003 enthalten und sollen im Wesentlichen Santa Casa den Vertrieb ihrer Produkte in elektronischer Form gestatten sowie Santa Casas ausschließliches Betriebsrecht auf die in elektronischer Form, insbesondere im Internet, angebotenen Spiele ausdehnen.

106. Art. 12 Abs. 1 des Decreto-lei Nr. 282/2003 setzt die Höchst- und Mindestbeträge der Geldbußen fest, mit denen die u. a. in Art. 11 Abs. 1 Buchst. a und b des genannten Decreto-lei vorgesehenen Ordnungswidrigkeiten geahndet werden. Für juristische Personen ist bestimmt, dass sich die Geldbuße auf mindestens 2 000 Euro und höchstens auf das Dreifache des als durch den Spielbetrieb vereinnahmt geltenden Gesamtbetrags beläuft, sofern das Dreifache des genannten Betrags 2 000 Euro übersteigt und die Obergrenze von 44 890 Euro nicht überschreitet.

b)      Die für Santa Casa geltende Regelung

107. Santa Casa ist eine soziale Einrichtung, die am 15. August 1498 gegründet wurde. Sie widmete sich stets den Hilfswerken für die Bedürftigsten.

108. In Portugal sind die dem Staatsmonopol unterliegenden Spiele an Santa Casa gebunden. Für die „Lotaria Nacional“ (staatliche Lotterie), die durch ein Königliches Edikt vom 18. November 1783 eingerichtet wurde, wurde Santa Casa eine Konzession erteilt, die regelmäßig erneuert wurde. Für die sonstigen Formen von Lottospielen und Wetten wurde Santa Casa das ausschließliche Veranstaltungsrecht übertragen, so z. B. für Totobola im Jahr 1961 und für Totoloto im Jahr 1985.

109. Für die Tätigkeiten von Santa Casa gilt das Decreto-lei Nr. 322/91 vom 26. August 1991(63).

110. Nach der Satzung ist Santa Casa eine „gemeinnützige juristische Person“, d. h. eine juristische Person des Privatrechts, die von den staatlichen Stellen als nicht gewinnorientierte, dem Allgemeininteresse dienende Einrichtung anerkannt ist.

111. Die Verwaltungsorgane von Santa Casa bestehen aus einem Direktor, der durch Erlass des Premierministers ernannt wird, und einem Verwaltungsrat, dessen Mitglieder durch Erlass der Regierungsmitglieder ernannt werden, unter deren Aufsicht Santa Casa steht.

112. Der Betrieb der Glücksspiele unterliegt der Abteilung Spiele von Santa Casa, die über ihre eigenen Verwaltungs- und Aufsichtsorgane verfügt.

113. Das Verwaltungsorgan der Abteilung Spiele besteht aus dem Direktor von Santa Casa, der zwingend den Vorsitz führt, und aus zwei geschäftsführenden Verwaltungsratsmitgliedern, die durch gemeinsamen Erlass des Ministers für Arbeit und Soziales und des Ministers für Gesundheit ernannten werden.

114. Jedes von Santa Casa veranstaltete Glücksspiel wird einzeln durch ein Decreto-lei eingerichtet, und seine gesamte Veranstaltung und sein Betrieb einschließlich der Höhe der Einsätze, des Plans für die Losverteilung, der Frequenz der Ziehungen, des auf jedes Los entfallenden konkreten Prozentsatzes, der Art der Vereinnahmung der Einsätze, des Verfahrens für die Auswahl der zugelassenen Automaten sowie der Modalitäten und Fristen für die Bezahlung der Lose werden durch Verordnung der Regierung geregelt.

115. Die Mitglieder des Ausschusses für Hilfe und Unterstützung, des Ausschusses für Ziehungen und des Ausschusses für Beschwerden sind mehrheitlich Vertreter der öffentlichen Verwaltung. Der Vorsitzende des Ausschusses für Beschwerden, der ein stärkeres Stimmrecht hat, ist ein Richter.

116. Die Abteilung Spiele verfügt über einen Haushalt und eigene Konten, die dem Haushalt bzw. den Konten von Santa Casa angegliedert sind; sie stehen als solche unter der Aufsicht der Regierung.

117. Der genannten Abteilung sind die Befugnisse einer Verwaltungsbehörde verliehen worden, um Ordnungswidrigkeitsverfahren wegen rechtswidriger Veranstaltung der ausschließlich Santa Casa übertragenen Glücksspiele einzuleiten, zu organisieren und durchzuführen.

118. Art. 14 des Decreto-lei Nr. 282/2003 räumt der Direktion der Abteilung Spiele die Verwaltungsbefugnisse ein, die erforderlich sind, um Geldbußen wie die gegen Liga und Bwin festgesetzten verhängen zu können.

119. Alle Entscheidungen der Abteilung Spiele in den Ordnungswidrigkeitsverfahren sowie alle sonstigen Entscheidungen mit Außenwirkung, wie z. B. die Entscheidungen über den Bezug von Waren und Dienstleistungen oder über die Erteilung der Vertriebsgenehmigung für Spiele an einen Dritten, können mit einem Rechtsmittel angefochten werden.

120. Santa Casa wurden besondere Aufgaben im Bereich des Schutzes der Familie, des Mutterschutzes, des Kinderschutzes, der Hilfe für schutzlose und gefährdete Bergleute, der Hilfe für ältere Menschen, der schwerwiegenden sozialen Mangelsituationen sowie der allgemein- und fachmedizinischen Gesundheitsversorgung übertragen.

121. Nach den für den Sachverhalt des Ausgangsverfahrens maßgeblichen Vorschriften behält Santa Casa nur 25 % der Einnahmen aus den verschiedenen Spielen. Der verbleibende Betrag wird auf andere gemeinnützige Einrichtungen wie die Organisationen der freiwilligen Feuerwehren, die besonderen Einrichtungen der sozialen Solidarität, die Einrichtungen zum Schutz und zur Rehabilitation behinderter Menschen sowie die Fonds für kulturelle Entwicklung verteilt oder für soziale Handlungsbereiche verwendet. So fließen 50 % der Totobola-Einnahmen in die Förderung und Entwicklung des Fußballs, und 16 % der Totoloto-Einnahmen dienen der Finanzierung von Sportaktivitäten.

III – Das Ausgangsverfahren und die Vorabentscheidungsfrage

122. Liga ist eine juristische Person des Privatrechts mit Vereinsstruktur und ohne Gewinnerzielungsabsicht, in der sämtliche Vereine zusammengefasst sind, die in Portugal Fußballturniere auf professioneller Ebene austragen. Sie ist mit der Vermarktung der von ihr veranstalteten Wettkämpfe betraut.

123. Bwin ist ein Unternehmen für Online-Spiele mit Sitz in Gibraltar. Sie bietet auf ihrer Internetseite Glücksspiele in portugiesischer Sprache an. Bwin unterliegt den speziellen Rechtsvorschriften von Gibraltar über die Regelung der Glücksspiele und ist Inhaberin aller erforderlichen Erlaubnisse der Regierung von Gibraltar. Sie hat keine Niederlassung in Portugal. Ihre Server für die Online-Angebote stehen in Gibraltar und in Österreich. Alle Wetten werden vom Verbraucher unmittelbar auf der Internetseite von Bwin oder durch eine anderes unmittelbares Kommunikationsmittel platziert.

124. Bwin biete eine breite Palette von Online-Glücksspielen an, die sich auf Sportwetten, Lottospiele sowie Kasinospiele wie Roulette und Poker erstrecken. Die angebotenen Sportwetten beziehen sich sowohl auf die Fußballergebnisse als auch auf die Ergebnisse anderer Sportwettkämpfe wie Rugbyspiele, Autorennen der Formel 1 und amerikanische Basketballspiele.

125. Das vorlegende Gericht stellt fest, dass Liga und Bwin folgender Sachverhalt zur Last gelegt wird:

–        Zwischen Liga und Bwin wurde ein Sponsoringvertrag für vier Spielzeiten ab der Saison 2005/2006 geschlossen, aufgrund dessen Bwin Sponsor der portugiesischen Ersten Profifußballliga wurde, die früher „Super Liga“ hieß und in „Liga betandwin.com“ umbenannt wurde.

–        Mit dem Vertrag erwarb Bwin das Recht, das Wortzeichen „betandwin.com“ auf den Sportausrüstungen der Spieler von Vereinen, deren Mannschaften an der Meisterschaft der Super Liga teilnehmen, sowie in den Stadien dieser Vereine anzubringen; außerdem wurde die Internetseite von Liga mit Hinweisen auf die Internetseite von Bwin sowie mit einem Link zu dieser Internetseite versehen.

–        Die letztgenannte Internetseite erlaubt es, auf elektronischem Weg Sportwetten abzuschließen, bei denen die Teilnehmer das Ergebnis von Fußballspielen der Spieltage der Superliga sowie von ausländischen Fußballspielen mit dem Ziel vorhersagen, einen Geldgewinn zu erlangen; dieselbe Seite ermöglicht ferner die Teilnahme auf elektronischem Weg an Lotteriespielen, bei denen die Teilnehmer Ergebnisse von Zahlenziehungen vorhersagen.

126. Die Direktion der Abteilung Spiele von Santa Casa verhängte gegen Liga und Bwin Geldbußen in Höhe von 75 000 Euro bzw. 74 500 Euro, weil Liga und Bwin gemeinschaftlich unter Verstoß gegen die nach nationalem Recht bestehende Ausschließlichkeitsregelung dem Staatsmonopol unterliegende Spiele, insbesondere Wetten, auf elektronischem Wege gefördert, veranstaltet oder betrieben und für dem Staatsmonopol unterliegende, auf elektronischem Wege durchgeführte Spiele, insbesondere Wetten, geworben hätten.

127. Liga und Bwin beantragten die Nichtigerklärung dieser Entscheidungen und stützten sich dabei insbesondere auf das Gemeinschaftsrecht und die Gemeinschaftsrechtsprechung.

128. Der Tribunal de Pequena Instância Criminal Porto (Portugal) hat das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

Im Wesentlichen stellt sich die Frage, ob die erwähnte Ausschließlichkeitsregelung zugunsten von Santa Casa, wenn sie auf Bwin, d. h. einen Dienstleister, der in einem anderen Mitgliedstaat, in dem er rechtmäßig entsprechende Dienstleistungen erbringt, niedergelassen ist und keine Betriebsstätte in Portugal hat, angewandt wird, eine Behinderung des freien Dienstleistungsverkehrs unter Verstoß gegen die Grundsätze der Dienstleistungs-, der Niederlassungs- und der Kapitalverkehrsfreiheit gemäß den Art. 49 EG, 43 EG und 56 EG darstellt.

Zu klären ist somit, ob das Gemeinschaftsrecht und insbesondere die erwähnten Grundsätze einer nationalen Regelung wie der hier fraglichen entgegenstehen, die hinsichtlich des kommerziellen Betriebs von Lotterien und Wetten einerseits eine Ausschließlichkeitsregelung zugunsten einer einzigen Einrichtung errichtet und diese Regelung andererseits auf das „gesamte Staatsgebiet einschließlich … des Internets“ ausdehnt.

IV – Würdigung

A –    Zur Zulässigkeit der Vorabentscheidungsfrage

129. Mit seiner Vorabentscheidungsfrage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die nationale Regelung, mit der das einer einzigen, staatlich überwachten und nicht gewinnorientierten Einrichtung eingeräumte ausschließliche Recht zur Veranstaltung und zum Betrieb von Lotterien und Wetten im gesamten portugiesischen Staatsgebiet auf sämtliche elektronischen Kommunikationsmittel, insbesondere auf das Internet, ausgedehnt wurde, mit dem Gemeinschaftsrecht im Einklang steht.

130. Die italienische, die niederländische und die norwegische Regierung sowie die Kommission verneinen oder bezweifeln die Zulässigkeit der Vorabentscheidungsfrage, da die Vorlageentscheidung keine ausreichenden Hinweise zum Inhalt und zu den Zielen der im Ausgangsverfahren geltenden portugiesischen Rechtsvorschriften enthalte.

131. Meines Erachtens kann die Vorlagefrage nicht für unzulässig erklärt werden.

132. Die Ausführungen des vorlegenden Gerichts zu den portugiesischen Rechtsvorschriften lassen nämlich deutlich erkennen, dass diese Rechtsvorschriften Santa Casa das ausschließliche Recht zur Veranstaltung und zum Betrieb von Lotterien und Wetten im Internet einräumen und Sanktionen für Wirtschaftsteilnehmer vorsehen, die gegen diese Ausschließlichkeit verstoßen. Ferner offenbart die Darstellung des Sachverhalts den Streitgegenstand des Vorlageverfahrens. Zudem lässt die Vorlageentscheidung erkennen, dass das vorlegende Gericht die Frage nach der Vereinbarkeit der nationalen Rechtsvorschriften mit dem Gemeinschaftsrecht stellt, soweit diese Rechtsvorschriften einen Wirtschaftsteilnehmer, der seine Tätigkeiten rechtmäßig in einem Mitgliedstaat ausübt, daran hindern, seine Leistungen in Portugal zu erbringen.

133. Angesichts der in der Rechtsprechung des Gerichtshofs aufgestellten Kriterien, nach denen die Vereinbarkeit einer nationalen Regelung auf dem Gebiet der Glücks- und Geldspiele mit dem Gemeinschaftsrecht zu beurteilen ist, wäre zwar zu erwarten gewesen, dass das vorlegende Gericht das portugiesische Recht und seine Anwendung im Hinblick auf das Monopol von Santa Casa sowie die Gründe, weshalb das Monopol auf die Glücks- und Geldspiele im Internet ausgedehnt wurde, ausführlicher darstellt. Es wäre auch wünschenswert gewesen, dass das vorlegende Gericht die Gründe für seine Auffassung anführt, dass die früheren Entscheidungen des Gerichtshofs keine Antworten auf die genannten Fragen geben und ihm eine Entscheidung im Ausgangsverfahren nicht erlauben.

134. Das Fehlen dieser Angaben in der Vorlageentscheidung rechtfertigt es jedoch nicht, die Vorlagefrage als unzulässig zurückzuweisen.

135. Die Vorlagefrage betrifft die Auslegung des Gemeinschaftsrechts, da es um die Auslegung von Artikeln des Vertrags geht, mit denen Verkehrsfreiheiten eingeführt werden. Sie ist relevant für die Entscheidung des Ausgangsverfahrens, da die Klage von Liga und Bwin für begründet erklärt werden müsste, falls die maßgebliche Verkehrsfreiheit vom Gerichtshof dahin ausgelegt werden sollte, dass sie der Einräumung eines solchen Ausschließlichkeitsrechts entgegensteht.

136. Die vom vorlegenden Gericht gelieferten Gesichtspunkte reichen auch dafür aus, dass der Gerichtshof ihm eine sachdienliche Antwort geben kann, zumindest auf die Frage, ob es grundsätzlich oder notwendigerweise gegen das Gemeinschaftsrecht verstößt, einer einzigen Einrichtung ein ausschließliches Recht zur Veranstaltung und zum Betrieb von Glücks- und Geldspielen im Internet einzuräumen.

137. Nach ständiger Rechtsprechung ist es allein Sache des nationalen Gerichts, das mit dem Rechtsstreit befasst ist und ihn zu entscheiden hat, im Hinblick auf den Einzelfall sowohl die Erforderlichkeit einer Vorabentscheidung für den Erlass seines Urteils als auch die Erheblichkeit der dem Gerichtshof vorzulegenden Fragen zu beurteilen. Betreffen daher die vorgelegten Fragen die Auslegung des Gemeinschaftsrechts, ist der Gerichtshof grundsätzlich gehalten, darüber zu befinden(64).

138. Der Gerichtshof hat zwar auch entschieden, dass es ihm ausnahmsweise obliegt, die Umstände zu untersuchen, unter denen er vom nationalen Gericht angerufen wird. Wie regelmäßig in den Vorabentscheidungen festgestellt wird, „[verlangt nämlich] der Geist der Zusammenarbeit, in dem [ein solches] Vorabentscheidungsverfahren durchzuführen ist, … dass das vorlegende Gericht seinerseits die Aufgabe des Gerichtshofes beachtet, zur Rechtspflege in den Mitgliedstaaten beizutragen, nicht aber Gutachten zu allgemeinen oder hypothetischen Fragen abzugeben“(65).

139. So hat sich der Gerichtshof außerstande gesehen, über eine von einem nationalen Gericht zur Vorabentscheidung vorgelegte Frage zu befinden, wenn die Auslegung oder die Beurteilung der Gültigkeit einer Gemeinschaftsvorschrift, um die das vorlegende Gericht ersucht, offensichtlich in keinem Zusammenhang mit der Realität oder dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits steht oder wenn der Gerichtshof nicht über die tatsächlichen und rechtlichen Informationen verfügt, die für eine zweckdienliche Beantwortung der vorgelegten Fragen erforderlich sind(66).

140. Die Vorlagefrage gehört nicht zu einem dieser Fälle.

141. Überdies waren trotz der wenigen Informationen, die das vorlegende Gericht über den Inhalt und die Ziele der portugiesischen Rechtsvorschriften zur Verfügung gestellt hat, neun Mitgliedstaaten, ebenso wie die Portugiesische Republik, die Parteien des Ausgangsverfahrens und die Kommission, in der Lage, schriftliche Erklärungen abzugeben.

142. Liga und Bwin sowie die Beteiligten, insbesondere die portugiesische Regierung, haben zudem ausführlich den Inhalt und die Ziele der in Rede stehenden Rechtsvorschrift dargelegt, und diese Angaben konnten in der mündlichen Verhandlung eingehend erörtert werden. Der Gerichtshof könnte daher über die Prüfung der grundsätzlichen Frage hinausgehen, ob nationale Rechtsvorschriften, die einer einzigen Einrichtung das ausschließliche Recht zur Durchführung von Wetten im Internet vorbehalten, mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar sind.

143. Die italienische Regierung stellt die Zulässigkeit der Vorlagefrage ebenfalls in Abrede, weil das vorlegende Gericht den Gerichtshof um eine Entscheidung über die Vereinbarkeit seines internen Rechts mit dem Gemeinschaftsrecht ersuche.

144. Nach ständiger Rechtsprechung ist zwar, worauf die italienische Regierung hinweist, gemäß der Verteilung der Zuständigkeiten im Rahmen des in Art. 234 EG geregelten Systems der Zusammenarbeit die Auslegung der nationalen Vorschriften Sache der nationalen Gerichte und nicht des Gerichtshofs, und es obliegt diesem nicht, sich im Rahmen eines gemäß diesem Artikel eingeleiteten Verfahrens zur Vereinbarkeit von Vorschriften des innerstaatlichen Rechts mit denen des Gemeinschaftsrechts zu äußern(67).

145. Selbst wenn jedoch die Vorlagefrage in dem von der italienischen Regierung angenommenen Sinne zu verstehen sein sollte, wäre sie deshalb nicht unzulässig. Wird dem Gerichtshof ausdrücklich eine Frage nach der Vereinbarkeit einer innerstaatlichen Vorschrift mit dem Gemeinschaftsrecht gestellt, so formuliert er die so gestellte Frage nach Maßgabe der ihm zustehenden Befugnisse um und weist darauf hin, dass er befugt ist, dem vorlegenden Gericht alle Hinweise zur Auslegung des Gemeinschaftsrechts zu geben, die dieses in die Lage versetzen, die Frage der Vereinbarkeit zu beurteilen(68).

146. Ich schlage daher vor, die Vorabentscheidungsfrage für zulässig zu erachten.

B –    Zur materiellen Prüfung

147. Nach den Angaben des vorlegenden Gerichts verbieten die Bestimmungen des Art. 11 Abs. 1 Buchst. a und b des Decreto-lei Nr. 282/2003 zum einen, unter Verstoß gegen das Santa Casa eingeräumte Ausschließlichkeitsrecht Lotterien und Wetten im Internet zu veranstalten und betreiben, und zum anderen, für Online-Spiele zu werben, die unter Verstoß gegen das genannte Ausschließlichkeitsrecht veranstaltet werden.

148. Aus diesen Angaben ergibt sich auch, dass gegen Liga und Bwin jeweils gesonderte Geldbußen in Höhe von 75 000 Euro bzw. 74 500 Euro verhängt wurden, weil Liga und Bwin unter Verstoß gegen das Ausschließlichkeitsrecht von Santa Casa Wetten im Internet veranstaltet und betrieben und für diese Wetten geworben hätten.

149. Bei dieser Sachlage ist die Vereinbarkeit der nationalen Rechtsvorschriften mit dem Gemeinschaftsrecht im Hinblick auf zweierlei Bestimmungen zu beurteilen. Zum einen kann die in Rede stehende Regelung, soweit sie Santa Casa das ausschließliche Recht zur Durchführung von Lotterien und Wetten im Internet verleiht und es jedem anderen in der Europäischen Union niedergelassenen Dienstleistungserbringer verwehrt, derartige Online-Dienste in Portugal anzubieten, von der Richtlinie 98/34 erfasst sein. Zum anderen können diese Rechtsvorschriften, soweit sie jede Werbung für Lotterien und Wetten verbieten, die unter Verstoß gegen das Ausschließlichkeitsrecht von Santa Casa veranstaltet werden, in den Anwendungsbereich des Art. 49 EG fallen.

1.      Die Anwendung der Richtlinie 98/34

150. Es geht um die Frage, ob Art. 1 Nr. 11 der Richtlinie 98/34 dahin auszulegen ist, dass eine nationale Regelung, aufgrund deren das ausschließliche Recht, im gesamten Staatsgebiet Lotterien und Wetten zu veranstalten und zu betreiben, auf alle elektronischen Kommunikationsmittel, insbesondere auf das Internet, ausgedehnt wird, eine technische Vorschrift im Sinne der genannten Bestimmung darstellt.

151. Die Kommission hat in ihren schriftlichen Erklärungen ausgeführt, die in Rede stehenden Rechtsvorschriften fielen in den Anwendungsbereich der Richtlinie 98/34.

152. Die Beteiligten, die aufgefordert worden sind, sich zu diesem Punkt in der mündlichen Verhandlung zu äußern, haben unterschiedliche Auffassungen vertreten. Liga und Bwin teilen die Auffassung der Kommission.

153. Die portugiesische Regierung hebt hervor, dass Liga und Bwin sich im Rahmen des Ausgangsverfahrens nicht auf die Richtlinie 98/34 gestützt hätten und dass das vorlegende Gericht zu dieser Richtlinie keine Frage gestellt habe. Es sei Sache des nationalen Gerichts, das Gemeinschaftsrecht zu bestimmen, das in dem von ihm zu entscheidenden Rechtsstreit anwendbar sei. Die genannte Richtlinie sei daher in der vorliegenden Rechtssache nicht relevant.

154. Hilfsweise macht die portugiesische Regierung geltend, die Richtlinie 98/34 verpflichte die Portugiesische Republik nicht, der Kommission von der fraglichen Rechtsvorschrift Mitteilung zu machen. Die Glücks- und Geldspiele seien vom Anwendungsbereich der Richtlinien 2000/31 über den elektronischen Geschäftsverkehr und 2006/123 über Dienstleistungen im Binnenmarkt ausgenommen worden.

155. Die dänische Regierung, unterstützt von der österreichischen Regierung, vertritt dieselbe Auffassung wie die portugiesische Regierung. Sie legt darüber hinaus dar, dass die streitige Regelung, die die Ausübung einer Tätigkeit im portugiesischen Hoheitsgebiet verbiete, nationalen Rechtsvorschriften gleichstehe, die die Ausübung einer Berufstätigkeit von der Erteilung einer Genehmigung abhängig machten, und dass nach der Rechtsprechung derartige Rechtsvorschriften keine technische Vorschrift darstellten. Der Begriff „technische Vorschrift“ sei von der Rechtsprechung dahin ausgelegt worden, dass er nur die Spezifikationen erfasse, die Merkmale von Erzeugnissen vorschrieben(69).

156. Die griechische Regierung ist ebenfalls der Auffassung, eine Regelung, die ein staatliches Monopol im Bereich der Glücks- und Geldspiele vorsehe, falle nicht unter die Richtlinie 98/34.

157. Ich teile die Auffassung dieser Regierungen nicht. Ich werde zunächst darlegen, dass der Gerichtshof die Bestimmungen der Richtlinie 98/34 auslegen darf, obwohl das vorlegende Gericht ihm zu dieser Richtlinie keine Frage vorgelegt hat. Ich werde sodann die Gründe vortragen, weshalb die streitige Regelung meines Erachtens in den Anwendungsbereich der genannten Richtlinie fällt. Auch werde ich die Folgen erläutern, die die fehlende Notifizierung einer derartigen Regelung hat. Nach den Erklärungen der Mitgliedstaaten zur Relevanz, die die Richtlinie 98/34 für die Entscheidung des Ausgangsverfahrens hat, erscheint es mir schließlich nützlich, darauf hinzuweisen, dass das zu fällende Urteil das vorlegende Gericht bindet, und zwar auch – gegebenenfalls – bezüglich der Auslegung der genannten Richtlinie.

a)      Der Gerichtshof darf die Richtlinie 98/34 auslegen, obwohl das vorlegende Gericht nicht auf sie Bezug genommen hat

158. Dass der Gerichtshof die Richtlinie 98/34 auslegen darf, obwohl das vorlegende Gericht ihm zu dieser Richtlinie keine Frage gestellt hat, folgt aus der ständigen Rechtsprechung. Ist der Gerichtshof der Auffassung, dass das vorlegende Gericht ihm keine Frage zu der im Ausgangsverfahren anwendbaren Bestimmung des Gemeinschaftsrechts gestellt hat, prüft er von Amts wegen die Tragweite dieser Bestimmung. Nach einer oft gebrauchten Formulierung kann sich daher der Gerichtshof, um dem Gericht, das ihm eine Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt hat, eine sachdienliche Antwort zu geben, veranlasst sehen, gemeinschaftsrechtliche Vorschriften zu berücksichtigen, die das vorlegende Gericht in seiner Frage nicht angeführt hat(70).

159. Hat daher, wie im vorliegenden Fall, das vorlegende Gericht dem Gerichtshof eine Frage nach der Tragweite der Artikel des Vertrags zur Begründung der Verkehrsfreiheiten gestellt, so kann dieser ihm durch Auslegung einer Richtlinie antworten, die speziell den Sachverhalt des Ausgangsverfahrens regelt(71).

b)      Die streitige Regelung fällt in den Anwendungsbereich der Richtlinie 98/34

160. Anders als die Mitgliedstaaten, die zu dieser Frage Stellung genommen haben, bin ich wie Liga und Bwin sowie die Kommission der Auffassung, dass die streitige Regelung, soweit sie jedem anderen Wirtschaftsteilnehmer verbietet, in Portugal Lotterien und Wetten im Internet anzubieten, eine technische Vorschrift im Sinne der Richtlinie 98/34 darstellt.

161. Ich stütze meine Auffassung erstens auf die Definition der in dieser Richtlinie enthaltenen Begriffe „Dienst“ und „technische Vorschrift“.

162. Ein Dienst der Informationsgesellschaft im Sinne von Art. 1 Nr. 2 der Richtlinie 98/34 ist jede in der Regel gegen Entgelt elektronisch im Fernabsatz und auf individuellen Abruf eines Empfängers erbrachte Dienstleistung. Aus dem 19. Erwägungsgrund der Richtlinie 98/48 ergibt sich überdies, dass für die Auslegung dieses Begriffs auch auf den Begriff „Dienstleistungen“ im Sinne von Art. 50 EG entsprechend der Auslegung durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs Bezug zu nehmen ist.

163. Wie ausgeführt geht aus dieser Rechtsprechung hervor, dass ein Dienstleistungserbringer mit Sitz in einem Mitgliedstaat, der im Internet ohne Ortswechsel Online-Spiele in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Leistungsempfängern anbietet, Dienstleistungen im Sinne von Art. 50 EG erbringt(72).

164. Art. 1 Nr. 11 der Richtlinie 98/48 sieht ausdrücklich vor, dass der Begriff „technische Vorschrift“ die Vorschriften erfasst, mit denen die Erbringung oder Nutzung eines Dienstes verboten wird. Entgegen der von mehreren Mitgliedstaaten vertretenen Auffassung beschränkt sich dieser Begriff seit der Ausdehnung des Anwendungsbereichs der Richtlinie 98/34 auf die Dienste der Informationsgesellschaft somit nicht mehr nur auf die Spezifikationen, die Merkmale von Erzeugnissen vorschreiben, wie dies im Rahmen der Richtlinie 83/189/EWG des Rates(73) in der Auslegung durch die Urteile CIA Security International(74), Van der Burg(75), und Canal Satélite Digital(76), auf die sich die genannten Mitgliedstaaten beziehen, der Fall war.

165. Die streitige Regelung, die Santa Casa das ausschließliche Recht zur Veranstaltung und zum Betrieb von Internet-Lotterien und -Wetten im gesamten portugiesischen Staatsgebiet vorbehält und Sanktionen für jeden Wirtschaftsteilnehmer vorsieht, der gegen dieses Ausschließlichkeitsrecht verstößt, hat in der Tat zur Folge, dass einem Anbieter von Internetspielen die Erbringung seiner Dienste verboten wird.

166. Angesichts dieser Begriffsbestimmungen stellt die genannte Regelung sehr wohl eine technische Vorschrift im Sinne von Art. 1 Nr. 11 der Richtlinie 98/34 dar.

167. Zweitens deckt sich diese Auffassung meines Erachtens mit den Gründen, aus denen der Anwendungsbereich der genannten Richtlinie auf die Dienste der Informationsgesellschaft erstreckt wurde.

168. Aus den Erwägungsgründen der Richtlinie 98/48 ergibt sich, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber das ursprünglich nur für Waren vorgesehene System der Transparenz und der Kontrolle auf diese Art von spezifischen Dienstleistungen erstrecken wollte, um Hemmnisse für den freien Verkehr dieser Dienstleistungen, die durch die nationalen Regelungen hervorgerufen werden könnten, zu verhindern.

169. Die Anwendung des in der Richtlinie 98/34 vorgesehenen obligatorischen Unterrichtungssystems auf eine derartige Regelung bedeutet nicht, dass diese gegen das Gemeinschaftsrecht verstößt.

170. Wie ausgeführt bezweckt die Richtlinie 98/34 nur die Schaffung eines Systems der vorherigen Kontrolle. Indem ein Mitgliedstaat verpflichtet wird, der Kommission jeden Entwurf einer technischen Vorschrift zu übermitteln, fordert der Gemeinschaftsgesetzgeber diesen Mitgliedstaat zunächst auf, die Vereinbarkeit dieser Regelung mit dem Gemeinschaftsrecht selbst vorher eingehend zu prüfen. Die Richtlinie macht somit deutlich, dass, wenn die geplante Regelung den freien Warenverkehr und die Dienstleistungsfreiheit der Informationsgesellschaft beeinträchtigt, der Mitgliedstaat in der Lage sein muss, die Regelung anhand der von der Rechtsprechung entwickelten Voraussetzungen zu rechtfertigen.

171. Das Unterrichtungssystem der Richtlinie 98/34 ermöglicht es der Kommission und den anderen Mitgliedstaaten zudem, von dem Regelungsentwurf Kenntnis zu erhalten und zu prüfen, ob er Beeinträchtigungen verursacht. In diesem Fall können die anderen Mitgliedstaaten dem Urheber des Entwurfs Änderungsvorschläge machen. Die Kommission kann gemeinsame Maßnahmen zur Regelung des Bereichs, der Gegenstand der geplanten Maßnahme ist, vorschlagen oder erlassen.

172. Ein derartiges System bringt daher das souveräne Recht der Mitgliedstaaten, technische Vorschriften in den Bereichen zu erlassen, in denen diese Vorschriften nicht harmonisiert sind, mit der im Vertrag wechselseitig von ihnen übernommenen Verpflichtung in Einklang, einen Gemeinsamen Markt zu errichten, d. h. einen Raum, in dem u. a. die Waren und die Dienstleistungen frei verkehren.

173. Die Richtlinie 98/34 ist daher nur dann tatsächlich wirksam, wenn alle technischen Vorschriften mitgeteilt werden(77), einschließlich der über Glücks- und Geldspiele, da diese als Teil des Wirtschaftslebens anzusehen sind und unter die Niederlassungsfreiheit sowie die Dienstleistungsfreiheit fallen.

174. Wo der Gemeinschaftsgesetzgeber die Glücks- und Geldspiele von dem Anwendungsbereich eines die Dienstleistungen betreffenden Rechtsakts wie der Richtlinien 2000/31 über den elektronischen Geschäftsverkehr und 2006/123 über Dienstleistungen im Binnenmarkt ausschließen wollte, hat er den Ausschluss überdies ausdrücklich vorgesehen. Die Richtlinie 98/34 aber enthält keine Bestimmung, mit der die technischen Vorschriften über die Glücks- und Geldspiele von ihrem Anwendungsbereich ausgenommen würden.

175. Drittens entspricht diese Ansicht der vom Gerichtshof im Urteil Kommission/Griechenland vertretenen Auffassung zum griechischen Gesetz über das Verbot der Benutzung von Spielen auf elektronischen Rechnern, die sich in Internet-Dienstleistungsunternehmen befinden. Der Gerichtshof hat festgestellt, dass eine derartige Regelung als technische Vorschrift im Sinne von Art. 1 Nr. 11 der Richtlinie 98/34 zu qualifizieren sei(78).

176. Mit dieser Entscheidung hat der Gerichtshof anerkannt, dass Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats, die, wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Regelung, den Zugang zu Spielen im Internet verböten, den Zugang zu oder die Betreibung von Diensten der Informationsgesellschaft beträfen und somit in den Anwendungsbereich der Richtlinie 98/34 fielen.

177. Ich schlage daher vor, für Recht zu erkennen, dass Art. 1 Nr. 11 der Richtlinie 98/34 dahin auszulegen ist, dass die Regelung eines Mitgliedstaats, nach der das ausschließliche Recht im gesamten Hoheitsgebiet dieses Staates Lotterien und Wetten zu veranstalten und zu betreiben, auf alle elektronischen Kommunikationsmittel, insbesondere das Internet, ausgedehnt wird, eine technische Vorschrift im Sinne dieser Bestimmung darstellt(79).

c)      Die Folgen der unterlassenen Notifizierung der streitigen Regelung

178. Nach Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 98/34 sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, der Kommission jeden Entwurf einer technischen Vorschrift zu übermitteln(80). Art. 9 der Richtlinie verpflichtet sie, diesen Entwurf nicht vor Ablauf einer bestimmten Frist anzunehmen.

179. Nach diesen Bestimmungen hätte der Entwurf des Decreto-lei Nr. 282/2003, der zum einen das ausschließliche Betriebsrecht von Santa Casa auf die in elektronischer Form, insbesondere im Internet, angebotenen Spiele ausdehnt und zum anderen Sanktionen in Form von Geldbußen für Wirtschaftsteilnehmer vorsieht, die gegen dieses Ausschließlichkeitsrecht verstoßen, der Kommission mitgeteilt werden müssen.

180. Die Kommission hat in ihren schriftlichen Erklärungen ausgeführt, der Entwurf der genannten Regelung sei ihr nicht mitgeteilt worden. Die portugiesische Regierung hat bestätigt, dass sie keine Notifizierung vorgenommen hat.

181. Im Urteil CIA Security International hat der Gerichtshof die Folgen einer solchen unterlassenen Notifizierung erläutert. Die in den Art. 8 und 9 der Richtlinie 83/189 aufgeführten Mitteilungs‑ und Aufschubpflichten seien unbedingt und so genau, dass der Einzelne sich vor den nationalen Gerichten auf sie berufen könnte(81). Eine technische Vorschrift, die nicht notifiziert worden sei, könne ihm somit nicht entgegengehalten werden, und das nationale Gericht dürfe sie nicht anwenden(82).

182. Diese Rechtsprechung kann auf die Art. 8 und 9 der Richtlinie 98/34 übertragen werden, da sie in ihrem Wortlaut der Richtlinie 83/189 entsprechen.

183. Da die Richtlinie u. a. den Schutz der Freiheit der Dienstleistungen der Informationsgesellschaft bezweckt, kann sich ein in Gibraltar ansässiger Wirtschaftsteilnehmer wie Bwin auf diese unbedingten und genauen Bestimmungen berufen.

184. Gibraltar ist nämlich ein europäisches Hoheitsgebiet, dessen auswärtige Beziehungen das Vereinigte Königreich wahrnimmt. Die Bestimmungen des Vertrags sind daher gemäß Art. 229 Abs. 4 EG auf Gibraltar anwendbar, vorbehaltlich der in der Akte über die Beitrittsbedingungen für das Königreich Dänemark, Irland und das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland und die Anpassungen der Verträge(83) vorgesehenen Ausnahmen.

185. Die Rechtsprechung folgert aus der Beitrittsakte, dass weder die Vertragsbestimmungen über den freien Warenverkehr noch die Akte des abgeleiteten Rechts, die darauf abzielen, eine Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten sicherzustellen, um die Herstellung des freien Warenverkehrs zu fördern, auf dieses Gebiet Anwendung finden(84).

186. Die Ausnahmen sind jedoch als Ausnahmen vom Grundsatz des Art. 299 Abs. 4 EG anzusehen, wonach die Bestimmungen des Vertrags auf ein europäisches Hoheitsgebiet wie Gibraltar Anwendung finden. Die Vertragsbestimmungen über die Dienstleistungsfreiheit sowie die Akte des abgeleiteten Rechts, die die Herstellung der Dienstleistungsfreiheit sicherstellen sollen, finden daher auf das Gebiet von Gibraltar Anwendung. Das wird meines Erachtens durch die Urteile belegt, die auf die Vertragsverletzungsklagen ergingen, die die Kommission gegen das Vereinigte Königreich wegen fehlender Umsetzung solcher Richtlinien in Gibraltar erhoben hatte(85).

187. Daraus schließe ich, dass ein in Gibraltar ansässiger Wirtschaftsteilnehmer wie Bwin das Recht hat, sich auf die Bestimmungen der Art. 8 und 9 der Richtlinie 98/34 zu berufen, soweit sie technische Vorschriften über Dienste der Informationsgesellschaft betreffen.

188. Der Umstand, dass diese Bestimmungen in einem Rechtsakt vorgesehen sind, der auch die Freiheit des Warenverkehrs betrifft, steht dieser Auffassung nicht entgegen. Eine technische Vorschrift kann der Freiheit des Warenverkehrs oder der Dienstleistungsfreiheit der Informationsgesellschaft anhand der vom Gerichtshof festgelegten Abgrenzung der jeweiligen Anwendungsbereiche der genannten Freiheiten eindeutig zugeordnet werden.

189. Wurden die in Rede stehenden nationalen Rechtsvorschriften der Kommission nicht ordnungsgemäß mitgeteilt, können sie nach dem vom Gerichtshof im Urteil CIA Security International eingenommenen Standpunkt insoweit, als sie Santa Casa das ausschließliche Recht zur Veranstaltung und zum Betrieb von Lotterien und Wetten im Internet vorbehalten und Sanktionen in der Form von Geldbußen für Dienstleistungserbringer vorsehen, die auf portugiesischem Staatsgebiet ansässigen Personen unter Verstoß gegen das genannte Ausschließlichkeitsrecht Spiele im Internet anbietet, Bwin nicht entgegengehalten werden, und das nationale Gericht darf sie nicht anwenden.

190. Diese Schlussfolgerung müsste auch für Liga gelten, die verurteilt wurde, weil sie gemeinschaftlich mit Bwin auf elektronischem Weg Wetten veranstaltet und betrieben hat.

191. Es wird Sache des für die Feststellung des Sachverhalts des Ausgangsverfahrens allein zuständigen nationalen Gerichts sein, zu prüfen, ob der Entwurf des Decreto-lei Nr. 282/2003, der im Wesentlichen Santa Casas ausschließliches Betriebsrecht auf die Spiele ausdehnt, die in elektronischer Form, insbesondere im Internet, angeboten werden, und den Verstoß gegen dieses Ausschließlichkeitsrecht mit einer Geldbuße ahndet, der Kommission gemäß Art. 8 der Richtlinie 98/34 mitgeteilt wurde.

192. Es wird auch Sache des nationalen Gerichts sein, alle sich daraus ergebenden Konsequenzen im Hinblick auf die gegen Liga und Bwin verhängten Geldbußen zu ziehen, soweit sich die Einzelgeldbußen darauf beziehen, dass Wetten im Internet unter Verstoß gegen das Ausschließlichkeitsrecht von Santa Casas veranstaltet und betrieben wurden.

d)      Die Wirkungen des Urteils des Gerichtshofs für das vorlegende Gericht

193. Die Antworten, die mehrere Mitgliedstaaten in der mündlichen Verhandlung auf die Frage gegeben haben, ob die Richtlinie 98/34 für die Entscheidung des Ausgangsverfahrens erheblich ist, könnten dahin verstanden werden, dass die zu erlassende Vorabentscheidung, soweit sie sich auf die Auslegung der genannten Richtlinie bezieht, nach Auffassung dieser Mitgliedstaaten für das vorlegende Gericht nicht bindend ist.

194. Ich bin gegenteiliger Meinung. Die Vorabentscheidungen haben meines Erachtens bindende Wirkung für das vorlegende Gericht, selbst wenn der Gerichtshof sich zu einer Norm des Gemeinschaftsrechts äußert, auf die das vorlegende Gericht in seiner Vorabentscheidungsfrage keinen Bezug genommen hat.

195. Ich stütze diese Auffassung zum einen auf das Verhältnis zwischen Gemeinschaftsrecht und innerstaatlichem Recht und zum anderen auf die Funktion des Vorabentscheidungsverfahrens.

196. Zum ersten Punkt haben die Mitgliedstaaten, wie der Gerichtshof in den Urteilen Van Gend & Loos(86) und Costa(87) festgestellt hat, durch Unterzeichnung und Ratifizierung des Vertrags zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft anerkannt, dass sich der Vertrag sowie die auf seiner Grundlage erlassenen Rechtsakte in ihr innerstaatliches Recht einfügen, jeder entgegenstehenden innerstaatlichen Vorschrift im Rang vorgehen und Rechte unmittelbar für den Einzelnen begründen sollen.

197. Sie haben sich auch verpflichtet, alle geeigneten Maßnahmen zu treffen, um die wirksame Umsetzung des Gemeinschaftsrechts zu gewährleisten, und diese Verpflichtung gilt auch für ihre Gerichte. Das nationale Gericht ist somit verpflichtet, den Schutz der von den Bestimmungen der Gemeinschaftsrechtsordnung verliehenen Rechte zu gewährleisten.

198. Es hat insbesondere jede Bestimmung seines innerstaatlichen Rechts, die einer unmittelbar geltenden Gemeinschaftsnorm entgegensteht, aus eigener Entscheidungsbefugnis unangewendet zu lassen, ohne dass es die vorherige Beseitigung dieser Bestimmung im innerstaatlichen Recht beantragen oder abwarten müsste(88). Ist die Gemeinschaftsnorm nicht unmittelbar anwendbar, muss es gemäß dem Gebot einer gemeinschaftsrechtskonformen Auslegung das nationale Recht insgesamt möglichst so auslegen, dass das in der Norm festgelegte Ergebnis erreicht wird(89).

199. Es ist somit Aufgabe des nationalen Gerichts, die wirksame Umsetzung des Gemeinschaftsrechts zu gewährleisten.

200. Zwar erfüllt es diese Verpflichtungen gemäß dem Grundsatz der Verfahrensautonomie nach seinen innerstaatlichen Verfahrensvorschriften, begrenzt durch die Grundsätze der Gleichwertigkeit und der Effektivität, nach denen die Verfahrensvorschriften nicht ungünstiger sein dürfen als die, die anwendbar sind, um den Schutz der aus dem innerstaatlichen Recht erwachsenden Rechte zu gewährleisten, und nicht so ausgestaltet sein dürfen, dass sie die Ausübung der Rechte, die die Gemeinschaftsrechtsordnung einräumt, praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren(90).

201. Haben sich die Parteien eines vor dem nationalen Gericht anhängigen Rechtsstreits nicht auf die anwendbare Gemeinschaftsnorm berufen, so kann es nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs über die Reichweite der Grundsätze der Gleichwertigkeit und der Effektivität vorkommen, dass diese Norm nicht angewandt wird.

202. Nach dieser Rechtsprechung muss nämlich das nationale Gericht die anwendbare Norm des Gemeinschaftsrechts von Amts wegen aufgreifen, wenn es nach dem nationalen Recht verpflichtet oder berechtigt ist, dies im Fall einer zwingenden Vorschrift des nationalen Rechts zu tun(91). Dagegen ist es hierzu nicht verpflichtet, wenn nach dem innerstaatlichen Recht eine solche Verpflichtung oder Berechtigung nicht besteht und die Parteien tatsächlich die Möglichkeit hatten, diesen Klagegrund selbst im Verfahren geltend zu machen(92). Die Prüfung von Amts wegen ist ferner nicht geboten, wenn das nationale Gericht durch die Prüfung der Frage des Verstoßes gegen das Gemeinschaftsrecht die von den Parteien bestimmten Grenzen des Rechtsstreits überschreiten müsste(93).

203. Diese Grenzen für die Anwendung des Gemeinschaftsrechts können jedoch nicht auf den Fall übertragen werden, dass der Gerichtshof im Rahmen des Vorabentscheidungsverfahrens die auf den Sachverhalt des Ausgangsverfahrens anwendbare Norm von Amts wegen prüft.

204. Das Vorabentscheidungsverfahren soll die einheitliche Auslegung des Gemeinschaftsrechts durch die nationalen Gerichte gewährleisten(94). Diese einheitliche Auslegung kann nur gewährleistet werden, wenn die Urteile des Gerichtshofs für die nationalen Gerichte bindend sind. Wie der Gerichtshof im Urteil Benedetti(95) bestätigt hat, bindet ein Urteil in einem Vorabentscheidungsverfahren das vorlegende Gericht hinsichtlich der Auslegung der betreffenden gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen und Handlungen.

205. Die Bindungswirkung ist auch die logische Folge dessen, dass die nationalen Gerichte verpflichtet sind, die wirksame Umsetzung des Gemeinschaftsrechts zu gewährleisten.

206. Diese Auffassung findet ihre Bestätigung im Vertrag, nämlich in Art. 234 Abs. 3 EG, wonach die Vorlage zur Vorabentscheidung zwingend vorgeschrieben ist, wenn sich die Frage nach der Auslegung des Gemeinschaftsrechts einem Gericht stellt, dessen Entscheidungen selbst nicht mehr mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden können. Ein Gericht, das seinem Wesen nach die letzte Instanz ist, vor dem der Einzelne die ihm durch das Gemeinschaftsrecht verliehenen Rechte geltend machen kann, ist nämlich zur Anrufung des Gerichtshofs verpflichtet, um zu verhindern, dass das Gemeinschaftsrecht verletzt wird(96).

207. Der genannten Auffassung ist die Rechtsprechung mit ihren Entscheidungen gefolgt, dass der offenkundige Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht durch ein letztinstanzliches Gericht die Haftung des Staats auslösen könne(97) und dass wegen einer gegen das Gemeinschaftsrecht verstoßenden Auslegung durch ein nationales Gericht gegen einen Mitgliedstaat Vertragsverletzungsklage erhoben werden könne, wenn die Auslegung vom obersten Gericht bestätigt oder jedenfalls nicht verworfen werde(98).

208. Das Vorabentscheidungsverfahren soll somit als solches die wirksame Umsetzung des Gemeinschaftsrechts gewährleisten. Deshalb kann entgegen den Ausführungen der portugiesischen Regierung der Gerichtshof nicht daran gebunden sein, wie das nationale Gericht die auf den Sachverhalt des Ausgangsverfahrens anwendbare Norm des Gemeinschaftsrechts beurteilt. Denn Aufgabe des Gerichtshofs ist es, dem nationalen Gericht eine Anwort zu geben, die der von ihm zu treffenden Entscheidung des Rechtsstreits dient, die es ihm also ermöglicht, seine in der Gewährleistung einer wirksamen Umsetzung des Gemeinschaftsrechts bestehende Aufgabe zu erfüllen.

209. Die vom Gerichtshof von Amts wegen durchgeführte Prüfung einer Norm des Gemeinschaftsrechts, auf die sich das vorlegende Gericht nicht bezogen hat, würde großenteils ihre Bedeutung verlieren, wenn die Vorabentscheidung, soweit sie sich auf diese Norm erstreckt, für das vorlegende Gericht keine Bindungswirkung hätte.

210. Der Umstand, dass die Parteien des Ausgangsverfahrens die Bestimmung des Gemeinschaftsrechts, die der Gerichtshof von Amts wegen prüft, vor dem nationalen Gericht nicht erwähnt haben, steht der Bindungswirkung der Vorabentscheidung nicht entgegen, da die Parteien die Möglichkeit haben, zu dieser Bestimmung im Rahmen des Vorabentscheidungsverfahrens Stellung zu nehmen. Es ist daran zu erinnern, dass der Gerichtshof im vorliegenden Fall die Parteien vor der mündlichen Verhandlung aufgefordert hat, in der mündlichen Verhandlung zur Relevanz der Richtlinie 98/34 für die Entscheidung des Ausgangsverfahrens Stellung zu nehmen.

211. Den Vorabentscheidungen kommt daher zwingend Bindungswirkung zu, wenn der Gerichtshof eine Bestimmung des Gemeinschaftsrechts auslegt, auf die das vorlegende Gericht keinen Bezug genommen hat.

212. Aufgrund dieser Erwägungen schlage ich dem Gerichtshof vor, die Antwort für das vorlegende Gericht dahin zu ergänzen, dass eine Vorabentscheidung das vorlegende Gericht auch insoweit bindet, als sie sich auf eine Norm des Gemeinschaftsrechts erstreckt, die das vorlegende Gericht in seiner Frage nicht erwähnt hat.

2.      Die Vereinbarkeit der in Rede stehenden nationalen Rechtsvorschriften mit den Verkehrsfreiheiten

213. Selbst wenn der Gerichtshof meine Auffassung bezüglich der Relevanz, die die Richtlinie 98/34 in der vorliegenden Rechtssache hat, und bezüglich der Konsequenzen, die aus dem Fehlen einer Notifizierung zu ziehen sind, teilt, ist die Prüfung der Vereinbarkeit der in Rede stehenden nationalen Rechtsvorschriften mit den Verkehrsfreiheiten, soweit sie es verbieten, für Online-Spiele zu werben, die unter Verstoß gegen das Ausschließlichkeitsrecht von Santa Casa veranstaltet und betrieben werden, nicht offenkundig ohne jede Bedeutung für die Entscheidung des Ausgangsverfahrens.

214. Es ist nämlich Sache des nationalen Gerichts, zu entscheiden, ob der Umstand, dass das Decreto-lei Nr. 282/2003, soweit es Santa Casa das ausschließliche Recht zur Veranstaltung und zum Betrieb von Internet-Lotterien und ‑Wetten einräumt, Liga und Bwin nicht entgegengehalten werden kann, die vollständige Aufhebung der gegen beide jeweils verhängten Einzelgeldbuße nach sich ziehen muss oder ob der Betrag der Geldbuße zwischen dem, was sich auf die Veranstaltung von Online-Spielen, und dem, was sich auf die Werbung für diese Spiele bezieht, aufgeteilt werden kann.

215. Es ist daher zu fragen, ob nationale Rechtsvorschriften, die die Werbung für Online-Spiele verbieten, die unter Verstoß gegen das einer einzigen, staatlich überwachten und nicht gewinnorientierten Einrichtung eingeräumte Ausschließlichkeitsrecht veranstaltet und betrieben werden, gegen den freien Dienstleistungsverkehr verstoßen.

216. Um diese Frage zu beantworten, ist es angebracht, die Vorabentscheidungsfrage des vorlegenden Gerichts nach der Vereinbarkeit der nationalen Rechtsvorschriften, die Santa Casa das Ausschließlichkeitsrecht zur Veranstaltung und zum Betrieb von Internet-Lotterien und ‑Wetten in Portugal vorbehalten, mit den Verkehrsfreiheiten zu prüfen. Ist dieses Ausschließlichkeitsrecht nämlich mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar, stellt sich nicht mehr die Frage, ob das Verbot der Werbung für Lotterien und Wetten, die unter Verstoß gegen das genannte Ausschließlichkeitsrecht veranstaltet und betrieben werden, mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar ist.

217. Mit seiner Vorabentscheidungsfrage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die nationalen Rechtsvorschriften, wonach das Santa Casa vorbehaltene ausschließliche Recht zur Veranstaltung und zum Betrieb von Lotterien und Wetten im gesamten Staatsgebiet auf alle elektronischen Kommunikationsmittel, insbesondere das Internet, ausgedehnt wird, gegen das Gemeinschaftsrecht, insbesondere gegen die in den Art. 49 EG, 43 EG und 56 EG niedergelegte Dienstleistungsfreiheit, Niederlassungsfreiheit sowie Kapital‑ und Zahlungsverkehrsfreiheit verstoßen.

218. An dieser Stelle könnte ich mich der Frage zuwenden, ob die genannten Verkehrsfreiheiten angesichts des Umstands auf das Ausgangsverfahren Anwendung finden, dass Santa Casa das Monopol für die Veranstaltung von Internet-Lotterien und ‑Wetten aus Gründen des Verbraucherschutzes und des Schutzes der öffentlichen Ordnung vor den negativen Auswirkungen solcher Spiele erhielt. Ein auf diese Gründe gestütztes nationales Monopol könnte als ein Monopol angesehen werden, das ein im öffentlichen Interesse liegendes Ziel verfolgt(99).

219. Es hätte sich also die Frage stellen können, ob sich Santa Casa auf die Bestimmungen des Art. 86 Abs. 2 EG berufen kann, dem zufolge für Unternehmen, die mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut sind, die Vorschriften des Vertrags gelten, soweit die Anwendung dieser Vorschriften nicht die Erfüllung der ihnen übertragenen besonderen Aufgabe rechtlich oder tatsächlich verhindert.

220. Weder das vorlegende Gericht noch die portugiesische Regierung, noch Santa Casa haben jedoch diese Bestimmungen erwähnt. Unterstellt, sie hätten dies getan, so wäre die Prüfung der vorliegenden Rechtssache unter dem Gesichtspunkt des Art. 86 Abs. 2 EG nicht anders ausgefallen als die Antwort auf die Vorlagefrage des vorlegenden Gerichts, die ich dem Gerichtshof vorschlagen werde.

221. Angesichts der Rechtsprechung zur Tragweite des Art. 86 Abs. 2 EG nämlich kann die in dieser Bestimmung angeführte Ausnahme von der Anwendung der Vorschriften des Vertrags zur Schaffung eines Gemeinsamen Marktes nur Anwendung finden, wenn die Aufgabe der mit dem Monopol betrauten Einrichtung es erfordert, dass die genannten Vorschriften außer Betracht bleiben. Anders gesagt, die Ausnahme ist nur dann anwendbar, wenn nachgewiesen ist, dass die Durchführung der genannten Vorschriften die Erfüllung der Aufgabe unmöglich machen würde(100).

222. Die Prüfung dieser Voraussetzung hätte dazu geführt, die Eignung der streitigen Regelung für die Verwirklichung ihrer Ziele und ihre Verhältnismäßigkeit zu untersuchen, und entspräche der Prüfung, die ich bei der Untersuchung der Vereinbarkeit der Regelung unter dem Gesichtspunkt der maßgeblichen Verkehrsfreiheit vornehmen werde.

223. Ich werde darlegen, dass die genannte Regelung in Anbetracht der Umstände des Ausgangsverfahrens anhand von Art. 49 EG zu prüfen ist und eine Beschränkung im Sinne dieser Bestimmung darstellt. Ich werde schließlich prüfen, ob diese Regelung gerechtfertigt werden kann.

a)      Die anwendbare Verkehrsfreiheit

224. Ebenso wie Liga und Bwin, die niederländische, die österreichische und die portugiesische Regierung sowie die Kommission bin ich der Ansicht, dass die Vereinbarkeit der fraglichen Regelung mit dem Gemeinschaftsrecht ausschließlich anhand der Artikel des Vertrags über den freien Dienstleistungsverkehr zu prüfen ist.

225. Aus den Angaben des vorlegenden Gerichts ergibt sich, dass Bwin in Gibraltar ansässig ist und ihre Tätigkeiten in Portugal über das Internet ausübt. Wie dargelegt, hat der Gerichtshof entschieden, dass ein Dienstleistungserbringer mit Sitz in einem Mitgliedstaat, der im Internet ohne Ortswechsel Online-Spiele in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Leistungsempfängern anbietet, Dienstleistungen im Sinne von Art. 50 EG erbringt(101).

226. Zwar kann die in Rede stehende Regelung, soweit mit ihr die genannten Tätigkeiten Santa Casa vorbehalten werden, auch eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit darstellen. Da sich Bwin indessen nicht in Portugal niederlassen wollte, ist die Niederlassungsfreiheit für die Entscheidung des Ausgangsverfahrens ohne Bedeutung. Diese Feststellung wird nicht dadurch erschüttert, dass, wie die belgische Regierung vorbringt, Liga de facto als Vermittlerin für Bwin handelt.

227. Mit der Niederlassungsfreiheit ist für eine nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats gegründete Gesellschaft, die ihren satzungsmäßigen Sitz, ihre Hauptverwaltung oder ihre Hauptniederlassung innerhalb der Gemeinschaft hat, das Recht verbunden, ihre Tätigkeit in dem betreffenden Mitgliedstaat durch eine Tochtergesellschaft, Zweigniederlassung oder Agentur auszuüben(102), d. h. durch eine von ihr kontrollierte Zweitniederlassung. Der zwischen den Klägerinnen des Ausgangsverfahrens geschlossene Vertrag aber bezweckt nicht, Bwin die Kontrolle über Liga einzuräumen, noch bewirkt er dies, noch macht er aus Liga eine Zweitniederlassung von Bwin.

228. Was schließlich die Freiheit des Kapital- und Zahlungsverkehrs angeht, kann die streitige Regelung zweifellos den Zahlungsverkehr zwischen den in Portugal ansässigen Personen und Bwin beschränken. Diese Beschränkung ist jedoch nur die Folge des gegen Bwin ausgesprochenen Verbots, ihre Online-Spieldienste Personen mit Wohnsitz im portugiesischen Hoheitsgebiet anzubieten.

229. Sind, wie die Kommission zu Recht ausführt, die den freien Zahlungsverkehr beschränkenden Wirkungen einer Regelung nur eine zwangsläufige Folge der für die Erbringung von Dienstleistungen auferlegten Beschränkungen, braucht die Vereinbarkeit dieser Regelung mit Art. 56 EG nicht geprüft zu werden(103).

230. Ich schlage daher vor, die Vorabentscheidungsfrage des vorlegenden Gerichts wie folgt zu verstehen: Ist Art. 49 EG dahin auszulegen, dass er der Regelung eines Mitgliedstaats entgegensteht, nach der das ausschließliche Recht zur Veranstaltung und zum Betrieb von Lotterien und Wetten im Hoheitsgebiet dieses Staats, das nur einer einzigen staatlich überwachten und nicht gewinnorientierten Einrichtung verliehen wurde, auf alle elektronischen Kommunikationsmittel, insbesondere das Internet, ausgedehnt wird?

b)      Das Vorliegen einer Beschränkung

231. Es erscheint unbestreitbar und wird von der portugiesischen Regierung auch nicht bestritten, dass die in Frage stehende Regelung eine Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit darstellt.

232. Die Regelung verbietet es einem in einem anderen Mitgliedstaat als der Portugiesischen Republik ansässigen Anbieter von Online-Spielen, Verbrauchern, die in Portugal ansässig sind, Lotterien und Wetten im Internet anzubieten. Wie dargelegt, sieht Art. 49 EG die Aufhebung der Maßnahmen vor, die die Tätigkeiten eines Dienstleistenden verbieten, der in einem anderen Mitgliedstaat ansässig ist und dort rechtmäßig entsprechende Dienstleistungen erbringt. Die Vorschrift gilt außerdem sowohl zugunsten des Dienstleistenden als auch des Dienstleistungsempfängers(104).

233. Es wurde bereits festgestellt, dass die Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats, die es einem in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Unternehmen, das Wetten sammelt, untersagen, seine Dienste über das Internet in dem erstgenannten Mitgliedstaat ansässigen Leistungsempfängern anzubieten, eine Beschränkung im Sinne von Art. 49 EG darstellen(105).

c)      Die Rechtfertigung der Beschränkung

234. Eine Beschränkung, wie sie in den in Rede stehenden portugiesischem Rechtsvorschriften vorgesehen ist, ist mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar, wenn sie aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt ist, wenn sie geeignet ist, die Erreichung ihrer Ziele zu garantieren, und wenn sie nicht über dasjenige hinausgeht, was zur Erreichung der Ziele erforderlich ist. Auf jeden Fall muss sie in nichtdiskriminierender Weise angewandt werden.

235. Nach dem Grundsatz, der allen nicht harmonisierten wirtschaftlichen Tätigkeiten gemeinsam ist, obliegt es dem Mitgliedstaat, von dem die betreffende Beschränkung ausgeht, darzutun, dass die Beschränkung für die Verwirklichung des verfolgten Ziels erforderlich ist und dass das Ziel nicht durch weniger einschränkende Maßnahmen erreicht werden könnte(106).

i)      Das Vorbringen der Beteiligten

236. Liga und Bwin führen aus, das Santa Casa eingeräumte ausschließliche Recht, Lotterien und Wetten über das Internet den im portugiesischen Hoheitsgebiet ansässigen Verbrauchern anzubieten, führe in Portugal zu einer vollständigen Abschottung des Marktes für Online-Spiele, was die schwerste Beeinträchtigung der Dienstleistungsfreiheit darstelle. Diese Beschränkung sei nicht gerechtfertigt.

237. Die Portugiesische Republik hätte dartun müssen, dass das Problem, auf das die einschränkende Maßnahme abziele, tatsächlich ein schwerwiegendes Problem in Portugal sei, dass die Maßnahme das Problem lösen könne und dass es ein weniger einschränkendes Mittel zur Lösung des Problems nicht gegeben habe.

238. Das Santa Casa eingeräumte Ausschließlichkeitsrecht sei nicht geeignet, die verfolgten Ziele zu erreichen, da die Portugiesische Republik keine kohärente und systematische Politik der Gewinnspielbeschränkung verfolge, wie sie die Rechtsprechung verlange. In Wirklichkeit gehe es der Portugiesischen Republik nur darum, die Einnahmen aus den Glücks‑ und Geldspielen zu steigern. Die von Santa Casa angebotenen Spiele hätten in den letzten Jahren eine bedeutende Entwicklung genommen, die von einer aggressiven Werbung begleitet gewesen sei. Auch verfolge die Portugiesische Republik aktiv eine auf Ausweitung der Kasinospiele gerichtete Politik.

239. Die von der fraglichen portugiesischen Regelung verfolgten Ziele könnten genauso, wenn nicht besser, durch eine weniger einschränkende Maßnahme erreicht werden, wie z. B. durch eine Marktöffnung für eine begrenzte Anzahl privater Wirtschaftsteilnehmer, denen ganz bestimmte Pflichten auferlegt wären. Die Rechtsvorschriften von Gibraltar, denen Bwin unterliege, gehörten zu den strengsten Vorschriften in Europa. Im Übrigen sei Bwin ein Vorreiter in der Ausarbeitung von Vorschriften für einen verantwortungsbewussten Umgang mit Wettspielen im Interesse des Verbraucherschutzes sowie in der Einführung interner Verfahren zur Bekämpfung der Geldwäsche.

240. Die portugiesische Regierung führt aus, die Ausschließlichkeitsregelung, die zugunsten von Santa Casa seit dem 18. Jahrhundert bis heute bestehe, sei legitimer Ausdruck ihres Ermessens. Die Vergabe eines Ausschließlichkeitsrechts an Santa Casa habe dem Willen entsprochen, den Lotterie- und Wettspielen Grenzen zu setzen, um die mit dieser Art von Spielen verbundenen sozialen Risiken einzudämmen und die Erlöse aus den Spielen einem sozialrelevanten Zweck zuzuführen. Die Ausdehnung des Monopols auf diese Internetspiele sei geboten gewesen, da dies eine erforderliche und geeignete Maßnahme gewesen sei, um die Angebote der genannten Online-Spiele sicher zu machen und zu überwachen.

241. Das Monopol von Santa Casa stehe im Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht, da es sich um eine nichtdiskriminierende und verhältnismäßige Maßnahme handele. Die Vergabe eines Ausschließlichkeitsrechts an eine Einrichtung wie Santa Casa, die in ihren Tätigkeiten von der Regierung gänzlich abhängig sei, sei zur Erreichung der verfolgten Ziele besser geeignet.

ii)    Würdigung

242. Ich werde zunächst darlegen, welche Reichweite die Umrahmung der Befugnisse der Mitgliedstaaten durch die Verkehrsfreiheiten im Bereich der Glücks‑ und Geldspiele haben sollte. Sodann werde ich ausführen, weshalb der Verbraucherschutz und der Schutz der öffentlichen Ordnung Einschränkungen der freien Wettdienstleistungen im Internet rechtfertigen können. Ich werde ferner die Kriterien darlegen, nach denen zu beurteilen ist, ob die in Rede stehenden Rechtsvorschriften zur Erreichung der mit ihnen verfolgten Ziele geeignet sind und ob sie nicht über diese Ziele hinausgehen. Schließlich werde ich darauf hinweisen, dass das vorlegende Gericht zu prüfen hat, ob die streitige Beschränkung in nicht diskriminierender Weise anzuwenden ist.

–       Die Reichweite der Umrahmung der Befugnisse der Mitgliedstaaten im Bereich der Glücks- und Geldspiele

243. Es ist unstreitig, dass die Mitgliedstaaten, da es keine auf Gemeinschaftsebene harmonisierten Vorschriften im Bereich der Spiele gibt, befugt bleiben, die Bedingungen für die Ausübung von Tätigkeiten in diesem Sektor festzulegen. Sie müssen jedoch diese vorbehaltene Befugnis unter Beachtung der Verkehrsfreiheiten ausüben(107).

244. Für die Beurteilung der Reichweite dieser Umrahmung der Befugnisse der Mitgliedstaaten ist meines Erachtens von folgender Prämisse auszugehen.

245. Das Gemeinschaftsrecht soll die Glücks- und Geldspiele nicht den Marktgesetzen unterwerfen. Grundlage der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft sollte nach dem Willen der Mitgliedstaaten die Errichtung eines möglichst weit geöffneten Marktes sein, weil der Wettbewerb, wenn er lauter ist, im Allgemeinen den technologischen Fortschritt gewährleistet und die Qualität einer Dienstleistung oder eines Produkts verbessert, zugleich jedoch die Kosten niedrig hält. Der Wettbewerb ist somit ein Gewinn für die Verbraucher, weil sie Produkte und Dienstleistungen in höchster Qualität zum günstigsten Preis erhalten. Der Wettbewerb ist insofern Quelle für Fortschritt und Entwicklung.

246. Diese Vorteile kommen jedoch im Bereich des Glücks- und Geldspiels nicht zum Tragen. Der Wettbewerb der Dienstleistenden in diesem Bereich, der sie zwangsläufig veranlassen würde, die Attraktivität der Spiele für die Verbraucher zu erhöhen, um möglichst hohe Gewinne zu erzielen, scheint mir keine Quelle für Fortschritt und Entwicklung zu sein. Auch sehe ich nicht, worin der Fortschritt läge, wenn für den Verbraucher die Möglichkeit verbessert würde, an den in den einzelnen Mitgliedstaaten veranstalteten nationalen Lotterien teilzunehmen und auf alle in der Union veranstalteten Pferderennen und Sportwettkämpfe Wetten abzuschließen.

247. Die Situation ist z. B. in keiner Weise mit der Freizügigkeit der Patienten in der Europäischen Union vergleichbar, die der Gerichtshof sehr zu Recht gefördert hat, weil diese Freizügigkeit die für jeden Bürger der Union bestehenden Behandlungsmöglichkeiten verbessert, indem sie ihm freien Zugang zu den Gesundheitsdiensten der anderen Mitgliedstaaten bietet.

248. Die Glücks‑ und Geldspiele können nur dann funktionieren und bestehen, wenn die allermeisten Spieler mehr verlieren als gewinnen. Eine Öffnung des Marktes in diesem Bereich, die eine Zunahme des für die Spiele bestimmten Teils der privaten Haushalte bedeuten würde, hätte unausweichlich nur eine Schmälerung der Mittel der meisten Haushalte zur Folge.

249. Die Umrahmung der Befugnisse der Mitgliedstaaten im Bereich der Glücks- und Geldspiele bezweckt daher nicht die Verwirklichung eines Gemeinsamen Marktes und die Liberalisierung dieses Tätigkeitsbereichs.

250. Das wird meines Erachtens dadurch belegt, dass die Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Glücks- und Geldspiele nach ständiger Rechtsprechung nicht nur bei der Festlegung des Niveaus des Verbraucherschutzes und des Schutzes der öffentlichen Ordnung, sondern auch bei den Veranstaltungsbedingungen über ein weites Ermessen verfügen.

251. Diese Feststellung wird meines Erachtens auch dadurch bestätigt, dass der Gerichtshof entschieden hat, dass die Mitgliedstaaten zu Recht über die Verwendung der Einkünfte aus den Glücks- und Geldspielen bestimmen und somit beschließen können, dass die Einkünfte privaten Interessen nicht zugute kommen dürfen.

252. Ein Mitgliedstaat hat somit das souveräne Recht, die Ausübung eines Spiels in seinem Hoheitsgebiet zu verbieten, wie der Gerichtshof anlässlich des Verbots der großen Lotterien im Vereinigten Königreich im Urteil Schindler eingeräumt hat. Er kann auch, um das Spieleangebot in kontrollierte Bahnen zu lenken und die Verbraucher vor einem missbräuchlichen Anreiz zu schützen, das ausschließliche Recht zur Veranstaltung eines Spiels einer einzigen Einrichtung oder einer beschränkten Zahl von Wirtschaftsteilnehmern vorbehalten.

253. Schwierigkeiten bei der Beurteilung der Vereinbarkeit der nationalen Regelungen mit dem Gemeinschaftsrecht entstehen hauptsächlich, wenn die Mitgliedstaaten einer einzigen Einheit oder einer beschränkten Anzahl von Wirtschaftsteilnehmern das ausschließliche Recht zum Betrieb von Glücks- und Geldspielen vorbehalten.

254. Das Problem für die nationalen Gerichte besteht nämlich darin, die Schwelle zu bestimmen, ab der das Spieleangebot im Rahmen des genannten Ausschließlichkeitsrechts dasjenige überschreitet, was durch das Bestreben gerechtfertigt ist, die Spiele in kontrollierte Bahnen zu lenken, um die öffentliche Ordnung und die Verbraucher vor einer missbräuchlichen Spielpraxis zu schützen.

255. Für die nationalen Gerichte geht es also darum, zu bestimmen, ob die von ihrem innerstaatlichen Recht vorgesehenen einschränkenden Maßnahmen zur Erreichung ihrer Schutzziele geeignet und verhältnismäßig sind, obwohl die einzige Einrichtung oder die Wirtschaftsteilnehmer, denen das ausschließliche Recht zum Betrieb eines Glücks- und Geldspiels zusteht, ein breites Sortiment an Spielen anbieten und einen gewissen Werbeaufwand treiben.

256. Bei der Prüfung, ob die einschränkenden Maßnahmen zur Erreichung der verfolgten Ziele geeignet und verhältnismäßig sind, ist meines Erachtens zu berücksichtigen, dass mangels gemeinschaftsweiter Harmonisierung die Festlegung des Sortiments der angebotenen Spiele und die Festlegung der Bedingungen für ihre Veranstaltung im Ermessen der Mitgliedstaaten liegen. Denn es ist Sache des einzelnen Mitgliedstaats, im Hinblick sowohl auf den Kontext, mit dem er es zu tun hat, als auch im Hinblick auf seine sozialen und kulturellen Besonderheiten den Grad des erforderlichen Gleichgewichts zwischen einerseits einem attraktiven Angebot, das die Spielsucht befriedigen und in rechtmäßige Bahnen lenken soll, und andererseits einem übermäßig aufreizenden Angebot zu beurteilen.

257. Gemäß meiner Prämisse bezüglich der Rolle des Wettbewerbs für die Ziele der Union bin ich der Ansicht, dass sich die Umrahmung der genannten Befugnis der Mitgliedstaaten durch das Gemeinschaftsrecht darauf beschränken sollte, einem Mitgliedstaat zu untersagen, die einschränkenden Maßnahmen ihrem Zweck zu entfremden und einen größtmöglichen Gewinn anzustreben. Mit anderen Worten, ein Mitgliedstaat dürfte nur dann verpflichtet sein, die Tätigkeit der Glücks- und Geldspiele für den Markt zu öffnen, wenn er diese Tätigkeit rechtlich und tatsächlich als eine echte wirtschaftliche Tätigkeit behandelt, bei der es um die Erzielung möglichst hoher Gewinne geht.

258. Bei der Überprüfung, ob die einschränkenden Maßnahmen zur Verwirklichung der im Bereich der Glücks- und Geldspiele verfolgten Ziele geeignet und verhältnismäßig sind, müsste somit untersucht werden, ob der betreffende Mitgliedstaat in dem Gesamtzusammenhang, in dem die Maßnahmen getroffen und angewandt wurden, nicht offenkundig sein Ermessen überschritten hat.

259. Anhand dieser Erwägungen werde ich prüfen, ob Rechtsvorschriften wie die fragliche Regelung gerechtfertigt werden können.

–       Der Verbraucherschutz und der Schutz der öffentlichen Ordnung können Einschränkungen der freien Wettdienstleistungen im Internet rechtfertigen

260. Das vorlegende Gericht hat nicht die Gründe genannt, die speziell der durch das Decreto-lei Nr. 282/2003 erfolgten Ausweitung des Monopols von Santa Casa auf die Lotterien und Wetten zugrunde liegen, die im portugiesischen Hoheitsgebiet über elektronische Kommunikationsmittel, insbesondere über das Internet, angeboten werden. Die Gründe können jedoch den Auskünften entnommen werden, die die portugiesische Regierung in ihren schriftlichen Erklärungen erteilt hat.

261. Die portugiesische Regierung führt aus, die Ausweitung des Monopols von Santa Casa auf die Online-Spiele verfolge dieselben Ziele wie die – 1961 bezüglich der Wetten und 1985 bezüglich der Lotterien erfolgte – Vergabe des ausschließlichen Rechts auf Veranstaltung der Spiele in traditioneller Form an Santa Casa.

262. Den portugiesischen Rechtsvorschriften liegt somit die Erkenntnis zugrunde, dass auch die Internetspiele eine Realität geworden sind. Sie sind zudem Ausdruck des Wunsches, zum einen die Spiele in rechtmäßige Bahnen zu lenken, um ihrer Ausnutzung zu kriminellen oder betrügerischen Zwecken vorzubeugen und das Angebot zu beschränken, und zum anderen die Einnahmen aus solchen Spielen für die Finanzierung sozialer oder im Allgemeininteresse liegender Angelegenheiten zurückzuhalten.

263. Im Urteil Anomar u. a. hat der Gerichtshof vergleichbare Gründe untersucht, die die portugiesischen Rechtsvorschriften über die Kasinospiele betrafen. Der Gerichtshof hat festgestellt, dass sich die Gründe auf den Schutz der Verbraucher und auf den Schutz der Sozialordnung bezögen und dass sie somit die Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs rechtfertigen könnten(108). Wie ausgeführt kann nach der Rechtsprechung zwar die Finanzierung sozialer Angelegenheiten für sich genommen kein legitimer Grund für die Beschränkung einer Verkehrsfreiheit sein, doch kann sie als eine erfreuliche Nebenfolge einschränkender nationaler Rechtsvorschriften angesehen werden(109).

264. Die Frage, die sich stellt, ist daher, ob der Schutz der Verbraucher und der Schutz der öffentlichen Ordnung legitime Gründe für die Beschränkung der freien Wettdienstleistungen im Internet sein können. Anders gesagt, es geht um die Feststellung, ob die Glücks- und Geldspiele im Internet die Verbraucher und die öffentliche Ordnung gefährden können. Meines Erachtens ist diese Frage zu bejahen.

265. Wie ausgeführt verfügen die Mitgliedstaaten bei der Festlegung des Schutzniveaus, das sie in Bezug auf die Glücks- und Geldspiele garantieren wollen, die zu Ausgaben verleiten und mit denen bedeutende Geldbeträge eingenommen werden können, über ein weites Ermessen.

266. Die Glücks‑ und Geldspiele im Internet wie z. B. die Wetten weisen die genannten Merkmale auf. Die Ausweitung des Ausschließlichkeitsrechts von Santa Casa auf die im Internet angebotenen Lotterien und Wetten scheint mir umso mehr gerechtfertigt, als die Gefahren für die Verbraucher und die öffentliche Ordnung meines Erachtens im Hinblick auf die Online-Spiele potenziell bedeutender sind als bei den traditionell angebotenen Spielen.

267. So ist um Hinblick auf die Gefahren für die Verbraucher anerkannt, dass die Risiken übermäßiger Ausgaben und echter Spielsucht im Allgemeinen durch folgende Umstände verstärkt werden: die Kontinuität des Spieleangebots, die Häufigkeit der Gewinne, die von den Gewinnen ausgehende Verlockung oder Anziehungskraft, die Möglichkeit hoher Einsätze, die Möglichkeit der Kreditaufnahme für Spieleinsätze, die Installation von Spielgelegenheiten an Orten, an denen einem Spielimpuls nachgegeben werden kann, und schließlich das Fehlen von Aufklärungskampagnen über die mit dem Spiel verbundenen Gefahren(110).

268. Festzustellen ist, dass das Spieleangebot im Internet mehrere dieser Risikofaktoren vereint. Zum einen nämlich kann über das Angebot jederzeit verfügt werden, und der Spieler hat ohne Ortswechsel Zugang zum Angebot. Es besteht somit keinerlei räumliche oder zeitliche Schranke mehr zwischen dem Verbraucher und dem Spieleangebot. Überdies ermöglicht das Internet die Vornahme der Spielhandlung in einem Zusammenhang, in dem der Spieler vollständig isoliert ist.

269. Zum anderen erlaubt das Internet dem Spieler in technischer Hinsicht den Zugang zu allen Online-Spieleanbietern. Auch erfordern die Online-Spiele nicht die Herstellung materieller Güter, so dass das Sortiment der angebotenen Spiele sehr umfangreich sein kann. Das Spieleangebot im Internet beläuft sich daher auf ein Vielfaches des Angebots traditioneller Spiele. Zudem können Wirtschaftsteilnehmer im Internet Wetten oder Lottospiele anbieten, bei denen eine sofortige Kenntnis der Ergebnisse möglich ist, so dass die Verbraucher innerhalb kurzer Zeit viele Mal erneut spielen können.

270. Zudem ermöglichen die durch das Internet hergestellten Beziehungen dem Erbringer von Online-Diensten nicht, die Identität des Verbrauchers zu kontrollieren, wie es im Rahmen eines Vertragsabschlusses zwischen physisch anwesenden Personen möglich ist. Die Verbote zum Schutz von Minderjährigen oder von gefährdeten Personen können viel leichter umgangen werden. Die Internet-Beziehungen sind anonym.

271. Schließlich kann dem Spieler ein Kredit für Online-Spiele angeboten werden(111), und Zahlungen per Internet sind sehr einfach vorzunehmen.

272. Diese verschiedenen Faktoren zusammen zeigen meines Erachtens, dass die Spiele im Internet potenziell eine erhöhte Gefahr für die Verbraucher bedeuten, vor allem für die Minderjährigen und die schwächsten Verbraucher, denen es nicht gelingt, ihre Spielpraxis unter Kontrolle zu bringen.

273. Die Glücks- und Geldspiele im Internet können erhebliche Gefahren auch für die öffentliche Ordnung darstellen. Diese Gefahren wurden im Rahmen des Verfahrens zwischen Antigua und Barbuda einerseits und den Vereinigten Staaten von Amerika andererseits vor dem Streitbeilegungsgremium der Welthandelsorganisation (WTO) wegen des von den Vereinigten Staaten ausgesprochenen Verbots grenzüberschreitender Leistung von Online-Spiel- und Online-Wettdiensten beschrieben(112).

274. Die Vereinigten Staaten von Amerika machten in diesem Verfahren geltend, die Leistung von Online-Diensten erleichtere wegen des Umfangs, der Schnelligkeit und der internationalen Bedeutung der grenzüberschreitenden Glücksspielgeschäfte in Verbindung mit der extraterritorialen Niederlassung der Dienstleistenden die Geldwäsche. Zudem sei die Gefahr des Betrugs größer, weil Online-Spiele sehr schnell eingerichtet werden könnten, so dass unredliche Veranstalter innerhalb weniger Minuten auftreten und verschwinden könnten(113).

275. Die von den Internetspielen ausgehende größere Gefahr für die Verbraucher und die öffentliche Ordnung rechtfertigen es somit, dass sich ein Mitgliedsstaat die Möglichkeit verschafft, diese Spiele wirksam zu überwachen, und die sich als erforderlich erweisenden Anpassungen zügig durchführt.

276. Die Portugiesische Republik konnte somit zu Recht die freie Erbringung von Lotterie‑ und Wettdienstleistungen im Internet zum Schutz der Verbraucher und der öffentlichen Ordnung einschränken.

–       Die Eignung der in Rede stehenden Rechtsvorschriften zur Erreichung der verfolgten Ziele

277. Es ist nunmehr zu prüfen, ob die in Rede stehende portugiesische Regelung geeignet ist, einen wirksamen Schutz der Verbraucher und der öffentlichen Ordnung vor den Gefahren zu gewährleisten, die von den Internet-Lotterien und -Wetten ausgehen.

278. Der Umstand, dass die Portugiesische Republik sich entschloss, die Internet-Lotterien und -Wetten im Rahmen eines Monopols zu erlauben, statt sie vollständig zu verbieten, schließt nicht aus, dass die Portugiesische Republik ihre Verbraucher sowie die öffentliche Ordnung vor den mit dieser Art von Spielen verbundenen Gefahren wirklich schützen will. Wie nämlich der Gerichtshof im Urteil Läärä u. a. entschieden hat, dient eine begrenzte Erlaubnis dieser Spiele im Rahmen eines Ausschließlichkeitsrechts, die den Vorteil bietet, die Spiellust und den Betrieb der Spiele in kontrollierte Bahnen zu lenken, die Risiken eines solchen Betriebs im Hinblick auf Betrug und andere Straftaten auszuschalten und die sich daraus ergebenden Gewinne zu gemeinnützigen Zwecken zu verwenden, auch der Verwirklichung dieser Ziele(114).

279. Aus der Begründung dieses Urteils geht hervor, dass Ziele, wie sie die in Rede stehende portugiesische Regelung verfolgt, durch die Gewährung eines Ausschließlichkeitsrechts an eine einzige Einrichtung nur erreicht werden können, wenn die genannte Einrichtung unter staatlicher Aufsicht steht. Weil die Einrichtung, die das ausschließliche Recht zum Betrieb der Geldspielautomaten besaß, eine Vereinigung des öffentlichen Rechts war, die ihre Tätigkeiten unter der Aufsicht der Republik Finnland ausübte, hat der Gerichtshof in dem genannten Urteil entschieden, dass das Monopol die Möglichkeit gebe, die Spiellust und den Betrieb der Spiele in kontrollierte Bahnen zu lenken.

280. Die erste Voraussetzung, die das nationale Gericht für die Feststellung zu prüfen hat, ob eine Regelung wie die in Rede stehende portugiesische Regelung geeignet ist, die von ihr verfolgten Ziele zu erreichen, ist somit die Möglichkeit für den Mitgliedstaat, die Tätigkeiten der Einrichtung, die im Besitz des ausschließlichen Betriebsrechts ist, wirksam zu steuern und zu beaufsichtigen.

281. Die zweite Voraussetzung, die das nationale Gericht ebenfalls zu beurteilen hat, betrifft die Anwendung der genannten Regelung. Es geht darum, zu prüfen, ob der Mitgliedstaat die Regelung im Rahmen dieser Anwendung nicht ihrem Zweck entfremdet und nach größtmöglichem Gewinn strebt.

282. Im Hinblick auf die erste Voraussetzung bin ich der Ansicht, dass der rechtliche Rahmen, der die Arbeitsweise von Santa Casa bestimmt, es der Portugiesischen Republik tatsächlich ermöglicht, die Veranstaltung und den Betrieb von Internet-Lotterien und ‑Wetten zu steuern und zu beaufsichtigen.

283. Das wird meines Erachtens dadurch belegt, dass der Direktor von Santa Casa und die Mitglieder ihres Verwaltungsrats von der portugiesischen Regierung ernannt werden. Vor allem ist es auch die Regierung, die durch Decreto-lei jedes Lotterie- und Wettspiel einrichtet und die Veranstaltung und den Betrieb der Spiele einschließlich der Höhe der Einsätze, des Plans für die Losverteilung, der Frequenz der Ziehungen, des auf jedes Los entfallenden konkreten Prozentsatzes, der Art der Vereinnahmung der Einsätze, des Verfahrens für die Auswahl der zugelassenen Automaten sowie der Modalitäten und Fristen für die Bezahlung der Lose bestimmt.

284. Auch enthält die für Santa Casa geltende Regelung mehrere Sicherungen für einen korrekten Spielablauf, da sie die Einrichtung von Ausschüssen für Hilfe und Unterstützung, die mehrheitlich aus Vertretern der öffentlichen Verwaltung bestehen, sowie die Einrichtung eines Ausschusses für Beschwerden vorsieht, dessen Vorsitzender ein Richter ist.

285. Schließlich ist in der Regelung auch die Schaffung eines Rates für das Glücksspiel vorgesehen. Dieses beratende Organ, dessen Aufgabe es ist, sich zur Veranstaltung und zum Betrieb der Spiele durch Santa Casa zu äußern und zu den damit verbundenen Tätigkeiten und Haushaltsmitteln Stellung zu nehmen, verstärkt die genannten Sicherungen. Es kann auch der Republik Portugal sachdienliche Hinweise geben, damit diese in die Lage versetzt wird, Änderungen an den Bedingungen für die Durchführung der Spiele vorzunehmen, die zur Verfolgung der dem Allgemeininteresse dienenden Ziele erforderlich sind.

286. Diese Umstände können somit belegen, dass die Portugiesische Republik über hinreichende Möglichkeiten verfügt, um die Veranstaltung und den Betrieb der Internet-Lotterien und ‑Wetten durch Santa Casa wirksam zu steuern und zu überwachen.

287. Was die zweite Voraussetzung betrifft, hat das nationale Gericht zu beurteilen, ob diese Möglichkeiten gemäß den verfolgten Zielen eingesetzt und nicht ihrem Zweck entfremdet werden, um größtmögliche Gewinne zu erwirtschaften.

288. Das nationale Gericht könnte dabei folgende Gesichtspunkte heranziehen. Zum einen beschränkte die Portugiesische Republik das Ausschließlichkeitsrecht von Santa Casa im Internet auf die Spiele, die sie bereits traditionell angeboten hatte. Im Zusammenhang mit der Ausweitung des Monopols von Santa Casa auf die Online-Lotterien und ‑Wetten wurden keine zusätzlichen Online-Spiele eingerichtet. Zum anderen bietet Santa Casa keine Sofortlotterien im Internet an, weil diese Art von Lotterien wegen der geringen Einsätze, der sofort verfügbaren Ergebnisse und des häufigen Vorkommens geringfügiger Gewinne erhebliche Spielsuchtgefahren hervorrufen kann. Schließlich bietet Santa Casa keine Online-Kredite für Glücksspiele an.

289. Liga und Bwin bestreiten, dass die in Rede stehenden Maßnahmen geeignet sind, ihre Ziele zu erreichen, da diese Ziele nicht von einer kohärenten und systematischen Politik unterstützt würden.

290. Erstens tragen sie vor, die Portugiesische Republik habe, unterstützt durch eine sehr wirksame Werbung, in den letzten Jahren im Bereich der Lotterien und Wetten eine expansive Politik betrieben. Das Sortiment an dem Staatsmonopol unterliegenden Spielen, für das Santa Casa das Veranstaltungsmonopol habe und das ursprünglich auf Totobola und Totoloto beschränkt gewesen sei, sei 1993 um „Joker“, 1994 um „Lotaria instantânia“, 1998 um „Totogolo“ und 2004 um „Euromilhões“ erweitert worden. Die mit dem letztgenannten Spiel erzielten Gewinne hätten sich zwischen 2003 und 2006 verdoppelt.

291. Die portugiesische Regierung behauptet dagegen, sie betreibe eine verantwortungsbewusste Glücksspielpolitik, und die Gewinne, die Santa Casa vor allem durch „Euromilhões“ erwirtschaftet habe, seien im Jahr 2007 erheblich gesunken.

292. Meines Erachtens belegen die Ausführungen von Liga und Bwin für sich genommen nicht, dass die Portugiesische Republik die ihr obliegende Pflicht verletzt, die Ziele, die den in ihren Rechtsvorschriften festgelegten Beschränkungen zugrunde liegen, kohärent und systematisch umzusetzen.

293. Die mit den streitigen Rechtsvorschriften verfolgten Ziele stehen einer Politik der kontrollierten Expansion nicht entgegen. Die Ausweitung des Monopols von Santa Casa auf die Online-Spiele geht von der Feststellung aus, dass diese Spiele eine Realität geworden sind. Sie sind Ausdruck des Wunsches, zum einen die Spiele in rechtmäßige Bahnen zu lenken, um ihrer Ausnutzung zu kriminellen oder betrügerischen Zwecken vorzubeugen und das Angebot zu beschränken und zum anderen die Einnahmen aus solchen Spielen der Finanzierung sozialer oder im Allgemeininteresse liegender Angelegenheiten vorzubehalten.

294. Diese unterschiedlichen Interessen sind, wie in ständiger Rechtsprechung entschieden wurde, gemeinsam zu untersuchen. Der Wunsch, das Spieleangebot in kontrollierte Bahnen zu lenken, um einen übermäßigen Anreiz zu verhindern und den Gefahren einer Ausnutzung zu kriminellen oder betrügerischen Zwecken vorzubeugen, kann mit Hilfe einer solchen expansiven Politik verfolgt werden.

295. So hat der Gerichtshof anerkannt, dass ein Mitgliedstaat, um Spieler, die verbotenen Spieltätigkeiten nachgingen, dazu zu veranlassen, zu erlaubten Tätigkeiten überzugehen, eine verlässliche und zugleich attraktive Alternative anbieten dürfe, was als solches das Angebot einer breiten Palette von Spielen, einen gewissen Werbeaufwand und den Einsatz neuer Vertriebstechniken mit sich bringen könne(115).

296. Ferner hat die Beurteilung der Voraussetzung, dass die streitige Beschränkung mit Hilfe einer kohärenten und systematischen Politik zu vollziehen ist, in dem Kontext zu erfolgen, mit dem der Mitgliedstaat konfrontiert wird.

297. Die portugiesische Regierung hat vorgetragen, sie habe sich einer besorgniserregenden Zunahme der illegalen Glücksspiele und einer zunehmenden Betrugsgefahr ausgesetzt gesehen. Santa Casa hat insoweit ausgeführt, sie habe im dritten Quartal 1995 ein Dutzend, im Jahr 2005 400 und im Jahr 2006 600 Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet

298. Die portugiesische Regierung durfte somit zu Recht davon ausgehen, dass die Zunahme der illegalen Glücksspiele die Einrichtung neuer Spiele erforderlich machte, um die Spiellust der portugiesischen Verbraucher zu befriedigen und diese Lust in rechtmäßige Bahnen zu lenken. Sie durfte auch zu Recht davon ausgehen, dass die Einrichtung der neuen Spiele nur dann zu dem genannten Ergebnis führen würde, wenn sie durch einen gewissen Werbeaufwand unterstützt würde, der dazu bestimmt ist, die betroffene Öffentlichkeit über die Existenz der Spiele zu unterrichten.

299. Das vorlegende Gericht wird zu klären haben, ob angesichts all dieser Umstände die von der portugiesischen Regierung eingerichteten zusätzlichen Spiele sowie das Maß der für diese Spiele durchgeführten Werbung offenkundig über dasjenige hinausgehen, was zur Verfolgung der dem Monopol von Santa Casa zugrunde liegenden Ziele erforderlich war. Das vorlegende Gericht wird insbesondere die vom Zentrum für angewandte Studien der Katholischen Universität Portugal im Auftrag der portugiesischen Regierung durchgeführte Untersuchung berücksichtigen können, die in der mündlichen Verhandlung erwähnt worden ist.

300. Zweitens machen Liga und Bwin auch geltend, die portugiesische Regierung habe die Spiele in den Kasinos ausgeweitet. Die Regierung habe die Zahl der Betriebslizenzen erhöht, in Lissabon das neue Kasino mit mehr als 800 Geldspielautomaten ausgestattet und seine Eröffnung mit einer großen Werbekampagne angekündigt. Die Bruttoeinkünfte der Kasinos in Portugal seien zwischen 1996 und 2006 um 150 % gestiegen. Ferner gebe es Verhandlungen darüber, den Kasinos zu gestatten, ihre Spiele im Internet anzubieten.

301. Dieses Vorbringen kann meines Erachtens nicht belegen, dass die Vergabe des Monopols für den Betrieb der Internet-Lotterien und ‑Wetten an Santa Casa zur Erreichung der Ziele, für die Santa Casa dieses Ausschließlichkeitsrecht gewährt wurde, ungeeignet ist.

302. Dass die genannten Ziele kohärent und systematisch verfolgt werden, wäre nur in Frage gestellt, wenn die portugiesische Regierung den Betrieb von Internetspielen zulassen würde, die mit den Lotterien und Wetten, deren Betrieb Santa Casa vorbehalten ist, vergleichbar sind. Die Frage könnte sich etwa stellen, wenn die Portugiesische Republik den Unternehmen, die eine Konzession für den Betrieb von Kasinospielen besitzen, erlauben würde, im Internet Lotterien anzubieten, die in ihrer Funktionsweise mit den von Santa Casa angebotenen Lotterien vergleichbar sind.

303. Die Frage stellt sich dagegen nicht bei der Entwicklung der Kasinospiele in ihrer traditionellen Form. Die Bedingungen, unter denen diese Form von Glücksspiel praktiziert wird, sind völlig anders als die der Internet-Lotterien und -Wetten. Es genügt die Feststellung, dass die Kasinospiele voraussetzen, dass sich der Spieler physisch an den Öffnungstagen und zu den Öffnungszeiten in ein Spielkasino begibt. Außerdem befinden sich die Spielkasinos in Portugal in genau festgelegten Bezirken.

304. Zwar können auch die Kasinospiele Gefahren für die Verbraucher und die öffentliche Ordnung mit sich bringen. Da sie jedoch auf einer völlig anderen Funktionsweise beruhen als die Online‑Spiele, liegt die Entscheidung der Portugiesischen Republik, den Betrieb der Kasinospiele über ein Konzessionssystem zu regeln statt den Betrieb Santa Casa zuzuweisen, in ihrem Ermessen.

305. Da die Festlegung des Schutzniveaus in Bezug auf die Gefahren der Glücks- und Geldspiele im Ermessen der Mitgliedstaaten liegt, darf ein Mitgliedstaat für unterschiedliche Spiele unterschiedliche Betriebsweisen vorsehen. Die staatliche Lotterie, die Pferdewetten, die Kasinospiele und die Geldspielautomaten können aufgrund des Ortes, an dem sie zugänglich sind, aufgrund ihrer Funktionsweise und aufgrund der Öffentlichkeit, an die sie sich wenden, jeweils unterschiedliche Spiele darstellen, und zwar je nach der Kultur des einzelnen Landes.

306. Ein Mitgliedstaat darf daher für jede dieser Arten von Spiele unterschiedliche und mehr oder weniger einschränkende Organisationsformen vorsehen(116). Dieses Ermessen ist vergleichbar mit dem Ermessen, das der Gerichtshof im Urteil Kommission/Frankreich den Mitgliedstaaten im Gesundheitsbereich zuerkannt hat.

307. In jener Rechtssache hatte die Kommission geltend gemacht, das französische Gesetz, das die Fernsehübertragung in Frankreich von in anderen Mitgliedstaaten stattfindenden Sportveranstaltungen durch französische Fernsehanstalten von der vorherigen Entfernung der Werbung für alkoholische Getränke abhängig mache, verstoße gegen das Gemeinschaftsrecht. Zur Begründung ihrer Vertragsverletzungsklage hatte die Kommission ausgeführt, dass die betreffenden Rechtsvorschriften inkonsequent seien, da sie u. a. nicht auf Tabakwerbung anwendbar seien.

308. Der Gerichtshof wies dieses Vorbringen als unbegründet zurück, da es Sache der Mitgliedstaaten sei, zu entscheiden, auf welchem Niveau sie den Gesundheitsschutz sicherstellen wollten und wie dieses Niveau erreicht werden solle(117).

–       Die Verhältnismäßigkeit der in Rede stehenden Rechtsvorschriften

309. Es ist nunmehr zu prüfen, ob die mit der fraglichen portugiesischen Regelung verfolgten Ziele, wie von Liga und Bwin geltend gemacht, offenkundig durch eine weniger einschränkende Maßnahme wie die Vergabe von Konzessionen an mehrere Wirtschaftsteilnehmer erreicht werden könnte.

310. Im Ausgangsverfahren sponsert Bwin Sportwettkämpfe, für die sie Wetten anbietet, durch die erhebliche Beträge eingenommen werden können(118).

311. Wie die portugiesische Regierung bin auch ich der Ansicht, dass angesichts dieses Umstands ein Mitgliedstaat zu Recht davon ausgehen kann, dass die Korrektheit des Glücksspiels eher durch die Vergabe eines Ausschließlichkeitsrechts an eine Einrichtung gewährleistet ist, die ihre Tätigkeit unter der Aufsicht des Mitgliedstaats ausübt und, wie Santa Casa, keine Gewinnerzielungsabsicht verfolgt.

312. Andere Umstände sprechen ebenfalls dafür. Wie ausgeführt, setzt die Durchführung einer verantwortlichen Politik im Bereich des Glücks- und Geldspiels voraus, dass ein Mitgliedstaat diese Tätigkeit wirksam überwachen kann. Die Notwendigkeit, zu handeln und Maßnahmen zügig anwenden zu können, kann im Rahmen der Online-Spiele angesichts der Entwicklung der genannten Tätigkeit und der Schnelligkeit, mit der rücksichtslose Wirtschaftsteilnehmer derartige Spiele einrichten können, auch noch wichtiger sein.

313. Ein einziger Wirtschaftsteilnehmer, der unter der unmittelbaren und wirksamen Kontrolle des Mitgliedstaats tätig wird, scheint neue Schutzmaßnahmen, wie gegebenenfalls einfach die Abschaffung eines seiner Online-Spiele, wirksamer und schneller umsetzen zu können als private Wirtschaftsteilnehmer, deren Pflichten vorher festgelegt werden müssten. Eine vergleichbare Analyse hat der EFTA-Gerichtshof im Hinblick auf die norwegischen Rechtsvorschriften vorgenommen, mit denen einem öffentlichen Unternehmen das ausschließliche Recht zum Betrieb von Geldspielautomaten verliehen wurde, um die Verbraucher und die öffentliche Ordnung zu schützen(119).

314. Ich gehe ferner mit dem Vorbringen der portugiesischen Regierung einig, dass der Schutz der Verbraucher vor den Gefahren eines von rücksichtslosen Wirtschaftsteilnehmern angebotenen Glücksspiels eher durch die Vergabe eines Ausschließlichkeitsrechts an Santa Casa, die die einzige und historisch überkommende Inhaberin des Monopols für den Betrieb der Lotterien und Wetten ist, gewährleistet ist als durch ein Konzessionssystem, das mehreren Wirtschaftsteilnehmern offensteht. Das portugiesische System bietet den Vorteil der Einfachheit, da die in Portugal ansässigen Verbraucher ohne Weiteres davon in Kenntnis gesetzt werden können, dass die Online-Spiele, die von einem anderen Online-Spieleanbieter als Santa Casa angeboten werden, verboten und potenziell gefährlich sind.

315. Was sodann das Werbeverbot für Online-Spiele anbetrifft, die unter Verstoß gegen Santa Casas Ausschließlichkeitsrecht veranstaltet und betrieben werden, so ist dieses Verbot selbstverständlich gerechtfertigt, wenn die Vergabe eines derartigen Ausschließlichkeitsrechts mit dem Gemeinschaftsrecht im Einklang steht.

316. Was schließlich die Verhältnismäßigkeit der Geldbußen betrifft, die als Sanktion für Wirtschaftsteilnehmer vorgesehen sind, die gegen die portugiesische Regelung verstoßen, so haben die Parteien des Ausgangsverfahrens hierzu keine besonderen Erklärungen abgegeben, und auch ich sehe keinen Anlass für derartige Erklärungen.

–       Die nichtdiskriminierende Anwendung

317. Als solche sind die in Rede stehenden Rechtsvorschriften insoweit, als sie Santa Casa das ausschließliche Recht zum Betrieb der Internet-Lotterien und -Wetten vorbehalten, nicht diskriminierend.

318. Derartige Rechtsvorschriften enthalten keine Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit, da jedem anderen als der zugelassenen öffentlich-rechtlichen Vereinigung der Betrieb der in Rede stehenden Spiele untersagt ist. Sie treffen insoweit unterschiedslos sowohl die im nationalen Hoheitsgebiet als auch die in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Wirtschaftsteilnehmer, die möglicherweise an einer solchen Tätigkeit interessiert sind(120).

319. Das vorlegende Gericht hat jedoch zu prüfen, ob die genannten Rechtsvorschriften auch bei ihrer Durchführung in nichtdiskriminierender Weise angewandt wird.

320. Aufgrund aller dieser Erwägungen schlage ich dem Gerichtshof vor, die Vorabentscheidungsfrage des Tribunal de Pequena Instância Criminal Porto wie folgt zu beantworten:

–        Art. 49 EG ist dahin auszulegen, dass er der Regelung eines Mitgliedstaats nicht entgegensteht, nach der das ausschließliche Recht zur Veranstaltung und zum Betrieb von Lotterien und Wetten im gesamten Gebiet dieses Mitgliedstaats, das einer einzigen, von diesem Staat überwachten und nicht gewinnorientierten Einrichtung eingeräumt wurde, auf sämtliche elektronischen Kommunikationsmittel, insbesondere auf das Internet, ausgedehnt wird, sofern diese Regelung aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt ist, geeignet ist, die Erreichung ihrer Ziele zu garantieren, nicht über das hinausgeht, was zur Erreichung der Ziele erforderlich ist, und in nichtdiskriminierender Weise angewandt wird;

–        es ist Sache des nationalen Gerichts zu prüfen, ob diese Voraussetzungen erfüllt sind;

–        in Anbetracht der Gefahren, die durch die Glücks- und Geldspiele im Internet hervorgerufen werden, darf ein Mitgliedstaat das Recht zur Veranstaltung und zum Betrieb dieser Spiele zum Schutz der Verbraucher und der öffentlichen Ordnung beschränken;

–        eine derartige Regelung ist geeignet, die genannten Ziele zu erreichen, wenn sie es dem Mitgliedstaat ermöglicht, die Veranstaltung und den Betrieb dieser Spiele wirksam zu steuern und zu beaufsichtigen, und wenn der Mitgliedstaat in den konkreten Anwendungsmodalitäten der Regelung sein Ermessen nicht offenkundig überschritten hat;

–        die Vergabe eines Ausschließlichkeitsrechts an eine einzige Einrichtung, die unter der Aufsicht des Mitgliedstaats steht und keine Gewinnerzielungsabsicht verfolgt, kann eine Maßnahme sein, die im Hinblick auf die Verfolgung der genannten Ziele verhältnismäßig ist;

–        eine derartige Regelung ist als solche nicht diskriminierend.

V –    Ergebnis

321. Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, wie folgt zu entscheiden:

1.      Art. 1 Nr. 11 der Richtlinie 98/34/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Juni 1998 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften und der Vorschriften für die Dienste der Informationsgesellschaft in der Fassung der Richtlinie 98/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juli 1998 ist dahin auszulegen, dass die Regelung eines Mitgliedstaats, nach der das ausschließliche Recht, im gesamten Hoheitsgebiet dieses Staates Lotterien und Wetten zu veranstalten und zu betreiben, auf alle elektronischen Kommunikationsmittel, insbesondere das Internet, ausgedehnt wird, eine technische Vorschrift im Sinne der genannten Bestimmung darstellt.

2.      Ist eine derartige Regelung nicht nach Maßgabe der Richtlinie 98/34 in der Fassung der Richtlinie 98/48 notifiziert worden, kann sie Personen wie der Liga Portuguesa de Futebol Profissional und der Baw International Ltd nicht entgegengehalten werden. Es ist Sache des nationalen Gerichts, zu prüfen, ob die genannte Regelung notifiziert wurde.

3.      Eine Vorabentscheidung bindet das vorlegende Gericht auch insoweit, als sie sich auf eine Norm des Gemeinschaftsrechts erstreckt, die das vorlegende Gericht in seiner Frage nicht erwähnt hat.

4.      a)     Art. 49 EG ist dahin auszulegen, dass er der Regelung eines Mitgliedstaats nicht entgegensteht, nach der das ausschließliche Recht zur Veranstaltung und zum Betrieb von Lotterien und Wetten im gesamten Gebiet dieses Mitgliedstaats, das einer einzigen, von diesem Staat überwachten und nicht gewinnorientierten Einrichtung eingeräumt wurde, auf sämtliche elektronischen Kommunikationsmittel, insbesondere auf das Internet, ausgedehnt wird, sofern diese Regelung aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt ist, geeignet ist, die Erreichung ihrer Ziele zu garantieren, nicht über das hinausgeht, was zur Erreichung der Ziele erforderlich ist, und in nichtdiskriminierender Weise angewandt wird.

b)      Es ist Sache des nationalen Gerichts zu prüfen, ob diese Voraussetzungen erfüllt sind.

5.      In Anbetracht der Gefahren, die durch die Glücks- und Geldspiele im Internet hervorgerufen werden, darf ein Mitgliedstaat das Recht zur Veranstaltung und zum Betrieb dieser Spiele zum Schutz der Verbraucher und der öffentlichen Ordnung beschränken.

6.      Eine derartige Regelung ist geeignet, die genannten Ziele zu erreichen, wenn sie es dem Mitgliedstaat ermöglicht, die Veranstaltung und den Betrieb dieser Spiele wirksam zu steuern und zu beaufsichtigen, und wenn der Mitgliedstaat in den konkreten Anwendungsmodalitäten der Regelung sein Ermessen nicht offenkundig überschritten hat.

7.      Die Vergabe eines Ausschließlichkeitsrechts an eine einzige Einrichtung, die unter der Aufsicht des Mitgliedstaats steht und keine Gewinnerzielungsabsicht verfolgt, kann eine Maßnahme sein, die im Hinblick auf die Verfolgung der genannten Ziele verhältnismäßig ist.

8.      Eine derartige Regelung ist als solche nicht diskriminierend.


1 – Originalsprache: Französisch.


2 – Vgl. verbundene Rechtssachen Markus Stoß u. a. (C‑316/07, C‑358/07 bis C‑360/07, C‑409/07 und C‑410/07) sowie Rechtssachen Nationale Loterij (C‑525/06) und Zeturf (C‑212/08), derzeit beim Gerichtshof anhängig.


3 – Im Folgenden: Santa Casa.


4 – Im Folgenden: Bwin.


5 – Im Folgenden: Liga.


6 – Richtlinie vom 22. Juni 1998 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften und der Vorschriften für die Dienste der Informationsgesellschaft (ABl. L 204, S. 37) in der Fassung der Richtlinie 98/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juli 1998 (ABl. L 217, S. 18, im Folgenden: Richtlinie 98/34).


7 – Zu den Spielgeräten, die von den Archäologen in ägyptischen Gräbern gefunden wurden, zählen vor allem Würfel, deren arabische Bezeichnung „Azard“ dem italienischen „azzardo“, dem spanischen „azar“ und dem französischen „hazard“ zugrunde liegt.


8 – In einem Brief an seinen Sohn Tiberius schreibt Kaiser Augustus, dass die Spiele eingestellt werden müssten und dass er selbst 20 000 Sesterzen verloren habe (Damals, Würfeln, wetten, Karten spielen – Die Geschichte des Glücksspiels, April 2008, S. 13 und 19).


9 – EuroMillions wird in Belgien, Spanien, Frankreich, Irland, Luxemburg, Österreich, Portugal und im Vereinigten Königreich angeboten. Die Lotterie wird ebenfalls in der Schweiz angeboten.


10 – J.‑P. G Martignoni‑Hutin, Faites vos jeux, L’Harmattan, Logiques sociales, Paris, 1993, S. 149.


11 – Nach der Étude sur les jeux de hasard dans l’Union européenne, die im Auftrag der Kommission am 14. Juni 2006 vom Schweizerischen Institut für Rechtsvergleichung erstellt wurde, wurden in den vorstehend beschriebenen vier großen Spielkategorien im Jahr 2003 in den 25 Mitgliedstaaten der am 1. Mai 2004 entstehenden Europäischen Union nach Abzug der Gewinnauszahlungen Bruttoeinkünfte in Höhe von 51 Milliarden Euro erzielt (http://ec.europa.eu/internal_market/services/gambling_en.htm).


12 – In Belgien arbeiteten z. B. 321 Personen für die staatliche Lotterie im Jahr 2004, 709 Personen in den Kasinos im Jahr 2003, 8 220 Personen im Zusammenhang mit Spielautomaten und 1 000 Personen bei dem belgischen Pari Mutuel Urbain (PMU) (vgl. Étude sur les jeux de hasard dans l’Union européenne, a. a. O., S. 1133, 1134, 1137 und 1139). In Deutschland beschäftigte der Lotto- und Totoblock annähernd 58 000 Personen; 4 700 Personen arbeiteten in den Kasinos und ungefähr 3 000 Personen in den angegliederten Hotels und Restaurants (vgl. Étude sur les jeux de hasard dans l’Union européenne, a. a. O., S. 1203 und 1206). Im Vereinigten Königreich wurde die Zahl der Vollbeschäftigten im Bereich der Glücks- und Geldspiele im Jahr 2004 auf 100 000 Personen geschätzt (vgl. Étude sur les jeux de hasard dans l’Union européenne, a. a. O., S. 1404).


13 – „Der Wettteilnehmer spielt im Grund genommen nicht, um zu gewinnen …, er spielt, um danach erneut zu spielen. Die Spirale ist endlos. Je mehr der Wettteilnehmer bei Pferderennen gewinnt, desto öfter spielt er, desto stärker ist seine Spiellust, und nichts kann ihn am Spielen hindern, da er gewinnt. Wenn er verliert, ist dies ein zusätzlicher Grund, weiter zu spielen, um wieder zu gewinnen“ (vgl. J.‑P. G. Martignoni-Hutin, a. a. O., S. 133). Die mit dem Spielen verbundenen Probleme waren Gegenstand mehrerer wissenschaftlicher Studien, insbesondere seit den neunziger Jahren (vgl. die zahlreichen Hinweise in Kapitel 9 „Problem gambling“ der Étude sur les jeux de hasard dans l’Union européenne, a. a. O.). Die sozialen Auswirkungen der Glücks- und Geldspiele waren auch Gegenstand von Untersuchungen und Studien in mehreren Mitgliedstaaten. Die Probleme machten den Aufbau von Unterstützungs- und Betreuungsdiensten erforderlich, insbesondere von Hotlines zur Hilfe bei Spielsucht.


14 – In Rom wurden Anfang des 2. Jahrhunderts n. Chr. Maßnahmen ergriffen, um die Spiele zu verbieten. Die Spieler verwirkten eine Geldstrafe oder das Exil. Im Mittelalter missbilligte die Kirche die Geldspiele. Sie standen im Verdacht, der Lüge, dem Verrat, dem Diebstahl, dem Raufhandel, dem Totschlag, der Abhängigkeit, der Habgier und der Trunkenheit Vorschub zu leisten. Mehrere Herrscher verboten Geldspiele in England, in Frankreich und im Heiligen Römischen Reich deutscher Nation. Im Jahr 1215 verbot das IV. Laterankonzil alle Spiele bis auf das Schachspiel (Damals, a. a. O., S. 25).


15 – In Belgien, Dänemark, Deutschland, Griechenland, Frankreich, Irland, Zypern, Luxemburg, den Niederlanden, Österreich, der Slowakei und Finnland.


16 – In Belgien, Tschechien, Dänemark, Deutschland, Estland, Griechenland, Spanien, Frankreich, Irland, Italien, Lettland, Litauen, Luxemburg, Ungarn, Malta, den Niederlanden, Österreich, Polen, Portugal, Slowenien, Finnland und im Vereinigten Königreich.


17 – Dies ist der Fall bei den staatlichen Lotterien in Belgien, Frankreich, Irland, Zypern, Luxemburg, Malta, Portugal und im Vereinigten Königreich.


18 – So sind nach der Étude sur les jeux de hasard dans l’Union européenne, a. a. O., Kasinos in Irland, in Zypern sowie im Vereinigten Königreich verboten; Buchmacherwetten sind in Frankreich, Zypern, Luxemburg und den Niederlanden verboten; mehrere Mitgliedstaaten lassen Spielautomaten nur im Kasinobereich zu usw.


19 – Der durchschnittliche prozentuale Anteil der Haushalte mit Internetanschluss ist in den 27 Mitgliedstaaten der Union von 49 % im Jahr 2006 auf 54 % im Jahr 2007 gestiegen. Der durchschnittliche prozentuale Anteil der Haushalte mit Anschlussmöglichkeit an das Breitband, d. h. an eine auf x-DSL umgestellte Vermittlungsstelle, ein für den Internet-Datenverkehr aufgerüstetes Kabelnetz oder andere Breitbandsysteme, ist in diesen Mitgliedstaaten von 14 % im Jahr 2004 auf 23 % im Jahr 2005, 30 % im Jahr 2006 und 42 % im Jahr 2007 gestiegen (vgl. Untersuchung über die Verwendung der Informations- und Kommunikationstechnologien in den Unternehmen, Eurostat – Anteil der Haushalte mit Breitbandzugang).


20 – Inzwischen ist der Internetzugang von einem mobilen Computer oder einem Mobiltelefon aus möglich.


21 – Bei den Online-Wetten wurden im Jahr 2003 in den 25 Mitgliedstaaten der am 1. Mai 2004 entstehenden Europäischen Union nach Abzug der Gewinnauszahlungen Bruttoeinkünfte in Höhe von 810 Millionen Euro erzielt. Bezüglich der Lotterien gab Camelot, der Betreiber der nationalen Lotterie im Vereinigten Königreich, bekannt, dass seine mit den neuen elektronischen Kommunikationsmitteln erzielten Umsätze von 17,8 Millionen Euro im Zeitraum 2003–2004 auf 126,7 Millionen Euro im Zeitraum 2004–2005 gestiegen seien (vgl. Étude sur les jeux de hasard dans l’Union européenne, a. a. O., S. 1406 und 1407). Was die Kasinospiele angeht, so schätzte die belgische Glücksspielkommission, dass 2003 25 000 Personen online spielten und dabei 27 Millionen Euro ausgaben.


22 – Richtlinie vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt („Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr“) (ABl. L 178, S. 1).


23 – Richtlinie vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt (ABl. L 376, S. 36).


24 – Urteil vom 11. September 2003, Anomar u. a. (C‑6/01, Slg. 2003, I‑8621, Randnrn. 46 und 47).


25 – Urteil vom 6. November 2003, Gambelli u. a. (C‑243/01, Slg. 2003, I‑13031, Randnr. 59).


26 – Urteile vom 24. März 1994, Schindler (C‑275/92, Slg. 1994, I‑1039, Randnr. 60), vom 21. September 1999, Läärä u. a. (C‑124/97, Slg. 1999, I‑6067, Randnr. 13), vom 21. Oktober 1999, Zenatti (C‑67/98, Slg. 1999, I‑7289, Randnr. 14), und Gambelli u. a. (Randnr. 63).


27 – Urteil Schindler.


28 – Urteil Läärä u. a.


29 – Urteil Zenatti.


30 – Urteil Anomar u. a.


31 – Dagegen hat der Gerichtshof festgestellt, dass Zeitschriften, die den Lesern die Möglichkeit der Teilnahme an Preisausschreiben einräumen, diese beiden Merkmale nicht aufweisen (Urteil vom 26. Juni 1997, Familiapress, C‑368/95, Slg. 1997, I‑3689, Randnrn. 21 bis 23).


32 – Urteil vom 6. März 2007, Placanica u. a. (C‑338/04, C‑359/04 und C‑360/04, Slg. 2007, I‑1891, Randnr. 46 und die dort angeführte Rechtsprechung).


33 – Urteil Gambelli u. a. (Randnr. 61).


34 – Urteil Zenatti (Randnr. 36).


35 – Urteil Gambelli u. a. (Randnr. 63).


36 – Urteil Placanica u. a. (Randnr. 48).


37 – Urteil vom 26. Oktober 2006, Kommission/Griechenland (C‑65/05, Slg. 2006, I‑10341, Randnr. 49).


38 – Urteile Schindler (Randnr. 58), Läärä u. a. (Randnr. 33) und Zenatti (Randnr. 31).


39 – Im Urteil Schindler hat der Gerichtshof festgestellt, dass das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland in seinem Gebiet zu Recht die in größerem Rahmen veranstalteten Lotterien verbieten durfte.


40 – Urteil Zenatti (Randnr. 33).


41 – Vgl. hinsichtlich der Vergabe eines Ausschließlichkeitsrechts an eine einzige Einrichtung Urteil Läärä u. a. im Hinblick auf die finnische Rechtsvorschrift, die einer staatlich kontrollierten Vereinigung des öffentlichen Rechts das ausschließliche Recht auf Betrieb von Geldspielautomaten einräumt. Vgl. hinsichtlich der Vergabe von Ausschließlichkeitsrechten an eine beschränkte Zahl von Wirtschaftsteilnehmern Urteile Zenatti und Gambelli u. a. im Hinblick auf die italienische Rechtsvorschrift betreffend die Wetten über die Ergebnisse von Sportereignissen oder über Pferderennen sowie Urteil Anomar u. a. im Hinblick auf das portugiesische Gesetz, das die Kasinospiele einer Konzessionsregelung unterstellt.


42 – Urteile Läärä u. a. (Randnr. 37) und Zenatti (Randnr. 35).


43 – Urteile Läärä u. a. (Randnr. 36) und Zenatti (Randnr. 34).


44 – Urteil Läärä u. a. (Randnr. 39).


45 – Ebd., Randnr. 40.


46 – Ebd., Randnr. 41.


47 – Randnr. 30.


48 – Urteil Zenatti (Randnr. 36).


49 – Ebd., Randnr. 37.


50 – Urteil Gambelli u. a. (Randnr. 67).


51 – Ebd., Randnr. 69.


52 – Ebd., Randnr. 74.


53 – Urteil Placanica u. a. (Randnr. 55).


54 – Ebd., Randnrn. 56 und 57.


55 – Ebd., Randnr. 64.


56 – Diário da República I, Serie A, Nr. 259, vom 8. November 2003, im Folgenden: Decreto-lei Nr. 282/2003.


57 – Diário da República I, Nr. 2777 vom 2. Dezember 1989, in der Fassung des Decreto-lei Nr. 10/95 vom 19. Januar 1995 (Diário da República I, Serie A, Nr. 16 vom 19. Januar 1995).


58 – Decreto-lei in der durch das Decreto-lei Nr. 317/2002 vom 27. Dezember 2002 (Diário da República I, Serie A, Nr. 299 vom 29. Dezember 2002) geänderten und neu veröffentlichten Fassung.


59 – Vgl. Art. 1 des Decreto-lei Nr. 412/93 vom 21. Dezember 1993.


60 – Vgl. Art. 1 Abs. 1 des Decreto-lei Nr. 314/94 vom 23. Dezember 1994.


61 – Vgl. Art. 1 Abs. 1 des Decreto-lei Nr. 225/98 vom 17. Juli 1998.


62 – Vgl. Art. 1 des Decreto-lei Nr. 210/2004 vom 20. August 2004.


63 – Decreto-lei über den Erlass der gegenwärtig geltenden Satzung von Santa Casa in der Fassung des Decreto-lei Nr. 469/99 vom 6. November 1999.


64 – Vgl. insbesondere Urteil vom 21. Januar 2003, Bacardi‑Martini und Cellier des Dauphins (C‑318/00, Slg. 2003, I‑905, Randnr. 41 und die dort angeführte Rechtsprechung).


65 – Ebd., Randnr. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung.


66 – Ebd., Randnr. 43 und die dort angeführte Rechtsprechung.


67 – Urteil Placanica u. a. (Randnr. 36).


68 – Urteile vom 12. Dezember 1990, SARPP (C‑241/89, Slg. 1990, I‑4695, Randnr. 8), und Placanica u. a. (Randnr. 36).


69 – Die dänische Regierung bezieht sich auf die Urteile vom 30. April 1996, CIA Security International (C‑194/94, Slg. 1996, I‑2201, Randnr. 25), vom 8. März 2001, Van der Burg (C‑278/99, Slg. 2001, I‑2015, Randnr. 20), und vom 22. Januar 2002, Canal Satélite Digital (C‑390/99, Slg. 2002, I‑607, Randnr. 45).


70 – Vgl. insbesondere Urteil vom 7. November 2002, Bourrasse und Perchicot (C‑228/01 und C‑289/01, Slg. 2002, I‑10213, Randnr. 33 und die dort angeführte Rechtsprechung)


71 – Vgl. insbesondere Urteile SARPP (Randnrn. 10 ff.) und vom 12. Oktober 2004, Wolff & Müller (C‑60/03, Slg. 2004, I‑9553, Randnrn. 24 ff.).


72 – Vgl. in diesem Sinne Urteil Gambelli u. a. (Randnrn. 52 bis 54).


73 – Richtlinie vom 28. März 1983 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften (ABl. L 109, S. 8).


74 – Randnr. 25.


75 – Randnr. 20.


76 – Randnr. 45.


77 – Urteil CIA Security International (Randnr. 40).


78 – Urteil Kommission/Griechenland (Randnr. 61).


79 – Dagegen ist das vom Decreto-lei Nr. 282/2003 vorgesehene Verbot, durch Anbringung eines Wortzeichens auf den Fußballspielertrikots und in den Stadien für diese Spiele zu werben, keine technische Vorschrift im Sinne der Richtlinie 98/34. Selbst wenn ein derartiges Werbeverbot als eine Beschränkung der freien Leistung von Spieldiensten gewertet werden kann, stellt dieser Umstand für sich genommen kein Kriterium dar, das die Richtlinie 98/34 für die Festlegung ihres Geltungsbereichs verwendet (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. April 2005, Lindberg, C‑267/03, Slg. 2005, I‑3247, Randnr. 51). Das Werbeverbot kann eine Abschottung des Marktes für Online-Spiele in dem Mitgliedstaat zur Folge haben, in dem das Verbot gilt, doch behindert es nicht die Erbringung oder Nutzung von Online-Spieldiensten im Sinne von Art. 1 der Richtlinie 98/34 (Urteil Van der Burg, Randnr. 20).


80 – Urteil Kommission/Griechenland (Randnr. 60).


81 – Urteil CIA Security International (Randnr. 44).


82 – Ebd., Randnrn. 48 und 55.


83 – ABl. 1972, L 73, S. 14.


84 – Urteil vom 23. September 2003, Kommission/Vereinigtes Königreich (C‑30/01, Slg. 2003, I‑9481, Randnr. 59).


85 – Vgl. wegen der Umsetzung einer Richtlinie über die Anerkennung von Berufsqualifikationen Urteil vom 20. Oktober 2005, Kommission/Vereinigtes Königreich (C‑505/04). Vgl. auch bezüglich der Niederlassungsfreiheit Urteil vom 16. Oktober 2003, Kommission/Vereinigtes Königreich (C‑489/01, Slg. 2003, I‑12037), wegen der fehlenden Umsetzung der Richtlinie 97/9/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. März 1997 über Systeme für die Entschädigung der Anleger (ABl. L 84, S. 22) in Gibraltar.


86 – Urteil vom 5. Februar 1963 (26/62, Slg. 1963, 3).


87 – Urteil vom 15. Juli 1964 (6/64, Slg. 1964, 1253).


88 – Urteil vom 9. März 1978, Simmenthal (106/77, Slg. 1978, 629, Randnrn. 24 und 26).


89 – Urteil vom 5. Oktober 2004, Pfeiffer u. a. (C‑397/01 bis C‑403/01, Slg. 2004, I‑8835, Randnrn. 113 und 114), sowie bezüglich einer Anwendung in jüngster Zeit Urteil vom 24. Juni 2008, Commune de Mesquer (C‑188/07, Slg. 2008, I‑0000, Randnr. 84).


90 – Urteil vom 16. März 2006, Kapferer (C‑234/04, Slg. 2006, I‑2585, Randnr. 22).


91 – Urteil vom 12. Februar 2008, Kempter (C‑2/06, Slg. 2008, I‑0000, Randnr. 45).


92 – Urteil vom 7. Juni 2007, van der Weerd u. a. (C‑222/05 bis C‑225/05, Slg. 2007, I‑4233, Randnr. 41).


93 – Urteil Kempter (Randnr. 45).


94 – Urteil Van Gend & Loos (Randnr. 23).


95 – Urteil vom 3. Februar 1977 (52/76, Slg. 1977, 163, Randnr. 26).


96 – Urteil vom 30. September 2003, Köbler (C‑224/01, Slg. 2003, I‑10239, Randnrn. 34 und 35).


97 – Ebd., Randnr. 59.


98 – Urteil vom 9. Dezember 2003, Kommission/Italien (C‑129/00, Slg. 2003, I‑14637, Randnrn. 29 und 32).


99 – Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 23. Oktober 1997, Franzén (C‑189/95, Slg. 1997, I‑5909, Randnr. 41).


100 – Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 23. Mai 2000, Sydhavnens Sten & Grus (C‑209/98, Slg. 2000, I‑3743, Randnrn. 74 bis 81).


101 – Vgl. in diesem Sinne Urteil Gambelli u. a. (Randnrn. 52 und 54).


102 – Vgl. insbesondere Urteil vom 12. September 2006, Cadbury Schweppes und Cadbury Schweppes Overseas (C‑196/04, Slg. 2006, I‑7995, Randnr. 41).


103 – Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 3. Oktober 2006, Fidium Finanz (C‑452/04, Slg. 2006, I‑9521, Randnr. 49).


104 – Urteil vom 13. Juli 2004, Kommission/Frankreich (C‑262/02, Slg. 2004, I‑6569, Randnr. 22).


105 – Urteil Gambelli u. a. (Randnr. 54).


106 – Vgl. insbesondere Urteil vom 5. Juni 2007, Rosengren u. a. (C‑170/04, Slg. 2007, I‑4071, Randnr. 50).


107 – Urteil Kommission/Griechenland (Randnr. 47).


108 – Urteil Anomar u. a. (Randnr. 73).


109 – Vgl. die in Nr. 65 dieser Schlussanträge zitierte Rechtsprechung.


110 – Vgl. Étude sur les jeux de hasard dans l’Union européenne, S. 1450.


111 – In der mündlichen Verhandlung hat die portugiesische Regierung erklärt, dass Bwin sich dieser Praxis bediene.


112 – Sache DS285.


113 – Angesichts dieser Gefahren für die öffentliche Ordnung sowie der Gefahren der Online-Spiele für die Verbraucher stellte das Streitbeilegungsorgan der WTO fest, dass die von den Vereinigten Staaten von Amerika vorgenommenen Beschränkungen zum Schutz der öffentlichen Sittlichkeit oder zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung erforderlich gewesen seien (vgl. Bericht des Streitbeilegungsorgans der WTO, United States – Measures affecting the cross-border supply of gambling and betting services, WT/DS285/AB/R, vom 7. April 2005, Nr. 327).


114 – Randnr. 37.


115 – Urteil Placanica u. a. (Randnr. 55).


116 – Diese Frage steht im Mittelpunkt der verbundenen Rechtssachen Markus Stoß u. a.


117 – Urteil Kommission/Frankreich (Randnr. 33).


118 – Nach den Angaben in den schriftlichen Erklärungen von Liga und Bwin beschäftigt die Bwin-Gruppe ungefähr 1 000 Mitarbeiter bei einem Umsatz von etwa einer Milliarde Euro. Sie bietet ihre Dienste jährlich mehreren Millionen Verbrauchern an, ist auf mehr als 20 Märkten tätig und erzielte 2006 einen Bruttogewinn (nach Auszahlung der Spielgewinne an die Verbraucher) in Höhe von 382 Mio. Euro.


119 – Der EFTA-Gerichtshof hat festgestellt: „In the Court’s view, it is reasonable to assume that a monopoly operator in the field of gaming machines subject to effective control by the competent public authorities will tend to accommodate legitimate concerns of fighting gambling addiction better than a commercial operator or organisations whose humanitarian or socially beneficial activities partly rely on revenues from gaming machines. Furthermore, it is plausible to assume that in principle the State can more easily control and direct a wholly State‑owned operator than private operators. Through its ownership role, the State has additional ways of influencing the behaviour of the operator besides public law regulations and surveillance“ (Urteil des EFTA-Gerichtshofs vom 14. März 2007, EFTA Surveillance Authority/Norwegen, E‑1/06, EFTA Court Report 2007, 7, Randnr. 51).


120 – Urteil Läärä u. a. (Randnr. 28).