Language of document : ECLI:EU:C:2011:699

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

PEDRO CRUZ VILLALÓN

vom 27. Oktober 2011(1)

Rechtssache C‑72/10

Strafsache

gegen

Marcello Costa

(Vorabentscheidungsersuchen der Corte Suprema di Cassazione [Italien])

Rechtssache C‑77/10

Strafsache

gegen

Ugo Cifone

(Vorabentscheidungsersuchen der Corte Suprema di Cassazione [Italien])

„Freier Dienstleistungsverkehr – Niederlassungsfreiheit – Annahme von Sportwetten – Erfordernis einer Konzession und einer polizeilichen Genehmigung – Politik der ‚kontrollierten Expansion‘ im Glücksspielsektor – Bekämpfung des illegalen Glücksspiels – Mindestabstände zwischen Annahmestellen – Entzug der Konzession wegen grenzüberschreitender Tätigkeit – Entzug der Konzession wegen Ergreifens von Vorbeugemaßnahmen bzw. Einleitung eines Strafverfahrens“





I –    Einleitung

1.        Die Entwicklung der italienischen Glücksspielgesetzgebung ist von einer Reihe von Entscheidungen des Gerichtshofs gekennzeichnet, die den Ausgangspunkt für die Prüfung der nunmehr von der Corte Suprema di Cassazione vorgelegten Vorlagefrage darstellen.

2.        Die Urteile vom 21. Oktober 1999, Zenatti(2), vom 6. November 2003, Gambelli u. a.(3), und vom 6. März 2007, Placanica u. a.(4), befassten sich nacheinander mit dem Problem einer nationalen Regelung, durch die ein System von beschränkten Konzessionen und polizeilichen Genehmigungen für die Erbringung von Glücksspielleistungen geschaffen und Kapitalgesellschaften von ihrer Vergabe ausgeschlossen wurden. Im Urteil Placanica nahm der Gerichtshof besonders deutlich zur Art der vom italienischen Gesetzgeber verfolgten Ziele Stellung und ließ den nationalen Gerichten dadurch wenig Spielraum für die Feststellung, ob die zitierte italienische Regelung mit dem Recht der Union vereinbar ist. Eine solch detaillierte Antwort wurde aufgrund der umfangreichen Divergenzen erforderlich, zu denen das Urteil Gambelli unter den italienischen Gerichten geführt hatte(5). Trotz der Eindeutigkeit des Urteils Placanica scheinen zwischen den italienischen Gerichten weiterhin bedeutende Meinungsverschiedenheiten im Hinblick auf die Vereinbarkeit der neuen italienischen Regelung, die infolge dieses Urteils erging, mit dem Recht der Union zu bestehen. Einige machen auf einer Linie mit dem Vorbringen der Herren Costa und Cifone in dieser Rechtssache geltend, dass durch die neue Regelung die praktische Wirksamkeit des Urteils Placanica aufgehoben worden sei, da neue Diskriminierungen eingeführt worden seien. Andere vertreten auf einer Linie mit der Italienischen Republik die Auffassung, dass die eingeführten Beschränkungen aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt seien.

3.        Die vorliegende Rechtssache gibt dem Gerichtshof erneut Gelegenheit, seine bereits umfangreiche Rechtsprechung auf dem Gebiet des Glücksspiels in einem teilweise bekannten Kontext, dem italienischen Glücksspielsektor, klarzustellen. Das Urteil Placanica stellt hierbei ein unverzichtbares Instrument dar, denn in ihm finden bereits die Besonderheiten dieses Kontexts Berücksichtigung: insbesondere die klare Entscheidung des italienischen Gesetzgebers zugunsten einer Politik auf dem Glücksspielsektor, die entschieden expansiv ist, so sehr sie auch als „kontrollierte Expansion“ dargestellt wird. Dieser Umstand bedingt meiner Ansicht nach die Prüfung der vorliegenden Rechtssache, ohne dass dadurch eine bereits gefestigte Rechtsprechung in Frage gestellt wird, die den Mitgliedstaaten einen weiten Handlungsspielraum im Glücksspielsektor einräumt.

II – Rechtlicher Rahmen: die italienische Regelung

A –    Verwaltungsrechtliche Regelung: Konzessions- und Genehmigungssystem

4.        Nach der italienischen Regelung dürfen die Tätigkeiten der Annahme und der Bearbeitung von Wetten nur von Personen ausgeübt werden, die nach Abschluss einer öffentlichen Ausschreibung eine Konzession und ferner eine polizeiliche Genehmigung erhalten haben.

1.      Das Konzessionssystem

5.        Im Juli 2006 wurde durch das „Bersani-Dekret“ (Decreto legge Nr. 223 vom 4. Juli 2006, umgewandelt in das Gesetz Nr. 248 vom 4. August 2006)(6) der italienische Glücksspielsektor reformiert, um ihn weiter an das Gemeinschaftsrecht anzupassen und auf diese Weise das Ergebnis des Urteils Placanica vorwegzunehmen.

6.        Art. 38 („Maßnahmen gegen illegales Spielen“) sieht in Abs. 1 vor, dass bis zum 31. Dezember 2006 eine Reihe von Vorschriften erlassen werden soll, „um der Ausbreitung des regelwidrigen und illegalen Spielens sowie der Steuerumgehung und ‑hinterziehung im Bereich des Spiels entgegenzuwirken und den Schutz des Spielers sicherzustellen“.

7.        In Abs. 2(7) werden „die neuen Modalitäten des Vertriebs von Spielen bei anderen Ereignissen als Pferderennen“ geregelt, unter denen Folgende hervorzuheben sind:

–        Es werden nicht weniger als 7 000 neue Annahmestellen eingerichtet (Art. 287 Buchst. d), deren Höchstzahl je Gemeinde festgelegt wird (Buchst. e);

–        die neuen Annahmestellen müssen Mindestabstände zu den bereits bestehenden einhalten (Buchst. f und g);

–        schließlich legt die Vorschrift „die Modalitäten des Schutzes der Konzessionsnehmer für die Annahme von Wetten zu festen Sätzen auf andere Ereignisse als Pferderennen, die durch [Verordnung nach dem] Dekret des Ministers für Wirtschaft und Finanzen Nr. 111 vom 1. März 2006 geregelt werden“ (Art. 287 Buchst. l), fest.

8.        Art. 38 Abs. 4(8) enthält sehr ähnliche Bestimmungen für Pferdewetten.

2.      Die polizeilichen Genehmigungen

9.        Dieses Konzessionssystem ist an einen Mechanismus polizeilicher Genehmigungen gebunden, der im Regio Decreto Nr. 733 vom 18. Juni 1931(9) geregelt ist. Danach wird die Genehmigung für die Annahme oder die Bewirtschaftung von Wetten ausschließlich Personen erteilt, die Inhaber von Konzessionen sind oder vom Inhaber der Konzession beauftragt sind.

B –    Strafrecht

10.      Die Organisation von Spielen, auch auf elektronischem Weg oder über Telefon, ist in Italien eine Straftat, die mit Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren geahndet werden kann (Art. 4 des Gesetzes Nr. 401 vom 13. Dezember 1989)(10).

III – Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

A –    Die Gesellschaft Stanley International Betting Ltd und ihre Situation in Italien nach Inkrafttreten des Bersani-Dekrets und den Ausschreibungen von 2006

11.      Stanley International Betting Ltd (im Folgenden: Stanley) ist eine englische Gesellschaft, die aufgrund einer von den Behörden in Liverpool erteilten Konzession die Genehmigung besitzt, als Buchmacher tätig zu sein.

12.      Stanley betreibt in Italien mehr als 200 Agenturen, die allgemein als „Datenübertragungszentren“ (im Folgenden: DÜZ) bezeichnet werden. Letztere bieten ihre Dienste in öffentlich zugänglichen Räumlichkeiten an, in denen sie den Wettern Datenübertragungsmöglichkeiten zur Verfügung stellen, mit denen sie auf den Server von Stanley im Vereinigten Königreich zugreifen können. Die Wetter können Stanley so elektronisch Vorschläge für Sportwetten übermitteln, die sie aus Veranstaltungs- und Bewertungsprogrammen des Unternehmens ausgewählt haben, und die Annahme dieser Vorschläge entgegennehmen, ihre Einsätze zahlen und gegebenenfalls ihre Gewinne vereinnahmen.

13.      Die DÜZ werden von unabhängigen Betreibern unterhalten, die vertraglich mit Stanley verbunden sind. Die Herren Costa und Cifone sind Betreiber von DÜZ Stanleys in Italien.

14.      1999 führten die italienischen Behörden ein Verfahren zur Vergabe von 1 000 Konzessionen für den Vertrieb von Sportwetten mit einer Gültigkeitsdauer von sechs Jahren, die um weitere sechs Jahre verlängerbar waren, durch. Nach den damals geltenden Vorschriften über die Transparenz der Eigentumsstruktur der Konzessionäre waren Angebote von Bietern, die wie Stanley auf reglementierten Märkten notierte Gesellschaften waren, ausgeschlossen.

15.      Nachdem der Gerichtshof in den Urteilen Zenatti und Gambelli die Rechtswidrigkeit dieser Bestimmungen festgestellt hatte, gestattete der italienische Gesetzgeber allen Kapitalgesellschaften ohne Rücksicht auf ihre Struktur, an den Ausschreibungsverfahren für die Vergabe von Konzessionen teilzunehmen (Art. 22 Abs. 11 des Gesetzes Nr. 289 vom 27. Dezember 2002)(11), und hob die Regelung auf, die Inhabern von Konzessionen nicht gestattete, durch zu diesem Zweck bevollmächtigte Personen tätig zu werden (Art. 14b des Decreto legge Nr. 35 vom 14. März 2005, umgewandelt in das Gesetz Nr. 80 vom 14. Mai 2005)(12). 

16.      Diesen Änderungen folgte die Reform durch das Bersani-Dekret, auf dessen Grundlage die Amministrazione Autonoma dei Monopoli di Stato (Autonome Staatsmonopolverwaltung, im Folgenden: AAMS) zwei Ausschreibungsverfahren für die Vergabe von mehr als 16 000 Konzessionen für den Vertrieb von Sportwetten einschließlich Pferdewetten veröffentlichte. Die Verfahren endeten im Dezember 2006 mit der Vergabe von 14 000 neuen Konzessionen an verschiedene nationale und ausländische Wirtschaftsteilnehmer.

17.      Stanley teilte den italienischen Behörden ihr Interesse an der Teilnahme an den neuen Ausschreibungen im Jahr 2006 mit und bat die AAMS um eine Reihe von Erläuterungen zu den Ausschreibungsbedingungen. Stanley bat insbesondere um Klarstellungen zu Art. 23 des Schemas für einen Vertrag zwischen der AAMS und den künftigen Konzessionsnehmern, der u. a. folgende Voraussetzungen für einen Konzessionsentzug vorsah:

–        „wenn gegen den Konzessionsnehmer, seinen gesetzlichen Vertreter oder seine Verwaltungsratsmitglieder Vorbeugemaßnahmen ergriffen oder der zuständige Richter um Entscheidung in der Sache ersucht wird, ob einer der im Gesetz Nr. 55 vom 19. Mai 1990 geregelten Straftatbestände erfüllt ist, sowie in den übrigen Fällen von Straftaten, die geeignet sind, die vom Vertrauen getragenen Beziehungen mit der AAMS zu zerrütten, oder bei schwerwiegenden oder wiederholten Verstößen gegen die geltenden Bestimmungen zur Regelung öffentlicher Glücksspiele, einschließlich der Verstöße gegen die geltenden Bestimmungen durch Dritte, die der Konzessionsnehmer mit Nebenleistungen zur Annahme von Online-Sportwetten beauftragt hat“ (Abs. 2);

–        und „wenn der Konzessionsnehmer selbst oder durch eine mit ihm verbundene Gesellschaft – ungeachtet der Natur dieser Verbindung – auf italienischem Gebiet oder über Server, die sich außerhalb des Staatsgebiets befinden, Glücksspiele anbietet, die mit öffentlichen Glücksspielen oder anderen von der AAMS verwalteten Glücksspielen oder in Italien verbotenen Glücksspielen vergleichbar sind“ (Abs. 3).

18.      Nach Art. 23 Abs. 6 des Vertragsschemas (durch das die Konzession vertraglich geregelt werden soll) führt der Widerruf oder der Entzug der Konzession zum Verfall der vom Konzessionsnehmer zugunsten der AAMS geleisteten Sicherheit, „unbeschadet eines darüber hinausgehenden Schadensersatzanspruchs“.

19.      Angesichts der Erläuterungen der AAMS nahm Stanley von einer Teilnahme an der Ausschreibung Abstand. Die Herren Costa und Cifone beantragten dennoch die entsprechende polizeiliche Genehmigung für ihre Tätigkeit als Wettvermittler.

20.      Am 27. November 2006 legte Stanley beim Tribunale amministrativo regionale del Lazio gegen verschiedene Rechtshandlungen im Rahmen des Ausschreibungsverfahrens ein Rechtsmittel ein, über das noch nicht entschieden wurde(13). 

B –    Rechtssache C‑72/10, Costa

21.      Am 20. Oktober 2008 beantragte die Staatsanwaltschaft beim Tribunale di Roma, Herrn Costa wegen „eines Vergehens nach Art. 4 Abs. 4a und Art. 1 Unterabs. 1 des Gesetzes Nr. 401/89“ zu verurteilen, da er rechtswidrig, ohne im Besitz der gesetzlich erforderlichen Konzession und der polizeilichen Genehmigung zu sein, einer organisierten Tätigkeit zum Zweck der Annahme oder des Sammelns von Sportwetten auf Rechnung einer ausländischen Gesellschaft durch elektronische Übertragung von Daten an diese nachgegangen sei und auf diese Weise für diese Gesellschaft die Rolle eines Vermittlers wahrgenommen habe, die Wetten annehme, ohne die erforderliche Konzession zu besitzen.

22.      Der Giudice delle indagini preliminari (Ermittlungsrichter) beim Tribunale di Roma hat in seiner Entscheidung vom 27. Januar 2007 die Auffassung vertreten, er müsse die innerstaatliche Regelung unangewendet lassen, weil die Corte Suprema di Cassazione unter Anwendung der vom Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften festgelegten Grundsätze entschieden habe, dass die einschlägigen italienischen Rechtsvorschriften gegen die Grundsätze des EG-Vertrags verstießen. Folglich sei gegen Herrn Costa nicht weiter zu ermitteln, „weil der Tatbestand nicht mehr als Vergehen anzusehen ist“.

23.      Die Staatsanwaltschaft hat gegen diese Entscheidung Kassationsbeschwerde bei der Corte Suprema di Cassazione eingelegt. Einerseits sei die neue nationale Regelung nach dem Bersani-Dekret mit dem Unionsrecht vereinbar, und andererseits habe Stanley an den anhand dieses neuen Rechtsrahmens durchgeführten Ausschreibungen nicht teilgenommen. Angesichts des Fehlens einer die Konzession für Stanley ablehnenden, verwaltungsgerichtlich anfechtbaren Entscheidung der italienischen Behörden sei Herr Costa nicht berechtigt, angebliche Verstöße der italienischen Glücksspielbehörden zu rügen und die Nichtanwendung der Regelung zu fordern, deren Anwendung er sich aus freien Stücken entzogen habe.

C –    Rechtssache C‑77/10, Cifone

24.      Am 26. Mai 2009 erließ der Giudice delle indagini preliminari del Tribunale di Trani auf Antrag der Staatsanwaltschaft gegen Herrn Cifone einen Beschluss, mit dem er wegen eines Verstoßes gegen Art. 4 Abs. 4a und 4b des Gesetzes Nr. 401/89 und gegen die Art. 106 und 132 Abs. 1 des Decreto legge Nr. 385 von 1983 die vorläufige Beschlagnahme seines Geschäftslokals und seiner Computer anordnete.

25.      Herr Cifone focht diesen Beschluss beim Tribunale del Riesame di Bari an, das mit Beschluss vom 10. Juli 2008 die Beschlagnahme nur wegen des in Art. 4 des Gesetzes Nr. 401/89 geregelten Verstoßes, also weil er ohne Konzession oder Genehmigung der AAMS oder eine polizeiliche Genehmigung die Tätigkeit der Annahme von Wetten durchgeführt habe, bestätigt.

26.      Am 9. September 2008 legte Herr Cifone Kassationsbeschwerde gegen diesen Beschluss ein und beantragte seine Aufhebung und die Nichtanwendung der nationalen Regelung. Er machte insoweit geltend, dass diese Regelung, indem sie die alten Konzessionen für gültig erkläre, Grenzen für die Einrichtung neuer Annahmestellen vorsehe und Voraussetzungen für den Entzug der Konzessionen einführe, die schwerwiegend diskriminierend seien, gegen das Recht der Union verstoße. Daher beantragte er bei der Corte Suprema di Cassazione, dem Gerichtshof ein Vorabentscheidungsersuchen vorzulegen.

D –    Vorlagefrage

27.      Da sie der Ansicht ist, dass angesichts der neuen Glücksspielregelung Auslegungszweifel hinsichtlich der Reichweite der in Art. 43 EG bzw. Art. 49 EG niedergelegten Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit bestehen, und daher zu klären ist, ob diese Freiheiten durch ein nationales System mit den Merkmalen des italienischen eingeschränkt werden, hat die Corte Suprema di Cassazione die beiden Ausgangsverfahren ausgesetzt und in beiden folgende Vorlagefrage gestellt:

Wie sind die Art. 43 EG und 49 EG in Bezug auf die Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit im Bereich der Sportwetten auszulegen, um festzustellen, ob die angeführten Bestimmungen des Vertrags eine nationale Regelung zulassen, die eine Monopolstellung zugunsten des Staates und ein System von Konzessionen und Genehmigungen festlegt und für eine bestimmte Anzahl von Konzessionsnehmern Folgendes vorsieht: a) eine allgemeine Ausrichtung des Schutzes für die Inhaber von Konzessionen, die früher aufgrund eines Verfahrens erteilt wurden, das rechtswidrig einen Teil der Wirtschaftsteilnehmer ausschloss; b) die Geltung von Vorschriften, die praktisch die Aufrechterhaltung von Geschäftspositionen sicherstellen, die aufgrund eines Verfahrens erworben wurden, das rechtswidrig einen Teil der Wirtschaftsteilnehmer ausschloss (wie etwa das Verbot für neue Konzessionsnehmer, ihre Schalter näher als in der festgelegten Entfernung von einem bereits bestehenden Schalter zu eröffnen); c) die Festlegung von Tatbeständen des Konzessionsentzugs oder des Verfalls von Sicherheitsleistungen in erheblicher Höhe, darunter den Fall, dass der Konzessionsnehmer unmittelbar oder mittelbar grenzüberschreitenden Wetttätigkeiten nachgeht, die mit den konzessionierten vergleichbar sind?

IV – Verfahren vor dem Gerichtshof

28.      Die Vorlagebeschlüsse sind am 9. Februar 2010 in das Register der Kanzlei des Gerichtshofs eingetragen worden.

29.      Spanien, Belgien, Portugal, Italien, die Kommission sowie die Herren Costa und Cifone haben schriftliche Erklärungen eingereicht.

30.      In der Sitzung vom 29. Juni 2011 sind Vertreter der Herren Costa und Cifone, der Kommission, der Italienischen Republik, Belgiens, Maltas und Portugals erschienen, um ihr Vorbringen mündlich zu erläutern.

V –    Zulässigkeit der Vorlagefrage

31.      Die italienische Regierung hat eine Reihe von Einwänden gegen die Zulässigkeit der Vorlagefrage erhoben.

32.      Erstens sei die Vorlagefrage hypothetisch. Eine eventuelle Feststellung der Unvereinbarkeit der neuen italienischen Regelung mit dem Recht der Union habe keine Folgen für die Beschuldigten der Ausgangsverfahren, denn Stanley habe freiwillig von einer Teilnahme an den Ausschreibungen von 2006 Abstand genommen, die nach dieser neuen Regelung durchgeführt worden seien. Letztendlich könnten die Charakteristika einer Konzessionsregelung, von der kein Gebrauch gemacht worden sei, keinen Einfluss auf die strafrechtliche Situation der Herren Costa und Cifone haben.

33.      Diese machen demgegenüber geltend, dass die durch die neue Regelung eingeführten Beschränkungen die Entscheidung von Stanley, die Konzession nicht zu beantragen, bedingt hätten, so dass sich eine mögliche Rechtswidrigkeit des Systems bei Anwendung des Urteils Placanica auf laufende Strafverfahren auswirken könne. Dieser Gedanke ist derselbe, der dem Vorabentscheidungsersuchen zugrunde zu liegen scheint, für das nach ständiger Rechtsprechung die Vermutung für seine Entscheidungserheblichkeit spricht, so dass es zulässig ist(14). 

34.      Zweitens meint die italienische Regierung, dass die Vorlagefrage unzulässig sei, da sie zu allgemein formuliert sei. Meiner Auffassung nach werden in den Vorlagebeschlüssen der Corte Suprema di Cassazione der Sachverhalt und der normative Kontext, in denen die Vorlagefrage angesiedelt ist, erläutert, so dass sie insoweit hinreichende Angaben enthalten, die dem Gerichtshof eine sachdienliche Antwort ermöglichen(15). 

35.      Die Vorlagefrage ist daher zulässig.

VI – Prüfung der Vorlagefrage

A –    Zum Vorliegen von Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs und zur Frage ihrer Rechtfertigung

36.      Nach ständiger Rechtsprechung stellen die Bestimmungen, auf die sich die Vorlagefrage bezieht (ein mutmaßlicher besonderer Schutz für alte Konzessionsnehmer, die Mindestabstandsregelung zum Schutz ihrer Position und die Festlegung von Tatbeständen des Konzessionsentzugs), eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit (Art. 49 AEUV) und des freien Dienstleistungsverkehrs (Art. 56 AEUV) dar, soweit sie geeignet sind, ihre Ausübung zu unterbinden oder weniger attraktiv zu machen(16). 

37.      Die genannten Beschränkungen können aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt sein, wenn sie nicht diskriminierend sind, geeignet sind, die Verwirklichung des mit ihnen verfolgten Ziels zu gewährleisten (Grundsatz der Kohärenz oder der Angemessenheit), und nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist (Grundsatz der Verhältnismäßigkeit)(17).

38.      Parallel zu diesen strengen Voraussetzungen geht der Gerichtshof seit dem Urteil Schindler(18), das auf diesem Gebiet bahnbrechend war, davon aus, dass bei der Untersuchung dieses Sektors weder „die sittlichen, religiösen oder kulturellen Erwägungen, die in allen Mitgliedstaaten zu Lotterien ebenso wie zu den anderen Glücksspielen angestellt werden“, noch der Umstand, dass Glücksspiele „die Gefahr von Betrug und anderen Straftaten erhöhen“ und „zu Ausgaben [verleiten], die schädliche persönliche und soziale Folgen haben können“, außer Betracht bleiben dürfen. Nach ständiger Rechtsprechung „rechtfertigen es [diese Besonderheiten], dass die staatlichen Stellen über ein ausreichendes Ermessen verfügen, um festzulegen, welche Erfordernisse sich bezüglich der Art und Weise der Veranstaltung von Lotterien, der Höhe der Einsätze sowie der Verwendung der dabei erzielten Gewinne aus dem Schutz der Spieler und allgemeiner nach Maßgabe der soziokulturellen Besonderheiten jedes Mitgliedstaats aus dem Schutz der Sozialordnung ergeben“(19). Es steht den Mitgliedstaaten daher „frei, die Ziele ihrer Politik auf dem Gebiet der Glücks- und Geldspiele festzulegen und gegebenenfalls das angestrebte Schutzniveau genau zu bestimmen“(20).

B –    Zu dem mit den streitigen Bestimmungen verfolgten Ziel des Allgemeininteresses: seine Beschränkung im Fall Italiens

39.      Nachdem das Bestehen von Beschränkungen der Freiheiten festgestellt ist, besteht der erste Schritt des logischen Prozesses zu ihrer Rechtfertigung in der Identifizierung des Ziels, des mit den streitigen Bestimmungen verfolgten „zwingenden Grundes des Allgemeininteresses“, der später einer zweifachen Prüfung der Kohärenz und der Verhältnismäßigkeit zu unterziehen ist.

40.      Innerhalb des weiten Handlungsspielraums, der, wie bereits ausgeführt wurde, den Mitgliedstaaten auf diesem Gebiet eingeräumt wird, lässt die Rechtsprechung als solche zwingenden Gründe des Allgemeininteresses die Ziele des „Verbraucherschutzes, der Betrugsvorbeugung und der Vermeidung von Anreizen für die Bürger zu überhöhten Ausgaben für das Spielen sowie der Verhütung von Störungen der sozialen Ordnung im Allgemeinen“(21) gelten. 

41.      Der Gerichtshof hat im Urteil Placanica jedoch auch festgestellt, dass „der italienische Gesetzgeber im Bereich der Glücksspiele eine expansive Politik mit dem Ziel betreibt, die Staatseinnahmen zu erhöhen“, so dass „die italienischen Rechtsvorschriften weder mit dem Ziel einer Beschränkung der Spielleidenschaft der Verbraucher noch mit dem einer Eindämmung des Spielangebots gerechtfertigt werden können“(22). Im aktuellen Kontext scheint diese kategorische Feststellung nicht nur ihre Gültigkeit nicht verloren zu haben, sondern durch die Entscheidung der italienischen Behörden, im Jahr 2006 14 000 neue Glücksspielkonzessionen zu vergeben, noch bestärkt worden zu sein(23).

42.      Hätte der italienische Gesetzgeber eine Politik der Beschränkung der Gelegenheiten zum Spiel betreiben wollen, hätte er sich für die Alternativlösung entscheiden müssen, die aus dem Urteil Placanica folgt: Er hätte die Konzessionen aus dem Jahr 1999 widerrufen und neu zuteilen müssen, ohne ihre Anzahl zu erhöhen. Stattdessen nahm er quantitativ wie qualitativ eine außerordentliche Erweiterung des Sektors vor und bot den italienischen Spielern größere und immer vielfältigere Spielmöglichkeiten. Es geht sicher nicht zu weit, wenn man an dieser Stelle feststellt, dass die italienische Politik auf diesem Gebiet das Glücksspiel trivialisiert hat, indem sie es immer weiter öffnete. Trotz der zahlreichen Kontrollen und Beschränkungen, die, wie weiter unten gezeigt wird, den Konzessionsnehmern weiterhin auferlegt werden, war ihre Vervielfältigung so nachhaltig, dass man praktisch von einem „liberalisierten“, wenn auch reglementierten, Sektor sprechen kann. Daher sind die Bekämpfung der Spielsucht und die Verringerung der Gelegenheiten zum Spiel weiterhin keine glaubhaften Ziele der italienischen Glücksspielregelung, insbesondere nicht nach den Reformen des Jahres 2006.

43.      Im Urteil Placanica wurde ferner festgestellt, dass „[e]ine Politik der kontrollierten Expansion im Glücksspielsektor … ohne Weiteres mit dem Ziel in Einklang stehen [kann], Spieler, die als solchen verbotenen Tätigkeiten geheimer Spiele oder Wetten nachgehen, dazu zu veranlassen, zu erlaubten und geregelten Tätigkeiten überzugehen“. Ein in diesem Kontext akzeptables Ziel bestünde daher darin „die Glücksspieltätigkeiten in kontrollierbare Bahnen zu lenken, um ihrer Ausnutzung zu kriminellen oder betrügerischen Zwecken vorzubeugen“(24). 

44.      Auf der Linie mit den sich aus dem Urteil Placanica ergebenden Anforderungen und sie in gewisser Weise vorwegnehmend wurden im Bersani-Dekret ausdrücklich als Ziele der neuen Regelung genannt, „der Ausbreitung des regelwidrigen und illegalen Spielens sowie der Steuerumgehung und ‑hinterziehung im Bereich des Spiels entgegenzuwirken und den Schutz des Spielers sicherzustellen“.

45.      Die vorstehenden Ausführungen zum verfolgten Ziel des Allgemeininteresses sind, wie wir weiter unten sehen werden, außerordentlich bedeutsam, da sie die Weichen für die gesamte Prüfung der streitigen Maßnahmen stellen.

C –    Zur möglichen Rechtfertigung der Beschränkungen: die Voraussetzungen der Nichtdiskriminierung, der Eignung und der Verhältnismäßigkeit

46.      Nachdem das Ziel festgestellt ist, ist für jede mit den nationalen Rechtsvorschriften auferlegte Beschränkung – gesondert – zu prüfen(25), ob sie die sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs ergebenden Voraussetzungen erfüllt: nicht diskriminierender Charakter, Eignung bzw. Kohärenz und Verhältnismäßigkeit.

1.      Das Monopolsystem mit einem Numerus clausus unterliegenden Konzessionen

47.      Dem vorlegenden Gericht zufolge legt die italienische Regelung „eine Monopolstellung zugunsten des Staates“ und ein System von Konzessionen und Genehmigungen fest.

48.      Die Rechtsprechung hat wiederholt, und insbesondere für Italien, festgestellt, dass eine nationale Regelung, „die die Ausübung von Tätigkeiten im Glücksspielsektor ohne eine vom Staat erteilte Konzession oder polizeiliche Genehmigung unter Strafandrohung verbietet, eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs darstellt“(26). Diese Beschränkungen können jedoch durch das Ziel gerechtfertigt sein, der Ausnutzung von Tätigkeiten in diesem Sektor zu kriminellen oder betrügerischen Zwecken vorzubeugen(27).

49.      Es genügt insofern die Feststellung, dass es allein Sache der nationalen Gerichte ist, zu beurteilen, ob die nationale Regelung diesem Ziel entspricht und sie dem Erfordernis der Verhältnismäßigkeit genügt. Dabei müssen sie insbesondere die im Jahr 2006 erfolgte Erhöhung der Zahl der Konzessionen berücksichtigen.

2.      Die mutmaßliche „allgemeine Ausrichtung des Schutzes“ für die Inhaber alter Konzessionen

50.      Die Corte Suprema di Cassazione nimmt sodann Bezug auf „eine allgemeine Ausrichtung des Schutzes für die Inhaber von Konzessionen, die früher aufgrund eines Verfahrens erteilt wurden, das rechtswidrig einen Teil der Wirtschaftsteilnehmer ausschloss“ (die Konzessionen aus dem Jahr 1999).

51.      Ein spezifisches System zum Schutz alter Konzessionsnehmer würde gewiss eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs darstellen(28), die kaum zu rechtfertigen wäre, da mit ihm ein eindeutig wirtschaftliches Ziel verfolgt würde (zu verhindern, dass das neue System zu einem übermäßigen „Wettbewerbsdruck“ – um bei dem von der italienischen Regierung benutzten Begriff zu bleiben – für die bereits etablierten Wirtschaftsteilnehmer führt)(29). 

52.      Um eine derart allgemeine Feststellung treffen zu können, bedarf es konkreter Angaben zum Bestehen dieses möglicherweise rechtswidrigen Schutzes. Zu diesem Punkt enthält der Vorlagebeschluss nur wenige Angaben. Es handelt sich zweifellos nicht um einen Gedanken, den die Corte Suprema di Cassazione allein äußert. Herr Costa zitiert in seinem Schriftsatz eine lange Reihe von Urteilen, in denen Ähnliches zum Ausdruck kommt. Dessen ungeachtet liefert das vorlegende Gericht keine konkrete Begründung für seine Behauptung, dass eine „allgemeine Ausrichtung des Schutzes“ bestehe.

53.      Die Kommission ist der Ansicht, dass sich der Vorlagebeschluss mit dieser Feststellung schlicht und einfach auf das Fortgelten der Konzessionen aus dem Jahr 1999 bezieht. Soweit diese Konzessionen aufgrund eines Verfahrens, dessen Unvereinbarkeit mit dem Recht der Union später festgestellt wurde, vergeben wurden, könnte ihr Fortgelten als Ausnahme betrachtet werden. Seit den Ausschreibungen im Jahr 2006 teilen sich die alten Konzessionsnehmer allerdings den Markt für Sportwetten mit den Inhabern der 14 000 neuen Konzessionen. Diese Option wurde im Urteil Placanica ausdrücklich für zulässig erklärt(30). Generell wäre die vom italienischen Gesetzgeber gewählte Lösung daher mit den Feststellungen in diesem Urteil vereinbar, sofern die italienischen Gerichte feststellen, dass die Zahl der neu vergebenen Konzessionen (14 000) „geeignet“ ist, um die rechtswidrigen Folgen der Ausschreibung im Jahr 1999 zu beseitigen.

54.      Meiner Ansicht nach ist die Zahl von 14 000 neuen Konzessionen grundsätzlich im Sinne des Urteils Placanica „geeignet“ oder gar mehr als ausreichend, um den Bedarf der 1999 rechtswidrig ausgeschlossenen Wirtschaftsteilnehmer zu erfüllen. Es reicht insoweit die Feststellung, dass im Rahmen der 2006 durchgeführten Ausschreibungen 16 000 Konzessionstitel angeboten, am Ende aber nur 14 000 vergeben wurden. Diese Umstände führen sämtlich zu der Annahme, dass nach dem Urteil Placanica auch die 2006 parallel zu den neuen Ausschreibungen erfolgte Verlängerung der alten Konzessionen bis 2012 zulässig ist. Aus dieser Sicht verstößt der „Schutz“ in Form des Fortgeltens der alten Konzessionen nicht schon für sich gegen das Unionsrecht.

55.      Es darf allerdings nicht außer Acht gelassen werden, dass die im nationalen Recht vorgesehene Regelung zur Wiederherstellung der Rechte der rechtswidrig ausgeschlossenen Wirtschaftsteilnehmer „die Ausübung der durch die Gemeinschaftsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren [darf] (Effektivitätsgrundsatz)“(31). Der Effektivitätsgrundsatz verlangt in der Tat, dass die vom italienischen Gesetzgeber gewählte Lösung (die Vergabe neuer Konzessionen, die zu den bereits bestehenden hinzukommen) nicht ebenfalls zum rechtswidrigen Ausschluss bestimmter Wirtschaftsteilnehmer führt.

56.      Die Herren Costa und Cifone haben geltend gemacht, dass die neuen Bestimmungen, nach denen die Ausschreibungen im Jahr 2006 durchgeführt worden seien, die Teilnahme von Stanley, statt sie zu ermöglichen (indem Stanley „die Ausübung der durch die Gemeinschaftsrechtsordnung verliehenen Rechte“ gestattet werde), aufgrund der Einführung von Regeln, die einerseits den Wettbewerbsvorteil der alten Konzessionsnehmer übermäßig schützten (insbesondere durch die Einführung von Mindestabständen zwischen den Annahmestellen) und durch die andererseits die Teilnahme des Unternehmens sinnlos geworden sei (da es den automatischen Entzug der Konzession riskiert habe), praktisch unmöglich gemacht hätten.

57.      In der Regelung der Mindestabstände und der Voraussetzungen für den Konzessionsentzug in den streitigen Bestimmungen kommt nach Ansicht der Herren Costa und Cifone die „allgemeine Ausrichtung des Schutzes“ der alten Konzessionsnehmer, auf die die Vorlagefrage Bezug nehme und die ihnen zufolge auch in Art. 38 Abs. 2 und 4 Buchst. l des Bersani-Dekrets, der ausdrücklich die Regelung der „Modalitäten des Schutzes der Konzessionsnehmer“ vorsehe, ihren Niederschlag gefunden hat, in aller Deutlichkeit zum Ausdruck.

58.      Zusammenfassend ist daher festzustellen, dass eine nationale Regelung, die „eine allgemeine Ausrichtung des Schutzes für die Inhaber von Konzessionen, die früher aufgrund eines Verfahrens erteilt wurden, das rechtswidrig einen Teil der Wirtschaftsteilnehmer ausschloss“, eine nicht gerechtfertigte Beschränkung der im Vertrag niedergelegten Freiheiten darstellen kann. Insbesondere ist im Fall Italiens die Bestimmung, auf die Bezug genommen wird (Art. 38 Abs. 2 und Art. 4 Buchst. l des Bersani-Dekrets), ein wenig kryptisch formuliert. Die Feststellung ihrer Reichweite ist ausschließlich Sache der italienischen Gerichte, die allein für die Auslegung des nationalen Rechts zuständig sind.

59.      Andererseits müssen mangels genauerer Angaben des vorlegenden Gerichts im vorliegenden Fall die Regelung der Mindestabstände und der Voraussetzungen für den Konzessionsentzug, in denen die mutmaßliche „allgemeine Ausrichtung des Schutzes“ möglicherweise konkret zum Ausdruck kommt, jeweils gesondert geprüft werden.

3.       Die Regelung der von den neuen Konzessionsnehmern einzuhaltenden Mindestabstände

60.      Die Corte Suprema di Cassazione hat auch Zweifel, ob „Vorschriften, die praktisch die Aufrechterhaltung von Geschäftspositionen sicherstellen, die aufgrund eines Verfahrens erworben wurden, das rechtswidrig einen Teil der Wirtschaftsteilnehmer ausschloss“, mit dem Recht der Union vereinbar sind, und nennt beispielhaft „das Verbot für neue Konzessionsnehmer, ihre Schalter näher als in der festgelegten Entfernung von einem bereits bestehenden Schalter zu eröffnen“.

61.      Tatsächlich wurde durch das Bersani-Dekret ein System von Mindestabständen zwischen Spiel- und Wettannahmestellen geschaffen, das durch das Decreto legge Nr. 149 vom 25. September 2008 aufgehoben wurde(32). Nach Art. 38 Abs. 2 Buchst. f und g des Bersani-Dekrets mussten Annahmestellen einen Mindestabstand zu „denen, für die bereits eine Konzession vergeben worden war“, einhalten(33). Für Annahmestellen, in denen der Vertrieb von Wetten eine Nebentätigkeit darstellt, sieht die Bestimmung zusätzlich vor, dass die Abstände „unbeschadet der am 30. Juni 2006 betriebenen Annahmestellen für Prognosewettbewerbe auf sportlicher Grundlage“ einzuhalten sind(34). 

62.      Die italienische Regierung macht zur Rechtfertigung der Maßnahme geltend, dass damit eine gleichmäßige Verteilung der Wettannahmestellen über das Staatsgebiet gewährleistet werden solle, um die zweifach schädliche Folge einer Anhäufung von Wettbüros an bestimmten Orten für die Verbraucher zu vermeiden: dass diejenigen, die in der Nähe solcher Orte leben, einem Angebotsüberschuss ausgesetzt sind, und diejenigen, die in „schlechter versorgten“ Orten leben, an illegalen Spielen teilnehmen. Damit wird indirekt ein zweifaches Ziel des Allgemeininteresses angesprochen: zum einen die Bekämpfung der Spielsucht und zum anderen die Verhütung von Straftaten und Betrug in dem Sektor.

63.      Die Berufung auf die Bekämpfung der Spielsucht ist, worauf bereits hingewiesen wurde, im italienischen Kontext, der sich „im Glücksspielsektor [durch] eine expansive Politik“(35) auszeichnet, wenig überzeugend. Eine entsprechende Anwendung der Argumente im Urteil Blanco Pérez und Chao Gómez(36), nach dem eine Mindestabstandsregelung für Apotheken mit Art. 49 AEUV vereinbar ist, da sie durch zwingende Belange des Schutzes der Gesundheit gerechtfertigt ist(37), ist meiner Ansicht nach ausgeschlossen. Zwar scheinen sich die Argumente der italienischen Regierung an einigen Punkten dieses Urteils zu orientieren(38). Im vorliegenden Fall ist aus den bereits dargestellten Gründen eine Berufung auf zwingende Belange des Schutzes der Gesundheit (insbesondere die Bekämpfung der Spielsucht) jedoch ausgeschlossen.

64.      Es bliebe der Rechtfertigungsgrund der Verhütung von Straftaten und des Betrugs im Glücksspielsektor, der ebenfalls, wie bereits ausgeführt wurde, ein Ziel im Allgemeininteresse darstellt, durch das Beschränkungen der Vertragsfreiheiten gerechtfertigt sein können. Meiner Ansicht nach weist das System der Mindestabstände zwischen Wettbüros so gut wie keinen Anknüpfungspunkt mit diesem Ziel auf.

65.      Selbst wenn ein hinreichend breites, attraktives und bekanntes Angebot an legalen Glücksspielen zur Bekämpfung von Straftaten in dem Sektor beitragen kann, dürfte seine gleichmäßige Verteilung über das Staatsgebiet keinen Mechanismus darstellen, der aus der Sicht der Verhältnismäßigkeit für die Verhütung von Betrug und Straftaten auf diesem Gebiet unumgänglich ist.

66.      Zwar besteht mangels einer zwingenden Mindestabstandsregelung in der Tat die Gefahr, dass sich ein bedeutender Teil der Annahmestellen auf dichter besiedelte oder wirtschaftlich aktivere Gegenden des Staatsgebiets konzentriert, doch ist eine gewisse Skepsis angebracht im Hinblick darauf, dass dieser Umstand einen bedeutenden Teil der Spieler, die ihren Wohnsitz in Gegenden mit geringerem oder gar nicht vorhandenem Angebot haben, dazu veranlassen wird, sich für illegale Anbieter zu entscheiden. Umgekehrt scheint eine territorial gleichmäßige Verteilung des rechtmäßigen Glücksspielangebots kein ausreichendes Mittel zu sein, um zu verhindern, dass sich bestimmte Spieler an illegale Wirtschaftsteilnehmer wenden.

67.      Auf der anderen Seite ist daran zu erinnern, dass die Mindestabstandsregelung ausschließlich für die neuen Konzessionsnehmer gegenüber den bereits etablierten gilt. Dies scheint den im Vorlagebeschluss zum Ausdruck kommenden Gedanken zu bestätigen, dass die Mindestabstandsregelung auf die Wahrung der „Geschäftspositionen“ der alten Konzessionsnehmer gerichtet ist und ihnen praktisch einen bestimmten Wettbewerbsvorteil gegenüber denjenigen gewährleistet, die bis zu den Ausschreibungen im Jahr 2006 keinen Marktzugang hatten und die gezwungen wären, sich an geschäftlich weniger interessanten Orten niederzulassen. Dadurch wird die Kohärenz der Maßnahme im Hinblick auf das von der italienischen Regierung angeführte Ziel der Verhütung der Kriminalität in Frage gestellt.

68.      In dem Urteil vom 11. März 2010, Attanasio Group(39), in dem es um die italienische Regelung über Mindestabstände zwischen Tankstellen ging, wurde festgestellt, dass eine derartige Maßnahme, die den Marktzugang neuer Wirtschaftsteilnehmer behindert, „eher die Position der bereits in Italien ansässigen Wirtschaftsteilnehmer zu stärken [scheint], ohne dass die Verbraucher echte Vorteile davon hätten“. Diese Maßnahme scheint letztendlich auf ein rein wirtschaftliches Motiv gerichtet zu sein, das, wie bereits dargelegt wurde, unter keinen Umständen einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses im Sinne der Rechtsprechung darstellen kann(40). 

69.      Zusammenfassend stehen die Art. 49 AEUV und 53 AEUV einer nationalen Regelung entgegen, die praktisch die Aufrechterhaltung von Geschäftspositionen sicherstellt, die aufgrund eines Verfahrens erworben wurden, das rechtswidrig einen Teil der Wirtschaftsteilnehmer ausschloss. Insbesondere stehen sie dem Verbot für neue Konzessionsnehmer, ihre Annahmestellen näher als in der festgelegten Entfernung von bereits bestehenden zu eröffnen, entgegen.

4.      Die Regelung über den Konzessionsentzug

a)      Der Entzug wegen Vertriebs von Spielen, die öffentlichen oder verbotenen Glücksspielen vergleichbar sind, „in Italien oder über Server, die sich außerhalb des Staatsgebiets befinden“ (Art. 23 Abs. 3 des Vertragsschemas für Konzessionsnehmer)

70.      Schließlich fragt die Corte Suprema di Cassazione den Gerichtshof nach der Rechtmäßigkeit der italienischen Regelung über den Entzug der Glücksspielkonzessionen (die zudem zum Verlust der Sicherheitsleistung führt) unter besonderer Bezugnahme auf den „Fall, dass der Konzessionsnehmer unmittelbar oder mittelbar grenzüberschreitenden Wetttätigkeiten nachgeht, die mit den konzessionierten vergleichbar sind“.

71.      Man könnte annehmen, dass das italienische Gericht sich damit auf den in Art. 23 Abs. 3 des zur Regelung der künftigen Konzessionen berufenen Konzessionsschemas geregelten Entzugstatbestand bezieht. Nach dieser Bestimmung wird eine Konzession entzogen, „wenn der Konzessionsnehmer selbst oder durch eine mit ihm verbundene Gesellschaft – ungeachtet der Natur dieser Verbindung – auf italienischem Gebiet oder über Server, die sich außerhalb des Staatsgebiets befinden, Glücksspiele anbietet, die mit öffentlichen Glücksspielen oder anderen von der AAMS verwalteten Glücksspielen oder in Italien verbotenen Glücksspielen vergleichbar sind“.

72.      Obwohl nach der Rechtsprechung Aufgabe des vorlegenden Gerichts ist, in den bei ihm anhängigen Rechtssachen zu klären, welches die richtige Auslegung des nationalen Rechts ist(41), veranlassen mich der unklare Wortlaut der streitigen Bestimmung sowie zu diesem Punkt die Vorlagefrage selbst dazu, mit zwei alternativen Auslegungshypothesen zu Art. 23 Abs. 3 zu arbeiten(42). 

i)      Erste Hypothese: Entzug wegen grenzüberschreitender Tätigkeit

73.      Eine erste Hypothese führt zu der Annahme, dass die Bestimmung, indem sie sich auf die Vermarktung bestimmter Ziele „über Server, die sich außerhalb des Staatsgebiets befinden“ bezieht, jede grenzüberschreitende Spieltätigkeit verhindern soll, insbesondere die, die Stanley über seine DÜZ ausübt.

74.      Diese Auslegung scheinen die Herren Costa und Cifone sowie die Corte Suprema di Cassazione selbst zu vertreten. Sie ergibt sich auch aus einer langen Reihe von Urteilen der nationalen Gerichte(43) und findet zudem ihre Stütze in dem Briefwechsel zwischen AAMS und Stanley anlässlich der Ausschreibungen im Jahr 2006.

75.      Auf die Frage von Stanley, ob „die von Stanley unmittelbar oder über die ihr angeschlossenen DÜZ ausgeübte Tätigkeit von der Verwaltung als Verletzung der Grundsätze und Bestimmungen in den Ausschreibungsunterlagen (insbesondere Art. 23 des Konzessionsschemas) betrachtet wird“, hat die AAMS mit Schreiben vom 6. Oktober 2006 geantwortet, dass die Teilnahme an den Ausschreibungen den in Italien erklärten Verzicht auf die Ausübung grenzüberschreitender Tätigkeiten voraussetze, und insbesondere bestätigt, dass es das neue System den Bewerbern ermöglichen würde, „Netze von Annahmestellen zu schaffen, die nach Maßgabe einer eigenständigen Beurteilung auch nationalen Charakter haben können“, und präzisiert, dass „diese Netze naturgemäß dazu neigen, die alten Netze zu ersetzen, und in diesem Zusammenhang durch Art. 23 des Konzessionsschemas ein geeigneter Schutz für die Investitionen geschaffen wird, den diese Konzessionsnehmer getätigt haben“.

76.      Neben der bemerkenswerten Unbestimmtheit dieser Antwort hatte der Eindruck, dass die Tätigkeit von Stanley (die eine grenzüberschreitende telematische Tätigkeit umfasst) oder zumindest ihr derzeitiges Vertriebsnetz mit der Vergabe einer der neuen Konzessionen unvereinbar war, zur Folge, dass das Unternehmen von der Teilnahme an der Ausschreibung Abstand nahm.

77.      Wenn die Corte Suprema di Cassazione zu dem Ergebnis käme, dass Art. 23 Abs. 3 des Konzessionsschemas einen automatischen Konzessionsentzug vorsieht, nur weil eine grenzüberschreitende Wetttätigkeit erfolgt, müsste man feststellen, dass die Maßnahme eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs darstellt. Zudem erscheint mir ihre Rechtfertigung mit dem Ziel der Verhütung von Straftaten und Betrug in dem Sektor ausgesprochen künstlich.

78.      Der Gerichtshof hat zwar in seinem Urteil Liga Portuguesa anerkannt, dass die Mitgliedstaaten bezüglich der über das Internet angebotenen Glücksspiele über einen weiten Handlungsspielraum verfügen(44). Dieser Gedanke kann aber nicht auf den vorliegenden Fall übertragen werden, in dem, wenn sich die hier vertretene Hypothese bestätigt, nicht die Kontrolle des Spiels über das Internet in Frage steht, sondern das Verbot jeder grenzüberschreitenden Tätigkeit in diesem Sektor. In dem dem Ausgangsverfahren zugrunde liegenden Sachverhalt kann die streitige Regelung insbesondere eine Tätigkeit behindern, die zwar grenzüberschreitenden Charakter hat, aber keinen Fall des Spiels über das Internet im eigentlichen Sinne darstellt, da sie auch die physische Anwesenheit eines Vertreters des Unternehmens in Italien voraussetzt.

79.      Grundsätzlich weist die hier in Rede stehende Tätigkeit daher nicht das wesentliche Merkmal des Spielens über das Internet auf, auf dem der Gerichtshof in dem Urteil Liga Portuguesa seine gesamte Argumentation aufbaute: den „fehlenden unmittelbaren Kontakt zwischen dem Verbraucher und dem Anbieter“. Eine „grenzüberschreitende Tätigkeit“ steht diesem Kontakt nicht notwendig entgegen. Soweit der physische und unmittelbare Zugang über einen Vermittler oder Vertreter des Unternehmens gewährleistet werden kann, sind diese besonderen Risiken des Spiels über das Internet nicht gegeben und können daher die in Rede stehende Maßnahme nicht rechtfertigen.

80.      Andererseits darf nicht außer Acht gelassen werden, dass diese Argumentation im Urteil Liga Portuguesa darauf gerichtet ist, dem Erfordernis der gegenseitigen Anerkennung von Glücksspiellizenzen Einhalt zu gebieten(45). Die gegenseitige Anerkennung ist für den Bereich des Spiels über das Internet nach dem Urteil Liga Portuguesa und eindeutig und allgemein für den gesamten Glücksspielsektor nach dem Urteil Stoß ausgeschlossen(46). 

81.      Im vorliegenden Fall jedoch ginge, folgte man der ersten Auslegungsprämisse, die auferlegte Beschränkung weit über das Erfordernis hinaus, dass sich ausländische Wirtschaftsteilnehmer der Kontrolle durch die nationalen Behörden unterwerfen müssen, um eine Glücksspieltätigkeit ausüben zu können. Sie würden schlicht und einfach daran gehindert, an diesem Markt teilzunehmen, aus dem einzigen Grund, dass das Unternehmen seine Hauptniederlassung in einem anderen Mitgliedstaat und das mit den Kunden abgeschlossene Rechtsgeschäft grenzüberschreitenden Charakter hat, obwohl die Möglichkeit besteht, die gegebenenfalls ständig im Staatsgebiet anwesenden Vertreter einer polizeilichen Kontrolle zu unterziehen.

82.      Zusammenfassend bin ich der Auffassung, dass eine nationale Regelung, die tatsächlich jede grenzüberschreitende Tätigkeit im Glücksspielsektor ungeachtet der Art und Weise ihrer Durchführung und insbesondere in Fällen, in denen die Möglichkeit des unmittelbaren Kontakts zwischen dem Verbraucher und dem Wirtschaftsteilnehmer und der physischen Kontrolle der im Staatsgebiet ansässigen Vertreter des Unternehmens zu ordnungspolizeilichen Zwecken besteht, praktisch unterbindet, gegen die Art. 49 AEUV und 56 AEUV verstößt.

ii)    Zweite Hypothese: Entzug der Konzession wegen des Anbietens nicht genehmigter Spiele

83.      Eine alternative Auslegung von Art. 23 Abs. 3 des Konzessionsschemas würde zu der Annahme führen, dass die Bestimmung vor allem darauf gerichtet ist, eine Vielzahl von Spielen zu verbieten, unabhängig davon, ob sie grenzüberschreitend („über Server, die sich außerhalb des Staatsgebiets befinden“) oder unmittelbar („auf italienischem Gebiet“) angeboten werden. Konkreter wären nach dieser Bestimmung die Spiele, deren Angebot zum Entzug der Konzession führt, solche, „die mit öffentlichen Glücksspielen oder anderen von der AAMS verwalteten Glücksspielen oder in Italien verbotenen Glücksspielen vergleichbar sind“. Zunächst ist die ausgesprochene Ungenauigkeit dieser Formulierung hervorzuheben, die im Gegensatz zu ihren schwerwiegenden Folgen steht.

84.      Die Vorträge der Kommission und Herrn Costas ermöglichen es, ein wenig Licht auf diesen Punkt zu werfen. Beide haben einen Katalog bzw. eine Liste von Spielen erwähnt, die wöchentlich von der AAMS aktualisiert werden und die den Anwendungsbereich der Konzessionen eingrenzen, so dass die Konzessionsnehmer nur Spiele anbieten können, die in dieser Liste enthalten sind, und das Angebot nicht enthaltener Spiele zum Entzug der Konzession führt(47). Ich werde versuchen, die Frage des Gerichts unter Berücksichtigung dieser Information zu beantworten.

85.      In seinem bereits angeführten Urteil Stoß hat der Gerichtshof festgestellt, dass angesichts der erheblichen Unterschiede, die die verschiedenen Arten von Glücksspielen aufweisen können, eine nationale Regelung, die bestimmte Arten von Glücksspielen einer strengeren Regelung unterzieht oder sie gar verbietet und andere erlaubt, mit dem Vertrag vereinbar sein kann(48). Jedenfalls ist es selbstverständlich erforderlich, dass die fragliche Maßnahme nicht diskriminierend ist und kohärent, systematisch und verhältnismäßig zur Erreichung des mit ihr verfolgten Ziels des Allgemeininteresses beiträgt, in diesem Fall die Bekämpfung des Betrugs und die Verbreitung illegalen Glücksspiels.

86.      In Bezug auf den Ausgangsfall ist daran zu erinnern, dass die Liste grundsätzlich an die Bedürfnisse der Wirtschaftsteilnehmer angepasst werden kann. Tatsächlich können die Konzessionsnehmer bei der AAMS beantragen, dass bestimmte Spiele in die Liste aufgenommen werden, aber es scheint, dass es sich um eine Ermessensentscheidung der AAMS handelt.

87.      Die Verwaltungsentscheidung, ein bestimmtes Spiel in die Liste aufzunehmen, würde damit unbestreitbar die Funktion einer „vorherigen behördlichen Genehmigung“ erfüllen, durch die die Vertragsfreiheiten beschränkt würden, die aber nach der Rechtsprechung gerechtfertigt sein kann, soweit sie auf objektiven, nicht diskriminierenden und gerichtlich nachprüfbaren Kriterien beruht(49). Die Parteien haben in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass die Möglichkeit besteht, die Entscheidung der AAMS anzufechten, aber aus den beigebrachten Unterlagen ergibt sich nicht eindeutig, ob die Entscheidung der AAMS über die Liste der erlaubten Spiele tatsächlich auf objektiven und den Betroffenen vorab bekannten Kriterien beruht.

88.      Hinzu kommt ein weiterer Umstand, der sich aus der Prüfung der von den Parteien vorgelegten Unterlagen zu ergeben scheint und dessen Feststellung in jedem Fall wie die der übrigen Sachverhaltselemente dem vorlegenden Gericht obliegt. Ich beziehe mich auf den Umstand, dass die von der Liste der AAMS ausgeschlossenen Spiele mehrheitlich von ausländischen Wirtschaftsteilnehmern angeboten werden und gegebenenfalls den „interessantesten“ Teil ihres Angebots darstellen könnten, der es vom Angebot der nationalen Wirtschaftsteilnehmer unterscheidet. Sollte sich dieses Vorbringen als zutreffend erweisen, könnte man in diesem Fall das Vorliegen einer mittelbaren Diskriminierung bejahen, die kaum anhand der geltend gemachten Ziele zu rechtfertigen wäre.

89.      Zusammenfassend bin ich der Auffassung, dass ein System, das es lediglich ermöglicht, die in einem Katalog oder einer Liste aufgeführten Spiele anzubieten, und das Angebot aller anderen Spiele mit dem Entzug der Konzession bestraft, nur gerechtfertigt sein kann, wenn dieses System auf objektiven, nicht diskriminierenden und im Voraus bekannten Kriterien beruht und die Verwaltungsentscheidungen hinsichtlich der Erstellung der Liste gerichtlich nachprüfbar sind.

b)      Der Entzug aufgrund des Ergreifens von Vorbeugemaßnahmen bzw. die Einleitung eines Strafverfahrens gegen den Konzessionsnehmer, seinen gesetzlichen Vertreter oder seine Verwaltungsratsmitglieder (Art. 23 Abs. 2 des Konzessionsschemas)

90.      Dieser Umstand wird zwar nicht in der Vorlagefrage angesprochen(50), doch haben die Herren Costa und Cifone in ihren Schriftsätzen Ausführungen zu einem anderen Fall des Konzessionsentzugs gemacht, der ebenfalls im Konzessionsschema, konkret in Art. 23 Abs. 2, geregelt ist. Danach kann die AAMS die Konzession entziehen, „[w]enn gegen den Konzessionsnehmer, seinen gesetzlichen Vertreter oder seine Verwaltungsratsmitglieder Vorbeugemaßnahmen ergriffen oder der zuständige Richter um Entscheidung in der Sache ersucht wird, ob einer der im Gesetz Nr. 55 vom 19. Mai 1990 geregelten Straftatbestände erfüllt ist, sowie in den übrigen Fällen von Straftaten, die geeignet sind, die vom Vertrauen getragenen Beziehungen mit der AAMS zu zerrütten, oder bei schwerwiegenden oder wiederholten Verstößen gegen die geltenden Bestimmungen zur Regelung öffentlicher Glücksspiele, einschließlich der Verstöße gegen die geltenden Bestimmungen durch Dritte, die der Konzessionsnehmer mit Nebenleistungen zur Annahme von Online-Sportwetten beauftragt hat“.

91.      Die Herren Costa und Cifone haben ausgeführt, dass durch diese Regelung in der Praxis die Teilnahme von Stanley an den Ausschreibungen von 2006 angesichts der prozessualen Situation, in der sich zu diesem Zeitpunkt vor dem Erlass des Urteils Placanica und damit vor der Einstellung der damals gegen sie anhängigen Strafverfahren viele italienische Vertreter des Unternehmens befunden hätten, behindert worden sei.

92.      Angesichts dessen sind sie der Ansicht, dass der zitierte Tatbestand des Konzessionsentzugs (der den Verfall der Sicherheitsleistung nach sich zieht) eine vertragswidrige Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs und der Niederlassungsfreiheit darstelle(51). 

93.      Eine Maßnahme, die darauf gerichtet ist, zu unterbinden, dass Personen, deren Leumund zweifelhaft ist, dieser Art von Tätigkeiten nachgehen, scheint grundsätzlich ein für die Erreichung des Ziels der Bekämpfung des Betrugs und des illegalen Glücksspiels geeignetes Instrument zu sein, und die Tatsache, dass Art. 23 Abs. 6 des Konzessionsschemas einen Schadensersatzanspruch für den Fall vorsieht, dass der Entzug der Konzession sich nachträglich als unbegründet erweist, stellt einen Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit dar, der nicht zu vernachlässigen ist.(52) Unabhängig davon könnte dieser Tatbestand des Konzessionsentzugs (dem überraschenderweise ein Vertragsinstrument zugrunde liegt) unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit einige Probleme aufwerfen.

94.      Das erste beruht auf dem scheinbar verfrühten Charakter der Entscheidung über den Konzessionsentzug, der zu Beginn eines eventuellen Strafverfahrens und damit ohne eine strafrechtliche Verurteilung erfolgen würde. In der Tat bezieht sich Art. 23 Abs. 2 des Konzessionsschemas auf den Erlass von „Vorbeugemaßnahmen“ und das Ersuchen des „zuständige[n] Richter[s] um Entscheidung in der Sache“(53) als Voraussetzungen für den Konzessionsentzug. Insoweit bin ich der Auffassung, dass der Umstand, dass die Entscheidung über den Konzessionsentzug getroffen wird, bevor eine strafrechtliche Verurteilung erfolgt ist, nicht zur Rechtswidrigkeit der Maßnahme führt, die als verhältnismäßig betrachtet werden kann, soweit der Erlass von Vorbeugemaßnahmen und die Eröffnung des Strafverfahrens in der italienischen Rechtsordnung begründete Entscheidungen darstellen, die auf Indizien gestützt sind, die geeignet sind, vernünftige Zweifel am Leumund der betroffenen Personen zu begründen. Zudem darf nicht vergessen werden, dass Art. 23 Abs. 6 einen Schadensersatzanspruch vorsieht.

95.      Der zweite Einwand bezüglich einer zu weitgehenden Definition der zum Konzessionsentzug führenden Straftatbestände in Art. 23 Abs. 2 des Konzessionsschemas erscheint stichhaltiger. Diese Bestimmung bezieht sich in erster Linie auf die „im Gesetz Nr. 55 vom 19. Mai 1990 geregelten Straftatbestände“(54), bildet also einen Tatbestand, der hinreichend eingegrenzt und im Hinblick auf die Schwere der Straftaten, auf die er sich bezieht, gerechtfertigt erscheint (es handelt sich um Straftaten, die im Wesentlichen mit Mafiaaktivitäten im Zusammenhang stehen). Sodann nimmt sie allerdings viel allgemeiner auf „Straftaten, die geeignet sind, die vom Vertrauen getragenen Beziehungen mit der AAMS zu zerrütten“, Bezug. Sofern das vorlegende Gericht nicht der Auffassung ist, dass dieser letzte Halbsatz hinreichend klar die Art von Straftaten umschreibt, auf die sich die Bestimmung bezieht, könnte sie insoweit unverhältnismäßig sein, da sie die italienischen Behörden dazu ermächtigen könnte, eine Entscheidung mit so schwerwiegenden Folgen wie den Entzug der Konzession unter Umständen, die nichts mit der Veranstaltung von Spielen und Wetten zu tun hat, zu erlassen.

96.      Zusammenfassend bin ich der Auffassung, dass die Art. 49 AEUV und 56 AEUV einer Bestimmung, die den Entzug einer Glücksspielkonzession vorsieht, wenn gegen den Konzessionsnehmer, seinen gesetzlichen Vertreter oder seine Verwaltungsratsmitglieder Vorbeugemaßnahmen ergriffen werden oder der zuständige Richter um Entscheidung in der Sache ersucht wird, nicht entgegenstehen, sofern sich diese Bestimmung auf eindeutig bestimmte Straftatbestände im Zusammenhang mit dem Glücksspiel bezieht.

VII – Ergebnis

97.      Ich schlage dem Gerichtshof daher vor, die von der Corte Suprema di Cassazione zur Vorabentscheidung vorgelegte Frage wie folgt zu beantworten:

Die Art. 49 AEUV und 56 AEUV sind in Bezug auf die Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit im Bereich der Sportwetten dahin auszulegen, dass sie im Rahmen einer Monopolregelung zugunsten des Staates und eines Konzessions- und Genehmigungssystems

a)      einer nationalen Regelung entgegenstehen, die ausdrücklich und eindeutig einen Schutz für die Inhaber von Konzessionen, die früher aufgrund eines Verfahrens erteilt wurden, das rechtswidrig einen Teil der Wirtschaftsteilnehmer ausschloss, vorsieht. Es ist Sache der nationalen Gerichte, festzustellen, ob die nationale Regelung eine derartige Bestimmung mit dieser Reichweite enthält;

b)      einer nationalen Regelung entgegenstehen, die praktisch die Aufrechterhaltung von Geschäftspositionen sicherstellt, die aufgrund eines Verfahrens erworben wurden, das rechtswidrig einen Teil der Wirtschaftsteilnehmer ausschloss, und insbesondere einem Verbot für neue Konzessionsnehmer, ihre Annahmestellen näher als in der festgelegten Entfernung von einer bereits bestehenden Annahmestelle zu eröffnen;

c)      einer nationalen Regelung entgegenstehen, die einen Konzessionsentzug vorsieht, wenn der Konzessionsnehmer eine grenzüberschreitende Tätigkeit im Glücksspielsektor ausübt, ungeachtet der Art und Weise ihrer Durchführung und auch wenn die Möglichkeit des unmittelbaren Kontakts zwischen dem Verbraucher und dem Wirtschaftsteilnehmer und der physischen Kontrolle der im Staatsgebiet ansässigen Vertreter des Unternehmens zu ordnungspolizeilichen Zwecken besteht;

d)      einer nationalen Regelung, die es lediglich zulässt, die in einem Katalog oder einer Liste aufgeführten Spiele anzubieten, und das Angebot aller anderen Spiele mit dem Entzug der Konzession bestraft, nicht entgegenstehen, sofern die Verwaltungsentscheidungen hinsichtlich der Erstellung der Liste auf objektiven, nicht diskriminierenden und im Voraus bekannten Kriterien beruhen, die gerichtlich nachprüfbar sind;

e)      einer nationalen Regelung, die den Entzug einer Glücksspielkonzession vorsieht, wenn gegen den Konzessionsnehmer, seinen gesetzlichen Vertreter oder seine Verwaltungsratsmitglieder Vorbeugemaßnahmen ergriffen werden oder der zuständige Richter um Entscheidung in der Sache ersucht wird, nicht entgegenstehen, sofern sich diese Bestimmung auf eindeutig bestimmte Straftatbestände im Zusammenhang mit dem Glücksspiel bezieht.


1 – Originalsprache: Spanisch.


2 – Rechtssache C‑67/98, Slg. 1999, I‑7289.


3 – Rechtssache C‑243/01, Slg. 2003, I‑13031 (im Folgenden: Gambelli).


4 – Rechtssachen C‑338/04, C‑359/04 und C‑360/04, Slg. 2007, I‑1891 (im Folgenden: Placanica).


5 – Für eine Zusammenfassung dieser italienischen Rechtsprechung vgl. Ruotolo, G. M., „Il regime italiano del gambling all’esame della Corte di giustizia: rien ne va plus, Diritto pubblico comparato ed europeo. III (2007), S. 1399. Vgl. auch die Anmerkungen zum Urteil Placanica von Gnes, M., in Giornale di Diritto Amministrativo Nr. 8/2007, S. 833, und von Schiano, R., in Revue du Droit de l’Union Européenne 2/2007, S. 461.


6 – GURI Nr. 18 vom 11. August 2006.


7 – Er ersetzt Art. 1 Abs. 287 des Gesetzes Nr. 311 vom 30. Dezember 2004 (Haushaltsgesetz für 2005).


8 – Er ersetzt Art. 1 Abs. 498 des Gesetzes Nr. 311 vom 30. Dezember 2004.


9 – Testo Unico delle Leggi di Publica Sicurezza in seiner Fassung durch das Gesetz Nr. 388 vom 23. Dezember 2000.


10 – Fassung durch das Gesetz Nr. 388 vom 23. Dezember 2000.


11 – Beilage zum GURI Nr. 305 vom 31. Dezember 2002.


12 – GURI Nr. 111 vom 14. Mai 2005.


13 – Rechtsmittel Nr. 10869/2006.


14 – Urteile vom 13. März 2001, PreussenElektra (C‑379/98, Slg. 2001, I‑2099, Randnr. 38), vom 10. März 2009, Hartlauer (C‑169/07, Slg. 2009, I‑1721, Randnr. 24), und vom 8. September 2010, Stoß u. a. (verbundene Rechtssachen C‑316/07, C‑358/07 bis C‑360/07, C‑409/07 und C‑410/07, Slg. 2010, I‑8069, im Folgenden: Stoß, Randnr. 51).


15 – Beschlüsse vom 19. März 1993, Banchero (C‑157/92, Slg. 1993, I‑1085, Randnr. 4), vom 7. April 1995, Grau Gomis u. a. (C‑167/94, Slg. 1995, I‑1023, Randnr. 8), und vom 23. Dezember 2009, Spector Photo Group (C‑45/08, Slg. 2009, I‑12073, Randnr. 26).


16 – Vgl. u. a. Urteile vom 30. November 1995, Gebhard (C‑55/94, Slg. 1995, I‑4165, Randnr. 37), und vom 25. Juli 1991, Säger (C‑76/90, Slg. 1991, I‑4221, Randnr. 12).


17 – Vgl. statt aller Urteil Gambelli, Randnrn. 65 und 67.


18 – Urteil vom 24. März 1994 (C‑275/92, Slg. 1994, I‑1039).


19 – Urteil Schindler, Randnrn. 60 f. Auf derselben Linie die Urteile vom 21. September 1999, Läärä u. a. (C‑124/97, Slg. 1999, I‑6067, Randnr. 13), Zenatti, Randnrn. 14 f., Gambelli, Randnr. 63, Placanica, Randnr. 47, vom 8. September 2009, Liga Portuguesa de Futebol Profissional und Bwin International (C‑42/07, Slg. 2009, I‑7633, im Folgenden: Liga Portuguesa, Randnr. 57), und Urteil Stoß, Randnrn. 76 f.


20 – Urteil Placanica, Randnr. 48.


21 – Vgl. statt aller Urteil Placanica, Randnr. 46.


22 – Randnr. 54. Anders als im Urteil Gambelli, in dem er die Feststellung der tatsächlichen Ziele der streitigen Regelung dem italienischen Gericht überließ, nahm der Gerichtshof im Urteil Placanica die Prüfung im Licht der von der Corte Suprema di Cassazione und der italienischen Regierung beigebrachten Informationen selbst vor.


23 – Diese Entscheidung ist älter als das Urteil Placanica, liegt aber, wie weiter unten gezeigt wird, auf einer Linie mit den in diesem Urteil vorgeschlagenen Lösungen.


24 – Urteil Placanica, Randnr. 55. Nach Randnr. 63 des Urteils Liga Portuguesa kann „die Bekämpfung der Kriminalität ein zwingender Grund des Allgemeininteresses sein …, der geeignet ist, Beschränkungen hinsichtlich der Wirtschaftsteilnehmer zu rechtfertigen, denen es gestattet ist, Dienstleistungen im Glücksspielsektor anzubieten. Glücksspiele bergen nämlich in Anbetracht der Höhe der Beträge, die mit ihnen eingenommen werden können, und der Gewinne, die sie den Spielern bieten können, eine erhöhte Gefahr von Betrug und anderen Straftaten.“


25 – Urteile Placanica, Randnr. 49, und Stoß, Randnr. 9.


26 – Urteile Gambelli, Randnr. 59, und Placanica, Randnr. 42.


27 – Urteil Liga Portuguesa, Randnrn. 63 und 70.


28 – Selbst wenn diese Maßnahme unterschiedslos anwendbar wäre, würde sie ihre Ausübung durch Unionsbürger behindern oder weniger attraktiv machen und dadurch den Marktzugang von Unternehmen aus anderen Mitgliedstaaten und den innergemeinschaftlichen Handel erschweren. In diesem Sinne die Urteile vom 5. Oktober 2004, CaixaBank France (C‑442/02, Slg. 2004, I‑8961, Randnr. 11), vom 14. Oktober 2002, Kommission/Niederlande (C‑299/02, Slg. 2002, I‑9761, Randnr. 15), und vom 28. April 2009, Kommission/Italien (C‑518/06, Slg. 2009, I‑3491, Randnr. 64).


29 – Die Rechtsprechung schließt bekanntlich aus, dass rein wirtschaftliche Ziele insoweit zwingende Gründe des Allgemeininteresses darstellen können. Vgl. in diesem Sinne das Urteil vom 24. März 2011, Kommission/Spanien (C‑400/08, Slg. 2011, I‑1915, Randnrn. 74 und 95).


30 – Randnr. 63 des Urteils Placanica bezieht sich auf die Folgen, die sich aus der Rechtswidrigkeit des Ausschlusses einer bestimmten Anzahl von Wirtschaftsteilnehmern von den Ausschreibungen von 1999 ergeben und führt hierzu ausdrücklich aus, dass „[s]owohl eine Rücknahme und eine Neuverteilung der alten Konzessionen als auch die Ausschreibung einer angemessenen Anzahl neuer Konzessionen …. in dieser Hinsicht eine angemessene Lösung sein [könnten]“.


31 – Urteil Placanica, Randnr. 63. Vgl. auf dieser Linie auch die dort angeführten Urteile vom 20. September 2001, Courage und Crehan (C‑453/99, Slg. 2001, I‑6297, Randnr. 29), sowie vom 19. September 2006, i‑21 Germany und Arcor (C‑392/04 und C‑422/04, Slg. 2006, I‑8559, Randnr. 57).


32 – Umgewandelt in das Gesetz Nr. 184 vom 19. November 2008 über Eilmaßnahmen zur Umsetzung der Gemeinschaftspflichten auf dem Gebiet des Glücksspiels (GURI Nr. 276 vom 25. November 2008).


33 – Der Abstand ist abhängig von der Einwohnerzahl und davon, ob es sich beim Vertrieb der Spiele um eine Haupt- oder eine Nebentätigkeit handelt.


34 – Art. 38 Abs. 4 Buchst. f und g enthielt ähnliche Bestimmungen für Pferdewettschalter.


35 – Urteil Placanica, Randnr. 54.


36 – Urteil vom 1. Juni 2010 (verbundene Rechtssachen C‑570/07 und C‑571/07, Slg. 2010, I‑4629).


37 – Urteil Blanco Pérez und Chao Gómez, Randnr. 90 sowie die dort angeführte Rechtsprechung.


38 – Vgl. z. B. Urteil Blanco Pérez und Chao Gómez, Randnr. 64.


39 – Rechtssache C‑384/08, Slg. 2010, I‑2055.


40 – Urteil Attanasio Group, Randnrn. 53 bis 56.


41 – Urteil vom 22. Juni 2010, Melki und Abdeli (C‑188/10 und C‑189/10, Slg. 2010, I‑5667, Randnr. 49).


42 – Im Urteil Melki ging der Gerichtshof ähnlich vor. Angesichts eines Problems bei der Auslegung nationalen Rechts schlug er dem nationalen Gericht zwei Alternativlösungen vor. Die eine ging von der Auslegung der von diesem Gericht bezeichneten streitigen Vorschrift aus, die andere von einer nationalen Rechtsprechung in einem anderen Sinne mit dem Argument, diese könne „im Einklang“ mit dem Recht der Union stehen (Urteil Melki, Randnr. 50).


43 – Wie ausgeführt, Bezugnahmen im Schriftsatz Herrn Costas.


44 – Urteil Liga Portuguesa, Randnr. 70.


45 – Urteil Liga Portuguesa, Randnr. 69.


46 – Randnrn. 111 f.


47 – Dieser Mechanismus ist in Art. 5 des Dekrets Nr. 111 vom 1. März 2006 vorgesehen.


48 – Urteil Stoß, Randnrn. 95 f.


49 – Urteile vom 20. Februar 2001, Analir u. a. (C‑205/99, Slg. 2001, I‑1271, Randnr. 38), vom 17. Juli 2008, Kommission/Frankreich (C‑389/05, Slg. 2008, I‑5337, Randnr. 94), vom 10. März 2009, Hartlauer (C‑169/07, Slg. 2009, I‑1721, Randnr. 64), vom 3. Juni 2010, Sporting Exchange Ltd. (C‑203/08, Slg. 2010, I‑4695, Randnrn. 49 f.), und vom 8. September 2010, Carmen Media Group (C‑46/08, Slg. 2010, I‑3973, Randnrn. 86 f.).


50 – Die sich aber allgemein auf „Tatbestände des Konzessionsentzugs“ bezieht.


51 – Die Herren Costa und Cifone sind der Auffassung, dass dieser Entzugstatbestand in Wirklichkeit einen Grund für den Ausschluss von den Ausschreibungen darstelle, eine Behauptung, die die italienische Regierung in Frage gestellt hat. Meiner Ansicht nach ist dieser Umstand im Rahmen der Prüfung der Rechtssache irrelevant, denn jedenfalls scheint die prozessuale Situation, in der sich verschiedene italienische Vertreter Stanleys zum Zeitpunkt der neuen Ausschreibungen befanden, Einfluss auf ihre Entscheidung gehabt zu haben, nicht an ihnen teilzunehmen (die Konzession wäre in jedem Fall sofort entzogen worden).


52 – Diese Feststellung ist allerdings in Anbetracht dessen zu differenzieren, dass nach der Verlesung dieser Schlussanträge der Vertreter von Herrn Cifone dem Gerichtshof den vollständigen Wortlaut von Art. 23 des Konzessionsschemas übermittelt hat, von dem dem Gerichtshof nur eine unvollständige Fassung vorgelegen hatte. Der vorgelegte Text lässt die Annahme zu, dass der in Art. 23 Abs. 6 des Konzessionsschemas vorgesehene Schadensersatzanspruch ausschließlich der AAMS zusteht und nicht – wie von mir zunächst angenommen – dem Konzessionsnehmer, Die Feststellung, welche Bedeutung dieser Bestimmung zukommt, obliegt jedenfalls dem vorlegenden Gericht.


53 – Die letztgenannte Entscheidung wird im Rahmen der Voruntersuchung im Ausgangsverfahren getroffen, wenn das Strafverfahren im eigentlichen Sinne eröffnet wird. Vgl. die Darstellung dieser Abschnitte des Strafverfahrens in Italien im Urteil vom 16. Juni 2005, Pupino (C‑105/03, Slg. 2005, I‑5285, Randnrn. 13 f.).


54 – Nuove disposizioni per la prevenzione della delinquenza di tipo mafioso e di altre gravi forme di manifestazione di pericolosità sociale.