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Urteil des Gerichtshofs (Vierte Kammer) vom 19. November 2009 (Vorabentscheidungsersuchen des Bundesgerichtshofs, Handelsgerichts Wien - Deutschland, Österreich) - Christopher Sturgeon, Gabriel Sturgeon, Alana Sturgeon (C-402/07), Stefan Böck, Cornelia Lepuschitz (C-432/07)/Condor Flugdienst GmbH (C-402/07), Air France SA (C-432/07)

(Verbunde Rechtssachen C-402/07 und C-432/07)1

(Luftverkehr - Verordnung (EG) Nr. 261/2004 - Art. 2 Buchst. l sowie Art. 5, 6 und 7 - Begriffe "Verspätung" und "Annullierung" von Flügen - Ausgleichsanspruch bei Verspätung - Begriff "außergewöhnliche Umstände")

Verfahrenssprache: Deutsch

Vorlegendes Gericht

Bundesgerichtshof, Handelsgericht Wien

Parteien des Ausgangsverfahrens

Kläger: Christopher Sturgeon, Gabriel Sturgeon, Alana Sturgeon (C-402/07), Stefan Böck, Cornelia Lepuschitz (C-432/07)

Beklagte: Condor Flugdienst GmbH (C-402/07), Air France SA (C-432/07)

Gegenstand

Vorabentscheidungsersuchen - Bundesgerichtshof, Handelsgericht Wien - Auslegung des Art. 2 Buchst. l und des Art. 5 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 295/91 (ABl. L 46, S. 1) - Flug, der sehr viel später als zur vorgesehenen Abflugzeit angetreten wird - Unterscheidung der Begriffe "Verspätung" und "Annullierung"

Tenor

Art. 2 Buchst. l sowie die Art. 5 und 6 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 295/91 sind dahin auszulegen, dass ein verspäteter Flug unabhängig von der - auch erheblichen - Dauer der Verspätung nicht als annulliert angesehen werden kann, wenn er entsprechend der ursprünglichen Flugplanung des Luftfahrtunternehmens durchgeführt wird.

Die Art. 5, 6 und 7 der Verordnung Nr. 261/2004 sind dahin auszulegen, dass die Fluggäste verspäteter Flüge im Hinblick auf die Anwendung des Ausgleichsanspruchs den Fluggästen annullierter Flüge gleichgestellt werden können und somit den in Art. 7 dieser Verordnung vorgesehenen Ausgleichsanspruch geltend machen können, wenn sie wegen eines verspäteten Fluges einen Zeitverlust von drei Stunden oder mehr erleiden, d. h., wenn sie ihr Endziel nicht früher als drei Stunden nach der von dem Luftfahrtunternehmen ursprünglich geplanten Ankunftszeit erreichen. Eine solche Verspätung führt allerdings dann nicht zu einem Ausgleichsanspruch zugunsten der Fluggäste, wenn das Luftfahrtunternehmen nachweisen kann, dass die große Verspätung auf außergewöhnliche Umstände zurückgeht, die sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären, also auf Umstände, die von dem Luftfahrtunternehmen tatsächlich nicht zu beherrschen sind.

Art. 5 Abs. 3 der Verordnung Nr. 261/2004 ist dahin auszulegen, dass ein bei einem Flugzeug aufgetretenes technisches Problem, das zur Annullierung oder Verspätung eines Fluges führt, nicht unter den Begriff "außergewöhnliche Umstände" im Sinne dieser Bestimmung fällt, es sei denn, das Problem geht auf Vorkommnisse zurück, die aufgrund ihrer Natur oder Ursache nicht Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit des betroffenen Luftfahrtunternehmens sind und von ihm tatsächlich nicht zu beherrschen sind.

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1 - ABl. C 283 vom 24.11.2007.