Language of document : ECLI:EU:C:2011:840

SCHLUSSANTRÄGE DER GENERALANWÄLTIN

Juliane Kokott

vom 15. Dezember 2011(1)

Rechtssache C‑368/10

Europäische Kommission

gegen

Königreich der Niederlande

„Öffentliche Lieferaufträge – Biologische Erzeugnisse – Fairer Handel – Ökologische und soziale Verträglichkeit von Produkten – Nachhaltiges Wirtschaften – Gütezeichen ‚Max Havelaar‘ und ‚EKO‘ – Vergabegrundsätze – Technische Spezifikationen – Umwelteigenschaften – Eignung und Auswahl der Teilnehmer – Technische und berufliche Leistungsfähigkeit – Zuschlagskriterien – Wirtschaftlich günstigstes Angebot – Art. 2, 23, 26, 44, 48 und 53 der Richtlinie 2004/18/EG“





Inhaltsverzeichnis


I – Einleitung

II – Rechtlicher Rahmen

III – Sachverhalt und vorprozessuales Verfahren

A – Das Vergabeverfahren

1. Die Bekanntmachung des Vergabeverfahrens

2. Das Lastenheft

3. Die Informationsmitteilung

4. Der Zuschlag

B – Die in den Auftragsbedingungen erwähnten Gütezeichen

C – Das vorprozessuale Verfahren

IV – Anträge der Parteien und Verfahren vor dem Gerichtshof

V – Würdigung

A – Erste Rüge: Bezugnahme auf die Gütezeichen „Max Havelaar“ und „EKO“ in den technischen Spezifikationen für den zu liefernden Kaffee und Tee

1. Erster Teil der ersten Rüge: Bezugnahme auf das „EKO“-Gütezeichen für den zu liefernden Kaffee und Tee (Art. 23 Abs. 6 der Richtlinie 2004/18)

a) Anwendbarkeit von Art. 23 der Richtlinie 2004/18

b) Kein generelles Verbot der Bezugnahme auf Umweltgütezeichen im Rahmen der Festlegung der Umwelteigenschaften eines Produkts

c) Verbot, ein bestimmtes Umweltgütezeichen zwingend vorzuschreiben

d) Zwischenergebnis

2. Zweiter Teil der ersten Rüge: Bezugnahme auf „Max Havelaar“-Gütezeichen für den zu liefernden Kaffee und Tee (Art. 23 Abs. 8 der Richtlinie 2004/18)

a) Zur Anwendbarkeit von Art. 23 Abs. 8 der Richtlinie 2004/18

b) Hilfsweise: Zur Vereinbarkeit der Bezugnahme auf das „Max Havelaar“-Gütezeichen mit der Richtlinie 2004/18

i) Anwendbare Vorschrift: Art. 26 der Richtlinie 2004/18

ii) Prüfung der Bezugnahme auf das „Max Havelaar“-Gütezeichen am Maßstab von Art. 26 der Richtlinie 2004/18

3. Zusammenfassung zur ersten Rüge

B – Dritte Rüge: Bezugnahme in den Vergabekriterien auf die Gütezeichen „Max Havelaar“ und „EKO“ mit Blick auf die zu liefernden Zutaten

1. Vorbemerkung

2. Erstes Argument im Rahmen der dritten Rüge: Vermeintlich fehlender Zusammenhang zwischen dem Auftragsgegenstand und den beiden Gütezeichen

3. Zweites Argument im Rahmen der dritten Rüge: Verweis auf die Gütezeichen statt auf die zugrunde liegenden Kriterien

C – Zweite Rüge: Vermeintliche Bezugnahme auf nachhaltige Einkäufe und gesellschaftlich verantwortliches Verhalten als Eignungskriterium

1. Erster Teil der zweiten Rüge: Vermeintlich unzulässige Anforderungen an den Nachweis der technischen Leistungsfähigkeit der Bieter (Art. 48 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 der Richtlinie 2004/18)

2. Zweiter Teil der zweiten Rüge: Vermeintlich fehlender Bezug der Anforderungen an die Eignung der Bieter zum Auftragsgegenstand (Art. 44 Abs. 2 der Richtlinie 2004/18)

3. Dritter Teil der zweiten Rüge: Vermeintlicher Verstoß gegen das allgemeine Transparenzgebot (Art. 2 der Richtlinie 2004/18)

D – Zusammenfassung

VI – Kosten

VII – Ergebnis

I –    Einleitung

1.        Nicht nur die Verbraucher, sondern auch Unternehmen und öffentliche Stellen messen der Nachhaltigkeit ihres Konsumverhaltens zunehmend Bedeutung bei. Im Mittelpunkt des vorliegenden Vertragsverletzungsverfahrens steht die Frage, inwieweit öffentliche Auftraggeber in Vergabeverfahren die ökologische und soziale Verträglichkeit der zu liefernden Produkte zur Voraussetzung für die Zuschlagserteilung machen können.

2.        Eine niederländische Gebietskörperschaft hatte im Jahr 2008 im Rahmen des Verfahrens zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags über die Lieferung und Bewirtschaftung von Kaffeeautomaten auf die Gütezeichen „Max Havelaar“ und „EKO“ Bezug genommen. Auf diese Weise sollte sichergestellt werden, dass der erfolgreiche Bieter „nachhaltige“ Produkte liefern würde, die sich insbesondere durch ihre ökologische und soziale Verträglichkeit auszeichnen. Die Europäische Kommission wirft nun dem Königreich der Niederlande vor, die Verwendung der beiden Gütezeichen und diverse Formulierungen in den Ausschreibungsunterlagen hätten gegen die unionsrechtlichen Vorgaben für das öffentliche Auftragswesen verstoßen.

3.        Ob und inwieweit in Vergabeverfahren die Berücksichtigung ökologischer und sozialer Belange und insbesondere eine Bezugnahme auf Gütezeichen aus den Bereichen Umwelt und fairer Handel erlaubt ist, ist eine Frage von grundlegender Bedeutung für die weitere Entwicklung des Rechts der öffentlichen Aufträge. Bei ihrer Beantwortung steht der Gerichtshof vor der Herausforderung, einen gerechten Ausgleich zwischen den Erfordernissen des Binnenmarkts sowie umwelt- und sozialpolitischen Anliegen zu finden, ohne aber die praktischen Erfordernisse von Vergabeverfahren zu vernachlässigen. Einerseits darf es nicht zu einer Diskriminierung potenzieller Bieter oder zu einer Marktabschottung kommen. Andererseits muss es öffentlichen Auftraggebern ermöglicht werden, sich mit vertretbarem Verwaltungsaufwand umweltfreundliche, biologische und fair gehandelte Produkte zu beschaffen.

II – Rechtlicher Rahmen

4.        Der rechtliche Rahmen dieses Falles wird durch die Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge bestimmt(2).

5.        Im Titel I dieser Richtlinie, der unter der Überschrift „Definitionen und allgemeine Grundsätze“ steht, legt Art. 2 folgende „Grundsätze für die Vergabe von Aufträgen“ fest:

„Die öffentlichen Auftraggeber behandeln alle Wirtschaftsteilnehmer gleich und nichtdiskriminierend und gehen in transparenter Weise vor.“

6.        Unter den „Vorschriften für öffentliche Aufträge“ in Titel II der Richtlinie 2004/18 enthält das Kapitel IV eine Reihe „besondere[r] Vorschriften über die Verdingungsunterlagen und die Auftragsunterlagen“, von denen im vorliegenden Fall einerseits Art. 23 in Verbindung mit Anhang VI sowie andererseits Art. 26 von Interesse ist.

7.        Wie sich aus Art. 23 in Verbindung mit Anhang VI Nr. 1 Buchst. b der Richtlinie 2004/18 ergibt, bezeichnet der Ausdruck „technische Spezifikationen“ bei öffentlichen Lieferaufträgen

„Spezifikationen, die in einem Schriftstück enthalten sind, das Merkmale für ein Erzeugnis … vorschreibt, wie Qualitätsstufen, Umweltleistungsstufen, die Konzeption für alle Verwendungsarten … sowie Konformitätsbewertung, Vorgaben für Gebrauchstauglichkeit, Verwendung, Sicherheit oder Abmessungen des Erzeugnisses, einschließlich der Vorschriften über Verkaufsbezeichnung, Terminologie, Symbole, Prüfungen und Prüfverfahren, Verpackung, Kennzeichnung und Beschriftung, Gebrauchsanleitung, Produktionsprozesse und ‑methoden sowie über Konformitätsbewertungsverfahren“.

8.        Anknüpfend an diese Begriffsbestimmung findet sich in Art. 23 der Richtlinie 2004/18 eine Regelung über technische Spezifikationen, die auszugsweise wie folgt lautet:

„(1)      Die technischen Spezifikationen im Sinne von Anhang VI Nummer 1 sind in den Auftragsunterlagen, wie der Bekanntmachung, den Verdingungsunterlagen oder den zusätzlichen Dokumenten, enthalten. …

(2)      Die technischen Spezifikationen müssen allen Bietern gleichermaßen zugänglich sein und dürfen die Öffnung der öffentlichen Beschaffungsmärkte für den Wettbewerb nicht in ungerechtfertigter Weise behindern.

(3)      Unbeschadet zwingender einzelstaatlicher Vorschriften, soweit diese mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar sind, sind die technischen Spezifikationen wie folgt zu formulieren:

a)      entweder unter Bezugnahme auf die in Anhang VI definierten technischen Spezifikationen … Jede Bezugnahme ist mit dem Zusatz ‚oder gleichwertig‘ zu versehen;

b)      oder in Form von Leistungs- oder Funktionsanforderungen; diese können Umwelteigenschaften umfassen. Die Anforderungen sind jedoch so genau zu fassen, dass sie den Bietern ein klares Bild vom Auftragsgegenstand vermitteln und dem öffentlichen Auftraggeber die Erteilung des Zuschlags ermöglichen;

c)      oder in Form von Leistungs- oder Funktionsanforderungen gemäß Buchstabe b unter Bezugnahme auf die Spezifikationen gemäß Buchstabe a als Mittel zur Vermutung der Konformität mit diesen Leistungs- oder Funktionsanforderungen;

d)      oder mit Bezugnahme auf die Spezifikationen gemäß Buchstabe a hinsichtlich bestimmter Merkmale und mit Bezugnahme auf die Leistungs- oder Funktionsanforderungen gemäß Buchstabe b hinsichtlich anderer Merkmale.

(6)      Schreiben die öffentlichen Auftraggeber Umwelteigenschaften in Form von Leistungs- oder Funktionsanforderungen gemäß Absatz 3 Buchstabe b vor, so können sie die detaillierten Spezifikationen oder gegebenenfalls Teile davon verwenden, die in europäischen, (pluri-)nationalen Umweltgütezeichen oder anderen Umweltgütezeichen definiert sind, wenn

–        sie sich zur Definition der Merkmale der Waren oder Dienstleistungen eignen, die Gegenstand des Auftrags sind,

–        die Anforderungen an das Gütezeichen auf der Grundlage von wissenschaftlich abgesicherten Informationen ausgearbeitet werden,

–        die Umweltgütezeichen im Rahmen eines Verfahrens erlassen werden, an dem interessierte Kreise – wie z. B. staatliche Stellen, Verbraucher, Hersteller, Händler und Umweltorganisationen – teilnehmen können,

–        und wenn das Gütezeichen für alle Betroffenen zugänglich und verfügbar ist.

Die öffentlichen Auftraggeber können angeben, dass bei Waren oder Dienstleistungen, die mit einem Umweltgütezeichen ausgestattet sind, vermutet wird, dass sie den in den Verdingungsunterlagen festgelegten technischen Spezifikationen genügen; sie müssen jedes andere geeignete Beweismittel, wie technische Unterlagen des Herstellers oder Prüfberichte anerkannter Stellen, akzeptieren.

(8)      Soweit es nicht durch den Auftragsgegenstand gerechtfertigt ist, darf in technischen Spezifikationen nicht auf eine bestimmte Produktion oder Herkunft oder ein besonderes Verfahren oder auf Marken, Patente, Typen, einen bestimmten Ursprung oder eine bestimmte Produktion verwiesen werden, wenn dadurch bestimmte Unternehmen oder bestimmte Produkte begünstigt oder ausgeschlossen werden. Solche Verweise sind jedoch ausnahmsweise zulässig, wenn der Auftragsgegenstand nach den Absätzen 3 und 4 nicht hinreichend genau und allgemein verständlich beschrieben werden kann; solche Verweise sind mit dem Zusatz ‚oder gleichwertig‘ zu versehen.“

9.        Darüber hinaus ist in Art. 26 der Richtlinie 2004/18 zu den „Bedingungen für die Auftragsausführung“ festgelegt:

„Die öffentlichen Auftraggeber können zusätzliche Bedingungen für die Ausführung des Auftrags vorschreiben, sofern diese mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar sind und in der Bekanntmachung oder in den Verdingungsunterlagen angegeben werden. Die Bedingungen für die Ausführung eines Auftrags können insbesondere soziale und umweltbezogene Aspekte betreffen.“

10.      Vorschriften zum „Ablauf des Verfahrens“ enthält die Richtlinie 2004/18 in ihrem Titel II Kapitel VII; von ihnen sind die Art. 44, 48 und 53 relevant.

11.      Art. 44 der Richtlinie 2004/18 gehört zu den allgemeinen Bestimmungen über den Ablauf des Verfahrens und bestimmt unter der Überschrift „Überprüfung der Eignung und Auswahl der Teilnehmer, Vergabe des Auftrags“ u. a. Folgendes:

„(1)      Die Auftragsvergabe erfolgt …, nachdem die öffentlichen Auftraggeber die Eignung der Wirtschaftsteilnehmer … geprüft haben; diese Eignungsprüfung erfolgt nach den in den Artikeln 47 bis 52 genannten Kriterien der wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit sowie der beruflichen und technischen Fachkunde …

(2)      Die öffentlichen Auftraggeber können Mindestanforderungen an die Leistungsfähigkeit gemäß den Artikeln 47 und 48 stellen, denen die Bewerber und Bieter genügen müssen.

Der Umfang der Informationen gemäß den Artikeln 47 und 48 sowie die für einen bestimmten Auftrag gestellten Mindestanforderungen an die Leistungsfähigkeit müssen mit dem Auftragsgegenstand zusammenhängen und ihm angemessen sein.

Die Mindestanforderungen werden in der Bekanntmachung angegeben.

…“

12.      Art. 48 der Richtlinie 2004/18 enthält Regelungen über die „technische und/oder berufliche Leistungsfähigkeit“ von Wirtschaftsteilnehmern, die auszugsweise wie folgt lauten:

„(1)      Die technische und/oder berufliche Leistungsfähigkeit des Wirtschaftsteilnehmers wird gemäß den Absätzen 2 und 3 bewertet und überprüft.

(2)      Der Nachweis der technischen Leistungsfähigkeit des Wirtschaftsteilnehmers kann je nach Art, Menge oder Umfang und Verwendungszweck der Bauleistungen, der zu liefernden Erzeugnisse oder der Dienstleistungen wie folgt erbracht werden:

c)      durch die Beschreibung der technischen Ausrüstung des Lieferanten oder Dienstleistungserbringers, seiner Maßnahmen zur Qualitätssicherung und seiner Untersuchungs- und Forschungsmöglichkeiten;

(6)      Der öffentliche Auftraggeber gibt in der Bekanntmachung oder in der Aufforderung zur Angebotsabgabe an, welche der in Absatz 2 genannten Nachweise vorzulegen sind.“

13.      Schließlich ist in Art. 53 Abs. 1 der Richtlinie 2004/18 unter der Überschrift „Zuschlagskriterien“ Folgendes bestimmt:

„Der öffentliche Auftraggeber wendet unbeschadet der für die Vergütung von bestimmten Dienstleistungen geltenden einzelstaatlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften bei der Erteilung des Zuschlags folgende Kriterien an:

a)      entweder – wenn der Zuschlag auf das aus Sicht des öffentlichen Auftraggebers wirtschaftlich günstigste Angebot erfolgt – verschiedene mit dem Auftragsgegenstand zusammenhängende Kriterien, z. B. Qualität, Preis, technischer Wert, Ästhetik, Zweckmäßigkeit, Umwelteigenschaften, Betriebskosten, Rentabilität, Kundendienst und technische Hilfe, Lieferzeitpunkt und Lieferungs- oder Ausführungsfrist

b)      oder ausschließlich das Kriterium des niedrigsten Preises.“

III – Sachverhalt und vorprozessuales Verfahren

A –    Das Vergabeverfahren

14.      Im Jahr 2008 führte die niederländische Provinz Noord-Holland ein Vergabeverfahren über die Lieferung und Bewirtschaftung von Kaffeeautomaten durch. Der Vertrag sollte für eine Laufzeit von drei Jahren abgeschlossen werden, mit der Möglichkeit der Verlängerung um ein weiteres Jahr.

1.      Die Bekanntmachung des Vergabeverfahrens

15.      Die Bekanntmachung des Vergabeverfahrens, die am 16. August 2008 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht wurde(3), enthielt u. a. folgenden Text, der mit „Kurze Beschreibung des Auftrags oder Beschaffungsvorhabens“ überschrieben war:

„Die Provinz Noord-Holland hat einen Vertrag über die Bewirtschaftung von Kaffeeautomaten geschlossen. Dieser Vertrag läuft zum 1. Januar 2009 aus. Die Provinz beabsichtigt im Wege eines öffentlichen europäischen Ausschreibungsverfahrens den Abschluss eines neuen Vertrags zum 1. Januar 2009. Ein wichtiger Gesichtspunkt ist das Bestreben der Provinz Noord-Holland, die Verwendung von biologischen und Fair-Trade-Erzeugnissen in Kaffeeautomaten zu erhöhen.“(4)

16.      In der Rubrik „Sonstige besondere Bedingungen für die Auftragsausführung“ war in der Bekanntmachung der Eintrag „Nein“ zu lesen(5). Den Zuschlag sollte das wirtschaftlich günstigste Angebot erhalten(6).

2.      Das Lastenheft

17.      Im Lastenheft(7), das für Interessenten auf Anfrage erhältlich war, wurde u. a. ausgeführt, dass bei der Bewertung der Gebote nicht nur der Preis, sondern auch Qualitäts- und Umweltkriterien eine Rolle spielen würden. Dabei wurde das Anliegen der Provinz Noord-Holland hervorgehoben, in ihren Kaffeeautomaten mehr biologische und fair gehandelte Erzeugnisse zu verwenden.

18.      Das Lastenheft enthielt sowohl die von den Bietern zu erfüllenden Eignungskriterien als auch die Vergabekriterien zur Bewertung des wirtschaftlich günstigsten Angebots. Überdies wurde dort klargestellt, dass nur Angebote, die den Eignungskriterien entsprächen, anhand der Vergabekriterien bewertet würden.

19.      Im Abschnitt 4.4 des Lastenhefts, der den Titel „Eignungsanforderungen / Mindestanforderungen“ trug, fand sich in der Rubrik 4.4.4, die ihrerseits mit „Qualitätsanforderungen“ überschrieben war, u. a. diese Formulierung:

„Im Rahmen nachhaltiger Einkäufe und gesellschaftlich verantwortlichen Verhaltens verlangt die Provinz Noord-Holland, dass der Lieferant die Kriterien in Bezug auf nachhaltige Einkäufe und gesellschaftlich verantwortliches Verhalten erfüllt. Auf welche Weise erfüllen Sie die Kriterien in Bezug auf nachhaltige Einkäufe und gesellschaftlich verantwortliches Verhalten? Darüber hinaus ist anzugeben, inwiefern der Lieferant zur Verbesserung der Nachhaltigkeit des Kaffeemarkts und zu einer umwelttechnisch, sozial und wirtschaftlich verantwortlichen Kaffeeproduktion beiträgt.“

Dieselbe Qualitätsanforderung wurde überdies in der zusammenfassenden Rubrik 4.4.6 des Lastenhefts unter der Überschrift „Überblick Mindestanforderungen“ als „Knock-Out-Kriterium“ eingeordnet.

20.      Dem Lastenheft war als Anhang A ein „Anforderungsprofil“ beigefügt, mit dem sich jeder Bieter einverstanden erklären musste. Darin waren sowohl „Anforderungen“ als auch „Wünsche“ der öffentlichen Auftraggeberin enthalten, wobei es sich bei Ersteren um Mindestvoraussetzungen handelte, die erfüllt sein mussten, um den Ausschluss des Bieters vom Vergabeverfahren zu vermeiden, wohingegen die Letzteren Vergabekriterien darstellten, deren Einhaltung durch die einzelnen Bieter anhand eines Punktesystems bewertet werden sollte.

21.      In Nr. 31 dieses Anforderungsprofils war in Bezug auf den zu liefernden Kaffee und Tee folgende „Anforderung“ vermerkt:

„Die Provinz Noord-Holland verwendet beim Kaffee- und Teeverzehr das Max Havelaar- und das EKO-Gütezeichen.“

22.      Darüber hinaus fand sich in Nr. 35 des Anforderungsprofils in Bezug auf die zu liefernden „Zutaten“ – namentlich Zucker, Milchpulver und Kakao – nachstehender „Wunsch“ der öffentlichen Auftraggeberin, dessen Einhaltung mit bis zu 15 Punkten honoriert werden konnte:

„Die Zutaten sollen möglichst dem EKO- und/oder dem Max Havelaar-Gütezeichen entsprechen.“

23.      Die Abgabe von Alternativangeboten war laut Lastenheft nicht zulässig. Auch unter einer Bedingung abgegebene Angebote waren nicht erlaubt.

3.      Die Informationsmitteilung

24.      Potenzielle Bieter hatten laut Lastenheft die Möglichkeit, Fragen an die Provinz als öffentliche Auftraggeberin zu richten, auf die sie Antworten in Form einer Informationsmitteilung erhalten würden. Diese elektronisch abrufbare Mitteilung sollte Bestandteil des Lastenhefts werden und anderen Teilen des Lastenhefts vorgehen.

25.      Tatsächlich brachte die Provinz Noord-Holland am 9. September 2008 eine derartige Informationsmitteilung heraus, in der u. a. zwei Antworten auf Fragen potenzieller Bieter zu den im Lastenheft verwendeten Gütezeichen „Max Havelaar“ und „EKO“ enthalten waren.

–        Im Zusammenhang mit Nr. 31 des Anforderungsprofils gab die Provinz auf die Frage „Kann man davon ausgehen, dass für die vorgeschriebenen Gütezeichen Folgendes gilt: ‚oder gleichwertig‘?“ diese Antwort: „sofern sie auf vergleichbaren oder denselben Kriterien beruhen“ (Nr. 11 der Informationsmitteilung).

–        Im Zusammenhang mit Nr. 35 des Anforderungsprofils beantwortete die Provinz die Frage „Kann man davon ausgehen, dass für die vorgeschriebenen Gütezeichen Folgendes gilt: ‚oder gleichwertig‘?“ wie folgt: „Die Zutaten dürfen ein Gütezeichen tragen, das sich auf dieselben Kriterien stützt“ (Nr. 12 der Informationsmitteilung).

4.      Der Zuschlag

26.      Gemäß Bekanntmachung vom 24. Dezember 2008 erhielt am Ende des Vergabeverfahrens das niederländische Unternehmen Maas International BV mit Sitz in Eindhoven den Zuschlag(8).

B –    Die in den Auftragsbedingungen erwähnten Gütezeichen

27.      Das Gütezeichen „Max Havelaar“(9) wird seit 1988 von einer Stiftung des niederländischen Zivilrechts, der Stichting Max Havelaar, vergeben. Die mit diesem Gütezeichen ausgestatteten Erzeugnisse sind zu fairen Preisen und unter fairen Handelsbedingungen bei aus kleinen Gruppen von Landwirten in Entwicklungsländern bestehenden Organisationen erworben worden. Für die Vergabe des Gütezeichens werden vier Kriterien angewandt: kostendeckender Mindestpreis, Zuschlag auf den Weltmarktpreis, Vorfinanzierung und langfristige Handelsbeziehungen zwischen Erzeuger und Importeur. Die Festlegung der Normen, das Audit und die Zertifizierung erfolgen durch eine internationale Dachorganisation, die Fairtrade Labelling Organization (FLO)(10) mit Sitz in Bonn, Deutschland.

28.      Beim „EKO“-Gütezeichen handelt es sich ebenfalls um ein niederländisches privatrechtliches Gütezeichen. Es wird seit 1985 von einer Stiftung des niederländischen Zivilrechts, der Stichting Skal, vergeben, und zwar für Erzeugnisse, die zu mindestens 95 % aus biologischen Zutaten bestehen. Die Stichting Skal wird in Absprache mit dem niederländischen Ministerium für Landwirtschaft, Landschaftspflege und Fischerei tätig.

29.      Sowohl „Max Havelaar“ als auch „EKO“ sind als Gemeinschaftsmarken beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt eingetragen.

C –    Das vorprozessuale Verfahren

30.      Auf eine Beschwerde hin leitete die Kommission das vorliegende Vertragsverletzungsverfahren ein. Sowohl in ihrem Mahnschreiben vom 14. Mai 2009 als auch in ihrer mit Gründen versehenen Stellungnahme vom 29. Oktober 2009 erhob sie im Wesentlichen dieselben Rügen, auf die sich nunmehr auch die vorliegende Klage stützt. Sie wirft den Niederlanden vor, das Vergabeverfahren sei unter Verstoß gegen die Richtlinie 2004/18 durchgeführt worden.

31.      Sowohl in ihrer Antwort vom 17. August 2009 auf das Mahnschreiben als auch in ihren schriftlichen Anmerkungen vom 31. Dezember 2009 zu der mit Gründen versehenen Stellungnahme der Kommission bestreiten die Niederlande das Vorliegen einer Vertragsverletzung(11).

IV – Anträge der Parteien und Verfahren vor dem Gerichtshof

32.      Mit Schriftsatz vom 20. Juli 2010, beim Gerichtshof eingegangen am 22. Juli 2010, hat die Kommission gemäß Art. 258 Abs. 2 AEUV Klage gegen die Niederlande erhoben.

33.      Die Kommission beantragt,

1.      festzustellen, dass das Königreich der Niederlande seinen Verpflichtungen aus den unten genannten Artikeln der Richtlinie 2004/18/EG nicht nachgekommen ist, indem die Vergabebehörde im Rahmen der Vergabe eines öffentlichen Auftrags über die Lieferung und die Bewirtschaftung von Kaffeeautomaten, der unter der Nr. 2008/S 158-213630 veröffentlicht wurde,

–        unter Verstoß gegen Art. 23 Abs. 6 und 8 der Richtlinie in den technischen Spezifikationen das „Max Havelaar“- und das „EKO“- Gütezeichen, jedenfalls auf vergleichbaren oder denselben Kriterien beruhende Gütezeichen, vorgeschrieben hat,

–        unter Verstoß gegen Art. 48 Abs. 1 und 2, Art. 44 Abs. 2, jedenfalls gegen Art. 2 dieser Richtlinie für die Prüfung der Befähigung der Unternehmer Kriterien und Nachweise in Bezug auf nachhaltige Einkäufe und gesellschaftlich verantwortliches Verhalten aufgenommen hat und

–        unter Verstoß gegen Art. 53 Abs. 1 dieser Richtlinie bei der Formulierung der Vergabekriterien eine Verweisung auf das „Max Havelaar“- und/oder das „EKO“-Gütezeichen, jedenfalls auf Gütezeichen mit denselben Kriterien, aufgenommen hat;

2.      dem Königreich der Niederlande die Kosten aufzuerlegen.

34.      Die Niederlande beantragen ihrerseits,

1.      die Klage abzuweisen und

2.      die Kommission zur Tragung der Verfahrenskosten zu verurteilen.

35.      Vor dem Gerichtshof wurde über die Klage der Kommission schriftlich und am 26. Oktober 2011 mündlich verhandelt. Das Königreich Dänemark, das mit Beschluss des Präsidenten vom 11. Februar 2011 als Streithelfer auf Seiten der Niederlande zugelassen worden war, beteiligte sich nicht weiter am Verfahren und zog sich mit Schriftsatz vom 17. Oktober 2011 wieder aus dem Verfahren zurück.

V –    Würdigung

36.      Die Verfolgung umwelt- und sozialpolitischer Ziele galt im Recht der öffentlichen Aufträge lange Zeit als verpönt, was sich nicht zuletzt in der Verwendung des Schlagworts „vergabefremde Ziele“ manifestierte. Inzwischen ist jedoch im Grundsatz anerkannt, dass öffentliche Auftraggeber bei der Vergabe von Aufträgen umwelt- und sozialpolitische Gesichtspunkte mit berücksichtigen dürfen(12), was auch die Kommission nicht grundsätzlich in Abrede stellt. Zum einen folgt dies allgemein aus ihren veröffentlichten Stellungnahmen zu diesem Thema(13). Zum anderen hat die Kommission im vorliegenden Verfahren – nicht zuletzt in der mündlichen Verhandlung – ausdrücklich anerkannt, dass öffentliche Auftraggeber speziell die Beschaffung biologischer und fair gehandelter Produkte zum Gegenstand von öffentlichen Lieferaufträgen machen dürfen.

37.      Im Detail ist allerdings gleichwohl höchst umstritten, unter welchen Voraussetzungen und in welcher Form umwelt- und sozialpolitische Vorstellungen des öffentlichen Auftraggebers in einen konkreten Vergabevorgang einfließen können. Die Kommission hält im vorliegenden Fall die Richtlinie 2004/18 für verletzt. Sie beanstandet das Vorgehen der Provinz Noord-Holland unter drei Gesichtspunkten, denen sie in ihrer Klage jeweils eine gesonderte Rüge gewidmet hat. Vorwiegend geht es dabei um die Bezugnahme auf die Gütezeichen „Max Havelaar“ und „EKO“ in den Ausschreibungsunterlagen.

38.      Die Niederlande stellen die Anwendbarkeit der Richtlinie 2004/18 auf den streitgegenständlichen öffentlichen Lieferauftrag nicht in Abrede, sie bestreiten aber, dass die Provinz Noord-Holland gegen diese Richtlinie verstoßen habe.

A –    Erste Rüge: Bezugnahme auf die Gütezeichen „Max Havelaar“ und „EKO“ in den technischen Spezifikationen für den zu liefernden Kaffee und Tee

39.      Mit ihrer ersten Rüge wirft die Kommission den Niederlanden einen Verstoß gegen Art. 23 Abs. 6 und 8 der Richtlinie 2004/18 vor, aus dem sich ergibt, in welcher Weise die öffentlichen Auftraggeber Produkteigenschaften (sogenannte „technische Spezifikationen“) definieren können.

40.      Wie die Kommission in der mündlichen Verhandlung klargestellt hat, hält sie den Entschluss der Provinz Noord-Holland, biologische und fair gehandelte Erzeugnisse zu beziehen(14), als solchen nicht für unionsrechtswidrig. Der gerügte Verstoß gegen Art. 23 der Richtlinie 2004/18 soll vielmehr darin bestehen, dass die Provinz Noord-Holland bei der Festlegung der technischen Spezifikationen für den an sie zu liefernden Kaffee und Tee auf die Gütezeichen „Max Havelaar“ und „EKO“, jedenfalls aber auf Gütezeichen mit vergleichbaren oder denselben Kriterien, Bezug genommen hat.

41.      Konkret bezieht sich diese Rüge auf Nr. 31 des Anforderungsprofils, in der den Bietern im Wege einer „Anforderung“ mitgeteilt wurde, dass die Provinz Noord-Holland beim Kaffee- und Teeverzehr das „Max Havelaar“‑ und das „EKO“‑Gütezeichen „verwende“. Zu berücksichtigen ist außerdem Nr. 11 der Informationsmitteilung, in der die öffentliche Auftraggeberin klarstellte, dass sie auch „gleichwertige“ Gütezeichen akzeptieren würde, „sofern sie auf vergleichbaren oder denselben Kriterien beruhen“.

42.      Der erste Teil der ersten Rüge befasst sich mit dem „EKO“‑Gütezeichen (vgl. dazu sogleich, Abschnitt 1), wohingegen der zweite Teil dem „Max Havelaar“‑Gütezeichen gewidmet ist (vgl. dazu unten, Abschnitt 2).

1.      Erster Teil der ersten Rüge: Bezugnahme auf das „EKO“-Gütezeichen für den zu liefernden Kaffee und Tee (Art. 23 Abs. 6 der Richtlinie 2004/18)

43.      Der erste Teil der ersten Rüge betrifft das „EKO“-Gütezeichen, dessen Aufnahme in Nr. 31 des Anforderungsprofils nach Auffassung der Kommission gegen Art. 23 Abs. 6 der Richtlinie 2004/18 verstößt.

44.      Dazu ist anzumerken, dass es öffentlichen Auftraggebern unbenommen bleibt, selbst festzulegen, welches Produkt sie beschaffen möchten. Gleichwohl müssen sie sich bei der Festlegung der Produkteigenschaften, einschließlich der Umwelteigenschaften, an einige unionsrechtliche Regeln halten, die sicherstellen sollen, dass das jeweilige Vergabeverfahren transparent abläuft, dass es zu keiner Diskriminierung unter den potenziellen Bietern kommt und dass die Öffnung der öffentlichen Beschaffungsmärkte für den Wettbewerb nicht in ungerechtfertigter Weise behindert wird. Zu diesen Regeln gehört Art. 23 der Richtlinie 2004/18.

a)      Anwendbarkeit von Art. 23 der Richtlinie 2004/18

45.      Art. 23 der Richtlinie 2004/18 enthält detaillierte Vorschriften über die Verwendung technischer Spezifikationen durch öffentliche Auftraggeber in den Auftragsunterlagen. Wie sich aus Anhang VI Nr. 1 Buchst. b dieser Richtlinie ergibt, sind unter technischen Spezifikationen bei öffentlichen Lieferaufträgen solche Spezifikationen zu verstehen, die in einem Schriftstück enthalten sind, das Merkmale für ein Erzeugnis vorschreibt. Beispielhaft werden in Anhang VI Nr. 1 Buchst. b u. a. Umweltleistungsstufen, Symbole, Verpackung, Kennzeichnung und Beschriftung sowie Produktionsprozesse und ‑methoden als technische Spezifikationen aufgeführt.

46.      Unter diese Begriffsbestimmung der technischen Spezifikation lässt sich der Verweis eines öffentlichen Auftraggebers auf ein Umweltgütezeichen wie das „EKO“-Zeichen problemlos fassen. Denn dieses Gütezeichen steht für eine bestimmte Produktionsmethode und gibt Auskunft über bestimmte Umwelteigenschaften dieses Kaffees und Tees.

47.      Damit ist die Verwendung des EKO-Gütezeichens im Anforderungsprofil der Provinz Noord-Holland an Art. 23 der Richtlinie 2004/18 zu messen.

b)      Kein generelles Verbot der Bezugnahme auf Umweltgütezeichen im Rahmen der Festlegung der Umwelteigenschaften eines Produkts

48.      Gemäß Art. 23 Abs. 3 Buchst. b der Richtlinie 2004/18 dürfen öffentliche Auftraggeber für das zu liefernde Produkt Umwelteigenschaften in Form von Leistungs- oder Funktionsanforderungen vorschreiben. Zu diesem Zweck können sie nach Art. 23 Abs. 6 der Richtlinie 2004/18 die detaillierten Spezifikationen oder gegebenenfalls Teile davon verwenden, die in europäischen, (pluri-)nationalen oder anderen Umweltgütezeichen definiert sind.

49.      Die Kommission scheint diese Regelung so zu verstehen, dass öffentliche Auftraggeber bei der Beschreibung ihrer Anforderungen an potenzielle Bieter nur auf konkrete Spezifikationen – sozusagen auf das „Kleingedruckte“ – Bezug nehmen dürfen, wohingegen ihnen jegliche direkte Bezugnahme auf Umweltgütezeichen verboten ist.

50.      Ein solch kategorisches Verbot der Verwendung von Umweltgütezeichen ist jedoch entgegen der Auffassung der Kommission weder dem Wortlaut von Art. 23 Abs. 6 der Richtlinie 2004/18 zu entnehmen, noch erscheint es nach dem Zweck dieser Vorschrift und dem Zusammenhang, in den sie sich einbettet, gerechtfertigt.

51.      So werden zwar in Art. 23 Abs. 6 der Richtlinie 2004/18 die „detaillierten Spezifikationen“ hervorgehoben, welche die öffentlichen Auftraggeber zur Beschreibung von Umwelteigenschaften von Produkten verwenden sollen.

52.      Dies bedeutet jedoch nicht zwangsläufig, dass öffentliche Auftraggeber in ihren Auftragsunterlagen jede einzelne zu einem Umweltgütezeichen gehörende Spezifikation gesondert auflisten müssten. Vielmehr steht es den öffentlichen Auftraggebern frei, in den Auftragsunterlagen durch die bloße Bezugnahme auf Umweltgütezeichen global auf alle Spezifikationen zu verweisen, auf denen die jeweiligen Gütezeichen beruhen. In diesem Sinne ist es zu verstehen, dass Art. 23 Abs. 6 der Richtlinie 2004/18 den öffentlichen Auftraggebern erlaubt, zur Bezeichnung von Umwelteigenschaften „die detaillierten Spezifikationen“ zu verwenden, „die in … Umweltgütezeichen definiert sind“.

53.      Eine solche globale Verweisung ist nach dem klaren Wortlaut der Regelung nicht nur im Hinblick auf „europäische“ Umweltgütezeichen erlaubt – etwa das sogenannte „EU-Umweltzeichen“ im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 1980/2000(15) bzw. der Verordnung (EG) Nr. 66/2010(16) –, sondern auch im Hinblick auf „nationale“, „pluri-nationale“ und „andere“ Umweltzeichen, sofern sie den Kriterien entsprechen, die in den vier Gedankenstrichen von Art. 23 Abs. 6 der Richtlinie 2004/18 aufgestellt werden(17).

54.      Anders als die Kommission meint, lässt sich im Übrigen die globale Verweisung auf alle Spezifikationen, auf denen ein Umweltgütezeichen beruht, in der Regel durchaus mit dem Grundsatz der Transparenz vereinbaren, der zu den fundamentalen Grundsätzen des europäischen Rechts der öffentlichen Aufträge gehört(18).

55.      Der Grundsatz der Transparenz verlangt nämlich nur, technische Spezifikationen allen Bietern in gleicher Weise zugänglich zu machen (Art. 23 Abs. 2 der Richtlinie 2004/18) und die Umwelteigenschaften des zu liefernden Erzeugnisses so genau zu fassen, dass sie den Bietern ein klares Bild vom Auftragsgegenstand vermitteln (Art. 23 Abs. 3 Buchst. b der Richtlinie 2004/18)(19).

56.      Hierzu ist eine globale Verweisung auf die Spezifikationen, auf denen ein Umweltgütesiegel beruht, in aller Regel völlig ausreichend. Denn von einem durchschnittlich fachkundigen Bieter, der die übliche Sorgfalt walten lässt(20), kann durchaus erwartet werden, dass er die auf dem betreffenden Markt verwendeten Umweltgütezeichen kennt oder sich jedenfalls bei den Zertifizierungsstellen solcher Gütezeichen über die von ihnen angelegten Kriterien informiert.

57.      Hinzu kommt, dass bei der Festlegung von Anforderungen an öffentliche Auftraggeber der damit verbundene Verwaltungsaufwand nicht unberücksichtigt bleiben darf. Dieser Aufwand sollte stets in einem angemessenen Verhältnis zu den im Recht der öffentlichen Aufträge verfolgten Zielen stehen. Lassen sich die Umwelteigenschaften eines Produkts aus der Sicht eines durchschnittlich fachkundigen Bieters allein schon durch den globalen Verweis auf die einem Umweltgütesiegel zugrunde liegenden Spezifikationen hinreichend genau beschreiben, so wäre es übermäßig formalistisch, dem öffentlichen Auftraggeber gleichwohl die Auflistung all dieser Spezifikationen im Einzelnen abzuverlangen.

58.      Dass eine direkte Bezugnahme auf Umweltgütezeichen nicht grundsätzlich verboten ist, zeigt übrigens auch ein Blick auf den letzten Unterabsatz von Art. 23 Abs. 6 der Richtlinie 2004/18. Dort wird den öffentlichen Auftraggebern ausdrücklich gestattet, eine Vermutung aufzustellen, wonach mit einem bestimmten Umweltgütezeichen ausgestattete Waren oder Dienstleistungen den in den Verdingungsunterlagen festgelegten technischen Spezifikationen genügen. Diese Regelung wäre sinnlos, wenn den öffentlichen Auftraggebern nur die individuelle Nennung einzelner Spezifikationen erlaubt wäre, nicht aber auch eine Bezugnahme auf das dazu gehörige Umweltgütezeichen selbst.

59.      Der Umstand, dass im vorliegenden Fall die Provinz Noord-Holland in den Auftragsunterlagen auf ein Umweltgütesiegel Bezug genommen hat, ohne die ihm zugrunde liegenden technischen Spezifikationen detailliert aufzulisten, stellt also für sich allein genommen noch keinen Verstoß gegen Art. 23 Abs. 6 der Richtlinie 2004/18 dar.

c)      Verbot, ein bestimmtes Umweltgütezeichen zwingend vorzuschreiben

60.      Zu prüfen bleibt allerdings, ob ein Verstoß gegen Art. 23 Abs. 6 der Richtlinie 2004/18 aus der Art und Weise resultiert, in der die Provinz Noord-Holland im vorliegenden Fall in Nr. 31 des Anforderungsprofils auf das „EKO“-Gütezeichen Bezug genommen hat.

61.      Die Parteien interpretieren den Sachverhalt insoweit unterschiedlich. Während die Kommission davon ausgeht, dass für den zu liefernden Kaffee und Tee das „EKO“-Gütezeichen zwingend vorgeschrieben war, vertreten die Niederlande die Auffassung, die Provinz Noord-Holland habe lediglich Kaffee und Tee aus biologischer Erzeugung bestellen wollen, und die Bezugnahme auf das „EKO“-Gütezeichen im Anforderungsprofil habe lediglich der beispielhaften Erläuterung dieser Produktanforderung gedient.

62.      Die besseren Argumente sprechen für die Sichtweise der Kommission.

63.      Zwar hatte die Provinz Noord-Holland sowohl in der Bekanntmachung ihres Vorhabens im Amtsblatt der Europäischen Union als auch im Lastenheft in der Tat ihr Anliegen hervorgehoben, in ihren Kaffeeautomaten mehr biologische und fair gehandelte Erzeugnisse zu verwenden. Im Anforderungsprofil führte sie jedoch in der Rubrik „Anforderungen“ aus, sie „verwende“ Kaffee und Tee mit dem „EKO“-Gütezeichen. Gleichzeitig definierte sie den Begriff der „Anforderung“ so, dass es sich um zwingende Mindestvoraussetzungen handelte, die erfüllt sein mussten, um den Ausschluss eines Bieters vom Vergabeverfahren zu vermeiden(21).

64.      Die potenziellen Bieter, auf deren Verständnis es bei der Lektüre von Ausschreibungsbedingungen maßgeblich ankommt(22), konnten all dies nur dahin gehend verstehen, dass man ihnen die Lieferung von Kaffee und Tee mit dem „EKO“-Gütezeichen abverlangte und sie vom Vergabeverfahren ausgeschlossen würden, wenn ihre Produkte nicht genau dieses Gütezeichen trügen.

65.      Eine solche Anforderung widerspricht dem Diskriminierungsverbot und dem Grundsatz der Öffnung der öffentlichen Beschaffungsmärkte für den Wettbewerb (Art. 23 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 2 der Richtlinie 2004/18), die auch im Rahmen von Art. 23 Abs. 6 der Richtlinie 2004/18 zu beachten sind. Zum einen werden nämlich Unternehmen – insbesondere solche aus anderen Mitgliedstaaten – benachteiligt, deren Kaffee und Tee mit einem anderen Gütezeichen versehen ist als dem in den Niederlanden gebräuchlichen „EKO“-Gütezeichen. Zum anderen werden Unternehmen schlechter gestellt, die in ihrem Sortiment Kaffee und Tee aus biologischer Erzeugung führen, ohne dafür ein Gütesiegel zu besitzen.

66.      Damit ist die Provinz Noord-Holland über dasjenige hinausgegangen, was ihr Art. 23 Abs. 6 in Verbindung mit Abs. 3 Buchst. b der Richtlinie 2004/18 bei der Festlegung der Umwelteigenschaften der zu liefernden Produkte gestattet. Sie hat nicht lediglich pauschal auf die „detaillierten Spezifikationen“ verwiesen, die hinter dem „EKO“-Gütezeichen stehen (Art. 23 Abs. 6 Unterabs. 1), und sie hat sich auch nicht darauf beschränkt, die Vermutung aufzustellen, dass Produkte mit dem „EKO“-Gütezeichen den Ausschreibungsbedingungen genügten (Art. 23 Abs. 6, letzter Unterabsatz). Vielmehr hat sie das „EKO“-Gütezeichen als solches verbindlich vorgeschrieben, so dass nur Kaffee und Tee mit diesem spezifischen Gütezeichen – unter Ausschluss aller anderen Kaffees und Tees – geliefert werden durften.

67.      Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die öffentliche Auftraggeberin später in ihrer Informationsmitteilung hinsichtlich der beiden von ihr verwendeten Gütezeichen für Kaffee und Tee auf Nachfrage den Zusatz „oder gleichwertig“ akzeptierte.

68.      Zwar bestehen keine grundlegenden Bedenken gegen die Verwendung des Zusatzes „oder gleichwertig“. Schließlich hat der Unionsgesetzgeber selbst ihn – in anderem Zusammenhang – ausdrücklich vorgesehen (vgl. Art. 23 Abs. 3 Buchst. a letzter Satz sowie Abs. 8 der Richtlinie 2004/18). Insbesondere kann der Zusatz „oder gleichwertig“ entgegen der Auffassung der Kommission nicht unter Hinweis auf die vermeintlich mit ihm einhergehende Rechtsunsicherheit verworfen werden. Es liegt in der Natur jedes öffentlichen Auftrags, dass der öffentliche Auftraggeber die Vereinbarkeit der bei ihnen eingereichten Angebote mit den Auftragsbedingungen beurteilen und dazu gegebenenfalls eine Gleichwertigkeitsprüfung anstellen muss(23).

69.      Wie aber die Kommission zu Recht ausführt, wurde im vorliegenden Fall die Klarstellung „oder gleichwertig“ erst mehrere Wochen nach der Verteilung des Lastenhefts an die Interessenten in der Informationsmitteilung vorgenommen. Unter diesen Umständen ist es nicht auszuschließen, dass sich in der Zwischenzeit der eine oder andere potenzielle Bieter aufgrund der strengeren Formulierungen im Lastenheft, die auf eine verbindliche Festschreibung des „EKO“-Gütezeichens ohne jede Gleichwertigkeitsprüfung hindeuteten, von der Abgabe eines Angebots abschrecken ließ.

70.      Die Niederlande wenden ein, dass die Provinz Noord-Holland ihre Informationsmitteilung mit der darin enthaltenen Klarstellung „oder gleichwertig“ innerhalb der Frist herausgebracht habe, die Art. 39 Abs. 2 der Richtlinie 2004/18 vorschreibe, d. h. mindestens sechs Tage vor dem Schlusstermin für den Eingang der Angebote.

71.      Dieser Einwand geht jedoch fehl. Die Sechs-Tage-Frist gemäß Art. 39 Abs. 2 der Richtlinie 2004/18 findet lediglich Anwendung auf „zusätzliche Auskünfte zu den Verdingungsunterlagen und den zusätzlichen Unterlagen“, die der öffentliche Auftraggeber potenziellen Bietern auf Anfrage erteilt. Mit solchen Auskünften mögen zwar bestimmte Klarstellungen vorgenommen und Informationen erteilt werden. Die Heilung grundlegender rechtlicher Mängel in den Ausschreibungsbedingungen ist auf diesem Weg aber nicht möglich. Denn die Ausschreibungsunterlagen müssen schon von dem Zeitpunkt an, zu dem sie den potenziellen Bietern zur Verfügung gestellt werden, allen rechtlichen Anforderungen genügen und können nicht wenige Tage vor dem Schlusstermin für den Eingang der Angebote in wesentlichen Punkten nachgebessert werden.

d)      Zwischenergebnis

72.      Alles in allem ist somit ein Verstoß gegen Art. 23 Abs. 6 der Richtlinie 2004/18 festzustellen, der darin besteht, dass die Provinz Noord-Holland für den zu liefernden Kaffee und Tee ein bestimmtes Umweltgütezeichen – das „EKO“-Gütezeichen – verbindlich vorgeschrieben hat. Damit ist der erste Teil der ersten Rüge der Kommission begründet.

2.      Zweiter Teil der ersten Rüge: Bezugnahme auf „Max Havelaar“-Gütezeichen für den zu liefernden Kaffee und Tee (Art. 23 Abs. 8 der Richtlinie 2004/18)

73.      Der zweite Teil der ersten Rüge der Kommission ist dem „Max Havelaar“-Gütezeichen gewidmet, dessen Verwendung in Nr. 31 des Anforderungsprofils, später ergänzt durch Nr. 11 der Informationsmitteilung, nach Auffassung der Kommission gegen Art. 23 Abs. 8 der Richtlinie 2004/18 verstößt.

a)      Zur Anwendbarkeit von Art. 23 Abs. 8 der Richtlinie 2004/18

74.      Vorab ist zu erörtern, ob Art. 23 Abs. 8 der Richtlinie 2004/18 auf einen Sachverhalt wie den vorliegenden überhaupt Anwendung finden kann.

75.      Die Kommission scheint dies allein schon deshalb bejahen zu wollen, weil die Niederlande im Verlauf des Verfahrens zum Inhalt von Art. 23 Abs. 8 der Richtlinie 2004/18 Stellung genommen haben. Dabei verkennt die Kommission jedoch, dass die Niederlande sich nur hilfsweise zu Art. 23 Abs. 8 geäußert haben, dessen Anwendbarkeit auf das „Max Havelaar“-Gütezeichen sie weiterhin vehement bestreiten. Selbst wenn sich aber die Niederlande ohne jede Einwendung auf eine Diskussion zu Art. 23 Abs. 8 eingelassen hätten, obläge es gleichwohl dem Gerichtshof, zu prüfen, ob diese Vorschrift anwendbar ist oder nicht. Denn es ist Sache des Gerichtshofs, festzustellen, ob die beanstandete Vertragsverletzung vorliegt oder nicht, selbst wenn sie nicht oder nicht mehr bestritten ist(24). Dementsprechend kann der Gerichtshof nicht sehenden Auges eine unzutreffende Rechtsvorschrift zur Anwendung bringen, mögen sich auch die Parteien über ihre Anwendbarkeit einig sein(25). Wie Generalanwalt Léger es treffend formuliert hat, ist der Richter in seiner Rolle keineswegs passiv und kann nicht darauf beschränkt werden, lediglich der „Mund der Parteien“ zu sein(26).

76.      Der fragliche Abs. 8 von Art. 23 der Richtlinie 2004/18 betrifft – wie alle vorangehenden Teile dieser Vorschrift – technische Spezifikationen, mit denen der öffentliche Auftraggeber den Auftragsgegenstand beschreibt. Zu prüfen ist also, ob die Provinz Noord-Holland mit ihrer Bezugnahme auf das „Max Havelaar“-Gütezeichen eine technische Spezifikation für den zu liefernden Kaffee und Tee festgelegt hat.

77.      Wie bereits erwähnt, sind unter technischen Spezifikationen im Sinne der Richtlinie 2004/18 gemäß ihrem Anhang VI Nr. 1 Buchst. b Spezifikationen zu verstehen, die in einem Schriftstück enthalten sind, das Merkmale für ein Erzeugnis beschreibt. Es muss sich also um Angaben handeln, mit denen die Eigenschaften eines Produkts beschrieben werden. Diese Einschätzung bestätigt sich, wenn man den Blick auf die Aufzählung in Anhang VI Nr. 1 Buchst. b der Richtlinie 2004/18 richtet: Die dort genannten Beispiele für technische Spezifikationen betreffen allesamt das Produkt selbst, seine Herstellung, seine Verpackung und seine Gebrauchstauglichkeit.

78.      Demgegenüber befasst sich das „Max Havelaar“-Gütezeichen nicht mit den Produkteigenschaften, sondern mit den Handelsbedingungen, die den Erzeugern landwirtschaftlicher Produkte in den Entwicklungsländern gewährt werden. Das Gütezeichen gibt nicht Auskunft darüber, wie ein Produkt beschaffen ist, sondern darüber, ob das Produkt fair gehandelt wurde, insbesondere mit Blick auf die den betroffenen Landwirten gewährten Preise und Handelsbedingungen.

79.      Übertragen auf den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass das „Max Havelaar“-Gütezeichen nichts über die Eigenschaften und die Art der Herstellung des zu liefernden Kaffees oder Tees aussagt – etwa über seinen Geschmack, seinen Koffeingehalt und die Verwendung von Pestiziden –, sondern nur Rückschlüsse auf die Umstände zulässt, unter denen dieser Kaffee und Tee von den jeweiligen Erzeugern bezogen wurde. Es geht, wie beide Parteien zutreffend bemerkt haben, um die Einkaufspolitik der potenziellen Bieter.

80.      Durch ihre Bezugnahme auf das „Max Havelaar“-Gütezeichen hat somit die öffentliche Auftraggeberin keine technischen Spezifikationen im Sinne der Richtlinie 2004/18 festgelegt, sondern vielmehr soziale Überlegungen in das Vergabeverfahren einfließen lassen.

81.      Folglich ist Art. 23 Abs. 8 der Richtlinie 2004/18 auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar. Wie ich im Folgenden darlegen werde(27), wäre die Bezugnahme eines öffentlichen Auftraggebers auf ein Fair-Trade-Gütezeichen wie „Max Havelaar“ richtigerweise an Art. 26 der Richtlinie 2004/18 zu messen gewesen.

82.      Somit ist der zweite Teil der ersten Rüge der Kommission als unbegründet abzuweisen.

83.      Anders als die Kommission zu meinen scheint, lässt sich ihre auf Art. 23 Abs. 8 der Richtlinie 2004/18 gestützte Rüge nicht kurzerhand in eine Rüge nach Art. 26 derselben Richtlinie umdeuten. Denn nach ständiger Rechtsprechung(28) wird der Streitgegenstand des Vertragsverletzungsverfahrens durch das vorprozessuale Verfahren umschrieben. Über diesen Streitgegenstand darf die Kommission im Gerichtsverfahren nicht hinausgehen. Hat die Kommission also im vorprozessualen Verfahren einen Verstoß gegen Art. 23 Abs. 8 der Richtlinie 2004/18 gerügt, so kann im späteren Gerichtsverfahren nicht ein Verstoß gegen Art. 26 der Richtlinie 2004/18 festgestellt werden. Im Übrigen wäre eine darauf abzielende Rüge auch nach Art. 42 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs präkludiert, weil sie erst im Erwiderungsschriftsatz der Kommission vorgebracht wurde, ohne dass für diese Verspätung triftige Gründe ersichtlich wären.

b)      Hilfsweise: Zur Vereinbarkeit der Bezugnahme auf das „Max Havelaar“-Gütezeichen mit der Richtlinie 2004/18

84.      Der Vollständigkeit halber wende ich mich im Folgenden kurz hilfsweise der Frage zu, ob die Bezugnahme der Provinz Noord-Holland auf das „Max Havelaar“-Gütezeichen mit der Richtlinie 2004/18 vereinbar war.

i)      Anwendbare Vorschrift: Art. 26 der Richtlinie 2004/18

85.      Wie die Niederlande zutreffend angemerkt haben, ist die Rechtmäßigkeit von Hinweisen eines öffentlichen Auftraggebers auf ein Fair-Trade-Gütezeichen nicht an Art. 23 Abs. 8 der Richtlinie 2004/18, sondern an deren Art. 26 zu messen. Nach Maßgabe letzterer Vorschrift dürfen die öffentlichen Auftraggeber „zusätzliche Bedingungen für die Ausführung des Auftrags vorschreiben“, die „insbesondere soziale und umweltbezogene Aspekte“ betreffen können.

86.      Teil der Ausführung eines öffentlichen Lieferauftrags ist nicht zuletzt die Beschaffung der an den öffentlichen Auftraggeber zu liefernden Produkte durch den Auftragnehmer. Ob ein Produkt wie Kaffee oder Tee, das einem öffentlichen Auftraggeber geliefert werden soll, aus fairem Handel stammt, ist eine Frage der an sozialen Kriterien ausgerichteten Einkaufspolitik des Auftragnehmers.

87.      In Wahrheit hat also die Provinz Noord-Holland mit ihrer Bezugnahme auf das „Max Havelaar“-Gütezeichen für die Ausführung des streitgegenständlichen öffentlichen Lieferauftrags eine sozialpolitisch motivierte Bedingung im Sinne von Art. 26 der Richtlinie 2004/18 aufgestellt, mag die Provinz auch selbst davon ausgegangen sein, dass in ihren Auftragsunterlagen keine solchen Bedingungen enthalten waren(29).

ii)    Prüfung der Bezugnahme auf das „Max Havelaar“-Gütezeichen am Maßstab von Art. 26 der Richtlinie 2004/18

88.      In der Sache ist der Kommission zuzugestehen, dass Art. 26 der Richtlinie 2004/18 keine unbegrenzte Einflussnahme des öffentlichen Auftraggebers auf die Einkaufspolitik seines künftigen Auftragnehmers ermöglicht. Seine Vorgaben für diese Einkaufspolitik müssen sich konkret auf den Gegenstand des öffentlichen Lieferauftrags beziehen(30) und dürfen nicht etwa allgemein die Einkaufspolitik des Auftragnehmers betreffen. Der öffentliche Auftraggeber darf also nicht verlangen, dass potenzielle Bieter ausschließlich Produkte aus fairem Handel in ihrem Sortiment führen, sondern nur, dass die an ihn im Rahmen eines öffentlichen Auftrags konkret zu liefernden Produkte aus fairem Handel stammen. Nichts anderes hat jedoch die Provinz Noord-Holland im vorliegenden Fall bestimmt.

89.      Im Hinblick auf das Transparenzgebot, das im Rahmen von Art. 26 der Richtlinie 2004/18 zu beachten ist(31), bestehen ebenfalls keine grundsätzlichen Bedenken dagegen, dass ein öffentlicher Auftraggeber zur Verdeutlichung der von ihm aufgestellten sozialen Bedingungen für die Auftragsausführung auf ein Fair-Trade-Gütezeichen Bezug nimmt und zugleich auf die detaillierte Auflistung der diesem Gütezeichen zugrunde liegenden Kriterien verzichtet. Denn wie bereits oben im Zusammenhang mit Umweltgütezeichen ausgeführt(32), kann von einem durchschnittlich fachkundigen Bieter, der die übliche Sorgfalt walten lässt, erwartet werden, dass er die auf dem betreffenden Markt verwendeten Fair-Trade-Gütezeichen kennt oder sich jedenfalls bei den Zertifizierungsstellen solcher Gütezeichen über die von ihnen angelegten Kriterien informiert.

90.      Die Durchführung des Vergabeverfahrens wie auch die spätere Ausführung des Auftrags kann sogar erheblich erleichtert werden, wenn es den betroffenen Unternehmen erlaubt wird, die Einhaltung der vom öffentlichen Auftraggeber aufgestellten sozialen Bedingungen unter Verweis auf Fair-Trade-Gütezeichen nachzuweisen. Auf diese Weise wird der Verwaltungsaufwand sowohl für den öffentlichen Auftraggeber als auch für potenzielle Bieter und für den späteren Auftragnehmer auf ein Mindestmaß beschränkt.

91.      Entgegen der Einlassung der Kommission in der mündlichen Verhandlung kann von öffentlichen Auftraggebern schlechterdings nicht verlangt werden, dass sie in den Ausschreibungsbedingungen ihre jeweils eigenen Vorstellungen zum Konzept des fairen Handels niederlegen. Dazu dürfte es den meisten unter ihnen ohnehin an der nötigen Fachkunde fehlen. Überdies würden unterschiedliche Vorstellungen öffentlicher Auftraggeber darüber, was fairen Handel ausmacht (beispielsweise zum Preisniveau, zur angemessenen Dauer der Lieferbeziehungen zwischen den Händlern und den Erzeugern in den Entwicklungsländern sowie zu Art und Umfang der Vorfinanzierung der Produktion(33)), die ernste Gefahr bergen, dass es zu einer Zersplitterung des Marktes kommt. Es ist deshalb sowohl im Interesse der potenziellen Bieter als auch im Interesse der öffentlichen Auftraggeber, bei der Vergabe öffentlicher Lieferaufträge eine Bezugnahme auf Fair-Trade-Gütezeichen zuzulassen.

92.      Allerdings müssen die vom öffentlichen Auftraggeber festgelegten sozialen Bedingungen für die Ausführung eines Auftrags gemäß Art. 26 der Richtlinie 2004/18 mit dem Unionsrecht vereinbar sein. Dies bedeutet insbesondere, dass es zu keiner unmittelbaren oder mittelbaren Diskriminierung kommen darf(34).

93.      Gegen letztere Anforderung wurde im vorliegenden Fall verstoßen. Denn die Provinz Noord-Holland hat das „Max Havelaar“-Gütezeichen nicht lediglich zur Verdeutlichung ihrer sozialpolitischen Vorstellungen zum fairen Handel verwendet. Sie hat sich auch nicht darauf beschränkt, die Vermutung aufzustellen, dass Produkte mit dem „Max Havelaar“-Gütezeichen ihren sozialpolitischen Anforderungen für die Ausführung des Auftrags genügten. Vielmehr hat sie das „Max Havelaar“-Gütezeichen als solches verbindlich vorgeschrieben, so dass nur Kaffee und Tee mit diesem spezifischen Gütezeichen – unter Ausschluss aller anderen Kaffees und Tees – geliefert werden durften(35).

94.      Damit hat sie zum einen Unternehmen – insbesondere solche aus anderen Mitgliedstaaten – benachteiligt, deren Kaffee und Tee mit einem anderen Gütezeichen versehen ist als dem vor allem in den Niederlanden und Belgien gebräuchlichen „Max Havelaar“-Gütezeichen. Zum anderen hat sie Unternehmen schlechter gestellt, die in ihrem Sortiment Kaffee und Tee aus fairem Handel führen, ohne dafür ein Gütesiegel zu besitzen(36).

95.      Aus alledem lässt sich schlussfolgern, dass die Vorgehensweise der Provinz Noord-Holland, für den zu liefernden Kaffee und Tee ein bestimmtes Fair-Trade-Gütezeichen – das „Max Havelaar“-Gütezeichen – verbindlich vorzuschreiben, nicht mit Art. 26 der Richtlinie 2004/18 vereinbar war.

96.      Wie bereits ausgeführt(37), ändert an dieser Einschätzung auch die spätere Klarstellung seitens der öffentlichen Auftraggeberin in Nr. 11 ihrer Informationsmitteilung nichts, wonach die Bezugnahme auf das „Max Havelaar“-Gütesiegel mit dem Zusatz „oder gleichwertig“ zu lesen ist.

97.      Nur am Rande sei bemerkt, dass dieselben Überlegungen, die vorstehend im Hinblick auf Art. 26 der Richtlinie 2004/18 angestellt wurden, auch für Art. 23 Abs. 8 dieser Richtlinie gelten, sollte der Gerichtshof letztere Vorschrift entgegen meinen obigen Ausführungen(38) für anwendbar halten.

3.      Zusammenfassung zur ersten Rüge

98.      Die erste Rüge der Kommission ist nur teilweise begründet. Ihr ist stattzugeben, soweit darin eine Verletzung von Art. 23 Abs. 6 der Richtlinie 2004/18 geltend gemacht wird, wohingegen sie abzuweisen ist, soweit sie sich auf einen Verstoß gegen Art. 23 Abs. 8 der Richtlinie stützt.

B –    Dritte Rüge: Bezugnahme in den Vergabekriterien auf die Gütezeichen „Max Havelaar“ und „EKO“ mit Blick auf die zu liefernden Zutaten

99.      Es bietet sich an, die dritte Rüge der Kommission aufgrund ihres engen thematischen Zusammenhangs zur ersten Rüge unmittelbar im Anschluss an diese zu prüfen. Gegenstand der dritten Rüge ist der Vorwurf eines Verstoßes gegen Art. 53 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2004/18, aus dem sich ergibt, welche Zuschlagskriterien öffentliche Auftraggeber im Hinblick auf die Auftragsvergabe verwenden dürfen. Diese Vorschrift soll dadurch verletzt worden sein, dass die Provinz Noord-Holland bei der Formulierung ihrer Vergabekriterien auf das „Max Havelaar“- „und/oder“ das „EKO“-Gütezeichen, jedenfalls aber auf Gütezeichen mit denselben Kriterien, verwiesen hat.

100. Konkret bezieht sich diese Rüge auf Nr. 35 des Anforderungsprofils, in der den Bietern der „Wunsch“ der Provinz Noord-Holland mitgeteilt wurde, die gelieferten „Zutaten“ (namentlich Zucker, Milchpulver und Kakao) sollten „möglichst“ den Gütezeichen „EKO“ und/oder „Max Havelaar“ entsprechen. Die Einhaltung dieses „Wunsches“ konnte im Rahmen des Vergabeverfahrens mit bis zu 15 Punkten honoriert werden. In Nr. 12 der Informationsmitteilung stellte die öffentliche Auftraggeberin ferner klar, dass sie auch „gleichwertige“ Gütezeichen akzeptieren würde, wobei sie hinzufügte, die Zutaten dürften „ein Gütezeichen tragen, das sich auf dieselben Kriterien stützt“ wie die Gütezeichen „EKO“ und „Max Havelaar“.

1.      Vorbemerkung

101. Art. 53 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2004/18 findet Anwendung, wenn sich der öffentliche Auftraggeber – wie hier – dafür entschieden hat, dem wirtschaftlich günstigsten Angebot den Zuschlag zu erteilen(39). Wie eindeutig aus dem Wortlaut jener Vorschrift und insbesondere aus der Verwendung des Ausdrucks „zum Beispiel“ („z. B.“) hervorgeht, sieht die Richtlinie 2004/18 selbst keine abschließende Aufzählung der Kriterien vor, nach denen das wirtschaftlich günstigste Angebot zu ermitteln ist(40).

102. Diese Kriterien müssen nicht notwendigerweise rein wirtschaftlicher Art sein. Auf den Wert eines Angebots für den öffentlichen Auftraggeber können sich nämlich auch Faktoren auswirken, die über eine rein wirtschaftliche Betrachtung hinausgehen. Dies zeigt sich bereits im Wortlaut von Art. 53 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2004/18, wonach bei der Ermittlung des wirtschaftlich günstigsten Angebots u. a. die Ästhetik, die Zweckmäßigkeit und Umwelteigenschaften eine Rolle spielen können(41).

103. Vor diesem Hintergrund spricht nichts dagegen, dass ein öffentlicher Auftraggeber im Rahmen der Ermittlung des wirtschaftlich günstigsten Angebots auch ökologische und soziale Gesichtspunkte mit berücksichtigt(42).

104. Diese Feststellung bedeutet jedoch nicht, dass alle derartigen Kriterien vom öffentlichen Auftraggeber berücksichtigt werden dürften. Vielmehr kommen nach der Rechtsprechung nur Kriterien in Betracht, die tatsächlich der Ermittlung des wirtschaftlich günstigsten Angebots dienen(43).

105. Diesbezüglich hat der öffentliche Auftraggeber keine uneingeschränkte Entscheidungsfreiheit(44). Wie sich nämlich aus dem Wortlaut von Art. 53 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2004/18 ergibt, müssen die von ihm zugrunde gelegten Kriterien mit dem Auftragsgegenstand zusammenhängen(45). Sie müssen geeignet sein, das Angebot mit dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis zu ermitteln(46). Außerdem muss es sich um objektive Kriterien handeln, die die Einhaltung der Grundsätze der Transparenz, der Nichtdiskriminierung und der Gleichbehandlung gewährleisten und sicherstellen, dass die Angebote unter wirksamen Wettbewerbsbedingungen bewertet werden(47).

106. Gegen diese Grundsätze wurde im vorliegenden Fall nach Ansicht der Kommission in zweierlei Hinsicht verstoßen: Zum einen fehle den Gütezeichen „Max Havelaar“ und „EKO“ jeglicher Zusammenhang zum Auftragsgegenstand (vgl. dazu unten, Abschnitt 2). Zum anderen habe die Provinz Noord-Holland die beiden Gütezeichen als solche zum Vergabekriterium erhoben, statt lediglich die ihnen zugrunde liegenden inhaltlichen Anforderungen zu berücksichtigen (vgl. dazu unten, Abschnitt 3). Diese beiden von der Kommission vorgebrachten Argumente gilt es im Folgenden näher zu erörtern.

2.      Erstes Argument im Rahmen der dritten Rüge: Vermeintlich fehlender Zusammenhang zwischen dem Auftragsgegenstand und den beiden Gütezeichen

107. Zunächst macht die Kommission geltend, es bestehe kein Zusammenhang zwischen dem Auftragsgegenstand und den beiden von der Provinz Noord-Holland zugrunde gelegten Gütezeichen „EKO“ und „Max Havelaar“, weil diese Gütezeichen sich nur auf die allgemeine Einkaufspolitik der potenziellen Bieter bezögen.

108. Diese Argumentation überzeugt nicht und widerspricht im Übrigen dem, was die Kommission selbst im Rahmen ihrer ersten Rüge vorbringt(48). Entgegen der Auffassung der Kommission weisen beide in Rede stehenden Gütezeichen einen hinreichenden Zusammenhang mit dem Auftragsgegenstand auf.

109. So betrifft das „EKO“-Gütezeichen unmittelbar die Produkteigenschaften – genauer gesagt die Umwelteigenschaften – der zu liefernden Zutaten. Einem Gütezeichen, das von der Kommission selbst im Rahmen von Art. 23 Abs. 6 in Verbindung mit Abs. 3 Buchst. b der Richtlinie 2004/18 als technische Spezifikation zur Bestimmung der Leistungs- und Funktionsanforderungen der zu liefernden Waren eingestuft wurde, kann nicht im Rahmen von Art. 53 Abs. 1 der Richtlinie 2004/18 jeglicher Zusammenhang mit dem Auftragsgegenstand abgesprochen werden.

110. Was sodann das „Max Havelaar“-Gütezeichen anbelangt, so definiert es zwar keine Produkteigenschaften im eigentlichen Sinne, wie sie im Rahmen der technischen Spezifikationen (Art. 23 der Richtlinie 2004/18) eine Rolle spielen(49). Dieses Gütezeichen gibt aber Auskunft darüber, ob die zu liefernden Waren fair gehandelt wurden. Ein solcher Gesichtspunkt kann im Rahmen der Bedingungen für die Auftragsausführung (Art. 26 der Richtlinie 2004/18) Berücksichtigung finden(50). Ihm kann deshalb der Bezug zum Auftragsgegenstand (hier: Lieferung von „Zutaten“ wie Zucker, Milchpulver und Kakao) nicht von vornherein abgesprochen werden. Denn für einen öffentlichen Auftraggeber, der ausweislich der Ausschreibungsunterlagen auf sozial verantwortliches Handeln Wert legt, kann es bei der Ermittlung des Preis-Leistungs-Verhältnisses sehr wohl eine Rolle spielen, ob die zu liefernde Ware von ihrem Erzeuger zu fairen Bedingungen bezogen wurde oder nicht. Zwar schmeckt Zucker streng genommen nicht unterschiedlich, je nachdem, ob er fair oder unfair gehandelt wurde. Gleichwohl hinterlässt ein Produkt, das zu unfairen Bedingungen auf den Markt kam, bei einem sozial verantwortungsbewussten Kunden einen bitteren Nachgeschmack.

111. Sicherlich würde es zu weit führen, wenn ein öffentlicher Auftraggeber im Rahmen der Ermittlung des wirtschaftlich günstigsten Angebots die allgemeine Einkaufspolitik der potenziellen Bieter bewerten und berücksichtigen wollte, ob alle Waren in ihrem jeweiligen Sortiment – gleichviel, ob sie Auftragsgegenstand sind oder nicht – aus fairem Handel stammen(51).

112. Von einer derart weitgehenden Berücksichtigung des Gesichtspunkts des fairen Handels kann jedoch im vorliegenden Fall keine Rede sein. Wie die Niederlande zu Recht angemerkt haben, stellte die Provinz Noord-Holland in Nr. 35 ihres Anforderungsprofils lediglich darauf ab, ob die an sie zu liefernden „Zutaten“ mit einem Gütezeichen ausgestattet waren, das geeignet war, ihre Herkunft aus fairem Handel zu bescheinigen. Somit wies die Verwendung des „Max Havelaar“-Gütezeichens in den streitigen Ausschreibungsunterlagen einen eindeutigen und spezifischen Bezug zum Auftragsgegenstand auf.

113. Folglich ist das erste Argument der Kommission im Rahmen ihrer dritten Rüge zurückzuweisen.

3.      Zweites Argument im Rahmen der dritten Rüge: Verweis auf die Gütezeichen statt auf die zugrunde liegenden Kriterien

114. Zu prüfen bleibt, ob ein Verstoß gegen Art. 53 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2004/18 aus der Art und Weise resultiert, in der die Provinz Noord-Holland im vorliegenden Fall in Nr. 35 des Anforderungsprofils auf die Gütezeichen „EKO“ und „Max Havelaar“ Bezug genommen hat.

115. Die Parteien interpretieren den Sachverhalt insoweit unterschiedlich. Während die Kommission davon ausgeht, dass die öffentliche Auftraggeberin für die zu liefernden „Zutaten“ (namentlich Zucker, Milchpulver und Kakao) das „EKO“-Gütezeichen und das „Max Havelaar“-Gütezeichen als solche zum Zuschlagskriterium gemacht hat, vertreten die Niederlande die Auffassung, die Provinz Noord-Holland habe lediglich auf die den beiden Gütezeichen zugrunde liegenden inhaltlichen Anforderungen Bezug nehmen wollen.

116. Die besseren Argumente sprechen für die Sichtweise der Kommission.

117. Zwar hatte die Provinz Noord-Holland sowohl in der Bekanntmachung ihres Vorhabens im Amtsblatt der Europäischen Union als auch im Lastenheft in allgemein gehaltenen Formulierungen hervorgehoben, sie wolle in ihren Kaffeeautomaten mehr biologische und fair gehandelte Erzeugnisse verwenden. In Nr. 35 des Anforderungsprofils äußerte sie jedoch den „Wunsch“, die Zutaten sollten „möglichst“ dem „EKO“‑ „und/oder“ dem „Max Havelaar“‑Gütezeichen entsprechen. Diese Aussage präzisierte sie in Nr. 12 der Informationsmitteilung dahin gehend, dass die Zutaten ein anderes Gütezeichen tragen dürften, welches sich auf dieselben Kriterien stützt wie die Gütezeichen „EKO“ und „Max Havelaar“. Von biologischen und fair gehandelten Zutaten ohne Gütezeichen war aber weder im Anforderungsprofil noch in der Informationsmitteilung die Rede.

118. Die potenziellen Bieter, auf deren Verständnis es bei der Lektüre von Ausschreibungsbedingungen maßgeblich ankommt(52), konnten all dies nur dahin gehend verstehen, dass die von ihnen zu liefernden Zutaten das „EKO“‑ und/oder das „Max Havelaar“‑Gütezeichen, jedenfalls aber gleichwertige Gütezeichen tragen müssten, um im Vergabeverfahren bestmöglich abzuschneiden.

119. Eine solche Vorgehensweise der öffentlichen Auftraggeberin steht mit den rechtlichen Anforderungen an die Formulierung von Zuschlagskriterien gemäß Art. 53 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2004/18 nicht im Einklang.

120. Anders als die Kommission meint, liegt dies nicht an einem vermeintlichen Mangel an Transparenz(53) bei der Bezugnahme auf die beiden Gütezeichen. Denn wie bereits ausgeführt(54), kann von einem durchschnittlich fachkundigen Bieter, der die übliche Sorgfalt walten lässt, durchaus erwartet werden, dass er die auf dem betreffenden Markt verwendeten Gütezeichen kennt oder sich jedenfalls bei den Zertifizierungsstellen solcher Gütezeichen über die von ihnen angelegten Kriterien informiert.

121. Es war auch durchaus möglich, dass potenzielle Bieter Waren mit anderen Gütesiegeln anboten, die auf denselben Kriterien beruhten wie die Gütezeichen „EKO“ und „Max Havelaar“. Denn nach dem insoweit unbestrittenen Vorbringen der niederländischen Regierung basiert das „EKO“‑Gütezeichen(55) ausschließlich auf den Kriterien der sogenannten EG-Öko-Verordnung(56), und das „Max Havelaar“-Gütezeichen ist inhaltsgleich mit dem international verbreiteten „Fairtrade“-Gütezeichen, das von den in der Fairtrade Labelling Organisation zusammengeschlossenen Stellen in zahlreichen Staaten vergeben wird(57).

122. Jedoch verstößt es gegen den Grundsatz der Nichtdiskriminierung und Gleichbehandlung(58) sowie gegen den Grundsatz der Öffnung der öffentlichen Beschaffungsmärkte für den Wettbewerb(59), die im Rahmen von Art. 53 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2004/18 zu beachten sind(60), wenn eine öffentliche Auftraggeberin – wie hier die Provinz Noord-Holland – im Rahmen der Zuschlagskriterien Pluspunkte dafür vergibt, dass die zu liefernden Produkte mit Gütezeichen aus den Bereichen der biologischen Erzeugung und des fairen Handels ausgestattet sind. Damit werden nämlich Unternehmen schlechter gestellt, die in ihrem Sortiment Waren aus biologischer Erzeugung und aus fairem Handel führen, ohne für sie ein Gütesiegel zu besitzen. Potenziellen Bietern muss die Möglichkeit verbleiben, nachzuweisen, dass ihre Waren den vom öffentlichen Auftraggeber formulierten Zuschlagskriterien voll genügen, selbst wenn sie andere als die vom öffentlichen Auftraggeber genannten Gütesiegel oder gar keine Gütesiegel tragen.

123. Zurückzuweisen ist in diesem Zusammenhang der Einwand der Niederlande, wonach die Gütezeichen „EKO“ und „Max Havelaar“ in Bezug auf die zu liefernden „Zutaten“ keine zwingenden Anforderungen waren, sondern nur unverbindliche „Wünsche“ der öffentlichen Auftraggeberin, welche mit einer zu vernachlässigenden Punktezahl honoriert worden seien. Denn einerseits können für Erfolg und Misserfolg in einem Vergabeverfahren mit einem auf Punkten basierenden Bewertungssystem gegebenenfalls schon wenige Punkte den Ausschlag geben. Und andererseits müssen alle Zuschlagskriterien – selbst solche, die vom öffentlichen Auftraggeber vergleichsweise gering gewichtet werden – ohne irgendwelche Abstriche den fundamentalen vergaberechtlichen Grundsätzen der Gleichbehandlung und Nichtdiskriminierung genügen. Die genannten Grundsätze sind nach ständiger Rechtsprechung in jedem Stadium des Vergabeverfahrens zu wahren(61).

124. Alles in allem ist somit ein Verstoß gegen Art. 53 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2004/18 festzustellen. Die dritte Rüge der Kommission ist begründet.

C –    Zweite Rüge: Vermeintliche Bezugnahme auf nachhaltige Einkäufe und gesellschaftlich verantwortliches Verhalten als Eignungskriterium

125. Die zweite Rüge der Kommission ist auf die Art. 2, 44 Abs. 2 sowie 48 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2004/18 gestützt, in denen zum einen der vergaberechtliche Transparenzgrundsatz (Art. 2) und zum anderen Bedingungen für die Prüfung der Leistungsfähigkeit von Unternehmern durch die öffentlichen Auftraggeber niedergelegt sind (Art. 44 und 48). Gegen diese Vorschriften wurde nach Auffassung der Kommission dadurch verstoßen, dass die Provinz Noord-Holland Kriterien aufstellte und Nachweise verlangte, die – so die Kommission – ganz allgemein das nachhaltige Einkaufsverhalten und das gesellschaftlich verantwortliche Verhalten der potenziellen Bieter betrafen.

126. Im Einzelnen bezieht sich diese Rüge auf die Rubrik 4.4.4 des Lastenhefts, in dem die Provinz Noord-Holland von den potenziellen Bietern verlangt, „die Kriterien in Bezug auf nachhaltige Einkäufe und gesellschaftlich verantwortliches Verhalten“ zu erfüllen. Außerdem werden die Bieter in derselben Rubrik aufgefordert, zu erläutern, auf welche Weise sie „die Kriterien in Bezug auf nachhaltige Einkäufe und gesellschaftlich verantwortliches Verhalten“ erfüllen, sowie anzugeben, inwiefern sie „zur Verbesserung der Nachhaltigkeit des Kaffeemarkts und zu einer umwelttechnisch, sozial und wirtschaftlich verantwortlichen Kaffeeproduktion“ beitragen(62).

1.      Erster Teil der zweiten Rüge: Vermeintlich unzulässige Anforderungen an den Nachweis der technischen Leistungsfähigkeit der Bieter (Art. 48 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 der Richtlinie 2004/18)

127. Der erste Teil der zweiten Rüge ist speziell den Anforderungen an den Nachweis der technischen Leistungsfähigkeit der Bieter gewidmet. Nach Ansicht der Kommission hat sich die Provinz Noord-Holland im Lastenheft mit ihren Ausführungen zum nachhaltigen Einkaufsverhalten und zum gesellschaftlich verantwortlichen Verhalten der potenziellen Bieter außerhalb des engen Rahmens bewegt, den Art. 48 der Richtlinie 2004/18 für die Bewertung und Überprüfung der technischen Leistungsfähigkeit und der beruflichen Leistungsfähigkeit der Wirtschaftsteilnehmer zieht.

128. Wie aber die Niederlande zu Recht anmerken, beruht dieser Teil der zweiten Rüge auf einer unzutreffenden Lektüre der Rubrik 4.4.4 des Lastenhefts. Die Anforderungen, die dort gegenüber potenziellen Bietern aufgestellt werden, beziehen sich nämlich gar nicht auf deren technische oder berufliche Leistungsfähigkeit. Vielmehr handelt es sich, wie sich schon der Überschrift der Rubrik 4.4.4 entnehmen lässt, um „Qualitätsanforderungen“ in Bezug auf die zu erbringenden Leistungen.

129. Auch ein Blick auf den Gesamtzusammenhang, in den die Rubrik 4.4.4 des Lastenhefts sich einbettet, bestätigt diesen Eindruck. So ist der Abschnitt 4.4 des Lastenhefts mit „Eignungsanforderungen/Mindestanforderungen“ überschrieben, was darauf hindeutet, dass es dort nicht nur um die Eignung der potenziellen Bieter (bzw. um ihre Leistungsfähigkeit) geht – so etwa in der Rubrik 4.4.3, die der Erfahrung der Bieter gewidmet ist –, sondern auch um andere Aspekte. Zu diesen anderen Aspekten gehört etwa die Antwort auf die hier interessierende Frage, wie der jeweilige Bieter den Erfordernissen der Nachhaltigkeit und des gesellschaftlich verantwortlichen Verhaltens gerecht zu werden gedenkt (Rubrik 4.4.4 des Lastenhefts).

130. Damit fällt die streitgegenständliche Rubrik 4.4.4 des Lastenhefts entgegen der Auffassung der Kommission schon gar nicht in den Anwendungsbereich von Art. 48 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2004/18 und kann somit auch nicht an dieser Vorschrift gemessen werden.

131. Für den Fall aber, dass der Gerichtshof die besagte Vorschrift der Richtlinie gleichwohl zur Anwendung bringen möchte, stünde sie einer Auftragsbedingung wie Rubrik 4.4.4 des Lastenhefts nicht entgegen.

132. Unstreitig enthält zwar Art. 48 der Richtlinie 2004/18 eine abschließende Aufzählung der Nachweise der technischen Leistungsfähigkeit, die öffentliche Auftraggeber von den Wirtschaftsteilnehmern verlangen dürfen(63).

133. Mit ihren „Qualitätsanforderungen“ aus Rubrik 4.4.4 des Lastenhefts konnte sich die Provinz Noord-Holland aber auf eine der Klauseln von Art. 48 Abs. 2 der Richtlinie 2004/18 stützen, und zwar auf Buchst. c, der zum Nachweis der technischen Leistungsfähigkeit eines Lieferanten ausdrücklich eine „Beschreibung … seiner Maßnahmen zur Qualitätssicherung“ vorsieht. Darauf haben die Niederlande zu Recht hingewiesen.

134. Damit ist der Vorwurf einer Verletzung von Art. 48 der Richtlinie 2004/18 unbegründet.

2.      Zweiter Teil der zweiten Rüge: Vermeintlich fehlender Bezug der Anforderungen an die Eignung der Bieter zum Auftragsgegenstand (Art. 44 Abs. 2 der Richtlinie 2004/18)

135. Der zweite Teil der zweiten Rüge ist auf Art. 44 Abs. 2 der Richtlinie 2004/18 gestützt. Im Kern sieht diese Vorschrift vor, dass die öffentlichen Auftraggeber bestimmte Mindestanforderungen an die Eignung der potenziellen Bieter stellen dürfen, sofern diese mit dem Auftragsgegenstand zusammenhängen und ihm angemessen sind(64).

136. Die Kommission sieht Art. 44 Abs. 2 der Richtlinie 2004/18 als verletzt an, weil die Ausführungen im Lastenheft zum nachhaltigen Einkaufsverhalten und zum gesellschaftlich verantwortlichen Handeln der potenziellen Bieter ihrer Meinung nach keinen Bezug zum Gegenstand des hier streitigen öffentlichen Lieferauftrags aufweisen, sondern vielmehr der allgemeinen Einkaufspolitik der Wirtschaftsteilnehmer gewidmet sind.

137. Dieser Vorwurf kann nicht schon allein deshalb als zugestanden angesehen werden, weil sich die Niederlande im Vorverfahren vergleichsweise halbherzig gegen ihn gewehrt haben(65). Denn nach gefestigter Rechtsprechung gibt es keine Verfahrensvorschrift, die den betreffenden Mitgliedstaat verpflichten würde, im Rahmen eines Vertragsverletzungsverfahrens nach Art. 258 AEUV schon in der vorprozessualen Phase sämtliche Argumente zu seiner Verteidigung vorzubringen(66). Im gerichtlichen Verfahren jedenfalls haben sich die Niederlande mit Nachdruck gegen den Vorwurf einer Verletzung von Art. 44 Abs. 2 der Richtlinie 2004/18 verteidigt.

138. Die Rüge einer Verletzung von Art. 44 Abs. 2 der Richtlinie 2004/18 ist aber auch in der Sache nicht begründet. Denn zum einen handelt es sich bei der hier streitigen Rubrik 4.4.4 des Lastenhefts, wie bereits erwähnt, um keine Anforderung an die Eignung oder die technische Leistungsfähigkeit potenzieller Bieter(67), so dass Art. 44 der Richtlinie 2004/18 schon gar nicht Anwendung findet. Zum anderen kann auch keine Rede davon sein, dass es der Rubrik 4.4.4 des Lastenhefts an einem hinreichenden Bezug zum Auftragsgegenstand fehlen würde.

139. Auftragsgegenstand war – soweit hier von Interesse – die Lieferung von Kaffee, Tee und sonstigen „Zutaten“ für Kaffeeautomaten, wobei die öffentliche Auftraggeberin ausdrücklich auf „nachhaltige“ Produkte Wert legte, die einerseits biologischen Ursprungs sein und andererseits dem fairen Handel entstammen sollten. Derartige Anforderungen dienen, wie bereits im Rahmen der ersten Rüge erörtert, teils der Beschreibung der Produkteigenschaften der zu liefernden Waren (Umwelteigenschaften im Sinne von Art. 23 der Richtlinie 2004/18), teils der Beschreibung von sonstigen Bedingungen für die Auftragsausführung (soziale Belange im Sinne von Art. 26 der Richtlinie 2004/18).

140. Da somit Nachhaltigkeit und Umweltverträglichkeit eine wichtige Rolle für die Abwicklung des streitgegenständlichen öffentlichen Auftrags spielten, konnte es der öffentlichen Auftraggeberin nicht verwehrt werden, die potenziellen Bieter dazu zu befragen, auf welche Weise sie „die Kriterien in Bezug auf nachhaltige Einkäufe und gesellschaftlich verantwortliches Verhalten“ erfüllten, sowie anzugeben, inwiefern sie „zur Verbesserung der Nachhaltigkeit des Kaffeemarkts und zu einer umwelttechnisch, sozial und wirtschaftlich verantwortlichen Kaffeeproduktion“ beitrugen.

141. Es ist völlig legitim, wenn ein öffentlicher Auftraggeber die potenziellen Bieter um Auskunft darüber ersucht, wie sie die von ihm festgelegten Vertragsziele zu erfüllen gedenken. Anders als die Kommission meint, geht es dabei nicht in erster Linie um die allgemeine Einkaufspolitik der potenziellen Bieter, sondern vielmehr um ihr Beschaffungsverhalten im Hinblick auf die ganz konkret zu liefernden Waren, also den Kaffee, den Tee und die sonstigen „Zutaten“(68).

142. Damit ist der Vorwurf eines Verstoßes gegen Art. 44 Abs. 2 der Richtlinie 2004/18 ebenfalls unbegründet.

3.      Dritter Teil der zweiten Rüge: Vermeintlicher Verstoß gegen das allgemeine Transparenzgebot (Art. 2 der Richtlinie 2004/18)

143. Im dritten Teil ihrer zweiten Rüge erhebt die Kommission schließlich hilfsweise den Vorwurf eines Verstoßes gegen das allgemeine Transparenzgebot, wie es in Art. 2 der Richtlinie 2004/18 enthalten ist(69).

144. Dieser fundamentale Grundsatz des europäischen Rechts der öffentlichen Aufträge soll im Wesentlichen die Gefahr einer Günstlingswirtschaft oder willkürlicher Entscheidungen des Auftraggebers ausschließen. Er verlangt, dass alle Bedingungen und Modalitäten des Vergabeverfahrens in der Bekanntmachung oder im Lastenheft klar, genau und eindeutig formuliert sind, damit alle durchschnittlich fachkundigen Bieter bei Anwendung der üblichen Sorgfalt deren genaue Bedeutung verstehen und sie in gleicher Weise auslegen können und der Auftraggeber imstande ist, tatsächlich zu überprüfen, ob die Angebote der Bieter die für den betreffenden Auftrag geltenden Kriterien erfüllten(70).

145. Die Kommission bemängelt, die Anforderungen in Rubrik 4.4.4 des Lastenhefts seien zu allgemein und zu ungenau formuliert.

146. Diese Auffassung teile ich. Aus der streitigen Passage des Lastenhefts wird nicht hinreichend deutlich, welche Art von Erläuterungen sowie welche Art von Nachweisen die öffentliche Auftraggeberin von den potenziellen Bietern verlangt. Die von der Provinz Noord-Holland gewählten Formulierungen bringen außerdem keine Gewissheit darüber, was genau damit gemeint ist, wenn von „nachhaltigen Einkäufen und gesellschaftlich verantwortlichem Verhalten“ sowie von einem Beitrag „zur Verbesserung der Nachhaltigkeit des Kaffeemarkts und zu einer umwelttechnisch, sozial und wirtschaftlich verantwortlichen Kaffeeproduktion“ die Rede ist.

147. Hier hätte eine genauere Beschreibung dessen Not getan, was die Provinz Noord-Holland von den potenziellen Bietern erwartete. Beispielsweise hätte die Provinz nach etwaigen vertraglichen Vereinbarungen über fairen Handel und biologische Produktion fragen können, die die potenziellen Bieter gegebenenfalls mit ihren jeweiligen Zulieferern geschlossen haben. Die Provinz hätte die potenziellen Bieter auch auffordern können, mitzuteilen, welche Maßnahmen diese zur Überwachung der Einhaltung solcher Vereinbarungen getroffen haben.

148. Der Einwand der Niederlande, dass mehrere internationale Organisationen das Konzept der Nachhaltigkeit definiert hätten, war jedenfalls zu unsubstantiiert, als dass er die Rüge der fehlenden Transparenz hätte entkräften können.

149. Folglich ist ein Verstoß gegen Art. 2 der Richtlinie 2004/18 festzustellen. Der dritte Teil der dritten Rüge der Kommission ist also begründet.

D –    Zusammenfassung

150. Alles in allem lässt sich festhalten, dass nach der Richtlinie 2004/18 die Berücksichtigung ökologischer und sozialer Belange in Vergabeverfahren durch den öffentlichen Auftraggeber durchaus zulässig ist, was eine Bezugnahme in den Ausschreibungsbedingungen auf Gütezeichen aus den Bereichen Umwelt und fairer Handel ausdrücklich einschließt.

151. Allerdings darf der öffentliche Auftraggeber nicht verlangen, dass die an ihn zu liefernden Waren ein ganz konkretes Gütezeichen tragen, sondern muss andere Gütezeichen und auch Waren ohne jedes Gütezeichen zulassen, sofern ihre Umwelteigenschaften und die Bedingungen, unter denen sie hergestellt und gehandelt werden, den vom öffentlichen Auftraggeber gestellten Anforderungen gleichwertig sind.

152. Außerdem darf der öffentliche Auftraggeber bei der Vergabe seines Auftrags nicht die allgemeine Einkaufspolitik der Bieter berücksichtigen, sondern nur ihr Einkaufsverhalten in Bezug auf die konkret zu liefernden Produkte. Verlangt der öffentliche Auftraggeber von den Bietern Informationen und Nachweise zur Nachhaltigkeit ihrer Produkte und ihrer Geschäftspolitik, so muss diese Anforderung einen hinreichenden Bezug zum Auftragsgegenstand haben und konkret abgefasst sein.

153. Im vorliegenden Fall wurde die Provinz Noord-Holland diesen Regeln nur teilweise gerecht. In ihren Auftragsbedingungen für den streitigen öffentlichen Lieferauftrag aus dem Jahr 2008 hat sie gegen drei Vorschriften des Unionsrechts verstoßen: Art. 2, Art. 23 Abs. 6 und Art. 53 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2004/18. Hingegen ist kein Verstoß gegen die übrigen von der Kommission gerügten Vorschriften festzustellen, namentlich Art. 23 Abs. 8, Art. 44 Abs. 2 sowie Art. 48 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2004/18.

VI – Kosten

154. Gemäß Art. 69 § 3 der Verfahrensordnung kann der Gerichtshof die Kosten teilen oder beschließen, dass jede Partei ihre eigenen Kosten trägt. Diese Regelung findet u. a. dann Anwendung, wenn jede Partei teils obsiegt und teils unterliegt.

155. Auf der Grundlage der vorstehenden Ausführungen hat die Kommission im vorliegenden Fall mit dem ersten Teil ihrer ersten Rüge, mit dem dritten Teil ihrer zweiten Rüge und mit ihrer dritten Rüge obsiegt, hingegen ist sie mit dem zweiten Teil ihrer ersten Rüge sowie dem ersten und zweiten Teil ihrer zweiten Rüge unterlegen.

156. Vor diesem Hintergrund erscheint es mir angemessen, jede Partei zur Tragung ihrer eigenen Kosten zu verurteilen(71).

VII – Ergebnis

157. Aufgrund der vorstehenden Ausführungen schlage ich dem Gerichtshof vor, wie folgt zu entscheiden:

1.      Das Königreich der Niederlande hat dadurch gegen seine Verpflichtungen aus den Verträgen verstoßen, dass die Provinz Noord-Holland im Jahr 2008 im Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags über die Lieferung und Bewirtschaftung von Kaffeeautomaten

–        unter Verletzung von Art. 23 Abs. 6 der Richtlinie 2004/18 verbindlich vorgeschrieben hat, dass der zu liefernde Kaffee und Tee das „EKO“-Gütezeichen oder ein auf vergleichbaren Kriterien beruhendes Gütezeichen tragen müsse,

–        in den Ausschreibungsbedingungen unter Verletzung von Art. 2 der Richtlinie 2004/18 unklare „Qualitätsanforderungen“ für potenzielle Bieter in Bezug auf „nachhaltige Einkäufe und gesellschaftlich verantwortliches Verhalten“ formuliert hat und

–        im Rahmen der Zuschlagskriterien entgegen Art. 53 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2004/18 Pluspunkte dafür vorgesehen hat, dass die zu liefernden „Zutaten“ mit den Gütezeichen „EKO“ und/oder „Max Havelaar“ oder mit auf denselben Kriterien beruhenden Gütezeichen ausgestattet sein würden.

2.      Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3.      Jede Partei trägt ihre eigenen Kosten.


1 – Originalsprache: Deutsch.


2 – ABl. L 134, S. 114.


3 – ABl. 2008, S 158-213630.


4 –      Abschnitt II.1.5 der Bekanntmachung.


5 – Abschnitt III.1.4 der Bekanntmachung.


6 – Abschnitt IV.2.1 der Bekanntmachung.


7 – „Offerteaanvraag ‚Koffieautomaten‘“ vom 11. August 2008 (Referenz: PNH-45096).


8 – Vergabebekanntmachung, ABl. 2008, S 250-333033.


9 – Der Name „Max Havelaar“ ist nach Angaben der niederländischen Regierung dem Titel eines bekannten Buches der niederländischen Literatur entlehnt: Max Havelaar of de koffieveilingen der Nederlandsche Handelsmaatschappij (Max Havelaar oder die Kaffeeversteigerungen der Niederländischen Handelsgesellschaft). Autor dieses Buches aus dem Jahr 1859 ist Multatuli (Pseudonym für Eduard Douwes Dekker). Es handelt von den sozialen Missständen im Kaffeeanbau im ehemaligen Niederländisch-Indien (heute Indonesien) als Folge der niederländischen Kolonialpolitik.


10 – Vgl. dazu die Internet-Seite www.fairtrade.net (zuletzt besucht am 25. Oktober 2011).


11 – In ihrer Antwort auf das Mahnschreiben erkannte die niederländische Regierung immerhin noch an, dass die Vorschriften der Art. 2, 23 Abs. 6 und 53 der Richtlinie 2004/18 „nicht vollständig nach ihrem Buchstaben beachtet wurden“. Eine solche Aussage findet sich jedoch in der Antwort auf die mit Gründen versehene Stellungnahme nicht mehr.


12 – Vgl. dazu grundlegend die Urteile vom 20. September 1988, Beentjes (31/87, Slg. 1988, 4635, Randnrn. 28 bis 30), und vom 17. September 2002, Concordia Bus Finland (C‑513/99, Slg. 2002, I‑7213, Randnrn. 53 bis 69), sowie den 1., 5., 29., 33., 44. und 46. Erwägungsgrund der Richtlinie 2004/18.


13 – Interpretierende Mitteilung der Kommission vom 4. Juli 2001 über das auf das Öffentliche Auftragswesen anwendbare Gemeinschaftsrecht und die Möglichkeiten zur Berücksichtigung von Umweltbelangen bei der Vergabe öffentlicher Aufträge [KOM(2001) 274 endg., ABl. 2001, C 333, S. 12]; Interpretierende Mitteilung der Kommission vom 15. Oktober 2001 über die Auslegung des gemeinschaftlichen Vergaberechts und die Möglichkeiten zur Berücksichtigung sozialer Belange bei der Vergabe öffentlicher Aufträge [KOM(2001) 566 endg., ABl. 2001, C 333, S. 27]; Mitteilung der Kommission vom 16. Juli 2008 an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen – „Umweltorientiertes Öffentliches Beschaffungswesen“ [KOM(2008) 400 endg.]; Mitteilung der Kommission vom 5. Mai 2009 an den Rat, das Europäische Parlament und den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss – „Beitrag zu einer nachhaltigen Entwicklung: die Rolle des Fairen Handels und handelsbezogener nichtstaatlicher Nachhaltigkeitssicherungskonzepte“ [KOM(2009) 215 endg., S. 10]; Mitteilung der Kommission vom 3. März 2010 „EUROPA 2020 – Eine Strategie für intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum“ [KOM(2010) 2020 endg., S. 18 und 19].


14 – Vgl. dazu die allgemeine Auftragsbeschreibung in der Bekanntmachung und im Lastenheft (auszugsweise wiedergegeben in Nrn. 15 und 17 dieser Schlussanträge).


15 – Verordnung (EG) Nr. 1980/2000 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juli 2000 zur Revision des gemeinschaftlichen Systems zur Vergabe eines Umweltzeichens (ABl. L 237, S. 1).


16 – Verordnung (EG) Nr. 66/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009 über das EU-Umweltzeichen (ABl. L 27, S. 1). Diese Verordnung hat die Verordnung Nr. 1980/2000 mit Wirkung vom 19. Februar 2010 abgelöst.


17 – Vgl. dazu die Erläuterungen der Kommission zu Abänderung Nr. 45 im geänderten Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Lieferaufträge, Dienstleistungsaufträge und Bauaufträge, KOM(2002) 236 endg. (ABl. C 203 E, S. 210, 215, rechte Spalte). Auf eine Frage des Gerichtshofs hin bestand in diesem Punkt in der mündlichen Verhandlung zwischen den Parteien Einigkeit.


18 – Art. 2 und 2. Erwägungsgrund der Richtlinie 2004/18.


19 – Vgl. auch den letzten Satz des 29. Erwägungsgrundes der Richtlinie 2004/18; im selben Sinne Urteil vom 29. April 2004, Kommission/CAS Succhi di Frutta (C‑496/99 P, Slg. 2004, I‑3801, Randnr. 111).


20 – Zum Kriterium des durchschnittlich fachkundigen Bieters, der die übliche Sorgfalt walten lässt, vgl. die Urteile vom 4. Dezember 2003, EVN und Wienstrom (C‑448/01, Slg. 2003, I‑14527, Randnr. 57), und Kommission/CAS Succhi di Frutta (zitiert in Fn. 19, Randnr. 111).


21 – Vgl. dazu oben, Nr. 20 dieser Schlussanträge.


22 – In diesem Sinne – bezogen auf die Ermittlung des Wertes eines öffentlichen Bauauftrags – das Urteil vom 18. Januar 2007, Auroux u. a. (C‑220/05, Slg. 2007, I‑385, Randnr. 53).


23 – Vgl. in diesem Sinne auch Art. 23 Abs. 6, letzter Halbsatz, sowie den 29. Erwägungsgrund (insbesondere dessen fünften Satz) der Richtlinie 2004/18.


24 – Urteile vom 22. Juni 1993, Kommission/Dänemark (C‑243/89, Slg. 1993, I‑3353, Randnr. 30), und vom 6. Oktober 2009, Kommission/Schweden (C‑438/07, Slg. 2009, I‑9517, Randnr. 53).


25 – In diesem Sinne Beschluss vom 27. September 2004, UER/M6 u. a. (C‑470/02 P, Randnr. 69), und Urteil vom 21. September 2010, Schweden/API und Kommission (C‑514/07 P, C‑528/07 P und C‑532/07 P, Slg. 2010, I‑8533, Randnr. 65).


26 – Schlussanträge des Generalanwalts Léger vom 2. April 1998 in der Rechtssache Parlament/Gutiérrez de Quijano y Lloréns (C‑252/96 P, Slg. 1998, I‑7421, Nr. 36).


27 – Vgl. unten, Nrn. 85 bis 87 dieser Schlussanträge.


28 – Vgl., statt vieler, Urteile vom 15. Februar 2007, Kommission/Niederlande (C‑34/04, Slg. 2007, I‑1387, Randnr. 49), und vom 15. Juni 2010, Kommission/Spanien (C‑211/08, Slg. 2010, I‑5267, Randnr. 33).


29 – Vgl. dazu oben, Nr. 16 dieser Schlussanträge.


30 – In diesem Sinne bereits – wenngleich bezogen auf umweltpolitische Zuschlagskriterien – die Urteile Concordia Bus Finland (zitiert in Fn. 12, Randnrn. 59, letzter Satz, und 64) und EVN und Wienstrom (zitiert in Fn. 20, Randnr. 66).


31 – Vgl. Art. 2 sowie den 2. und 33. Erwägungsgrund der Richtlinie 2004/18.


32 – Vgl. oben, Nr. 56 dieser Schlussanträge.


33 – Welche Handelskonditionen angemessen sind, kann überdies von Produkt zu Produkt und von Erzeugerland zu Erzeugerland höchst unterschiedlich sein. Die Zertifizierungsstelle, die ein Fair-Trade-Gütezeichen vergibt, kann dies im Zweifel besser und objektiver beurteilen als ein Lieferant oder ein öffentlicher Auftraggeber.


34 – 29. Erwägungsgrund der Richtlinie 2004/18; im selben Sinne Urteil Beentjes (zitiert in Fn. 12, Randnr. 30).


35 – Vgl. dazu auch oben, Nr. 66 dieser Schlussanträge, zum „EKO“-Gütezeichen.


36 – Vgl. dazu auch oben, Nr. 65 dieser Schlussanträge, zum „EKO“-Gütezeichen.


37 – Vgl. dazu oben, Nr. 67 dieser Schlussanträge.


38 – Vgl. oben, Nrn. 74 bis 81 dieser Schlussanträge.


39 – Vgl. dazu oben, Nr. 16 dieser Schlussanträge.


40 – In diesem Sinne, zu Vorgängerregelungen von Art. 53 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2004/18, die Urteile Concordia Bus Finland (zitiert in Fn. 12, Randnr. 54), vom 18. Oktober 2001, SIAC Construction (C‑19/00, Slg. 2001, I‑7725, Randnr. 35), vom 19. Juni 2003, GAT (C‑315/01, Slg. 2003, I‑6351, Randnr. 63), und vom 24. Januar 2008, Lianakis u. a. (C‑532/06, Slg. 2008, I‑251, Randnr. 29).


41 – In diesem Sinne bereits das Urteil Concordia Bus Finland (zitiert in Fn. 12, Randnr. 55).


42 – Vgl. auch den vierten Absatz des 46. Erwägungsgrundes der Richtlinie 2004/18.


43 – Urteile Beentjes (zitiert in Fn. 12, Randnr. 19), SIAC Construction (zitiert in Fn. 40, Randnr. 36), Concordia Bus Finland (zitiert in Fn. 12, Randnr. 59), GAT (zitiert in Fn. 40, Randnr. 64) und Lianakis u. a. (zitiert in Fn. 40, Randnrn. 29 und 30).


44 – Urteile Beentjes (zitiert in Fn. 12, Randnr. 26), SIAC Construction (zitiert in Fn. 40, Randnr. 37), Concordia Bus Finland (zitiert in Fn. 12, Randnrn. 61 und 64) und vom 24. November 2005, ATI EAC e Viaggi di Maio u. a. („ATI EAC“, C‑331/04, Slg. 2005, I‑10109, Randnr. 21).


45 – Im selben Sinne bereits die Urteile Concordia Bus Finland (zitiert in Fn. 12, Randnrn. 59, letzter Satz, und 64), EVN und Wienstrom (zitiert in Fn. 20, Randnr. 66) und ATI EAC (zitiert in Fn. 44, Randnr. 21).


46 – Dritter Absatz des 46. Erwägungsgrundes der Richtlinie 2004/18; vgl. außerdem den 5. Erwägungsgrund dieser Richtlinie.


47 – Erster Absatz des 46. Erwägungsgrundes und 2. Erwägungsgrund der Richtlinie 2004/18; im selben Sinne Urteile Concordia Bus Finland (zitiert in Fn. 12) und ATI EAC (zitiert in Fn. 44, Randnr. 21).


48 – Im Rahmen ihrer ersten Rüge hat die Kommission sowohl das „EKO“-Gütezeichen als auch das „Max Havelaar“-Gütezeichen als technische Spezifikationen angesehen und sie an Art. 23 Abs. 6 und Abs. 8 der Richtlinie 2004/18 gemessen.


49 – Vgl. dazu oben, Nrn. 74 bis 81 dieser Schlussanträge.


50 – Vgl. dazu oben, Nrn. 85 bis 87 dieser Schlussanträge.


51 – Ähnlich – wenngleich in anderem Zusammenhang – die Urteile Beentjes (zitiert in Fn. 12, Randnr. 28, zur allgemeinen Fähigkeit der Bieter, Langzeitarbeitslose zu beschäftigen) sowie EVN und Wienstrom (zitiert in Fn. 20, Randnrn. 70 bis 72, zur Fähigkeit der Bieter, die über die in der Ausschreibung festgelegte Menge hinaus größtmögliche Menge Strom zu liefern). Vgl. außerdem oben, Nr. 88 dieser Schlussanträge.


52 – Vgl. dazu oben, Nr. 64 dieser Schlussanträge.


53 – Erster und zweiter Absatz des 46. Erwägungsgrundes der Richtlinie 2004/18.


54 – Vgl. dazu oben, Nr. 56 dieser Schlussanträge.


55 – Vgl. dazu oben, Nr. 28 dieser Schlussanträge.


56 – Zur Zeit der Vergabe des streitgegenständlichen öffentlichen Lieferauftrags galt die Verordnung (EWG) Nr. 2092/91 des Rates vom 24. Juni 1991 über den ökologischen Landbau und die entsprechende Kennzeichnung der landwirtschaftlichen Erzeugnisse und Lebensmittel (ABl. L 198, S. 1), die später durch die Verordnung (EG) Nr. 834/2007 des Rates vom 28. Juni 2007 über die ökologische/biologische Produktion und die Kennzeichnung von ökologischen/biologischen Erzeugnissen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 2092/91 (ABl. L 189, S. 1) abgelöst wurde.


57 – Vgl. oben, Nr. 27 dieser Schlussanträge.


58 – Erster und vierter Absatz des 46. Erwägungsgrundes der Richtlinie 2004/18.


59 – 2. Erwägungsgrund der Richtlinie 2004/18.


60 – In diesem Sinne Urteile Beentjes (zitiert in Fn. 12, Randnr. 29), vom 26. September 2000, Kommission/Frankreich (C‑225/98, Slg. 2000, I‑7445, Randnr. 50), Concordia Bus Finland (zitiert in Fn. 12, Randnrn. 63 und 64) und EVN und Wienstrom (zitiert in Fn. 20, Randnr. 69).


61 – Vgl. dazu, aus den verschiedensten Bereichen des Rechts der öffentlichen Aufträge, die Urteile vom 25. April 1996, Kommission/Belgien (C‑87/94, Slg. 1996, I‑2043, Randnr. 54), vom 12. Dezember 2002, Universale-Bau u. a. (C‑470/99, Slg. 2002, I‑11617, Randnr. 93), EVN und Wienstrom (zitiert in Fn. 20, Randnr. 56) und ATI EAC (zitiert in Fn. 44, Randnr. 22).


62 – Vgl. oben, Nr. 19 dieser Schlussanträge.


63 – In diesem Sinne auch Urteile vom 10. Februar 1982, Transporoute (76/81, Slg. 1982, 417, Randnrn. 8, 9 und 15), vom 9. Juli 1987, CEI (27/86 bis 29/86, Slg. 1987, 3347, Randnr. 9), und vom 26. April 1994, Kommission/Italien (C‑272/91, Slg. 1994, I‑1409, Randnr. 35), jeweils bezogen auf mit Art. 48 der Richtlinie 2004/18 vergleichbare Regelungen.


64 – Vgl. insbesondere den zweiten Unterabsatz von Art. 44 Abs. 2 der Richtlinie 2004/18.


65 – Die Kommission zitiert aus S. 6 der Antwort der Niederlande auf das Mahnschreiben, wo die Niederlande zugestanden haben sollen, dass die streitigen Ausschreibungsbedingungen „nicht ausschließlich in Verbindung mit dem Auftragsgegenstand standen“.


66 – Urteile vom 16. September 1999, Kommission/Spanien (C‑414/97, Slg. 1999, I‑5585, Randnr. 19), und Kommission/Niederlande (zitiert in Fn. 28, Randnr. 49 am Ende).


67 – Vgl. dazu soeben, Nrn. 128 bis 130 dieser Schlussanträge.


68 – Vgl. dazu meine Ausführungen zur ersten und dritten Rüge (insbesondere Nrn. 88 und 109 bis 112 dieser Schlussanträge).


69 – Vgl. auch den 2. und 39. Erwägungsgrund der Richtlinie 2004/18.


70 – Urteil Kommission/CAS Succhi di Frutta (zitiert in Fn. 19, Randnr. 111); ähnlich die Urteile vom 14. Oktober 2004, Kommission/Frankreich (C‑340/02, Slg. 2004, I‑9845, Randnr. 34), und vom 10. Dezember 2009, Kommission/Frankreich (C‑299/08, Slg. 2009, I‑11587, Randnr. 41), wonach der Transparenzgrundsatz gebietet, dass der Gegenstand eines öffentlichen Auftrags sowie die Kriterien für seine Vergabe klar bestimmt werden.


71 – Im selben Sinne z. B. das Urteil vom 29. April 2010, Kommission/Deutschland (C‑160/08, Slg. 2010, I‑3713, Randnr. 133).