Language of document : ECLI:EU:C:2018:69

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

EVGENI TANCHEV

vom 7. Februar 2018(1)

Rechtssache C681/16

Pfizer Ireland Pharmaceuticals, Operations Support Group

gegen

Orifarm GmbH

(Vorabentscheidungsersuchen des Landgerichts Düsseldorf [Deutschland])

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Beitritt neuer Mitgliedstaaten – Beitrittsakte – Besonderer Mechanismus – Patentrecht – Durch ein ergänzendes Schutzzertifikat geschütztes Arzneimittel – Verordnung Nr. 469/2009 – Pädiatrische Verlängerung des Schutzes – Verordnung Nr. 1901/2006 – In einem alten Mitgliedstaat geschütztes Erzeugnis, das in einem neuen Mitgliedstaat auf den Markt gebracht wird, ohne dort durch den Patentinhaber geschützt zu sein – Paralleleinfuhren – Erschöpfung von Rechten des geistigen Eigentums“






1.        In diesem Vorabentscheidungsersuchen des Landgerichts Düsseldorf (Deutschland) geht es um Paralleleinfuhren von Arzneimitteln aus neuen Mitgliedstaaten nach Deutschland. Die Beitrittsakte sehen für Situationen, in denen in diesen Staaten entsprechender Patentschutz für pharmazeutische Erzeugnisse nicht verfügbar war, eine Ausnahme von der Warenverkehrsfreiheit vor. Im vorliegenden Fall wird um den Umfang dieser Ausnahme gestritten.

2.        Im Ausgangsverfahren klagte die Inhaberin eines ergänzenden Schutzzertifikats (im Folgenden: ESZ) für Arzneimittel in Deutschland gegen solche Paralleleinfuhren aus Bulgarien, Kroatien, der Tschechischen Republik, Estland, Ungarn, Lettland, Litauen, Polen, Rumänien, der Slowakei und Slowenien (im Folgenden: betreffende neue Mitgliedstaaten). Das vorlegende Gericht bittet um Auslegung der in den Beitrittsakten von 2003, 2005 und 2012 über den Beitritt dieser Mitgliedstaaten jeweils enthaltenen Ausnahmevorschrift, des sogenannten Besonderen bzw. Speziellen Mechanismus (im Folgenden als Oberbegriff: Besonderer Mechanismus).

I.      Rechtlicher Rahmen

A.      Beitrittsakte zur Europäischen Union

3.        Anhang IV Nr. 2 Abs. 1 der Beitrittsakte 2003(2) lautet:

„BESONDERER MECHANISMUS

Im Falle der Tschechischen Republik, Estlands, Lettlands, Litauens, Ungarns, Polens, Sloweniens oder der Slowakei kann sich der Inhaber eines Patents oder eines Ergänzenden Schutzzertifikats für ein Arzneimittel, das in einem Mitgliedstaat zu einem Zeitpunkt beantragt wurde, als ein entsprechender Schutz für das Erzeugnis in einem der vorstehenden neuen Mitgliedstaaten nicht erlangt werden konnte, oder der vom Inhaber Begünstigte auf die durch das Patent oder das Ergänzende Schutzzertifikat eingeräumten Rechte berufen, um zu verhindern, dass das Erzeugnis in Mitgliedstaaten, in denen das betreffende Erzeugnis durch ein Patent oder Ergänzendes Schutzzertifikat geschützt ist, eingeführt und dort in den Verkehr gebracht wird; dies gilt auch dann, wenn das Erzeugnis in jenem neuen Mitgliedstaat erstmalig von ihm oder mit seiner Einwilligung in den Verkehr gebracht wurde.“

4.        Anhang V Nr. 1 Abs. 1 der Beitrittsakte 2005(3) sieht vor:

„SPEZIELLER MECHANISMUS

Im Falle Bulgariens und Rumäniens kann sich der Inhaber eines Patents oder eines Ergänzenden Schutzzertifikats für ein Arzneimittel, das in einem Mitgliedstaat zu einem Zeitpunkt beantragt wurde, als ein entsprechender Schutz für das Erzeugnis in einem der vorstehenden neuen Mitgliedstaaten nicht erlangt werden konnte, oder der vom Inhaber Begünstigte auf die durch das Patent oder das Ergänzende Schutzzertifikat eingeräumten Rechte berufen, um zu verhindern, dass das Erzeugnis in Mitgliedstaaten, in denen das betreffende Erzeugnis durch ein Patent oder Ergänzendes Schutzzertifikat geschützt ist, eingeführt und dort in den Verkehr gebracht wird; dies gilt auch dann, wenn das Erzeugnis in jenem neuen Mitgliedstaat erstmalig von ihm oder mit seiner Einwilligung in den Verkehr gebracht wurde.“

5.        Anhang IV Nr. 1 Abs. 1 der Beitrittsakte 2012(4) hat folgenden Wortlaut:

„SPEZIELLER MECHANISMUS

In Bezug auf Kroatien kann sich der Inhaber bzw. der Begünstigte des Inhabers eines Patents oder eines Ergänzenden Schutzzertifikats für ein Arzneimittel, das in einem Mitgliedstaat zu einem Zeitpunkt beantragt wurde, als ein Patent bzw. Schutzzertifikat für das Erzeugnis in Kroatien nicht erlangt werden konnte, auf die durch das Patent bzw. das Ergänzende Schutzzertifikat begründeten Rechte berufen, um zu verhindern, dass das Erzeugnis in dem Mitgliedstaat bzw. den Mitgliedstaaten, in dem bzw. denen das betreffende Erzeugnis durch ein Patent oder Ergänzendes Schutzzertifikat geschützt ist, eingeführt und in den Verkehr gebracht wird, auch dann, wenn das Erzeugnis in Kroatien erstmalig vom Inhaber oder mit Einwilligung des Inhabers in den Verkehr gebracht wurde.“

B.      Verordnung Nr. 469/2009 über das ESZ

6.        Art. 3 der Verordnung Nr. 469/2009(5) lautet:

„Das Zertifikat wird erteilt, wenn in dem Mitgliedstaat, in dem die Anmeldung nach Artikel 7 eingereicht wird, zum Zeitpunkt dieser Anmeldung

a)      das Erzeugnis durch ein in Kraft befindliches Grundpatent geschützt ist;

b)      für das Erzeugnis als Arzneimittel eine gültige Genehmigung für das Inverkehrbringen gemäß der Richtlinie 2001/83/EG bzw. der Richtlinie 2001/82/EG erteilt wurde;

…“

7.        Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 469/2009 bestimmt:

„Die Anmeldung des Zertifikats muss innerhalb einer Frist von sechs Monaten, gerechnet ab dem Zeitpunkt, zu dem für das Erzeugnis als Arzneimittel die Genehmigung für das Inverkehrbringen nach Artikel 3 Buchstabe b erteilt wurde, eingereicht werden.“

8.        Art. 13 Abs. 1 bis 3 der Verordnung Nr. 469/2009 sieht vor:

„(1)      Das Zertifikat gilt ab Ablauf der gesetzlichen Laufzeit des Grundpatents für eine Dauer, die dem Zeitraum zwischen der Einreichung der Anmeldung für das Grundpatent und dem Zeitpunkt der ersten Genehmigung für das Inverkehrbringen in der Gemeinschaft entspricht, abzüglich eines Zeitraums von fünf Jahren.

(2)      Ungeachtet des Absatzes 1 beträgt die Laufzeit des Zertifikats höchstens fünf Jahre vom Zeitpunkt seines Wirksamwerdens an.

(3)      Die in den Absätzen 1 und 2 festgelegten Zeiträume werden im Falle der Anwendung von Artikel 36 der Verordnung (EG) Nr. 1901/2006 um sechs Monate verlängert. In diesem Fall kann die in Absatz 1 dieses Artikels festgelegte Laufzeit nur einmal verlängert werden.“

C.      Verordnung Nr. 1901/2006 über die pädiatrische Verlängerung

9.        Art. 36 Abs. 1 Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 1901/2006(6)lautet:

„Beinhaltet ein Genehmigungsantrag nach Artikel 7 oder 8 die Ergebnisse sämtlicher Studien, die entsprechend einem gebilligten pädiatrischen Prüfkonzept durchgeführt wurden, so wird dem Inhaber des Patents oder des ergänzenden Schutzzertifikats eine sechsmonatige Verlängerung des Zeitraums nach Artikel 13 Absätze 1 und 2 der Verordnung (EWG) Nr. 1768/92 gewährt.“

II.    Sachverhalt des Ausgangsverfahrens und Vorlagefragen

10.      Pfizer Ireland Pharmaceuticals, Operations Support Group, die Klägerin des Ausgangsverfahrens, ein in Irland ansässiges Unternehmen des Pfizer‑Konzerns, war als Inhaberin eines ESZ(7) für das Protein Etanercept(8) eingetragen. Etanercept ist ein Wirkstoff der Arznei Enbrel®, die die Klägerin herstellt und in Deutschland und vielen anderen Ländern vertreibt und die für die Behandlung von Arthritis bei Erwachsenen und Kindern zugelassen ist(9).

11.      Die Orifarm GmbH, die Beklagte des Ausgangsverfahrens, ist ein Unternehmen der dänischen Orifarm Group, die als so genannte Parallelimporteurin Arzneimittel aus Ländern mit niedrigerem Preisniveau nach Deutschland einführt.

12.      Mit einem ESZ wird durch ein Grundpatent geschützten Arzneimitteln ein zusätzlicher Schutz gewährt, indem der Patentschutz nach Ablauf des Patents für eine gewisse Zeit verlängert wird(10). Das ESZ der Klägerin, mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland, wurde auf der Grundlage eines europäischen Grundpatents erteilt(11).

13.      Dieses Patent wurde von dem pharmazeutischen Unternehmen Roche, dem Entwickler dieses Erzeugnisses, unter Inanspruchnahme der schweizerischen Prioritäten vom 12. September 1989, 8. März 1990 und 20. April 1990 am 31. August 1990 angemeldet(12).

14.      Am 31. August 1990 gab es in keinem der 13 neuen Mitgliedstaaten, die der EU 2004, 2007 und 2013 beigetreten sind, entsprechende Regelungen für den Schutz von Arzneimitteln oder bestimmten therapeutischen Indikationen.

15.      Am 1. Februar 2000 erhielt das pharmazeutische Unternehmen Wyeth Pharma eine als Genehmigung für das Inverkehrbringen dienende Zulassung für Enbrel®. Diese Genehmigung erfolgte erstmals in der Schweiz und war auch in der Europäischen Gemeinschaft gültig.

16.      Am 26. Juni 2003 beantragte Wyeth Pharma ein ESZ, das am 11. Januar 2006 erteilt wurde(13). 2009 wurde Wyeth Pharma mit sämtlichen Vermögenswerten, einschließlich des ESZ, von der Klägerin erworben(14).

17.      Nach Ablauf des Grundpatents am 1. September 2010 trat das ESZ für den Zeitraum bis zum 1. Februar 2015 in Kraft.

18.      Da Enbrel® auch für die pädiatrische Bevölkerungsgruppe zugelassen war und um die Forschungsarbeit für diese Bevölkerungsgruppe zu honorieren, erteilte das Deutsche Patent- und Markenamt (DPMA) am 15. Oktober 2012 der Klägerin eine „pädiatrische Verlängerung“ des ESZ(15), durch die der Schutz für weitere sechs Monate verlängert wurde und damit erst am 1. August 2015 auslief.

19.      Bereits 2012 zeigte die Beklagte der Klägerin ihre Absicht an, Paralleleinfuhren aus Estland und Lettland und, ab Februar 2015, auch aus Bulgarien, der Tschechischen Republik, Ungarn, Polen, Rumänien, der Slowakei und Slowenien durchzuführen. Die Klägerin verwahrte sich mehrmals dagegen; es folgte ein andauernder Schriftwechsel.

20.      Im April 2015 entdeckte die Klägerin Enbrel®-Packungen auf dem deutschen Markt, die für Polen, Slowenien, Litauen – für die alle die gleiche Packung verwendet wird – und solche, die für Kroatien hergestellt worden waren. Diese wiesen sämtlich die Beklagte als Parallelimporteurin aus.

21.      Infolgedessen erhob die Klägerin am 1. Juni 2015 Klage beim Landgericht Düsseldorf wegen Verletzung ihres ESZ einschließlich der pädiatrischen Verlängerung. Sie beantragte, die Beklagte zu verurteilen, i) die Einfuhr, den Besitz, das Angebot und das Inverkehrbringen von Enbrel® zu unterlassen(16), ii) über diese Tätigkeiten für den Zeitraum vom 1. September 2010 bis zum 1. August 2015, Auskunft zu erteilen, und zwar unter Vorlage von Rechnungskopien, die Erzeugnisse zurückzurufen und zu vernichten sowie iii) die Schadensersatzpflicht der Beklagten festzustellen.

22.      In jenem Verfahren trägt die Beklagte vor, sie habe Enbrel® in den betreffenden neuen Mitgliedstaaten rechtmäßig erworben, und beruft sich auf die Warenverkehrsfreiheit innerhalb der Europäischen Union. Sie erhebt den Erschöpfungseinwand. Nach dem Grundsatz der gemeinschaftsweiten Erschöpfung können die mit einem Patent oder einem ESZ verbundenen Ausschließlichkeitsrechte nicht geltend gemacht werden, wenn die durch dieses Patent geschützten Erzeugnisse in einem anderen Mitgliedstaat vom Patentinhaber selbst oder mit seinem Einverständnis rechtmäßig auf den Markt gebracht wurden, selbst wenn die Erzeugnisse aus einem Mitgliedstaat eingeführt werden, in dem sie nicht patentierbar sind(17).

23.      Die Klägerin macht jedoch eine Ausnahme von diesen Grundsätzen geltend, die in den Verträgen über den Beitritt der betreffenden neuen Mitgliedstaaten enthalten sein soll. Die Beitrittsakte 2003, 2005 und 2012 sähen nämlich unter dem Begriff „Besonderer Mechanismus“ eine Regelung vor, wonach sich Inhaber eines Patents oder eines ESZ unter bestimmten Voraussetzungen auf das Recht berufen könnten, sich der Einfuhr von Arzneimitteln aus den betreffenden neuen Mitgliedstaaten zu widersetzen.

24.      Die Hauptbedingung für die Anwendung dieses Besonderen Mechanismus lautet, dass zum Zeitpunkt der Beantragung des Patents oder des ESZ im Einfuhrstaat kein entsprechender Schutz in diesen neuen Mitgliedstaaten erlangt werden konnte. Da es sich bei dem Besonderen Mechanismus jedoch um eine Einschränkung des freien Warenverkehrs innerhalb der Europäischen Union handelt, ist er eng auszulegen(18). Deshalb bittet das vorlegende Gericht den Gerichtshof darum, den Anwendungsbereich des Besonderen Mechanismus im vorliegenden Fall zu klären, in dem ein ESZ als solches zum einschlägigen Zeitpunkt im Beitrittsstaat verfügbar war, jedoch das erforderliche Grundpatent fehlte (erste Frage), sowie, ob die Antwort anders ausfällt, wenn zum Zeitpunkt der Offenlegung der Patentanmeldung in Deutschland das Grundpatent im Beitrittsstaat hätte erlangt werden können (zweite Frage). Mit seinen Fragen 3 und 4 möchte das Landgericht Düsseldorf wissen, ob und inwieweit der Besondere Mechanismus auf die im Wortlaut der Beitrittsakte nicht ausdrücklich genannte pädiatrische Verlängerung anwendbar ist.

25.      Unter diesen Umständen hat das Landgericht Düsseldorf das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1.      Kann der Inhaber eines ergänzenden Schutzzertifikats, das ihm für die Bundesrepublik Deutschland erteilt wurde, unter Berufung auf die Regelungen des Besonderen bzw. Speziellen Mechanismus die Einfuhr von Erzeugnissen aus den Beitrittsstaaten Tschechische Republik, Estland, Lettland, Litauen, Ungarn, Polen, Slowenien, Slowakei, Bulgarien, Rumänien und Kroatien (Anhang IV der Beitrittsakte 2003, Anhang V Teil I der Beitrittsakte 2005, Anhang IV der Beitrittsakte 2012) in die Bundesrepublik Deutschland verhindern, wenn das ergänzende Schutzzertifikat in der Bundesrepublik Deutschland zu einem Zeitpunkt beantragt wurde, in dem in den Beitrittsstaaten bereits Regelungen für die Erlangung eines entsprechenden ergänzenden Schutzzertifikats bestanden, ein solches ergänzendes Schutzzertifikat im jeweiligen Beitrittsstaat aber vom Inhaber des für die Bundesrepublik Deutschland erteilten Schutzzertifikats nicht beantragt oder ihm nicht erteilt werden konnte, weil es an einem für die Erteilung des Schutzzertifikats erforderlichen Grundpatent im Beitrittsstaat fehlte?

2.      Macht es für die Beantwortung der Frage 1 einen Unterschied, wenn lediglich im Anmeldezeitpunkt des für die Bundesrepublik Deutschland erteilten Grundpatents entsprechender Schutz durch ein Grundpatent im Beitrittsstaat nicht erlangt werden konnte, jedoch im Zeitraum bis zur Offenlegung der Anmeldung, die dem für die Bundesrepublik Deutschland erteilten Grundpatent zugrunde liegt, erlangt werden konnte?

3.      Kann der Inhaber eines ergänzenden Schutzzertifikats, das ihm für die Bundesrepublik Deutschland erteilt wurde, unter Berufung auf die Regelungen des Besonderen bzw. Speziellen Mechanismus die Einfuhr von Erzeugnissen aus den Beitrittsstaaten Tschechische Republik, Estland, Lettland, Litauen, Ungarn, Polen, Slowenien, Slowakei, Bulgarien, Rumänien und Kroatien in die Bundesrepublik Deutschland verhindern, wenn die Einfuhr der Erzeugnisse nach Ablauf der mit dem ursprünglichen Erteilungsbeschluss festgesetzten Laufzeit des ergänzenden Schutzzertifikats, aber vor Ablauf der um sechs Monate verlängerten Laufzeit des Schutzzertifikats erfolgt, die ihm auf Grundlage der Verordnung Nr. 1901/2006 gewährt worden ist?

4.      Macht es für die Beantwortung der Frage 3 im Fall von Kroatien einen Unterschied, dass der Spezielle Mechanismus aufgrund des Beitritts von Kroatien im Jahr 2013 erst nach Inkrafttreten der Verordnung Nr. 1901/2006 in Kraft trat – anders als in den übrigen vor dem 26. Januar 2007 beigetretenen Mitgliedstaaten Tschechische Republik, Estland, Lettland, Litauen, Ungarn, Polen, Slowenien, Slowakei, Bulgarien und Rumänien?

26.      Die Parteien des Ausgangsverfahrens und die Europäische Kommission haben schriftliche und in der Sitzung vom 15. November 2017 mündliche Erklärungen abgegeben.

III. Bewertung

27.      Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass der Besondere Mechanismus der Beitrittsakte auf Umstände wie die im Ausgangsverfahren anwendbar ist, so dass die Klägerin als Inhaberin eines deutschen ESZ mit einer pädiatrischen Verlängerung für den gesamten Schutzzeitraum, also bis zum 1. August 2015, das Recht hat, Einfuhren nach Deutschland von in Bulgarien, Kroatien, der Tschechischen Republik, Estland, Ungarn, Lettland, Litauen, Polen, Rumänien, der Slowakei und Slowenien von ihr oder mit ihrem Einverständnis auf den Markt gebrachten Arzneimitteln zu verhindern.

28.      Der Ansicht der Kommission und der Klägerin folgend, schlage ich also vor, auf die erste und die dritte Frage mit Ja und auf die zweite und die vierte Frage mit Nein zu antworten. Mein Standpunkt deckt sich mit dem des vorlegenden Gerichts, welches die von ihm bevorzugte Antwort auf die ersten beiden Fragen angibt. Die abweichende Argumentation der Beklagten in Bezug auf die erste und die dritte Frage überzeugt mich nicht.

A.      Erste Frage

29.      Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob eine Situation wie die im Ausgangsverfahren, in der sich die Klägerin auf ihr ESZ beruft, um Paralleleinfuhren aus neuen Mitgliedstaaten zu verhindern, in den Anwendungsbereich des Besonderen Mechanismus fällt, obwohl es zu der Zeit, als sie das ESZ in Deutschland beantragte – also am 26. Juni 2003 – in allen entsprechenden Beitrittsstaaten bis auf Kroatien bereits Regelungen für den Erhalt eines ESZ gab. Meiner Ansicht nach lautet die Antwort auf diese Frage „Ja“.

1.      Möglichkeit der Erteilung eines ESZ in den Beitrittsstaaten

30.      Dem in allen drei für den vorliegenden Fall relevanten Beitrittsakten insoweit identischen Wortlaut(19) zufolge ist der Besondere Mechanismus anwendbar, wenn „[ein] Ergänzendes Schutzzertifikat … für ein Arzneimittel … in einem Mitgliedstaat zu einem Zeitpunkt beantragt wurde, als ein entsprechender Schutz für das Erzeugnis in [dem Beitrittsstaat] nicht erlangt werden konnte“.

31.      Diesem Wortlaut zufolge geht es hier eindeutig um die konkrete Möglichkeit, das einzelne Erzeugnis im Beitrittsstaat schützen zu lassen. Der Besondere Mechanismus begnügt sich nicht damit, dass es allgemein im Beitrittsstaat abstrakte Regelungen für einen ESZ-Schutz gibt, sondern nimmt die spezifische Situation ins Auge und verlangt, dass im Beitrittsstaat „für das Erzeugnis“ dieser Schutz nicht hätte erlangt werden können.

32.      Im vorliegenden Fall war dem so, denn obwohl die Rechtsordnungen der betreffenden Beitrittsstaaten ein ESZ vorsahen, kann ein solches Zertifikat nie ohne ein Grundpatent erlangt werden, und ein solches Grundpatent gab es in keinem dieser Staaten. Daher war eine der Grundvoraussetzungen für ein ESZ nicht erfüllt und ESZ-Schutz daher dort auch nicht zu erlangen.

33.      Für die Erteilung eines ESZ müssen vier kumulative Bedingungen gegeben sein, darunter ein zum Zeitpunkt der Anmeldung des ESZ in Kraft befindliches Grundpatent(20).

34.      In der ESZ-Verordnung deuten mehrere Stellen darauf hin, dass das Grundpatent die Grundvoraussetzung für ein ESZ ist und ein ESZ ohne ein Grundpatent einfach nicht denkbar ist: Nach der ESZ-Verordnung kann nur für ein „im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats durch ein Patent geschütztes Erzeugnis … ein Zertifikat erteilt werden“(21). Auch „gewährt das Zertifikat dieselben Rechte wie das Grundpatent und unterliegt denselben Beschränkungen und Verpflichtungen“(22). Schließlich wäre ohne ein Grundpatent noch nicht einmal der Gültigkeitszeitraum des ESZ festzulegen, da „[d]as Zertifikat … ab Ablauf der gesetzlichen Laufzeit des Grundpatents [gilt]“(23).

35.      Folglich kann es kein ESZ ohne ein Grundpatent geben.

36.      Dieses Patent muss zum Zeitpunkt der ESZ-Anmeldung in Kraft gewesen sein(24).

37.      Weiterhin muss das Grundpatent in dem Land gültig gewesen sein, in dem um das ESZ ersucht wird. Dies ist daraus ersichtlich, dass das ESZ nur von Behörden des Mitgliedstaats erteilt werden kann, der das Grundpatent erteilt hat(25). Deshalb konnte die Klägerin in der vorliegenden Rechtssache auf der Grundlage ihres für Deutschland gültigen Grundpatents kein ESZ mit Geltung in einem Beitrittsstaat erlangen.

38.      Zusammengefasst konnte mangels Grundpatent „ein entsprechender Schutz“, nämlich ESZ-Schutz, für „das Erzeugnis“ (Enbrel®) in den betreffenden neuen Mitgliedstaaten tatsächlich „nicht erlangt werden“. Demnach sind die Grundvoraussetzungen des Besonderen Mechanismus seinem Wortlaut nach anscheinend erfüllt. Gleichwohl bin ich der Meinung, dass für die Anwendung des Besonderen Mechanismus eine weitere Anforderung erfüllt sein muss.

2.      Möglichkeit der Erlangung eines Grundpatents in den Beitrittsstaaten als Grundvoraussetzung

39.      Die bloße Tatsache, dass es in diesen Staaten kein Patent gab, an das das ESZ hätte anknüpfen können, reicht in meinen Augen nicht aus, um eine weitreichende Ausnahme wie die des Besonderen Mechanismus zuzulassen.

40.      Meiner Ansicht nach kann das Fehlen eines Grundpatents als gültiger Grund dafür, dass das ESZ „nicht erlangt werden konnte“, vielmehr nur dann zulässig sein, wenn das Grundpatent selbst in diesem Staat nicht zu erlangen war.

41.      Dies bedeutet, dass sich der Inhaber des deutschen Patents, der sich zu der Zeit einfach nicht die Mühe gemacht hatte, im betreffenden Beitrittsstaat Patentschutz anzustreben, obwohl dieser Schutz erhältlich gewesen wäre, nicht auf den Besonderen Mechanismus berufen kann.

42.      Ich betrachte diese Einschränkung aus folgenden Gründen als notwendig.

a)      Enge Auslegung des Besonderen Mechanismus

43.      In Bezug auf die geschützten Erzeugnisse setzt der Besondere Mechanismus für eine Übergangszeit den freien Warenverkehr aus und stellt eine ausdrückliche Ausnahme vom Erschöpfungsgrundsatz dar.

44.      Nach dem in allen Mitgliedstaaten anwendbaren Grundsatz der unionsweiten Erschöpfung können die von einem Patent oder einem ESZ gewährten Ausschließlichkeitsrechte nicht für von diesem Patent geschützte Erzeugnisse verwendet werden, die vom Patentinhaber selbst oder mit seinem Einverständnis rechtmäßig in einem anderen Mitgliedstaat auf den Markt gebracht wurden(26), auch wenn das Erzeugnis aus einem Mitgliedstaat eingeführt wird, in dem es nicht patentierbar ist(27).

45.      Da der Besondere Mechanismus, mit dem Einfuhren des Erzeugnisses aus einigen Unionsmitgliedstaaten verhindert werden können, eine Abweichung von diesem Grundsatz erlaubt, ist er nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs eng auszulegen(28).

46.      Weil der Besondere Mechanismus außerdem eine Ausnahme von dem im AEU-Vertrag verankerten freien Warenverkehr darstellt, hat der Gerichtshof ferner klargestellt, dass eine enge Auslegung von Bestimmungen in einer Beitrittsakte erfordert, diese auf das zur Erreichung ihres Ziels unbedingt Erforderliche zu beschränken(29).

b)      Zweck des Besonderen Mechanismus

47.      Erstens soll mit dem Besonderen Mechanismus ein Ausgleich zwischen dem wirksamen Schutz von Rechten aus Patenten oder ESZ und dem freien Warenverkehr erreicht werden(30). Dazu ermöglicht es der Besondere Mechanismus dem Patentinhaber, sich gegenüber Importeuren auf seine ausschließlichen Rechte in Fällen zu berufen, in denen diese Rechte andernfalls nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs erschöpft wären(31). Dies nimmt man für eine bestimmte Zeitspanne hin, in der durch eine Übergangsregelung der besonderen Situation nach dem Beitritt eines neuen Mitgliedstaats Rechnung getragen wird: Oft war das Patentschutzniveau in Beitrittsstaaten vor dem Beitritt niedriger als der in den alten Mitgliedstaaten übliche Schutz, besonders bei Patenten für Arzneimittel(32). Der Besondere Mechanismus dient dazu, Situationen zu vermeiden, in denen der Patentinhaber bei uneingeschränkter Anwendung der Binnenmarktgrundsätze nach dem Beitritt Paralleleinfuhren aus neuen Mitgliedstaaten ausgesetzt wäre, ohne die Möglichkeit gehabt zu haben, seine Erfindung dort zu schützen, und somit, ohne eine angemessene Entschädigung erhalten zu haben(33).

48.      Zweitens werden durch die Übergangsregelung des Besonderen Mechanismus die harten Auswirkungen eines nicht abgefederten vollständigen Zusammenschlusses der Volkswirtschaften der Beitrittsstaaten mit denen der alten Mitgliedstaaten im sensiblen Bereich der Arzneimittelversorgung abgemildert. Fehlender Patentschutz in den Beitrittsstaaten führt bei getrennten Märkten dort zu niedrigeren Preisen. Freier Warenverkehr würde wegen der durch Parallelausfuhren in die alten Mitgliedstaaten geschaffenen zusätzlichen Nachfrage unweigerlich zu gewissen Preiserhöhungen führen. Dies hätte negative Auswirkungen auf den Zugang zu Arzneimitteln in den neuen Mitgliedstaaten. Der Besondere Mechanismus trägt also auch zu einer zeitweiligen Erhaltung des niedrigeren Preisniveaus bei, was der Gesundheit der Bevölkerung in diesen Staaten zugutekommt.

49.      Angesichts des oben genannten ersten Zwecks ist die Beschränkung des Besonderen Mechanismus auf Fälle, in denen die Schutzlücke in den neuen Mitgliedstaaten weder dem Inhaber des ESZ noch dem des Grundpatents zuzurechnen ist, sinnvoll. Dies ist nämlich der einzige Fall, dem der Besondere Mechanismus abhelfen soll: dass der Inhaber des ESZ bzw. des Grundpatents nicht in der Lage ist, seine Erfindung im neuen Mitgliedstaat zu schützen. Wenn hingegen der Inhaber des deutschen Grundpatents davon abgesehen hätte, sein Recht im Beitrittsstaat schützen zu lassen oder sich nicht darum gekümmert hätte, wäre die fehlende angemessene Entschädigung ihm oder seinem Rechtsnachfolger zuzurechnen. Da der Besondere Mechanismus ausdrücklich auf Fälle beschränkt ist, in denen der Schutz „nicht erlangt werden konnte“, gibt es keinen Grund, diesen Mechanismus auf Fälle anzuwenden, in denen der angestrebte Schutz (das ESZ) deshalb nicht erlangt werden kann, weil es an einem entsprechenden grundlegenden Schutz fehlt, der an sich erlangt werden konnte, um den der betreffende Inhaber aber nicht ersucht hat. Dadurch würde der durch den Besonderen Mechanismus gewährte Schutz ausgedehnt und die oben genannte Verpflichtung zur engen Auslegung verletzt.

50.      Im Hinblick auf den oben genannten zweiten Zweck muss man sich vergegenwärtigen, welche Auswirkungen es hätte, wenn die Erlangbarkeit des ESZ unabhängig davon zu beurteilen wäre, aus welchen Gründen es an dem Grundpatent mangelt. Liegt das Grundpatent im Beitrittsmitgliedstaat deshalb nicht vor, weil der Inhaber des Grundpatents in dem Beitrittsmitgliedstaat nie Patentschutz beantragt hat, obwohl er dies hätte tun können, kann er selbst sich für sein Patent nicht darauf berufen, um Paralleleinfuhren in den alten Mitgliedstaat zu verhindern. Trotzdem könnte sich nach Ablauf der Grundpatentlaufzeit der ESZ-Inhaber auf den Besonderen Mechanismus im alten Mitgliedstaat für sein ESZ berufen, falls davon auszugehen wäre, dass das ESZ nur mangels Grundpatent nicht erlangt werden konnte. Dies würde dazu führen, dass direkt nach dem Beitritt, während der gesetzlichen Laufzeit des Grundpatents im alten Mitgliedstaat, der freie Warenverkehr gewährleistet wäre, hingegen kurze Zeit später, während der gesetzlichen Laufzeit des ESZ im alten Mitgliedstaat, der freie Warenverkehr unterbunden wäre.

51.      Dies widerspricht der Natur des Besonderen Mechanismus als Übergangsregelung, die aus Anlass des Beitritts und nicht später anzuwenden ist, und als Übergangsregelung, mit der die Umstände schrittweise der neuen Situation im Binnenmarkt angepasst werden sollen.

52.      In solch einem Szenario wäre der zweite Zweck(34) nicht zu erreichen. Sobald Exporte in die alten Mitgliedstaaten erfolgen, steigt das Preisniveau in den neuen Mitgliedstaaten unweigerlich und unumkehrbar an. Einfuhren erst ab dem Beginn der Laufzeit des ESZ zu verhindern ist nicht geeignet, die vor dem Beitritt bestehende Lage wiederherzustellen.

53.      Der daraus folgende Unterschied in der Behandlung des ESZ und des Patents wäre inkohärent; ein Grund dafür ist nicht ersichtlich. Dies wäre unvereinbar mit der akzessorischen Natur des ESZ gegenüber dem Grundpatent.

3.      Ergebnis

54.      Zusammenfassend lässt sich sagen, dass für die Prüfung, ob ein in einem alten Mitgliedstaat gültiges ESZ seinen Inhaber nach den Besonderen Mechanismen von 2003, 2005 und 2012 dazu berechtigt, Einfuhren aus neuen Mitgliedstaaten zu verhindern, letztlich eine zweistufige Analyse durchzuführen ist: Der Inhaber darf Einfuhren in den alten Mitgliedstaat dann verhindern, wenn zum Zeitpunkt der Beantragung des ESZ im alten Mitgliedstaat 1) im neuen Mitgliedstaat ESZ-Schutz zu erlangen ist, aber 2) ein Grundpatent, an das zum Anmeldezeitpunkt des ESZ ein ESZ anknüpfen könnte, in diesem neuen Mitgliedstaat nicht erlangt werden konnte.

B.      Zweite Frage

55.      Angesichts der Antwort auf die erste Frage ist es für den ESZ-Schutz entscheidend, ob in dem beitretenden Mitgliedstaat ein Grundpatent zu erlangen war oder nicht.

56.      Da zu dem Zeitpunkt, zu dem die Patentinhaberin am 31. August 1990 ihr Patent in Deutschland beantragte, keiner der betreffenden Mitgliedstaaten entsprechenden Patentschutz bot, aber einige dieser Staaten ein paar Monate oder Jahre später Patentschutz für Arzneimittel einführten, stellt sich die Frage, ob der gemäß meiner Antwort auf die erste Frage erforderliche Patentschutz bereits zum Zeitpunkt der Patentbeantragung in Deutschland verfügbar gewesen sein muss oder ob später eingeführte Rechtsvorschriften als ausreichend anzusehen sind(35). Dabei kann das entscheidende Datum natürlich nicht nach dem Tag der Offenlegung der deutschen Patentanmeldung(36) liegen, da mangels Neuheit ab diesem Zeitpunkt eine Patentanmeldung, auch in einem Beitrittsstaat, keinen Erfolg mehr hätte.

1.      Umfang des Schutzes des Patentinhabers in einer Beitrittssituation

57.      Im vorliegenden Kontext wird das Patent nicht für den Patentschutz selbst, sondern deshalb benötigt, weil es als Grundpatent indirekt den ESZ-Schutz erst ermöglicht. Der Schutz könnte daher zu einem beliebigen Zeitpunkt vor der Beantragung des ESZ einsetzen.

58.      Ich bin jedoch der Ansicht, dass das entscheidende Datum das der Beantragung des Patents im alten Mitgliedstaat und nicht ein bis zur Offenlegung dieser Anmeldung ausgedehnter Zeitraum sein sollte.

59.      Es kann gut sein, dass der Patentinhaber nach der Einführung neuer Patentrechtsvorschriften in der Lage wäre, sich an den Beitrittsstaat zu wenden und dort ein Patent anzumelden. Damit würde den Patentinhaber jedoch eine Beobachtungslast treffen: Er müsste bis zum Zeitpunkt der Offenlegung prüfen, ob neue Gesetze in Kraft getreten sind.

60.      Meiner Ansicht nach gibt es keinen Grund, seine Verpflichtungen über das von der Beitrittsakte ausdrücklich Verlangte hinaus auszudehnen. Da der Anwendungsbereich des Besonderen Mechanismus eng zu halten ist(37), könnte dies durchaus bedeuten, ihn durch Ausweitung der Obliegenheiten des ESZ-Inhabers, der sich auf diese Ausnahme berufen will, noch weiter einzuschränken.

61.      Jedoch ist anzumerken, dass das von der Beitrittsakte mit dem Besonderen Mechanismus gewährte Privileg dem Patentinhaber in einem alten Mitgliedstaat tatsächlich geringeren Schutz bietet, als der Besondere Mechanismus an sich beabsichtigt – nämlich einen Ausgleich für die angemessene Entschädigung zu gewähren, die dem Inhaber infolge des Beitritts eines Landes, das zum maßgebenden Zeitpunkt ein Drittstaat war, durch die Kombination aus freiem Warenverkehr und dem Grundsatz der unionsweiten Erschöpfung entgehen kann(38).

62.      Das Instrument, mit dem der Besondere Mechanismus dieser Situation begegnen will, ist jedoch nicht perfekt. Es berücksichtigt nicht, dass der Beitritt eines neuen Mitgliedstaats für einen Erfinder kaum vorhersehbar ist. Man mag sich etwa einen Erfinder vorstellen, der 1990 davon absah, in einem kleinen Land mit möglicherweise schwacher Wirtschaft und niedrigem Lebensstandard Patentschutz zu beantragen, weil sich unter diesen Verhältnissen die Mühe nicht lohnte. Hätte er hingegen den späteren Beitritt dieses Staates zur Europäischen Union vorausgesehen, der aufgrund der Kombination aus freiem Warenverkehr und der unionsweiten Erschöpfung die Möglichkeit späterer Paralleleinfuhren barg, wäre seine Entscheidung über die Beantragung eines Patents in diesem Staat seinerzeit vermutlich anders ausgefallen. Dieses Prognoserisiko wird von den Beitrittsakten nicht berücksichtigt, auch wenn der Vertrauensschutz des Erfinders eine Rolle gespielt zu haben scheint.

63.      Da der Inhaber des Patentschutzes diesen Teil des Risikos („Risiko des Beitritts eines ehemaligen Drittstaats“) weiterhin selbst trägt, sehe ich keinen Grund, weshalb – in Bezug auf den anderen Teil des Risikos („Risiko der Verfügbarkeit von Patentschutz im ehemaligen Drittstaat“), den die Beitrittsakte zu seinem Vorteil abschwächen sollen – die Schwelle erhöht werden und der Inhaber im vorliegenden Kontext Lasten tragen sollte, die über das hinausgehen, was der Besondere Mechanismus für die Erhaltung seiner Rechte ausdrücklich von ihm erwartet.

64.      Was die Beitrittsakte von ihm verlangt, ist jedoch nicht mehr und nicht weniger als die Beantragung eines Patents im Beitrittsstaat zu dem Zeitpunkt, zu dem das Patent im alten Mitgliedstaat „beantragt“ wurde.

2.      Zeitpunkt der Antragstellung im alten Mitgliedstaat

65.      Obwohl die letzte Aussage klar aus der englischen Sprachfassung des Besonderen Mechanismus folgt („a patent … for a medicinal product filed in a Member State at the time when …“)(39), möchte ich auf den fraglichen Wortlaut kurz eingehen, da die vom vorlegenden Gericht verwendete ursprüngliche deutsche Fassung einiger Beitrittsakte nicht den Begriff „beantragt“ sondern den Begriff „eingetragen“ benutzen. Sollte entscheidend auf den Tag der Eintragung statt auf den Tag der Anmeldung abzustellen sein, könnte dies den Eindruck erwecken, dass nach Antragstellung im alten Mitgliedstaat, aber vor Eintragung des Patents in diesem Staat, in Kraft getretene Gesetzesänderungen in den neuen Mitgliedstaaten relevant sein und den Patentinhaber verpflichten könnten, von diesen neuen Rechtsvorschriften Gebrauch zu machen. Bei dieser Annahme würde das Versäumnis, dies zu tun, es dem Patentinhaber möglicherweise verwehren, sich auf den Besonderen Mechanismus zu berufen.

66.      Es ist so, dass in der ursprünglichen deutschen Fassung der Beitrittsakte 2003 und 2005 der Begriff „eingetragen“ anstelle von „beantragt“ verwendet wurde. Dies wurde jedoch als Fehler betrachtet und 2004 und 2011 durch Verfahren zur Berichtigung dieser Akte offiziell berichtigt(40). In der Beitrittsakte 2012 wurde von Anfang an der Begriff „beantragt“ verwendet.

67.      In der Gesamtschau der Sprachfassungen unter Berücksichtigung der Berichtigungen ist zu sehen, dass in der Beitrittsakte 2003 20 von 21(41), in der Beitrittsakte 2005 22 von 23(42) und in der Beitrittsakte 2012 23 von 24(43) Sprachfassungen den Begriff „beantragt“ verwenden. Letztlich wurde nur in der tschechischen Fassung der Akten 2003 und 2005 der Begriff „eingetragen“ verwendet, in der Akte 2012 jedoch „beantragt“, während die spanische Fassung den Begriff „beantragt“ in den Akten 2003 und 2005 benutzt, in der Akte 2012 jedoch „eingetragen“. In sämtlichen Fällen von Berichtigung wurde stets der Begriff „eingetragen“ durch „beantragt“ ersetzt und nie umgekehrt. Dies trifft sogar für die Berichtigung der spanischen Sprachfassung 2003 zu, in der „registrado“ durch „presentado“ ersetzt wurde(44). Die erneute Verwendung von „registrado“ in der spanischen Sprachfassung der Beitrittsakte 2012 ist also eindeutig eine alleinige Ausnahme vom allgemeinen Trend und eine Abweichung von der einheitlichen Präferenz für den Begriff „beantragt“.

68.      Mir ist bewusst, dass alle Sprachfassungen von Unionsrechtsakten gleichermaßen verbindlich sind und dass sich die Mehrheit nicht einfach gegen die Minderheit durchsetzen kann. Im vorliegenden Fall gibt es jedoch außer der oben erwähnten eindeutigen terminologischen Entwicklung hin zum Begriff „beantragt“ starke Sachargumente für die Version der Mehrheit. Nach gefestigter Rechtsprechung des Gerichtshofs ist bei voneinander abweichenden Sprachfassungen die betreffende Vorschrift nicht nach einer bestimmten Sprachfassung, sondern nach dem Zusammenhang und dem Zweck der Regelung, zu der sie gehört, auszulegen(45).

69.      Bei der Anwendung des Besonderen Mechanismus sprechen zwei Argumente dafür, auf den Tag der Antragstellung im alten Mitgliedstaat und nicht auf den der Eintragung abzustellen: Möchte ein Patentinhaber in einem anderen Staat Schutz beantragen, muss er dies vor der Offenlegung des Antrags im erstgenannten Staat tun, da ab diesem Zeitpunkt grundsätzlich mangels Neuheit der Erfindung kein Schutz mehr bewilligt wird, es sei denn, der Inhaber kann sich auf Prioritäten berufen. Beides kann jedoch vor dem Tag der Eintragung geschehen. Deshalb ist ein Abstellen auf den Tag der Eintragung im alten Mitgliedstaat nicht geeignet, den Zeitpunkt festzulegen, zu dem im Beitrittsstaat Schutz verfügbar sein muss.

70.      Zweitens wird der in den meisten Sprachfassungen der drei Beitrittsakte verwendete Wortlaut durch den Zweck des Besonderen Mechanismus bestätigt. Wie bereits erwähnt, verlangt dieser Zweck nicht, die Schwelle für den Patentinhaber, der den besonderen Mechanismus nutzen möchte, anzuheben(46). Es reicht somit aus, dass er sich zu dem Zeitpunkt für einen Patentantrag im Beitrittsstaat entscheidet, zu dem er sich auch im alten Mitgliedstaat darum kümmert, also wenn er dort den Antrag stellt. Jede Ausweitung der von ihm verlangten Sorgfalt würde ihn unverhältnismäßig belasten und die Entschädigung gefährden, die er für die Auswirkungen des EU-Beitritts eines Staates erhalten soll, der für ihn zu der Zeit, als er um Schutz für seine Erfindung ersuchte, potenziell nicht vorhersehbar war.

3.      Ergebnis

71.      Im Rahmen der Frage der Verfügbarkeit des ESZ-Schutzes komme ich nach alledem zu dem Ergebnis, dass für die Verfügbarkeit von Patentschutz in den Beitrittsstaaten auf den Tag der Beantragung des Grundpatents im alten Mitgliedstaat abzustellen ist. Daher schlage ich vor, die zweite Frage mit „Nein“ zu beantworten: Es macht keinen Unterschied, falls in einigen Beitrittsstaaten im Zeitraum bis zur Offenlegung der deutschen Anmeldung des Patentinhabers ein Grundpatent hätte erlangt werden können, wenn dieses Grundpatent am Tag der Antragstellung nicht erlangt werden konnte.

C.      Dritte Frage

72.      Nach Ansicht der Beklagten fällt die pädiatrische Verlängerung des ESZ der Klägerin nicht in den Anwendungsbereich des besonderen Mechanismus.

73.      Ich teile diese Ansicht nicht. Die Argumente der Beklagten sind nicht überzeugend.

74.      Erstens macht die Beklagte geltend, im Gegensatz zum Patent und zum ESZ sei die pädiatrische Verlängerung im Besonderen Mechanismus nicht ausdrücklich genannt.

75.      Die Vertragsstaaten brauchten nicht ausdrücklich festzuhalten, dass die pädiatrische Verlängerung in den Anwendungsbereich des Besonderen Mechanismus fällt, da es sich dabei der Art nach nicht um ein weiteres Schutzrecht neben einem Patent oder einem ESZ, sondern vielmehr lediglich um eine Verlängerung der Schutzlaufzeit eines ESZ(47) handelt. Sie dient als Bonus für die Durchführung ethisch vertretbarer Studien zur Anwendung der betreffenden Arzneimittel für die pädiatrische Bevölkerungsgruppe im Einklang mit europäischen Normen(48). Die akzessorische Natur der pädiatrischen Verlängerung wird auch durch ihre Nennung in Art. 13 („Laufzeit des Zertifikats“) Abs. 3 der Verordnung Nr. 469/2009 über das ESZ bestätigt.

76.      Zweitens beruft sich die Beklagte darauf, dass der Besondere Mechanismus auf die pädiatrische Verlängerung nicht anwendbar sei, weil die Verordnung Nr. 1901/2006 bei Abschluss der Beitrittsakte 2003 und 2005 nicht zum „acquis communautaire“ gehört habe. Der Besondere Mechanismus könne auf erst nach der betreffenden Beitrittsakte in Kraft getretenes Sekundärrecht der Union keine Anwendung finden.

77.      Art. 8 der Beitrittsakte 2003 und Art. 7 Abs. 2 der Beitrittsakte 2005 sehen jedoch mit identischem Wortlaut vor, dass „[d]ie von den Organen erlassenen Rechtsakte, auf die sich die in dieser Akte vorgesehenen Übergangsbestimmungen beziehen, … ihren Rechtscharakter [festschreiben]; insbesondere bleiben die Verfahren zur Änderung dieser Rechtsakte anwendbar“.

78.      Daran zeigt sich, dass die Beitrittsakte keineswegs den „acquis communautaire“ bewahren. Vielmehr lassen die oben zitierten Artikel erkennen, dass den Vertragsparteien die Möglichkeit von Änderungen des Sekundärrechts, auf das in diesen Verträgen Bezug genommen wird, bewusst war(49).

79.      Was ferner das Vorbringen der Beklagten zur Normenhierarchie betrifft, so hat der Gerichtshof entschieden, dass auch ausdrücklich in der Beitrittsakte festgelegte Bestimmungen durch Sekundärrecht nachträglich geändert werden können(50).

80.      Auch sehe ich im vorliegenden Fall kein Rückwirkungs- oder Vertrauensschutzproblem: Nach gefestigter Rechtsprechung des Gerichtshofs gilt eine neue Vorschrift grundsätzlich unmittelbar für die zukünftigen Auswirkungen eines Sachverhalts, der unter der Geltung der alten Vorschrift entstanden ist(51). Der Grundsatz des Vertrauensschutzes darf nicht so weit ausgedehnt werden, dass die Anwendung einer neuen Vorschrift auf die künftigen Auswirkungen von Sachverhalten, die unter der Geltung der alten Regelung entstanden sind, schlechthin ausgeschlossen ist(52). Dies gilt insbesondere in einem Bereich wie den gemeinsamen Marktorganisationen, deren Ziel zwangsläufig eine ständige Anpassung erfordert, um den Veränderungen der Wirtschaftslage in den verschiedenen Sektoren Rechnung zu tragen(53).

81.      Das bringt mich zu dem Ergebnis, dass die pädiatrische Verlängerung in den Anwendungsbereich des Besonderen Mechanismus fällt, da sie eine bloße Verlängerung der Laufzeit eines ESZ ist und die Änderung, die sie im Hinblick auf den bei Abschluss der Beitrittsakte geltenden „acquis communautaire“ mit sich bringt, hinzunehmen ist.

D.      Zur vierten Frage

82.      Die Antwort auf die dritte Frage kann auch im Hinblick auf die Beitrittsakte 2012 betreffend Kroatien nicht anders ausfallen.

83.      Würde ein Beitrittsstaat anders behandelt als die anderen, könnten Paralleleinfuhren durch diesen Staat geleitet werden; damit entstünde eine Lücke im Patentschutz der Europäischen Union, die letztlich den durch den Besonderen Mechanismus der anderen Beitrittsakte geschaffenen Schutz zunichtemachen würde.

84.      Ich sehe keinen Grund, die Situation Kroatiens nach seinem Beitritt zur Europäischen Union anders zu behandeln als die nach dem Beitritt der anderen betreffenden neuen Mitgliedstaaten.

85.      Auch wenn die die Möglichkeit einer pädiatrischen Verlängerung vorsehende Verordnung Nr. 1901/2006 zum Zeitpunkt des kroatischen Beitritts bereits in Kraft war, gab es keinen Grund, diese im Vertrag ausdrücklich zu nennen, da es sich dabei, wie oben ausgeführt, nicht um ein echtes Schutzrecht wie ein Patent oder ein ESZ handelt, sondern um eine bloße Verlängerung, die die Laufzeit eines solchen Rechts ändert.

IV.    Ergebnis

86.      Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, auf die Vorlagefragen des Landgerichts Düsseldorf (Deutschland) wie folgt zu antworten:

1.      Der Inhaber eines ergänzenden Schutzzertifikats, das ihm für die Bundesrepublik Deutschland erteilt wurde, kann unter Berufung auf den Besonderen Mechanismus die Einfuhr von Erzeugnissen aus der Tschechischen Republik, Estland, Lettland, Litauen, Ungarn, Polen, Slowenien, der Slowakei, Bulgarien, Rumänien und Kroatien (Anhang IV der Akte über die Bedingungen des Beitritts der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik und die Anpassungen der die Europäische Union begründenden Verträge; Anhang V Teil 1 der Akte über die Bedingungen des Beitritts der Republik Bulgarien und Rumäniens und die Anpassungen der Verträge, auf denen die Europäische Union beruht; Anhang IV der Akte über die Bedingungen des Beitritts der Republik Kroatien und die Anpassungen des Vertrags über die Europäische Union, des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union und des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft) in die Bundesrepublik Deutschland verhindern, wenn das ergänzende Schutzzertifikat in der Bundesrepublik Deutschland zu einem Zeitpunkt beantragt wurde, zu dem in den jeweiligen Beitrittsstaaten bereits Regelungen für die Erlangung eines entsprechenden ergänzenden Schutzzertifikats bestanden, dieses aber vom Inhaber des für die Bundesrepublik Deutschland erteilten ergänzenden Schutzzertifikats nicht beantragt oder ihm nicht erteilt werden konnte, weil es an einem für die Erteilung des ergänzenden Schutzzertifikats erforderlichen Grundpatent im genannten Beitrittsstaat fehlte.

2.      Für die Beantwortung der Frage 1 macht es keinen Unterschied, wenn lediglich im Anmeldezeitpunkt des für die Bundesrepublik Deutschland erteilten Grundpatents entsprechender Schutz durch ein Grundpatent im Beitrittsstaat nicht erlangt werden konnte, jedoch im Zeitraum bis zur Offenlegung der Anmeldung, die dem für die Bundesrepublik Deutschland erteilten Grundpatent zugrunde lag, erlangt werden konnte.

3.      Der Inhaber eines ergänzenden Schutzzertifikats, das ihm für die Bundesrepublik Deutschland erteilt wurde, kann unter Berufung auf den Besonderen Mechanismus die Einfuhr von Erzeugnissen aus der Tschechischen Republik, Estland, Lettland, Litauen, Ungarn, Polen, Slowenien, der Slowakei, Bulgarien, Rumänien und Kroatien in die Bundesrepublik Deutschland verhindern, wenn die Einfuhr der Erzeugnisse nach Ablauf der mit dem ursprünglichen Patenterteilungsbeschluss festgesetzten Laufzeit des ergänzenden Schutzzertifikats, aber vor Ablauf der um sechs Monate verlängerten Laufzeit des Schutzzertifikats erfolgt, die ihm auf Grundlage der Verordnung (EG) Nr. 1901/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Kinderarzneimittel und zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1768/92, der Richtlinien 2001/20/EG und 2001/83/EG sowie der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 gewährt worden ist.

4.      Für die Beantwortung der Frage 3 macht es im Fall von Kroatien keinen Unterschied, dass der Besondere Mechanismus aufgrund des Beitritts von Kroatien 2013 – anders als in den übrigen vor dem 26. Januar 2007 beigetretenen Mitgliedstaaten Tschechische Republik, Estland, Lettland, Litauen, Ungarn, Polen, Slowenien, Slowakei, Bulgarien und Rumänien – erst nach Inkrafttreten der Verordnung Nr. 1901/2006 am 26. Januar 2007 in Kraft trat.


1      Originalsprache: Englisch.


2      Akte über die Bedingungen des Beitritts der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik und die Anpassungen der die Europäische Union begründenden Verträge (Beitrittsakte 2003, ABl. 2003, L 236, S. 797).


3      Akte über die Bedingungen des Beitritts der Republik Bulgarien und Rumäniens und die Anpassungen der Verträge, auf denen die Europäische Union beruht (Beitrittsakte 2005, ABl. 2005, L 157, S. 268).


4      Akte über die Bedingungen des Beitritts der Republik Kroatien und die Anpassungen des Vertrags über die Europäische Union, des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union und des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft (Beitrittsakte 2012, ABl. 2012, L 112, S. 60).


5      Verordnung (EG) Nr. 469/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Mai 2009 über das ergänzende Schutzzertifikat für Arzneimittel (kodifizierte Fassung) (ABl. 2009, L 152, S. 1).


6      Verordnung (EG) Nr. 1901/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Kinderarzneimittel und zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1768/92, der Richtlinien 2001/20/EG und 2001/83/EG sowie der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 (ABl. 2006, L 378, S. 1).


7      Unter der Nr. DE 103 99 023.


8      Etanercept ist ein gentechnisch hergestelltes TNF‑bindendes Protein. Es fungiert als TNF α‑Hemmer (Tumornekrosefaktor-Alphahemmer).


9      Enbrel® ist zugelassen für die Behandlung von rheumatoider Arthritis, Psoriasis-Arthritis, axialer Spondyloarthritis sowie Psoriasis bei Erwachsenen, von juveniler idiopathischer Arthritis und schwerer Psoriasis bei Kindern und Jugendlichen.


10      Vgl. Art. 2 bis 5 der Verordnung Nr. 469/2009.


11      Unter der Nr. EP 0939121 und der deutschen Registernummer DE 590 10 933.


12      Der Name der Patentanmelderin wurde vom Vertreter der Klägerin in der mündlichen Verhandlung angegeben (vgl. Sitzungsbericht, S. 20).


13      Auf der Grundlage eines Berichtigungsbeschlusses des Deutschen Patent- und Markenamts (DPMA) vom 31. März 2006.


14      Vortrag des Vertreters der Klägerin in der mündlichen Verhandlung (vgl. Sitzungsbericht, S. 19 bis 21).


15      Diese nach Art. 36 der Verordnung Nr. 1901/2006 gewährte Verlängerung dient als Bonus und Anreiz für Studien zur Erfüllung der spezifischen therapeutischen Bedürfnisse der pädiatrischen Bevölkerungsgruppe.


16      Im Ausgangsverfahren änderte die Klägerin nach dem 1. August 2015 den ersten Antrag in einen Antrag auf Feststellung der Erledigung in der Hauptsache.


17      Urteil vom 12. Februar 2015, Merck Canada und Merck Sharp & Dohme (C‑539/13, EU:C:2015:87, Rn. 24).


18      Urteile vom 12. Februar 2015, Merck Canada und Merck Sharp & Dohme (C‑539/13, EU:C:2015:87, Rn. 25), und vom 5. Dezember 1996, Merck und Beecham (C‑267/95 und C‑268/95, EU:C:1996:468, Rn. 23).


19      In manchen Sprachfassungen findet man Unterschiede, die im Rahmen der ersten Frage allerdings irrelevant sind; siehe unten, Nrn. 65 ff.


20      Vgl. Urteil vom 15. Januar 2015, Forsgren (C‑631/13, EU:C:2015:13, Rn. 32), das die vier in Art. 3 der Verordnung Nr. 469/2009 genannten Bedingungen wie folgt zusammenfasst: „Diese Bestimmung sieht im Wesentlichen vor, dass ein [ESZ] nur erteilt werden kann, wenn das Erzeugnis zum Zeitpunkt der Anmeldung durch ein in Kraft befindliches Grundpatent geschützt ist und für das Erzeugnis nicht bereits ein Zertifikat erteilt wurde. Zudem muss für das Erzeugnis eine gültige Zulassung als Arzneimittel … erteilt worden sein, bei der es sich schließlich um die erste Zulassung des Erzeugnisses als Arzneimittel handeln muss“. In der ursprünglichen Fassung der ESZ-Verordnung (EWG) Nr. 1768/92 des Rates vom 18. Juni 1992 über die Schaffung eines ergänzenden Schutzzertifikats für Arzneimittel (ABl. 1992, L 182, S. 1) war die grundlegende Rolle eines bestehenden Patentschutzes bereits klar, da die Art. 2 und 4 bis 6 insoweit keine Änderungen erfahren haben.


21      Art. 2 der Verordnung Nr. 469/2009.


22      Art. 5 der Verordnung Nr. 469/2009.


23      Art. 13 Abs. 1 der Verordnung Nr. 469/2009.


24      Art. 3 der Verordnung Nr. 469/2009.


25      Art. 10 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 9 Abs. 1 der Verordnung Nr. 469/2009.


26      Vgl. Urteil vom 31. Oktober 1974, Centrafarm und de Peijper, 15/74 (EU:C:1974:114, Rn. 10 und 11), bestätigt vom Gerichtshof im Urteil vom 12. Februar 2015, Merck Canada und Merck Sharp & Dohme (C‑539/13, EU:C:2015:87, Rn. 24).


27      Urteil vom 12. Februar 2015, Merck Canada und Merck Sharp & Dohme (C‑539/13, EU:C:2015:87, Rn. 24), vgl. auch Urteil vom 31. Oktober 1974, Centrafarm und de Peijper, 15/74 (EU:C:1974:114, Rn. 10), und zur Erschöpfung in Bezug auf die spezifischen in den Verkehr gebrachten Erzeugnisse, jedoch im Markenrecht, Urteil vom 3. Juni 2010, Coty Prestige Lancaster Group (C‑127/09, EU:C:2010:313, Rn. 31 und die dort angeführte Rechtsprechung).


28      Urteile vom 12. Februar 2015, Merck Canada und Merck Sharp & Dohme (C‑539/13, EU:C:2015:87, Rn. 25), und vom 5. Dezember 1996, Merck und Beecham (C‑267/95 und C‑268/95, EU:C:1996:468, Rn. 23).


29      Urteile vom 12. Februar 2015, Merck Canada und Merck Sharp & Dohme (C‑539/13, EU:C:2015:87, Rn. 25), und vom 28. April 2009, Apostolides (C‑420/07, EU:C:2009:271, Rn. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung).


30      Urteil vom 12. Februar 2015, Merck Canada und Merck Sharp & Dohme (C‑539/13, EU:C:2015:87, Rn. 25), Schlussanträge des Generalanwalts Jääskinen in derselben Rechtssache (EU:C:2014:2322, Nr. 18).


31      Schlussanträge des Generalanwalts Jääskinen inder Rechtssache Merck Canada und Merck Sharp & Dohme (C‑539/13, EU:C:2014:2322, Nr. 18).


32      Schlussanträge des Generalanwalts Jääskinen inder Rechtssache Merck Canada und Merck Sharp & Dohme(C‑539/13, EU:C:2014:2322, Nr. 17), in denen in Fn. 9 auf den Ursprung einer fortgeschrittenen Harmonisierung des Patentschutzes in der Europäischen Union (indirekt durch Abkommen wie das Europäische Patentübereinkommen und das TRIPS-Übereinkommen) hingewiesen wird, obwohl es keine materiellen Unionsrechtsvorschriften für Patente gibt.


33      Schlussanträge des Generalanwalts Jääskinen inder Rechtssache Merck Canada und Merck Sharp & Dohme(C‑539/13, EU:C:2014:2322, Nr. 17).


34      Siehe oben, Nr. 48.


35      Einige der betreffenden neuen Mitgliedstaaten führten Patentschutz für Arzneimittel kurz nach der hier in Rede stehenden Anmeldung vom 31. August 1990 ein. Wie Olivier Lemaire, „Parallel trade of pharmaceutical products within the enlarged European Union“, in European Intellectual Property Review2005, E.I.P.R. 2005, 27 (2), 43 bis 52, S. 43, mit weiteren Nachweisen ausführt, konnte ein derartiger Schutz im November 1990 in der (damals noch ungeteilten) Tschechischen Republik und Slowakei, 1992 in Slowenien, 1993 in Polen und Lettland sowie 1994 in Litauen, Ungarn und Estland erlangt werden.


36      Nach Angaben des Beklagten in der Sitzung erfolgte die Offenlegung dieser Anmeldung am 1. September 1999.


37      Siehe oben, Nrn. 43 ff.


38      Siehe oben, Nr. 47.


39      Hervorhebung nur hier.


40      Vgl. Zweites Protokoll über die Berichtigung des Vertrags über den Beitritt 2003 (ABl. 2004, L 126, S. 4) sowie Protokoll über die Berichtigung des Vertrags über den Beitritt 2005 (ABl. 2011, L 347, S. 62). In beiden Beitrittsakten wurde der deutsche Begriff „eingetragen“ in „beantragt“ geändert. Mit dem Berichtigungsprotokoll 2004 wurden auch folgende Sprachfassungen berichtigt: Dänisch („registreret“ wurde zu „indgivet“), Niederländisch („geregistreerd“ wurde zu „aangevraagd“), Französisch („enregistré“ wurde zu „déposé“), Griechisch („καταχωρηθεί“ wurde zu „κατατεθεί“), Portugiesisch („registrado“ wurde zu „pedido“) und Spanisch („registrado“ wurde zu „presentado“). Mit dem Berichtigungsprotokoll 2011 wurden neben der deutschen Sprachfassung vier andere Sprachfassungen berichtigt, die in der Beitrittsakte 2005 nicht von Anfang an „beantragt“ verwendet hatten. In der niederländischen Fassung wurde „geregistreerd“ so zu „aangevraagd“, in der griechischen „καταχωρηθεί“ zu „κατατεθεί“, in der maltesischen „reġistrat“ zu „depożitat“ und in der rumänischen „înregistrat“ zu „depusă“.


41      Die dänische Fassung verwendet „indgivet“, die niederländische „aangevraagd“, die englische Fassung „filed“, die estnische „taotletud“, die finnische „hakenut“, die französische „déposé“, die deutsche „beantragt“, die griechische „κατατεθεί“, die ungarische „a bejelentést tették“, die irische „arna chomhdú“, die italienische „presentato“, die lettische „saņemšanai pieteikums“, die litauische „paraiška paduota“, die maltesische „ppreżentat“, die polnische „zgłoszone“, die portugiesische „pedido“, die slowakische „predmetom prihlášky“, die slowenische „je prijavljen“, die spanische „presentado“ und die schwedische „lämnades in“; all diese Begriffe können mit „beantragt“, „eingereicht“ oder „angemeldet“ übersetzt werden, während die tschechische Fassung „přihlášených“, benutzt, was „eingetragen“ bedeutet.


42      Vgl. die in den Fn. 41 aufgeführten Sprachfassungen und zusätzlich die bulgarische Fassung, die „подадена заявка“ und die rumänische Fassung, die „depusă“ verwendet, während die tschechische Fassung noch immer „přihlášených“ („eingetragen“) benutzt.


43      Vgl. Fn. 41 und 42. Die kroatische Fassung verwendet „je prijava podnesena“ („beantragt“), während die spanische Fassung nun „registrado“ („eingetragen“) benutzt.


44      Vgl. Zweites Protokoll über die Berichtigung des Vertrags aus dem Jahr 2003 (ABl. 2004, L 126, S. 4).


45      Vgl. Urteil vom 21. September 2016, Kommission/Spanien (C‑140/15 P, EU:C:2016:708, Rn. 80).


46      Siehe oben, Nr. 63.


47      Vgl. Art. 36 der Verordnung Nr. 1901/2006.


48      Vgl. Art. 36 der Verordnung Nr. 1901/2006 und deren 26. Erwägungsgrund.


49      Da sich der Schutzzeitraum des betreffenden Rechts um nicht mehr als sechs Monate verlängert, wird außerdem die vorübergehende Natur des Besonderen Mechanismus als Übergangsregelung beibehalten. Da Patentschutz in der Regel 20 Jahre und der ESZ-Schutz bis zu fünf Jahre dauert – hat die sechsmonatige Verlängerung, um die es hier geht, keine die Art dieses Zeitraums grundlegend ändernde Wirkung.


50      Vgl. Urteil vom 20. September 1988, Spanien/Rat, 203/86 (EU:C:1988:420, Rn. 20).


51      Vgl. Urteile vom 14. April 1970, Brock (68/69, EU:C:1970:24, Rn. 7), und vom 10. Juli 1986, Licata/WSA (270/84, EU:C:1986:304, Rn. 31).


52      Vgl. Urteile vom 14. Januar 1987, Deutschland/Kommission (278/84, EU:C:1987:2, Rn. 36), vom 22. Februar 1990, Busseni (C‑221/88, EU:C:1990:84, Rn. 35), vom 29. Juni 1999, Butterfly Music (C‑60/98, EU:C:1999:333, Rn. 25), und vom 11. Dezember 2008, Kommission/Freistaat Sachsen (C‑334/07 P, EU:C:2008:709, Rn. 43).


53      Vgl. zum Agrarsektor (Milchquoten) Urteil vom 20. September 1988, Spanien/Rat, 203/86, EU:C:1988:420, Rn. 19 und die dort angeführte Rechtsprechung).