Language of document : ECLI:EU:C:2013:58

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

MELCHIOR WATHELET

vom 31. Januar 2013(1)

Rechtssache C‑677/11

Doux Élevage SNC,

Coopérative agricole UKL-ARREE

gegen

Ministère de l’Agriculture, de l’Alimentation, de la Pêche, de la Ruralité et de l’Aménagement du territoire,

Comité interprofessionnel de la dinde française (CIDEF)

(Vorabentscheidungsersuchen des Conseil d’État [Frankreich])

„Staatliche Beihilfen – Erstreckung einer Vereinbarung über die Einführung eines Pflichtbeitrags auf sämtliche Branchenangehörigen – Staatliche Mittel – Zurechenbarkeit“





1.        Die vorliegende Rechtssache bietet dem Gerichtshof die Gelegenheit, sich erneut mit den Begriffen „staatliche Mittel“ und „Zurechenbarkeit zum Staat“ im Bereich der staatlichen Beihilfen zu befassen.

2.        Der Conseil d’État (Frankreich) ersucht uns nämlich um Klarstellung der Bedeutung des Urteils Pearle u. a.(2), um zu erfahren, ob die Entscheidung einer nationalen Behörde, eine Vereinbarung über die Einführung eines Pflichtbeitrags, der dazu dient, Handlungen u. a. zur Förderung und Interessenvertretung der betreffenden Branche zu finanzieren, auf alle Mitglieder einer vom Staat anerkannten Branchenorganisation zu erstrecken, eine staatliche Beihilfe „betrifft“.

I –    Rechtlicher Rahmen

A –    Unionsrecht

3.        Der AEU-Vertrag verbietet grundsätzlich die Gewährung staatlicher Beihilfen zugunsten von Unternehmen. So sieht Art. 107 Abs. 1 AEUV vor:

„Soweit in den Verträgen nicht etwas anderes bestimmt ist, sind staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Binnenmarkt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen.“

4.        Um die Durchführung dieser Bestimmungen zu gewährleisten, schafft Art. 108 AEUV ein Verfahren der Prüfung und der vorherigen Genehmigung staatlicher Beihilfen. Insbesondere sind die Mitgliedstaaten nach Art. 108 Abs. 3 AEUV verpflichtet, die beabsichtigte Einführung oder Umgestaltung von Beihilfen bei der Europäischen Kommission anzumelden, und sie dürfen solche Maßnahmen nicht durchführen, solange die Kommission keinen Beschluss erlassen hat.

B –    Französisches Recht

5.        Im französischen Recht werden die Branchenzusammenschlüsse durch die repräsentativsten Berufsverbände der landwirtschaftlichen Erzeugung, der Verarbeitung, der Vermarktung und des Vertriebs dieser Erzeugung gebildet.

6.        Die für die landwirtschaftlichen Branchenzusammenschlüsse geltenden allgemeinen Grundsätze finden sich im Gesetz Nr. 75‑600 vom 10. Juli 1975 über die landwirtschaftliche Branchenorganisation, das später in Buch VI des legislativen Teils des Code rural et de la pêche maritime (Gesetzbuch für Landwirtschaft und Seefischerei, im Folgenden: Code rural) kodifiziert wurde.

7.        Einige der im vorliegenden Fall einschlägigen Bestimmungen wurden durch das Gesetz Nr. 2010‑874 vom 27. Juli 2010 über die Modernisierung der Landwirtschaft und der Fischerei geändert. Da dieses Gesetz jedoch nach Erhebung der dem Vorabentscheidungsersuchen in der vorliegenden Rechtssache zugrunde liegenden Klage erlassen wurde, halte ich es für angezeigt, auf die damals geltenden Bestimmungen des Code rural abzustellen.

8.        Art. L. 611-1 des Code rural hat folgenden Wortlaut:

„Ein Conseil supérieur d’orientation et de coordination de l’économie agricole et alimentaire (Oberster Rat für die Ausrichtung und Koordinierung der Agrar- und Nahrungsmittelwirtschaft) – bestehend aus Vertretern der betroffenen Ministerien, der landwirtschaftlichen Erzeugung, der Verarbeitung und der Vermarktung landwirtschaftlicher Erzeugnisse, des Handwerks und des unabhängigen Nahrungsmittelhandels, der Verbraucher und der zugelassenen Verbände für den Umweltschutz und den Schutz des landwirtschaftlichen Eigentums sowie der repräsentativen Gewerkschaften der Beschäftigten in der Landwirtschafts- und Nahrungsmittelbranche – beteiligt sich an der Festlegung, der Koordinierung, der Durchführung und der Bewertung der Politik zur Ausrichtung der Erzeugung und der Marktorganisation.

…“

9.        Art. L. 632-1 des Code rural sieht vor:

„I.      Die Zusammenschlüsse, die auf eigene Initiative der repräsentativsten Berufsverbände der landwirtschaftlichen Erzeugung und, je nach Fall, der Verarbeitung, der Vermarktung und des Vertriebs gebildet werden, können als Branchenorganisationen für ein bestimmtes Erzeugnis oder eine bestimmte Gruppe von Erzeugnissen durch die zuständige Verwaltungsbehörde nach Stellungnahme des Conseil supérieur d’orientation et de coordination de l’économie agricole et alimentaire anerkannt werden, sei es auf nationaler Ebene oder auf Ebene einer Erzeugungszone, wenn sie, insbesondere durch den Abschluss von Branchenvereinbarungen, darauf abzielen, zugleich

–        vertragliche Vereinbarungen zwischen ihren Mitgliedern festzulegen und zu fördern;

–        zur Verwaltung der Märkte durch deren vorausschauende Überwachung, durch eine bessere Anpassung der Erzeugnisse in quantitativer und qualitativer Hinsicht und durch ihre Förderung beizutragen;

–        die Nahrungsmittelsicherheit insbesondere durch die Rückverfolgbarkeit der Erzeugnisse im Interesse der Nutzer und der Verbraucher zu verstärken.

Die Branchenorganisationen können auch andere Ziele verfolgen, insbesondere

–        die Wahrung und die Entwicklung des wirtschaftlichen Potenzials der Branche fördern;

–        die Entwicklung der Verwendungszwecke der Erzeugnisse außerhalb des Nahrungsbereichs fördern;

–        an internationalen Entwicklungsmaßnahmen teilnehmen;

–        …

II.      Es kann nur eine Branchenorganisation je Erzeugnis oder Gruppe von Erzeugnissen anerkannt werden. …

…“

10.      Art. L. 632-2-I des Code rural bestimmt:

„…

Die anerkannten Branchenorganisationen können zur Ausrichtung und zu den Maßnahmen der sie betreffenden Branchenpolitiken angehört werden.

Sie tragen zur Umsetzung der nationalen und der gemeinschaftlichen Wirtschaftspolitik bei und können bei der Bewilligung öffentlicher Beihilfen Vorrang genießen.

…“

11.      In Art. L. 632-2-II des Code rural heißt es:

„…

[Die innerhalb einer anerkannten Branchenorganisation getroffenen produktspezifischen Vereinbarungen] werden einstimmig von den Vertretern der Mitgliedsberufe der Branchenorganisation gemäß Art. L. 632‑4 Abs. 1 geschlossen …

Diese Vereinbarungen werden bei ihrem Abschluss und vor ihrem Inkrafttreten bei dem Minister für Landwirtschaft, dem Minister für Wirtschaft und der Wettbewerbsbehörde angemeldet.

…“

12.      Art. L. 632-3 des Code rural lautet:

„Die im Rahmen einer anerkannten Branchenorganisation getroffenen Vereinbarungen können für bestimmte Dauer ganz oder teilweise von der zuständigen Verwaltungsbehörde für allgemeinverbindlich erklärt werden, wenn sie mittels Standardvereinbarungen, Agrarvereinbarungen und gemeinsamen Tätigkeiten oder Tätigkeiten zur Verfolgung eines gemeinsamen Interesses, die dem Allgemeininteresse entsprechen und mit den Vorschriften der gemeinsamen Agrarpolitik vereinbar sind, insbesondere folgenden Zielen dienen:

1º      Kenntniserlangung von Angebot und Nachfrage;

2º      Anpassung und Regulierung des Angebots;

3º      Umsetzung – unter staatlicher Kontrolle – von Regeln über Absatz, Preise und Zahlungsbedingungen …;

4º      Produktqualität …;

5º      Branchenbeziehungen in dem betreffenden Sektor …;

6º      Informationen über Branchen und Erzeugnisse sowie deren Absatzförderung auf den Märkten im In- und Ausland;

7º      Kollektivmaßnahmen zur Bekämpfung der mit der Erzeugung, der Verarbeitung, der Vermarktung und dem Vertrieb von landwirtschaftlichen Erzeugnissen und Nahrungsmitteln verbundenen Gefahren und Unwägbarkeiten;

8º      Bekämpfung von Schadorganismen im Sinne von Art. L. 251‑3;

9º      Entwicklung von Verwendungszwecken der Erzeugnisse außerhalb des Nahrungsbereichs;

10º      Teilnahme an internationalen Entwicklungsmaßnahmen;

11º      Entwicklung der vertraglichen Beziehungen zwischen den Mitgliedern der in der Branchenorganisation vertretenen Berufe …“

13.      Art. L. 632-4 des Code rural sieht vor:

„Die Erklärung derartiger Vereinbarungen für allgemeinverbindlich hängt von der einstimmigen Annahme ihrer Bestimmungen durch die Vertreter der in der Branchenorganisation vertretenen Berufe ab. …

Ist die Allgemeinverbindlicherklärung beschlossen, so sind die auf diese Weise vorgesehenen Maßnahmen innerhalb der betreffenden Erzeugungszone für alle Angehörigen der Berufsstände, aus denen sich diese Branchenorganisation zusammensetzt, verbindlich.

Die zuständige Behörde muss innerhalb einer Frist von zwei Monaten nach Eingang des von der Branchenorganisation gestellten Antrags über die beantragte Allgemeinverbindlicherklärung entscheiden. Hat sie nach Ablauf dieser Frist ihre Entscheidung nicht mitgeteilt, so gilt der Antrag als bewilligt.

Entscheidungen, mit denen die Allgemeinverbindlicherklärung abgelehnt wird, sind mit Gründen zu versehen.“

14.      Art. L. 632-6 des Code rural bestimmt:

„Die in den Art. L. 632‑1 und L. 632‑2 aufgeführten anerkannten Branchenorganisationen sind berechtigt, von allen Angehörigen der sie konstituierenden Berufe Beiträge zu erheben, die sich aus den im Verfahren der Art. L. 632‑3 und L. 632‑4 für allgemeinverbindlich erklärten Vereinbarungen ergeben und die ungeachtet ihrer verbindlichen Natur privatrechtliche Forderungen bleiben.

Beiträge können ferner auf eingeführte Erzeugnisse unter den durch Dekret festgelegten Voraussetzungen erhoben werden. Auf Antrag der begünstigten Branchenorganisationen werden diese Beiträge auf ihre Kosten am Zoll eingezogen. Diese Beiträge schließen parafiskalische Abgaben nicht aus.“

15.      Art. L. 632‑8‑I des Code rural lautet:

„Die anerkannten Branchenorganisationen berichten den zuständigen Verwaltungsbehörden jährlich über ihre Tätigkeit und legen Folgendes vor:

–        die Finanzkonten;

–        einen Tätigkeitsbericht und das Protokoll der Hauptversammlungen;

–        eine Bilanz über die Anwendung jeder für allgemeinverbindlich erklärten Vereinbarung.

Sie verschaffen den zuständigen Verwaltungsbehörden alle Unterlagen, deren Vorlage diese für die Ausübung ihrer Aufsichtsbefugnisse verlangen.“

II – Sachverhalt

A –    Die Branchenorganisationen

16.      Derzeit gibt es in Frankreich knapp 60 landwirtschaftliche Branchenorganisationen, die von der zuständigen Verwaltungsbehörde anerkannt worden sind. Sie sind juristische Personen des Privatrechts, im Allgemeinen Verbände, für die das Gesetz vom 1. Juli 1901 über die Verbandssatzung gilt.

17.      Das Comité interprofessionnel de la dinde française (Branchenausschuss für die französische Pute, im Folgenden: CIDEF) ist eine solche Organisation. Das CIDEF, eine Vereinigung ohne Erwerbszweck, wurde 1974 von den repräsentativen Berufsverbänden der verschiedenen Sektoren der Putenbranche gegründet. Ihm gehören vier Branchengruppen an, und zwar „Erzeugung“, „Künstliche Brut und Einfuhr von Bruteiern sowie Stammzellen“, „Schlachtung und Verarbeitung“ sowie „Tierfutter“.

18.      Mit interministeriellem Erlass vom 24. Juni 1976 erkannte die Verwaltungsbehörde das CIDEF als landwirtschaftliche Branchenorganisation gemäß dem Gesetz Nr. 75-600 an.

19.      Art. 2 der Satzung des CIDEF legt die Ziele dieser Vereinigung fest: Zusammenfassung aller berufsbezogenen Initiativen zur Organisation und Regulierung des Putenmarkts; Einführung eines hierzu dienenden Systems statistischer Informationen, um die Branchenangehörigen ständig über die Einrichtung von Beständen, die Schlachtungen, die Lagerbestände, den Außenhandel sowie den Verbrauch der Haushalte und Gemeinschaften zu unterrichten; Regulierung der Erzeugung und des Putenmarkts durch Maßnahmen in Bezug auf den Umfang von Angebot und Nachfrage; Beschaffung der notwendigen finanziellen Mittel; Verbindlichmachung des Abschlusses schriftlicher Verträge über die Lieferung von Erzeugnissen und die Erbringung von Dienstleistungen zwischen den Branchenangehörigen; Ansprechpartner nationaler und gemeinschaftlicher Stellen für alle gemeinsamen Probleme, die den Berufsgruppen durch die Puten entstehen; Herstellung, im Rahmen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, der engstmöglichen Abstimmung zwischen den Angehörigen der Putenbranche in den Partnerstaaten; Ergreifung aller zweckdienlichen Initiativen für die Lösung technischer Probleme und Gewährleistung der Dienstleistungen in Bereichen von gemeinsamem Interesse für die Berufsgruppen der Erzeugungskette von Geflügelfleisch.

20.      Nach Art. 8 der Satzung umfassen die Mittel des CIDEF u. a. die Beiträge seiner Mitglieder, Beihilfen, etwaige ihm gewährte Subventionen und alle anderen durch Rechts- und Verwaltungsvorschriften zugelassenen Mittel.

B –    Das Ausgangsverfahren

21.      Am 18. Oktober 2007 schlossen die dem CIDEF angehörenden Berufsorganisationen eine Branchenvereinbarung, die insbesondere die Tätigkeiten des CIDEF und die Einführung eines Branchenbeitrags für die Dauer von drei Jahren betraf. Mit einer am selben Tag geschlossenen Zusatzvereinbarung wurde dieser Beitrag für das Jahr 2008 auf 14 Euro pro 1 000 Jungputen festgesetzt. Mit zwei Erlassen vom 13. März 2008 erklärten der Minister für Wirtschaft, Finanzen und Beschäftigung sowie der Minister für Landwirtschaft und Fischerei (im Folgenden: zuständige Verwaltungsbehörde) die Branchenvereinbarung für drei Jahre und die Zusatzvereinbarung für ein Jahr für allgemeinverbindlich. Mit einer neuen, am 5. November 2008 geschlossenen Zusatzvereinbarung zu der Branchenvereinbarung beschloss das CIDEF, den Branchenbeitrag für das Jahr 2009 in gleicher Höhe beizubehalten. Gemäß Art. L. 632‑4 Abs. 4 des Code rural wurde diese Zusatzvereinbarung durch eine implizite Genehmigungsentscheidung der zuständigen Behörde vom 29. August 2009 (im Folgenden: Entscheidung von 2009) für allgemeinverbindlich erklärt. Im Einklang mit den geltenden Rechtsvorschriften war diese implizite Entscheidung Gegenstand einer im JORF vom 30. September 2009 veröffentlichten Bekanntmachung des Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Fischerei.

22.      Die Klägerinnen des Ausgangsverfahrens – die Doux Élevage SNC und die landwirtschaftliche Genossenschaft UKL‑ARREE – sind zwei Unternehmen der Putenbranche, die wie die übrigen Branchenangehörigen den durch die Zusatzvereinbarung für 2009 eingeführten Branchenbeitrag zu entrichten hatten. Mit Klageschrift vom 30. November 2009 erhoben sie beim Conseil d’État Klage wegen Befugnisüberschreitung und beantragten die Aufhebung der stillschweigenden Entscheidung über die Allgemeinverbindlicherklärung der Zusatzvereinbarung vom 5. November 2008 sowie der am 30. September 2009 veröffentlichten Bekanntmachung des Ministeriums zu dieser Entscheidung.

23.      Sie machten geltend, dass der durch die Zusatzvereinbarung vom 5. November 2008 eingeführte und durch die streitige Entscheidung für allgemeinverbindlich erklärte und allen Branchenangehörigen zur Pflicht gemachte Branchenbeitrag eine staatliche Beihilfe darstelle, so dass diese Entscheidung gemäß Art. 108 Abs. 3 AEUV vorab der Kommission hätte gemeldet werden müssen.

24.      Infolgedessen hat der Conseil d’État beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:

Muss Art. 107 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union im Licht des Urteils vom 15. Juli 2004, Pearle u. a. (C‑345/02), dahin ausgelegt werden, dass die Entscheidung einer nationalen Behörde, eine Vereinbarung, mit der – wie mit der vom Comité interprofessionnel de la dinde française (CIDEF) geschlossenen Vereinbarung – ein Beitrag im Rahmen einer von der nationalen Behörde anerkannten Branchenorganisation eingeführt und damit für verbindlich erklärt wird, auf alle Branchenangehörigen auszudehnen, um die Umsetzung von Maßnahmen betreffend Öffentlichkeitsarbeit, Verkaufsförderung, Außenbeziehungen, Qualitätssicherung, Forschung, Vertretung der Interessen der Branche sowie den Bezug von Studien und Verbraucherpanels zu ermöglichen, angesichts der Natur der in Rede stehenden Maßnahmen, der Modalitäten ihrer Finanzierung und der Bedingungen ihrer Umsetzung eine staatliche Beihilfe betrifft?

C –    Der Kontext

25.      Nach den zu den Akten gereichten Unterlagen hatten die französischen Gerichte und insbesondere der Conseil d’État bereits in anderen Rechtssachen Gelegenheit, zu beurteilen, ob die von den anerkannten Branchenorganisationen eingeführten Beiträge, die gewöhnlich als Cotisations volontaires obligatoires (ursprünglich freiwillige, später durch interministeriellen Erlass für verbindlich erklärte Beiträge, im Folgenden: CVO) bezeichnet werden, wie auch die Verwaltungsmaßnahmen, durch die diese Beiträge für sämtliche Branchenangehörigen für verbindlich erklärt wurden, unter den Begriff der staatlichen Beihilfen fielen.

26.      Der Conseil d’État hat in diesen Rechtssachen in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass dem nicht so sei. Er schloss es nämlich im Licht des Urteils Pearle u. a. aus, dass die CVO als staatliche Mittel betrachtet werden könnten, da sie zu keiner zusätzlichen Ausgabe oder Verringerung von Einnahmen für den Staat führten(3). Nach Hinweisen des Rechnungshofs beschloss die französische Regierung jedoch 2008, ein Rahmenprogramm von Aktionen, die von den Branchenorganisationen durchgeführt werden könnten, bei der Kommission anzumelden, und fügte zehn von den wichtigsten Branchenorganisationen geschlossene Vereinbarungen bei. Die französische Regierung, die weiterhin davon überzeugt war, dass dieses Rahmenprogramm kein Element einer staatlichen Beihilfe enthalte, gab an, sie habe diese Anmeldung nur zum Zweck der Rechtssicherheit vorgenommen.

27.      Dagegen vertrat die Kommission in einer Entscheidung vom 10. Dezember 2008 die Ansicht, dass die in Rede stehenden Maßnahmen den Tatbestand staatlicher Beihilfen erfüllten. Sie stellte sodann fest, dass die Maßnahmen die Handelsbedingungen nicht in einer Weise zu verändern drohten, die dem gemeinsamen Interesse zuwiderlaufe, und daher in den Genuss der in Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV vorgesehenen Ausnahme kommen könnten(4). Die Kommission gelangte in zwei späteren Entscheidungen vom 29. Juni 2011(5) und vom 13. Juli 2011(6) ebenfalls zu diesem Ergebnis. Alle diese Entscheidungen sind sowohl von der Französischen Republik als auch von verschiedenen betroffenen Branchenorganisationen, die – neben anderem Vorbringen – die Einstufung solcher Maßnahmen als staatliche Beihilfen gerügt haben, mit Nichtigkeitsklagen beim Gericht angefochten worden(7).

III – Analyse

A –    Einführung

28.      Im Kern ersucht das vorlegende Gericht um Erläuterungen zur Frage, ob die Entscheidung der zuständigen Verwaltungsbehörde, die Anwendbarkeit der von einer Branchenorganisation eingeführten CVO auf alle Wirtschaftsteilnehmer einer Branche zu erstrecken, eine staatliche Beihilfe betrifft, weil sie die Finanzierungsweise einer solchen Maßnahme darstellt.

29.      Somit richtet sich, anders als in den meisten Verfahren, die Fragen der Kontrolle staatlicher Beihilfen aufwerfen, die vom Conseil d’État in der vorliegenden Rechtssache gestellte Frage – wenn ich eine von Generalanwalt Jacobs verwendete Formulierung aufgreifen darf – „nicht auf die Ausgabenseite des [vom Staat eingeführten] Systems, sondern auf die Finanzierungsseite“(8). Die Besonderheit der Frage beruht auf den konkreten Umständen des Ausgangsverfahrens. Die Klägerinnen des Ausgangsverfahrens haben sich nämlich einer mutmaßlichen Beihilfe nicht deshalb widersetzt, weil sie Wettbewerber der Empfänger oder, allgemeiner, durch diese Maßnahme belastete Unternehmen wären. Sie gehören ganz im Gegenteil zu den Empfängern der gerügten Beihilfe. Allerdings scheinen sie der Ansicht zu sein, dass die von ihnen zur Finanzierung der fraglichen Maßnahmen zu entrichtenden Beiträge höher als jeder Vorteil seien, den sie aus ihnen ziehen können(9).

30.      Aus diesem Grund haben die Klägerinnen des Ausgangsverfahrens Klagen gegen die zuständigen Verwaltungsbehörden erhoben, um von der Entrichtung dieser Beiträge befreit zu werden. Gegen die Gültigkeit der Entscheidung von 2009 führen sie Argumente an, die auf den Unionsregeln im Bereich staatlicher Beihilfen beruhen.

31.      Nach ständiger Rechtsprechung darf eine Beihilfe nämlich nicht getrennt von den Auswirkungen ihrer Finanzierungsweise betrachtet werden. Die Prüfung einer Beihilfemaßnahme muss daher notwendigerweise auch die Finanzierungsweise der Beihilfe berücksichtigen, wenn diese Bestandteil der Maßnahme ist. Die Finanzierungsweise einer Beihilfe kann somit die gesamte Beihilferegelung, die finanziert werden soll, mit dem Binnenmarkt unvereinbar machen. Um die praktische Wirksamkeit der Meldepflicht sowie eine angemessene und umfassende Prüfung einer staatlichen Beihilfe durch die Kommission sicherzustellen, muss der Mitgliedstaat deshalb zur Einhaltung dieser Pflicht nicht nur den Entwurf der eigentlichen Beihilfe mitteilen, sondern auch ihre Finanzierungsweise, soweit diese Bestandteil der geplanten Maßnahme ist(10).

32.      Dies bedeutet, dass die Entscheidung von 2009, wenn der Gerichtshof zu dem Ergebnis gelangen sollte, dass die CVO zur Finanzierung staatlicher Beihilfemaßnahmen bestimmt sind, bei der Kommission gemäß Art. 108 Abs. 3 AEUV anzumelden gewesen wäre.

33.      Folglich wären die Klägerinnen des Ausgangsverfahrens, da diese Entscheidung niemals bei der Kommission angemeldet wurde, wahrscheinlich in der Lage, ihre Gültigkeit mit Erfolg vor den nationalen Gerichten anzufechten, und zwar auf der Grundlage der ständigen Rechtsprechung, wonach diese Gerichte verpflichtet sind, „entsprechend ihrem nationalen Recht aus einer Verletzung von [Art. 108 Abs. 3 Satz 2 AEUV] sämtliche Folgerungen sowohl bezüglich der Gültigkeit der Rechtsakte zur Durchführung der Beihilfemaßnahmen als auch bezüglich der Rückforderung der finanziellen Unterstützungen, die unter Verletzung dieser Bestimmung gewährt wurden, zu ziehen“(11).

34.      Vor einer näheren Prüfung der vom vorlegenden Gericht aufgeworfenen Fragen erscheint es zweckdienlich, daran zu erinnern, dass nach ständiger Rechtsprechung für die Beurteilung, ob eine Maßnahme eine staatliche Beihilfe darstellt, zu prüfen ist, ob vier Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind. Erstens muss es sich um eine Intervention des Staates oder aus staatlichen Mitteln handeln. Zweitens muss sie geeignet sein, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen. Drittens muss dem Begünstigten durch sie ein Vorteil gewährt werden. Viertens muss sie den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen(12).

35.      Es ist klar, dass wir uns im vorliegenden Fall auf die erste dieser vier Voraussetzungen konzentrieren müssen.

36.      Hierzu hat der Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass Art. 107 Abs. 1 AEUV sämtliche staatlichen oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen erfasst, ohne dass danach zu unterscheiden ist, ob die Beihilfe unmittelbar durch den Staat oder durch von ihm zur Durchführung der Beihilferegelung errichtete oder damit beauftragte öffentliche oder private Einrichtungen gewährt wird(13). Der Gerichtshof hat hinzugefügt: „Eine staatliche Maßnahme, die bestimmte Unternehmen oder Erzeugnisse begünstigt, verliert die Eigenschaft eines unentgeltlichen Vorteils nicht dadurch, dass sie ganz oder teilweise durch Beiträge finanziert wird, die von Staats wegen von den betreffenden Unternehmen erhoben werden.“(14)

37.      Der Gerichtshof hat die Tragweite und die Bedeutung der Wendung „staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen“ in seinen Entscheidungen in den Rechtssachen PreussenElektra(15) und Stardust Marine(16) klargestellt, in denen er bestrebt war, seine frühere Rechtsprechung zu systematisieren und noch offene Fragen zu klären. Insbesondere hat er in der ersten dieser Rechtssachen darauf hingewiesen, dass die Finanzierung aus staatlichen Mitteln ein Tatbestandsmerkmal des Begriffs der staatlichen Beihilfe im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV ist. Die staatliche Maßnahme muss daher zu einer Belastung der öffentlichen Finanzen, sei es in Form einer Ausgabe oder in Form einer verringerten Einnahme, führen(17). In der zweiten Rechtssache hat der Unionsrichter entschieden, dass eine Maßnahme nur dann als „staatliche Beihilfe“ eingestuft werden kann, wenn sie dem Staat zurechenbar ist, und dass diese Zurechenbarkeit nicht allein daraus abgeleitet werden kann, dass die Maßnahme von einer öffentlichen Einrichtung getroffen wurde. Es muss außerdem geprüft werden, ob davon auszugehen ist, dass die Behörden in irgendeiner Weise am Erlass der Maßnahme beteiligt waren(18).

38.      Diese beiden Rechtssachen sind allgemein bekannt, und ich bin der Ansicht, dass die Rechtsprechung des Gerichtshofs nicht näher dargestellt werden muss. Dagegen halte ich es für zweckdienlich, kurz das Urteil des Gerichtshofs in der Rechtssache Pearle u. a. ins Gedächtnis zu rufen, auf das der Conseil d’État in seiner Vorlagefrage ausdrücklich Bezug nimmt.

B –    Die Rechtssache Pearle u. a.

39.      In dieser Rechtssache hat der Gerichtshof seine Rechtsprechung zu den Begriffen „staatliche Mittel“ und „Zurechenbarkeit zum Staat“ fortentwickelt, ohne deren Grundsätze zu ändern. In diesem Zusammenhang stimme ich nicht mit der Kommission überein, wenn sie meint, das Urteil Pearle u. a. sei eine Ausnahme, und zwar bisher die einzige, von den Grundsätzen, die der Gerichtshof in seiner Rechtsprechung aufgestellt habe. Vielmehr ist die Rechtssache Pearle u. a. meines Erachtens eine natürliche und logische Anwendung der vorhergehenden Rechtsprechung zu den staatlichen Mitteln und der Zurechenbarkeit zum Staat.

40.      Diese Rechtssache betraf die Rechtmäßigkeit von Abgaben, die eine öffentliche Einrichtung, die Hoofdbedrijfschap Ambachten (niederländischer Branchenverband des Handwerks, im Folgenden: HBA), zur Finanzierung einer kollektiven Werbekampagne für Unternehmen der Optikbranche ihren Mitgliedern auferlegte. Der niederländische Gesetzgeber hatte Einrichtungen wie der HBA die für die Durchführung ihrer Aufgabe erforderlichen Befugnisse, u. a. zum Erlass von Satzungen über die Einführung von Abgaben der Unternehmen der betreffenden Branche zur Deckung ihrer Ausgaben, verliehen.

41.      Die Klägerinnen des Ausgangsverfahrens, in der Optikbranche tätige Unternehmen, wandten sich gegen Abgaben, die von der HBA auf Antrag einer privaten Vereinigung von Optikern (Nederlandse Unie van Opticiens [NUVO]) eingeführt worden waren. Hierzu trugen die Klägerinnen vor, dass die aufgrund der Werbekampagne erbrachten Dienstleistungen staatliche Beihilfen im Sinne des Vertrags seien und dass die Satzungen der HBA über die Einführung der Abgaben zur Finanzierung dieser Beihilfen rechtswidrig seien, da sie bei der Kommission nicht zuvor angemeldet worden seien.

42.      Der Gerichtshof hat dieses Vorbringen in seinem Urteil zurückgewiesen, wobei er im Wesentlichen der von Generalanwalt Ruiz-Jarabo Colomer vorgenommenen Analyse der durchgeführten Maßnahme gefolgt ist(19). Zunächst hat er ausgeführt, dass die von der HBA zum Zweck der Finanzierung der betreffenden Werbekampagne verwendeten Mittel von dessen Mitgliedern beschafft wurden, denen die Kampagne zugutekam, und zwar durch Beiträge, die für die Organisation dieser Werbekampagne zweckgebunden waren. Da die Kosten der öffentlich-rechtlichen Einrichtung für die genannte Kampagne durch die bei den Unternehmen, die davon profitierten, erhobenen Abgaben vollständig gedeckt wurden, bezweckte das Tätigwerden der HBA somit nicht die Schaffung einer Vergünstigung, die eine zusätzliche Belastung für den Staat oder für diese Einrichtung darstellen würde(20).

43.      Zweitens hat der Gerichtshof festgestellt, dass die Initiative für die Organisation und Durchführung der betreffenden Werbekampagne von der NUVO, einer privaten Vereinigung von Optikern, und nicht von der HBA ausging. Letztere diente nur als Instrument für die Erhebung und Verwendung der eingenommenen Mittel zugunsten eines von den Angehörigen des betreffenden Berufszweigs im Voraus festgelegten kommerziellen Zieles, das in keiner Weise Teil einer von den niederländischen Behörden definierten Politik war(21).

44.      Der Gerichtshof hat damit diese Rechtssache von der dem Urteil Steinike & Weinlig zugrunde liegenden abgegrenzt. Zum einen wurde nämlich der Fonds, um den es in der letztgenannten Rechtssache ging, sowohl aus unmittelbaren Subventionen des Staates als auch aus Beiträgen angeschlossener Unternehmen finanziert, deren Satz und Erhebungsgrundlage im Gesetz über die Errichtung des Fonds festgelegt waren. Zum anderen diente der betreffende Fonds als Instrument zur Umsetzung einer vom Staat festgelegten Politik, nämlich der Förderung der nationalen Land-, Forst- und Ernährungswirtschaft(22).

45.      Der Gerichtshof hat daraus geschlossen, dass die nunmehr in Art. 107 Abs. 1 AEUV vorgesehene Voraussetzung, dass es sich um staatliche Mittel handeln muss, im konkreten Fall nicht erfüllt war.

C –    Die Maßnahme im Ausgangsverfahren

46.      Meines Erachtens sind die Maßnahmen, die Gegenstand des Ausgangsverfahrens sind, im Licht der Grundsätze zu prüfen, die sich aus dieser Rechtsprechung ergeben.

47.      Die Klägerinnen des Ausgangsverfahrens und die Kommission machen auf der Grundlage sehr ähnlicher Argumente geltend, dass die vom Conseil d’État erwähnten Maßnahmen staatliche Beihilfen darstellten, da sie alle in Art. 107 Abs. 1 AEUV vorgesehenen Voraussetzungen erfüllten. Sowohl die Klägerinnen des Ausgangsverfahrens als auch die Kommission sind der Ansicht, dass zwei Umstände die vorliegende Rechtssache von der dem Urteil Pearle u. a. zugrunde liegenden unterschieden.

48.      Zum einen sind sie der Ansicht, dass der Staat die Befugnis habe, zu gewährleisten, dass die Branchenorganisationen im Einklang mit seiner Wirtschaftspolitik handelten. Hierfür stützen sie sich auf den Umstand, dass die Art. L. 632-1 und L. 632-2 des Code rural allgemein die Ziele festlegten, die die Branchenorganisationen verfolgen müssten, wenn sie vom Staat anerkannt werden wollten und speziell wenn sie die Allgemeinverbindlicherklärung ihrer Vereinbarungen beantragten.

49.      Zum anderen führen sie die Kontrollbefugnisse über die Branchenorganisationen an, die die Behörden zu verschiedenen Zeitpunkten der Existenz dieser Vereinigungen ausüben könnten, insbesondere wenn diese die Anerkennung durch den Staat oder die Erstreckung ihrer Vereinbarungen auf alle betroffenen Wirtschaftsteilnehmer beantragten. Ferner gebe es auch eine Ex-post-Kontrolle, da die Branchenorganisationen den Behörden gemäß Art. L. 632‑8‑I des Code rural jedes Jahr eine Reihe von Unterlagen und Informationen zukommen lassen müssten.

50.      Ich möchte sogleich darauf hinweisen, dass ich die Ansicht der Klägerinnen des Ausgangsverfahrens und der Kommission nicht teile. Ich bin nämlich nicht davon überzeugt, dass die angeführten Unterschiede zwischen der vorliegenden Rechtssache und der Rechtssache Pearle u. a. entscheidend sind. Vielmehr möchte ich wie die französische Regierung und das CIDEF die erheblichen Ähnlichkeiten hervorheben, die zwischen beiden Rechtssachen zumindest bei den Aspekten bestehen, die für die Entscheidung der vom vorlegenden Gericht aufgeworfenen Rechtsfragen maßgeblich sind.

51.      Insbesondere können meines Erachtens, wie in der Rechtssache Pearle u. a., die in Rede stehenden Maßnahmen nicht als staatliche Beihilfen im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV eingestuft werden, da die beiden Tatbestandsmerkmale der staatlichen Mittel und der Zurechenbarkeit der Maßnahmen zum Staat nicht vorliegen.

D –    Staatliche Mittel und Zurechenbarkeit zum Staat

52.      In der vorliegenden Rechtssache halte ich es für erforderlich, eine dreistufige Prüfung vorzunehmen. Zunächst, sind die Branchenorganisationen öffentliche Einrichtungen in dem Sinne, dass sie Teil der öffentlichen Verwaltung sind? Wenn nicht, stellen die von diesen Organisationen für die Finanzierung ihrer Tätigkeiten verwendeten Mittel „öffentliche Mittel“ dar, da sie unmittelbar oder mittelbar vom Staat oder von anderen öffentlichen Einrichtungen stammen? Ist dies nicht der Fall, könnten diese Mittel nicht als „öffentliche Mittel“ eingestuft und als dem Staat zurechenbar betrachtet werden, weil, ungeachtet des Umstands, dass sie von privaten Unternehmen stammen, die mit ihnen finanzierten Maßnahmen einer wirksamen Kontrolle der öffentlichen Stellen unterliegen?

1.      Öffentliche Einrichtung

53.      Was die erste Stufe angeht, denke ich, dass Branchenorganisationen wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden ohne jeden Zweifel nicht als Teil der Verwaltung betrachtet werden können: Es sind privatrechtliche Vereinigungen, die auf Initiative ihrer Mitglieder gegründet wurden und allein über ihre Tätigkeiten entscheiden. Soweit bekannt ist, gehört dem Verwaltungsrat dieser Organisationen kein behördlicher Vertreter an, und einem solchen sind dort auch keine Ausführungs- oder Leitungsbefugnisse übertragen worden.

2.      Öffentliche Mittel

54.      Zur zweiten Stufe übergehend, möchte ich auf eine wesentliche Prämisse hinweisen, auf der meine Überlegungen beruhen. Die von den Klägerinnen des Ausgangsverfahrens erhobenen Klagen betreffen, wie bereits ausgeführt, die Intervention des Staates, der für sämtliche Mitglieder eines Berufsstands die von den Branchenorganisationen eingeführten CVO allgemeinverbindlich macht. Das vorlegende Gericht erwähnt diese Beiträge als Finanzierungsquelle von Maßnahmen betreffend „Öffentlichkeitsarbeit, Verkaufsförderung, Außenbeziehungen, Qualitätssicherung, Forschung, Vertretung der Interessen der Branche sowie den Bezug von Studien und Verbraucherpanels“ durch die Branchenorganisationen. Daher werde ich den möglichen Beihilfecharakter dieses staatlichen Eingriffs auf der Grundlage der Prämisse prüfen, dass die Organisationen ausschließlich durch CVO finanziert werden.

55.      Meine Prüfung könnte zu anderen Ergebnissen führen, wenn diese Maßnahmen ganz oder teilweise durch öffentliche Mittel finanziert würden. Insoweit weise ich darauf hin, dass nach Art. L. 632‑2‑I des Code rural „[d]ie anerkannten Branchenorganisationen … bei der Bewilligung öffentlicher Beihilfen Vorrang genießen [können]“. Ebenso gehören nach Art. 8 der Satzung des CIDEF „etwaige ihm gewährte Subventionen“ zu den Mitteln der Vereinigung.

56.      Ganz offenkundig wäre die Voraussetzung der staatlichen Mittel im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV erfüllt, wenn die in Rede stehenden Maßnahmen durch öffentliche Subventionen finanziert oder kofinanziert würden, und zwar selbst dann, wenn es, wie im vorliegenden Fall, in dem die Branchenorganisationen keine getrennte Buchführung haben, schwierig sein könnte, die allein durch die CVO finanzierten Maßnahmen von denjenigen zu unterscheiden, die mittels öffentlicher Subventionen finanziert werden(23).

57.      Die von den Branchenorganisationen verwendeten privaten Mittel werden jedoch nicht einfach dadurch zu „öffentlichen Mitteln“, dass sie gemeinsam mit Beträgen, die aus dem öffentlichen Haushalt stammen, verwendet werden. Mit anderen Worten erstreckt sich die öffentliche Natur bestimmter Mittel nicht automatisch auf andere Finanzierungsquellen, die grundsätzlich nicht die Voraussetzungen des Art. 107 Abs. 1 AEUV erfüllen.

58.      Das genaue Verhältnis zwischen öffentlichen und privaten Haushaltsmitteln und den Maßnahmen der Branchenorganisationen wäre jedenfalls ein Umstand, dessen Beurteilung dem nationalen Gericht (oder der Kommission im Rahmen eines Verfahrens im Sinne von Art. 108 AEUV) obliegen würde.

59.      Ich möchte nochmals daran erinnern, dass der Conseil d’État den Gerichtshof im vorliegenden Verfahren nur nach dem Verhältnis zwischen dem Begriff der staatlichen Beihilfe und der Entscheidung des Staates fragt, die Entscheidung einer Branchenorganisation, zur Ermöglichung der Durchführung von Werbemaßnahmen für eine Branche einen Beitrag einzuführen, für die gesamte Branche für allgemeinverbindlich zu erklären. Zur Beantwortung der Frage des Conseil d’État ist daher allein die Natur der CVO Gegenstand meiner Prüfung unter dem Blickwinkel von Art. 107 Abs. 1 AEUV.

60.      Hierzu bin ich der Ansicht, dass die CVO keine staatlichen Mittel in dem Sinne darstellen, dass sie eine zusätzliche Ausgabe für den Staat oder eine andere öffentliche Einrichtung schaffen. Die CVO stammen nämlich unmittelbar von Wirtschaftsteilnehmern, die auf den von den Branchenorganisationen erfassten Märkten tätig sind.

61.      Außerdem sind die CVO keine Mittel, die – wie es bei Steuerbefreiungen der Fall ist – normalerweise in den Staatshaushalt fließen müssten. Der Staat hat keinen Anspruch auf diese Beträge. Mehr noch, die Branchenorganisationen müssen gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen, wenn sich ein Branchenangehöriger weigert, die CVO zu entrichten. Der Staat ist an diesem gerichtlichen Verfahren in keiner Weise beteiligt.

62.      Der Wortlaut des Code rural bestätigt diese Auslegung in seinem Art. L. 632‑6, der vorsieht, dass die CVO „ungeachtet ihrer verbindlichen Natur privatrechtliche Forderungen bleiben“ und „parafiskalische Abgaben nicht aus[schließen]“. Dies wird weder von der Kommission noch von den Klägerinnen des Ausgangsverfahrens bestritten. Zudem ist der privatrechtliche Charakter der CVO vor Kurzem vom französischen Conseil constitutionnel bestätigt worden, der es in einer Entscheidung vom 17. Februar 2012 ausgeschlossen hat, dass diese Beiträge „Abgaben aller Art“ im Sinne von Art. 34 der französischen Verfassung darstellen könnten(24).

3.      Kontrolle durch die Behörden und Zurechenbarkeit zum Staat

63.      Bleibt noch die dritte Stufe: Sind die von den Branchenorganisationen erhobenen Gelder nicht letztlich Beträge, die den öffentlichen Stellen zur Verfügung gestellt werden, da die Behörden zu gegebener Zeit eine Kontrollbefugnis über diese Mittel ausüben könnten(25)? Sind diese Behörden in irgendeiner Weise am Erlass der durch die Beträge finanzierten Maßnahmen beteiligt?

64.      Dies ist meines Erachtens in der vorliegenden Rechtssache nicht der Fall, denn die von den Parteien angeführten nationalen Bestimmungen enthalten keinen Anhaltspunkt dafür, dass die öffentlichen Stellen eine tatsächliche Kontrolle über die CVO und die damit finanzierten Maßnahmen ausüben könnten.

65.      Im Gegenteil stehen die Entscheidung, die CVO einzuführen, sowie die Bestimmung ihrer Erhebungsgrundlage sowie ihrer Sätze und Finanzierungsmodalitäten völlig im Ermessen der Branchenorganisationen. Die in der Erstreckung der Anwendbarkeit der CVO auf alle in der Branche tätigen Wirtschaftsteilnehmer bestehende Intervention des Staates dient eindeutig dazu, „Trittbrettfahrer“ zu verhindern, also Unternehmen, die in den Genuss der von den Branchenorganisationen ergriffenen Maßnahmen gelangen, ohne jedoch einen Beitrag dazu geleistet zu haben. Soweit mit diesen Maßnahmen tatsächlich das Interesse der gesamten Branche verfolgt wird und in der Annahme, dass alle in dieser Branche tätigen Unternehmen in irgendeiner Form daraus Vorteile ziehen können, betrachte ich den Eingriff des Staates als lediglich darauf gerichtet, das „level playing field“ zu gewährleisten (also dafür zu sorgen, dass die Unternehmen mit Waffengleichheit Wettbewerb betreiben können).

66.      Das durch den Code rural eingeführte System dürfte ein „geschlossenes“ System in dem Sinne sein, dass die Beträge, um die es geht, stets von privaten Einrichtungen verwaltet und kontrolliert werden: Sie werden von den Branchenangehörigen an die Branchenorganisationen gezahlt, die sie für Tätigkeiten verwenden, die den Branchenangehörigen Vorteile verschaffen sollen. Zu keiner Zeit unterliegen diese Beträge einer öffentlichen Kontrolle.

67.      Ferner weise ich darauf hin, dass – anders als in den angeführten Urteilen Steinike & Weinlig und Pearle u. a. – die CVO im vorliegenden Fall nicht einmal von einer Einrichtung, die Teil der Verwaltung ist, vereinnahmt werden.

68.      Ich teile auch nicht die Ansicht der Klägerinnen des Ausgangsverfahrens und der Kommission, wonach die CVO als unter öffentlicher Kontrolle stehend zu betrachten seien, weil der Staat einen Antrag der Branchenorganisationen, sie für allgemeinverbindlich zu erklären, stets ablehnen oder entscheiden könne, die Vereinbarung nur teilweise oder befristet für allgemeinverbindlich zu erklären. Meines Erachtens führt die bloße Möglichkeit des Staates, zu den Branchenorganisationen „nein“ zu sagen, nicht automatisch zu der Art von Kontrolle, die der Gerichtshof in seiner Rechtsprechung für relevant erachtet(26). Der Begriff „Kontrolle“ im Sinne dieser Rechtsprechung ist meines Erachtens als Befugnis zu verstehen, den Zeitpunkt oder die Art und Weise der Verwendung der betreffenden Mittel zu bestimmen oder zumindest zu beeinflussen.

69.      Meine Schlussfolgerung hätte anders ausfallen können, wenn die französische Regierung die Möglichkeit gehabt hätte, dem Antrag nur unter der Voraussetzung stattzugeben, dass die Beträge für von der Verwaltung festgelegte Maßnahmen verwendet werden. In diesem Fall wäre der Staat nämlich in der Lage gewesen, dank der Nutzung der von den Branchenorganisationen vereinnahmten Mittel seine eigene Politik zu verfolgen.

70.      Dies scheint mir hier nicht der Fall zu sein. Die einschlägigen Bestimmungen des Code rural sehen lediglich vor, dass der Staat die Vereinbarungen über die Einführung der CVO für allgemeinverbindlich erklären kann und dass „Entscheidungen, mit denen die Allgemeinverbindlicherklärung abgelehnt wird, … mit Gründen zu versehen [sind]“(27). Keine Bestimmung verleiht der zuständigen Behörde die Befugnis, die Verwaltung der Mittel zu bestimmen oder zu beeinflussen.

71.      Der Conseil d’État hat außerdem kürzlich in zwei Urteilen entschieden, dass die Bestimmungen des Code rural die Behörden nicht ermächtigten, die CVO „einer anderen Kontrolle als derjenigen der Ordnungsmäßigkeit und der Übereinstimmung mit dem Gesetz“ zu unterwerfen(28). Dies scheint mir jede Kontrolle der politischen Zweckmäßigkeit oder der Übereinstimmung mit der Politik der Behörden auszuschließen(29). Die Informationen, die die französische Regierung dem Gerichtshof in der mündlichen Verhandlung gegeben hat, bestätigen diese Schlussfolgerung(30).

72.      Anzumerken ist auch, dass die in Art. L. 632-4 des Code rural vorgesehene Regel, wonach nur einstimmig von den verschiedenen in den Branchenorganisationen vertretenen Berufsständen geschlossene Vereinbarungen für allgemeinverbindlich erklärt werden können, es dem Staat erschweren dürfte, einen wirklichen Einfluss auf den Inhalt dieser Vereinbarungen auszuüben. Es würde nämlich genügen, dass nur einer der Berufsstände, aus denen sich eine Branchenorganisation zusammensetzt, nicht mit etwaigen Anregungen oder Vorschlägen der öffentlichen Stellen einverstanden wäre, um das Zustandekommen der Vereinbarungen und damit ihre Allgemeinverbindlicherklärung unmöglich zu machen.

73.      Der Umstand, dass der Staat nach Art. L. 632-8-I des Code rural bei den Branchenorganisationen Informationen über die Art und Weise der Verwendung der CVO einholen kann, dürfte dem nicht entgegenstehen. Diese nachträglichen Prüfungsbefugnisse dürften damit zusammenhängen, dass die CVO durch eine staatliche Entscheidung für verbindlich erklärt wurden. Da der Staat die Allgemeinverbindlicherklärung der Beiträge genehmigt, verpflichtet ihn das Gesetz auch zu der Prüfung, ob seine Entscheidung nicht falsch oder rechtswidrig angewandt wurde. Deshalb verleihen diese Befugnisse dem Staat keine konkrete Fähigkeit, auf die Verwendung der Mittel einzuwirken, sondern sollen nur Betrugs- und Missbrauchsfälle verhindern.

74.      Aus diesen Gründen erscheint mir eine nachträgliche Kontrolle durch den Staat nicht nur legitim, sondern auch wünschenswert. Man könnte sagen, dass der Staat auf diese Weise nur seine Verantwortung gegenüber den Unternehmen wahrnimmt, die aufgrund seiner Entscheidung, die Vereinbarung über die Einführung der CVO für allgemeinverbindlich zu erklären, diese Beiträge entrichten müssen.

75.      Zudem ist weder ein Artikel des französischen Gesetzes noch ein tatsächlicher Umstand ersichtlich, der darauf hindeuten könnte, dass der Staat tatsächlich bestimmenden Einfluss auf die Tätigkeiten der Branchenorganisationen ausgeübt hätte und dass insbesondere die Behörden in irgendeiner Weise in den Erlass der von ihm getroffenen Maßnahmen einbezogen gewesen wären. Im Übrigen hat keine Partei geltend gemacht, dass die staatlichen Behörden – sei es auch mit informellen Mitteln – versucht hätten, einen solchen Einfluss auszuüben.

76.      Erstens ist darauf hinzuweisen, dass der Code rural für die Allgemeinverbindlicherklärung der Vereinbarungen ein Verfahren der stillschweigenden Zustimmung vorsieht. Die von den Klägerinnen des Ausgangsverfahrens angefochtene Entscheidung von 2009 ist im Übrigen das Ergebnis eines solchen Verfahrens. Dies dürfte meines Erachtens kaum mit der Vorstellung von einer Verwaltung vereinbar sein, die die Tätigkeit der Branchenorganisationen im Allgemeinen und konkreter die Mittelverwendung ausrichten und kontrollieren möchte.

77.      Zweitens kann auch nicht angenommen werden, dass diese Organisationen „die Richtlinien [öffentlicher Stellen] zu beachten hatten“(31) oder dass sie keine Entscheidungen treffen durften, „ohne [deren] Anforderungen Rechnung zu tragen“(32).

78.      Insoweit berufen sich die Klägerinnen des Ausgangsverfahrens und die Kommission zunächst auf Art. L. 632-1 des Code rural, wonach die Branchenorganisationen nur dann vom Staat anerkannt werden können, wenn ihre Aufgabe die in dieser Bestimmung aufgeführten Ziele umfasst. Sie verweisen sodann auf die Voraussetzungen, die nach Art. L. 632-3 des Code rural erfüllt sein müssen, damit die Vereinbarungen vom Staat auf die gesamte Branche erstreckt werden können.

79.      Hierzu ist festzustellen, dass die Ziele, die die Branchenorganisationen gemäß Art. L. 632‑1 des Code rural verfolgen müssen(33) oder können(34), um anerkannt zu werden, dort sehr allgemein beschrieben sind und alle Arten von Tätigkeiten betreffen, die für Vereinigungen der Wirtschaftsteilnehmer einer Branche typisch sind. Alle in dieser Bestimmung aufgeführten Ziele weisen stets ein unmittelbares geschäftliches Interesse für die Mitglieder der Vereinigung auf. Aus ihr geht nicht hervor, dass diese Vereinigungen verpflichtet wären, ihre eigenen Interessen gegen die Interessen der gesamten Gesellschaft abzuwägen oder Maßnahmen zu treffen, die ihren Mitgliedern keinen Nutzen bringen, auch wenn bei mehreren Zielen (wie beispielsweise der Nahrungsmittelsicherheit) öffentliches und privates Interesse zusammentreffen können.

80.      Die gleiche Feststellung lässt sich für die Ziele treffen, die nach Art. L. 632-3 des Code rural mit den von den Branchenorganisationen getroffenen Vereinbarungen verfolgt werden müssen, damit die zuständige Behörde ihre Wirkungen für allgemeinverbindlich erklären kann.

81.      Zunächst ist die Liste dieser Zielsetzungen zum einen recht lang und vielfältig und zum anderen nicht erschöpfend („insbesondere“).

82.      Sodann können diese Ziele zwar, wie die Kommission geltend macht, mit den Zielen einer allgemeinen Politik des Staates übereinstimmen, doch entsprechen sie zunächst und vor allem den gemeinsamen Interessen aller Mitglieder der Branchenorganisationen. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut des Code rural selbst, der von „gemeinsamen Tätigkeiten oder Tätigkeiten zur Verfolgung eines gemeinsamen Interesses“ spricht, die zugleich „dem Allgemeininteresse entsprechen und mit den Vorschriften der gemeinsamen Agrarpolitik vereinbar sind“. Es wäre ja auch überraschend, dass die allgemeinen geschäftlichen Interessen der Angehörigen einer bestimmten Branche nur selten mit dem allgemeinen Interesse des Staates in dieser Branche übereinstimmen. In allen Bereichen der Wirtschaft möchte auch der Staat die auf dem Markt präsenten Unternehmen stärken und unterstützen.

83.      Schließlich – und dies erscheint mir am wichtigsten – bedeutet der Umstand, dass die Behörden und die Branchenorganisationen bestimmte gemeinsame Interessen haben können, nicht, dass die Maßnahmen Letzterer zur Förderung und Vertretung dieser Interessen zwangsläufig die Wünsche und Forderungen der Behörden berücksichtigen oder den von ihnen festgelegten politischen Linien folgen müssen.

84.      Aus diesen Gründen überzeugt es mich nicht, wenn die Kommission die CVO als Instrument einer staatlichen Politik ansieht, da mit den durch sie finanzierten Tätigkeiten keine „rein privaten geschäftlichen Ziele“ verfolgt würden. Hierzu genügt die Bemerkung, dass die Maßnahme, die Gegenstand der Rechtssache PreussenElektra war, eindeutig zur Verfolgung eines im öffentlichen Interesse liegenden Ziels (Verringerung der Kohlendioxidemissionen)(35) erlassen worden war. In gleicher Weise verpflichtete das niederländische Gesetz zur Regelung der Tätigkeiten der HBA, um das es in der Rechtssache Pearle u. a. ging, diese Einrichtung, zugleich das Allgemeininteresse und die Interessen der Unternehmen des betreffenden Sektors und ihres Personals zu berücksichtigen(36).

85.      Mir scheint alles in allem, dass der Gerichtshof bei seiner Erwähnung einer vom Staat festgelegten (oder definierten) Politik in der Entscheidung Pearle u. a.(37) auf etwas Konkreteres und Genaueres als eine bloße Angabe allgemeiner zu verfolgender Ziele Bezug genommen hat. Man kann meines Erachtens angesichts einer bloßen Aufzählung allgemeiner Ziele ohne Festlegung spezieller, zur Erreichung dieser Ziele durchzuführender Maßnahmen oder Aktionen nicht von einer „staatlichen Politik“ sprechen. Das letztgenannte Merkmal scheint mir in der vorliegenden Rechtssache eindeutig zu fehlen.

86.      Drittens machen die Klägerinnen und die Kommission geltend, dass nach Art. L. 632-2-I des Code rural, „[d]ie anerkannten Branchenorganisationen … zur Ausrichtung und zu den Maßnahmen der sie betreffenden Branchenpolitiken angehört werden [können]“ und „zur Umsetzung der nationalen und der gemeinschaftlichen Wirtschaftspolitik bei[tragen]“.

87.      Entgegen der Ansicht der Klägerinnen des Ausgangsverfahrens und der Kommission und trotz der Verweise auf die öffentlichen Politiken in Art. L. 632-2-I des Code rural erblicke ich in dieser Bestimmung nur die Widerspiegelung einer vielen Ländern (und der Union selbst) gemeinsamen Realität: Es ist üblich, dass die Organisationen, die einen Wirtschaftssektor oder eine Gruppe von Marktteilnehmern vertreten und die gleichen geschäftlichen Interessen haben, Ansprechpartner der öffentlichen Stellen sind. Ein Dialog zwischen der Verwaltung und den Bürgern ist typisch für viele moderne Demokratien, sei es auf informellem Weg oder in einem förmlicheren Kontext. Die Institutionalisierung eines solchen Dialogs bedeutet nicht, dass die öffentlichen Stellen diese Ansprechpartner als ihren verlängerten Arm oder als Instrumente zur Durchführung ihrer Politiken benutzen könnten.

88.      Ebenso scheint mir, dass die Verweisung in Art. L. 632-2-I des Code rural darauf, dass die Branchenorganisationen „zur Umsetzung der nationalen und der gemeinschaftlichen Wirtschaftspolitik bei[tragen]“, nicht entscheidend ist. Diese Bestimmung dürfte nämlich nur ein Axiom aufstellen: Soweit die Branchenorganisationen Interessen verfolgen, die wirklich allen Branchenangehörigen gemeinsam sind und oft mit dem zusammenfallen, was als allgemeines öffentliches Interesse definiert werden könnte, leisten sie offenkundig einen positiven Beitrag zur Umsetzung der nationalen Wirtschaftspolitik und der Wirtschaftspolitik der Union in diesem Bereich.

89.      Im Ergebnis ergibt sich aus den Bestimmungen des Code rural, die die Klägerinnen des Ausgangsverfahrens und die Kommission anführen, nicht, dass den Branchenorganisationen eine wirkliche öffentliche Rolle zukäme oder dass den Behörden Kontrollbefugnisse über die Tätigkeiten dieser Organisationen übertragen worden wären.

90.      In diesem Kontext verweise ich darauf, dass die Initiative für die CVO, wie in der Rechtssache Pearle u. a., stets vom privaten Sektor selbst ausgeht. Die Behörden handeln daher nur – um einen im Urteil Pearle u. a. verwendeten Begriff aufzugreifen(38) – als „Instrument“, um die Beiträge, die von den Branchenorganisationen zur Verfolgung von ihnen selbst festgelegter Zwecke eingeführt wurden, allgemeinverbindlich zu machen.

91.      Mir ist allerdings sehr wohl bewusst, dass zahlreiche staatliche Beihilfemaßnahmen von den Staaten auf Ersuchen der betreffenden Unternehmen erlassen werden. Bei den Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung in Schwierigkeiten befindlicher Unternehmen ist dies sogar typischerweise der Fall. Daher trifft es zu, dass die private Initiative nicht in allen Fällen die Zurechenbarkeit einer Maßnahme zum Staat ausschließt. Die Umstände des vorliegenden Falles liegen jedoch ganz anders, da die Initiative zu den Maßnahmen von den Unternehmen ausgeht, die zugleich Geber und Empfänger der Mittel sind.

92.      Aus allen diesen Gründen sehe ich in der vorliegenden Rechtssache keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Leitung und die Verantwortung für die von den Branchenorganisationen ausgeführten Tätigkeiten anderen Rechtssubjekten als diesen Organisationen selbst zugerechnet werden könnten.

93.      Nach alledem komme ich zu dem Ergebnis, dass die CVO keine staatlichen Mittel darstellen und dass die Entscheidungen über ihre Verwendung dem Staat nicht zurechenbar sind.

E –    Schlussbemerkungen

94.      Meine erste Bemerkung steht im Zusammenhang damit, dass es in Frankreich (und andernorts in der Union) eine große Zahl von Branchenorganisationen in vielfältigen Rechtsformen gibt. Das CIDEF weist darauf in seinen schriftlichen Erklärungen selbst hin.

95.      Daher können die Ergebnisse, zu denen ich in der vorliegenden Rechtssache gelange, zwar für sehr viele Fälle gelten, jedoch nicht für alle. Wie bereits erwähnt, kann es nämlich Fälle geben, in denen die Branchenorganisationen öffentliche Mittel zur Finanzierung oder Kofinanzierung bestimmter Tätigkeiten erhalten, die den Marktbeteiligten einen wirtschaftlichen Vorteil verschaffen könnten. Ebenso lässt sich nicht ausschließen, dass unter bestimmten Umständen der Staat (beispielsweise durch Einrichtungen wie den auf der Grundlage von Art. L. 611-1 des Code rural errichteten Conseil supérieur d’orientation et de coordination de l’économie agricole et alimentaire) in der Lage sein kann, de iure oder de facto einen tatsächlichen Einfluss auf die Verwendung der von den Branchenorganisationen im Wege der CVO gesammelten Mittel auszuüben.

96.      Diese Feststellung spricht für eine Einzelfallanalyse. Die vorliegende Rechtssache belegt jedoch, dass es keine Vermutung geben kann, wonach alle von den Branchenorganisationen getroffenen und mittels der CVO finanzierten Maßnahmen die Kriterien staatlicher Mittel und der Zurechenbarkeit zum Staat erfüllen.

97.      Meine zweite Bemerkung ist allgemeiner und betrifft den Begriff der staatlichen Beihilfe selbst. Ich möchte mich nämlich dem Standpunkt mehrerer Generalanwälte anschließen, die in der Vergangenheit vor einer übermäßigen Ausweitung des Begriffs der staatlichen Beihilfe gewarnt haben(39).

98.      In diesem Zusammenhang weise ich darauf hin, dass die Klägerinnen des Ausgangsverfahrens und die Kommission erwähnen, dass das CIDEF, zumindest in der Vergangenheit, Werbekampagnen für französisches Fleisch veranstaltet habe. Zum einen stelle ich fest, dass die CVO nach Art. L. 632-6 des Code rural „ferner auf eingeführte Erzeugnisse unter den durch Dekret festgelegten Voraussetzungen erhoben werden [können]. Auf Antrag der begünstigten Branchenorganisationen werden diese Beiträge auf ihre Kosten am Zoll eingezogen.“

99.      In Situationen wie den vorstehend beschriebenen ist es meines Erachtens nicht angezeigt, den Begriff der staatlichen Mittel und somit der staatlichen Beihilfe über die durch Art. 107 Abs. 1 AEUV gezogenen Grenzen hinaus auszuweiten. Das Fehlen staatlicher Mittel oder der Umstand, dass der Staat keine Kontrollbefugnis über die Verwendung bestimmter privater Mittel hat, bedeutet nämlich nicht, dass jede Tätigkeit von Einrichtungen wie den Branchenorganisationen notwendigerweise mit allen Unionsregeln vereinbar wäre.

100. Erstens können die von den Branchenorganisationen getroffenen Maßnahmen sehr wohl gegen die Regeln des Binnenmarkts verstoßen. Der Umstand, dass Vereinigungen wie das CIDEF nicht vom Staat kontrolliert werden, ist als solcher kein Hindernis für die Anwendung der Bestimmungen der Verträge über den Binnenmarkt. Beispielsweise hat der Gerichtshof in Bezug auf Art. 56 AEUV in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass diese Bestimmung „auch für Regelwerke nicht öffentlich-rechtlicher Art gilt, die die Erbringung von Dienstleistungen kollektiv regeln sollen. Denn die Beseitigung der Hindernisse für den freien Dienstleistungsverkehr zwischen den Mitgliedstaaten wäre gefährdet, wenn die Abschaffung der Schranken staatlichen Ursprungs durch Hindernisse neutralisiert werden könnte, die nicht dem öffentlichen Recht unterliegende Vereinigungen und Einrichtungen im Rahmen ihrer rechtlichen Autonomie setzen.“(40) Der Gerichtshof hat entsprechende Erwägungen u. a. in Bezug auf die Freizügigkeit(41) und das Niederlassungsrecht(42) angestellt.

101. Insbesondere könnte die vom Staat beschlossene Allgemeinverbindlicherklärung von Beiträgen, die zur Unterstützung von Förder- oder Werbekampagnen verwendet werden, die von Branchenorganisationen gesteuert werden und mit denen die Förderung der inländischen Produktion oder der inländischen Erzeugnisse bezweckt ist, unabhängig vom Ursprung der verwendeten Mittel ebenfalls gegen die Binnenmarktregeln verstoßen. Nach gefestigter Rechtsprechung kann beispielsweise eine Abgabe, die auf inländische und eingeführte Erzeugnisse nach denselben Kriterien erhoben wird, verboten sein, wenn mit ihrem Aufkommen Maßnahmen gefördert werden sollen, die speziell den mit der Abgabe belasteten inländischen Erzeugnissen zugutekommen. Gleichen die Vorteile, in deren Genuss diese Erzeugnisse kommen, die Abgabe, mit der sie belastet sind, vollständig aus, treten deren Wirkungen nur gegenüber den eingeführten Erzeugnissen ein, so dass die Belastung eine Abgabe mit gleicher Wirkung im Sinne von Art. 30 AEUV darstellt. Gleichen diese Vorteile jedoch nur einen Teil der Belastung aus, die die inländischen Erzeugnisse trifft, so stellt die Abgabe eine diskriminierende inländische Abgabe im Sinne von Art. 110 AEUV dar, deren Erhebung hinsichtlich des Teilbetrags verboten ist, der für den Ausgleich zugunsten der inländischen Erzeugnisse verwendet wird(43).

102. Ferner hat der Gerichtshof in der bekannten Rechtssache „Buy Irish“ einen Verstoß gegen Art. 34 AEUV in der Unterstützung gesehen, die die irische Regierung einer privaten Organisation gewährte, die eine Kampagne zugunsten des Absatzes und des Kaufs inländischer Produkte geführt hatte, mit der der innergemeinschaftliche Handel gebremst werden sollte(44).

103. Zweitens könnten Maßnahmen, die, ohne staatliche Beihilfe, von Branchenorganisationen erlassen werden, Erzeuger anderer Mitgliedstaaten diskriminieren und sich deshalb als Verstoß gegen die Bestimmungen der gemeinsamen Agrarpolitik (Art. 40 Abs. 2 Satz 2 AEUV) erweisen.

104. Schließlich könnte die Entscheidung des Staates, die Wirkungen bestimmter zwischen den Mitgliedern von Branchenorganisationen getroffener Vereinbarungen für allgemeinverbindlich zu erklären, auch unter Art. 101 AEUV in Verbindung mit Art. 4 Abs. 3 EU-Vertrag fallen, sofern diese Vereinbarungen eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Binnenmarkts bezwecken oder bewirken. Nach gefestigter Rechtsprechung gebieten es diese Bestimmungen nämlich den Mitgliedstaaten, keine Maßnahmen, und zwar auch nicht in Form von Gesetzen oder Verordnungen, zu treffen oder beizubehalten, die die praktische Wirksamkeit der für die Unternehmen geltenden Wettbewerbsregeln aufheben könnten. Dies ist der Fall, wenn ein Mitgliedstaat gegen Art. 101 AEUV verstoßende Kartellabsprachen vorschreibt, erleichtert oder deren Auswirkungen verstärkt oder wenn er seiner eigenen Regelung dadurch ihren staatlichen Charakter nimmt, dass er die Verantwortung für in die Wirtschaft eingreifende Entscheidungen privaten Wirtschaftsteilnehmern überträgt(45).

105. Dies sind nur einige offenkundige Beispiele. Es ist unnötig, weiter auf diese Fragen einzugehen, denn sie sind für den Fall, der uns beschäftigt, nicht unmittelbar erheblich. Dies erlaubt jedoch den Hinweis, dass die Unionsregeln im Bereich der Kontrolle staatlicher Beihilfen nur eines der Instrumente sind, die auf Maßnahmen von Organisationen wie den Parteien des Ausgangsverfahrens, die das ordnungsgemäße Funktionieren des Binnenmarkts beeinträchtigen könnten, angewandt werden können. Hervorzuheben ist auch, dass der Umstand, dass keine anderen Instrumente verwendet werden können, eine übermäßige Ausweitung des Begriffs der staatlichen Beihilfe nicht rechtfertigen kann.

IV – Ergebnis

106. Angesichts der vorstehenden Erwägungen schlage ich dem Gerichtshof vor, auf die Frage des Conseil d’État wie folgt zu antworten:

Art. 107 AEUV ist dahin auszulegen, dass die vom vorlegenden Gericht angeführte Entscheidung einer nationalen Behörde, eine Vereinbarung, mit der ein Beitrag im Rahmen einer von der nationalen Behörde anerkannten Branchenorganisation eingeführt und damit für verbindlich erklärt wird, auf alle Branchenangehörigen auszudehnen, um die Umsetzung von Maßnahmen betreffend Öffentlichkeitsarbeit, Verkaufsförderung, Außenbeziehungen, Qualitätssicherung, Forschung, Vertretung der Interessen der Branche sowie den Bezug von Studien und Verbraucherpanels zu ermöglichen, keine staatliche Beihilfe betrifft.


1 – Originalsprache: Französisch.


2–      Urteil vom 15. Juli 2004 (C‑345/02, Slg. 2004, I‑7139).


3 – Vgl. u. a. Urteil vom 21. Juni 2006, Confédération paysanne (Az. 271.450).


4 – Entscheidung C(2008) 7846 final der Kommission vom 10. Dezember 2008, mit der festgestellt wird, dass die Rahmenregelung für Maßnahmen, die von den in Frankreich anerkannten landwirtschaftlichen Branchenorganisationen durchgeführt werden könnten und in Hilfen für technischen Beistand, qualitativ hochwertige landwirtschaftliche Erzeugnisse, Forschung und Entwicklung sowie Werbeaktionen zugunsten der Mitglieder der vertretenen landwirtschaftlichen Branchen, finanziert durch „zu Pflichtbeiträgen gewordene freiwillige Beiträge“, bestanden, eine mit dem Gemeinsamen Markt vereinbare Beihilfe darstellt (Staatliche Beihilfe N 561/2008 – Frankreich).


5 – Entscheidung C(2011) 4376 final der Kommission vom 29. Juni 2011, mit der festgestellt wird, dass die Maßnahmen der Interprofession nationale porcine (INAPORC), finanziert durch „zu Pflichtbeiträgen gewordene freiwillige Beiträge“, eine mit dem Binnenmarkt vereinbare Beihilfe darstellen (Staatliche Beihilfe NN 10/2010 – Frankreich).


6 – Entscheidung C(2011) 4973 final der Kommission vom 13. Juli 2011, mit der festgestellt wird, dass die Maßnahmen der Association interprofessionnelle du bétail et des viandes (Interbev), finanziert durch „zu Pflichtbeiträgen gewordene freiwillige Beiträge“, eine mit dem Binnenmarkt vereinbare Beihilfe darstellen (Staatliche Beihilfe C 46/2003 [ex NN 39/2003] – Frankreich).


7 – Es handelt sich um die beim Gericht anhängigen Rechtssachen Frankreich/Kommission (T‑79/09), CNIEL/Kommission (T‑293/09), CNIPT/Kommission (T‑302/09), CIVR u. a./Kommission (T‑303/09), Unicid/Kommission (T‑305/09), Val’hor/Kommission (T‑306/09), Onidol/Kommission (T‑313/09), Intercéréales und Grossi/Kommission (T‑314/09), Frankreich/Kommission (T‑478/11), Inaporc/Kommission (T‑575/11), Frankreich/Kommission (T‑511/11) und Interbev/Kommission (T‑18/12).


8 – Schlussanträge in der Rechtssache van Calster u. a. (Urteil vom 21. Oktober 2003, C‑261/01 und C‑262/01, Slg. 2003, I‑12249, Nr. 27).


9 – In Bezug auf diesen Aspekt befinden sie sich in einer ähnlichen Lage wie die Unternehmen, die die Maßnahme beanstandet hatten, um die es in der Rechtssache Pearle u. a. ging (vgl. die Schlussanträge von Generalanwalt Ruiz-Jarabo Colomer in dieser Rechtssache).


10 – Vgl. u. a. Urteil van Calster u. a. (Randnrn. 46 bis 51). In jüngerer Zeit vgl. Urteile vom 22. Dezember 2008, Régie Networks (C‑333/07, Slg. 2008, I‑10807, Randnrn. 89 und 90), und vom 21. Juli 2011, Alcoa Trasformazioni/Kommission (C‑194/09 P, Slg. 2011, I-6311, Randnr. 48).


11 – Vgl. in diesem Sinne Urteile vom 21. November 1991, Fédération nationale du commerce extérieur des produits alimentaires und Syndicat national des négociants et transformateurs de saumon (C‑354/90, Slg. 1991, I‑5505, Randnr. 12), vom 11. Juli 1996, SFEI u. a. (C‑39/94, Slg. 1996, I‑3547, Randnr. 40), und vom 12. Februar 2008, CELF und Ministre de la Culture et de la Communication (C‑199/06, Slg. 2008, I‑469, Randnr. 41).


12 – Vgl. u. a. Urteile vom 16. Mai 2002, Frankreich/Kommission, „Stardust Marine“ (C‑482/99, Slg. 2002, I‑4397, Randnr. 68), vom 24. Juli 2003, Altmark Trans und Regierungspräsidium Magdeburg (C‑280/00, Slg. 2003, I‑7747, Randnr. 74), und vom 17. Juli 2008, Essent Network Noord u. a. (C‑206/06, Slg. 2008, I‑5497, Randnr. 6).


13 – Vgl. insbesondere Urteile vom 30. Januar 1985, Kommission/Frankreich (290/83, Slg. 1985, 439, Randnr. 14), und vom 7. Juni 1988, Griechenland/Kommission (57/86, Slg. 1988, 2855, Randnr. 12).


14 – Urteile vom 22. März 1977, Steinike & Weinlig (78/76, Slg. 1977, 595, Randnr. 22), und vom 11. November 1987, Frankreich/Kommission (259/85, Slg. 1987, 4393, Randnr. 23).


15 – Urteil vom 13. März 2001 (C‑379/98, Slg. 2001, I‑2159).


16 – Oben in Fn. 12 angeführt.


17 – Randnrn. 58 und 59 des Urteils.


18 – Randnrn. 51 und 52 des Urteils.


19 – Vgl. insbesondere Nrn. 54 bis 78 seiner Schlussanträge in der Rechtssache Pearle u. a.


20 – Urteil Pearle u. a. (Randnr. 36).


21 – Ebd. (Randnr. 37).


22 – Ebd. (Randnr. 38).


23 – Dies ist in der mündlichen Verhandlung von der französischen Regierung bestätigt worden.


24 – Vgl. den vierten Erwägungsgrund der Entscheidung des Conseil constitutionnel Nr. 2011-211, QPC vom 17. Februar 2012, Société Chaudet et fille u. a.


25 – Vgl. Urteile vom 16. Mai 2000, Frankreich/Ladbroke Racing und Kommission (C‑83/98 P, Slg. 2000, I‑3271, Randnr. 50), Pearle u. a. (Randnr. 36) und Essent Netwerk Noord u. a. (Randnr. 72). Vgl. auch Schlussanträge von Generalanwalt Mengozzi in der Rechtssache Essent Netwerk Noord u. a. (Nr. 109) und Schlussanträge von Generalanwältin Kokott in der Rechtssache UTECA (Urteil vom 5. März 2009, C‑222/07, Slg. 2009, I‑1407, Nrn. 128 und 129).


26 – Vgl. u. a. Urteile vom 2. Juli 1974, Italien/Kommission (173/73, Slg. 1974, 709, Randnr. 35), Steinike & Weinlig, Frankreich/Ladbroke Racing und Kommission (Randnr. 50) und Stardust Marine (Randnrn. 37 und 38).


27 – Art. L. 632-4 des Code rural.


28 – Vgl. Urteile vom 7. Mai 2008, Coopérative Cooperl Hunaudaye und Société Syndigel (Az. 278820 und 279020), und vom 16. Februar 2011, Fédération des Entreprises du Commerce et de la Distribution (Az. 301333 und 317146).


29 – In diesem Zusammenhang möchte ich auf eine weitere Gemeinsamkeit der vorliegenden Rechtssache mit der Rechtssache Pearle u. a. verweisen. Im letztgenannten Verfahren hatte die niederländische Regierung nämlich bestätigt, dass die von Einrichtungen wie der HBA erlassenen Regelungen zur Einführung finanzieller Belastungen vom Sociaal-Economische Raad (Sozioökonomischer Rat) und unter bestimmten Umständen auch vom zuständigen Minister genehmigt werden müssten. Sowohl der Sociaal-Economische Raad als auch der Minister hätten die Möglichkeit, die Genehmigung zu verweigern, u. a. wenn der Vorschlag gegen Gesetze verstoße oder dem Allgemeininteresse zuwiderlaufe.


30 – Nach den Angaben der französischen Regierung wurden 18 von insgesamt annähernd 300 Anträgen auf Allgemeinverbindlicherklärung in den letzten Jahren abgelehnt. Als Ablehnungsgründe nennt die französische Regierung: a) einen Verstoß gegen Art. 110 AEUV, da die beabsichtigte Maßnahme eine steuerliche Diskriminierung aufgrund der Herkunft der Waren schaffen würde (Rohstoff mit Herkunft in Frankreich), b) die Unvereinbarkeit der Vereinbarung, die durch die CVO finanziert werden sollte, mit der Spezifikation der geschützten Ursprungsbezeichnungen der betreffenden Erzeugnisse, c) die Unmöglichkeit, zu ermitteln, welche Maßnahmen mit den CVO finanziert werden sollten, d) den Umstand, dass die Vereinbarung, die mit den CVO finanziert werden sollte, nicht das Erzeugnis betraf, für das die die Allgemeinverbindlicherklärung beantragende Branchenorganisation anerkannt worden war, und e) den Umstand, dass die Maßnahme, die mit den CVO finanziert werden sollte, keine kollektive, sondern eine individuelle Maßnahme war.


31 –      Urteil Stardust Marine (Randnr. 55). Vgl. auch Urteile vom 21. März 1991, Italien/Kommission (C‑303/88, Slg. 1991, I‑1433, Randnrn. 11 und 12, und C‑305/89, Slg. 1991, I‑1603, Randnrn. 13 und 14).


32 –      Urteile Stardust Marine (Randnr. 55), und vom 2. Februar 1988, Kwekerij van der Kooy u. a./Kommission (67/85, 68/85 und 70/85, Slg. 1988, 219, Randnr. 37).


33 – Erster Teil von Art. L. 632-1 des Code rural.


34 – Zweiter Teil von Art. L. 632-1 des Code rural.


35 –      Urteil PreussenElektra (Randnr. 73).


36–      Urteil Pearle u. a. (Randnr. 7). Ferner legte, wie die niederländische Regierung im Rahmen dieses Verfahrens bestätigt hatte, das Gesetz mit allgemeinen Worten die Aufgabe von Organisationen wie der HBA fest.


37–      Ebd. (Randnrn. 36 und 37).


38 – Ebd. (Randnr. 37).


39 – Vgl. u. a. Schlussanträge von Generalanwalt Capotorti in der Rechtssache van Tiggele (Urteil vom 24. Januar 1978, 82/77, Slg. 1978, 25, Nr. 8), Schlussanträge von Generalanwalt Jacobs in den Rechtssachen PreussenElektra und Stardust Marine (Nrn. 150 bis 159 bzw. 53 bis 55) und Schlussanträge von Generalanwalt Poiares Maduro in der Rechtssache Enirisorse (Urteil vom 23. März 2006, C‑237/04, Slg. 2006, I‑2843, Nrn. 44 bis 46).


40 – Vgl. u. a. Urteile vom 12. Dezember 1974, Walrave und Koch (36/74, Slg. 1974, 1405, Randnrn. 17 und 18), vom 15. Dezember 1995, Bosman (C‑415/93, Slg. 1995, I‑4921, Randnrn. 83 und 84), vom 19. Februar 2002, Wouters u. a. (C‑309/99 Slg. 2002, I‑1577, Randnr. 120), und vom 18. Dezember 2007, Laval un Partneri (C‑341/05, Slg. 2007, I‑11767, Randnr. 98).


41 – Urteile vom 11. April 2000, Deliège (C‑51/96 und C‑191/97, Slg. 2000, I‑2549, Randnr. 47), und vom 6. Juni 2000, Angonese (C‑281/98, Slg. 2000, I‑4139, Randnr. 32).


42–      Urteil vom 11. Dezember 2007, International Transport Workers’ Federation und Finnish Seamen’s Union (C‑438/05, Slg. 2007, I‑10779, Randnr. 59).


43 – Urteile vom 19. Juni 1973, Capolongo (77/72, Slg. 1973, 611, Randnrn. 13 und 14), vom 11. März 1992, Compagnie commerciale de l’Ouest u. a. (C‑78/90 bis C‑83/90, Slg. 1992, I‑1847, Randnr. 27), vom 17. September 1997, Fricarnes (C‑28/96, Slg. 1997, I‑4939, Randnr. 24), und Essent Netwerk Noord u. a. (Randnr. 42).


44–      Urteil vom 24. November 1982, Kommission/Irland (249/81, Slg. 1982, 4005).


45–      Urteile vom 16. November 1977, GB-Inno-BM (13/77, Slg. 1977, 2115, Randnr. 31), vom 21. September 1988, Van Eycke (267/86, Slg. 1988, 4769, Randnr. 16), und vom 17. November 1993, Meng (C‑2/91, Slg. 1993, I‑5751, Randnr. 14).