Language of document : ECLI:EU:C:2017:668

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

MANUEL CAMPOS SÁNCHEZ-BORDONA

vom 12. September 2017(1)

Rechtssache C‑537/16

Garlsson Real Estate SA, in Liquidation,

Stefano Ricucci,

Magiste International SA

gegen

Commissione Nazionale per le Società e la Borsa (Consob)

(Vorabentscheidungsersuchen der Corte suprema di cassazione [Kassationshof, Italien])

„Charta der Grundrechte der Europäischen Union – Richtlinie 2003/6/EG – Marktmanipulation – Nationale Rechtsvorschriften, die für ein und denselben Sachverhalt eine verwaltungsrechtliche und eine strafrechtliche Sanktion vorsehen – Verletzung des Grundsatzes ne bis in idem“






1.        In den Schlussanträgen in der Rechtssache Menci(2), die gleichzeitig mit den vorliegenden verlesen werden, prüfe ich, bis zu welchem Punkt der Grundsatz ne bis in idem greift, wenn nach den Rechtsvorschriften einiger Mitgliedstaaten verwaltungsrechtliche und strafrechtliche Sanktionen zur Ahndung der Nichtabführung von Mehrwertsteuer kumuliert werden können. Dieses Vorabentscheidungsersuchen betrifft dasselbe Problem, wenn auch in diesem Fall das zweifach geahndete Verhalten hier zum Bereich des „Marktmissbrauchs“, der auch unzulässigen Insiderhandel und Marktmanipulation umfasst.

2.        Die Harmonisierung der verwaltungsrechtlichen Sanktionen erfolgte in diesem Bereich durch die Richtlinie 2003/6/EG(3), die später durch die Verordnung (EU) Nr. 596/2014(4) aufgehoben wurde. Durch Letztere wurden die verwaltungsrechtlichen Sanktionsregelungen vollständig harmonisiert, während die Richtlinie 2014/57/EU(5) gleichzeitig, wenn auch nur zum Teil, die nach dem Recht der Mitgliedstaaten anwendbaren strafrechtlichen Sanktionen eines solchen Verhaltens harmonisierte(6).

I.      Rechtlicher Rahmen

A.      Europäische Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten von 1950 (im Folgenden: EMRK)

3.        Das Zusatzprotokoll Nr. 7 zur EMRK, unterzeichnet in Straßburg am 22. November 1984 (im Folgenden: Protokoll Nr. 7), regelt in Art. 4 das „Recht, wegen derselben Sache nicht zweimal vor Gericht gestellt oder bestraft zu werden“. Die Vorschrift hat folgenden Wortlaut:

„(1)      Niemand darf wegen einer Straftat, wegen der er bereits nach dem Gesetz und dem Strafverfahrensrecht eines Staates rechtskräftig verurteilt oder freigesprochen worden ist, in einem Strafverfahren desselben Staates erneut verfolgt oder bestraft werden.

(2)      Artikel 1 schließt die Wiederaufnahme des Verfahrens nach dem Gesetz und dem Strafverfahrensrecht des betreffenden Staates nicht aus, falls neue oder neu bekannt gewordene Tatsachen vorliegen oder das vorausgegangene Verfahren schwere, den Ausgang des Verfahrens berührende Mängel aufweist.

(3)      Von diesem Artikel darf nicht nach Artikel 15 der Konvention abgewichen werden.“

B.      Unionsrecht

1.      Charta der Grundrechte der Europäischen Union

4.        Art. 50 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta) lautet:

„Niemand darf wegen einer Straftat, derentwegen er bereits in der Union nach dem Gesetz rechtskräftig verurteilt oder freigesprochen worden ist, in einem Strafverfahren erneut verfolgt oder bestraft werden.“

5.        Art. 52 regelt die Tragweite und die Auslegung der in der Charta verankerten Rechte und Grundsätze:

„(1)      Jede Einschränkung der Ausübung der in dieser Charta anerkannten Rechte und Freiheiten muss gesetzlich vorgesehen sein und den Wesensgehalt dieser Rechte und Freiheiten achten. Unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit dürfen Einschränkungen nur vorgenommen werden, wenn sie erforderlich sind und den von der Union anerkannten dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzungen oder den Erfordernissen des Schutzes der Rechte und Freiheiten anderer tatsächlich entsprechen.

(3)      Soweit diese Charta Rechte enthält, die den durch die Europäische Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten garantierten Rechten entsprechen, haben sie die gleiche Bedeutung und Tragweite, wie sie ihnen in der genannten Konvention verliehen wird. Diese Bestimmung steht dem nicht entgegen, dass das Recht der Union einen weiter gehenden Schutz gewährt.

(4)      Soweit in dieser Charta Grundrechte anerkannt werden, wie sie sich aus den gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten ergeben, werden sie im Einklang mit diesen Überlieferungen ausgelegt.

(6)      Den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten ist, wie es in dieser Charta bestimmt ist, in vollem Umfang Rechnung zu tragen.

…“

2.      Abgeleitetes Recht im Bereich des Marktmissbrauchs

a)      Richtlinie 2003/6

6.        Der 38. Erwägungsgrund lautet:

„Damit der gemeinschaftliche Rechtsrahmen zur Bekämpfung von Marktmissbrauch hinreichende Wirkung entfaltet, müssen alle Verstöße gegen die gemäß dieser Richtlinie erlassenen Verbote und Gebote unverzüglich aufgedeckt und geahndet werden. Deshalb sollten die Sanktionen abschreckend genug sein, im Verhältnis zur Schwere des Verstoßes und zu den erzielten Gewinnen stehen und sollten konsequent vollstreckt werden.“

7.        Art. 5 sieht vor:

„Die Mitgliedstaaten untersagen jedermann, Marktmanipulation zu betreiben.“

8.        Art. 14 Abs. 1 bestimmt:

„Unbeschadet des Rechts der Mitgliedstaaten, strafrechtliche Sanktionen zu verhängen, sorgen die Mitgliedstaaten entsprechend ihrem jeweiligen innerstaatlichen Recht dafür, dass bei Verstößen gegen die gemäß dieser Richtlinie erlassenen Vorschriften gegen die verantwortlichen Personen geeignete Verwaltungsmaßnahmen ergriffen oder im Verwaltungsverfahren zu erlassende Sanktionen verhängt werden können. Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass diese Maßnahmen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sind.“

b)      Verordnung Nr. 596/2014

9.        Der 71. Erwägungsgrund dieser Verordnung bestimmt:

„[Es] sollte eine Reihe von verwaltungsrechtlichen Sanktionen und anderen verwaltungsrechtlichen Maßnahmen vorgesehen werden, um einen gemeinsamen Ansatz in den Mitgliedstaaten sicherzustellen und ihre abschreckende Wirkung zu verstärken. Die zuständige Behörde sollte über die Möglichkeit verfügen, ein Verbot der Wahrnehmung von Führungsaufgaben innerhalb von Wertpapierfirmen zu verhängen. Bei der Verhängung von Sanktionen in besonderen Fällen sollte je nach Sachlage Faktoren wie dem Einzug etwaiger festgestellter finanzieller Vorteile, der Schwere und Dauer des Verstoßes, erschwerenden oder mildernden Umständen und der Notwendigkeit einer abschreckenden Wirkung von Geldbußen Rechnung getragen und je nach Sachlage eine Ermäßigung für Zusammenarbeit mit der zuständigen Behörde vorgesehen werden. So kann insbesondere die tatsächliche Höhe von Geldbußen, die in einem bestimmten Fall verhängt werden müssen, die in dieser Verordnung festgesetzte Obergrenze oder die für sehr schwere Verstöße durch nationale Rechtsvorschriften festgesetzte höher liegende Obergrenze erreichen, während bei geringfügigen Verstößen oder im Fall einer Verständigung Geldbußen verhängt werden können, die weit unterhalb der Obergrenze liegen. Diese Verordnung schränkt nicht die Fähigkeit der Mitgliedstaaten ein, strengere verwaltungsrechtliche Sanktionen oder andere verwaltungsrechtliche Maßnahmen festzusetzen.“

10.      Der 72. Erwägungsgrund lautet:

„Obwohl es den Mitgliedstaaten vollkommen freisteht, für ein und dieselben Verstöße Vorschriften für verwaltungsrechtliche und strafrechtliche Sanktionen festzulegen, sollten die Mitgliedstaaten nicht verpflichtet sein, für die Verstöße gegen diese Verordnung, die bereits mit Wirkung vom 3. Juli 2016 Gegenstand ihres Strafrechts sind, Vorschriften für verwaltungsrechtliche Sanktionen festzulegen. In Übereinstimmung mit dem nationalen Recht sind die Mitgliedstaaten nicht verpflichtet, für ein und dasselbe Vergehen sowohl verwaltungsrechtliche als auch strafrechtliche Sanktionen zu verhängen, dies steht ihnen jedoch frei, wenn dies nach ihrem jeweiligen nationalen Recht zulässig ist. Die Aufrechterhaltung strafrechtlicher Sanktionen anstelle von verwaltungsrechtlichen Sanktionen für Verstöße gegen diese Verordnung oder gegen die Richtlinie 2014/57/EU sollte jedoch nicht die Möglichkeiten der zuständigen Behörden einschränken oder in anderer Weise beeinträchtigen, sich für die Zwecke dieser Verordnung rechtzeitig mit den zuständigen Behörden in anderen Mitgliedstaaten zusammenzuarbeiten und Zugang zu ihren Informationen zu erhalten und mit ihnen Informationen auszutauschen, und zwar auch dann, wenn die zuständigen Justizbehörden bereits mit der strafrechtlichen Verfolgung der betreffenden Verstöße befasst wurden.“

11.      Im 77. Erwägungsgrund heißt es:

„Diese Verordnung steht im Einklang mit den Grundrechten und Grundsätzen, die mit der Charta … anerkannt wurden. Deshalb sollte diese Verordnung im Einklang mit diesen Rechten und Grundsätzen ausgelegt und angewandt werden …“

12.      Art. 15 lautet:

„Marktmanipulation und der Versuch hierzu sind verboten.“

13.      Art. 12 bestimmt Handlungen, die Marktmanipulationen darstellen, wie folgt:

„(1)      Für die Zwecke dieser Verordnung umfasst der Begriff ‚Marktmanipulation‘ folgende Handlungen:

a)      Abschluss eines Geschäfts, Erteilung eines Handelsauftrags sowie jede andere Handlung, die

i)      falsche oder irreführende Signale hinsichtlich des Angebots, der Nachfrage oder des Preises eines Finanzinstruments, eines damit verbundenen Waren-Spot-Kontrakts oder eines auf Emissionszertifikaten beruhenden Auktionsobjekts gibt oder bei der dies wahrscheinlich ist, oder

ii)      ein anormales oder künstliches Kursniveau eines oder mehrerer Finanzinstrumente, eines damit verbundenen Waren-Spot-Kontrakts oder eines auf Emissionszertifikaten beruhenden Auktionsobjekts sichert oder bei der dies wahrscheinlich ist;

b)      Abschluss eines Geschäfts, Erteilung eines Handelsauftrags und jegliche sonstige Tätigkeit oder Handlung an Finanzmärkten, die unter Vorspiegelung falscher Tatsachen oder unter Verwendung sonstiger Kunstgriffe oder Formen der Täuschung den Kurs eines oder mehrerer Finanzinstrumente, eines damit verbundenen Waren-Spot-Kontrakts oder eines auf Emissionszertifikaten beruhenden Auktionsobjekts beeinflusst oder hierzu geeignet ist;

c)      Verbreitung von Informationen über die Medien einschließlich des Internets oder auf anderem Wege, die falsche oder irreführende Signale hinsichtlich des Angebots oder des Kurses eines Finanzinstruments, eines damit verbundenen Waren-Spot-Kontrakts oder eines auf Emissionszertifikaten beruhenden Auktionsobjekts oder der Nachfrage danach geben oder bei denen dies wahrscheinlich ist oder ein anormales oder künstliches Kursniveau eines oder mehrerer Finanzinstrumente, eines damit verbundenen Waren-Spot-Kontrakts oder eines auf Emissionszertifikaten beruhenden Auktionsobjekts herbeiführen oder bei denen dies wahrscheinlich ist, einschließlich der Verbreitung von Gerüchten, wenn die Person, die diese Informationen verbreitet hat, wusste oder hätte wissen müssen, dass sie falsch oder irreführend waren;

d)      Übermittlung falscher oder irreführender Angaben oder Bereitstellung falscher oder irreführender Ausgangsdaten bezüglich eines Referenzwerts, wenn die Person, die die Informationen übermittelt oder die Ausgangsdaten bereitgestellt hat, wusste oder hätte wissen müssen, dass sie falsch oder irreführend waren, oder sonstige Handlungen, durch die die Berechnung eines Referenzwerts manipuliert wird.“

14.      Art. 30 regelt Sanktionen und andere Verwaltungsmaßnahmen wie folgt:

„(1)      Unbeschadet strafrechtlicher Sanktionen und unbeschadet der Aufsichtsbefugnisse der zuständigen Behörden nach Artikel 23 übertragen die Mitgliedstaaten im Einklang mit nationalem Recht den zuständigen Behörden die Befugnis, angemessene verwaltungsrechtliche Sanktionen und andere verwaltungsrechtliche Maßnahmen in Bezug auf mindestens die folgenden Verstöße zu ergreifen:

a)      Verstöße gegen Artikel 14 und 15, Artikel 16 Absätze 1 und 2, Artikel 17 Absätze 1, 2, 4, 5 und 8, Artikel 18 Absätze 1 bis 6, Artikel 19 Absätze 1, 2, 3, 5, 6, 7 und 11 und Artikel 20 Absatz 1 und

b)      Verweigerung der Zusammenarbeit mit einer Ermittlung oder einer Prüfung oder einer in Artikel 23 Absatz 2 genannten Anfrage.

Die Mitgliedstaaten können beschließen, keine Regelungen für die in Unterabsatz 1 genannten verwaltungsrechtlichen Sanktionen festzulegen, sofern die in Unterabsatz 1 Buchstaben a oder b genannten Verstöße bis zum 3. Juli 2016 gemäß dem nationalen Recht bereits strafrechtlichen Sanktionen unterliegen. Beschließen sie dies, so melden die Mitgliedstaaten der Kommission und der ESMA die entsprechenden Bestimmungen ihres Strafrechts in ihren Einzelheiten.

Die Mitgliedstaaten unterrichten die Kommission und die ESMA detailliert über die in den Unterabsätzen 1 und 2 genannten Vorschriften bis zum 3. Juli 2016. Sie setzen die Kommission und die ESMA unverzüglich über jede nachfolgende Änderung dieser Vorschriften in Kenntnis.

(2)      Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die zuständigen Behörden im Einklang mit dem nationalen Recht über die Befugnis verfügen, im Falle von Verstößen gemäß Absatz 1 Unterabsatz 1 Buchstabe a mindestens die folgenden verwaltungsrechtliche Sanktionen zu verhängen und die folgenden verwaltungsrechtlichen Maßnahmen zu ergreifen:

…“

c)      Richtlinie 2014/57

15.      Die Erwägungsgründe 22, 23 und 27 lauten:

„(22)      Die in dieser Richtlinie enthaltene Verpflichtung, in ihrem nationalen Recht Sanktionen gegen natürliche und juristische Personen vorzusehen, befreit die Mitgliedstaaten nicht von der Verpflichtung, in ihrem nationalen Recht verwaltungsrechtliche Sanktionen und sonstige Maßnahmen für die in der Verordnung (EU) Nr. 596/2014 festgelegten Verstöße vorzusehen, es sei denn, die Mitgliedstaaten haben im Einklang mit der Verordnung (EU) Nr. 596/2014 beschlossen, in ihrem nationalen Recht nur strafrechtliche Sanktionen für solche Verstöße festzulegen.

(23)      Der Anwendungsbereich dieser Richtlinie ist so definiert, dass dadurch die Verordnung (EU) Nr. 596/2014 ergänzt und ihre wirksame Umsetzung gewährleistet wird. Während nach dieser Richtlinie ein begangener Verstoß bei Vorsatz und mindestens in schweren Fällen strafbar sein sollte, ist für Sanktionen bei Verstößen gegen die Verordnung (EU) Nr. 596/2014 kein Nachweis eines Vorsatzes oder eines schweren Falles erforderlich. Bei der Anwendung der nationalen Rechtsvorschriften zur Umsetzung dieser Richtlinie sollten die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass die Verhängung von strafrechtlichen Sanktionen auf Grundlage der in dieser Richtlinie vorgesehenen Straftaten und die Verhängung von verwaltungsrechtlichen Sanktionen gemäß der Verordnung (EU) Nr. 596/2014 nicht zu einem Verstoß gegen den Grundsatz ‚ne bis in idem‘ führt.

(27)      Diese Richtlinie steht im Einklang mit den Grundrechten und Grundsätzen, die in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden ‚Charta‘) niedergelegt wurden und im EUV anerkannt sind. Insbesondere sollte die Anwendung unter angemessener Berücksichtigung des Rechts …, wegen derselben Straftat nicht zweimal strafrechtlich verfolgt oder bestraft zu werden (Artikel 50), erfolgen.“

16.      Art. 5 lautet:

„(1)      Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass eine Marktmanipulation gemäß Absatz 2 zumindest in schweren Fällen und bei Vorliegen von Vorsatz eine Straftat darstellt.

(2)      Für die Zwecke dieser [Richtlinie] umfasst der Begriff der Marktmanipulation folgende Handlungen:

a)      Vornahme einer Transaktion, Erteilung eines Handelsauftrags oder jegliche sonstige Handlung, die Folgendes umfasst:

i)      Geben falscher oder irreführender Signale hinsichtlich des Angebots oder des Preises eines Finanzinstruments oder damit verbundenen Waren-Spot-Kontrakts oder der Nachfrage danach oder

ii)      Beeinflussung des Preises eines oder mehrerer Finanzinstrumente oder eines damit verbundenen Waren-Spot-Kontrakts, um ein anormales oder künstliches Preisniveau zu erzielen,

b)      Vornahme einer Transaktion, Erteilung eines Handelsauftrags oder jegliche sonstige Tätigkeit oder Handlung, die den Preis eines oder mehrerer Finanzinstrumente oder eines damit verbundenen Waren-Spot-Kontrakts beeinflusst, unter Vorspiegelung falscher Tatsachen oder unter Verwendung sonstiger Kunstgriffe oder Formen der Täuschung;

c)      Verbreitung von Informationen über die Medien, einschließlich des Internets, oder mithilfe sonstiger Mittel, die falsche oder irreführende Signale hinsichtlich Angebot, Nachfrage oder Preis eines Finanzinstruments oder eines damit verbundenen Waren-Spot-Kontrakts aussenden oder den Preis eines oder mehrerer Finanzinstrumente oder eines damit verbundenen Waren-Spot-Kontrakts beeinflussen, um ein anormales oder künstliches Preisniveau zu erzielen, sofern die Personen, die diese Informationen verbreitet haben, durch die Verbreitung dieser Informationen einen Vorteil oder Gewinn für sich selbst oder für Dritte erzielen, oder

d)      Übermittlung falscher oder irreführender Informationen, Bereitstellung falscher oder irreführender Ausgangsdaten, oder jede andere Handlung, durch die die Berechnung eines Referenzwerts manipuliert wird.“

17.      Art. 7 hat folgenden Wortlaut:

„(1)      Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die in den Artikeln 3 bis 6 genannten Straftaten mit wirksamen, verhältnismäßigen und abschreckenden strafrechtlichen Sanktionen bewehrt sind.

(2)      Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die in Artikel 3 und 5 genannten Straftaten mit Freiheitsstrafen im Höchstmaß von mindestens vier Jahren bewehrt sind.

(3)      Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die in Artikel 4 genannte Straftat mit Freiheitsstrafen im Höchstmaß von mindestens zwei Jahren bewehrt ist.“

C.      Italienisches Recht

18.      Art. 185 Abs. 1 und 2 des Decreto Legislativo n. 58/1998, Testo unico delle disposizioni in materia di intermediazione finanziaria (Einheitstext der Bestimmungen über die Finanzvermittlung, im Folgenden: TUF) bestimmt:

„(1)      Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu sechs Jahren und mit Geldstrafe von zwanzigtausend bis fünf Millionen Euro wird bestraft, wer unrichtige Informationen verbreitet, Geschäfte vortäuscht oder andere Täuschungshandlungen vornimmt, die konkret geeignet sind, den Preis von Finanzinstrumenten erheblich zu verändern.

(2)      Das Gericht kann die Geldstrafe bis zum Dreifachen dieses Betrags oder bis zum Zehnfachen des Aufkommens oder des Gewinns aus der Straftrat, je nachdem, welcher Betrag höher ist, erhöhen, wenn sie unter Berücksichtigung der Schwere der Rechtsgutsverletzung, persönlicher Eigenschaften des Täters oder der Höhe des Aufkommens oder des Gewinns aus der Straftat trotz Verhängung des Höchstbetrags nicht angemessen erscheint.“

19.      Art. 187‑ter Abs. 1 TUF(7) bestimmt:

„Unbeschadet strafrechtlicher Sanktionen, wenn die Tat eine Straftat ist, wird mit einer verwaltungsrechtlichen Geldbuße in Höhe von zwanzigtausend bis fünf Millionen Euro belegt, wer über die Medien einschließlich des Internets oder auf anderem Wege falsche oder irreführende Informationen, Gerüchte oder Nachrichten verbreitet, die falsche oder irreführende Signale in Bezug auf Finanzinstrumente geben oder geben könnten.“

20.      Art. 187‑ter Abs. 3 Buchst. c TUF sieht vor, dass unbeschadet strafrechtlicher Sanktionen für eine Handlung, die eine Straftat ist, die gleichen Geldbußen auf jeden angewandt werden, der „Geschäfte oder Kauf- bzw. Verkaufsaufträge unter Vorspiegelung falscher Tatsachen oder unter Verwendung sonstiger Kunstgriffe oder Formen der Täuschung“ vornimmt.

21.      In Art. 187‑duodecies Abs. 1 TUF heißt es:

„Das Verwaltungsfeststellungsverfahren und das Widerspruchsverfahren nach Art. 187‑septies können während des laufenden Strafverfahrens wegen derselben Tat oder einer Tat, deren Feststellung für den Verfahrensausgang maßgebend ist, nicht ausgesetzt werden.“

22.      Art. 187‑terdecies Abs. 1 TUF lautet:

„Wurde gegen den Täter oder die juristische Person wegen desselben Sachverhalts eine Geldbuße im Sinne von Art. 187‑septies verhängt, wird die Erhebung der Geldstrafe und der Geldbuße, die wegen der Straftat verhängt werden, auf den Teil beschränkt, der den von der Verwaltungsbehörde eingezogenen Betrag übersteigt.“

23.      Art. 649 („Verbot eines zweiten Verfahrens“) des Codice di procedura penale (Strafprozessordnung) bestimmt:

„Gegen den freigesprochenen oder mit Urteil oder Strafbefehl rechtskräftig verurteilten Angeklagten darf, soweit in Art. 69 Abs. 2 und Art. 345 nichts anderes bestimmt ist, wegen derselben Tat nicht neuerlich ein Strafverfahren durchgeführt werden, selbst wenn die Tat im Hinblick auf ihre rechtliche Qualifizierung, Schwere oder Umstände anders zu beurteilen ist.“

II.    Ausgangsverfahren und Vorlagefrage

24.      Die Commissione Nazionale per le Società e la Borsa (Nationale Unternehmens- und Börsenaufsichtsbehörde, im Folgenden: Consob) verhängte am 9. September 2007 eine Geldbuße in Höhe von 10 200 000 Euro gegen Herrn Stefano Ricucci und zwei von ihm geleitete Gesellschaften (Magiste International SA und Garlsson Real Estate SA) als Gesamtschuldner. Die ihm zur Last gelegten Taten aus dem Jahr 2005 wurden als Marktmanipulation im Sinne von Art. 187‑ter Abs. 3 Buchst. c und Art. 187‑quinquies Abs. 1 Buchst. a TUF eingestuft.

25.      Herr Ricucci und die beiden Gesellschaften legten gegen die Verwaltungssanktion ein Rechtsmittel zur Corte di appello di Roma (Berufungsgericht Rom, Italien) ein, die die Geldbuße mit Urteil vom 2. Januar 2009 auf 5 Mio. Euro ermäßigte.

26.      Gegen diese Entscheidung legten alle Parteien Kassationsbeschwerde zur Corte suprema di cassazione (Kassationshof, Italien) ein. Konkret machte Herr Ricucci in seiner Kassationsbeschwerde geltend, gegen ihn sei wegen derselben Taten bereits am 10. Dezember 2008 ein rechtskräftiges Strafurteil des Tribunale di Roma (Gericht von Rom, Italien) ergangen.

27.      Tatsächlich war gegen Herrn Ricucci zeitgleich ein Strafverfahren wegen der bereits verwaltungsrechtlich geahndeten Taten(8) eingeleitet worden. Das Strafverfahren endete mit einem auf einer Verfahrensabsprache beruhenden Urteil vom 10. Dezember 2008, in dem das Tribunale di Roma (Gericht von Rom) gegen Herrn Ricucci eine Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten, die wegen der Wahl der Verfahrensart auf drei Jahre ermäßigt wurde, sowie diverse Nebenstrafen verhängte(9). Die Strafe wurde später aufgrund einer gemäß dem Gesetz Nr. 241/06 gewährten Begnadigung erlassen.

28.      Das Strafurteil vom 10. Dezember 2008 wurde, nachdem die Corte suprema di cassazione (Kassationshof) die dagegen eingelegte Kassationsbeschwerde zurückgewiesen hatte, am 11. September 2009 rechtskräftig.

29.      Im Rahmen der gegen das Urteil vom 2. Januar 2009 erhobenen Kassationsbeschwerde verwies die Corte suprema di cassazione (Kassationshof) die Sache an die Corte costituzionale (Verfassungsgerichtshof, Italien) zur Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit von Art. 187‑ter Abs. 1 TUF.

30.      Die Corte costituzionale (Verfassungsgerichtshof) erklärte die Frage hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit jedoch mit Urteil Nr. 102 vom 12. Mai 2016 für unzulässig(10). Angesichts dieser Entscheidung merkt das vorlegende Gericht in seinem Beschluss an, das Fehlen nationaler Rechtsvorschriften, die den Grundsatz ne bis in idem auch auf das Verhältnis zwischen strafrechtlichen Sanktionen und verwaltungsrechtlichen Sanktionen mit Strafcharakter erstreckten, scheine mit den Grundsätzen des Unionsrechts unvereinbar. Mit Blick auf die supranationalen Grundsätze könne die Zweigleisigkeit und damit die Möglichkeit der kumulativen Verhängung von strafrechtlichen und verwaltungsrechtlichen Sanktionen in verschiedenen Verfahren nicht zulässig sein, wenn Letztere Strafcharakter hätten.

31.      Die Corte suprema di cassazione (Kassationshof) ist daher der Auffassung, dass die Durchführung und Entscheidung des Verwaltungsverfahrens nach Ergehen des Strafurteils gegen Herrn Ricucci gemäß dem Urteil des Gerichtshofs vom 26. Februar 2013, Åkerberg Fransson(11), und der Rechtsprechung des EGMR (Urteile vom 4. März 2014, Grande Stevens u. a./Italien [CE:ECHR:2014:0304JUD001864010], vom 20. Mai 2014, Nykänen/Finnland [CE:ECHR:2014:0520JUD001182811], vom 27. November 2014, Lucky Dev/Schweden [CE:ECHR:2014:1127JUD000735610], und vom 10. Februar 2009, Zolotukhin/Russland [CE:ECHR:2009:0210JUD001493903]), eine Verletzung des in Art. 50 der Charta verankerten Grundsatzes ne bis in idem darstellen könnte.

32.      Daher werden dem Gerichtshof die folgenden Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1.      Steht Art. 50 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, wie er im Licht von Art. 4 des Protokolls Nr. 7 zur EMRK, der einschlägigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und des nationalen Rechts auszulegen ist, der Möglichkeit entgegen, ein Verwaltungsverfahren wegen einer Tat (rechtswidrige Marktmanipulation) durchzuführen, für die der Betroffene rechtskräftig strafrechtlich verurteilt wurde?

2.      Kann der nationale Richter die Grundsätze des Unionsrechts, die mit dem Grundsatz ne bis in idem nach Art. 50 der Charta, wie er im Licht von Art. 4 des Protokolls Nr. 7 zur EMRK, der einschlägigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und des nationalen Rechts auszulegen ist, im Zusammenhang stehen, unmittelbar anwenden?

33.      Die Consob, die Regierungen Italiens, Deutschlands und der Tschechischen Republik sowie die Kommission haben schriftliche Erklärungen abgegeben.

34.      An der mündlichen Verhandlung vom 30. Mai 2017, in der diese Rechtssache gemeinsam mit der Rechtssache Menci (C‑524/15) und den verbundenen Rechtssachen Di Puma (C‑596/16) und Consob (C‑597/16) verhandelt wurde, haben der Vertreter von Herrn Ricucci, die italienische und die deutsche Regierung sowie die Kommission teilgenommen.

III. Prüfung der Vorlagefragen

35.      Bevor ich eine Antwort auf die beiden Vorlagefragen vorschlage, halte ich zwei Klarstellungen für angebracht. Die erste besteht darin, dass Art. 50 der Charta im vorliegenden Fall ohne Zweifel anwendbar ist, weil die nationale Regelung zum Marktmissbrauch, auf deren Grundlage die streitgegenständlichen Sanktionen verhängt wurden, vom italienischen Staat zur Umsetzung der Richtlinie 2003/6 in nationales Recht erlassen wurde.

36.      Der Anwendungsbereich der Charta ist, was das Handeln der Mitgliedstaaten betrifft, in ihrem Art. 51 Abs. 1 definiert, dem zufolge die Charta für die Mitgliedstaaten ausschließlich bei der Durchführung des Rechts der Union gilt. Die in der Charta garantierten Grundrechte müssen im Rahmen der Anwendung des innerstaatlichen Rechts beachtet werden, soweit dieses das Unionsrecht widerspiegelt oder darin wurzelt(12). Hingegen ist der Gerichtshof nicht zuständig, über eine rechtliche Situation zu entscheiden, die nicht zu diesem Bereich gehört, und die Bestimmungen der Charta können als solche auch keine entsprechende Zuständigkeit begründen(13).

37.      Eine zweite Klarstellung betrifft die Entscheidung des italienischen Gesetzgebers, als er im Jahr 2005 in Durchführung der Richtlinie 2003/6 ein System mit doppeltem Verfahren und doppelten (verwaltungsrechtlichen und strafrechtlichen) Sanktionen zur Bekämpfung von Marktmissbrauch einführte.

38.      Dieses zweigleisige System verwaltungsrechtlicher und strafrechtlicher Sanktionen („doppio binario sanzionatorio“) weist einige Eigenschaften auf, die es nur schwer mit dem Grundsatz ne bis in idem aus Art. 50 der Charta vereinbar erscheinen lassen, wie das vorlegende Gericht ausführt. Wäre ein solches System durch die Richtlinie 2003/6 eingeführt worden, würde sich gerade wegen eines etwaigen Verstoßes gegen Art. 50 der Charta die Frage stellen, ob die Richtlinie möglicherweise nichtig ist.

39.      Meines Erachtens zwingt die Richtlinie 2003/6 die Mitgliedstaaten jedoch nicht dazu, ein zweigleisiges, verwaltungsrechtliches und strafrechtliches, System zur Bekämpfung derartiger rechtswidriger Handlungen einzuführen, so dass ich nicht der Ansicht bin, dass diese Richtlinie mit Art. 50 der Charta unvereinbar ist(14).

40.      Nach diesen Klarstellungen werde ich zuerst das Unionsrecht im Bereich des Marktmissbrauchs aus dem Blickwinkel des Grundsatzes ne bis in idem analysieren, und sodann die Tragweite von Art. 50 der Charta zusammenfassend erläutern. Schließlich werde ich Antworten auf die beiden Fragen des vorlegenden Gerichts vorschlagen.

A.      Das Unionsrecht im Bereich des Marktmissbrauchs und der Grundsatz ne bis in idem

41.      Die Richtlinie 2003/6 untersagt marktmissbräuchliche Transaktionen, um die Integrität der Finanzmärkte sicherzustellen und das Vertrauen der Anleger zu stärken. Die Anleger müssen die Gewissheit haben, dass sie einander gleichgestellt und gegen die unrechtmäßige Verwendung einer Insiderinformation geschützt sind(15).

42.      Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 2003/6 verlangt von den Mitgliedstaaten die Ahndung solcher rechtswidrigen Handlungen durch hinreichend abschreckende, wirksame und verhältnismäßige Sanktionen(16). Wenngleich sie nach dieser Bestimmung die fraglichen Sanktionen gegen Personen, die Insidergeschäfte tätigen, nicht zwingend strafrechtlich ausgestalten müssen, ist dies auch nicht ausgeschlossen. Darüber hinaus hat der Gerichtshof festgestellt: „Angesichts der Art der in Frage stehenden Verstöße sowie des Schweregrads der Sanktionen, die ihretwegen verhängt werden können, können diese Sanktionen für die Zwecke der Anwendung der EMRK gleichwohl als strafrechtliche Sanktionen angesehen werden“(17).

43.      Die Richtlinie 2003/6 geht weder auf den Grundsatz ne bis in idem ein noch auf die Notwendigkeit, seinetwegen das Verhältnis zwischen der verwaltungsrechtlichen Ahndung und der strafrechtlichen Verfolgung von Marktmissbrauch zu regeln. Aus diesem Schweigen lässt sich allerdings nicht ableiten, dass die Richtlinie die Annahme eines zweigleisigen Systems zur Ahndung solcher Handlungen gewissermaßen vorherbestimmt. Sie räumt den Staaten ein weites Ermessen bei der Ausgestaltung des Verhältnisses zwischen verwaltungsrechtlichen und strafrechtlichen Sanktionen ein, und sie hindert die Staaten nicht daran, Mechanismen vorzusehen, die gewährleisten, dass der Grundsatz ne bis in idem beachtet wird, indem eine Verdopplung von Verfahren und Sanktionen vermieden wird.

44.      Das abgeleitete Unionsrecht im Bereich des Marktmissbrauchs ist mit der Annahme der Verordnung Nr. 596/2014 (die die Richtlinie 2003/6 ersetzt hat) und der Richtlinie 2014/57, durch die die strafrechtlichen Sanktionen der Mitgliedstaaten für diese Art Handlungen harmonisiert worden sind, grundlegend überarbeitet worden. Auch wenn sie aus den bereits dargestellten Gründen in zeitlicher Hinsicht auf den Fall nicht anwendbar sind, lassen sich beiden Rechtsinstrumenten doch nützliche Hinweise entnehmen.

45.      Was die verwaltungsrechtliche Seite anbelangt, stärkt die Verordnung Nr. 596/2014 merklich die Aufsichts-, Ermittlungs- und Sanktionsbefugnisse der nationalen Behörden. Konkret erlaubt Art. 30 Abs. 2 den Mitgliedstaaten, besonders schwere verwaltungsrechtliche Sanktionen und verwaltungsrechtliche Maßnahmen zu ergreifen(18).

46.      Entgegen ihrer formellen Einordnung haben einige dieser nominell verwaltungsrechtlichen Sanktionen, gemessen an den Kriterien aus dem Urteil Engel des EGMR(19), die vom Gerichtshof in den Urteilen Bonda(20) und Åkerberg Fransson(21) übernommen worden sind, materiell betrachtet Strafcharakter. Wie schon angemerkt, hat der Gerichtshof im Urteil Spector Photo Group und Van Raemdock bestätigt, dass diese Art Sanktionen wegen ihrer Schwere und der Art der zu ahndenden Verstöße als strafrechtliche Sanktionen angesehen werden können(22).

47.      Gerade deswegen (weil einige der in der Verordnung Nr. 596/2014 vorgesehenen verwaltungsrechtlichen Sanktionen in Wahrheit Strafcharakter haben) stellt sich aus dem Blickwinkel des Grundsatzes ne bis in idem das Problem ihrer Vereinbarkeit mit den im Einklang mit der Richtlinie 2014/57 auf dieselben marktmissbräuchlichen Verhaltensweisen anzuwendenden strafrechtlichen Sanktionen.

48.      In der Verordnung Nr. 596/2014 wird dieses Problem nicht ausdrücklich erwähnt. Allerdings gestattet Art. 30 Abs. 1 Unterabs. 2 den Mitgliedstaaten, sich bis zum 3. Juli 2016 dafür zu entscheiden, keine Regelungen für verwaltungsrechtliche Sanktionen festzulegen, sofern die Verstöße nach nationalem Recht bereits strafrechtlichen Sanktionen unterliegen. In diesem Fall müssen die Mitgliedstaaten der Kommission und der Europäischen Wertpapieraufsichtsbehörde die entsprechenden Bestimmungen ihres Strafrechts melden(23).

49.      In der Richtlinie 2014/57 wird im Gegensatz zur Verordnung Nr. 596/2014 der Grundsatz ne bis in idem in den bereits angeführten Erwägungsgründen 23 und 27 ausdrücklich erwähnt(24). Danach ist zwingend geboten, dass die Verhängung strafrechtlicher Sanktionen (gemäß dieser Richtlinie) und verwaltungsrechtlicher Sanktionen (gemäß der Verordnung Nr. 596/2014) „nicht zu einem Verstoß gegen den Grundsatz ne bis in idem führt“.

50.      Fraglos enthält der Wortlaut der Richtlinie 2014/57 indessen trotz dieser ausdrücklichen Hinweise keinen besonderen Mechanismus, um zu verhindern, dass durch die Kumulierung strafrechtlicher und verwaltungsrechtlicher Sanktionen gegen den Grundsatz ne bis in idem verstoßen wird. Es kommt daher den Mitgliedstaaten zu, bei der Umsetzung dieser Richtlinie in ihr nationales Recht sicherzustellen, dass keine Doppelbeschuldigung wegen derselben Tat erfolgt.

51.      Wenn die Zweigleisigkeit der verwaltungsrechtlichen und strafrechtlichen Ahndung von Marktmissbrauch beibehalten werden soll, müssen die nationalen Rechtsordnungen jedenfalls geeignete verfahrensrechtliche Mechanismen vorsehen, um eine Verdoppelung der Verfahren zu verhindern und sicherzustellen, dass dieselbe Person wegen derselben Tat nur einmal verfolgt und bestraft wird(25).

B.      Erste Vorlagefrage: Anwendbarkeit des in Art. 50 der Charta verankerten Grundsatzes ne bis in idem auf das Nebeneinander von Strafverfahren und Verwaltungsverfahren wegen Marktmanipulation

52.      In den Schlussanträgen Menci habe ich ausführlich meine Überlegungen zu folgenden Aspekten dargelegt:

–        Anwendung von Art. 50 der Charta auf die Kumulierung steuerrechtlicher und strafrechtlicher Sanktionen im Licht der Rechtsprechung des Gerichtshofs, insbesondere des Urteils vom 26. Februar 2013, Åkerberg Fransson(26), und anderer früherer Urteile(27);

–        Rechtsprechung des EGMR zum Grundsatz ne bis in idem, was die Identität des Sachverhalts und die wiederholte Durchführung von Sanktionsverfahren anbelangt(28);

–        Auswirkungen des Urteils des EGMR vom 15. November 2016, A und B/Norwegen(29), auf das Unionsrecht(30);

–        Möglichkeit der Berufung auf Art. 52 Abs. 1 Satz 1 der Charta, um das Recht, wegen derselben Zuwiderhandlung nicht zweimal strafrechtlich verfolgt oder bestraft zu werden, einzuschränken(31).

53.      Diese Überlegungen lassen sich meines Erachtens sinngemäß auf die Auslegung des Umfangs des durch Art. 50 der Charta gewährten Schutzes vor der Duplizierung verwaltungsrechtlicher und strafrechtlicher Verfahren und Sanktionen wegen ein und derselben Tat, die als Marktmissbrauch einzuordnen ist, übertragen. Ich nehme daher auf sie Bezug.

54.      Das vorlegende Gericht möchte mit seiner ersten Frage wissen, ob Art. 50 der Charta es gestattet, ein Verwaltungsverfahren durchzuführen, das auf eine Sanktion wegen Marktmissbrauchs gerichtet ist, wenn der Täter für dieselbe Tat bereits rechtskräftig strafrechtlich verurteilt wurde.

55.      Damit der in Art. 50 der Charta verankerte Grundsatz ne bis in idem zum Tragen kommt, müssen vier Bedingungen erfüllt sein: 1. Identität der verfolgten oder sanktionierten Person; 2. Identität des den Verfahrensgegenstand bildenden Sachverhalts (idem); 3. Duplizität der Sanktionsverfahren (bis); und 4. der endgültige Charakter einer der beiden Entscheidungen.

56.      Das vorlegende Gericht hegt weder Zweifel hinsichtlich der Identität der verfolgten Person noch hinsichtlich der Rechtskraft des Strafurteils. Nach den Angaben im Vorlagebeschluss und den übrigen von den Parteien zur Verfügung gestellten Informationen wurde Herr Ricucci doppelt verfolgt und doppelt bestraft, und zwar strafrechtlich und verwaltungsrechtlich. Wie schon erwähnt, wurde vom Tribunale di Roma (Gericht von Rom) mit Urteil vom 10. Dezember 2008, das am 11. September 2009 rechtskräftig wurde, eine Freiheitsstrafe(32) gegen ihn verhängt. Die verwaltungsrechtliche Sanktion (Geldbuße in Höhe von 10 200 000 Euro, die später um die Hälfte reduziert wurde) wurde von der Consob gegen ihn verhängt und ist derzeit Gegenstand eines Rechtsmittelverfahrens vor der Corte suprema di cassazione (Kassationshof), in dessen Verlauf die Vorlagefrage aufgeworfen worden ist.

57.      Die Zweifel des vorlegenden Gerichts konzentrieren sich folglich auf die beiden anderen Voraussetzungen des Grundsatzes ne bis in idem, d. h. die Identität des Sachverhalts (idem) und die Wiederholung von Verfahren (bis).

1.      Identität des Sachverhalts (idem)

58.      Wie ich in den Schlussanträgen Menci(33) ausführe, stimmen die Rechtsprechung des Gerichtshofs, insbesondere zu Art. 54 des Schengen-Abkommens, wie auch die Rechtsprechung des EGMR seit dem Urteil Zolotukhin/Russland(34) darin überein, dass das Doppelbestrafungsverbot auf denselben materiellen Sachverhalt (idem factum) abstellt, verstanden als Komplex unlösbar miteinander verbundener Tatsachen, unabhängig von ihrer rechtlichen Qualifizierung (idem crimen) oder vom geschützten rechtlichen Interesse.

59.      Die Anwendung von Art. 50 der Charta durch den Gerichtshof muss meiner Ansicht nach dieser Linie folgen. Im vorliegenden Fall erscheint es mir überflüssig, auf diesen Punkt weiter einzugehen(35), weil es kaum zweifelhaft sein kann, dass die Taten, für die Herr Ricucci zweimal bestraft wird, identisch sind. Von den Beteiligten, die Erklärungen abgegeben haben, ist dies nicht bestritten worden, und das vorlegende Gericht geht in seinem Vorlagebeschluss ebenfalls davon aus und bezieht sich ausdrücklich auf die Urteile Zolotukhin/Russland(36) und Grande Stevens u. a./Italien(37) des EGMR.

60.      Darüber hinaus führt, wie die Kommission in ihren schriftlichen Erklärungen anmerkt, die Anwendung des Kriteriums idem crimen statt idem factum im vorliegenden Fall zu demselben Ergebnis, weil das von Art. 187‑ter und Art. 185 TUF geschützte Rechtsgut dasselbe ist, nämlich die Integrität der Finanzmärkte.

2.      Wiederholung von Sanktionsverfahren (bis)

61.      Eine Verletzung von Art. 50 der Charta läge vor, wenn gegen dieselbe Person zusätzlich zur rechtskräftigen strafrechtlichen Verurteilung ein Sanktionsverfahren (wie die von der Consob eingeleiteten) durchgeführt würde, das in Sanktionen münden könnte, die trotz ihrer formell gesehen verwaltungsrechtlichen Natur in Wahrheit echte Strafen darstellen.

62.      Wie ich in den Schlussanträgen Menci(38) dargelegt habe, hat der Gerichtshof im Rahmen von Art. 50 der Charta die sogenannten Engel-Kriterien als Maßstab angewendet, um zu bestimmen, wann ein Verfahren oder eine Sanktion, die im Grundsatz verwaltungsrechtlichen Charakter haben, strafrechtlicher Natur ist(39).

63.      Das ersteEngel-Kriterium (die rechtliche Qualifizierung der Zuwiderhandlung im nationalen Recht) ist in diesem Fall kaum relevant, weil das italienische Recht die Verfahren und Sanktionen der Consob als verwaltungsrechtlich einstuft. Dies darf aber ihrer späteren Prüfung im Licht der beiden anderen Kriterien nicht entgegenstehen(40).

64.      Das zweite Engel-Kriterium stellt auf die Rechtsnatur der Zuwiderhandlung ab. Eine nominell verwaltungsrechtliche Zuwiderhandlung hat in Wirklichkeit strafrechtlichen Charakter, wenn eine Reihe von Faktoren vorliegen (u. a., dass ihre Ahndung repressiven und präventiven Zwecken dient und sich nicht auf den Ausgleich von Vermögensschäden beschränkt, und dass sie dem Schutz von Rechtsgütern dient, deren Schutz normalerweise durch strafrechtliche Bestimmungen sichergestellt wird), auf die ich in den Schlussanträgen Menci verwiesen habe(41).

65.      Unter Berücksichtigung der Natur des Verstoßes haben die von der Consob geahndeten verwaltungsrechtlichen Zuwiderhandlungen für das vorlegende Gericht nach dem zweiten Engel-Kriterium materiell betrachtet strafrechtlichen Charakter, womit ich übereinstimme. Die durch sie geschützten Rechtsgüter (Art. 187‑ter TUF) sind mit den durch die gleichlautenden Straftatbestände (Art. 185 TUF) geschützten Rechtsgütern identisch. Mit den einen wie den anderen sollen die Integrität der Finanzmärkte und das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Transaktionssicherheit geschützt werden. Die Übertragung der Sanktionsbefugnisse zur Bekämpfung dieser Art von Zuwiderhandlungen auf die Consob dient sowohl präventiven (Abschreckung potenzieller Täter von der Begehung rechtswidriger Marktmanipulationen) als auch repressiven (diejenigen, die diese Art von Taten begangen haben, zu bestrafen und Rückfälle zu vermeiden) Zwecken(42).

66.      Das dritte Engel-Kriterium betrifft die Art und die Schwere der Sanktion, die anhand der von mir auch in den Schlussanträgen Menci(43) angeführten Kriterien zu würdigen sind. Angesichts der Vielfalt der Sanktionen, die die Consob verhängen kann, und insbesondere angesichts der Höhe der Geldbußen (im vorliegenden Fall 10 200 000 Euro), die sie auferlegen kann, ist das vorlegende Gericht der Ansicht, dass es sich um eindeutig strafrechtlich geprägte Sanktionen handelt.

67.      Die Schwere der Sanktionen ist, wie auch das vorlegende Gericht anmerkt, anhand der Sanktion zu beurteilen, die der betroffenen Person a priori auferlegt werden kann, und nicht anhand der schließlich verhängten oder vollstreckten Sanktion: Eine mögliche spätere Ermäßigung der Strafe oder ihre Nichtverbüßung infolge einer Begnadigung (wie im vorliegenden Fall) wäre irrelevant(44).

68.      Die Anwendung der Engel-Kriterien auf den Ausgangsrechtsstreit obliegt dem vorlegenden Gericht, das am besten in der Lage ist, einzuschätzen, ob die zu beurteilende verwaltungsrechtliche Sanktion in Wahrheit Strafcharakter besitzt. Im vorliegenden Fall merkt das vorlegende Gericht an, dass die Verwaltungssanktion der Consob gegen Herrn Ricucci Strafcharakter habe.

69.      Der kohärenteste Schluss besteht nach dieser Prämisse darin, dass die italienische Regelung zum Marktmissbrauch eine doppelte Ahndung – verwaltungsrechtlich (aber materiell betrachtet strafrechtlich) und strafrechtlich – desselben rechtswidrigen Verhaltens gestattet, ohne einen klar erkennbaren prozessualen Mechanismus zur Vermeidung einer Doppelbeschuldigung und Doppelbestrafung des Täters vorzusehen. Insoweit liegt ein Verstoß gegen den in Art. 50 der Charta verankerten Grundsatz ne bis in idem vor.

70.      Gegen diese Schlussfolgerung sind zwei Einwände vorgebracht worden. Der erste bezieht sich darauf, dass zwischen dem verwaltungsrechtlichen Sanktionsverfahren und dem Strafverfahren ein hinreichend enger materieller und zeitlicher Zusammenhang im Sinne des Urteils A und B/Norwegen des EGMR(45) bestehe, weshalb ein Verstoß gegen Art. 50 der Charta nicht vorliege.

71.      Diesem Argument vermag ich aus Gründen, die ich in den Schlussanträgen Menci noch ausführlicher dargelegt habe, nicht zu folgen(46). Ich möchte erneut betonen, dass der Gerichtshof der engen Auslegung des in Art. 50 der Charta verankerten Grundsatzes ne bis in idem nicht folgen und es ablehnen sollte, sich der Änderung der Rechtsprechung des EGMR zu Art. 4 des Protokolls Nr. 7 anzuschließen. Vielmehr sollte er ein höheres Schutzniveau für diesen Grundsatz im Einklang mit der bisherigen Rechtsprechung zu Art. 50 der Charta aufrechterhalten(47).

72.      Der zweite Einwand ist, dass der „doppio binario sanzionatorio“ durch die Notwendigkeit gerechtfertigt sei, wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Sanktionen gegen Marktmissbrauch sicherzustellen. So verlange es Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 2003/6. Die italienische, die deutsche und die polnische Regierung haben ebenso wie die Consob in ihren mündlichen Erklärungen vorgetragen, diese Merkmale der Sanktionen gestatteten es, den Anwendungsbereich von Art. 50 der Charta einzuschränken, weil die doppelte (strafrechtliche und verwaltungsrechtliche) Ahndung einen wirksameren Kampf gegen Marktmissbrauch ermögliche.

73.      Wie die Kommission bin ich der Ansicht, dass das Erfordernis wirksamer Sanktionen keine Einschränkung des in Art. 50 der Charta verankerten Grundsatzes ne bis in idem darstellt. Die Pflicht zur Anwendung wirksamer, verhältnismäßiger und abschreckender Sanktionen obliegt den Mitgliedstaaten allgemein und unabhängig davon, ob sie zur Ahndung von Marktmissbrauch ein zweigleisiges (strafrechtliches und verwaltungsrechtliches) oder ein eingleisiges (strafrechtliches) System verwenden. Die Sanktionsregelung muss unabhängig von dem gewählten Mechanismus wirksam sein und in jedem Fall den in Art. 50 der Charta verankerten Grundsatz ne bis in idem achten.

74.      Wie ich in den Schlussanträgen Menci ausgeführt habe(48), lässt nur die horizontale Klausel des Art. 52 Abs. 1 der Charta die Überlegung zu, ob die Wirksamkeit der Sanktionen gegen Marktmissbrauch als „dem Gemeinwohl dienende Zielsetzung“ angesehen werden kann, die Ausnahmen von Art. 50 der Charta rechtfertigen kann(49).

75.      Nach der horizontalen Klausel des Art. 52 Abs. 1 Satz 1 der Charta muss eine Einschränkung des Grundsatzes ne bis in idem gesetzlich vorgesehen sein und seinen Wesensgehalt achten. Gemäß Satz 2 desselben Absatzes dürfen Einschränkungen des Grundsatzes ne bis in idem unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit nur vorgenommen werden, wenn sie erforderlich sind und den von der Union anerkannten dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzungen oder den Erfordernissen des Schutzes der Rechte und Freiheiten anderer tatsächlich entsprechen(50).

76.      Die erste und die zweite der vier unabdingbaren Voraussetzungen für die Einschränkung des Grundrechts würden im vorliegenden Fall keine besonderen Schwierigkeiten aufweisen. Das nationale Recht würde die Doppelbeschuldigung decken, die wiederum einer vom Recht der Union anerkannten, dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzung entspräche (nämlich dem Schutz der Integrität der Finanzmärkte).

77.      Ich habe jedoch Zweifel, ob unter diesen Umständen der Wesensgehalt des Rechts, wegen derselben Straftat nicht zweimal strafrechtlich verfolgt oder bestraft zu werden, beachtet wird. Jedenfalls aber erscheint mir, und dies ist der entscheidende Punkt, die soeben untersuchte Einschränkung nicht im Sinne von Art. 52 Abs. 1 der Charta erforderlich.

78.      Dass die Regelungen der Mitgliedstaaten zu diesem Aspekt unterschiedliche Lösungen vorsehen, zeigt meines Erachtens bereits, dass diese Einschränkung nicht erforderlich ist. Wäre sie wirklich im Sinne von Art. 52 Abs. 1 der Charta unabdingbar, wäre sie dies für alle und nicht nur für einige dieser Mitgliedstaaten. Es gibt Mitgliedstaaten, die eingleisige Systeme zur Ahndung von Marktmissbrauch eingeführt haben, und andere, die ein zweigleisiges System beibehalten haben, aber prozessuale Mechanismen (wie die „aiguillage“ in Frankreich) eingerichtet haben, die eine Kumulierung von Sanktionen verhindern(51).

79.      Die abschreckende Wirkung einer Sanktion hängt von ihrer Schwere ab: Freiheitsstrafen (also die für Straftaten vorgesehenen Sanktionen) sind zweifellos abschreckender als Geldbußen (die für den Verwaltungsbereich charakteristisch sind). Ein System, in dem Geldbußen für weniger schwere mit Freiheitsstrafen für schwerere Verstöße kombiniert werden, ohne dass es zu einer Doppelbestrafung kommt, entspricht dem Ziel, einem Anstieg derartiger Fälle von Marktmissbrauch entgegenzuwirken.

80.      Was die Wirksamkeit anbelangt, ist mir nicht ersichtlich, weshalb die Verwaltungsbehörden bei materiell betrachtet strafrechtlichen Sanktionen, die folglich den im Strafrecht geltenden Garantien unterliegen, zwingend schneller handeln sollten als die Gerichte. Es ist Sache der Mitgliedstaaten, die geeigneten (gesetzgeberischen, verwaltungsrechtlichen und die Rechtsprechung betreffenden) Maßnahmen zu ergreifen, um Marktmissbrauch zu bekämpfen, wobei sie deren Wirksamkeit mit der Achtung der in der Charta garantierten Rechte in Einklang bringen müssen.

81.      Im Ergebnis ist, wenn die Verwaltungssanktion materiell betrachtet Strafcharakter hat, bei einer doppelten (verwaltungsrechtlichen und strafrechtlichen) Ahndung derselben rechtswidrigen Handlungen des Marktmissbrauchs, ohne dass ein verfahrensrechtlicher Mechanismus vorgesehen ist, um eine Doppelbestrafung zu vermeiden, die Wahrung des in Art. 50 der Charta verankerten Grundsatzes ne bis in idem nicht gewährleistet.

C.      Zweite Vorlagefrage

82.      Das vorlegende Gericht möchte wissen, ob Art. 50 der Charta in Fällen wie diesem unmittelbar anwendbar ist und den Bürgern Rechte gewährt, die die nationalen Gerichte wahren müssen.

83.      Die Antwort auf diese Frage lässt sich ohne Schwierigkeiten aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs ableiten. Art. 50 der Charta ist eine klare, präzise und unbedingte Bestimmung, die jedermann unmittelbar das Recht gibt, nicht zweimal wegen derselben Tat vor Gericht gestellt oder bestraft zu werden. Die Beteiligten können sich selbstverständlich vor den nationalen Gerichten unmittelbar auf sie berufen, und die Gerichte sind zu ihrer Achtung verpflichtet.

84.      Darüber hinaus gehört Art. 50 der Charta gemäß Art. 6 EUV zum Primärrecht der Union und genießt als solches Vorrang vor dem abgeleiteten Unionsrecht und vor den Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten.

85.      Im Fall eines Widerspruchs zwischen dem innerstaatlichen Recht und den in der Charta garantierten Rechten ist das nationale Gericht, das im Rahmen seiner Zuständigkeit die unionsrechtlichen Bestimmungen anzuwenden hat, gehalten, für die volle Wirksamkeit dieser Normen Sorge zu tragen. Erforderlichenfalls muss es aus eigener Initiative jede entgegenstehende Bestimmung des nationalen Rechts unangewendet lassen, ohne dass es die vorherige Aufhebung dieser Bestimmung durch den Gesetzgeber oder durch irgendein anderes verfassungsrechtliches Verfahren betreiben oder abwarten müsste(52).

86.      Mit den in der Natur des Unionsrechts liegenden Erfordernissen wäre nämlich jede Bestimmung einer nationalen Rechtsordnung oder jede Gesetzgebungs-, Verwaltungs- oder Gerichtspraxis unvereinbar, die dadurch zu einer Schwächung der Wirksamkeit des Unionsrechts führen würde, dass dem für dessen Anwendung zuständigen Gericht die Befugnis abgesprochen wird, bereits zum Zeitpunkt dieser Anwendung alles Erforderliche zu tun, um von innerstaatlichen Rechtsvorschriften abzuweichen, die unter Umständen ein Hindernis für die volle Wirksamkeit der Unionsnormen bilden(53).

87.      Im Fall von Vorschriften, die mit dem in Art. 50 der Charta verankerten Grundsatz ne bis in idem unvereinbar sind, sind die nationalen Gerichte oder die zuständigen Verwaltungsbehörden daher verpflichtet, laufende Verfahren ohne negative Folgen für den Betroffenen, der bereits in einem anderen Strafverfahren oder Verwaltungsverfahren mit Strafcharakter verfolgt oder bestraft worden ist, einzustellen.

IV.    Ergebnis

88.      Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, auf die von der Corte suprema di cassazione (Kassationshof, Italien) vorgelegten Fragen wie folgt zu antworten:

1.      Art. 50 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union steht einer doppelten (verwaltungsrechtlichen und strafrechtlichen) Ahndung desselben rechtswidrigen Verhaltens (Marktmissbrauch) entgegen, wenn die nach nationalem Recht anzuwendende verwaltungsrechtliche Sanktion materiell betrachtet Strafcharakter hat und eine Wiederholung des Verfahrens gegen dieselbe Person wegen derselben Tat nicht durch einen entsprechenden verfahrensrechtlichen Mechanismus verhindert wird.

2.      Ein Betroffener kann sich vor einem nationalen Gericht unmittelbar auf Art. 50 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union berufen, wobei das Gericht verpflichtet ist, die volle Wirksamkeit des Grundsatzes ne bis in idem zu gewährleisten, und zu diesem Zweck erforderlichenfalls aus eigener Initiative jede entgegenstehende Bestimmung des nationalen Rechts unangewendet lassen muss.


1      Originalsprache: Spanisch.


2      Rechtssache C‑524/15 (im Folgenden: Schlussanträge Menci).


3      Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2003 über Insider-Geschäfte und Marktmanipulation (Marktmissbrauch) (ABl. 2003, L 96, S. 16).


4      Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über Marktmissbrauch (Marktmissbrauchsverordnung) und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und der Richtlinien 2003/124/EG, 2003/125/EG und 2004/72/EG der Kommission (ABl. 2014, L 173, S. 1). Die Verordnung Nr. 596/2014 ersetzt die Richtlinie 2003/6 seit dem 3. Juli 2016.


5      Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über strafrechtliche Sanktionen bei Marktmanipulation (Marktmissbrauchsrichtlinie) (ABl. 2014, L 173, S. 179).


6      In zeitlicher Hinsicht sind weder die Verordnung Nr. 596/2014 noch die Richtlinie 2014/57 auf den vorliegenden Fall anwendbar, da der Sachverhalt auf das Jahr 2005 zurückgeht.


7      Eingeführt durch die Legge 18 aprile 2005, n. 62, Disposizioni per l’adempimento di obblighi derivanti dall’appartenenza dell’Italia alle Comunità europee, legge comunitaria 2004 (Gesetz Nr. 62 vom 18. April 2005, Vorschriften zur Erfüllung von Verpflichtungen, die sich aus der Zugehörigkeit Italiens zu den Europäischen Gemeinschaften ergeben, Gemeinschaftsgesetz 2004).


8      Dem Vorlagebeschluss zufolge wurde Herrn Ricucci in Anklagepunkt g des auf der Grundlage einer Verfahrensabsprache ergangenen Urteils vorgeworfen, als Vorsitzender des Verwaltungsrats der Magiste International SA und als Geschäftsführer der Garlsson Real Estate SA „falsche Informationen verbreitet zu haben, die konkret geeignet waren, erheblichen Einfluss auf den Kurs der Wertpapiere der RCS Mediagroup zu nehmen“, und zwar durch genauer beschriebene Verhaltensweisen, die im Wesentlichen denen der verwaltungsrechtlichen Zuwiderhandlung entsprechen, wobei die von der verwaltungsrechtlichen Sanktion betroffene Person mit der von der strafrechtlichen Sanktion betroffenen Person identisch ist.


9      Es handelte sich um folgende Nebenstrafen: a) Verbot der Leitung von juristischen Personen und Unternehmen für drei Jahre; b) Ausschluss von öffentlichen Aufträgen für drei Jahre, außer zur Erlangung eines Auftrags zur Erbringung einer Gemeinwohldienstleistung; c) Verbot der Ausübung von Tätigkeiten der Vertretung und Hilfe in steuerlichen Angelegenheiten für drei Jahre; d) dauerhaftes Verbot der Tätigkeit als Mitglied einer Commissione tributaria (Finanzgericht); e) Veröffentlichung des Urteils in zwei überregionalen Zeitungen; f) Verbot der Wahrnehmung öffentlicher Ämter für drei Jahre.


10      Ihrer Ansicht nach hätte das vorlegende Gericht das Verhältnis zwischen dem sich aus der EMRK ergebenden Grundsatz ne bis in idem in der Auslegung durch den EGMR und dem Grundsatz ne bis in idem im Bereich des Marktmissbrauchs, wie er sich aus dem System der Europäischen Union ergebe, klären und zudem erläutern müssen, ob der letztgenannte Grundsatz im Einklang mit dem Unionsrecht in der innerstaatlichen Rechtsordnung eines Mitgliedstaats unmittelbar gelte.


11      Rechtssache C‑617/10, EU:C:2013:105.


12      Urteil vom 26. Februar 2013, Åkerberg Fransson (C‑617/10, EU:C:2013:105, Rn. 18 bis 22).


13      So setzen in Italien die steuerrechtlichen und strafrechtlichen Sanktionen, die wegen Nichtzahlung von Einkommensteuer verhängt werden, nicht die Anwendung von Unionsrecht im Sinne von Art. 51 Abs. 1 der Charta voraus. Aus diesem Grund erklärte sich der Gerichtshof im Beschluss vom 15. April 2015, Burzio (C‑497/14, EU:C:2015:251), für die Entscheidung über ein Vorabentscheidungsersuchen für unzuständig.


14      Auch die Verordnung Nr. 596/2014 und die Richtlinie 2014/57, die erst nach Begehung der sanktionierten Taten (2005) in Kraft getreten und daher auf diesen Fall nicht anwendbar sind, verpflichten die Mitgliedstaaten nicht dazu, zur Bekämpfung von Marktmissbrauch ein zweigleisiges System einzuführen.


15      Urteile vom 23. Dezember 2009, Spector Photo Group und Van Raemdock (C‑45/08, EU:C:2009:806, Rn. 47), vom 7. Juli 2011, IMC Securities (C‑445/09, EU:C:2011:459, Rn. 27), vom 28. Juni 2012, Geltl (C‑19/11, EU:C:2012:397, Rn. 33), und vom 11. März 2015, Lafonta (C‑628/13,EU:C:2015:162, Rn. 21).


16      Vgl. 38. Erwägungsgrund der Richtlinie 2003/6, angeführt in Nr. 6.


17      Urteil vom 23. Dezember 2009, Spector Photo Group und Van Raemdock (C‑45/08, EU:C:2009:806, Rn. 42).


18      Dazu gehören die folgenden Maßnahmen: Entzug oder Aussetzung der Zulassung einer Wertpapierfirma; vorübergehendes oder dauerhaftes Verbot, in Wertpapierfirmen Führungsaufgaben wahrzunehmen; vorübergehendes Verbot, Eigengeschäfte zu tätigen; maximale verwaltungsrechtliche finanzielle Sanktionen, die mindestens bis zur dreifachen Höhe der durch die Verstöße erzielten Gewinne oder vermiedenen Verluste gehen können, sofern diese sich beziffern lassen. Die verwaltungsrechtlichen finanziellen Sanktionen können bei natürlichen Personen mindestens bis zu 5 Mio. Euro und bei juristischen Personen mindestens bis zu 15 Mio. Euro betragen. Nach Art. 31 Abs. 3 können die Mitgliedstaaten diese verwaltungsrechtlichen Sanktionen noch erhöhen.


19      U. a. EGMR, Urteile vom 4. März 2014, Grande Stevens u. a./Italien (CE:ECHR:2014:0304JUD001864010, § 98), und vom 11. September 2009, Dubus S.A./Frankreich (CE:ECHR:2009:0611JUD000524204).


20      Urteil vom 5. Juni 2012, Bonda (C‑489/10, EU:C:2012:319).


21      Urteil vom 26. Februar 2013, Åkerberg Fransson (C‑617/10, EU:C:2013:105).


22      Urteil vom 23. Dezember 2009 (C‑45/08, EU:C:2009:806, Rn. 42).


23      Wendet ein Mitgliedstaat das System verwaltungsrechtlicher Sanktionen der Verordnung nicht an und ahndet Marktmissbrauch nur strafrechtlich, so entstehen offenkundig keine Fälle (wie der vorliegende) einer Kumulierung von Verwaltungs- und Strafverfahren, so dass der Grundsatz aus Art. 50 der Charta beachtet wird.


24      Siehe Nr. 15 der vorliegenden Schlussanträge.


25      Es gibt verschiedene nationale Rechtsordnungen, in denen so etwas eingeführt worden ist, einschließlich Gesetzesänderungen zur Anpassung der alten Vorschriften. So z. B. in Frankreich, wo in der Loi n° 2016‑819 du 21 juin 2016 réformant le système de répression des abus de marché (JORF Nr. 144 vom 22. Juni 2016) die Ahndung von Marktmissbrauch im Verwaltungsverfahren und im Strafverfahren beibehalten, aber ein verfahrensrechtlicher Mechanismus festgelegt wird, um eine Kumulierung der Verfahren zu vermeiden. Zu diesem Zweck ist ein „aiguillage procédural“ (prozessuale Weichenstellung) zwischen der Autorité des marchés financiers (Wertpapiermarktkommission) und dem Parquet national financier (Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Wirtschaftskriminalität) vorgesehen, die die Eröffnung von zwei Verfahren wegen derselben Taten verhindert. Vgl. die Analyse von Conac, P.‑H., „La loi du 21 juillet 2016 réformant le système de répression des abus de marché“, Bull. Joly Bourse, Nrn. 7 und 8, Juli 2016, S. 323, und von Vreulx, Q., „La consécration du principe ne bis in idem par la loi du 21 juin 2016 portant réforme du système de répression des abus de marché“, Revue internationale des services financiers/International Journal for Financial Services, 2015, Nr. 1, S. 36.


26      Rechtssache C‑617/10, EU:C:2013:105.


27      Schlussanträge Menci, Nrn. 27 bis 34.


28      Ebd., Nrn. 35 bis 56.


29      CE:ECHR:2016:1115JUD002413011.


30      Nrn. 57 bis 77 der Schlussanträge Menci.


31      Ebd., Nrn. 78 bis 94.


32      Die Freiheitsstrafe betrug vier Jahre und sechs Monate (später wegen der gewählten Verfahrensart auf drei Jahre verkürzt und sodann infolge einer Begnadigung aufgehoben); hinzu kamen weitere, noch fortwirkende Nebenstrafen.


33      Nrn. 100 bis 109.


34      EGMR, Urteil vom 10. Februar 2009, CE:ECHR:2009:0210JUD001493903.


35      Theoretisch könnte man die Frage aufwerfen, ob es, wenn man als Kriterium die Identität des geschützten Rechtsguts heranzöge, zu einer ungerechtfertigten Einschränkung des Anwendungsbereichs von Art. 50 der Charta käme, so dass dieser einen geringeren Schutz böte als Art. 4 des Protokolls Nr. 7, was mit dem Auftrag aus Art. 53 der Charta unvereinbar wäre. Diese Einschränkung beträfe sowohl Fälle, in denen Art. 50 in einem einzelnen Mitgliedstaat angewandt würde, als auch länderübergreifende Fälle, auf die die Kommission in der mündlichen Verhandlung Bezug genommen hat. Jedenfalls ist eine weiter gehende Vertiefung dieses Problems hier nicht geboten, da es, wie schon gesagt, den vorliegenden Fall nicht betrifft.


36      EGMR, Urteil vom 10. Februar 2009, CE:ECHR:2009:0210JUD001493903.


37      EGMR, Urteil vom 4. März 2014 (CE:ECHR:2014:0304JUD001864010, §§ 219 bis 228). In diesem Urteil hat der EGMR in einem Fall der doppelten (verwaltungsrechtlichen und strafrechtlichen) Ahndung von Marktmissbrauch nach den Art. 187‑ter und 185 TUF, dem ein ähnlicher Sachverhalt wie dem vorliegenden Fall zugrunde lag, festgestellt, dass eine Identität der Taten bestand.


38      Nr. 31.


39      Urteile vom 26. Februar 2013, Åkerberg Fransson (C‑617/10, EU:C:2013:105, Rn. 35), und vom 5. Juni 2012, Bonda (C‑489/10, EU:C:2012:319, Rn. 37).


40      Schlussanträge Menci, Nrn. 46 und 111.


41      Ebd., Nrn. 47 und 112 bis 115.


42      In diesem Sinne EGMR, Urteil vom 4. März 2014, Grande Stevens u. a./Italien (CE:ECHR:2014:0304JUD001864010, § 96).


43      Nrn. 48 und 119.


44      EGMR, Urteil vom 4. März 2014, Grande Stevens u. a./Italien (CE:ECHR:2014:0304JUD001864010, §§ 97 und 98).


45      CE:ECHR:2016:1115JUD002413011.


46      Nrn. 63 bis 73.


47      Würde der Gerichtshof sich dafür entscheiden, Art. 50 der Charta in Einklang mit dem Urteil A und B/Norwegen des EGMR auszulegen, so müsste das nationale Gericht prüfen, ob im Fall von Herrn Ricucci ein hinreichend enger materieller und zeitlicher Zusammenhang zwischen dem Strafverfahren und dem verwaltungsrechtlichen Sanktionsverfahren besteht. Die italienische Regierung und die Consob vertraten in der mündlichen Verhandlung die Ansicht, dass ein solcher Zusammenhang bestehe; die Angaben im Vorlagebeschluss lassen aber zumindest im Hinblick auf den zeitlichen Zusammenhang Zweifel aufkommen.


48      Nrn. 78 bis 93.


49      Vgl. Urteil vom 27. Mai 2014, Spasic (C‑129/14 PPU, EU:C:2014:586, Rn. 55).


50      Ebd., Rn. 56.


51      Vgl. die umfassende rechtsvergleichende Studie mehrerer Autoren in der Sonderausgabe der Revue internationale des services financiers/International Journal for Financial Services, 2015, Nr. 1, sowie Lecocq, A., „Principe non bis in idem: vers l’esquisse d’une standardisation de l’Una Via procédural: expériences belges et françaises“, Tijdschrift voor rechtspersoon en vennootschap/Revue pratique des sociétés 2016, Nr. 6, S. 645 bis 668; Club des juristes, Poursuite et sanction des abus de marché: le droit français à l’épreuve des textes communautaires et des jurisprudences récentes (CEDH, CJUE, Conseil constitutionnel), Mai 2015, www.leclubdesjuristes.com/les-commissions/rapport-poursuite-et-sanction-des-abus-de-marche/.


52      Urteile vom 9. März 1978, Simmenthal (106/77, EU:C:1978:49, Rn. 21 und 24), vom 19. November 2009, Filipiak (C‑314/08, EU:C:2009:719, Rn. 81), vom 22. Juni 2010, Melki und Abdeli (C‑188/10 und C‑189/10, EU:C:2010:363, Rn. 43), und vom 26. Februar 2013, Åkerberg Fransson (C‑617/10, EU:C:2013:105, Rn. 45).


53      Urteile vom 22. Juni 2010, Melki und Abdeli (C‑188/10 und C‑189/10, EU:C:2010:363, Rn. 44), und vom 26. Februar 2013, Åkerberg Fransson (C‑617/10, EU:C:2013:105, Rn. 46).