Language of document : ECLI:EU:C:2012:641

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Sechste Kammer)

18. Oktober 2012(*)

„Rechtsmittel – Gemeinschaftsgeschmacksmuster – Verordnung (EG) Nr. 6/2002 – Art. 6, Art. 25 Abs. 1 Buchst. b und e sowie Art. 61 – Eingetragenes Gemeinschaftsgeschmacksmuster, das eine sitzende Figur darstellt – Ältere Gemeinschaftsbildmarke – Unterschiedlicher Gesamteindruck – Grad der Gestaltungsfreiheit des Entwerfers – Informierter Benutzer – Umfang der gerichtlichen Nachprüfung –Begründungsmangel“

In den verbundenen Rechtssachen C‑101/11 P und C‑102/11 P

betreffend zwei Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 28. Februar 2011,

Herbert Neuman,

Andoni Galdeano del Sel,

wohnhaft in Tarifa (Spanien), Prozessbevollmächtigte: S. Míguez Pereira, abogada,

Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM), vertreten durch J. Crespo Carrillo und A. Folliard-Monguiral als Bevollmächtigte,

Rechtsmittelführer,

andere Verfahrensbeteiligte:

José Manuel Baena Grupo, SA mit Sitz in Barcelona (Spanien), Prozessbevollmächtigter: A. Canela Giménez, abogado,

Klägerin im ersten Rechtszug,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)

unter Mitwirkung des Richters U. Lõhmus (Berichterstatter) in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Sechsten Kammer sowie der Richter A. Arabadjiev und C. G. Fernlund,

Generalanwalt: P. Mengozzi,

Kanzler: A. Calot Escobar,

folgendes

Urteil

1        Mit ihren Rechtsmitteln beantragen Herr Neuman und Herr Galdeano del Sel einerseits und das Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) andererseits (im Folgenden zusammen: Rechtsmittelführer) die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 16. Dezember 2010, Baena Grupo/HABM – Neuman und Galdeano del Sel (Sitzende Figur), T‑513/09 (im Folgenden: angefochtenes Urteil), mit dem der Klage der José Manuel Baena Grupo, SA (im Folgenden: Baena Grupo) auf Aufhebung der Entscheidung der Dritten Beschwerdekammer des HABM vom 14. Oktober 2009 (Sache R 1323/2008‑3) zu einem Nichtigkeitsverfahren zwischen Herrn Neuman und Herrn Galdeano del Sel auf der einen Seite und Baena Grupo auf der anderen Seite (im Folgenden: streitige Entscheidung) stattgegeben wurde.

 Rechtlicher Rahmen

2        Der 14. Erwägungsgrund der Verordnung (EG) Nr. 6/2002 des Rates vom 12. Dezember 2001 über das Gemeinschaftsgeschmacksmuster (ABl. 2002, L 3, S. 1) lautet:

„Ob ein Geschmacksmuster Eigenart besitzt, sollte danach beurteilt werden, inwieweit sich der Gesamteindruck, den der Anblick des Geschmacksmusters beim informierten Benutzer hervorruft, deutlich von dem unterscheidet, den der vorbestehende Formschatz bei ihm hervorruft, und zwar unter Berücksichtigung der Art des Erzeugnisses, bei dem das Geschmacksmuster benutzt wird oder in das es aufgenommen wird, und insbesondere des jeweiligen Industriezweigs und des Grades der Gestaltungsfreiheit des Entwerfers bei der Entwicklung des Geschmacksmusters.“

3        Art. 4 Abs. 1 der genannten Verordnung bestimmt:

„Ein Geschmacksmuster wird durch ein Gemeinschaftsgeschmacksmuster geschützt, soweit es neu ist und Eigenart hat.“

4        In Art. 5 dieser Verordnung heißt es:

„(1)      Ein Geschmacksmuster gilt als neu, wenn der Öffentlichkeit:

a)      im Fall nicht eingetragener Gemeinschaftsgeschmacksmuster vor dem Tag, an dem das Geschmacksmuster, das geschützt werden soll, erstmals der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird,

b)      im Fall eingetragener Gemeinschaftsgeschmacksmuster vor dem Tag der Anmeldung zur Eintragung des Geschmacksmusters, das geschützt werden soll, oder, wenn eine Priorität in Anspruch genommen wird, vor dem Prioritätstag,

kein identisches Geschmacksmuster zugänglich gemacht worden ist.

(2)      Geschmacksmuster gelten als identisch, wenn sich ihre Merkmale nur in unwesentlichen Einzelheiten unterscheiden.“

5        Art. 6 der Verordnung sieht vor:

„(1)      Ein Geschmacksmuster hat Eigenart, wenn sich der Gesamteindruck, den es beim informierten Benutzer hervorruft, von dem Gesamteindruck unterscheidet, den ein anderes Geschmacksmuster bei diesem Benutzer hervorruft, das der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden ist, und zwar:

a)      im Fall nicht eingetragener Gemeinschaftsgeschmacksmuster vor dem Tag, an dem das Geschmacksmuster, das geschützt werden soll, erstmals der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird,

b)      im Fall eingetragener Gemeinschaftsgeschmacksmuster vor dem Tag der Anmeldung zur Eintragung oder, wenn eine Priorität in Anspruch genommen wird, vor dem Prioritätstag.

(2)      Bei der Beurteilung der Eigenart wird der Grad der Gestaltungsfreiheit des Entwerfers bei der Entwicklung des Geschmacksmusters berücksichtigt.“

6        Art. 7 Abs. 1 und 2 der Verordnung Nr. 6/2002 lautet:

„(1)      Im Sinne der Artikel 5 und 6 gilt ein Geschmacksmuster als der Öffentlichkeit zugänglich gemacht, wenn es nach der Eintragung oder auf andere Weise bekannt gemacht, oder wenn es ausgestellt, im Verkehr verwendet oder auf sonstige Weise offenbart wurde, und zwar vor dem in Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe a) und Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe a) beziehungsweise in Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe b) und Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe b) genannten Zeitpunkt, es sei denn, dass dies den in der Gemeinschaft tätigen Fachkreisen des betreffenden Wirtschaftszweigs im normalen Geschäftsverlauf nicht bekannt sein konnte. Ein Geschmacksmuster gilt jedoch nicht als der Öffentlichkeit zugänglich gemacht, wenn es lediglich einem Dritten unter der ausdrücklichen oder stillschweigenden Bedingung der Vertraulichkeit offenbart wurde.

(2)      Eine Offenbarung bleibt bei der Anwendung der Artikel 5 und 6 unberücksichtigt, wenn ein Geschmacksmuster, das als eingetragenes Gemeinschaftsgeschmacksmuster geschützt werden soll, der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden ist:

a)      durch den Entwerfer oder seinen Rechtsnachfolger oder durch einen Dritten als Folge von Informationen oder Handlungen des Entwerfers oder seines Rechtsnachfolgers, und

b)      während der zwölf Monate vor dem Anmeldetag oder, wenn eine Priorität in Anspruch genommen wird, vor dem Prioritätstag.“

7        Art. 25 („Nichtigkeitsgründe“) der Verordnung bestimmt in Abs. 1 Buchst. b und e und Abs. 3:

„(1)      Ein Gemeinschaftsgeschmacksmuster kann nur dann für nichtig erklärt werden:

b)      wenn es die Voraussetzungen der Artikel 4 bis 9 nicht erfüllt,

e)      wenn in einem jüngeren Geschmacksmuster ein Zeichen mit Unterscheidungskraft verwendet wird und das Gemeinschaftsrecht oder das nationale Recht des Mitgliedstaats, dem das Zeichen unterliegt, den Rechtsinhaber dazu berechtigen, diese Verwendung zu untersagen,

(3)      Die Nichtigkeitsgründe gemäß Absatz 1 Buchstabe[n] d), e) und f) kann nur der Anmelder oder Inhaber des älteren Rechts geltend machen.

…“

8        Art. 61 Abs. 1 bis 3 der Verordnung lautet:

„(1)      Die von den Beschwerdekammern getroffenen Entscheidungen sind mit der Klage beim Gerichtshof anfechtbar.

(2)      Die Klage kann auf die Behauptung der Unzuständigkeit, der Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften, der Verletzung des Vertrages, dieser Verordnung und einer bei ihrer Durchführung anzuwendenden Rechtsnorm oder auf Ermessensmissbrauch gestützt werden.

(3)      Der Gerichtshof kann die angefochtene Entscheidung aufheben oder abändern.“

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

9        Baena Grupo ist Inhaber des nachstehend abgebildeten Gemeinschaftsgeschmacksmusters Nr. 426895‑0002 (im Folgenden: angegriffenes Geschmacksmuster):

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10      Es wurde am 7. November 2005 angemeldet und am 27. Dezember 2005 für folgende Waren der Klasse 99‑00 des Abkommens von Locarno zur Errichtung einer Internationalen Klassifikation für gewerbliche Muster und Modelle vom 8. Oktober 1968 in geänderter Fassung (im Folgenden: Abkommen von Locarno) eingetragen und veröffentlicht: „Verzierung für T‑Shirts, Verzierung für Schirmmützen, Verzierung für Aufkleber, Verzierung für Drucksachen einschließlich Reklamematerial“.

11      Am 18. Februar 2008 beantragten Herr Neuman und Herr Galdeano del Sel beim HABM nach Art. 25 Abs. 1 Buchst. b und e der Verordnung Nr. 6/2002 die Nichtigerklärung dieses Geschmacksmusters. In ihrem Antrag auf Nichtigerklärung machten sie geltend, dass zum einen das angegriffene Geschmacksmuster nicht neu sei und keine Eigenart im Sinne von Art. 4 in Verbindung mit den Art. 5 und 6 der Verordnung habe und dass zum anderen darin ein Zeichen mit Unterscheidungskraft im Sinne von Art. 25 Abs. 1 Buchst. e der Verordnung verwendet werde.

12      Herr Neuman und Herr Galdeano del Sel stützten ihren Nichtigkeitsantrag auf die nachstehend abgebildete ältere Gemeinschaftsbildmarke Nr. 1312651 (im Folgenden: ältere Marke):

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13      Diese Marke wurde am 7. November 2000 für folgende Waren der Klassen 25, 28 und 32 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung (im Folgenden: Abkommen von Nizza) angemeldet:

–        Klasse 25: „Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen“;

–        Klasse 28: „Spiele, Spielzeug; Turn- und Sportartikel“;

–        Klasse 32: „Biere; Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke; Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken“.

14      Mit Entscheidung vom 15. Juli 2008 gab die Nichtigkeitsabteilung des HABM dem Antrag auf Nichtigerklärung des angegriffenen Geschmacksmusters nach Art. 25 Abs. 1 Buchst. e der Verordnung Nr. 6/2002 statt.

15      Am 16. September 2008 legte Baena Grupo beim HABM nach den Art. 55 bis 60 der Verordnung Nr. 6/2002 Beschwerde gegen die Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung ein.

16      Mit der streitigen Entscheidung stellte die Dritte Beschwerdekammer des HABM (im Folgenden: Beschwerdekammer) fest, dass die Nichtigkeitsabteilung zu Unrecht davon ausgegangen sei, dass die ältere Marke im angegriffenen Geschmacksmuster verwendet werde. Allerdings war sie der Auffassung, dass das Geschmacksmuster keine Eigenart habe, weil es beim informierten Benutzer, also bei Jugendlichen oder Kindern, die gewöhnlich T‑Shirts, Schirmmützen und Aufkleber kauften, oder bei Benutzern von Drucksachen keinen Gesamteindruck hervorrufe, der sich von dem durch die ältere Marke hervorgerufenen Gesamteindruck unterscheide. Daher bestätigte die Beschwerdekammer gemäß Art. 60 Abs. 1 der Verordnung Nr. 6/2002 die Nichtigkeit des angegriffenen Geschmacksmusters, jedoch auf der Grundlage von Art. 25 Abs. 1 Buchst. b in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 der Verordnung.

 Verfahren vor dem Gericht und angefochtenes Urteil

17      Mit Klageschrift, die am 22. Dezember 2009 bei der Kanzlei des Gerichts einging, erhob Baena Grupo eine Klage mit dem Antrag, die streitige Entscheidung aufzuheben. Sie stützte ihre Klage auf einen einzigen Klagegrund, nämlich auf eine Verletzung von Art. 6 der Verordnung Nr. 6/2002. Sie machte geltend, dass zwischen der älteren Marke und dem angegriffenen Geschmacksmuster derart große Unterschiede bestünden, dass jede der Figuren beim informierten Benutzer einen anderen Gesamteindruck hervorrufe.

18      Das Gericht hat die streitige Entscheidung mit dem angefochtenen Urteil aufgehoben.

19      Es ist zunächst in Randnr. 20 des angefochtenen Urteils davon ausgegangen, dass der Gesamteindruck, der beim informierten Benutzer durch das angegriffene Geschmacksmuster hervorgerufen werde, mit dem Gesamteindruck zu vergleichen sei, der bei ihm durch die ältere Marke, ein offenbartes Geschmacksmuster, hervorgerufen werde.

20      In den Randnrn. 21 und 22 des angefochtenen Urteils hat das Gericht ausgeführt, dass der durch die beiden fraglichen Figuren beim informierten Benutzer jeweils hervorgerufene Gesamteindruck weitgehend durch den Gesichtsausdruck der jeweiligen Figur bestimmt werde. Das Gericht hat darauf hingewiesen, dass der unterschiedliche Gesichtsausdruck der beiden Figuren ein wesentliches Merkmal darstelle, das der informierte Benutzer, wie ihn die Beschwerdekammer zutreffend definiert habe, im Gedächtnis behalte.

21      Weiter hat das Gericht in Randnr. 23 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass dieser Ausdruck in Verbindung mit dem nach vorn geneigten Körper, der den Eindruck einer gewissen Gereiztheit vermittle, beim informierten Benutzer dazu führe, dass er das „ältere Geschmacksmuster“ für eine verärgerte Figur halte. Dagegen zeichne sich der Gesamteindruck des angegriffenen Geschmacksmusters weder aufgrund des Gesichtsausdrucks noch aufgrund des nach hinten geneigten Körpers durch einen Gefühlsausdruck aus.

22      In diesem Zusammenhang hat das Gericht in Randnr. 24 des angefochtenen Urteils ausgeführt, dass „[d]er unterschiedliche Gesichtsausdruck … für Jugendliche, die T‑Shirts oder Schirmmützen kaufen, eindeutig sein [wird]. Noch wichtiger wird er für Kinder sein, die Aufkleber zur individuellen Gestaltung von Gegenständen verwenden und noch stärker dazu neigen, den Gefühlausdrücken jeder Figur auf einem Aufkleber besondere Aufmerksamkeit zu schenken.“

23      Schließlich hat das Gericht in Randnr. 25 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass die Unterschiede zwischen den beiden Figuren „so groß [sind], dass beim informierten Benutzer trotz der bestehenden Ähnlichkeiten in Bezug auf andere Aspekte und der großen Gestaltungsfreiheit des Entwerfers von Figuren wie denen im vorliegenden Fall ein unterschiedlicher Gesamteindruck hervorgerufen wird“.

24      In Randnr. 26 des angefochtenen Urteils ist das Gericht zu dem Ergebnis gekommen, dass die Beschwerdekammer zu Unrecht davon ausgegangen sei, dass das angegriffene Geschmacksmuster beim informierten Benutzer keinen anderen Gesamteindruck hervorrufe als das „ältere Geschmacksmuster“, auf das der Antrag auf Nichtigerklärung gestützt worden sei.

 Verfahren vor dem Gerichtshof und Anträge der Verfahrensbeteiligten

25      Mit Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofs vom 11. April 2011 sind die Rechtssachen C‑101/11 P und C‑102/11 P zu gemeinsamem schriftlichen und mündlichen Verfahren und zu gemeinsamer Entscheidung verbunden worden.

26      Herr Neuman und Herr Galdeano del Sel beantragen mit ihrem Rechtsmittel,

–        das angefochtene Urteil aufzuheben;

–        das angegriffene Geschmacksmuster für nichtig zu erklären, hilfsweise, die Sache an das Gericht zurückzuverweisen;

–        Baena Grupo die im Rechtsmittelverfahren und im Verfahren vor dem Gericht entstandenen Kosten aufzuerlegen.

27      Das HABM beantragt mit seinem Rechtsmittel,

–        das angefochtene Urteil aufzuheben;

–        durch Urteil in der Sache erneut zu entscheiden und die Klage gegen die streitige Entscheidung abzuweisen oder die Sache an das Gericht zurückzuverweisen;

–        Baena Grupo die Kosten aufzuerlegen.

28      In ihrer Rechtsmittelbeantwortung beantragt Baena Grupo,

–        das Rechtsmittel in der Rechtssache C‑101/11 P für unzulässig zu erklären, hilfsweise, das Rechtsmittel zurückzuweisen;

–        das Rechtsmittel in der Rechtssache C‑102/11 P als unbegründet zurückzuweisen;

–        den Rechtsmittelführern die Kosten aufzuerlegen.

 Zum Rechtsmittel

29      Herr Neuman und Herr Galdeano del Sel stützen ihr Rechtsmittel auf drei Rechtsmittelgründe. Mit den ersten beiden Rechtsmittelgründen machen sie geltend, dass das Gericht bei der Anwendung von Art. 25 Abs. 1 Buchst. b in Verbindung mit den Art. 4 bis 9 und von Art. 25 Abs. 1 Buchst. e der Verordnung Nr. 6/2002 einen Rechtsfehler begangen habe. Mit dem dritten Rechtsmittelgrund rügen sie einen Verstoß des Gerichts gegen die Pflicht zur Begründung des angefochtenen Urteils.

30      Das HABM stützt sein Rechtsmittel auf zwei Rechtsmittelgründe, mit denen es rügt, dass das Gericht zum einen gegen Art. 61 und zum anderen gegen Art. 25 Abs. 1 Buchst. b in Verbindung mit Art. 6 der Verordnung Nr. 6/2002 verstoßen habe. Der zweite Rechtsmittelgrund enthält zwei Teile, mit denen das HABM zum einen geltend macht, das Gericht habe die Kriterien des Markenrechts mit denen des Rechts der Gemeinschaftsgeschmacksmuster verwechselt, und zum anderen rügt, das Gericht habe gegen seine Begründungspflicht verstoßen.

 Zum ersten Rechtsmittelgrund des HABM: Verstoß gegen Art. 61 der Verordnung Nr. 6/2002

 Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

31      Erstens wirft das HABM dem Gericht unter Bezugnahme auf das Urteil vom 15. April 2010, Schräder/CPVO (C‑38/09 P, Slg. 2010, I‑3209, Randnr. 77), vor, dass es bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit der streitigen Entscheidung die „fraglichen Gemeinschaftsgeschmacksmuster“ sehr eingehend geprüft habe.

32      Die Kontrolle der Gültigkeit der Gemeinschaftsgeschmacksmuster, die sich durch ein hohes Maß an technischer Komplexität auszeichne, beziehe sich im Rahmen von Art. 25 Abs. 1 Buchst. b und d der Verordnung Nr. 6/2002 nur auf die Bestimmung des Grades der Gestaltungsfreiheit des Entwerfers. Das Gericht habe dadurch, dass es seine Kontrolle nicht auf offensichtliche Fehler bei der Beurteilung der Gültigkeit solcher Geschmacksmuster beschränkt habe, den Rahmen des Art. 61 der Verordnung überschritten.

33      Zweitens trägt das HABM vor, das Gericht habe die Erwägungen der Beschwerdekammer durch seine eigenen ersetzt, indem es davon ausgegangen sei, dass der Gefühlsausdruck der Figuren der „fraglichen Muster“ wichtiger sei als die grafische Darstellung dieser Muster. Damit habe das Gericht eine Neubewertung der Tatsachen durchgeführt, ohne seine Prüfung auf die Kontrolle der Rechtmäßigkeit der streitigen Entscheidung zu beschränken.

34      Das HABM ist insoweit der Auffassung, dass das Gericht ihm nicht ermögliche, aus dem angefochtenen Urteil Rückschlüsse auf die richtige Anwendung von Art. 6 der Verordnung Nr. 6/2002 zu ziehen, da es nicht präzisiere, welcher Natur der Fehler sei, den die Beschwerdekammer bei der Anwendung von Art. 25 Abs. 1 Buchst. b in Verbindung mit Art. 6 der Verordnung begangen habe.

35      Baena Grupo hält das Vorbringen des HABM für unbegründet. Das Gericht sei bei der Beurteilung des Sachverhalts völlig frei. Sie führt hierzu das Urteil vom 30. März 2000, VBA/Florimex u. a. (C‑265/97 P, Slg. 2000, I‑2061), an, in dem der Gerichtshof im Rahmen eines bei ihm eingelegten Rechtsmittels auf die vom Gericht vorgenommene Würdigung der Beweismittel Bezug nehme.

 Würdigung durch den Gerichtshof

36      Es ist zu prüfen, ob das Gericht die für eine gerichtliche Nachprüfung geltenden Grenzen überschritten und die Beurteilung des HABM durch seine eigene ersetzt hat.

37      Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 61 Abs. 2 der Verordnung Nr. 6/2002 beim Gericht Klage gegen die von den Beschwerdekammern des HABM getroffenen Entscheidungen wegen einer Verletzung des Vertrags, dieser Verordnung und einer bei ihrer Durchführung anzuwendenden Rechtsnorm erhoben werden kann. Daraus folgt, dass das Gericht dafür zuständig ist, die vom HABM vorgenommene Beurteilung der vom Antragsteller vorgebrachten Angaben einer vollen Rechtmäßigkeitsprüfung zu unterziehen (vgl. Urteile vom 5. Juli 2011, Edwin/HABM, C‑263/09 P, Slg. 2011, I‑5853, Randnr. 52, und vom 20. Oktober 2011, PepsiCo/Grupo Promer Mon Graphic, C‑281/10 P, Slg. 2011, I‑10153, Randnr. 66).

38      Somit obliegt es gemäß dieser Vorschrift dem Gericht, die Rechtmäßigkeit der von den Beschwerdekammern erlassenen Entscheidungen dadurch zu überprüfen, dass es die von den Beschwerdekammern vorgenommene Anwendung des Unionsrechts insbesondere auf den ihnen vorliegenden Sachverhalt einer Kontrolle unterzieht (vgl. entsprechend Urteil vom 18. Dezember 2008, Les Éditions Albert René/HABM, C‑16/06 P, Slg. 2008, I‑10053, Randnr. 38, und Beschluss vom 28. März 2011, Herhof/HABM, C‑418/10 P, Randnr. 47).

39      Insbesondere darf das Gericht dadurch die Rechtmäßigkeit der Entscheidungen der Beschwerdekammern des HABM einer vollständigen Kontrolle unterwerfen, dass es erforderlichenfalls der Frage nachgeht, ob die Beschwerdekammern die im Rechtsstreit fraglichen Tatsachen rechtlich richtig eingeordnet haben, oder ob die Beurteilung des den Beschwerdekammern unterbreiteten Sachverhalts nicht Fehler aufweist (vgl. entsprechend Urteil Les Éditions Albert René/HABM, Randnr. 39, und Beschluss Herhof/HABM, Randnr. 48).

40      Bei der ihm obliegenden Überprüfung der Rechtmäßigkeit einer Entscheidung einer Beschwerdekammer des HABM kann das Gericht nämlich nicht durch eine fehlerhafte Beurteilung des Sachverhalts durch die Beschwerdekammer gebunden sein, soweit diese Beurteilung Teil der Feststellungen ist, deren Rechtmäßigkeit vor dem Gericht bestritten wird (vgl. entsprechend Urteil Les Éditions Albert René/HABM, Randnr. 48).

41      Zwar kann das Gericht dem HABM, insbesondere wenn dieses hochtechnische Beurteilungen vorzunehmen hat, einen gewissen Ermessensspielraum einräumen und sich in Bezug auf den Umfang seiner Prüfung von Entscheidungen der Beschwerdekammer im Bereich der gewerblichen Geschmacksmuster auf die Prüfung offensichtlicher Beurteilungsfehler beschränken (Urteil PepsiCo/Grupo Promer Mon Graphic, Randnr. 67).

42      Das HABM hat jedoch im vorliegenden Fall nicht nachgewiesen, dass für die fragliche Würdigung hochtechnische Beurteilungen erforderlich sind, die es rechtfertigen, dass ihm ein Ermessensspielraum eingeräumt wird, der den Umfang der Überprüfung durch das Gericht auf offensichtliche Fehler einschränkt.

43      Überdies hat Baena Grupo vor dem Gericht geltend gemacht, dass die Beschwerdekammer durch die Annahme, dass das angegriffene Geschmacksmuster keine Eigenart habe, weil es beim informierten Benutzer keinen anderen Gesamteindruck als die ältere Marke hervorrufe, gegen Art. 6 der Verordnung Nr. 6/2002 verstoßen habe.

44      Da Baena Grupo die Beurteilung des von der jeweils fraglichen Figur beim informierten Benutzer hervorgerufenen Gesamteindrucks durch die Beschwerdekammer gerügt hatte, war das Gericht somit befugt, die von der Beschwerdekammer vorgenommene Beurteilung der Ähnlichkeit zwischen der älteren Marke und dem angegriffenen Geschmacksmuster nachzuprüfen (vgl. entsprechend Urteil Les Éditions Albert René/HABM, Randnr. 47).

45      Folglich hat das Gericht keinen Rechtsfehler begangen, als es in den Randnrn. 20 bis 25 des angefochtenen Urteils die von der Beschwerdekammer vorgenommenen Würdigungen einer konkreten Prüfung unterzogen hat, bevor es die streitige Entscheidung aufgehoben hat.

46      Der erste Rechtsmittelgrund des HABM ist daher als unbegründet zurückzuweisen.

 Zum ersten Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes des HABM und zum ersten Rechtsmittelgrund von Herrn Neuman und Herrn Galdeano del Sel: Verstoß gegen Art. 25 Abs. 1 Buchst. b in Verbindung mit den Art. 4 bis 9 der Verordnung Nr. 6/2002

 Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

47      Erstens macht das HABM geltend, das Gericht habe die Kriterien des Markenrechts mit denen des Rechts der Gemeinschaftsgeschmacksmuster verwechselt. Mit dem Markenrecht solle das allgemeine Interesse der Verbraucher geschützt werden, sich beim Erwerb von Waren oder Dienstleistungen, die von einer Marke erfasst würden, nicht zu täuschen, während das Recht der Gemeinschaftsgeschmacksmuster darauf abziele, private Interessen, nämlich die des Wirtschaftsteilnehmers, der den Entwurf einer Form entwickle oder verwerte, unabhängig davon zu schützen, ob eine Verwechslungsgefahr in Bezug auf die betriebliche Herkunft der gekauften Ware bestehe. Insbesondere wirft das HABM dem Gericht vor, es habe den Vergleich der „fraglichen Geschmacksmuster“ in den Randnrn. 22 und 23 des angefochtenen Urteils auf die unvollkommene Erinnerung gestützt, die der informierte Benutzer im Gedächtnis behalte.

48      Sowohl Herr Neuman und Herr Galdeano del Sel als auch das HABM sind insoweit der Ansicht, dass dieser Vergleich nicht auf die unvollkommene Erinnerung des informierten Benutzers gestützt werden dürfe, sondern dass ein unmittelbarer Vergleich der fraglichen Figuren vorzunehmen sei.

49      Zweitens rügt das HABM, dass das Gericht dadurch einen Rechtsfehler begangen habe, dass es in Randnr. 24 des angefochtenen Urteils die Prüfung des von den „fraglichen Geschmacksmustern“ jeweils hervorgerufenen Gesamteindrucks nicht auf die Wahrnehmung aller maßgeblichen Verkehrskreise gestützt habe. Das Gericht habe seine Prüfung dieser Geschmacksmuster allein auf die Wahrnehmung eines Teils der maßgeblichen Verkehrskreise, nämlich der jugendlichen Benutzer von T‑Shirts, Schirmmützen und Aufklebern, gestützt.

50      Drittens machen Herr Neuman und Herr Galdeano del Sel geltend, das Gericht habe dadurch einen Rechtsfehler begangen, dass es in Randnr. 21 des angefochtenen Urteils davon ausgegangen sei, dass der von den beiden fraglichen Figuren beim informierten Benutzer jeweils hervorgerufene Gesamteindruck durch den Gesichtsausdruck der jeweiligen Figur bestimmt werde. Das angegriffene Geschmacksmuster habe keine Eigenart, und die geringen Unterschiede im Ausdruck der beiden fraglichen Figuren wirkten sich nicht auf den von diesen jeweils hervorgerufenen Gesamteindruck aus. Sie weisen insoweit auf die Identität der erfassten Waren und auf die angesprochenen Verkehrskreise hin. Zudem habe das Gericht in Randnr. 25 des angefochtenen Urteils eingeräumt, dass die Entwerfer der Figuren über ein hohes Maß an Gestaltungsfreiheit verfügten.

51      Baena Grupo ist der Ansicht, dass Herr Neuman und Herr Galdeano del Sel sich mit ihrem Vorbringen in Wirklichkeit darauf beschränkten, die vom Gericht vorgenommene Würdigung tatsächlicher Art in Frage zu stellen, und so erreichen wollten, dass der Gerichtshof seine eigene Beurteilung an die Stelle der Beurteilung des Gerichts setze.

52      Außerdem sei die Rüge des HABM betreffend die maßgeblichen Verkehrskreise unzulässig, weil das Gericht sich hierzu nicht habe äußern müssen.

 Würdigung durch den Gerichtshof

53      Erstens ist zum angeblichen Rechtsfehler des Gerichts beim Vergleich zwischen der älteren Marke und dem angegriffenen Geschmacksmuster auszuführen, dass die Verordnung Nr. 6/2002 keine Definition des dort verwendeten Begriffs des informierten Benutzers enthält. Er ist aber als Begriff zu verstehen, der zwischen dem im Markenbereich anwendbaren Begriff des Durchschnittsverbrauchers, von dem keine speziellen Kenntnisse erwartet werden und der im Allgemeinen keinen direkten Vergleich zwischen den einander gegenüberstehenden Marken anstellt, und dem des Fachmanns als Sachkundigen mit profunden technischen Fertigkeiten liegt. Somit kann der Begriff des informierten Benutzers als Bezeichnung eines Benutzers verstanden werden, dem keine durchschnittliche Aufmerksamkeit, sondern eine besondere Wachsamkeit eigen ist, sei es wegen seiner persönlichen Erfahrung oder seiner umfangreichen Kenntnisse in dem betreffenden Bereich (vgl. Urteil PepsiCo/Grupo Promer Mon Graphic, Randnr. 53).

54      Dabei bedingt zwar die Natur des informierten Benutzers an sich nach der Definition des Gerichtshofs, dass er, soweit möglich, einen direkten Vergleich zwischen der älteren Marke und dem angegriffenen Geschmacksmuster vornimmt. Es kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass ein solcher Vergleich im betreffenden Bereich undurchführbar oder ungewöhnlich ist, insbesondere wegen spezieller Umstände oder der Merkmale der Gegenstände, die die ältere Marke und das angegriffene Geschmacksmuster darstellen (vgl. in diesem Sinne Urteil PepsiCo/Grupo Promer Mon Graphic, Randnr. 55).

55      Demnach kann dem Gericht nicht vorgeworfen werden, dadurch einen Rechtsfehler begangen zu haben, dass es den von der älteren Marke und den vom angegriffenen Geschmacksmuster hervorgerufenen Gesamteindruck beurteilt hat, ohne von der Prämisse auszugehen, dass ein informierter Benutzer in jedem Fall einen direkten Vergleich zwischen diesen vornehme (vgl. in diesem Sinne Urteil PepsiCo/Grupo Promer Mon Graphic, Randnr. 56).

56      Dies gilt umso mehr, als mangels eines entsprechenden konkreten Hinweises im Rahmen der Verordnung Nr. 6/2002 nicht angenommen werden kann, dass der Unionsgesetzgeber die Beurteilung von Geschmacksmustern auf einen direkten Vergleich beschränken wollte (vgl. Urteil PepsiCo/Grupo Promer Mon Graphic, Randnr. 57).

57      Folglich hat das Gericht beim Vergleich zwischen der älteren Marke und dem angegriffenen Geschmacksmuster keinen Rechtsfehler begangen, als es seine Argumentation in den Randnrn. 22 und 23 des angefochtenen Urteils auf die unvollkommene Erinnerung an den von den beiden Figuren jeweils hervorgerufenen Gesamteindruck gestützt hat, die der informierte Benutzer im Gedächtnis behalte.

58      Diese Rüge ist daher als unbegründet zurückzuweisen.

59      Zweitens ist in Bezug auf die Rüge, das Gericht habe einen Rechtsfehler begangen, als es seine Prüfung der älteren Marke und des angegriffenen Geschmacksmusters auf die Wahrnehmung eines Teils der maßgeblichen Verkehrskreise beschränkt habe, zunächst auszuführen, dass diese Rüge entgegen der Auffassung von Baena Grupo nicht unzulässig ist. Mit dieser Rüge soll die Beanstandung eines Rechtsfehlers erreicht werden, den das Gericht bei der Auslegung oder der Anwendung der Verordnung Nr. 6/2002 begangen haben soll und durch den, wenn er tatsächlich vorläge, die gesamte Argumentation des Gerichts fehlerhaft würde.

60      In der Sache ist festzustellen, dass diese Rüge des HABM auf einem fehlerhaften Verständnis des angefochtenen Urteils beruht. Beim Vergleich zwischen der älteren Marke und dem angegriffenen Geschmacksmuster hat das Gericht in Randnr. 22 des angefochtenen Urteils auf den informierten Benutzer, „wie ihn die Beschwerdekammer zutreffend definiert“ habe, abgestellt.

61      Das Gericht hat also alle von der Beschwerdekammer definierten maßgeblichen Verkehrskreise, nämlich Jugendliche, Kinder und Benutzer von „Drucksachen einschließlich Reklamematerial“ berücksichtigt. Dasselbe gilt für die Argumentation des Gerichts in Randnr. 23 des angefochtenen Urteils, in der es bei der Prüfung des durch die ältere Marke und das angegriffene Geschmacksmuster jeweils hervorgerufenen Gesamteindrucks auf den informierten Benutzer abgestellt hat. Weiter hat das Gericht in Randnr. 24 des angefochtenen Urteils insbesondere ausgeführt, dass der unterschiedliche Gesichtsausdruck der beiden Figuren für Jugendliche und Kinder eindeutig sein werde.

62      Folglich kann dem Gericht nicht vorgeworfen werden, es habe seine Prüfung der Figuren nicht auf alle maßgeblichen Verkehrskreise gestützt.

63      Drittens werfen Herr Neuman und Herr Galdeano del Sel dem Gericht im Wesentlichen vor, es sei davon ausgegangen, dass der beim informierten Benutzer durch die ältere Marke und das angegriffene Geschmacksmuster hervorgerufene Gesamteindruck durch den Gesichtsausdruck der beiden Figuren bestimmt werde.

64      Hierzu ist festzustellen, dass sich Herr Neuman und Herr Galdeano del Sel mit ihrem Vorbringen in Wirklichkeit darauf beschränken, die Würdigung tatsächlicher Art in Frage zu stellen, die das Gericht im Rahmen der Beurteilung des durch die ältere Marke und das angegriffene Geschmacksmuster jeweils hervorgerufenen Gesamteindrucks vorgenommen hat, und so erreichen wollen, dass der Gerichtshof seine eigene Beurteilung an die Stelle der Beurteilung des Gerichts setzt.

65      Herr Neuman und Herr Galdeano del Sel haben nämlich weder vorgetragen noch bewiesen, dass das Gericht die ihm vorgelegten Tatsachen verfälscht habe, sondern dem Gericht lediglich vorgeworfen, es habe die Umstände des vorliegenden Falles unzutreffend beurteilt, als es festgestellt habe, dass das angegriffene Geschmacksmuster beim informierten Benutzer einen anderen Gesamteindruck hervorrufe als die ältere Marke, auf die der Nichtigkeitsantrag gestützt werde.

66      Nach ständiger Rechtsprechung ist allein das Gericht zuständig für die Tatsachenfeststellung, sofern sich nicht aus den Prozessakten ergibt, dass seine Feststellungen tatsächlich falsch sind, und für die Würdigung der Tatsachen. Die Würdigung der Tatsachen ist, sofern der dem Gericht unterbreitete Vortrag nicht verfälscht wird, daher keine Rechtsfrage, die als solche der Kontrolle des Gerichtshofs im Rahmen eines Rechtsmittels unterliegt (vgl. Urteil vom 4. Oktober 2007, Henkel/HABM, C‑144/06 P, Slg. 2007, I‑8109, Randnr. 49 und die dort angeführte Rechtsprechung).

67      Diese Rüge ist als unzulässig zurückzuweisen.

68      Nach alledem sind der zweite Rechtsmittelgrund des HABM und der erste Rechtsmittelgrund von Herrn Neuman und Herrn Galdeano del Sel insgesamt zurückzuweisen.

 Zum zweiten Rechtsmittelgrund von Herrn Neuman und Herrn Galdeano del Sel: Verstoß gegen Art. 25 Abs. 1 Buchst. e der Verordnung Nr. 6/2002

 Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

69      Herr Neuman und Herr Galdeano del Sel rügen, dass das Gericht Art. 25 Abs. 1 Buchst. e der Verordnung Nr. 6/2002 nicht angewandt habe. Alle Voraussetzungen für die Feststellung, dass eine Verwechslungsgefahr zwischen der älteren Marke und dem angegriffenen Geschmacksmuster bestehe, lägen vor. Folglich habe das Gericht dadurch einen Rechtsfehler begangen, dass es sich nicht zu dieser Vorschrift geäußert und die Benutzung des angegriffenen Geschmacksmusters nicht untersagt habe.

70      Baena Grupo hält diesen Rechtsmittelgrund für unzulässig, weil er darauf abziele, vom Gericht im angefochtenen Urteil vorgenommene Beurteilungen tatsächlicher Art in Frage zu stellen.

 Würdigung durch den Gerichtshof

71      Bei diesem Rechtsmittelgrund handelt es sich um ein Angriffs- und Verteidigungsmittel, das im Verfahren vor dem Gericht zur Aufhebung der streitigen Entscheidung nicht geltend gemacht worden ist und das jedenfalls keinen Gesichtspunkt zwingenden Rechts darstellt, den das Gericht von Amts wegen hätte prüfen müssen.

72      Nach Art. 113 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs kann das Rechtsmittel den vor dem Gericht verhandelten Streitgegenstand nicht verändern. Im Rahmen eines Rechtsmittels sind die Befugnisse des Gerichtshofs nämlich auf die Beurteilung der rechtlichen Entscheidung über das im ersten Rechtszug erörterte Vorbringen beschränkt (vgl. u. a. Urteile vom 1. Juni 1994, Kommission/Brazzelli Lualdi u. a., C‑136/92 P, Slg. 1994, I‑1981, Randnr. 59, vom 15. März 2007, T.I.M.E. ART/HABM, C‑171/06 P, Randnr. 24, und vom 20. September 2007, Nestlé/HABM, C‑193/06 P, Randnr. 56).

73      Dieser Rechtsmittelgrund ist daher als unzulässig zurückzuweisen.

 Zum zweiten Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes des HABM und zum dritten Rechtsmittelgrund von Herrn Neuman und Herrn Galdeano del Sel: Begründungsmangel des angefochtenen Urteils

 Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

74      Das HABM macht geltend, das Gericht sei seiner Begründungspflicht nicht nachgekommen, da es zum einen nicht die Gründe angegeben habe, aus denen laut seiner Feststellung in Randnr. 24 des angefochtenen Urteils „der unterschiedliche Gesichtsausdruck … für Jugendliche, die T‑Shirts und Schirmmützen kaufen, eindeutig“ sein werde, und sei zum anderen nicht auf die Benutzer von „Drucksachen einschließlich Reklamematerial“ eingegangen.

75      Herr Neuman und Herr Galdeano del Sel werfen dem Gericht außerdem vor, es habe das angefochtene Urteil nicht eindeutig, genau und konsequent begründet und damit die Verfahrensrechte der Rechtsmittelführer verletzt.

76      Was die Rügen des HABM betrifft, ist Baena Grupo der Ansicht, dass das Gericht, wie oben in Randnr. 52 ausgeführt, nicht verpflichtet gewesen sei, sich zu den maßgeblichen Verkehrskreisen zu äußern, so dass das Urteil keinen Begründungsmangel aufweise.

77      Die Rügen von Herrn Neuman und Herrn Galdeano del Sel hält Baena Grupo für unzulässig. Herr Neuman und Herr Galdeano del Sel hätten nicht angegeben, welche Stellen des Urteils sie für unzureichend begründet hielten.

 Würdigung durch den Gerichtshof

78      Der vom HABM gerügte Verstoß gegen die Begründungspflicht ist auf das Vorbringen gestützt, das Gericht habe zum einen nicht die Gründe dafür angegeben, aus denen „der unterschiedliche Gesichtsausdruck für Jugendliche, die T‑Shirts und Schirmmützen kauften, eindeutig“ sein werde, und sei zum anderen nicht auf die Benutzer von „Drucksachen einschließlich Reklamematerial“ eingegangen.

79      Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass sich die Verpflichtung zur Begründung von Urteilen aus Art. 36 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, der gemäß Art. 53 Abs. 1 der Satzung auf das Gericht anwendbar ist, und aus Art. 81 der Verfahrensordnung des Gerichts ergibt (vgl. u. a. Urteil vom 4. Oktober 2007, Naipes Heraclio Fournier/HABM, C‑311/05 P, Randnr. 51 und die dort angeführte Rechtsprechung).

80      Nach ständiger Rechtsprechung müssen die Urteile des Gerichts hinreichend begründet sein, damit der Gerichtshof seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann (vgl. u. a. Urteil Naipes Heraclio Fournier/HABM, Randnr. 52 und die dort angeführte Rechtsprechung).

81      Im vorliegenden Fall genügt insbesondere angesichts der Ausführungen oben in den Randnrn. 60 bis 62 die Feststellung, dass die Argumentation des Gerichts im angefochtenen Urteil in sich klar und verständlich ist und dass sich aus ihm entnehmen lässt, aus welchen Gründen das Gericht dem einzigen von Baena Grupo geltend gemachten Klagegrund stattgegeben hat. Das angefochtene Urteil weist somit keinen Begründungsmangel auf.

82      Folglich ist dieser Rechtsmittelgrund als unbegründet zurückzuweisen.

83      Nach alledem sind die vorliegenden Rechtsmittel als teilweise unzulässig und teilweise unbegründet zurückzuweisen.

 Kosten

84      Nach Art. 69 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs, der gemäß Art. 118 der Verfahrensordnung auf das Rechtsmittelverfahren entsprechende Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

85      Da Herr Neuman und Herr Galdeano del Sel mit ihrem Vorbringen im Rahmen des Rechtsmittels in der Rechtssache C‑101/11 P unterlegen sind, sind ihnen gemäß dem Antrag von Baena Grupo die Kosten im Zusammenhang mit diesem Rechtsmittel aufzuerlegen.

86      Da das HABM mit seinem Vorbringen im Rahmen des Rechtsmittels in der Rechtssache C‑102/11 P unterlegen ist, sind ihm gemäß dem Antrag von Baena Grupo die Kosten im Zusammenhang mit diesem Rechtsmittel aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Sechste Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Rechtsmittel werden zurückgewiesen.

2.      Herr Neuman und Herr Galdeano del Sel tragen ihre eigenen Kosten sowie die Kosten der José Manuel Baena Grupo, SA im Zusammenhang mit dem Rechtsmittel in der Rechtssache C‑101/11 P.

3.      Das Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) trägt seine eigenen Kosten sowie die Kosten der José Manuel Baena Grupo, SA im Zusammenhang mit dem Rechtsmittel in der Rechtssache C‑102/11 P.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Spanisch.