Language of document : ECLI:EU:T:2011:44

URTEIL DES GERICHTS (Siebte Kammer)

17. Februar 2011(*)

„Fernsehen – Art. 3a der Richtlinie 89/552/EWG – Maßnahmen des Vereinigten Königreichs in Bezug auf die Ereignisse von erheblicher Bedeutung für die Gesellschaft dieses Mitgliedstaats – Fußballweltmeisterschaft – Beschluss, mit dem die Maßnahmen für mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar erklärt werden – Begründung – Art. 43 EG, 49 EG und 86 EG – Eigentumsrecht“

In der Rechtssache T‑68/08

Fédération internationale de football association (FIFA) mit Sitz in Zürich (Schweiz), Prozessbevollmächtigte: zunächst E. Batchelor und F. Young, Solicitors, Rechtsanwälte A. Barav und D. Reymond sowie F. Carlin, Barrister, dann E. Batchelor, A. Barav, D. Reymond und F. Carlin,

Klägerin,

gegen

Europäische Kommission, zunächst vertreten durch F. Benyon, E. Montaguti und N. Yerrell, dann durch F. Benyon und E. Montaguti als Bevollmächtigte im Beistand von J. Flynn, QC, und M. Lester, Barrister,

Beklagte,

unterstützt durch

Königreich Belgien, vertreten durch C. Pochet als Bevollmächtigte im Beistand der Rechtsanwälte J. Stuyck und A. Joachimowicz,

und durch

Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland, zunächst vertreten durch S. Behzadi-Spencer und V. Jackson, dann durch S. Behzadi-Spencer und L. Seeboruth als Bevollmächtigte im Beistand ursprünglich von T. de la Mare, dann von B. Kennelly, Barristers,

Streithelfer,

wegen teilweiser Nichtigerklärung des Beschlusses 2007/730/EG der Kommission vom 16. Oktober 2007 über die Vereinbarkeit der vom Vereinigten Königreich gemäß Artikel 3a Absatz 1 der Richtlinie 89/552/EWG des Rates zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Ausübung der Fernsehtätigkeit getroffenen Maßnahmen mit dem Gemeinschaftsrecht (ABl. L 295, S. 12)

erlässt

DAS GERICHT (Siebte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten N. J. Forwood (Berichterstatter) sowie der Richter L. Truchot und J. Schwarcz,

Kanzler: K. Pocheć, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 24. Februar 2010

folgendes

Urteil

 Rechtlicher Rahmen

1        Art. 43 EG lautet:

„Die Beschränkungen der freien Niederlassung von Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats sind nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen verboten. Das Gleiche gilt für Beschränkungen der Gründung von Agenturen, Zweigniederlassungen oder Tochtergesellschaften durch Angehörige eines Mitgliedstaats, die im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats ansässig sind.

Vorbehaltlich des Kapitels über den Kapitalverkehr umfasst die Niederlassungsfreiheit die Aufnahme und Ausübung selbständiger Erwerbstätigkeiten sowie die Gründung und Leitung von Unternehmen, insbesondere von Gesellschaften im Sinne des Artikels 48 Absatz 2 [EG], nach den Bestimmungen des Aufnahmestaats für seine eigenen Angehörigen.“

2        Art. 49 Abs. 1 EG bestimmt:

„Die Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs innerhalb der Gemeinschaft für Angehörige der Mitgliedstaaten, die in einem anderen Staat der Gemeinschaft als demjenigen des Leistungsempfängers ansässig sind, sind nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen verboten.“

3        Nach Art. 86 Abs. 1 EG „[werden d]ie Mitgliedstaaten … in Bezug auf öffentliche Unternehmen und auf Unternehmen, denen sie besondere oder ausschließliche Rechte gewähren, keine diesem Vertrag und insbesondere dessen Artikeln 12 und 81 bis 89 widersprechende Maßnahmen treffen oder beibehalten“.

4        Art. 3a der Richtlinie 89/552/EWG des Rates vom 3. Oktober 1989 zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Ausübung der Fernsehtätigkeit (ABl. L 298, S. 23), der durch die Richtlinie 97/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Juni 1997 zur Änderung der Richtlinie [89/552] (ABl. L 202, S. 60) eingefügt wurde, lautet:

„(1)      Jeder Mitgliedstaat kann im Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht Maßnahmen ergreifen, mit denen sichergestellt werden soll, dass Fernsehveranstalter, die seiner Rechtshoheit unterliegen, nicht Ereignisse, denen der betreffende Mitgliedstaat eine erhebliche gesellschaftliche Bedeutung beimisst, auf Ausschließlichkeitsbasis in der Weise übertragen, dass einem bedeutenden Teil der Öffentlichkeit in dem Mitgliedstaat die Möglichkeit vorenthalten wird, das Ereignis im Wege direkter oder zeitversetzter Berichterstattung in einer frei zugänglichen Fernsehsendung zu verfolgen. Falls ein Mitgliedstaat entsprechende Maßnahmen ergreift, so erstellt er dabei eine Liste der nationalen und nichtnationalen Ereignisse, denen er eine erhebliche gesellschaftliche Bedeutung beimisst. Er trägt dafür auf eindeutige und transparente Weise rechtzeitig und wirksam Sorge. Dabei legt der betreffende Mitgliedstaat auch fest, ob diese Ereignisse im Wege direkter Gesamt- oder Teilberichterstattung oder, sofern im öffentlichen Interesse aus objektiven Gründen erforderlich oder angemessen, im Wege zeitversetzter Gesamt- oder Teilberichterstattung verfügbar sein sollen.

(2)      Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission unverzüglich alle Maßnahmen mit, die sie gemäß Absatz 1 getroffen haben oder in Zukunft treffen werden. Die Kommission prüft binnen drei Monaten nach der Mitteilung, ob die Maßnahmen mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar sind, und teilt sie den anderen Mitgliedstaaten mit. Sie holt die Stellungnahme des gemäß Artikel 23a eingesetzten Ausschusses ein. Sie veröffentlicht die getroffenen Maßnahmen unverzüglich im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften; mindestens einmal jährlich veröffentlicht sie eine konsolidierte Liste der von den Mitgliedstaaten getroffenen Maßnahmen.

(3)      Die Mitgliedstaaten stellen im Rahmen des innerstaatlichen Rechts durch geeignete Maßnahmen sicher, dass die ihrer Rechtshoheit unterliegenden Fernsehveranstalter die von ihnen nach der Veröffentlichung dieser Richtlinie erworbenen ausschließlichen Rechte nicht in der Weise ausüben, dass einem bedeutenden Teil der Öffentlichkeit in einem anderen Mitgliedstaat die Möglichkeit vorenthalten wird, die von diesem anderen Mitgliedstaat gemäß den Absätzen 1 und 2 bezeichneten Ereignisse als direkte Gesamt- oder Teilberichterstattung oder, sofern im öffentlichen Interesse aus objektiven Gründen erforderlich oder angemessen, als zeitversetzte Gesamt- oder Teilberichterstattung in einer frei zugänglichen Fernsehsendung zu verfolgen, wie dies von dem anderen Mitgliedstaat gemäß Absatz 1 festgelegt worden ist.“

5        In den Erwägungsgründen 18 bis 22 der Richtlinie 97/36 heißt es:

„(18) Es ist von entscheidender Bedeutung, dass die Mitgliedstaaten in der Lage sind, Maßnahmen zu ergreifen, um das Recht auf Informationen zu schützen und der Öffentlichkeit breiten Zugang zur Fernsehberichterstattung über nationale oder nichtnationale Ereignisse von erheblicher gesellschaftlicher Bedeutung zu verschaffen, wie die Olympischen Spiele, die Fußballweltmeisterschaft und die Fußballeuropameisterschaft. Zu diesem Zweck steht es den Mitgliedstaaten weiterhin frei, mit dem Gemeinschaftsrecht zu vereinbarende Maßnahmen zu ergreifen, mit denen die Ausübung ausschließlicher Senderechte für solche Ereignisse durch die ihrer Rechtshoheit unterliegenden Fernsehveranstalter geregelt werden soll.

(19)      Es müssen innerhalb eines Gemeinschaftsrahmens Vorkehrungen getroffen werden, damit etwaige rechtliche Unsicherheit und Marktstörungen vermieden werden und der freie Verkehr für Fernsehdienste mit der Notwendigkeit, einer möglichen Umgehung der zum Schutz eines rechtmäßigen allgemeinen Interesses erlassenen Maßnahmen zu begegnen, in Einklang gebracht wird.

(20)      Es ist insbesondere angezeigt, in dieser Richtlinie Bestimmungen für die Ausübung der ausschließlichen Senderechte festzulegen, die Fernsehveranstalter möglicherweise für Ereignisse erworben haben, die für die Gesellschaft in einem anderen Mitgliedstaat als demjenigen, dessen Rechtshoheit die Veranstalter unterliegen, von erheblicher Bedeutung sind. …

(21)      Ereignisse von ‚erheblicher gesellschaftlicher Bedeutung‘ im Sinne dieser Richtlinie sollten bestimmten Kriterien genügen, d. h., es sollten herausragende Ereignisse sein, die von Interesse für die breite Öffentlichkeit in der Europäischen Union, in einem bestimmten Mitgliedstaat oder in einem bedeutenden Teil eines bestimmten Mitgliedstaats sind und die im Voraus von einem Veranstalter organisiert werden, der kraft Gesetzes befugt ist, die Rechte an diesem Ereignis zu veräußern.

(22)      Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Begriff ‚frei zugängliche Fernsehsendung‘ die Ausstrahlung eines der Öffentlichkeit zugänglichen Programms auf einem öffentlichen oder privaten Kanal, ohne dass neben den in dem betreffenden Mitgliedstaat überwiegend anzutreffenden Arten der Gebührenentrichtung für das Fernsehen (beispielsweise Fernsehgebühren und/oder Grundgebühren für einen Kabelanschluss) eine weitere Zahlung zu leisten ist.“

 Vorgeschichte des Rechtsstreits und angefochtener Beschluss

6        Die Klägerin, die Fédération internationale de football association (FIFA), ist ein aus 208 nationalen Fußballverbänden bestehender Verband und das Selbstverwaltungsorgan des Weltfußballs. Ihre Ziele bestehen insbesondere darin, den Fußball weltweit zu fördern und internationale Fußballwettbewerbe auszurichten. Der Verkauf ihrer Rechte an der Fernsehübertragung der Endrunde der von ihr ausgerichteten FIFA-Weltmeisterschaft (im Folgenden: Weltmeisterschaft) bildet ihre Haupteinnahmequelle.

7        Mit Entscheidung vom 25. Juni 1998 erstellte der Minister für Kultur, Medien und Sport des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland (im Folgenden: Minister) gemäß Teil IV des Broadcasting Act (Rundfunkgesetz) 1996 eine Liste von Ereignissen von erheblicher Bedeutung für die Gesellschaft dieses Mitgliedstaats, die auch die Weltmeisterschaft umfasst.

8        Dem Erlass dieser Liste ging eine Konsultation von 42 verschiedenen Organen voraus, die vom Minister im Juli 1997 in Bezug auf die Kriterien eingeleitet worden war, anhand deren die Bedeutung der verschiedenen Ereignisse für die Gesellschaft des Vereinigten Königreichs beurteilt werden sollte. Im Anschluss an dieses Verfahren wurde eine Liste von Kriterien erlassen, die in einem Dokument des Ministeriums für Kultur, Medien und Sport vom November 1997 enthalten ist und die dem Minister für die Zwecke der Erstellung der Liste von Ereignissen von erheblicher Bedeutung für die Gesellschaft des Vereinigten Königreichs dient. Nach diesem Dokument kann ein Ereignis u. a. in die Liste aufgenommen werden, wenn es auf nationaler Ebene und nicht nur bei denjenigen, die den betreffenden Sport ohnehin verfolgen, besonderen Anklang findet. Dies trifft nach demselben Dokument auf ein nationales oder internationales Sportereignis zu, das hervorsticht oder an dem eine Nationalmannschaft oder Sportler des Vereinigten Königreichs beteiligt sind. Unter den Ereignissen, die diese Kriterien erfüllen, steigt die Aussicht, in die Liste aufgenommen zu werden, für diejenigen, die bei vielen Fernsehzuschauern Interesse finden oder die traditionell auf frei zugänglichen Fernsehkanälen direkt übertragen werden. Außerdem lässt der Minister auch andere, die Folgen für den jeweiligen Sport betreffende Faktoren in seine Beurteilung einfließen wie etwa, ob das Angebot einer Direktübertragung eines Ereignisses in seiner Gesamtheit angebracht ist, welche Auswirkung sich für die Einnahmen in dem fraglichen Sportsektor ergibt, welche Folgen sich für den Rundfunkmarkt ergeben und ob Umstände vorliegen, die den Zugang zu dem Ereignis über eine zeitversetzte Fernseh- oder Radioübertragung gewährleisten.

9        In der Folge leitete der Minister gemäß Section 97 des Broadcasting Act 1996 ein Konsultationsverfahren zu den konkreten, in die Liste aufzunehmenden Ereignissen ein. Im Rahmen dieser Konsultation forderte er mehrere betroffene Organe und Wirtschaftsteilnehmer sowie die Inhaber der Fernsehübertragungsrechte wie die FIFA zu Stellungnahmen auf. Außerdem nahm ein von ihm eingerichtetes beratendes Gremium, die „Advisory Group on listed events“ (Beratungsgruppe Listenereignisse), Stellung zu den in die Liste aufzunehmenden Ereignissen und schlug hinsichtlich der Weltmeisterschaft die Aufnahme des Endspiels, der Halbfinalspiele und der Spiele mit Beteiligung der Nationalmannschaften des Vereinigten Königreichs in die Liste vor.

10      Nach Section 98 des Broadcasting Act 1996 in seiner durch die Television Broadcasting Regulations (Fernsehverordnung) 2000 geänderten Fassung sind die Fernsehveranstalter in zwei Kategorien unterteilt. Zur ersten Kategorie zählen diejenigen, die ihre Dienste kostenlos anbieten und darüber hinaus von mindestens 95 % der Bevölkerung des Vereinigten Königreichs empfangen werden können. In die zweite Kategorie fallen die übrigen.

11      Außerdem kann nach Section 101 des Broadcasting Act 1996 in seiner durch die Television Broadcasting Regulations 2000 geänderten Fassung, wer einen Fernsehdienst erbringt, der in eine dieser beiden Kategorien fällt, ein auf der Liste verzeichnetes Ereignis nur dann ganz oder teilweise direkt übertragen, wenn ein Anbieter, der zur anderen der zwei Kategorien gehört, das Recht erworben hat, dasselbe Ereignis zur Gänze oder zu demselben Teil in der gleichen oder im Wesentlichen gleichen Gegend direkt zu übertragen. Ist diese Voraussetzung nicht erfüllt, muss die Anstalt, die das betreffende Ereignis ganz oder teilweise direkt übertragen möchte, die vorherige Genehmigung des Office of Communications (Kommunikationsamt) einholen.

12      Nach Abschnitt 3 des Code on sports and other listed and designated events (Kodex für Sport- und sonstige gelistete und bezeichnete Ereignisse) in seiner im Jahr 2000 geltenden Fassung gliedern sich die in die Liste von Ereignissen von erheblicher gesellschaftlicher Bedeutung aufgenommenen Ereignisse in zwei Gruppen. Die „Gruppe A“ umfasst die Ereignisse, die nicht auf Ausschließlichkeitsbasis direkt übertragen werden dürfen, sofern nicht bestimmte Kriterien erfüllt sind. Zur „Gruppe B“ gehören die Ereignisse, die nur auf Ausschließlichkeitsbasis direkt übertragen werden dürfen, wenn angemessene Vorkehrungen für eine Sekundärberichterstattung getroffen wurden.

13      Nach Abschnitt 13 des Code on sports and other listed and designated events kann eine Genehmigung vom Office of Communications für die Listenereignisse der „Gruppe A“, zu denen die Weltmeisterschaft gehört, erteilt werden, wenn die Übertragungsrechte dafür allen Fernsehveranstaltern zu billigen und angemessenen Bedingungen offen angeboten wurden, ohne dass sich eine Anstalt der anderen Kategorie an ihrem Erwerb interessiert gezeigt hätte.

14      Mit Schreiben vom 25. September 1998 übermittelte das Vereinigte Königreich der Kommission der Europäischen Gemeinschaften nach Art. 3a Abs. 2 der Richtlinie 89/552 die vom Minister erstellte Ereignisliste und weitere Auskünfte zu den von diesem Mitgliedstaat nach Art. 3a Abs. 1 derselben Richtlinie erlassenen Rechtsvorschriften. Nach einem Schriftwechsel zwischen dem Vereinigten Königreich und der Kommission und einer neuen Mitteilung der Maßnahmen am 5. Mai 2000 unterrichtete der Generaldirektor der Generaldirektion (GD) „Bildung“ der Kommission das Vereinigte Königreich mit Schreiben vom 28. Juli 2000 davon, dass die Kommission keine Einwände gegen die Maßnahmen dieses Mitgliedstaats erhebe, die deshalb demnächst im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften veröffentlicht würden.

15      Mit Urteil vom 15. Dezember 2005, Infront WM/Kommission (T‑33/01, Slg. 2005, II‑5897), erklärte das Gericht die in dem Schreiben vom 28. Juli 2000 enthaltene Entscheidung mit der Begründung für nichtig, dass sie eine Entscheidung im Sinne des Art. 249 EG sei, die das Kollegium der Kommissionsmitglieder selbst hätte erlassen müssen (Urteil Infront WM/Kommission, Randnr. 178).

16      Infolge des Urteils Infront WM/Kommission (oben in Randnr. 15 angeführt) erließ die Kommission den Beschluss 2007/730/EG vom 16. Oktober 2007 über die Vereinbarkeit der vom Vereinigten Königreich gemäß Artikel 3a Absatz 1 der Richtlinie [89/552] getroffenen Maßnahmen mit dem Gemeinschaftsrecht (ABl. L 295, S. 12, im Folgenden: angefochtener Beschluss).

17      Der verfügende Teil des angefochtenen Beschlusses lautet:

Artikel 1

Die vom Vereinigten Königreich gemäß Artikel 3a Absatz 1 der Richtlinie [89/552] getroffenen Maßnahmen, die der Kommission am 5. Mai 2000 notifiziert und im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften C 328 vom 18. November 2000 veröffentlicht wurden, sind mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar.

Artikel 2

Die im Anhang zu diesem Beschluss aufgeführten Maßnahmen werden gemäß Artikel 3a Absatz 2 der Richtlinie [89/552] im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht.“

18      Der angefochtene Beschluss wird u. a. mit folgenden Erwägungen begründet:

„(4)      Die in den Maßnahmen [des Vereinigten Königreichs] enthaltene Liste der Ereignisse von erheblicher gesellschaftlicher Bedeutung wurde in eindeutiger und transparenter Weise erstellt, und [in diesem Mitgliedstaat] war dazu eine umfassende Konsultation eingeleitet worden.

(5)      Die Kommission hat festgestellt, dass die in den … Maßnahmen [des Vereinigten Königreichs] aufgelisteten [Ereignisse] mindestens zwei der folgenden Kriterien erfüllen, die als verlässliche Indikatoren für die gesellschaftliche Bedeutung von Ereignissen gelten: i) Das Ereignis findet im betreffenden Mitgliedstaat in der breiten Öffentlichkeit besondere Resonanz und ist nicht nur für diejenigen von Bedeutung, die die entsprechenden Sport- oder sonstigen Veranstaltungen ohnehin verfolgen; ii) das Ereignis hat eine allgemein anerkannte spezifische kulturelle Bedeutung für die Bevölkerung des betreffenden Mitgliedstaats, insbesondere aufgrund seines identitätsstiftenden Charakters; iii) die Nationalmannschaft nimmt an dem Ereignis im Rahmen eines Wettkampfs oder Turniers von internationaler Bedeutung teil; iv) das Ereignis wurde bisher in einer frei zugänglichen Fernsehsendung übertragen und erreichte eine große Zahl von Zuschauern.

(6)      Viele der in den Maßnahmen [des Vereinigten Königreichs] aufgeführten Veranstaltungen, darunter die Olympischen Sommer- und Winterspiele sowie die Endrunden der Welt- und Europameisterschaften, werden üblicherweise der Kategorie der Ereignisse von erheblicher gesellschaftlicher Bedeutung zugerechnet, auf die in Erwägung 18 der Richtlinie [97/36] ausdrücklich verwiesen wird. [Diese] Ereignisse [finden in ihrer Gesamtheit] im [Vereinigten Königreich] in der breiten Öffentlichkeit besondere Resonanz, da sie (ungeachtet der Nationalität der Teilnehmer) sehr populär sind, und zwar nicht nur bei den ohnehin Sportinteressierten.

(18)      Die aufgelisteten Veranstaltungen, einschließlich derjenigen, die in ihrer Gesamtheit – und nicht als Aneinanderreihung von Einzelveranstaltungen – zu sehen sind, wurden bisher im frei zugänglichen Fernsehen übertragen und erreichten eine große Zahl von Zuschauern. …

(19)      Die Maßnahmen [des Vereinigten Königreichs] erscheinen [verhältnismäßig] und rechtfertigen daher eine Ausnahme vom Grundsatz des freien Dienstleistungsverkehrs im EG-Vertrag, und zwar wegen zwingender Gründe des Allgemeininteresses an der Gewährleistung eines breiten öffentlichen Zugangs zu Fernsehübertragungen von Veranstaltungen [von] erheblicher gesellschaftlicher Bedeutung.

(20)      Die Maßnahmen [des Vereinigten Königreichs] sind insofern mit [den Wettbewerbsregeln des EG-Vertrags] vereinbar, als die Definition von Fernsehveranstaltern, die für die Übertragung der [aufgelisteten] Veranstaltungen qualifiziert sind, auf objektiven Kriterien beruht, die einen tatsächlichen und möglichen Wettbewerb um den Erwerb der Senderechte für diese Veranstaltungen zulassen. Außerdem ist die Zahl der aufgelisteten Veranstaltungen nicht unverhältnismäßig hoch, so dass es nicht zu Wettbewerbsverzerrungen auf den nachgelagerten Märkten des frei zugänglichen Fernsehens und des Bezahlfernsehens kommt.

(21)      Die Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen [des Vereinigten Königreichs] erscheint umso eher gegeben, als für eine Reihe der aufgelisteten Ereignisse nur eine angemessene Sekundärberichterstattung erforderlich ist.

(24)      Aufgrund des Urteils [Infront WM/Kommission] stellt die Erklärung, dass Maßnahmen gemäß Artikel 3a Absatz 1 der Richtlinie [89/552] mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar sind, eine Entscheidung dar, die [deshalb] von der Kommission erlassen werden muss. Folglich ist durch diesen Rechtsakt festzustellen, dass die vom [Vereinigten Königreich] mitgeteilten Maßnahmen mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar sind. Die im Anhang zu diesem Beschluss aufgeführten Maßnahmen sollten gemäß Artikel 3a Absatz 2 der Richtlinie [89/552] im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht werden.“

 Verfahren und Anträge der Verfahrensbeteiligten

19      Mit Schriftsatz, der am 6. Februar 2008 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die FIFA die vorliegende Klage erhoben.

20      Mit besonderem, bei der Kanzlei des Gerichts am 28. Februar 2008 eingereichtem Schriftsatz hat die FIFA beim Gericht beantragt, der Kommission im Rahmen prozessleitender Maßnahmen die Vorlage mehrerer Dokumente aufzugeben, die ihrer Ansicht nach sowohl für die Ausübung ihrer Rechte als auch für die gerichtliche Überprüfung, zu der das Gericht aufgerufen sei, wesentlich sind.

21      Mit Entscheidung vom 26. Mai 2008 hat die Siebte Kammer des Gerichts beschlossen, in diesem Stadium die von der FIFA beantragten prozessleitenden Maßnahmen nicht zu ergreifen.

22      Mit Schriftsätzen, die am 11. und 16. Juni 2008 bei der Kanzlei des Gerichts eingereicht worden sind, haben das Vereinigte Königreich und das Königreich Belgien ihre Zulassung als Streithelfer in der vorliegenden Rechtssache zur Unterstützung der Anträge der Kommission beantragt.

23      Mit Beschluss vom 14. August 2008 hat der Präsident der Siebten Kammer des Gerichts diese Streitbeitritte zugelassen. Die Streithelfer haben ihre Schriftsätze und die FIFA hat ihre Stellungnahmen dazu fristgerecht eingereicht.

24      Mit Beschluss vom 15. Dezember 2009 ist die vorliegende Rechtssache zu gemeinsamem mündlichem Verfahren mit der Rechtssache T‑385/07, FIFA/Kommission, verbunden worden.

25      Das Gericht hat auf Bericht des Berichterstatters beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen, und im Rahmen prozessleitender Maßnahmen eine schriftliche Frage an die FIFA und zwei schriftliche Fragen an die Kommission gerichtet. Die Fragen des Gerichts sind fristgerecht beantwortet worden.

26      Die FIFA beantragt,

–        den angefochtenen Beschluss, soweit er die Weltmeisterschaft betrifft, teilweise oder ganz für nichtig zu erklären;

–        der Kommission, dem Königreich Belgien und dem Vereinigten Königreich die Kosten aufzuerlegen.

27      Die Kommission beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        der FIFA die Kosten aufzuerlegen.

28      Das Königreich Belgien und das Vereinigte Königreich beantragen Klageabweisung.

 Rechtliche Würdigung

1.     Zur Zulässigkeit

 Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

29      Das Königreich Belgien hält die Klage für unzulässig, weil die FIFA von dem angefochtenen Beschluss weder individuell noch unmittelbar betroffen sei und das Gericht für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit nationaler Maßnahmen nicht zuständig sei. Außerdem sei die FIFA im Vereinigten Königreich nicht gerichtlich gegen dessen Maßnahmen vorgegangen, so dass ihre Klage vor dem Gericht zu spät erhoben sei, denn die etwaige Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses berühre nicht die Gültigkeit der fraglichen nationalen Rechtsvorschriften.

30      Die FIFA ist der Auffassung, der angefochtene Beschluss sei eine anfechtbare Handlung und betreffe sie überdies unmittelbar und individuell.

 Würdigung durch das Gericht

31      Die vom Königreich Belgien vorgebrachten Unzulässigkeitsgründe betreffen unverzichtbare Prozessvoraussetzungen, da damit die Klagebefugnis der FIFA, die Einhaltung der Klagefrist und die Zuständigkeit des Gerichts in Frage gestellt werden. Diese Prozessvoraussetzungen sind somit vom Gericht von Amts wegen zu prüfen, auch wenn das Königreich Belgien als Streithelfer nach Art. 40 Abs. 4 der Satzung des Gerichtshofs und Art. 116 § 3 der Verfahrensordnung des Gerichts nicht befugt ist, sie geltend zu machen, da die Kommission die Zulässigkeit der Klage nicht in Abrede gestellt hat (vgl. in diesem Sinne entsprechend Urteil des Gerichtshofs vom 24. März 1993, CIRFS u. a./Kommission, C‑313/90, Slg. 1993, I‑1125, Randnrn. 21 bis 23).

32      Zur unmittelbaren Betroffenheit der FIFA ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung die in Art. 230 Abs. 4 EG genannte Voraussetzung, dass eine natürliche oder juristische Person von der Entscheidung unmittelbar betroffen sein muss, nur dann erfüllt ist, wenn sich die beanstandete Maßnahme der Gemeinschaft auf die Rechtsstellung dieser Person unmittelbar auswirkt und ihren Adressaten, die mit ihrer Durchführung betraut sind, keinerlei Ermessensspielraum lässt, ihre Durchführung vielmehr rein automatisch erfolgt und sich allein aus der Gemeinschaftsregelung ergibt, ohne dass weitere Durchführungsvorschriften angewandt werden (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 13. März 2008, Kommission/Infront WM, C‑125/06 P, Slg. 2008, I‑1451, Randnr. 47 und die dort angeführte Rechtsprechung).

33      Dazu ist festzustellen, dass nach Section 101 des Broadcasting Act 1996 (siehe oben, Randnr. 11) kein Fernsehveranstalter, der zu einer der oben in Randnr. 10 beschriebenen Kategorien gehört, ein auf der Liste des Vereinigten Königreichs verzeichnetes Ereignis direkt und auf Ausschließlichkeitsbasis übertragen darf. Nur wenn keine Anstalt der anderen Kategorie ein Interesse am Erwerb der Übertragungsrechte für dieses Ereignis gezeigt hat und wenn die sonstigen oben in Randnr. 13 genannten Voraussetzungen erfüllt sind, kann das Office of Communications der Anstalt, die die Rechte erworben hat, die Genehmigung erteilen, das betreffende Ereignis direkt und auf Ausschließlichkeitsbasis zu übertragen.

34      Aus dieser Regelung ergibt sich, dass die Vergabe der Übertragungsrechte an der Weltmeisterschaft, deren Veranstalter im Sinne des 21. Erwägungsgrundes der Richtlinie 97/36 die FIFA ist, an Fernsehveranstalter, die der Rechtshoheit des Vereinigten Königreichs unterliegen, in einer Weise, die anderen Anstalten, die unter die Zuständigkeit desselben Mitgliedstaats fallen und sich am Erwerb der Rechte interessiert gezeigt haben, die Möglichkeit nimmt, das ganze Ereignis oder Teile davon in diesem Land zu übertragen, nicht die Rechtsfolgen erzeugt, die eine solche Ausschließlichkeitsklausel im Regelfall mit sich bringt.

35      Zwar ergeben sich diese Rechtsfolgen aus den Rechtsvorschriften des Vereinigten Königreichs und nicht aus dem angefochtenen Beschluss, doch der mit diesem nach Art. 3a Abs. 3 der Richtlinie 89/552 ausgelöste Mechanismus der gegenseitigen Anerkennung schafft für die Mitgliedstaaten eine Verpflichtung zur Wahrung dieser Folgen. Insbesondere müssen die Mitgliedstaaten dafür sorgen, dass sich die ihrer Rechtshoheit unterliegenden Fernsehveranstalter an die Bedingungen für die Fernsehübertragung der auf der Liste des Vereinigten Königreichs verzeichneten Ereignisse in diesem Mitgliedstaat halten, wie sie vom Vereinigten Königreich in seinen gebilligten und im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlichten Maßnahmen festgelegt wurden. Die Verpflichtung, dieses Ergebnis zu erreichen, greift aber unmittelbar in die Rechtsstellung der Fernsehveranstalter ein, die der Rechtshoheit anderer Mitgliedstaaten als des Vereinigten Königreichs unterliegen und Übertragungsrechte für das Vereinigte Königreich erwerben möchten, deren Inhaberin ursprünglich die FIFA war (vgl. in diesem Sinne Urteil Kommission/Infront WM, oben in Randnr. 32 angeführt, Randnrn. 62 und 63).

36      Der durch den angefochtenen Beschluss ausgelöste Mechanismus der gegenseitigen Anerkennung verpflichtet deshalb die Mitgliedstaaten, dafür zu sorgen, dass ihrer Rechtshoheit unterliegende Fernsehveranstalter von Rechten wie den oben in Randnr. 34 beschriebenen keinen Gebrauch machen, so dass die FIFA eine Beeinträchtigung der Rechte, die sie ursprünglich innehat, auch erfährt, wenn sie öffentlich Anstalten angeboten werden, die nicht der Rechtshoheit des Vereinigten Königreichs, sondern der eines anderen Mitgliedstaats unterliegen.

37      Daher wirkt sich der angefochtene Beschluss unmittelbar auf die Rechtsstellung der FIFA aus, was die ursprünglich ihr zustehenden Rechte betrifft, und er lässt den Mitgliedstaaten keinerlei Ermessensspielraum hinsichtlich des beabsichtigten Ergebnisses, das automatisch vorgegeben ist und sich unabhängig von der Ausgestaltung der einzelnen Mechanismen, die von den nationalen Behörden zur Erreichung dieses Ergebnisses eingerichtet werden, allein aus der Gemeinschaftsregelung ergibt (vgl. in diesem Sinne Urteil Kommission/Infront WM, oben in Randnr. 32 angeführt, Randnrn. 60 und 61).

38      Mithin ist die FIFA von dem angefochtenen Beschluss unmittelbar betroffen.

39      Was die Frage angeht, ob die FIFA von dem angefochtenen Beschluss individuell betroffen ist, so kann eine andere Person als der Adressat einer Entscheidung nur dann geltend machen, individuell betroffen zu sein, wenn diese Entscheidung sie wegen bestimmter persönlicher Eigenschaften oder wegen sie aus dem Kreis aller übrigen Personen heraushebender Umstände berührt und sie dadurch in ähnlicher Weise individualisiert wie den Adressaten einer derartigen Entscheidung (vgl. Urteil Kommission/Infront WM, oben in Randnr. 32 angeführt, Randnr. 70 und die dort angeführte Rechtsprechung).

40      Im vorliegenden Fall ist unstreitig, dass die Weltmeisterschaft unabhängig von der Rechtsnatur und der Quelle der Übertragungsrechte an ihr ein Ereignis im Sinne des 21. Erwägungsgrundes der Richtlinie 97/36 ist, weil sie im Voraus von einem Veranstalter organisiert wird, der kraft Gesetzes zur Veräußerung dieser Rechte befugt ist, und dass die FIFA dieser Veranstalter ist. Da dies auch zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Beschlusses galt, war die FIFA zum damaligen Zeitpunkt leicht identifizierbar.

41      Außerdem wird in dem angefochtenen Beschluss die FIFA namentlich genannt, wenn in seinem Anhang auf das „FIFA World Cup Finals Tournament“ bzw. die „phase finale de la coupe du monde FIFA“ [deutsche Sprachfassung: „Endrunde der Fußball-Weltmeisterschaft“] Bezug genommen wird.

42      Die FIFA ist daher von dem angefochtenen Beschluss individuell betroffen.

43      Zum Vorbringen des Königreichs Belgien, dass das Gericht im Rahmen des Art. 230 EG nicht für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit von nationalen Maßnahmen zuständig sei und dass die FIFA die Maßnahmen des Vereinigten Königreichs nicht vor den nationalen Gerichten angefochten habe, genügt der Hinweis, dass die FIFA mit ihrer Klage namentlich die Rechtmäßigkeit von Art. 1 des angefochtenen Beschlusses in Abrede stellt, mit dem die fraglichen Maßnahmen für mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar erklärt wurden.

44      Daraus folgt, dass die Prüfung, um die das Gericht im vorliegenden Fall ersucht wird, die Rechtmäßigkeit dieser Feststellung betrifft, ohne dass die unterbliebene Anfechtung der Maßnahmen des Vereinigten Königreichs vor den nationalen Gerichten die Zulässigkeit der – im Übrigen innerhalb der Frist des Art. 230 EG eingereichten – Klage auf die eine oder die andere Weise berührt (vgl. in diesem Sinne Urteil Infront WM/Kommission, oben in Randnr. 15 angeführt, Randnr. 109).

45      Das Vorbringen des Königreichs Belgien, mit dem die Unzulässigkeit der Klage geltend gemacht wird, ist deshalb zurückzuweisen.

2.     Zur Begründetheit

46      Die FIFA macht im Wesentlichen sechs Klagegründe geltend, nämlich erstens einen Begründungsmangel, zweitens einen Verstoß gegen Art. 3a Abs. 1 der Richtlinie 89/552, drittens eine Verletzung ihres Eigentumsrechts, viertens einen Verstoß gegen die Vertragsbestimmungen über den freien Dienstleistungsverkehr, fünftens einen Verstoß gegen die Wettbewerbsbestimmungen des Vertrags und sechstens einen Verstoß gegen die Vertragsbestimmungen über die Niederlassungsfreiheit.

47      Der Prüfung der Klagegründe der FIFA sind einige allgemeine Ausführungen voranzustellen, denen bei der Beurteilung der Begründetheit der Klagegründe Rechnung zu tragen ist.

48      Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass Art. 3a Abs. 1 der Richtlinie 89/552 die Möglichkeit der Mitgliedstaaten konkretisiert hat, im audiovisuellen Bereich die Ausübung der vom primären Gemeinschaftsrecht festgelegten Grundfreiheiten aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses zu beschränken.

49      Selbst wenn nämlich die von den Mitgliedstaaten im Rahmen von Art. 3a Abs. 1 der Richtlinie 89/552 erlassenen Maßnahmen unterschiedslos sowohl für die im Inland ansässigen als auch für die in anderen Mitgliedstaaten ansässigen Unternehmen gelten, sind sie schon dann als Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs im Sinne des Art. 49 EG anzusehen, wenn sie bestimmten, im Inland ansässigen Unternehmen zugutekommen (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofs vom 5. Juni 1997, SETTG, C‑398/95, Slg. 1997, I‑3091, Randnr. 16, und vom 13. Dezember 2007, United Pan-Europe Communications Belgium u. a., C‑250/06, Slg. 2007, I‑11135, Randnrn. 37 und 38). Desgleichen können diese Maßnahmen die Niederlassungsfreiheit einschränken, wenn sie die Gesellschaften aus anderen Mitgliedstaaten gegenüber den Gesellschaften aus dem Mitgliedstaat, der sie erlassen hat, tatsächlich oder rechtlich benachteiligen können (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 11. Mai 1999, Pfeiffer, C‑255/97, Slg. 1999, I‑2835, Randnr. 19).

50      Solche Beschränkungen von vom Vertrag garantierten Grundfreiheiten können aber gerechtfertigt sein, wenn sie zwingenden Gründen des Allgemeininteresses entsprechen, geeignet sind, die Erreichung des mit ihnen verfolgten Ziels zu gewährleisten, und nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist (vgl. in diesem Sinne Urteile Pfeiffer, oben in Randnr. 49 angeführt, Randnr. 19, und United Pan-Europe Communications Belgium u. a., oben in Randnr. 49 angeführt, Randnr. 39 und die dort angeführte Rechtsprechung).

51      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Freiheit der Meinungsäußerung, wie sie in Art. 10 der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (im Folgenden: EMRK) verankert ist, zu den von der Gemeinschaftsrechtsordnung verbürgten Grundrechten gehört und einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses darstellt, der solche Beschränkungen rechtfertigen kann (vgl. in diesem Sinne Urteil United Pan-Europe Communications Belgium u. a., oben in Randnr. 49 angeführt, Randnr. 41 und die dort angeführte Rechtsprechung). Außerdem schließt nach Art. 10 Abs. 1 EMRK die Freiheit der Meinungsäußerung auch die Freiheit ein, Informationen zu empfangen.

52      Hier beschränken, wie im 19. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses ausgeführt, die vom Vereinigten Königreich erlassenen Maßnahmen den freien Dienstleistungsverkehr. Wie sich jedoch aus dem 18. Erwägungsgrund der Richtlinie 97/36 ergibt, sollen die Maßnahmen im Sinne des Art. 3a der Richtlinie 89/552 das Recht auf Informationen schützen und der Öffentlichkeit breiten Zugang zur Fernsehberichterstattung über nationale oder nichtnationale Ereignisse von erheblicher gesellschaftlicher Bedeutung verschaffen. Nach dem 21. Erwägungsgrund der Richtlinie 97/36 kommt einem Ereignis erhebliche Bedeutung zu, wenn es herausragend ist, von Interesse für die breite Öffentlichkeit in der Europäischen Union, in einem bestimmten Mitgliedstaat oder in einem bedeutenden Teil eines bestimmten Mitgliedstaats ist und im Voraus von einem Veranstalter organisiert wird, der befugt ist, die Rechte daran zu veräußern.

53      Daraus folgt, dass die Maßnahmen im Sinne des Art. 3a Abs. 1 der Richtlinie 89/552, da sie Ereignisse von erheblicher gesellschaftlicher Bedeutung betreffen, aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt sind, was von der FIFA auch nicht bestritten wird.

54      Die fraglichen Maßnahmen müssen sodann, wie oben in Randnr. 50 ausgeführt, geeignet sein, die Erreichung des mit ihnen verfolgten Ziels zu gewährleisten, und dürfen nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist.

55      Schließlich ist zur Bedeutung des 18. Erwägungsgrundes der Richtlinie 97/36 erstens darauf hinzuweisen, dass Art. 3a der Richtlinie 89/552, auf den sich dieser Erwägungsgrund bezieht, keine Harmonisierung der spezifischen Ereignisse vornimmt, die von den Mitgliedstaaten als von erheblicher gesellschaftlicher Bedeutung angesehen werden können. Im Gegensatz zu der Fassung dieser Vorschrift in dem Beschluss des Europäischen Parlaments betreffend den Gemeinsamen Standpunkt des Rates im Hinblick auf den Erlass der Richtlinie [97/36] (ABl. 1996, C 362, S. 56), die ausdrücklich auf die Olympischen Sommer‑ und Winterspiele und die Fußballwelt‑ und ‑europameisterschaften Bezug nimmt, enthält jene Bestimmung nämlich keine Bezugnahme auf bestimmte Ereignisse, die in die nationalen Listen aufgenommen werden können.

56      Daraus folgt, dass, wie im Übrigen von der Kommission vorgebracht, der 18. Erwägungsgrund der Richtlinie 97/36 nicht so verstanden werden kann, dass danach die Aufnahme der Weltmeisterschaft in eine nationale Liste von Ereignissen von erheblicher gesellschaftlicher Bedeutung ohne Weiteres mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar ist. Erst recht kann dieser Erwägungsgrund nicht so verstanden werden, dass es danach in allen Fällen gerechtfertigt ist, die Weltmeisterschaft in ihrer Gesamtheit und unabhängig von dem Interesse, das die Spiele dieses Wettbewerbs in dem betroffenen Mitgliedstaat hervorrufen, in eine solche Liste aufzunehmen.

57      In Anbetracht der Ausführungen in den vorstehenden Randnrn. 48 bis 53 bedeutet dieser Erwägungsgrund dagegen, dass ein Mitgliedstaat, wenn er Spiele der Weltmeisterschaft in die Liste seiner Wahl aufnimmt, in seiner Mitteilung an die Kommission keine besondere Begründung zu ihrer Eigenschaft als Ereignis von erheblicher gesellschaftlicher Bedeutung geben muss.

58      Diese Überlegungen bilden den Maßstab für die Prüfung der Begründetheit der von der FIFA erhobenen Klagegründe.

 Zum ersten Klagegrund: Begründungsmangel

 Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

59      Nach Ansicht der FIFA gibt die Kommission in dem angefochtenen Beschluss keinen Grund an, um die Aufnahme aller 64 Spiele der Weltmeisterschaft in die Liste des Vereinigten Königreichs zu rechtfertigen. Die Weltmeisterschaft werde zwar im 18. Erwägungsgrund der Richtlinie 97/36 als Beispiel für ein Ereignis von erheblicher gesellschaftlicher Bedeutung genannt, doch das bedeute nicht, dass alle Spiele der Weltmeisterschaft ohne Weiteres als von solcher Bedeutung angesehen werden könnten oder dass die Öffentlichkeit unbegrenzten Zugang zu ihnen haben müsse. Außerdem lasse nichts den Schluss zu, dass sich dieser Erwägungsgrund auf die Weltmeisterschaft in ihrer Gesamtheit beziehe. Insoweit sei eine Aufteilung der Weltmeisterschaftsspiele in „Topspiele“ auf der einen Seite, wozu die Halbfinalspiele, das Endspiel und die Spiele der jeweiligen Nationalmannschaft, hier einer der Nationalmannschaften des Vereinigten Königreichs, gehörten und die als Ereignisse von erheblicher Bedeutung für die Gesellschaft dieses Mitgliedstaats eingestuft werden könnten, und in „Normalspiele“ auf der anderen Seite, zu denen alle übrigen Spiele zählten, die nicht zwangsläufig so eingestuft werden könnten, ein probates Mittel und entspreche dem Vorgehen anderer Mitgliedstaaten, die ihre Maßnahmen nach Art. 3a Abs. 2 der Richtlinie 89/552 mitgeteilt hätten. Die Kommission selbst habe eine solche Kategorisierung der Spiele in ihrem Arbeitspapier CC TVSF(97) zur Anwendung des Art. 3a der Richtlinie 89/552 anerkannt.

60      Indem die Kommission davon ausgegangen sei, dass ihre Kontrolle der nationalen Auswahl der Ereignisse von erheblicher Bedeutung nur ganz beiläufig erfolge und praktisch überflüssig sei, habe sie ihre Verpflichtung zu eingehender Prüfung der Vereinbarkeit der Maßnahmen des Vereinigten Königreichs mit dem Gemeinschaftsrecht verkannt, was sie von einer angemessenen Begründung des angefochtenen Beschlusses in Bezug auf die Einstufung aller Weltmeisterschaftsspiele als von erheblicher Bedeutung für die Gesellschaft dieses Mitgliedstaats abgehalten habe.

61      Die Behörden des Vereinigten Königreichs hätten bei ihrer Entscheidung vom 25. Juni 1998 (siehe oben, Randnr. 7) auch nicht die Zuschauerzahlen für die Weltmeisterschaft 1998 berücksichtigt, weil dieser Wettbewerb am 12. Juli 1998 geendet habe, während sich die Kommission beim Erlass der Entscheidung vom 28. Juli 2000 auf diese Daten gestützt habe. Darüber hinaus hätten die britischen Behörden diese Zuschauerzahlen im Vorfeld der erneuten Mitteilung ihrer Liste an die Kommission am 5. Mai 2000 (siehe oben, Randnr. 14) ebenfalls nicht berücksichtigt.

62      Da mit der Entscheidung vom 25. Juni 1998 (siehe oben, Randnr. 7), anders als von der Advisory Group on listed events (siehe oben, Randnr. 9), den zuständigen Beamten des Ministeriums für Kultur, Medien und Sport und dem Generaldirektor des Office of Fair Trading (OFT, Wettbewerbsbehörde des Vereinigten Königreichs) vorgeschlagen und entgegen dem ursprünglichen Standpunkt des Ministeriums, mit dem die Aufnahme nur der „Topspiele“ empfohlen worden sei, alle Weltmeisterschaftsspiele in die Liste aufgenommen worden seien, hätte die Kommission ihre Entscheidung, die Aufnahme aller Spiele in die Liste des Vereinigten Königreichs zu billigen, begründen müssen. Außerdem hätte sich die Kommission über die Zuschauerzahlen für die Weltmeisterschaften 1998, 2002 und 2006 informieren müssen, anstatt die sieben Jahre zuvor im Juli 2000 getroffene Entscheidung unverändert zu wiederholen. Die Kommission gebe insoweit selbst an, bei ihrer Entscheidung vom 28. Juli 2000 die Zuschauerzahlen für die Weltmeisterschaft 1998 berücksichtigt zu haben, obwohl diese zum Zeitpunkt des Erlasses der Liste durch das Vereinigte Königreich am 25. Juni 1998 nicht vorgelegen hätten, was bestätige, dass beim Erlass des angefochtenen Beschlusses die jüngsten Daten hätten berücksichtigt werden müssen. Außerdem habe sich das Gericht im Urteil Infront WM/Kommission (oben in Randnr. 15 angeführt) nicht zu anderen Nichtigkeitsgründen als dem eines Formfehlers geäußert, auf den es die Nichtigerklärung der Entscheidung vom 28. Juli 2000 gestützt habe.

63      Die FIFA weist darauf hin, dass zwischen August 2006 und Februar 2007 ein Schriftwechsel zwischen der Kommission und den Behörden des Vereinigten Königreichs stattgefunden habe. Sie habe sich mit Verwaltungsverfahren sowohl auf Gemeinschafts- als auch auf nationaler Ebene erfolglos um Zugang zu den Dokumenten bemüht. Die Kommission hätte in dem angefochtenen Beschluss alle Umstände im Zusammenhang mit ihrer Beurteilung der Vereinbarkeit der Maßnahmen des Vereinigten Königreichs mit dem Gemeinschaftsrecht anführen müssen, insbesondere die Zuschauerzahlen für die Weltmeisterschaften 1998, 2002 und 2006 und den Inhalt des besagten Schriftwechsels, da sie die darin enthaltenen Informationen beim Erlass des angefochtenen Beschlusses berücksichtigt habe.

64      Schließlich könne die Begründung des angefochtenen Beschlusses nicht im Lauf des Verfahrens ergänzt werden, so dass alle erstmals vor dem Gericht geltend gemachten Gründe wie die von der Kommission in ihrer Klagebeantwortung angeführten insoweit unabhängig von ihrem sachlichen Beweiswert nicht berücksichtigt werden könnten.

65      Aus alledem folge, dass die Kommission hinsichtlich der Beurteilung, dass alle Weltmeisterschaftsspiele und nicht nur die „Topspiele“ Ereignisse von erheblicher Bedeutung für die Gesellschaft des Vereinigten Königreichs seien, ihre Begründungspflicht unter Verstoß gegen Art. 253 EG missachtet habe.

66      Die Kommission macht mit Unterstützung der Streithelfer geltend, dass dieser Klagegrund unbegründet sei.

 Würdigung durch das Gericht

67      Nach ständiger Rechtsprechung muss die nach Art. 253 EG vorgeschriebene Begründung der Natur des betreffenden Rechtsakts angepasst sein und die Überlegungen des Gemeinschaftsorgans, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und das zuständige Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann. Das Begründungserfordernis ist anhand der Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Inhalts des Rechtsakts, der Art der angeführten Gründe und des Interesses zu beurteilen, das die Adressaten oder andere durch den Rechtsakt unmittelbar und individuell betroffene Personen an Erläuterungen haben können. In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich oder rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob die Begründung eines Rechtsakts den Erfordernissen des Art. 253 EG genügt, nicht nur anhand seines Wortlauts, sondern auch seines Kontextes sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet zu beurteilen ist (Urteil des Gerichtshofs vom 30. März 2000, VBA/Florimex u. a., C‑265/97 P, Slg. 2000, I‑2061, Randnr. 93).

68      Die FIFA beanstandet, die Kommission habe ihre Schlussfolgerung nicht eigens begründet, wonach alle Weltmeisterschaftsspiele und nicht nur die „Topspiele“ als von erheblicher Bedeutung für die Gesellschaft des Vereinigten Königreichs anzusehen seien. Im Übrigen ist hervorzuheben, dass die FIFA in ihrer schriftlichen Antwort auf die vom Gericht im Rahmen prozessleitender Maßnahmen gestellte Frage (siehe oben, Randnr. 25) ausdrücklich bestätigt hat, was mittelbar aus mehreren Stellen ihrer Schriftsätze hervorgeht, nämlich, dass sie die Aufnahme der „Topspiele“ der Weltmeisterschaft in eine nationale Liste für mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar halte, sofern auch den Erfordernissen eines eindeutigen und transparenten Verfahrens Rechnung getragen sei.

69      Zwar enthält der 18. Erwägungsgrund der Richtlinie 97/36 keine Aussage zu der Schlüsselfrage der Aufnahme aller oder einiger Weltmeisterschaftsspiele in eine nationale Liste von Ereignissen von erheblicher gesellschaftlicher Bedeutung, doch gibt es keinen triftigen Grund für die Annahme, dass grundsätzlich nur die „Topspiele“ diese Einstufung verdienen und daher zu einer solchen Liste gehören können.

70      Die Weltmeisterschaft ist nämlich ein Wettbewerb, der vernünftigerweise eher als ein Gesamtereignis und nicht als eine Zusammenstellung einzelner, in „Topspiele“ und „Normalspiele“ aufgeteilter Ereignisse angesehen werden kann. Bekanntlich bestimmen bei der Weltmeisterschaft die Ergebnisse der „Normalspiele“ das Schicksal der Mannschaften, so dass von ihnen deren Beteiligung an den „Topspielen“ – wie denjenigen unter Beteiligung der Nationalmannschaft, die das Spiel zum „Topspiel“ erhebt – abhängen kann. So werden in den „Normalspielen“ die Gegner ermittelt, auf die die Nationalmannschaft, deren Beteiligung ein Spiel zum „Topspiel“ erhebt, in den späteren Runden des Wettbewerbs trifft. Außerdem kann von den Ergebnissen der „Normalspiele“ sogar abhängen, ob diese Nationalmannschaft die nächste Runde des Wettbewerbs erreicht oder nicht.

71      In Anbetracht dieses besonderen Zusammenhangs, aufgrund dessen die Weltmeisterschaft als ein Gesamtereignis angesehen werden kann, wie im 18. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hervorgehoben wird, musste die Kommission ihre Beurteilung hinsichtlich der „Normalspiele“ nicht näher begründen, und zwar insbesondere, wenn die einschlägigen Statistiken nicht belegen, dass diese Spiele systematisch eine zu vernachlässigende Zahl von Zuschauern interessieren (siehe unten, Randnrn. 122 bis 129). Aufgrund dieser Umstände konnte die Kommission ihren Beschluss auch mit dem Verweis auf das besondere Interesse begründen, auf das die Weltmeisterschaft im Vereinigten Königreich in dem Sinne stößt, dass es sich um ein bei der breiten Öffentlichkeit und nicht nur bei den Fußballfans besonders beliebtes Ereignis handelt, wie im sechsten Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses ausgeführt wird.

72      Die FIFA kann mithin der in den Erwägungsgründen 6 und 18 des angefochtenen Beschlusses (siehe oben, Randnr. 18) enthaltenen Begründung die Gründe entnehmen, aus denen die Kommission befand, dass es gerechtfertigt gewesen sei, alle Weltmeisterschaftsspiele in die Liste von Ereignissen von erheblicher Bedeutung für die Gesellschaft des Vereinigten Königreichs aufzunehmen, und das Gericht kann anhand dieser Begründung seine Kontrolle der Begründetheit dieser Beurteilung ausüben, so dass der angefochtene Beschluss insoweit die Voraussetzungen des Art. 253 EG erfüllt.

73      Diese Schlussfolgerung wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass während des Verfahrens zum Erlass der Liste von Ereignissen von erheblicher Bedeutung für die Gesellschaft des Vereinigten Königreichs bestimmte Organe die Aufnahme nur der „Topspiele“ in diese Liste vorgeschlagen hatten. Da nämlich die Bedeutung der „Normalspiele“ es rechtfertigt, die Weltmeisterschaft insgesamt als Ereignis von erheblicher gesellschaftlicher Bedeutung anzusehen, bringt der Umstand, dass einige Beamte oder beratende Organe dem Minister im Rahmen ihrer Befugnisse die Aufnahme nur der „Topspiele“ in die Liste vorschlugen, nicht die Verpflichtung für die Kommission mit sich, zu erläutern, weshalb der Minister fehlerfrei handelte, als er einen anderen, aber ebenfalls vertretbaren Standpunkt einnahm.

74      Gleiches gilt für das Vorbringen, dass es einen Schriftwechsel zwischen der Kommission und den Behörden des Vereinigten Königreichs gebe, auf den der angefochtene Beschluss keinen Bezug nehme. Da nämlich der angefochtene Beschluss hinreichend begründet ist, kann der Kommission nicht vorgeworfen werden, nicht noch mehr Gesichtspunkte darin aufgenommen zu haben. Im Übrigen berührt die Frage, ob sich aus anderen Gesichtspunkten ergibt, dass die „Normalspiele“ tatsächlich nicht von erheblicher Bedeutung für die Gesellschaft des Vereinigten Königreichs sind, die materielle Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beschlusses und ist im Rahmen des zweiten Klagegrundes zu prüfen (siehe unten, Randnrn. 118 bis 129).

75      Zum Vorbringen, dass die Zuschauerzahlen für die Weltmeisterschaft 1998 am 25. Juni 1998, dem Tag des Erlasses der Liste des Vereinigten Königreichs (siehe oben, Randnr. 7), nicht vorgelegen hätten, während die Kommission sich auf diese Zahlen gestützt habe, ist festzustellen, dass nichts einen Mitgliedstaat daran hindert, der Kommission Anhaltspunkte zu unterbreiten, die sich auf einen Zeitraum nach dem Erlass der Liste von Ereignissen von erheblicher Bedeutung für seine Gesellschaft beziehen, und auch die Kommission durch nichts daran gehindert ist, ihnen Rechnung zu tragen. Außerdem können solche Anhaltspunkte die Kommission veranlassen, den betroffenen Mitgliedstaat zur Änderung seiner Maßnahmen aufzufordern, um sie auf der Grundlage der so weit wie möglich auf den neuesten Stand gebrachten Daten in Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht zu bringen. Diese Auslegung wird dadurch bestätigt, dass Art. 3a Abs. 2 der Richtlinie 89/552 die Mitgliedstaaten auffordert, der Kommission ihre Maßnahmen selbst vor deren Erlass vorzulegen.

76      Die Kommission musste deshalb in dem angefochtenen Beschluss nicht eigens begründen, weshalb sie entschied, Anhaltspunkte zu berücksichtigen, die zum Zeitpunkt der Erstellung der Liste von Ereignissen von erheblicher Bedeutung für die Gesellschaft des Vereinigten Königreichs nicht vorhanden waren.

77      Der erste Klagegrund ist deshalb zurückzuweisen.

 Zum zweiten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 3a Abs. 1 der Richtlinie 89/552

78      Dieser Klagegrund gliedert sich in zwei Teile, mit deren erstem beanstandet wird, dass die Maßnahmen des Vereinigten Königreichs nicht nach einem eindeutigen und transparenten Verfahren erlassen worden seien, und mit deren zweitem geltend gemacht wird, dass die „Normalspiele“ nicht von erheblicher Bedeutung für die Gesellschaft dieses Mitgliedstaats seien.

 Zu dem von den Behörden des Vereinigten Königreichs befolgten Verfahren

–       Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

79      Die FIFA macht geltend, die Aufnahme aller Weltmeisterschaftsspiele in die Liste von Ereignissen von erheblicher Bedeutung für die Gesellschaft des Vereinigten Königreichs sei undurchschaubar gewesen und als solche nicht nachvollziehbar. Der Minister habe sich weder an die einstimmigen Ratschläge, die er von den zuständigen Ministerialbeamten, der Advisory Group on listed events und dem Generaldirektor des OFT erhalten habe, noch an den ursprünglichen Standpunkt des Ministeriums gehalten, und die Gründe für diese Entscheidung seien nie öffentlich geworden. Das Unterbleiben der Bekanntgabe der Gründe, die den Minister dazu veranlasst hätten, diesen unabhängigen Empfehlungen nicht zu folgen, sei aber nicht mit den Erfordernissen der Eindeutigkeit und Transparenz vereinbar, die für das fragliche Verfahren gälten. Außerdem hätten die Behörden des Vereinigten Königreichs in einem Dokument vom 23. September 1999 fälschlicherweise angegeben, dass die Zuschauerzahlen für die Weltmeisterschaft 1998 beim Erlass der Entscheidung vom 25. Juni 1998 berücksichtigt worden seien (siehe oben, Randnr. 61), was die Kommission leicht hätte bemerken können.

80      Im Übrigen habe den Zuschauerzahlen für die Weltmeisterschaft 1994 auch ein schwerer mathematischer Fehler angehaftet. Jedenfalls rechtfertigten weder die Zahlen für die Weltmeisterschaft 1998 noch die Zahlen für die Weltmeisterschaft 1994 die Aufnahme aller Weltmeisterschaftsspiele in die Liste. Die zweite Mitteilung der Liste am 5. Mai 2000 (siehe oben, Randnr. 14) ändere daran nichts, da die Zahlen für 1998 vor dieser neuen Mitteilung tatsächlich nicht überprüft worden seien.

81      Da erstens die Gründe für die Aufnahme aller Spiele in die Liste der Ereignisse von erheblicher Bedeutung für die Gesellschaft des Vereinigten Königreichs offenkundig nicht die gleichen seien wie die der Kommission von den britischen Behörden mitgeteilten und zweitens Erstere nicht bekannt gegeben worden seien, habe die Kommission nur zu dem Schluss kommen können, dass das nationale Verfahren nicht mit den in Art. 3a Abs. 1 der Richtlinie 89/552 genannten Erfordernissen der Eindeutigkeit und Transparenz in Einklang gestanden habe. Unter diesen Umständen habe die Kommission einen Fehler begangen, indem sie das Verfahren für eindeutig und transparent gehalten habe. Diese Rüge stelle nicht auf die Gültigkeit des nationalen Verfahrens an sich ab, sondern auf die Rechtmäßigkeit der von der Kommission insoweit vorgenommenen Beurteilung.

82      Schließlich betont die FIFA, dass die Durchführung der vom Minister eingeleiteten Konsultation zu den Auswahlkriterien für die Ereignisse von erheblicher gesellschaftlicher Bedeutung nichts an ihren Beurteilungen ändere, da sie sich nicht gegen die Erheblichkeit dieser Kriterien wende.

83      Die Kommission hält, unterstützt durch die Streithelfer, das Vorbringen der FIFA für unbegründet.

–       Würdigung durch das Gericht

84      Vorab ist darauf hinzuweisen, dass Art. 3a Abs. 1 der Richtlinie 89/552 nicht die spezifischen Merkmale nennt, die die Verfahren kennzeichnen müssen, die auf nationaler Ebene zur Erstellung der Liste von Ereignissen von erheblicher gesellschaftlicher Bedeutung eingerichtet werden. Diese Bestimmung belässt den Mitgliedstaaten einen Ermessensspielraum bei der Durchführung der fraglichen Verfahren hinsichtlich der Verfahrensabschnitte, der etwaigen Hinzuziehung Betroffener und der Zuweisung der Verwaltungsbefugnisse, wobei klargestellt wird, dass die Verfahren insgesamt von Eindeutigkeit und Transparenz geprägt sein müssen.

85      Die Beschränkungen der Ausübung der vom Vertrag verbürgten Grundfreiheiten durch nationale Maßnahmen, die aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt sind, müssen nämlich noch geeignet sein, die Erreichung des mit ihnen verfolgten Ziels zu gewährleisten, und dürfen nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist (siehe oben, Randnr. 50).

86      So müssen, selbst wenn nationale Rechtsvorschriften wie diejenigen im Sinne des Art. 3a Abs. 1 der Richtlinie 89/552 auf den Schutz der Freiheit der Meinungsäußerung abzielen (siehe oben, Randnrn. 51 bis 53), die Erfordernisse, die sich aus den Maßnahmen zur Durchführung einer entsprechenden Politik ergeben, auf jeden Fall gemessen an diesem Ziel verhältnismäßig sein, und die Modalitäten ihrer Anwendung dürfen nicht zur Diskriminierung von Angehörigen anderer Mitgliedstaaten führen (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofs vom 28. November 1989, Groener, C‑379/87, Slg. 1989, 3967, Randnr. 19, und vom 12. Juni 2003, Schmidberger, C‑112/00, Slg. 2003, I‑5659, Randnr. 82).

87      In diesem Zusammenhang müssen die Verfahren, die die Mitgliedstaaten zwecks Erlasses der Liste von Ereignissen von erheblicher gesellschaftlicher Bedeutung einrichten, eindeutig und transparent in dem Sinn sein, dass sie auf objektiven, den Betroffenen im Voraus bekannten Kriterien beruhen müssen, so dass verhindert wird, dass das Ermessen, über das die Mitgliedstaaten bei der Entscheidung über die konkreten, in ihre Listen aufzunehmenden Ereignisse verfügen, willkürlich ausgeübt wird (vgl. in diesem Sinne Urteil United Pan-Europe Communications Belgium u. a., oben in Randnr. 49 angeführt, Randnr. 46). Auch wenn nämlich die Aufnahme eines Ereignisses in die Liste nach Art. 3a der Richtlinie 89/552 erfordert, dass es von erheblicher gesellschaftlicher Bedeutung ist, stellt doch die vorherige Aufstellung spezifischer Kriterien, anhand deren die Bedeutung beurteilt wird, einen wesentlichen Aspekt dafür dar, dass die nationalen Entscheidungen transparent erlassen werden und sich im Rahmen des Ermessens halten, über das die nationalen Behörden insoweit verfügen (vgl. unten, Randnr. 112).

88      Das Erfordernis der Eindeutigkeit und Transparenz des Verfahrens bedeutet auch, dass die das Verfahren betreffenden Bestimmungen die für die Erstellung der Ereignisliste zuständige Stelle und die Voraussetzungen nennen, unter denen die Betroffenen Stellung nehmen können.

89      Das bloße Bestehen von Anhaltspunkten, mit denen die Beurteilung der gesellschaftlichen Bedeutung eines bestimmten Ereignisses durch eine nationale Stelle in Frage gestellt werden soll, betrifft dagegen weder die Eindeutigkeit noch die Transparenz des befolgten Verfahrens, sondern die Begründetheit dieser Beurteilung. Das Gleiche gilt, wenn diese Anhaltspunkte in Empfehlungen von beratenden Organen oder Dienststellen der zuständigen Stelle bestehen.

90      Hier ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die FIFA die Eindeutigkeit und Transparenz des vom Vereinigten Königreich durchgeführten Verfahrens insoweit in Abrede stellt, als das Verfahren zur Aufnahme aller Weltmeisterschaftsspiele und nicht nur der „Topspiele“ in die Liste geführt hat.

91      Sodann ist festzustellen, dass die von der FIFA angeführten Rügen nicht geeignet sind, die Beurteilung in Frage zu stellen, die die Kommission hinsichtlich der Eindeutigkeit oder der Transparenz des Verfahrens vorgenommen hat, das vom Minister zur Erstellung der Liste von Ereignissen von erheblicher Bedeutung für die Gesellschaft des Vereinigten Königreichs befolgt wurde (siehe oben, Randnrn. 7 bis 9). Entgegen dem Vorbringen der FIFA ist es nämlich weder Zweck noch Wirkung des in Art. 3a der Richtlinie 89/552 aufgestellten Erfordernisses der Eindeutigkeit und Transparenz, die zuständige nationale Stelle zur Darlegung der Gründe zu zwingen, aus denen sie Empfehlungen oder Stellungnahmen nicht gefolgt ist, die bei ihr im Konsultationsverfahren eingereicht wurden.

92      Dies gilt erst recht in Bezug auf die Weltmeisterschaft, die im 18. Erwägungsgrund der Richtlinie 97/36 genannt wird und vernünftigerweise eher als ein Gesamtereignis und nicht als eine Zusammenstellung einzelner, in „Topspiele“ und „Normalspiele“ aufgeteilter Ereignisse angesehen werden kann (siehe oben, Randnr. 70).

93      Unter diesen Umständen kann ein Betroffener, wenn er der Ansicht ist, dass die im Konsultationsverfahren vorgelegten Empfehlungen oder gar ein von Dienststellen der zuständigen Stelle zum Ausdruck gebrachter Standpunkt Anhaltspunkte enthalten, die die abschließende Beurteilung der gesellschaftlichen Bedeutung des betreffenden Ereignisses durch diese Stelle entkräften, erstens gegen diese Beurteilung auf nationaler Ebene gerichtlich vorgehen und zweitens die Begründetheit der etwaigen Entscheidung der Kommission, mit der diese die fragliche Beurteilung billigt, vor dem Gericht anfechten, wie es die FIFA im Übrigen im Rahmen des zweiten Teils dieses Klagegrundes tut.

94      Zu den Ausführungen im Zusammenhang mit den von den Behörden des Vereinigten Königreichs berücksichtigten Zuschauerzahlen ist festzustellen, dass auch sie gegen die materielle Beurteilung gerichtet sind, die von der Kommission hinsichtlich der Berechtigung des Standpunkts des Ministers in Bezug auf die Bedeutung der „Normalspiele“ für die Gesellschaft dieses Mitgliedstaats vorgenommen wurde. Sie betreffen deshalb ebenfalls nicht die Frage, ob das von den Behörden des Vereinigten Königreichs durchgeführte Verfahren eindeutig und transparent war.

95      Das Vorbringen, dass die Zuschauerzahlen für die Weltmeisterschaft 1998 am 25. Juni 1998, dem Tag des Erlasses der Liste des Vereinigten Königreichs (siehe oben, Randnr. 7), nicht vorgelegen hätten, während sich die Kommission auf diese Zahlen gestützt habe, ist aus den oben in Randnr. 75 dargestellten Gründen zu verwerfen.

96      Mit dem Vorbringen der FIFA wird mithin nicht dargetan, dass die Kommission einen Fehler beging, indem sie das vom Vereinigten Königreich durchgeführte Verfahren in Bezug auf die Aufnahme der Weltmeisterschaft in die Liste von Ereignissen von erheblicher Bedeutung für die Gesellschaft dieses Mitgliedstaats als eindeutig und transparent ansah.

97      Der erste Teil des zweiten Klagegrundes ist demnach zurückzuweisen.

 Zur Bedeutung der „Normalspiele“ für die Gesellschaft des Vereinigten Königreichs

–       Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

98      Die FIFA stützt diesen Teil des vorliegenden Klagegrundes darauf, dass erstens die „Normalspiele“ außer bei den Fußballfans auf kein besonderes Interesse stießen und sie zweitens weder traditionell in frei zugänglichen Fernsehsendungen übertragen worden seien, noch hohe Einschaltquoten erzielt hätten. Daraus folge, dass die „Normalspiele“ die beiden Kriterien nicht erfüllten, die von der Kommission in den Erwägungsgründen 6 und 18 des angefochtenen Beschlusses zugrunde gelegt worden seien, so dass der Kommission insoweit ein Fehler unterlaufen sei.

99      Nach Ansicht der FIFA ist es nicht gerechtfertigt, alle Weltmeisterschaftsspiele als Ereignisse von erheblicher Bedeutung für die Gesellschaft des Vereinigten Königreichs anzusehen, d. h. als herausragende Ereignisse, die von Interesse für die breite Öffentlichkeit seien, wie es im 21. Erwägungsgrund der Richtlinie 97/36 heiße.

100    Die FIFA macht insoweit geltend, dass zwar die Mitgliedstaaten die Ereignisse, denen sie eine erhebliche gesellschaftliche Bedeutung beimäßen, frei auswählen könnten, die Kommission aber eingehend prüfen müsse, ob diese Wahl aus Sicht des Gemeinschaftsrechts rechtmäßig sei. So ermächtige das Ermessen, über das die Mitgliedstaaten in diesem Bereich verfügten, sie weder, willkürliche Standpunkte einzunehmen, noch sei es unbegrenzt, und die Entscheidungen der Mitgliedstaaten hätten weder Vorrang noch mehr Gewicht und seien schon gar nicht unangreifbar.

101    Im vorliegenden Fall bestätigten die durchgeführten Studien, dass die Personen, die den Fußball üblicherweise nicht verfolgten, nur ein begrenztes Interesse an den „Normalspielen“ zeigten. Die FIFA betont auch, sie wende sich nicht gegen die Wahl des Gesetzgebers, Vorschriften wie Art. 3a der Richtlinie 89/552 zu den Ereignissen von erheblicher gesellschaftlicher Bedeutung zu erlassen, sondern gegen die Bedeutung, die die Kommission diesem Begriff in dem angefochtenen Beschluss gegeben habe. Sie wiederholt in diesem Zusammenhang, dass die „Topspiele“ berechtigterweise als von erheblicher gesellschaftlicher Bedeutung im Sinne dieser Bestimmung angesehen werden könnten, was im Übrigen ihrer eigenen Politik entspreche. Nach dieser Politik müssten die Halbfinalspiele, das Endspiel, die Spiele der Nationalmannschaft, deren Beteiligung ein Spiel zum „Topspiel“ erhebe, und das Eröffnungsspiel der Weltmeisterschaft in Direktberichterstattung auf einem frei zugänglichen Fernsehkanal übertragen werden.

102    Aus einer Studie, die auf den Inhalten der Datenbank des Broadcast Audience Research Board aufbaue, ergebe sich, dass die durchschnittliche Zahl von Nichtfußballfans, die jeweils mindestens 30 zusammenhängende Minuten aller „Normalspiele“ der Weltmeisterschaft 2006 angeschaut hätten, nur 2,8 % der Gesamtzuschauerzahl ausgemacht habe, gegenüber 14,7 % der Nichtfans, die jeweils mindestens 30 zusammenhängende Minuten aller „Topspiele“ angeschaut hätten, 18,5 %, die ein gleich langes Stück des Endspiels gesehen hätten, und 7,1 % bzw. 17 %, bei denen dies für die Halbfinalspiele und für die Spiele der englischen Nationalmannschaft der Fall gewesen sei.

103    Zu den der Kommission vom Vereinigten Königreich vorgelegten Daten wiederholt die FIFA, dass die Daten für die Weltmeisterschaft 1998 am 25. Juni 1998, dem Tag des Erlasses der Liste von Ereignissen von erheblicher Bedeutung für die Gesellschaft dieses Mitgliedstaats (siehe oben, Randnr. 7), nicht vorgelegen hätten, während das Dokument vom 23. September 1999 (siehe oben, Randnr. 79) auf eine Durchschnittszahl von 8,59 Millionen Zuschauern Bezug nehme, die die Spiele dieses Wettbewerbs angeschaut hätten. Abgesehen davon, dass diese Zahl zu hoch sei – die richtige Zahl sei 6,518 Millionen Fernsehzuschauer –, sage sie nichts über die Bedeutung der „Normalspiele“ für die breite Öffentlichkeit im Vereinigten Königreich aus. Zum einen nämlich würden darin auch die „Topspiele“ berücksichtigt, und zum anderen werde nicht unterschieden zwischen Fußballfans und denjenigen, die keine Fußballfans seien, sich aber entschieden, ein Weltmeisterschaftsspiel anzuschauen, weil es in ihren Augen von erheblicher gesellschaftlicher Bedeutung sei. Die Ergebnisse der oben in Randnr. 102 angeführten Studie zeigten aber, dass außer den Fußballfans die breite Öffentlichkeit nicht sonderlich an den „Normalspielen“ interessiert sei, so dass diese Spiele bei diesem Publikum keinen Anklang fänden. Diese Schlussfolgerungen stünden in Einklang mit der Entscheidungspraxis der Kommission. Dieser sei somit ein Fehler unterlaufen, als sie die „Normalspiele“ als von Bedeutung für die Nichtfußballfans angesehen habe.

104    Die Kommission habe auch einen Fehler begangen, als sie der Auffassung gewesen sei, dass alle Weltmeisterschaftsspiele traditionell in einer frei zugänglichen Fernsehsendung ausgestrahlt worden seien, weil dies bei den Weltmeisterschaften 1994 bei 16, 1998 bei acht und 2002 bei acht Spielen nicht der Fall gewesen sei, selbst wenn sie in einigen Fällen nicht zeitgleich mit einem anderen Spiel stattgefunden hätten. Außerdem seien acht „Normalspiele“ der Weltmeisterschaft 2006 von Fernsehanstalten der zweiten Kategorie der Section 98 des Broadcasting Act 1996 (siehe oben, Randnr. 10) übertragen worden. Bei den Weltmeisterschaften 1994, 1998 und 2002 sei im Übrigen so vorgegangen worden, dass Spiele nicht übertragen worden seien, wenn sie zeitgleich mit anderen stattgefunden hätten.

105    Außerdem ergebe sich aus den Daten betreffend die Zuschauerzahlen für die Weltmeisterschaften 1994, 1998, 2002 und 2006, die zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Beschlusses vorgelegen hätten, dass die „Normalspiele“ einen Bruchteil der Zahl von Fernsehzuschauern anzögen, die die „Topspiele“ anschauten. Zudem könnten, anders als die Kommission geltend mache, die Zuschauerzahlen für die „Normalspiele“ der Weltmeisterschaften 1994 und 1998 keinesfalls als außergewöhnlich hoch eingestuft werden, wenn man die Bevölkerung des Vereinigten Königreichs und die Zuschauerzahlen für die „Topspiele“ berücksichtige.

106    Neun Spiele der Weltmeisterschaft 1994 und 23 Spiele der Weltmeisterschaft 2002, die direkt übertragen worden seien, hätten nämlich weniger als drei Millionen Fernsehzuschauer angezogen, zwölf direkt übertragene Spiele der Weltmeisterschaft 1998 seien von weniger als fünf Millionen Fernsehzuschauern verfolgt worden, und fünf „Normalspiele“ der Weltmeisterschaft 2006 seien bei zwischen 65 000 und 96 000 Fernsehzuschauern auf Interesse gestoßen.

107    Deshalb seien die beiden Kriterien, die die Kommission für die Schlussfolgerung herangezogen habe, dass die „Normalspiele“ der Weltmeisterschaft von erheblicher Bedeutung für die Gesellschaft des Vereinigten Königreichs seien, d. h., dass sie in diesem Mitgliedstaat besondere Resonanz fänden und bisher mit hohen Zuschauerzahlen in einer frei zugänglichen Fernsehsendung übertragen worden seien, in Wirklichkeit nicht erfüllt.

108    Darüber hinaus könne nicht behauptet werden, dass die „Normalspiele“ von erheblicher Bedeutung für die Gesellschaft des Vereinigten Königreichs seien, wenn zugleich die Fernsehveranstalter nach dem Recht dieses Mitgliedstaats nicht zu deren Übertragung verpflichtet seien und es solche Verpflichtungen in Bezug auf andere Ereignisse gebe. Zudem erwidert die FIFA auf das Vorbringen der Kommission, wonach auf einem Kanal nicht zwei zeitgleich stattfindende Weltmeisterschaftsspiele übertragen werden könnten, dass eine Rundfunkanstalt die fraglichen Spiele, wenn sie wirklich Ereignisse von erheblicher gesellschaftlicher Bedeutung seien, auf zweien ihrer Kanäle (wie BBC 1 und BBC 2) zur gleichen Zeit ausstrahlen oder eine Unterlizenz an eine andere Rundfunkanstalt vergeben könnte. Zum Vorbringen der Kommission, dass die von der FIFA in Bezug genommenen Zahlen weder dem Tag noch der Uhrzeit der Ausstrahlung eines Spiels Rechnung trügen, macht diese geltend, dass diese Faktoren keine bedeutsame Auswirkung auf die Zuschauerzahlen hätten, und führt als Beispiel dafür zahlreiche Weltmeisterschaftsspiele zwischen 1994 und 2006 an.

109    Außerdem sei in Anbetracht dessen, dass ein Ereignis, dem erhebliche Bedeutung für eine Gesellschaft beigemessen werde, nicht zwangsläufig von erheblicher Bedeutung für eine andere Gesellschaft sein müsse, die Behauptung der Kommission, dass die Bezugnahme auf die Weltmeisterschaft im 18. Erwägungsgrund der Richtlinie 97/36 auf alle Weltmeisterschaftsspiele abstelle, unhaltbar. Auch sei es nicht denkrichtig, die Weltmeisterschaft als ein nicht aufteilbares Ereignis zu betrachten, obwohl sie in mehreren Phasen ablaufe und auf der Liste des Vereinigten Königreichs andere Ereignisse, die verschiedene Spiele umfassten, wie die Cricketweltmeisterschaft als aufteilbare Ereignisse behandelt würden. Im Übrigen hätten außer dem Vereinigten Königreich und dem Königreich Belgien alle anderen Mitgliedstaaten Ereignislisten erstellt, auf denen nur bestimmte Spiele, die den „Topspielen“ der Weltmeisterschaft entsprächen, verzeichnet seien und die von der Kommission gebilligt worden seien. Dies zeige, dass die Weltmeisterschaft nicht zwangsläufig als ein nicht aufteilbares Ereignis angesehen werden müsse.

110    Die FIFA macht geltend, wenn Art. 3a Abs. 1 der Richtlinie 89/552 entgegen ihrem Vorbringen so zu verstehen sein sollte, dass die Weltmeisterschaft aufgrund des Wortlauts des 18. Erwägungsgrundes der Richtlinie 97/36 in ihrer Gesamtheit als ein Ereignis von erheblicher gesellschaftlicher Bedeutung anzusehen sei, müsse berücksichtigt werden, dass in der Klageschrift und jedenfalls in der Erwiderung implizit eine Einrede nach Art. 241 EG gegen diese Bestimmung erhoben worden sei. Im Rahmen dieser Einrede beruft sich die FIFA auf das gesamte Vorbringen, mit dem sie darzutun bezweckt, dass es keinen Grund gebe, die Weltmeisterschaft in ihrer Gesamtheit als ein einheitliches Ereignis von besonderer gesellschaftlicher Bedeutung zu betrachten.

111    Die Kommission stellt mit Unterstützung der Streithelfer die Begründetheit dieses Teils des zweiten Klagegrundes in Abrede und betont, dass die FIFA eine Einrede nach Art. 241 EG gegen die Richtlinie 97/36 nicht habe wirksam erheben können.

–       Würdigung durch das Gericht

112    Erstens ist darauf hinzuweisen, dass Art. 3a der Richtlinie 89/552 den Mitgliedstaaten, indem er bestimmt, dass es ihre Sache ist, die Ereignisse von erheblicher Bedeutung für ihre Gesellschaft im Sinne des 21. Erwägungsgrundes der Richtlinie 97/36 festzulegen, insoweit einen weiten Ermessensspielraum einräumt.

113    Zweitens bedeutet ungeachtet dessen, dass Art. 3a der Richtlinie 89/552 keine Harmonisierung auf der Ebene der spezifischen Ereignisse vornimmt, die von den Mitgliedstaaten als von erheblicher gesellschaftlicher Bedeutung angesehen werden können (siehe oben, Randnrn. 55 und 56), die Erwähnung der Weltmeisterschaft im 18. Erwägungsgrund der Richtlinie 97/36, dass die Kommission die Aufnahme der Spiele dieses Wettbewerbs in eine Ereignisliste nicht aus dem Grund als gemeinschaftsrechtswidrig ansehen kann, weil der betroffene Mitgliedstaat ihr nicht die besonderen Gründe für deren Eigenschaft als Ereignis von erheblicher gesellschaftlicher Bedeutung mitgeteilt hat (siehe oben, Randnr. 57). Die etwaige Schlussfolgerung der Kommission, dass die Aufnahme der Weltmeisterschaft in ihrer Gesamtheit in eine Liste von Ereignissen von erheblicher Bedeutung für die Gesellschaft eines Mitgliedstaats mit dem Gemeinschaftsrecht deshalb vereinbar sei, weil es gerechtfertigt sei, diesen Wettbewerb aufgrund seiner Merkmale als ein einheitliches Ereignis anzusehen, kann jedoch auf der Grundlage spezifischer Anhaltspunkte in Frage gestellt werden, die belegen, dass die „Normalspiele“ nicht von einer solchen Bedeutung für die Gesellschaft dieses Mitgliedstaats sind.

114    Wie nämlich oben in den Randnrn. 55 und 56 ausgeführt worden ist, spricht weder der 18. Erwägungsgrund der Richtlinie 97/36 noch Art. 3a der Richtlinie 89/552 die Frage an, ob es gerechtfertigt ist, die Weltmeisterschaft in ihrer Gesamtheit und unabhängig von dem Interesse, das ihre Spiele und insbesondere die „Normalspiele“ in dem betroffenen Mitgliedstaat hervorrufen, in eine Liste von Ereignissen von erheblicher gesellschaftlicher Bedeutung aufzunehmen.

115    Folglich ist jede Erörterung betreffend die Rechtmäßigkeit der Richtlinie 97/36 in Bezug auf die Einstufung der Weltmeisterschaft insgesamt und nicht nur ihrer „Topspiele“ als Ereignis von erheblicher gesellschaftlicher Bedeutung (siehe oben, Randnr. 110) gegenstandslos, da ihr 18. Erwägungsgrund zu dieser Frage keine Aussage enthält. Somit kann dahingestellt bleiben, ob die FIFA insoweit eine Einrede nach Art. 241 EG in ihrer Erwiderung hat wirksam erheben können oder ob eine solche Einrede implizit in der Klageschrift erhoben worden ist.

116    Drittens kann, wie oben in den Randnrn. 69 und 70 ausgeführt worden ist, die Weltmeisterschaft vernünftigerweise eher als ein Gesamtereignis und nicht als eine Zusammenstellung einzelner, in „Topspiele“ und „Normalspiele“ aufgeteilter Ereignisse angesehen werden, so dass der Ansatz des Ministers nicht willkürlich ist, sondern sich innerhalb der Grenzen seines Ermessensspielraums hält.

117    Die Bedeutung der „Normalspiele“ ergibt sich im Übrigen auch schlicht daraus, dass sie Teil der Weltmeisterschaft sind, wie auch bei anderen Sportarten das normalerweise begrenzte Interesse an ihnen steigt, wenn sie im Rahmen der Olympischen Spiele stattfinden.

118    Daraus folgt, dass der Kommission kein Fehler unterlaufen ist, als sie davon ausgegangen ist, dass für die Zwecke der Beurteilung der Bedeutung der Weltmeisterschaft für die Gesellschaft des Vereinigten Königreichs nicht zwischen „Topspielen“ und „Normalspielen“ zu unterscheiden sei, sondern dieser Wettbewerb in seiner Gesamtheit und nicht als Aneinanderreihung einzelner Ereignisse betrachtet werden müsse (Erwägungsgründe 6 und 18 des angefochtenen Beschlusses, siehe oben, Randnr. 18).

119    Die Argumente, die die FIFA dazu im Rahmen des vorliegenden Klagegrundes vorbringt, entkräften die Beurteilungen in den Erwägungsgründen 6 und 18 des angefochtenen Beschlusses nicht.

120    Der Umstand, dass nur 2,8 % der Nichtfußballfans jeweils mindestens 30 zusammenhängende Minuten aller „Normalspiele“ der Weltmeisterschaft 2006 angeschaut haben sollen (siehe oben, Randnr. 102), ist nämlich nicht schlüssig, da nicht alle „Normalspiele“ zwangsläufig von erheblicher Bedeutung für die Gesellschaft des Vereinigten Königreichs sein müssen, damit es gerechtfertigt ist, die Weltmeisterschaft in ihrer Gesamtheit in die Liste solcher Ereignisse dieses Mitgliedstaats aufzunehmen. Um die Nichtunterscheidung zwischen „Topspielen“ und „Normalspielen“ im Hinblick auf ihre Bedeutung für die Gesellschaft zu rechtfertigen, genügt es im Gegenteil, dass die oben in Randnr. 70 beschriebene Charakteristik auf manche „Normalspiele“ zutrifft, hinsichtlich deren weder die Zahl noch die Teilnehmer zum Zeitpunkt der Erstellung der Liste oder des Erwerbs der Übertragungsrechte genau festgestellt werden können. Daraus folgt, dass das Kriterium, das für die Zwecke der im Rahmen dieser Untersuchung durchgeführten Erhebungen angewandt wurde, übermäßig einschränkend und damit weder der Struktur der Weltmeisterschaft noch den Merkmalen angepasst war, die dieser Wettbewerb aufweisen muss, um in seiner Gesamtheit als Ereignis von erheblicher gesellschaftlicher Bedeutung eingestuft werden zu können.

121    Diese Feststellung entkräftet auch das Argument der FIFA, dass manche „Normalspiele“ der Weltmeisterschaften 1994, 1998 und 2002 nicht direkt oder von Rundfunkanstalten der zweiten Kategorie der Section 98 des Broadcasting Act 1996 (siehe oben, Randnr. 10) übertragen worden seien. Außerdem bezieht sich, anders als die FIFA vorbringt, der 18. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses (siehe oben, Randnr. 18) nicht auf Spiele, die stets direkt übertragen wurden, sondern auf Spiele, die bisher in einer frei zugänglichen Fernsehsendung übertragen wurden, was dem vierten Kriterium entspricht, das im fünften Erwägungsgrund dieses Beschlusses genannt wird.

122    Auch das Vorbringen im Zusammenhang mit den Zuschauerzahlen für die „Normalspiele“ der Weltmeisterschaften 1994, 1998, 2002 und 2006 (siehe oben, Randnr. 105) kann keinen Erfolg haben.

123    Insoweit ist zu betonen, dass entgegen dem Vorbringen der FIFA die Zuschauerzahlen für die „Normalspiele“, verglichen mit den Zahlen für die „Topspiele“, nicht belegen, dass die erstgenannten Spiele nicht von zahlreichen Fernsehzuschauern verfolgt wurden. Die von der FIFA beigebrachten Statistiken zeigen nämlich, dass bei der Weltmeisterschaft 1994 die „Normalspiele“ durchschnittlich von 60 % der Fernsehzuschauer verfolgt wurden, die die „Topspiele“ sahen, und dass sich für die Weltmeisterschaften 1998, 2002 und 2006 diese Prozentsätze auf 43 %, 30 % und 33 % beliefen. Zwar sind die Zahlen niedriger als bei den „Topspielen“, doch die Aufnahme der „Normalspiele“ in die nationale Liste von Ereignissen von erheblicher gesellschaftlicher Bedeutung erfordert nicht, dass sie von der gleichen Zahl von Fernsehzuschauern verfolgt werden wie die „Topspiele“. Diese Zahlen können hier nicht so aufgefasst werden, dass sie der Zahl von Fernsehzuschauern entsprechen, die normalerweise im Vereinigten Königreich Spiele verfolgt hätten, die nicht im Rahmen einer bedeutenden internationalen Fußballmeisterschaft für Nationalmannschaften stattfinden und an denen darüber hinaus keine Nationalmannschaft dieses Mitgliedstaats beteiligt ist.

124    All dies wird durch mehrere Gesichtspunkte einer Mitteilung des Vereinigten Königreichs an die Kommission vom 24. März 1999 bestätigt, deren Inhalt in einem der Klageschrift beigefügten Dokument mit dem Titel „Draft Reply to the Commission’s letter of 23 December 1998 [Antwortentwurf zum Schreiben der Kommission vom 23. Dezember 1998]“ enthalten ist. So enthält Anhang E dieses Dokuments eine Analyse der Zuschauerzahlen für die Weltmeisterschaft 1998. Aus dieser Analyse geht hervor, dass das „Normalspiel“ zwischen den Niederlanden und Jugoslawien, von dessen Ausgang der Gegner der englischen Mannschaft im Fall ihres Sieges gegen Argentinien abhing, ungefähr 10,55 Millionen Fernsehzuschauer anzog, wobei diese Zahl in einem anderen der Klageschrift beigefügten Dokument mit dem Titel „Viewer data for 1994-2006 FIFA World Cup matches [Zuschauerdaten für FIFA-Weltmeisterschaftsspiele 1994-2006]“ (im Folgenden: analytische Zuschauerdaten) mit 10,605 Millionen beziffert wurde. Gleichzeitig wurden die Fernsehzuschauerzahlen der „Normalspiele“ Brasilien gegen Chile und Nigeria gegen Dänemark im Einklang mit den analytischen Zuschauerdaten mit 10,63 und 10,32 Millionen angegeben, obwohl keines dieser Spiele einen Bezug zum Weiterkommen einer Nationalmannschaft des Vereinigten Königreichs aufwies. Ferner zog die Nationalmannschaft Kameruns nach diesen beiden Dokumenten für die beiden im Rahmen der Weltmeisterschaft 1998 direkt übertragenen Spiele gegen Österreich und Italien durchschnittlich 9,18 Millionen Fernsehzuschauer an, während die Spiele Vereinigte Staaten gegen Iran und Spanien gegen Bulgarien von 7,94 und 7,91 Millionen Fernsehzuschauern verfolgt wurden. Schließlich stießen nach diesen beiden Dokumenten zwei Spiele der Nationalmannschaft Jamaikas gegen Kroatien und gegen Argentinien auf das Interesse von durchschnittlich 7,89 Millionen Fernsehzuschauern, wobei das erste von 10,234 Millionen Fernsehzuschauern verfolgt wurde.

125    Hinzu kommt, dass nach derselben Mitteilung der Behörden des Vereinigten Königreichs das Endspiel des Football Association (FA) Cup (englischer Fußballpokalwettbewerb) 1998 von 7,81 Millionen Fernsehzuschauern verfolgt wurde, was angesichts der in der vorstehenden Randnummer genannten Zuschauerzahlen zeigt, welche Bedeutung den „Normalspielen“ im Rahmen der Weltmeisterschaft zukommt.

126    Dazu ist darauf hinzuweisen, dass nach den analytischen Zuschauerdaten 16 der „Normalspiele“ der Weltmeisterschaft 1994 von zwischen 7,196 und 11,625 Millionen Fernsehzuschauern verfolgt wurden, während sich für acht davon die Werte auf zwischen 5,669 und 6,926 Millionen Zuschauer beliefen. In Bezug auf die Weltmeisterschaft 1998 ergibt sich aus demselben Dokument, dass 21 „Normalspiele“ von zwischen 7,161 und 10,632 Millionen Fernsehzuschauern und 13 von zwischen 5,254 und 6,761 Millionen Zuschauern verfolgt wurden. Zur Weltmeisterschaft 2002 geht aus den analytischen Zuschauerdaten hervor, dass 24 „Normalspiele“ zwischen 3,073 und 5,317 Millionen Fernsehzuschauer anzogen. Für die Weltmeisterschaft 2006 weisen diese Daten für elf „Normalspiele“ zwischen 7,058 und 9,645 Millionen Fernsehzuschauer aus, während 15 Spiele dieser Kategorie von zwischen 5 und 6,692 Millionen Fernsehzuschauern verfolgt wurden.

127    Sowohl absolut als auch im Zusammenhang mit den Zuschauerzahlen für das Endspiel des FA Cup 1998 gesehen, zeigen diese Zahlen, dass die „Normalspiele“ im Vereinigten Königreich von außergewöhnlich vielen Zuschauern verfolgt werden, was sich nur dadurch erklärt, dass sie im Rahmen der Weltmeisterschaft stattfinden. Diese Zuschauerzahlen bestätigen somit die oben in den Randnrn. 69, 70 und 117 vorgenommene Beurteilung und den im 18. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses vertretenen Standpunkt, dass die Weltmeisterschaftsspiele einschließlich der „Normalspiele“ traditionell von vielen Fernsehzuschauern verfolgt würden.

128    Daran ändern auch die von der FIFA in Bezug auf manche „Normalspiele“ angeführten angeblich besonders niedrigen Zuschauerzahlen (siehe oben, Randnr. 106) nichts. Alle neun direkt übertragenen Spiele der Weltmeisterschaft 1994, die weniger als drei Millionen Fernsehzuschauer anzogen, begannen um 0.30 Uhr GMT, da der Wettbewerb in den Vereinigten Staaten stattfand. Genauso erklärt der Zeitunterschied die Zuschauerzahlen für einige Spiele der Weltmeisterschaft 2002, die in Südkorea und Japan stattfand. So begannen von den 23 von der FIFA in Bezug genommenen „Normalspielen“, die von weniger als drei Millionen Fernsehzuschauern verfolgt wurden, 14 zwischen 6.15 Uhr und 7.15 Uhr GMT und neun zwischen 8.25 Uhr und 12.15 Uhr. Dass die Zeitverschiebung in Verbindung mit der Anstoßzeit der fraglichen Spiele der Grund für dieses bei den Weltmeisterschaften 1994 und 2002 beobachtete Phänomen ist, wird durch die deutlich höheren Zuschauerzahlen für die weder frühmorgens noch während der Arbeitszeit übertragenen „Normalspiele“ wie die oben in Randnr. 126 angesprochenen belegt. Außerdem bekräftigt nach einer Pressemitteilung, die der Gegenerwiderung in der mit der vorliegenden Rechtssache zu gemeinsamem mündlichem Verfahren verbundenen Rechtssache T‑385/07 (siehe oben, Randnr. 24) beigefügt ist, die FIFA selbst die Bedeutung der Zeitverschiebung, nach der sich die Anstoßzeiten der Spiele für die einzelnen Länder richten, und erkennt diesen Umstand als Faktor an, der die Zuschauerzahlen in Asien und in Europa während der Weltmeisterschaften 2002 und 2006 beeinträchtigt habe.

129    Was die Weltmeisterschaft 2002 betrifft, wurden alle zwölf von der FIFA angeführten „Normalspiele“ zwischen 13.30 Uhr und 16.30 Uhr GMT, also während der Arbeitszeit, übertragen. Zu den fünf „Normalspielen“ der Weltmeisterschaft 2006, die in der Tat sehr niedrige Zuschauerzahlen erzielten, genügt die Feststellung, dass das Spiel Paraguay gegen Trinidad und Tobago zeitgleich mit dem von 18,464 Millionen Zuschauern verfolgten Spiel England gegen Schweden stattfand. Das Spiel Costa Rica gegen Polen begann um 14.28 Uhr und fand zeitgleich mit dem von 2,725 Millionen Fernsehzuschauern verfolgten Spiel Ecuador gegen Deutschland statt. Das Spiel Iran gegen Angola begann um 14.30 Uhr und fand zur gleichen Zeit statt wie das Spiel Portugal gegen Mexiko, das 2,301 Millionen Fernsehzuschauer verfolgten. Das Spiel Elfenbeinküste gegen Serbien und Montenegro war zeitgleich mit dem Spiel Niederlande gegen Argentinien angesetzt, das 8,740 Millionen Fernsehzuschauer anzog, während das Spiel Ukraine gegen Tunesien um 15.00 Uhr zeitgleich mit dem von 1,872 Millionen Fernsehzuschauern verfolgten Spiel Saudi-Arabien gegen Spanien angepfiffen wurde. Diese Umstände stellen objektive Gründe dar, die erklären, weshalb die Zuschauerzahlen für diese „Normalspiele“ von den üblicherweise beobachteten Zahlen (siehe oben, Randnr. 126) abweichen.

130    Die Zuschauerzahlen für die „Normalspiele“ bestätigen deshalb die oben in Randnr. 118 vorgenommene Würdigung, anstatt sie zu entkräften.

131    Die oben in Randnr. 127 gezogene Schlussfolgerung steht auch nicht in Widerspruch zu derjenigen, die sich im 40. Erwägungsgrund der Entscheidung 2000/400/EG der Kommission vom 10. Mai 2000 in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] (Sache Nr. IV/32.150 – Eurovision, ABl. L 151, S. 18) findet, auf die die FIFA anspielt (siehe oben, Randnr. 103). Nach diesem Erwägungsgrund sind internationale Sportereignisse oft für die Zuschauer in einem bestimmten Land attraktiver als rein nationale, sofern die eigene Nationalmannschaft oder der eigene Landesmeister mitwirkt; ist das nicht der Fall, stoßen die internationalen Ereignisse eher auf geringes Interesse. Die Weltmeisterschaft findet aber ganz überwiegend unter Beteiligung einer Nationalmannschaft des Vereinigten Königreichs statt. Selbst wenn dies ausnahmsweise nicht der Fall ist, stellt sich außerdem die Nichtteilnahme der Nationalmannschaften des Vereinigten Königreichs an der Weltmeisterschaft im Regelfall nicht nur nach der Erstellung der Liste von Ereignissen von erheblicher Bedeutung für die Gesellschaft dieses Mitgliedstaats heraus, sondern auch nach der Vergabe der Fernsehübertragungsrechte für das betreffende Jahr.

132    Zum Vorbringen, das darauf gestützt wird, dass es keine Verpflichtung zur Übertragung der „Normalspiele“ gebe (siehe oben, Randnr. 108), genügt die Feststellung, dass die Entscheidung, eine Fernsehanstalt nicht zur Übertragung eines Ereignisses zu verpflichten, keineswegs bedeutet, dass dieses nicht von erheblicher gesellschaftlicher Bedeutung im Sinne des Art. 3a der Richtlinie 89/552 ist, auch wenn die Aufstellung solcher Verpflichtungen zu den Vorgehensweisen zählt, die im Allgemeinen vom nationalen Gesetzgeber gewählt werden. Unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes bezweckt die vorstehend genannte Vorschrift nämlich, zu verhindern, dass die breite Öffentlichkeit in einem Mitgliedstaat bestimmte Ereignisse aufgrund von Exklusivfernsehübertragungen nicht in einer frei zugänglichen Fernsehsendung verfolgen kann. Ihr Zweck besteht somit nicht darin, die Staaten, die einen solchen Schutz gewähren wollen, mittelbar dazu zu zwingen, die Übertragung der betreffenden Ereignisse in einer frei zugänglichen Fernsehsendung vorzuschreiben. Müssten die Mitgliedstaaten aber, um berechtigt zu sein, ein Ereignis in eine Liste von Ereignissen von erheblicher gesellschaftlicher Bedeutung aufzunehmen, einem frei zugänglichen Fernsehsender vorschreiben, es zu übertragen, würde die fragliche Bestimmung Wirkungen entfalten, die über ihr Ziel hinausgingen.

133    Dass das Vereinigte Königreich bei anderen Ereignissen wie der Cricketweltmeisterschaft einen anderen Ansatz verfolgt hat oder dass andere Mitgliedstaaten in ihre Listen hauptsächlich „Topspiele“ der Weltmeisterschaft aufgenommen haben, berührt nicht die vorstehenden Beurteilungen, nach denen es gerechtfertigt ist, die Weltmeisterschaft in ihrer Gesamtheit als ein Ereignis von erheblicher Bedeutung für die Gesellschaft des Vereinigten Königreichs anzusehen. Da nämlich Art. 3a der Richtlinie 89/552 keine Harmonisierung auf der Ebene der spezifischen Ereignisse vornimmt, die von den Mitgliedstaaten als von erheblicher gesellschaftlicher Bedeutung angesehen werden können (siehe oben, Randnr. 55), können mehrere Herangehensweisen an die Aufnahme der Weltmeisterschaftsspiele in eine nationale Liste gleichermaßen mit dieser Bestimmung vereinbar sein.

134    Da dem Vorbringen der FIFA, dass der Kommission Fehler unterlaufen seien, als sie die Beurteilung des Ministers geteilt habe, wonach die Weltmeisterschaft in ihrer Gesamtheit ein Ereignis von erheblicher Bedeutung für die Gesellschaft des Vereinigten Königreichs sei, nicht gefolgt werden kann, sind der zweite Teil des vorliegenden Klagegrundes sowie dieser insgesamt zurückzuweisen.

 Zum dritten Klagegrund: Verletzung des Eigentumsrechts der FIFA

 Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

135    Die FIFA bringt vor, das Eigentumsrecht sei in der Gemeinschaftsrechtsordnung als allgemeiner Grundsatz des Gemeinschaftsrechts verbürgt. Die Ausübung dieses Rechts könne beschränkt werden, um Zielen des Allgemeininteresses gerecht zu werden, sofern die Beschränkung nicht unverhältnismäßig sei und nicht das Eigentumsrecht in seinem Kern antaste. Die exklusive Verwertung der Rechte des geistigen Eigentums durch die Nutzung oder Erteilung von Lizenzen verkörpere den Wesensgehalt dieser Rechte.

136    Da aber mit dem angefochtenen Beschluss die Aufnahme der „Normalspiele“ der Weltmeisterschaft in die Liste von Ereignissen von erheblicher Bedeutung für die Gesellschaft des Vereinigten Königreichs gebilligt worden sei, obwohl diese Spiele nicht so eingestuft werden könnten, werde damit unabhängig von seinen Auswirkungen auf die Rundfunkanstalten nicht nur gebilligt, dass das Recht der FIFA auf Verwertung ihres Eigentums beschränkt werde, sondern auch, dass es in seinem Kern zunichte gemacht werde. Das Verbot der Erteilung einer Exklusivlizenz für die Direktübertragung eines beliebigen Weltmeisterschaftsspiels im Vereinigten Königreich beraube die FIFA nämlich willkürlich des Wesensgehalts ihres Eigentumsrechts.

137    Kein Ziel des Allgemeininteresses rechtfertige einen so drastischen und unverhältnismäßigen Eingriff in dieses Eigentumsrecht, weil die Aufnahme allein der „Topspiele“ in die Liste von Ereignissen von erheblicher gesellschaftlicher Bedeutung angemessen sei und bei Weitem ausreiche, um den Zugang der breiten Öffentlichkeit zu den fraglichen Ereignissen zu gewährleisten. Die Vergabe und der Erwerb von Exklusivrechten für die Ausstrahlung von Sportveranstaltungen seien von entscheidender Bedeutung und stellten eine ganz eingeführte und als solche von der Kommission selbst anerkannte Geschäftspraxis dar. Die Ausschließlichkeit erhöhe nämlich den Wert der Rechte bedeutend und erlaube es somit der FIFA, ihre statutarischen Ziele zu verfolgen, so dass das Verbot der Exklusivvergabe der Rechte deren Wesensgehalt selbst berühre.

138    Die Kommission habe somit einen offenkundigen Beurteilungsfehler begangen, als sie in dem angefochtenen Beschluss der Ansicht gewesen sei, dass die Maßnahmen des Vereinigten Königreichs gemessen an dem Ziel, einen breiten Zugang zu den Fernsehübertragungen der Ereignisse von erheblicher gesellschaftlicher Bedeutung zu gewährleisten, verhältnismäßig erschienen.

139    Die Kommission macht mit Unterstützung der Streithelfer geltend, dass dieser Klagegrund unbegründet sei.

 Würdigung durch das Gericht

140    Wie zwischen den Verfahrensbeteiligten unstreitig ist, ist die FIFA Veranstalterin der Weltmeisterschaft im Sinne des 21. Erwägungsgrundes der Richtlinie 97/36, so dass jeder, der Fernsehübertragungsrechte an diesem Ereignis verwerten möchte, die Rechte von ihr erhalten muss oder von jemandem, an den sie von der FIFA vergeben wurden.

141    Da der Wert dieser Rechte durch die Rechtsfolgen des angefochtenen Beschlusses beeinträchtigt werden kann (siehe oben, Randnrn. 33 bis 37), wird so davon auch das Eigentumsrecht der FIFA berührt.

142    Außerdem ergibt sich aus der Rechtsprechung, dass, wenn sich ein Mitgliedstaat auf Bestimmungen wie die Art. 46 EG und 55 EG beruft, um eine Regelung zu rechtfertigen, die geeignet ist, die Ausübung der Dienstleistungsfreiheit oder der Niederlassungsfreiheit zu behindern, diese im Gemeinschaftsrecht vorgesehene Rechtfertigung im Lichte der allgemeinen Rechtsgrundsätze und insbesondere der Grundrechte auszulegen ist. Die in diesen Bestimmungen vorgesehenen Ausnahmen können der betreffenden nationalen Regelung so nur zugutekommen, wenn sie im Einklang mit den Grundrechten steht, deren Wahrung die Gemeinschaftsgerichte zu sichern haben (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 18. Juni 1991, ERT, C‑260/89, Slg. 1991, I‑2925, Randnr. 43). Dementsprechend kommt es nicht in Betracht, dass eine nicht mit den Grundrechten wie dem Eigentumsrecht (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 10. Juli 2003, Booker Aquaculture und Hydro Seafood, C‑20/00 und C‑64/00, Slg. 2003, I‑7411, Randnr. 67) vereinbare nationale Maßnahme deshalb in den Genuss der anerkannten Ausnahmen kommen kann, weil sie zwingenden Gründen des Allgemeininteresses entspricht wie dem Fernsehzugang der breiten Öffentlichkeit zu den Ereignissen von erheblicher gesellschaftlicher Bedeutung.

143    Der Grundsatz des Schutzes des Eigentumsgrundrechts kann jedoch im Gemeinschaftsrecht keine uneingeschränkte Geltung beanspruchen, sondern muss im Hinblick auf seine gesellschaftliche Funktion gesehen werden. Folglich kann die Ausübung des Eigentumsrechts Beschränkungen unterworfen werden, sofern diese tatsächlich dem Allgemeininteresse dienenden Zielen entsprechen und nicht einen im Hinblick auf den verfolgten Zweck unverhältnismäßigen und nicht tragbaren Eingriff darstellen, der das so gewährleistete Recht in seinem Wesensgehalt antasten würde (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofs vom 12. Mai 2005, Regione autonoma Friuli-Venezia Giulia und ERSA, C‑347/03, Slg. 2005, I‑3785, Randnr. 119, und vom 12. Juli 2005, Alliance for Natural Health u. a., C‑154/04 und C‑155/04, Slg. 2005, I‑6451, Randnr. 126).

144    Dazu ist darauf hinzuweisen, dass es aus den oben in den Randnrn. 116 bis 134 dargestellten Gründen, anders als die FIFA geltend macht, gerechtfertigt ist, die Weltmeisterschaft als ein einheitliches Ereignis von erheblicher Bedeutung für die Gesellschaft des Vereinigten Königreichs anzusehen, denn die Zuschauerzahlen für die „Normalspiele“ bestätigen die in den Erwägungsgründen 6 und 18 des angefochtenen Beschlusses enthaltene Beurteilung, anstatt sie zu entkräften. Insoweit folgt aus dem Gesamtereignischarakter der Weltmeisterschaft, dass der Kommission kein Fehler unterlaufen ist, als sie die Aufnahme aller Weltmeisterschaftsspiele in die Liste des Vereinigten Königreichs als eine verhältnismäßige Maßnahme ansah.

145    Somit beruht die Rüge, dass die Aufnahme der „Normalspiele“ in die Liste von Ereignissen von erheblicher Bedeutung für die Gesellschaft des Vereinigten Königreichs einen unverhältnismäßigen und nicht tragbaren Eingriff in das Eigentumsrecht der FIFA darstelle, weil diese Spiele keine solchen Ereignisse seien, auf einer falschen Prämisse.

146    Außerdem vernichten die fraglichen Rechtsvorschriften, auch wenn sie den von der FIFA für die Überlassung der Rechte zur Übertragung der Weltmeisterschaft im Vereinigten Königreich erzielbaren Preis beeinträchtigen können, nicht den Handelswert dieser Rechte, weil sie erstens die FIFA nicht zu deren Vergabe zu beliebigen Bedingungen verpflichten und zweitens die FIFA gegen etwaige kollusive oder missbräuchliche Praktiken der potenziellen Erwerber dieser Rechte sowohl durch das gemeinschaftliche als auch durch das nationale Wettbewerbsrecht geschützt ist. Demnach hat die Kommission keinen Fehler begangen, als sie die Maßnahmen des Vereinigten Königreichs für verhältnismäßig hielt.

147    Der dritte Klagegrund ist daher zurückzuweisen.

 Zum vierten und zum sechsten Klagegrund: Verstoß gegen die Vertragsbestimmungen über den freien Dienstleistungsverkehr und über die Niederlassungsfreiheit

 Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

148    Im Rahmen des ersten dieser zusammen zu prüfenden Klagegründe bringt die FIFA vor, der angefochtene Beschluss beschränke den freien Dienstleistungsverkehr, weil er sie erstens daran hindere, die Exklusivübertragungsrechte an irgendeinem Spiel der Weltmeisterschaft an Rundfunkanstalten der zweiten der mit den Rechtsvorschriften des Vereinigten Königreichs eingeführten Kategorien (siehe oben, Randnr. 10) zu veräußern, und zweitens in anderen Mitgliedstaaten ansässige Rundfunkanstalten dieser Kategorie ein Weltmeisterschaftsspiel im Vereinigten Königreich nicht exklusiv übertragen könnten. Die Ausschaltung der Möglichkeit, diese Art von Rechten zur Übertragung im Vereinigten Königreich auf Ausschließlichkeitsbasis zu erwerben, nehme den der Rechtshoheit anderer Mitgliedstaaten unterliegenden Rundfunkanstalten jedes Interesse am Erwerb der Rechte und hindere sie so gleichzeitig daran, irgendein Spiel der Weltmeisterschaft im Vereinigten Königreich auszustrahlen. Die Ausschließlichkeit wäre nämlich für Rundfunkanstalten, die ihre Dienstleistungen – vor allem in anderen Mitgliedstaaten als ihrem Sitzmitgliedstaat – einführen oder ausbauen wollten, wesentlich gewesen.

149    Selbst wenn Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt sein könnten, müssten insoweit die zu diesem Zweck erlassenen nationalen Maßnahmen notwendig, geeignet und verhältnismäßig sein. Die Kommission, die hier die Beweislast für die Erfüllung dieser Voraussetzungen trage, müsse eine eingehende Prüfung vornehmen und dartun, dass sie entsprechende Anhaltspunkte erhalten habe.

150    Diese im Übrigen im 19. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses eingeräumten Beschränkungen seien aber bei Weitem unverhältnismäßig und ungeeignet und hätten vermieden oder abgemildert werden können, indem in die Liste von Ereignissen von erheblicher Bedeutung für die Gesellschaft des Vereinigten Königreichs nur die Weltmeisterschaftsspiele aufgenommen worden wären, denen eine solche Bedeutung zukomme, also die „Topspiele“. Dies entspreche der eigenen Politik der FIFA, die selbst die Übertragung des Eröffnungsspiels, der Halbfinalspiele, des Endspiels und der Spiele der betreffenden Nationalmannschaft auf kostenlosen Kanälen vorschreibe, während die übrigen Spiele von Bezahlkanälen ausgestrahlt werden könnten. Außerdem müsse die Verhältnismäßigkeit der Aufnahme jedes einzelnen Ereignisses in die Liste des Vereinigten Königreichs für sich allein beurteilt werden, da die Liste in Wirklichkeit ein Bündel von Entscheidungen sei, von denen jede ein bestimmtes Ereignis betreffe.

151    In Beantwortung des Vorbringens des Vereinigten Königreichs, das auf die Befugnis des Office of Communications zur Genehmigung einer Exklusivdirektübertragung gestützt wird, betont die FIFA, dass die nicht in Frage kommenden Rundfunkanstalten keinerlei Interesse hätten, Übertragungsrechte zu erwerben, wenn die Ausschließlichkeit nicht gesichert sei.

152    Im Rahmen des Klagegrundes, mit dem ein Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit gerügt wird, bringt die FIFA vor, dass die nationalen Maßnahmen u. a. mit den Artikeln des EG-Vertrags über die Niederlassungsfreiheit vereinbar sein müssten, weil Art. 66 EG eine der Rechtsgrundlagen der Richtlinie 97/36 sei und die nach Art. 3a der Richtlinie 89/552 erlassenen staatlichen Maßnahmen mit allen Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts in Einklang stehen müssten. Die mit dem angefochtenen Beschluss gebilligte Liste des Vereinigten Königreichs hindere die Fernsehanstalten, die sich in diesem Mitgliedstaat niederlassen und zu diesem Zweck Bezahlfernsehdienste anbieten wollten, am Erwerb von Rechten zur Übertragung der Weltmeisterschaftsspiele auf Ausschließlichkeitsbasis

153    Zwar könnten die Niederlassungsfreiheit beschränkende nationale Maßnahmen, die für alle im Aufnahmemitgliedstaat tätigen Personen oder Unternehmen gälten, gerechtfertigt sein, falls sie zwingenden Gründen des Allgemeininteresses entsprächen, doch müssten sie darüber hinaus auch geeignet sein, die Verwirklichung des mit ihnen verfolgten Ziels zu gewährleisten, und dürften nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich sei.

154    Da die Exklusivübertragungsrechte an Sportveranstaltungen ein wichtiges Mittel für die Verwirklichung der Niederlassungsfreiheit durch Marktneulinge im Vereinigten Königreich seien, stelle die Unmöglichkeit für einen potenziellen Marktneuling, ein Weltmeisterschaftsspiel exklusiv zu übertragen, eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit dar. Die Kommission habe es somit in dem angefochtenen Beschluss fehlerhaft unterlassen, diesen Umstand anzuerkennen.

155    Die Kommission macht mit Unterstützung der Streithelfer geltend, die von der FIFA im Rahmen der vorliegenden Klagegründe vorgebrachten Argumente seien nicht stichhaltig.

 Würdigung durch das Gericht

156    Es ist unstreitig, dass, wie im Übrigen im 19. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses anerkannt wird, der durch den angefochtenen Beschluss nach Art. 3a der Richtlinie 89/552 ausgelöste Mechanismus der gegenseitigen Anerkennung eine Beschränkung des mit Art. 49 EG eingeführten freien Dienstleistungsverkehrs im Gemeinsamen Markt bewirkt.

157    Außerdem sind, wie die FIFA geltend macht, die Maßnahmen des Vereinigten Königreichs geeignet, die in anderen Mitgliedstaaten ansässigen Rundfunkanstalten in eine gegenüber den in diesem Mitgliedstaat ansässigen Rundfunkanstalten schlechtere tatsächliche oder rechtliche Stellung zu versetzen. Insoweit ist es, obwohl die oben in den Randnrn. 10 bis 13 beschriebenen Rechtsvorschriften unterschiedslos für die Rundfunkanstalten der beiden mit den Rechtsvorschriften des Vereinigten Königreichs geschaffenen Kategorien gelten, faktisch doch viel weniger wahrscheinlich, dass keine Rundfunkanstalt der ersten Kategorie, die mit hoher Wahrscheinlichkeit im Vereinigten Königreich ansässig ist, an der Übertragung der Weltmeisterschaft interessiert sein wird, was es einem Konkurrenten, der sich in diesem Land niederlassen möchte, ermöglichen würde, vom Office of Communications die Genehmigung zu erhalten, dieses Ereignis praktisch exklusiv zu übertragen (siehe oben, Randnr. 13). Die Maßnahmen des Vereinigten Königreichs beschränken deshalb tatsächlich die Niederlassungsfreiheit, wie sie mit Art. 43 EG eingeführt wurde.

158    Diese Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs und der Niederlassungsfreiheit können jedoch gerechtfertigt sein, wenn sie das Recht auf Informationen schützen und der Öffentlichkeit breiten Zugang zur Fernsehberichterstattung über nationale oder nichtnationale Ereignisse von erheblicher gesellschaftlicher Bedeutung verschaffen sollen und darüber hinaus geeignet sind, die Erreichung des mit ihnen verfolgten Ziels zu gewährleisten, und nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist (siehe oben, Randnrn. 48 bis 54).

159    Die FIFA stellt die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beschlusses im Hinblick auf die Vertragsbestimmungen über den freien Dienstleistungsverkehr in Abrede, soweit die Kommission die Aufnahme der „Normalspiele“ in die Liste von Ereignissen von erheblicher Bedeutung für die Gesellschaft des Vereinigten Königreichs billige. Nach Ansicht der FIFA entsprechen die betroffenen Spiele nicht dieser Einstufung, so dass die Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs unverhältnismäßig sei.

160    Dieses Vorbringen der FIFA lässt eine Vermengung erkennen zwischen der erheblichen gesellschaftlichen Bedeutung eines Ereignisses auf der einen Seite – der ersten Voraussetzung, die erfüllt sein muss und den zwingenden Grund des Allgemeininteresses darstellt, der die Beschränkung einer vom Vertrag verbürgten Grundfreiheit rechtfertigt (siehe oben, Randnrn. 48 bis 53) – und der Verhältnismäßigkeit dieser Beschränkung auf der anderen Seite, die eine zweite Voraussetzung bildet, die von den eine solche Freiheit beschränkenden nationalen Rechtsvorschriften zu erfüllen ist, damit sie mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar sind (siehe oben, Randnr. 54).

161    Dazu ist darauf hinzuweisen, dass es, wie sich aus den vorstehenden Randnrn. 116 bis 134 ergibt, entgegen dem Vorbringen der FIFA im Rahmen ihres vierten Klagegrundes gerechtfertigt ist, die Weltmeisterschaft als ein einheitliches Ereignis von erheblicher Bedeutung für die Gesellschaft des Vereinigten Königreichs anzusehen, denn die Zuschauerzahlen für die „Normalspiele“ bestätigen die in den Erwägungsgründen 6 und 18 des angefochtenen Beschlusses enthaltene Beurteilung, anstatt sie zu entkräften. Somit beruht die Rüge, dass den fraglichen Spielen keine erhebliche gesellschaftliche Bedeutung zukomme, so dass die Maßnahmen des Vereinigten Königreichs unverhältnismäßig seien, jedenfalls auf einer falschen Prämisse. Demzufolge entkräftet diese Rüge in Anbetracht des einheitlichen Charakters der Weltmeisterschaft nicht die Schlussfolgerung der Kommission hinsichtlich der Geeignetheit und der Verhältnismäßigkeit der Aufnahme aller Weltmeisterschaftsspiele in die Liste von Ereignissen von erheblicher Bedeutung für die Gesellschaft des Vereinigten Königreichs.

162    Gleiches gilt hinsichtlich der Niederlassungsfreiheit. Selbst wenn nämlich die FIFA in ihrem Vorbringen zum sechsten Klagegrund nicht ausdrücklich klargestellt hat, ob sie die Gültigkeit des Standpunkts der Kommission in dem angefochtenen Beschluss zur Vereinbarkeit der Liste des Vereinigten Königreichs mit dem Gemeinschaftsrecht nur in Abrede stelle, soweit die Kommission die Aufnahme der „Normalspiele“ in diese Liste billige, ergibt sich aus einer Gesamtschau ihrer Klageschrift und ihrer Antwort auf die schriftliche Frage des Gerichts (siehe oben, Randnr. 68), dass dies doch der Fall ist.

163    Die oben in Randnr. 161 gemachten Ausführungen haben aber zur Folge, dass dem auf einen Verstoß gegen die Vertragsbestimmungen über die Niederlassungsfreiheit gestützten Vorbringen nicht gefolgt werden kann.

164    Der vierte und der sechste Klagegrund sind somit zu verwerfen.

 Zum fünften Klagegrund: Verstoß gegen die Wettbewerbsbestimmungen des Vertrags

 Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

165    Die FIFA macht geltend, der angefochtene Beschluss enthalte keinerlei Analyse zur Verfälschung des Wettbewerbs, die durch die Aufnahme aller Weltmeisterschaftsspiele in die Liste von Ereignissen von erheblicher Bedeutung für die Gesellschaft des Vereinigten Königreichs verursacht werde. Diese Verfälschung liege aber in der Verringerung der Zahl von Rundfunkanstalten, die hinsichtlich der Erlangung der Fernsehübertragungsrechte an der Weltmeisterschaft für das Vereinigte Königreich miteinander in Wettbewerb stünden, was die Einnahmen der FIFA als Veranstalterin dieses Ereignisses berühre. Außerdem würden in dem angefochtenen Beschluss weder die Erzeugnisse noch die Märkte identifiziert, auf die sich die Analyse bezogen habe, die sich in den Erwägungsgründen 20 und 21 des angefochtenen Beschlusses (siehe oben, Randnr. 18) niedergeschlagen habe. Die Definition der relevanten Märkte sei jedoch unerlässlich für die Analyse der Wettbewerbssituation, zumal die Liste des Vereinigten Königreichs vier verschiedene Fußballwettbewerbe betreffe.

166    Die Definition der Rundfunkanstalten, die zu der ersten mit den Rechtsvorschriften des Vereinigten Königreichs geschaffenen Kategorie gehörten, sei absichtlich erdacht worden, damit allein die alteingesessenen Rundfunkanstalten dieses Mitgliedstaats die vorgesehenen Voraussetzungen erfüllten und damit das Exklusivrecht zur Direktübertragung der Weltmeisterschaftsspiele erwerben könnten. In der Praxis seien diese Rechte seit 1966 stets von zwei Rundfunkanstalten, der BBC und ITV, gemeinsam erworben worden, so dass erstens keinerlei Wettbewerb hinsichtlich des Erwerbs der Rechte zur Übertragung der Weltmeisterschaftsspiele im Vereinigten Königreich herrsche und zweitens die BBC und ITV eine gemeinsame beherrschende Stellung innehätten. Die Kommission habe somit im 20. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zu Unrecht behauptet, dass die Maßnahmen des Vereinigten Königreichs insoweit einen tatsächlichen oder möglichen Wettbewerb zuließen. Außerdem bewirkten diese Maßnahmen eine Verfälschung des Werbungsmarktes und des Marktes für Übertragungen von Sportveranstaltungen durch Bezahlkanäle.

167    Somit gewährten die Rechtsvorschriften des Vereinigten Königreichs der BBC und ITV Sonderrechte, woran auch die Objektivität der Kriterien für die Gewährung dieser Rechte nichts ändere. Mit dem stets gemeinsamen Erwerb der Rechte betreffend die Weltmeisterschaft verhielten sich diese Rundfunkanstalten wie eine kollektive Einheit. Somit nähmen sie in Anbetracht der Gewährung der Sonderrechte eine gemeinsame beherrschende Stellung ein und seien in der Lage, diese zu missbrauchen. Insoweit sei die Feststellung, dass ein solcher Missbrauch einer beherrschenden Stellung tatsächlich stattgefunden habe, nicht erforderlich, um zu dem Ergebnis zu gelangen, dass ein Mitgliedstaat gegen Art. 86 Abs. 1 EG in Verbindung mit Art. 82 EG verstoße, da dafür die Möglichkeit, dass es zu einem Missbrauch komme, genüge. Die Maßnahmen des Vereinigten Königreichs hätten aber eine Marktstruktur geschaffen, die ein missbräuchliches Verhalten zulasse und begünstige.

168    Außerdem hätten die BBC und ITV die von ihnen erworbenen Rechte nicht voll verwertet, da sie 40 der 244 Spiele der letzten vier Weltmeisterschaften nicht direkt übertragen hätten. Damit hätten sie die Erzeugung unter Verstoß gegen Art. 82 EG eingeschränkt. Der Erwerb der fraglichen Rechte durch diese beiden Rundfunkanstalten habe auch die Entwicklung von Märkten wie dem Markt der Bezahlsportkanäle und dem Fernsehwerbungsmarkt für die Weltmeisterschaft eingeschränkt, weil es erhebliche Hindernisse für den Erwerb der Übertragungsrechte an Sportveranstaltungen von vergleichbarer Bedeutung gebe, die sämtlich für lange Zeiträume im Besitz von Bezahlkanälen seien.

169    Die Gewährung der in Rede stehenden Sonderrechte an die BBC und ITV stelle in Verbindung mit der Vereinbarung über den gemeinsamen Erwerb der Übertragungsrechte an der Weltmeisterschaft, die diese beiden Rundfunkanstalten aneinander binde, auch eine gegen Art. 81 Abs. 1 EG verstoßende Maßnahme unter Missachtung von Art. 86 Abs. 1 EG dar.

170    Die Kommission stellt mit Unterstützung der Streithelfer die Begründetheit der Behauptungen der FIFA in Abrede.

 Würdigung durch das Gericht

171    Das Vorbringen der FIFA im Rahmen dieses Klagegrundes besteht aus zwei Rügen.

172    Die erste Rüge betrifft die Folgen dessen, dass in Anbetracht der Bedeutung, die der Ausschließlichkeit der Fernsehübertragung der Weltmeisterschaftsspiele für die Rundfunkanstalten der zweiten mit den Rechtsvorschriften des Vereinigten Königreichs geschaffenen Kategorie zukommt, diese kein Interesse am Erwerb der nicht ausschließlichen Übertragungsrechte haben. Dies führt nach Ansicht der FIFA zu Wettbewerbsbeschränkungen auf mehreren Märkten wie demjenigen des Erwerbs der genannten Rechte, dem Werbungsmarkt und dem Markt für die Übertragung von Sportveranstaltungen durch Bezahlkanäle, weil auf diesen Märkten weniger Rundfunkanstalten tätig seien. Im gleichen Zusammenhang rügt die FIFA auch, die Kommission habe diese Märkte nicht definiert und ihre Beurteilung in Bezug auf diese Einschränkungen nicht dargelegt.

173    Dazu ist festzustellen, dass sich die in Rede stehenden Folgen mittelbar aus den Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs durch die Maßnahmen des Vereinigten Königreichs ergeben. Wie aber im Rahmen des zweiten und des vierten Klagegrundes befunden worden ist, hat die Kommission keinen Fehler begangen, als sie die Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs durch die Aufnahme aller Weltmeisterschaftsspiele in die Liste von Ereignissen von erheblicher Bedeutung für die Gesellschaft des Vereinigten Königreichs für aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt und für weder ungeeignet noch unverhältnismäßig hielt. Die Auswirkungen auf der Ebene der Zahl potenzieller Konkurrenten, die eine unausweichliche Folge dieser Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs sind, können deshalb nicht als Verstoß gegen die Wettbewerbsbestimmungen des Vertrags angesehen werden. Unter diesen Umständen musste die Kommission keine eingehendere Prüfung vornehmen als die von ihr hinsichtlich dieser Folgen durchgeführte.

174    Die zweite Rüge betrifft die der BBC und ITV angeblich gewährten Sonderrechte, durch die ein Missbrauch der beherrschenden Stellung zugelassen oder ermöglicht werde, die diese Rundfunkanstalten auf dem relevanten Markt, d. h. nach Ansicht der FIFA dem Markt der Übertragungsrechte an den Weltmeisterschaftsspielen, einnähmen.

175    Nach Art. 86 Abs. 1 EG, der als Wettbewerbsvorschrift anwendbar ist, wenn es um staatliche Maßnahmen geht (Urteil des Gerichtshofs vom 16. September 1999, Becu u. a., C‑22/98, Slg. 1999, I‑5665, Randnr. 31), ist es den Mitgliedstaaten untersagt, öffentliche Unternehmen und Unternehmen, denen sie besondere oder ausschließliche Rechte gewähren, durch Rechtsetzungsakte oder Verwaltungsmaßnahmen in eine Situation zu versetzen, in die sich diese Unternehmen durch selbständige Verhaltensweisen nicht ohne Verstoß gegen die Art. 12 EG und 81 EG bis 89 EG versetzen könnten (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 13. Dezember 1991, GB-Inno-BM, C‑18/88, Slg. 1991, I‑5941, Randnr. 20).

176    Insoweit werden zwar besondere oder ausschließliche Rechte im Sinne dieser Bestimmung gewährt, wenn einer begrenzten Zahl von Unternehmen vom Staat ein Schutz verliehen wird und dieser Schutz die Fähigkeit anderer Unternehmen, die fragliche wirtschaftliche Tätigkeit im selben Gebiet zu im Wesentlichen gleichen Bedingungen auszuüben, wesentlich beeinträchtigen kann (Urteil des Gerichtshofs vom 25. Oktober 2001, Ambulanz Glöckner, C‑475/99, Slg. 2001, I‑8089, Randnr. 24), doch die Rechtsvorschriften des Vereinigten Königreichs verleihen den in Rede stehenden Rundfunkanstalten keinen solchen Schutz.

177    So handelt es sich um solche Rechte, wenn die öffentliche Hand ein Monopol gewährt (Urteil des Gerichtshofs vom 12. Februar 1998, Raso u. a., C‑163/96, Slg. 1998, I‑533, Randnr. 23), wenn sie den Eintritt eines Konkurrenten auf den Markt der Tätigkeit des Rechtsinhabers oder auf einen benachbarten Markt aus Gründen der nachteiligen Wirkung eines solchen Markteintritts auf die Funktionsfähigkeit und die Wirtschaftlichkeit der Tätigkeit dieses Rechtsinhabers (Urteil Ambulanz Glöckner, oben in Randnr. 176 angeführt, Randnrn. 7, 23 und 25) oder auf den Arbeitskräftebedarf (Urteil Becu u. a., oben in Randnr. 175 angeführt, Randnr. 23) blockieren kann oder wenn der Rechtsinhaber über die einschlägige Gesetzgebung auf die Bedingungen der Ausübung der fraglichen Tätigkeit durch seine Konkurrenten nach Maßgabe seiner Interessen oder der Folgen, die die Tätigkeit der Konkurrenten auf diesem Markt oder auch nur auf einem benachbarten Markt hätte, Einfluss nehmen kann (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofs vom 19. März 1991, Frankreich/Kommission, C‑202/88, Slg. 1991, I‑1223, Randnr. 51, ERT, oben in Randnr. 142 angeführt, Randnr. 37, GB-Inno-BM, oben in Randnr. 175 angeführt, Randnr. 25, und vom 1. Juli 2008, MOTOE, C‑49/07, Slg. 2008, I‑4863, Randnr. 43).

178    Die Rechtsvorschriften des Vereinigten Königreichs sind jedoch weit davon entfernt, irgendeiner Rundfunkanstalt den Erwerb der Übertragungsrechte an den Weltmeisterschaftsspielen selbst zu verbieten, die BBC bzw. ITV zu einem solchen Verbot zu ermächtigen oder auf die Übertragungsbedingungen für diese Spiele Einfluss zu nehmen, sondern beschränken sich darauf, die Möglichkeit der Übertragung der Spiele auf Ausschließlichkeitsbasis im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats auszuschalten, ohne dabei zwischen den beiden Kategorien von Rundfunkanstalten zu unterscheiden (siehe oben, Randnrn. 10 und 11). Dazu ist klarzustellen, dass die FIFA zu Unrecht behauptet, dass die BBC und ITV die einzigen Rundfunkanstalten seien, denen es erlaubt sei, Exklusivübertragungsrechte an der Weltmeisterschaft für das Vereinigte Königreich zu erwerben. Ganz im Gegenteil betrifft zunächst, wie bereits ausgeführt, das mit Section 101 des Broadcasting Act 1996 aufgestellte Verbot der Übertragung auf Ausschließlichkeitsbasis die Rundfunkanstalten der beiden mit den Rechtsvorschriften des Vereinigten Königreichs geschaffenen Kategorien gleichermaßen. Sodann geht dieses Verbot mit Section 99 des Broadcasting Act 1996 einher, nach dem ohne Ansehung dessen, um welche Rundfunkanstalt es sich handelt, jeder Vertrag über die Übertragung eines auf der Liste verzeichneten Ereignisses ungültig ist, soweit damit ein ausschließliches Recht gewährt wird.

179    Daraus folgt, dass die Rechtsvorschriften des Vereinigten Königreichs die Ausschließlichkeit für alle Rundfunkanstalten nicht nur auf der Stufe der Übertragung untersagen, sondern auch auf der Stufe des Abschlusses von Fernsehverträgen, so dass keine Rundfunkanstalt, die der Rechtshoheit des Vereinigten Königreichs unterliegt, wirksam einen Vertrag über die Exklusivübertragung eines auf der Liste dieses Mitgliedstaats verzeichneten Ereignisses schließen kann. Dagegen gestatten es diese Rechtsvorschriften den Rundfunkanstalten der beiden mit ihnen geschaffenen Kategorien gleichermaßen, Angebote für den Erwerb der Rechte zur nichtexklusiven Fernsehübertragung der Weltmeisterschaftsspiele abzugeben.

180    Unter diesen Voraussetzungen ist der Umstand, dass im Vereinigten Königreich letztlich allein bestimmte Rundfunkanstalten der ersten Kategorie wie die BBC und ITV die Weltmeisterschaft nach Genehmigung durch das Office of Communications übertragen, weil ihre Konkurrenten nur an einer Exklusivübertragung interessiert sind und deshalb keine Angebote für den Erwerb der notwendigen Rechte abgeben (siehe oben, Randnr. 13), nicht einer Gewährung besonderer oder ausschließlicher Rechte an die genannten Rundfunkanstalten im Sinne des Art. 86 Abs. 1 EG gleichzustellen. Dieser Umstand, sein Vorliegen unterstellt, ist nämlich das Ergebnis der Bedeutung, die der Ausschließlichkeit im Rahmen des Unternehmensmodells der Bezahlfernsehsender beigemessen wird, und nicht irgendeines Verbots, das sich aus den Rechtsvorschriften des Vereinigten Königreichs ergäbe, weil diese unterschiedslos für die Rundfunkanstalten beider Kategorien gelten. Folglich berühren die Maßnahmen des Vereinigten Königreichs als solche nicht die Fähigkeit der Bezahlfernsehbetreiber, ihre Tätigkeit in Bezug auf den Erwerb der Fernsehübertragungsrechte an der Weltmeisterschaft zu im Wesentlichen gleichen Bedingungen auszuüben, wie sie für die BBC oder ITV gelten.

181    Der fünfte Klagegrund ist daher zurückzuweisen.

 Zum Antrag der FIFA auf prozessleitende Maßnahmen

182    Die Würdigung der Klagegründe der FIFA hat zur Folge, dass die von dieser beantragten prozessleitenden Maßnahmen (siehe oben, Randnrn. 20 und 21) nicht erforderlich sind.

183    Dazu ist festzustellen, dass nach dem Vorbringen der FIFA ihr Antrag darauf abzielt, ihr und dem Gericht die Prüfung zu ermöglichen, ob erstens aufgrund des vorliegenden Akteninhalts die Schlussfolgerung der Kommission gerechtfertigt war, dass alle Weltmeisterschaftsspiele traditionell als von erheblicher Bedeutung für die Gesellschaft des Vereinigten Königreichs angesehen worden seien und in der breiten Öffentlichkeit besondere Resonanz fänden, ob zweitens die Kommission berechtigt war, die Aufnahme aller dieser Spiele in die Liste des Vereinigten Königreichs zu billigen, und ob drittens die Kommission hinreichend dargetan habe, dass die Beschränkungen der Grundfreiheiten, des Eigentumsrechts und des Wettbewerbs gerechtfertigt seien. Außerdem könne die FIFA anhand dieses Akteninhalts nachweisen, dass die Kommission den angefochtenen Beschluss unzureichend begründet habe, indem sie nicht erläutert habe, weshalb sie die von den Behörden des Vereinigten Königreichs nach dem 28. Juli 2000 beigebrachten Informationen nicht berücksichtigt habe. Der fragliche Akteninhalt sei auch für die Beurteilung erheblich, ob das von den Behörden des Vereinigten Königreichs durchgeführte Verfahren insbesondere in Ansehung von der Kommission unterbreiteter, aber bei Erstellung der Liste des Vereinigten Königreichs nicht vorhandener Anhaltspunkte und der gegenteiligen Empfehlungen der zuständigen nationalen Stellen eindeutig und transparent gewesen sei.

184    Unter diesen Umständen hat die FIFA beim Gericht beantragt, die Kommission zur Vorlage ihres gesamten Schriftwechsels mit den Behörden des Vereinigten Königreichs aufzufordern, der in Bezug auf die Liste von Ereignissen von erheblicher Bedeutung für die Gesellschaft des Vereinigten Königreichs stattgefunden habe, einschließlich des Schriftwechsels nach dem 15. Dezember 2005, dem Tag der Verkündung des Urteils Infront WM/Kommission (oben in Randnr. 15 angeführt).

185    Wie bei der Prüfung der Klagegründe der FIFA entschieden worden ist, kann keines der Argumente, das sie mit den Gesichtspunkten zu untermauern beabsichtigt, die möglicherweise in den Unterlagen, deren Vorlage sie begehrt, enthalten sind, Einfluss auf die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beschlusses haben.

186    Was insbesondere die Bedeutung der „Normalspiele“ für die Gesellschaft des Vereinigten Königreichs und im Zusammenhang damit die Einstufung der Weltmeisterschaft in ihrer Gesamtheit als Ereignis von erheblicher Bedeutung für die Gesellschaft dieses Mitgliedstaats betrifft, so hat die FIFA eine ganze Reihe von statistischen Daten, die naturgemäß am einschlägigsten sind, vorgelegt, mit denen ihrer Ansicht nach die Richtigkeit ihrer insoweit ausgeführten Behauptungen belegt wird; das Gericht hat jedoch befunden, dass diese Daten die Schlussfolgerungen der Kommission nicht entkräften. Gleiches gilt für das Vorbringen zur angeblichen Nichtberücksichtigung von Anhaltspunkten, die nach dem Jahr 2000 datierten, weil die FIFA in der Tat darauf bezogene statistische Daten vorgelegt hat und das Gericht befunden hat, dass sie die Begründetheit der Schlussfolgerungen der Kommission nicht erschüttern können. Hinsichtlich der Berücksichtigung von Anhaltspunkten durch die Kommission, die bei Erstellung der Liste von Ereignissen von erheblicher Bedeutung für die Gesellschaft des Vereinigten Königreichs durch dessen Behörden nicht vorhanden gewesen seien, genügt der Hinweis, dass eine solche Berücksichtigung keine verfahrensmäßige oder inhaltliche Unregelmäßigkeit aufweist (siehe oben, Randnrn. 75, 76 und 95), so dass eine prozessleitende Maßnahme insoweit nicht angebracht ist.

187    Unter diesen Umständen ist der Antrag auf den Erlass prozessleitender Maßnahmen zurückzuweisen, und die Klage ist insgesamt abzuweisen.

 Kosten

188    Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die FIFA unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

189    Das Königreich Belgien und das Vereinigte Königreich tragen gemäß Art. 87 § 4 der Verfahrensordnung ihre eigenen Kosten.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Siebte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die Fédération internationale de football association (FIFA) trägt neben ihren eigenen Kosten die Kosten der Europäischen Kommission.

3.      Das Königreich Belgien und das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland tragen ihre eigenen Kosten.

Forwood

Truchot

Schwarcz

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 17. Februar 2011.

Unterschriften


Inhaltsverzeichnis


Rechtlicher Rahmen

Vorgeschichte des Rechtsstreits und angefochtener Beschluss

Verfahren und Anträge der Verfahrensbeteiligten

Rechtliche Würdigung

1.  Zur Zulässigkeit

Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

Würdigung durch das Gericht

2.  Zur Begründetheit

Zum ersten Klagegrund: Begründungsmangel

Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

Würdigung durch das Gericht

Zum zweiten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 3a Abs. 1 der Richtlinie 89/552

Zu dem von den Behörden des Vereinigten Königreichs befolgten Verfahren

–  Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

–  Würdigung durch das Gericht

Zur Bedeutung der „Normalspiele“ für die Gesellschaft des Vereinigten Königreichs

–  Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

–  Würdigung durch das Gericht

Zum dritten Klagegrund: Verletzung des Eigentumsrechts der FIFA

Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

Würdigung durch das Gericht

Zum vierten und zum sechsten Klagegrund: Verstoß gegen die Vertragsbestimmungen über den freien Dienstleistungsverkehr und über die Niederlassungsfreiheit

Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

Würdigung durch das Gericht

Zum fünften Klagegrund: Verstoß gegen die Wettbewerbsbestimmungen des Vertrags

Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

Würdigung durch das Gericht

Zum Antrag der FIFA auf prozessleitende Maßnahmen

Kosten


* Verfahrenssprache: Englisch.