Language of document : ECLI:EU:C:2012:483

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

NIILO JÄÄSKINEN

vom 19. Juli 2012(1)

Rechtssache C‑35/11

Test Claimants in the FII Group Litigation

gegen

Commissioners of Inland Revenue,

The Commissioners for Her Majesty’s Revenue & Customs

(Vorabentscheidungsersuchen des High Court of Justice [England & Wales], Chancery Division [Vereinigtes Königreich])







Inhaltsverzeichnis


I – Einführung

II – Vorgeschichte des vorliegenden Vorabentscheidungsersuchens

III – Zum Kontext der Vorlageentscheidung

IV – Erste Frage

A – Frage und eingegangene Erklärungen

B – Würdigung

a) Einführung

b) Pflicht zur Gewährung einer Gutschrift in Höhe des gesetzlichen Satzes des Quellenstaats

c) Sowohl effektiver als auch nominaler Satz

d) Gesetzlicher Satz

e) Vorliegen einer Beschränkung und deren Rechtfertigung

f) Ergebnis

V – Zweite Frage

A – Frage und eingegangene Erklärungen

B – Würdigung

VI – Frage 3

A – Frage und eingegangene Erklärungen

B – Würdigung

VII – Frage 4

A – Frage und eingegangene Erklärungen

B – Würdigung

VIII – Fünfte Frage

A – Frage und eingegangene Erklärungen

B – Würdigung

IX – Ergebnis

„Art. 49 AEUV und 63 AEUV – Körperschaftsteuer – Urteil in der Rechtssache C‑446/04, Test Claimants in the FII Group Litigation – Gleichbehandlung von Dividenden aus inländischen Quellen und Dividenden aus ausländischen Quellen – Zu berücksichtigende Steuersätze bei der Prüfung, ob die Besteuerungsniveaus für Dividenden aus inländischen und aus ausländischen Quellen gleichwertig sind – Gesetzliche oder effektive Steuersätze – Freier Kapitalverkehr – Anwendung nationaler Vorschriften ungeachtet des Umfangs der Beteiligung – Indirekte Steuerzahlung – Nicht entrichtete Steuer der die Dividenden ausschüttenden Gesellschaft – Zu Unrecht erhobene Steuer – Erstattungsklage oder Schadensersatzklage – Bezug von Dividenden, die von Gesellschaften in Drittländern ausgeschüttet werden – Tochtergesellschaften, auf die die Empfängergesellschaft bestimmenden Einfluss ausübt – Anwendbarkeit von Art. 63 AEUV“

I –    Einführung

1.        Am 12. Dezember 2006 hat der Gerichtshof eine vorläufige Entscheidung in der Rechtssache Test Claimants in the FII Group Litigation (C‑446/04, im Folgenden: erstes Urteil FII)(2) erlassen, mit der er u. a. die Frage(3) beantwortet hat, ob Körperschaftsteuervorschriften des Vereinigten Königreichs, wonach Dividenden auf Anteile unterschiedlich behandelt werden, je nachdem ob sie von im Vereinigten Königreich ansässigen Gesellschaften oder von gebietsfremden Gesellschaften ausgeschüttet werden, mit bestimmten Vorschriften des Unionsrechts vereinbar sind.

2.        Das Ausgangsverfahren ist immer noch bei der Chancery Division des High Court of Justice (England & Wales) (im Folgenden: High Court) anhängig, der das Verfahren erneut ausgesetzt und dem Gerichtshof fünf weitere Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt hat. Einige dieser Fragen zielen auf eine Vertiefung der vom Gerichtshof im ersten Urteil FII gegebenen Antworten ab, während mit anderen um Hinweise zu neuen Problemkreisen ersucht wird, die sich im innerstaatlichen Verfahren ergeben haben.

3.        Die Abschwächung der wirtschaftlichen Doppelbesteuerung von Unternehmen (d. h. der zweimaligen Besteuerung desselben Einkommens in den Händen zweier verschiedener Steuerzahler) ist von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung für grenzüberschreitende Tätigkeiten und betrifft eine Vielzahl von Gesellschaften in der Union unmittelbar. Das vorliegende Vorabentscheidungsersuchen verdeutlicht die Probleme, die sich aus der Wechselwirkung zwischen Binnenmarktrecht einerseits und nationalem und internationalem Steuerrecht andererseits ergeben und die durchaus kontrovers diskutiert werden(4).

II – Vorgeschichte des vorliegenden Vorabentscheidungsersuchens

4.        Bei dem Rechtsstreit geht es im Kern um Folgendes: Zweck und Wirkung der Rechtsvorschriften des Vereinigten Königreichs, die im maßgebenden Zeitraum (1973 bis 1999)(5) galten, war in erster Linie die Bereitstellung eines Instruments, um Anteilseigner von wirtschaftlicher Doppelbesteuerung zu entlasten. Es fanden zwei verschiedene Systeme Anwendung: Für Dividenden aus inländischen Quellen galt eine Befreiungsmethode, während auf Dividenden aus ausländischen Quellen eine Anrechnungsmethode (oder Gutschriftregelung) angewendet wurde. Nach der Befreiungsmethode wurden gebietsansässige Gesellschaften, die Dividenden von anderen gebietsansässigen Gesellschaften bezogen, einfach von der Steuer auf diese Dividenden befreit, weil man davon ausging, dass die Gesellschaft, die die Dividenden ausgeschüttet hatte, bereits zur Körperschaftsteuer herangezogen worden war. Nach der Anrechnungsmethode hingegen wurde auf Dividendenausschüttungen gebietsfremder Gesellschaften, d. h. Dividenden aus ausländischen Quellen, lediglich eine Steuergutschrift in den Händen der die Dividenden beziehenden Gesellschaft im Vereinigten Königreich gewährt(6).

5.        Dem bei dem nationalen Gericht anhängigen Verfahren liegt ein Rechtsstreit zwischen den Test Claimants in the Franked Investment Income (FII) Group Litigation (im Folgenden: Musterklägerinnen) und den Commissioners of Inland Revenue und den Commissioners for Her Majesty’s Revenue and Customs (beide zusammen im Folgenden: HMRC) zugrunde.

6.        Im Rahmen der Beantwortung der ersten der neun Vorlagefragen in der ersten Rechtssache FII hat der Gerichtshof entschieden, dass die jetzigen Art. 49 AEUV und 63 AEUV(7) Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats nicht entgegenstünden, die Dividenden, die eine gebietsansässige Gesellschaft von einer anderen gebietsansässigen Gesellschaft erhalte, von der Körperschaftsteuer befreiten, während sie Dividenden, die eine gebietsansässige Gesellschaft von einer gebietsfremden Gesellschaft erhalte (an der die gebietsansässige Gesellschaft mindestens 10 % der Stimmrechte halte), dieser Steuer unterwürfen – wobei jedoch im letzteren Fall eine Steuergutschrift für die tatsächlich von der ausschüttenden Gesellschaft in ihrem Sitzstaat gezahlte Steuer erteilt werde(8). Dies gelte jedoch nur, sofern

„der Steuersatz für Dividenden aus ausländischen Quellen nicht höher ist als derjenige für Dividenden aus inländischen Quellen und die Steuergutschrift mindestens genauso hoch ist wie der im Mitgliedstaat der ausschüttenden Gesellschaft gezahlte Betrag, bis zur Höhe der im Mitgliedstaat der Empfängergesellschaft festgesetzten Steuer“(9).

7.        Diese Aussage ist das Kernelement, um das es in der Vorlageentscheidung im vorliegenden Fall geht. Denn der Gerichtshof hat in Randnr. 56 seines Urteils hinzugefügt:

„Es ist … Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob die Steuersätze wirklich gleich sind und unterschiedliche Besteuerungsniveaus nur in bestimmten Fällen aufgrund einer Änderung der Besteuerungsgrundlage infolge bestimmter ausnahmsweise gewährter Entlastungen vorkommen.“

8.        Diese Sicht, der zufolge die parallele Anwendung zweier verschiedener Systeme auf inländische und auf ausländische Dividendenerträge grundsätzlich zulässig ist, ist bisher in Rechtssachen wie Haribo Lakritzen Hans Riegel und Österreichische Salinen sowie Accor(10) übernommen worden, die beide Fragen der Abschwächung der wirtschaftlichen Doppelbesteuerung ausländischer Dividendenerträge im Rahmen der Körperschaftsteuer betrafen.

9.        Nach einer Analyse des ersten Urteils FII hat der High Court das innerstaatliche Verfahren erneut ausgesetzt und dem Gerichtshof mit Beschluss vom 15. Dezember 2010 die folgenden fünf Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt(11):

1.      Beziehen sich die Bezugnahmen auf „Steuersätze“ und „unterschiedliche Besteuerungsniveaus“ in Randnr. 56 des ersten Urteils FII

a)      ausschließlich auf die gesetzlichen bzw. nominalen Steuersätze oder

b)      sowohl auf die effektiven Steuersätze als auch auf die gesetzlichen bzw. nominalen Steuersätze, oder

c)      haben die genannten Ausdrücke eine andere Bedeutung, und falls ja, welche?

2.      Macht es für die Antwort des Gerichtshofs auf die zweite und die vierte Vorlagefrage in der ersten Rechtssache FII einen Unterschied, wenn

a)      die ausländische Körperschaftsteuer nicht (oder nicht vollständig) von der gebietsfremden Gesellschaft, die die Dividende an die gebietsansässige Gesellschaft ausschüttet, gezahlt wird, die Dividende jedoch aus Gewinnen ausgeschüttet wird, die von ihrer in einem Mitgliedstaat ansässigen direkten oder indirekten Tochtergesellschaft ausgeschüttete Dividenden umfassen, die aus Gewinnen gezahlt wurden, auf die in diesem Staat bereits Steuern entrichtet worden sind, und/oder

b)      die Körperschaftsteuervorauszahlung (advance corporation tax, im Folgenden: ACT) nicht von der gebietsansässigen Gesellschaft gezahlt wird, die die Dividende von einer gebietsfremden Gesellschaft bezieht, sondern von ihrer direkten oder indirekten gebietsansässigen Muttergesellschaft im Anschluss an die weitere Ausschüttung der Gewinne der Empfängergesellschaft, die direkt oder indirekt die Dividende umfassen?

3.      Hat die Gesellschaft, die die ACT zahlt, unter den oben in Frage 2 b beschriebenen Umständen einen Anspruch auf Rückerstattung der zu Unrecht erhobenen Steuer (San Giorgio(12)) oder nur einen Anspruch auf Schadensersatz (Brasserie du pêcheur und Factortame(13))?

4.      Kann sich eine gebietsansässige Gesellschaft in Bezug auf Dividenden, die sie von einer Tochtergesellschaft erhält, auf die sie einen bestimmenden Einfluss ausübt und die in einem Drittland ansässig ist, auf Art. 63 AEUV berufen, wenn die in Rede stehenden nationalen Rechtsvorschriften nicht ausschließlich für Fälle gelten, in denen die Muttergesellschaft einen bestimmenden Einfluss auf die Gesellschaft ausübt, die die Dividende ausschüttet?

5.      Gilt die Antwort des Gerichtshofs auf die dritte Vorlagefrage in der ersten Rechtssache FII auch für Fälle, in denen gebietsfremde Tochtergesellschaften, auf die keine Übertragung erfolgen konnte, im Mitgliedstaat der Muttergesellschaft nicht besteuert werden?

10.      Schriftliche Erklärungen sind eingereicht worden von den Musterklägerinnen, von der Regierung des Vereinigten Königreichs, von der deutschen Regierung (zu der ersten und der vierten Frage), von der französischen Regierung (zu der ersten und der vierten Frage), von Irland (zu der ersten Frage), von der niederländischen Regierung (zu der vierten Frage) sowie von der Europäischen Kommission. Am 7. Februar 2012 hat eine mündliche Verhandlung stattgefunden. Daran haben die Musterklägerinnen, die Regierung des Vereinigten Königreichs, die deutsche Regierung, Irland und die Europäische Kommission teilgenommen.

III – Zum Kontext der Vorlageentscheidung

11.      Mit dem nachstehenden Diagramm sollen die den Vorlagefragen zugrunde liegenden Konzernstrukturen veranschaulicht werden:

Vereinigtes Königreich

A

B

C


D


F

E

G

Andere Mitgliedstaaten der Union

Nichtmitgliedstaaten (Drittländer)

12.      In dem Diagramm sind drei Ländergruppen dargestellt: das Vereinigte Königreich, andere Mitgliedstaaten der Union und Nichtmitgliedstaaten (Drittländer). In hierarchischer Rangfolge sind sieben Gesellschaften aufgeführt, die mit den Buchstaben A bis F bezeichnet sind. Gesellschaft A ist die oberste Muttergesellschaft, die im Vereinigten Königreich ansässig ist. Die Gesellschaften B und C sind Tochtergesellschaften von A mit Sitz im Vereinigten Königreich. Die Gesellschaften D und E sind Tochtergesellschaften von C mit Sitz in einem anderen EU-Mitgliedstaat. Die Gesellschaften F und G sind Tochtergesellschaften von C mit Sitz in einem Nichtmitgliedstaat(14).

13.      Bei der ersten Frage geht es um eine Gegenüberstellung der Begriffe „Steuersätze“ und „unterschiedliche Besteuerungsniveaus“. Sie bezieht sich auf einen Vergleich der Besteuerung von Dividenden aus Quellen im Vereinigten Königreich (Gesellschaft B und/oder Gesellschaft C) mit der Besteuerung von Dividenden aus Quellen in anderen Mitgliedstaaten der Union (Gesellschaft D) und in Nichtmitgliedstaaten (Gesellschaft F).

14.      Die Fragen 2 a und 2 b des vorliegenden Vorabentscheidungsersuchens schließen an die Antworten an, die der Gerichtshof im ersten Urteil FII auf die zweite und die vierte Vorlagefrage in jener Rechtssache gegeben hat. Sie betreffen eine Situation, in der die in einem Mitgliedstaat der Union ansässige Gesellschaft D Dividenden an ihre im Vereinigten Königreich ansässige Muttergesellschaft C ausschüttet.

15.      Insoweit hat der Gerichtshof im ersten Urteil FII zwei Annahmen zugrunde gelegt – nämlich erstens, dass die Gesellschaft D in ihrem Sitzmitgliedstaat Körperschaftsteuer entrichtet hat, und zweitens, dass die Gesellschaft C im Vereinigten Königreich Körperschaftsteuer im Form einer ACT entrichtet hat.

16.      Vor diesem Hintergrund soll mit Frage 2 a geklärt werden, ob es für die Antworten des Gerichtshofs einen Unterschied macht, wenn die Gesellschaft D, die die Dividenden ausschüttet, im Mitgliedstaat ihres Sitzes nicht selbst Körperschaftsteuer (in irgendeiner/voller Höhe) entrichtet, sondern eine auf niedriger Ebene stehende Gesellschaft E in jenem oder in einem anderen Mitgliedstaat die Steuer gezahlt hat.

17.      Die Frage 2 b lautet, ob es einen Unterschied macht, wenn die Gesellschaft nicht selbst Körperschaftsteuer in Form der ACT entrichtet hat, sondern diese Steuer „weiter oben“ in der Konzernhierarchie (von der Gesellschaft B oder A) aufgrund einer Konzernbesteuerungsoption gezahlt wurde.

18.      Gegenstand der dritten Frage ist, ob die von A oder B im Vereinigten Königreich geleistete ACT im Wege einer Klage auf Erstattung zu Unrecht erhobener Steuer oder im Wege einer Schadensersatzklage wegen Verletzung des Unionsrechts zurückverlangt werden kann. 

19.      Die vierte Frage betrifft Dividenden, die aus Drittländern an ein Konzerngebilde im Vereinigten Königreich ausgeschüttet werden. Im Wesentlichen geht es um die Anwendbarkeit von Art. 63 AEUV in Fällen, in denen die in einem Drittland ansässige Gesellschaft F Dividenden an die im Vereinigten Königreich ansässige Gesellschaft C ausschüttet und C einen bestimmenden Einfluss auf F ausübt.

20.      Die fünfte Frage schließlich bezieht sich auf die Gesellschaften D und F sowie die Problematik, ob die von der Gesellschaft A, B oder C im Vereinigten Königreich geleistete ACT zugunsten der betreffenden Gesellschaft übertragen werden kann, wenn die Gesellschaften D und F nicht der Körperschaftsteuer im Vereinigten Königreich unterliegen.

IV – Erste Frage

A –    Frage und eingegangene Erklärungen

21.      Mit der ersten Frage ersucht der High Court um Klärung der in Randnr. 56 des ersten Urteils FII verwendeten Begriffe „Steuersätze“ und „unterschiedliche Besteuerungsniveaus“.

22.      In Rahmen des dem ersten Urteil FII zugrunde liegenden Rechtsstreits war der Gerichtshof gefragt worden, ob ein Mitgliedstaat gegen Art. 49 AEUV und Art. 63 AEUV verstößt, wenn er Rechtsvorschriften anwendet, die Dividenden, die von einer gebietsansässigen Gesellschaft von anderen gebietsansässigen Gesellschaften bezogen werden, von der Körperschaftsteuer befreien, wohingegen sie Dividenden, die von in anderen Mitgliedstaaten ansässigen Gesellschaften bezogen werden, der Körperschaftsteuer unterwerfen (nach Doppelbesteuerungsentlastung für jede auf die Dividende erhobene Quellensteuer und unter bestimmten Voraussetzungen für die Basissteuer, die gebietsfremde Gesellschaften auf ihre Gewinne im Sitzstaat gezahlt haben).

23.      Als die Sache wieder vor den High Court gelangte, waren sich die Parteien hinsichtlich der Auslegung des ersten Urteils FII, insbesondere dessen Randnrn. 54 bis 56, uneinig.

24.      Die Musterklägerinnen machten geltend, die in Randnr. 56 des ersten Urteils FII(15) angesprochene Aufgabe des nationalen Gerichts bestehe in der Prüfung, ob die Befreiung inländischer Gewinnausschüttungen von der Steuer zu einer geringeren tatsächlichen Steuerlast führen könne als diejenige, die sich bei der Gewährung einer mittelbaren steuerlichen Anrechnung der Gewinnausschüttungen aus ausländischen Quellen ergäbe. Sie legten dem High Court Sachverständigengutachten zum Beweis dafür vor, dass die effektive Höhe der Besteuerung auf die Gewinne gebietsansässiger Gesellschaften in den meisten Fällen niedriger sei als die gesetzlichen Steuersätze. Dies komme daher nicht „nur unter ganz außergewöhnlichen Umständen“ vor, wie dies die Regierung des Vereinigten Königreichs in der ersten Rechtssache FII vorgetragen habe(16). Die HMRC traten dieser Feststellung als solche nicht entgegen. Sie vertraten vielmehr die Auffassung, das nationale Gericht habe lediglich zu prüfen, ob unterschiedliche gesetzliche Steuersätze tatsächlich nur unter ganz ungewöhnlichen Umständen vorkämen; zu einer Prüfung des effektiven Besteuerungsniveaus sei das Gericht indessen nicht verpflichtet.

25.      Der High Court schloss sich der Auslegung des Urteils durch die Musterklägerinnen an. Bei dem mit dem Rechtsmittel befassten Court of Appeal gingen die Meinungen auseinander. Zwei Richter neigten der Auffassung der HMRC zu, wohingegen der dritte Richter der Entscheidung des High Court zustimmte. Aufgrund dieser Meinungsverschiedenheit entschied der Court of Appeal, dass die Sache erneut dem Gerichtshof zur Vorabentscheidung über die Auslegung der maßgeblichen Randnummern des ersten Urteils FII vorzulegen sei. Gegen diese Entscheidung wurde Rechtsmittel beim Supreme Court eingelegt, der die Sache zurück an den High Court verwies, damit dieser ein Vorabentscheidungsersuchen stelle.

26.      In ihren Erklärungen vor dem Gerichtshof vertreten die deutsche Regierung, Irland und die Regierung des Vereinigten Königreichs die Auffassung, dass sich der Verweis auf „Steuersätze“ und „unterschiedliche Besteuerungsniveaus“ in Randnr. 56 des ersten Urteils FII ausschließlich auf die gesetzlichen bzw. nominalen Steuersätze beziehe. Die Musterklägerinnen tragen vor, die Wendung beziehe sich sowohl auf die effektiven Steuersätze als auch auf die gesetzlichen bzw. nominalen Steuersätze(17). Die Kommission meint, der Mitgliedstaat habe die Steuergutschrift auf der Grundlage des im Quellenstaat anwendbaren nominalen Steuersatzes zu berechnen.

B –    Würdigung

a)      Einführung

27.      Zweckmäßigerweise ist kurz an die abweichenden Ansätze des Generalanwalts und des Gerichtshofs in der ersten Rechtssache FII zu erinnern.

28.      Nach Auffassung von Generalanwalt Geelhoed in der ersten Rechtssache FII können zur Vermeidung einer wirtschaftlichen Doppelbesteuerung grundsätzlich zwei verschiedene Systeme im Einklang mit dem Vertrag zur Anwendung kommen. Nach einer eingehenden Untersuchung ist er jedoch zu dem Ergebnis gelangt, dass die Anwendung zweier Systeme – eines für Dividenden aus inländischen Quellen und eines anderen für Dividenden aus ausländischen Quellen – zwangsläufig diskriminierend und mit dem Vertrag nicht zu vereinbaren sei.

29.      Zur Begründung hat er ausgeführt, dass „ein Anrechnungssystem, das vom Vereinigten Königreich angewandt wird, um die wirtschaftliche Doppelbesteuerung von Dividenden aus ausländischen Quellen zu vermeiden, in bestimmten Fällen ungünstigere Wirkungen haben kann als das reine Befreiungssystem, das auf Dividenden aus inländischen Quellen Anwendung findet. Während bei einem Befreiungssystem die Vergünstigungen zugrunde liegender Körperschaftsteuerbefreiungen und -freibeträge an die Muttergesellschaft, die die Dividenden erhält, weitergegeben werden können, können diese Vergünstigungen bei einem Anrechnungssystem nicht weitergegeben werden, da die auf den Dividenden liegende Steuer bis zur Höhe des Einheitssteuersatzes der Körperschaftsteuer des Vereinigten Königreichs aufgestockt wird. In diesen Fällen könnte von den Wirkungen her davon ausgegangen werden, dass das Vereinigte Königreich auf Dividenden aus inländischen Quellen einen anderen (niedrigeren) Steuersatz anwendet als auf Dividenden aus ausländischen Quellen“(18).

30.      An dieser Stelle sind zwei Anmerkungen notwendig. Erstens verfolgt die Anwendung eines Anrechnungssystems auf Dividenden aus ausländischen Quellen natürlich den von Generalanwalt Geelhoed beschriebenen Zweck, nämlich die Wirkungen eines im Quellenstaat geltenden niedrigeren effektiven Steuersatzes durch die Besteuerung im Sitzstaat aufzuheben. Erreicht wird dies dadurch, dass die Differenz zwischen dem effektiven Satz des Quellenstaats und dem Satz(19), der für Dividenden aus ausländischen Quellen im Sitzstaat gilt, im letztgenannten Staat als Steuer erhoben wird.

31.      Zweitens lässt sich den Schlussanträgen wohl entnehmen, dass Generalanwalt Geelhoed dem Vereinigten Königreich und der Kommission insoweit nicht widerspricht, als diese geltend gemacht hatten, dass beide Systeme zur Vermeidung einer wirtschaftlichen Doppelbesteuerung führen würden(20).

32.      Der Gerichtshof ist jedoch im ersten Urteil FII zu dem Ergebnis gekommen, dass die Anwendung zweier verschiedener Systeme zur Vermeidung einer wirtschaftlichen Doppelbesteuerung von Dividenden aus inländischen Quellen und von Dividenden aus ausländischen Quellen mit dem Vertrag vereinbar sein könne, sofern bestimmte Voraussetzungen erfüllt seien(21). Der Gerichtshof wird nunmehr um Klarstellung dieser Entscheidung ersucht.

33.      Meines Erachtens hätte sich die vom Generalanwalt vorgeschlagene Lösung besser in die Rechtsprechung des Gerichtshofs zu den durch direkte Besteuerung bedingten Beschränkungen der Grundfreiheiten eingefügt. Es liegt auf der Hand, dass bei einer parallelen Anwendung zweier verschiedener Methoden zur Vermeidung einer wirtschaftlichen Doppelbesteuerung von Dividenden aus inländischen Quellen und von Dividenden aus ausländischen Quellen zwangsläufig keine Kapitalexportneutralität(22) besteht. Die beiden Methoden sind auf unterschiedliche Ergebnisse in Bezug auf die Möglichkeit zur Weitergabe der zugrunde liegenden Körperschaftsteuerbefreiungen und -vergünstigungen an die Anteilseigner ausgerichtet. Bei der Anrechnungsmethode soll die Weitergabe ausgeschlossen werden, während die Befreiungsmethode die Weitergabe bezweckt, sofern die Besteuerung der ausgeschütteten Dividenden nicht durch eine ergänzende Besteuerung bis zur Höhe der gesetzlichen Sätze aufgestockt wird(23).

34.      Da dieser Mangel an Neutralität also durch die im Sitzmitgliedstaat des Anteilseigners geltenden Regelungen bedingt ist, ist die mangelnde Neutralität als solche nicht unmittelbare Folge der unterschiedlichen Steuervorschriften der einzelnen Mitgliedstaaten(24).

35.      Allerdings ist der vom Gerichtshof im ersten Urteil FII gewählte Ansatz auch in späteren Entscheidungen angewandt worden(25). Deshalb – und auch aus Gründen der Rechtssicherheit – schlage ich dem Gerichtshof keine Abkehr von dieser Rechtsprechung vor, auf die sich die Gerichte, Unternehmen und Steuerverwaltungen in den Mitgliedstaaten sicherlich eingestellt haben. Jedoch lässt sich diese Rechtsprechung nur halten, wenn der Gerichtshof anerkennt, dass die Anwendung des oben beschriebenen asymmetrischen Mischsystems zu einer ungünstigeren Behandlung der Dividenden aus ausländischen Quellen führt. Dies ist die Folge der unterschiedlichen Möglichkeiten, die Steuervergünstigungen für die zugrunde liegenden Unternehmensgewinne an die Anteilseigner weiterzugeben(26).

36.      Sollte sich der Gerichtshof hingegen zu einer Revision dieser erst seit verhältnismäßig kurzer Zeit bestehenden Rechtsprechung entscheiden, bestünde die angemessenste Lösung darin, den von Generalanwalt Geelhoed in der ersten Vorabentscheidungsverfahren FII vorgeschlagenen Ansatz zu übernehmen.

37.      Ich wende mich nunmehr der Erörterung der drei Auslegungsvarianten zu, die der High Court in der ersten Vorlagefrage aufführt.

b)      Pflicht zur Gewährung einer Gutschrift in Höhe des gesetzlichen Satzes des Quellenstaats

38.      Der High Court möchte im Hinblick auf die dritte Auslegungsvariante wissen, ob die Begriffe „Steuersätze“ und „unterschiedliche Besteuerungsniveaus“ in Randnr. 56 des ersten Urteils FII eine andere Bedeutung als gesetzliche Steuersätze bzw. effektive Steuersätze haben, und falls ja, welche.

39.      Allein die Kommission möchte dies bejahen. Ihrer Meinung nach ist die erste Frage dahin zu beantworten, dass der Mitgliedstaat „sicherstellen muss, dass die Steuergutschrift der für Dividenden [aus inländischen Quellen] gewährten Steuervergünstigung entspricht, indem die Gutschrift auf der Grundlage des nominalen Steuersatzes berechnet wird, der in dem Staat gilt, aus dem die Dividenden stammen“.

40.      Die Kommission führt aus, dass dieser Vorschlag die Gewährleistung formaler Gleichbehandlung und einfacher Anwendbarkeit bezwecke, gleichzeitig aber auch ein gerechtes Ergebnis herbeiführe. Einerseits werde dies ohne systematische Begünstigung von Dividenden aus ausländischen Quellen erreicht, die aus Quellenstaaten mit niedrigen Steuersätzen stammten. Andererseits bestehe keine Notwendigkeit zur systematischen Neuberechnung der Steuerpflicht einer Dividenden ausschüttenden ausländischen Gesellschaft, in deren Rahmen auf die fiktive Steuer abgestellt werde, die diese Gesellschaft zu entrichten hätte, wenn sie im Vereinigten Königreich ansässig wäre. Diese Methode liefere eine genauere Entsprechung zur Befreiung von Dividenden aus inländischen Quellen.

41.      Trotz der Geradlinigkeit und Eleganz des Vorschlags der Kommission meine ich, dass der Gerichtshof ihm nicht folgen sollte. Ich stütze mich dabei auf vier Gründe.

42.      Erstens weist der Vorschlag der Kommission weder einen Bezug zum ersten Urteil FII noch zu dem Vorbringen der Verfahrensbeteiligten im Rahmen des ersten Vorabentscheidungsverfahrens FII auf, es sei denn, man versteht ihn als Erläuterung des Begriffs „gleichwertig“ in der im ersten Urteil FII gegebenen Antwort auf die erste Vorlagefrage. Die Lösung der Kommission stellt eine eigenständige Alternative dar, die nichts mit den im Ausgangsverfahren vorgetragenen Argumenten zu tun hat.

43.      Zweitens hat der Vorschlag der Kommission zur Folge, dass es nur eine einzige unionsrechtskonforme Möglichkeit gibt, die Anrechnungsmethode zur Abschwächung der wirtschaftlichen Doppelbesteuerung von Dividenden aus ausländischen Quellen in einem Steuersystem anzuwenden, das Dividenden aus inländischen Quellen befreit. Dies liefe auf eine richterliche Harmonisierung von Steuervorschriften in einem Bereich hinaus, der in die nationale Zuständigkeit fällt, und dies, obwohl die Methode, wie die Kommission einräumt, nicht in allen Fällen eine materielle Gleichbehandlung garantiert, sondern nur wegen ihrer Praktikabilität vorgeschlagen wird. Die Abwägung zwischen dem Grad der erwünschten Gleichstellung und der administrativen Praktikabilität ist ihrer Natur nach eine Aufgabe der Legislative, nicht der Judikative(27).

44.      Drittens ist die Lösung dann nicht kapitalexportneutral, wenn die effektiven Steuersätze in dem Mitgliedstaat, in dem der Dividendenempfänger ansässig ist, nahe an dem gesetzlichen Satz liegen und im Quellenstaat hohe gesetzliche Sätze in Verbindung mit niedrigen effektiven Sätzen gelten. Anders ausgedrückt: Der Mitgliedstaat des Empfängers wäre zur Gewährung einer Steuergutschrift verpflichtet, die der Differenz zwischen dem effektiven und dem gesetzlichen Steuersatz auf die zugrunde liegenden Gewinne im Quellenstaat entspricht, d. h. zur Gewährung einer Steuergutschrift für nicht entrichtete ausländische Steuer(28). Wirtschaftlich rückt die Lösung in die Nähe einer Verpflichtung zur Gewährung eines Abzugsrechts für fiktive Steuerzahlungen (sogenannter „tax sparing credit“), wie es in Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Industrieländern und Entwicklungsländern zu finden ist, da damit ebenfalls im Quellenstaat bestehende Vergünstigungen und Steueranreize in die Besteuerung des Sitzlandes übernommen werden sollen(29).

45.      Viertens ist die Lösung meines Erachtens unlogisch. Die Kommission merkt selbst an, dass der Grundsatz, die Anrechnungsmethode auf Dividenden aus ausländischen Quellen anzuwenden, während Dividenden aus inländischen Quellen befreit werden, sich vor allem dazu eignet, das Gefälle in den Besteuerungsniveaus des Quellenstaats und des Sitzstaats zu berücksichtigen. Die Kommission hält es für ein legitimes Ziel eines Mitgliedstaats, zu gewährleisten, dass die Einkünfte, einschließlich Dividenden, die gebietsansässige Gesellschaften erzielen, zu dem in den eigenen Vorschriften des Mitgliedstaats festgelegten Satz besteuert werden.

46.      Wollte man dieser Auffassung folgen, wäre es jedoch widersprüchlich, einerseits vom Mitgliedstaat des Empfängers zu verlangen, die Dividenden aus ausländischen Quellen in Höhe der Differenz zwischen effektivem und gesetzlichem Steuersatz des Quellenstaats nicht zu besteuern, andererseits aber zuzulassen, dass der Sitzstaat die Differenz zwischen dem (niedrigeren) gesetzlichen Satz des Quellenstaats und dem gesetzlichen Satz des Sitzstaats besteuert. Es erscheint unlogisch, dass sich nur der Effekt, der sich aus den im Quellenstaat bestehenden Vergünstigungen und Befreiungen ergibt (aufgrund deren die Differenz zwischen effektivem Satz und gesetzlichem Satz in jenem Staat entsteht), bei der Besteuerung des Anteilseigners im Sitzstaat niederschlägt, nicht jedoch der auf niedrigeren ausländischen gesetzlichen Sätzen beruhende Effekt, wenn der Sitzstaat Dividenden aus inländischen Quellen befreit.

c)      Sowohl effektiver als auch nominaler Satz

47.      Die Musterklägerinnen befürworten eine Auslegung des ersten Urteils FII dahin, dass sowohl auf die gesetzlichen als auch auf die effektiven Sätze abzustellen ist, um zu ermitteln, ob die steuerliche Belastung von Dividenden aus ausländischen Quellen und die körperschaftsteuerliche Belastung der den inländischen Dividenden zugrunde liegenden Gewinne unterschiedlich hoch sind, wobei die inländischen Dividenden als solche steuerfrei sind. Sollte ein solches unterschiedliches Besteuerungsniveau häufiger als nur unter ganz außergewöhnlichen Umständen vorkommen (oder vom nationalen Gericht festgestellt werden), müsste man bei dieser Auslegung zu dem Ergebnis kommen, dass Dividenden aus ausländischen Quellen diskriminiert werden und damit eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit vorliegt.

48.      Der Begriff des gesetzlichen bzw. nominalen Steuersatzes ist für die Zwecke dieses Vorabentscheidungsverfahrens hinreichend klar. Gemeint ist der Prozentsatz, der nach den geltenden Rechtsvorschriften auf einem bestimmten Betrag des zu versteuernden Einkommens als Steuer lastet. Im vorliegenden Fall geht es um zwei gesetzliche Steuersätze, nämlich den Körperschaftsteuersatz des Vereinigten Königreichs, der auf Dividenden aus ausländischen Quellen anwendbar ist, und den Körperschaftsteuersatz des Vereinigten Königreichs, der bei der Besteuerung der zugrunde liegenden Gewinne der im Vereinigten Königreich ansässigen ausschüttenden Gesellschaften angewandt wird. Da Dividenden aus inländischen Quellen nicht besteuert werden, gilt für sie kein gesetzlicher Satz.

49.      Der Begriff des effektiven Satzes ist viel weniger eindeutig(30). Damit kann die tatsächliche Höhe der Besteuerung eines bestimmten Einkommens oder Steuerpflichtigen gemeint sein, der Begriff kann sich aber auch auf eine statistische Größe beziehen, mit der die mit einer bestimmten Tätigkeit verbundene Steuerlast gemessen wird(31).

50.      Unter dem Begriff des effektiven Steuersatzes, wie er vom High Court verwendet und von den Musterklägerinnen befürwortet wird, ist der auf die Buchgewinne tatsächlich entrichtete prozentuale Steuerbetrag zu verstehen. Offenbar ist zwischen den Parteien unstreitig und wird vom High Court akzeptiert, dass dieser effektive Satz aufgrund von Steuerfreibeträgen und Steuervergünstigungen, die die Steuerlast einer im Vereinigten Königreich ansässigen Tochtergesellschaft verringern, niedriger als der gesetzliche Satz sein kann. Es wird außerdem davon ausgegangen, dass dies häufig und nicht nur „unter ganz außergewöhnlichen Umständen“ vorkommt.

51.      Ein Abstellen auf den effektiven Steuersatz in diesem Sinne brächte bei einem Vergleich der steuerlichen Belastung der Dividenden aus ausländischen Quellen mit der steuerlichen Belastung der Dividenden aus inländischen Quellen erhebliche theoretische und praktische Schwierigkeiten mit sich. Der effektive Steuersatz ist je nach den Steuervergünstigungen und -befreiungen, die sich auf die Feststellung der Bemessungsgrundlage auswirken (etwa Verlustvorträge oder Konzernabzug), für jede Gesellschaft und für jedes Geschäftsjahr unterschiedlich.

52.      Insoweit weist Irland zu Recht darauf hin, dass unter steuerlichen Gewinnen die Buchgewinne nach Anpassung entsprechend den Erfordernissen der einschlägigen Steuervorschriften zu verstehen sind. Es ist daher höchst unwahrscheinlich, dass im Einzelfall die Höhe der Buchgewinne mit der Höhe der steuerlichen Gewinne übereinstimmt. Irland ist der Meinung, dass dem Gerichtshof beim Erlass des ersten Urteils FII aufgrund des Vorbringens der Verfahrensbeteiligten bewusst gewesen sei, dass bei Vorliegen einer Differenz zwischen Buchgewinnen und steuerlichen Gewinnen, was nahezu ausnahmslos der Fall sei, der effektive Steuersatz vom gesetzlichen Steuersatz abweiche. Eben wegen der Wahrscheinlichkeit einer solchen Abweichung des gesetzlichen Steuersatzes vom effektiven Steuersatz sei Generalanwalt Geelhoed zu dem Ergebnis gekommen, dass die jetzigen Art. 49 AEUV und 63 AEUV einer parallelen Anwendung des Befreiungs- und des Anrechnungssystems entgegenstünden(32).

53.      Es bleibt festzuhalten, dass der effektive Steuersatz, der auf der Grundlage der auf die Buchgewinne tatsächlich entrichtenden Körperschaftsteuer berechnet wird, nur ausnahmsweise den auf die zu versteuernden Gewinne anzuwendenden gesetzlichen bzw. nominalen Sätzen entsprechen dürfte. Im Übrigen lässt sich ein solcher Vergleich ohne vollständige Kenntnis der steuerlich relevanten Merkmale der zu vergleichenden Gesellschaften und ihrer Tätigkeiten nicht vernünftig durchführen.

54.      Ein Abstellen auf sowohl den nominalen als auch den effektiven Satz ist daher meiner Ansicht nach von vornherein sinnlos. Die objektive Durchführung eines solchen Verfahrens wäre schwierig oder sogar unmöglich.

d)      Gesetzlicher Satz

55.      Die dritte Auslegungsmöglichkeit für Randnr. 56 des ersten Urteils FII besteht in der Heranziehung der gesetzlichen bzw. nominalen Steuersätze. Nach dieser Variante hat der Gerichtshof zur Beurteilung der Folgen einer parallelen Anwendung der Anrechnungs- und der Befreiungsmethode auf die gesetzlichen Steuersätze Bezug genommen.

56.      Angesichts der Erörterungen der Parteien und der Zurückweisung der vom Generalanwalt vorgeschlagenen Lösung durch den Gerichtshof erscheint dies als die plausibelste Auslegung des ersten Urteils FII. Dem nationalen Gericht bleibt dann die Prüfung der Frage überlassen, ob bei der körperschaftsteuerlichen Belastung der Gewinne, die der Steuerregelung des Vereinigten Königreichs für Dividenden aus inländischen Quellen als Prinzip zugrunde liegt, wirklich nur in Ausnahmefällen ein Nominalsatz Anwendung findet, der niedriger als der gesetzliche Einheitssatz ist.

57.      Ich will auf die erste Frage zwar eine Antwort in dem Sinne vorschlagen, dass der Gerichtshof auf gesetzliche bzw. nominale Sätze Bezug genommen hat, möchte jedoch noch bei diesem Thema verweilen und Probleme behandeln, die sich meines Erachtens zwangsläufig aus einer solchen Antwort ergeben.

e)      Vorliegen einer Beschränkung und deren Rechtfertigung

58.      Wie erwähnt, hat Generalanwalt Geelhoed meiner Meinung nach recht mit seiner Auffassung, dass die Befreiung der Dividenden aus inländischen Quellen in Verbindung mit Anrechnungen bei Dividenden aus ausländischen Quellen zwangsläufig zu einer ungünstigeren Behandlung der Dividenden aus ausländischen Quellen führt(33). Dieses Ergebnis dürfte im Fall des Vereinigten Königreichs unabhängig davon gelten, ob der Vergleich ausschließlich anhand der gesetzlichen Sätze oder anhand sowohl der gesetzlichen als auch der effektiven Sätze durchgeführt wird.

59.      Wird der Vergleich anhand der gesetzlichen Sätze durchgeführt, ergibt sich die ungünstigere Behandlung der Dividenden aus ausländischen Quellen sogar als systemimmanente Folge der Unterschiede zwischen den beiden Methoden bezüglich der Möglichkeit, mit der zugrunde liegenden Körperschaftsteuer verbundene Steuervergünstigungen weiterzugeben. Bei einem Vergleich anhand sowohl der gesetzlichen als auch der effektiven Sätze ist der Umstand, dass Dividenden aus ausländischen Quellen ungünstiger behandelt werden, hingegen eine Tatsache, die Aufschluss über die tatsächliche Funktionsweise des Systems des Vereinigten Königreichs gibt und als solche im Ausgangsverfahren unstreitig ist.

60.      Um daher dem nationalen Gericht wirklich nützlich zu sein und ein drittes Vorabentscheidungsersuchen im Rahmen des Ausgangsverfahrens zu vermeiden, sollte sich der Gerichtshof meines Erachtens mit der Frage befassen, ob die vorstehend beschriebene Situation eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit darstellt, und, falls ja, ob eine solche Beschränkung objektiv gerechtfertigt sein kann.

61.      Falls die Antwort des Gerichtshofs dahin lautet, dass sich Randnr. 56 des ersten Urteils FII auf gesetzliche bzw. nominale Sätze bezieht, und falls (abgesehen von Ausnahmefällen) gleiche gesetzliche Sätze gelten, stellt sich nach wie vor das Problem einer ungünstigeren Behandlung der Dividenden aus ausländischen Quellen als systemimmanente Folge der Anwendung zweier unterschiedlicher Regelungen auf vergleichbare Situationen sowie die Frage, ob diese ungünstigere Behandlung als Nichtbeschränkung oder als – gerechtfertigte oder ungerechtfertigte – Beschränkung einzustufen ist. Aber auch wenn der Gerichtshof im Sinne einer Heranziehung sowohl der nominalen als auch der effektiven Sätze entscheiden sollte, benötigt das nationale Gericht Anhaltspunkte für eine Berechnung der effektiven Sätze. Darüber hinaus benötigt das nationale Gericht Hinweise zu der Frage, ob etwaige Unterschiede zwischen den effektiven Sätzen stets eine Beschränkung darstellen oder ob es einen gewissen Spielraum gibt, der erst erschöpft sein muss, ehe die Unterschiede als Beschränkung zu qualifizieren sind. Auch in dieser Situation ist die Frage der Rechtfertigung von Bedeutung.

62.      Die Beschränkung, wenn sie denn als solche angesehen werden kann, entsteht nicht dadurch, dass ein Teil der Dividenden aus ausländischen Quellen einer wirtschaftlichen Doppelbesteuerung unterliegt, der Dividenden aus inländischen Quellen entgehen(34). Die Beschränkung entsteht dadurch, dass ein Teil der den Dividenden aus inländischen Quellen zugrunde liegenden Gewinne völlig unbesteuert bleibt, weil der effektive Körperschaftsteuersatz, der für die ausschüttende Gesellschaft gilt, niedriger als der gesetzliche Satz ist und diese Vergünstigung im Wege der Befreiung der Dividenden an die Anteilseigner weitergegeben wird. Der Vergleich ist daher richtigerweise nicht zwischen wirtschaftlicher Doppelbesteuerung und Einfachbesteuerung zu ziehen, sondern zwischen Einfachbesteuerung und teilweiser Nichtbesteuerung. Unter dem Gesichtspunkt der Vermeidung wirtschaftlicher Doppelbesteuerung sind die Anrechnungsmethode und die Befreiungsmethode gleichermaßen wirksam.

63.      Als Nächstes stellt sich die Frage, ob eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit vorliegt und, falls ja, ob eine solche Beschränkung gerechtfertigt werden kann. Wie erwähnt, verstehe ich die vor dem ersten Urteil FII ergangene Rechtsprechung dahin, dass die einschlägigen Vorschriften des Vereinigten Königreichs eine Beschränkung bei grenzüberschreitenden Sachverhalten schaffen und dass diese Beschränkung nicht gerechtfertigt werden kann.

64.      Bei Zugrundelegung des ersten Urteils FII und der anschließenden Rechtsprechung ist jetzt aber auch ein anderes Ergebnis denkbar.

65.      Für Portfoliodividenden hat der Gerichtshof den der Anrechnungsmethode zugrunde liegenden Zweck, nämlich die Besteuerung der Dividenden aus ausländischen Quellen auf das nationale Besteuerungsniveau anzuheben, im Urteil Haribo Lakritzen Hans Riegel und Österreichische Salinen ausdrücklich zugelassen. Er hat ausgeführt, dass „[d]urch die Anwendung der Anrechnungsmethode auf Dividenden, die von gebietsfremden Gesellschaften stammen, … gewährleistet werden [kann], dass Portfoliodividenden aus ausländischen Quellen und solche aus inländischen Quellen steuerlich gleich belastet werden, insbesondere wenn der Staat, aus dem die Dividenden stammen, einen niedrigeren Körperschaftsteuersatz anwendet als der Mitgliedstaat, in dem die Empfängergesellschaft ansässig ist. In einem solchen Fall würde eine Steuerbefreiung der Dividenden, die von gebietsfremden Gesellschaften stammen, Steuerpflichtige, die in ausländische Beteiligungen investiert haben, gegenüber denen begünstigen, die in inländische Beteiligungen investiert haben.“(35)

66.      Daraus könnte man schließen, dass der Mitgliedstaat des Empfängers die Steuervergünstigungen, die in den Steuervorschriften des Quellenstaats für Dividendenempfänger vorgesehen sind, nicht weitergeben muss, sondern rechtmäßigerweise die Wirkung dieser Vergünstigungen durch seine innerstaatliche Besteuerung aufheben darf. Mit anderen Worten: Ein Mitgliedstaat, der die wirtschaftliche Doppelbesteuerung auf nationaler Ebene beseitigen will, muss zwar die im Ausland entrichteten Steuern berücksichtigen, ist aber nicht zur Anerkennung der in anderen Quellenstaaten gewährten Steuervergünstigungen verpflichtet.

67.      Entschließe sich allerdings ein Mitgliedstaat – so Generalanwältin Kokott in ihren Schlussanträgen in der Rechtssache Haribo Lakritzen Hans Riegel und Österreichische Salinen –, Dividenden aus inländischen Quellen von der Körperschaftsteuer zu befreien, weil er eine wirtschaftliche Doppelbesteuerung der Unternehmensgewinne vermeiden wolle, so sei anzunehmen, dass das angestrebte Besteuerungsniveau bereits durch die Erhebung von Körperschaftsteuer bei der ausschüttenden Gesellschaft sichergestellt sei. Da dieser innere Zusammenhang von Befreiung auf Aktionärsebene und Besteuerung auf Gesellschaftsebene teilweise oder ganz fehlen könne, sei für die Prüfung des Vorliegens einer Diskriminierung nicht die Einzelfallbetrachtung, sondern die Gesamtschau des Systems entscheidend(36).

68.      Im Weiteren legt Generalanwältin Kokott dar, dass der einem Befreiungssystem zugrunde liegende enge Zusammenhang zwischen der für Dividenden aus inländischen Quellen geltenden Befreiung und der Besteuerung auf der Ebene der ausschüttenden Gesellschaft, nicht durch die allgemein üblichen Möglichkeiten zur Reduzierung der Steuerbelastung wie Verlustverrechnung und Konzernabzug aufgelöst werden könne. Erst wenn sich aufgrund einer Gesamtbetrachtung des Systems zeige, dass der Zusammenhang zwischen Befreiung und Vorbelastung nur scheinbar besteht oder sogar offensichtlich fehlt, könne angenommen werden, dass das System in Wirklichkeit nicht der Beseitigung einer wirtschaftlichen Doppelbesteuerung dient(37).

69.      Die Befreiungsmethode beruht bei der Anwendung im Rahmen der Konzernbesteuerung also auf dem Grundsatz, dass auf systemischer Ebene die auf die zugrunde liegenden Gewinne erhobene Körperschaftsteuer hinreichend ist. Mit anderen Worten: Der nationale Gesetzgeber entschließt sich zur Vermeidung einer Situation, in der die Wirkung der Steuervergünstigungen, die eine Gesellschaft des Konzerns in Anspruch nehmen kann, durch die Besteuerung der Gesellschaften auf höherer Konzernebene aufgehoben würde.

70.      Bei dieser Sichtweise sind die Mitgliedstaaten daher mangels einer Harmonisierung in der Union weder verpflichtet, im Rahmen ihrer steuerlichen Behandlung der Dividenden aus ausländischen Quellen die wirtschaftlichen Wirkungen der steuerpolitischen Entscheidungen des Quellenstaates anzuerkennen, noch brauchen sie Dividenden aus inländischen Quellen zu besteuern, die aus Gewinnen ausgeschüttet werden, die nach Maßgabe der einschlägigen Steuervorschriften der Körperschaftsteuer unterworfen worden sind. Die Mitgliedstaaten sind vielmehr berechtigt, ihre Steuerpolitik bezüglich der gesetzlichen Sätze und der Bemessungsgrundlagen sowohl auf Dividenden aus ausländischen Quellen als auch auf Dividenden aus inländischen Quellen anzuwenden(38). Folglich stellt in diesem Fall die mangelnde Kapitalexportneutralität und die damit verbundene Beeinträchtigung der Niederlassungsfreiheit keine verbotene Beschränkung dar, sofern dieselben nominalen Steuersätze angewandt werden.

71.      Eine solche asymmetrische Besteuerung ist jedoch nicht die unausweichliche Konsequenz aufgeteilter Steuerzuständigkeiten innerhalb der Union. Sie ist vielmehr Folge der steuerpolitischen Entscheidungen des Mitgliedstaats der Muttergesellschaft. Diese politische Entscheidung besteht nämlich in der Einbeziehung zweier steuerpolitischer Elemente, die für sich genommen jeweils unionsrechtlich zulässig sind, deren gemeinsame Anwendung jedoch zu einer Ungleichbehandlung führt.

72.      Es bleibt festzuhalten, dass die Anwendung eines asymmetrischen Mischsystems in der Regel zu einer ungünstigeren Behandlung der Dividenden aus ausländischen Quellen führt, und zwar unabhängig davon, ob man auf die effektiven oder die gesetzlichen Steuersätze abstellt. Nach dem vorstehend skizzierten Ansatz wäre diese Ungleichbehandlung als Konsequenz der kombinierten Anwendung zweier legitimer steuerpolitischer Grundsätze zu sehen, die als solche entweder gar keine Beschränkung oder eine gerechtfertigte Beschränkung darstellen. Zugegebenermaßen würde dies zu einer flexibleren Anwendung der Binnenmarktgrundsätze in diesem Bereich der direkten Besteuerung als allgemein üblich führen.

f)      Ergebnis

73.      Angesichts der vorstehenden Erwägungen sollte die Antwort auf die erste Frage dahin lauten, dass sich die Bezugnahmen auf „Steuersätze“ und „unterschiedliche Besteuerungsniveaus“ in Randnr. 56 des ersten Urteils FII auf die gesetzlichen bzw. nominalen Steuersätze beziehen. Aus den oben dargelegten Gründen lässt diese Antwort die Problematik des Vorliegens einer Beschränkung und deren Rechtfertigung offen. Diese Problematik ließe sich ausräumen, wenn man entweder auf die Antwort zurückgreift, die Generalanwalt Geelhoed in Nr. 56 seiner Schlussanträge in der ersten Rechtssache FII vorgeschlagen hat und die ich hier als Zweitvorschlag übernehmen möchte, oder wenn man schlichtweg die wirtschaftlichen Konsequenzen des asymmetrischen Mischsystems beim derzeitigen Stand des Unionsrechts als zulässig akzeptiert.

V –    Zweite Frage

A –    Frage und eingegangene Erklärungen

74.      Mit der zweiten Frage soll die Antwort des Gerichtshofs auf die zweite und die vierte Vorlagefrage in der ersten Rechtssache FII zur ACT‑ und zur FID-Regelung des Vereinigten Königreichs(39) geklärt werden.

75.      In Beantwortung der zweiten Vorlagefrage in der ersten Rechtssache FII hat der Gerichtshof entschieden, dass die jetzigen Art. 49 AEUV und 63 AEUV Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats entgegenstünden, die es einer gebietsansässigen Gesellschaft, die Dividenden von einer anderen gebietsansässigen Gesellschaft erhalte, ermöglichten, die von der die Dividenden auszahlenden Gesellschaft geleistete ACT von der von ihr selbst geschuldeten ACT abzuziehen, während ein solcher Abzug im Fall einer gebietsansässigen Gesellschaft, die Dividenden von einer gebietsfremden Gesellschaft erhalte, in Bezug auf die Körperschaftsteuer, die von der die Dividenden auszahlenden Gesellschaft auf die ausgeschütteten Gewinne in ihrem Sitzmitgliedstaat gezahlt worden sei, nicht möglich sei.

76.      Der High Court weist darauf hin, dass der Schwerpunkt der Antwort des Gerichtshofs auf der ACT liege, die von einer gebietsansässigen Gesellschaft geleistet worden sei, die unmittelbar Dividenden aus ausländischen Quellen beziehe, wenn von der die Dividenden auszahlenden gebietsfremden Gesellschaft (der sogenannten „water’s edge company“, im obigen Diagramm(40) die Gesellschaft D) Körperschaftsteuer gezahlt worden sei. Tatsächlich zahle die water’s edge company jedoch sehr oft in ihrem Sitzstaat keine Steuern auf die Gewinne, aus denen die Dividende an ihre im Vereinigten Königreich ansässige Muttergesellschaft (im Diagramm die Gesellschaft C) ausgeschüttet worden sei, was auf den weitverbreiteten Rückgriff internationaler Konzerne auf zwischengeschaltete Beteiligungsgesellschaften zurückzuführen sei, die wenig oder gar keine Steuern auf ihre Gewinne zahlten.

77.      Der High Court führt aus, als die Sache wieder vor ihn gelangt sei, hätten die HMRC geltend gemacht, dass die Antwort des Gerichtshofs auf die zweite Vorlagefrage in der ersten Rechtssache FII nur Fälle erfasse, in denen die water's edge company selbst Körperschaftsteuer in ihrem Sitzstaat gezahlt habe. Die Musterklägerinnen hätten dem entgegengehalten, dass das Urteil des Gerichtshofs auch für Fälle gelte, in denen die Dividende aus Gewinnen ausgezahlt worden sei, die Dividenden umfassten, die von einer in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Enkelgesellschaft (im Diagramm Gesellschaft E) aus Gewinnen ausgeschüttet worden seien, auf die in diesem Staat Körperschaftsteuer gezahlt worden sei.

78.      Der High Court führt im Weiteren aus, dass sich dieselbe Frage in Bezug auf die Antwort des Gerichtshofs auf die vierte Vorlagefrage in der ersten Rechtssache FII stelle, in der der Gerichtshof festgestellt habe, dass die jetzigen Art. 49 AEUV und 63 AEUV Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats entgegenstünden, die gebietsansässige Gesellschaften, die an ihre Anteilseigner Dividenden ausschütteten, die aus von ihnen bezogenen Dividenden aus inländischen Quellen stammten, von der ACT befreiten, dagegen gebietsansässigen Muttergesellschaften, die an ihre Anteilseigner Dividenden ausschütteten, die aus ausländischen Quellen stammten, die Möglichkeit einräumten, sich für die FID-Regelung zu entscheiden. Nach der FID-Regelung könnten sie einerseits die ACT zurückerlangen, hätten sich dabei jedoch zu verpflichten, zunächst die genannte Steuervorauszahlung zu leisten und deren Erstattung zu beantragen, und andererseits komme es zum Verlust der Steuergutschrift für die Anteilseigner, die bei Ausschüttungen auf der Grundlage von Dividenden aus inländischen Quellen vorgesehen sei.

79.      Nach Auffassung der Musterklägerinnen und der Kommission sollte die Antwort des Gerichtshofs auf die zweite und die vierte Vorlagefrage im ersten Urteil FII auch für die in den Fragen 2 a und 2 b beschriebenen Fälle gelten. Demgegenüber ist die Regierung des Vereinigten Königreichs der Meinung, das Urteil sei dahin auszulegen, dass weder in dem einen noch in dem anderen Fall ein Verstoß gegen die Art. 49 AEUV und 63 AEUV vorliege.

B –    Würdigung

80.      Auf den ersten Blick erkenne ich keinen Grund, weshalb aufgrund der Tatsache, dass eine andere Tochtergesellschaft (im obigen Diagramm die Gesellschaft D oder E) die Steuer entrichtet, etwas anderes gelten sollte, als der Gerichtshof im ersten Urteil FII entschieden hat. Der Gerichtshof hat in den einschlägigen Randnummern des ersten Urteils FII als Rechtsgrundsatz nämlich das Gebot aufgestellt, Dividenden aus ausländischen Quellen und Dividenden aus inländischen Quellen in Bezug auf das mit der Regelung des Vereinigten Königreichs verfolgte Ziel der Vermeidung der mehrfachen Belastung gleichzubehandeln(41).

81.      Im Wesentlichen ersucht das nationale Gericht um Hinweise zu der Frage, ob sich eine entsprechende Verpflichtung der Mitgliedstaaten unabhängig von den durch die Richtlinie 90/435(42) erfassten Sachverhalten bereits aus dem Vertrag ergibt, da die Richtlinie und insbesondere die geänderten Bestimmungen in Anbetracht ihres sachlichen und zeitlichen Geltungsbereichs offenkundig nicht einschlägig sind. 

82.      In dieser Frage schließe ich mich der Sicht der Kommission an. Die Kommission führt aus, dass nach der ACT‑Regelung eine gebietsansässige Gesellschaft die Möglichkeit habe, Dividenden an ihre Anteilseigner ohne ACT auszuschütten, soweit diese Dividenden aus Dividenden stammten, die ihr von einer gebietsansässigen Tochtergesellschaft gezahlt worden seien. Für Dividenden, die aus von einer ausländischen Tochtergesellschaft ausgeschütteten Dividenden finanziert würden, stehe eine solche Befreiung von der ACT nicht zur Verfügung. Die im Zusammenhang mit solchen Ausschüttungen geleistete ACT führe im Vergleich zu aus inländischen Dividenden finanzierten Ausschüttungen zumindest zu einer Benachteiligung beim Cashflow. Vielfach führe sie auch zu einer zusätzlichen steuerlichen Belastung von Auslandseinkünften, die bei Inlandseinkünften nicht entstehe und auch nicht entstehen könne. Diese zusätzliche Belastung stelle eine wirtschaftliche Doppelbesteuerung dar.

83.      Es sei daran erinnert, dass es sich bei ACT um eine Körperschaftsteuervorauszahlung handelte. Die ACT für Ausschüttungen, die ausländische Dividenden umfassten, war nur insoweit gerechtfertigt, als die ausländischen Dividenden aus Gewinnen stammten, die zu einem niedrigeren als im Vereinigten Königreich geltenden Satz besteuert wurden.

84.      Bei einem rein innerstaatlichen Sachverhalt wird die ACT nur einmal geleistet, nämlich entweder von der Tochtergesellschaft im Vereinigten Königreich bei der Ausschüttung ihrer Gewinne oder von der Muttergesellschaft bei der letztendlichen Ausschüttung an einzelne Anteilseigner. Die ACT wird zu einem späteren Zeitpunkt mit der von einer dieser Gesellschaften geschuldeten Körperschaftsteuer verrechnet. Bei einem grenzüberschreitenden Sachverhalt entfällt der Grund für die ACT, da im Vereinigten Königreich keine Körperschaftsteuerschuld entsteht (sofern nicht ein Unterschied zwischen den Sätzen des Vereinigten Königreichs und des Quellenstaats ausgeglichen werden soll).

85.      Wie der Gerichtshof in Randnr. 87 des ersten Urteils FII ausgeführt hat, befindet sich eine Gesellschaft, die Dividenden aus ausländischen Quellen erhält, in Bezug auf das mit der im Ausgangsverfahren streitigen Regelung verfolgte Ziel der Vermeidung der mehrfachen Belastung in einer Situation, die derjenigen einer Gesellschaft, die Dividenden aus inländischen Quellen erhält, vergleichbar ist, selbst wenn diese Dividenden erhält, auf die ACT entrichtet wurde. Meines Erachtens trifft dies unabhängig davon zu, ob sie die Dividenden über eine zwischengeschaltete Tochtergesellschaft bezieht.

86.      Diese Überlegung gilt auch für die Antwort auf die Frage 2 b. Eine gebietsansässige Gesellschaft, die Dividenden von einer ausländischen Gesellschaft erhält, dürfte keine ACT zu leisten haben, weil sie hinsichtlich dieser Dividenden keine körperschaftsteuerliche Hauptleistungspflicht trifft (abgesehen von den erwähnten gegebenenfalls bestehenden Leistungspflichten zum Ausgleich des Besteuerungsniveaus). Ebenso trifft ihre Muttergesellschaft, an die sie ihre Gewinne, einschließlich der in Rede stehenden Dividenden, ausschüttet, keine körperschaftsteuerliche Hauptleistungspflicht hinsichtlich des diesen Dividenden entsprechenden Gewinnanteils, so dass keinerlei Grundlage für eine ACT‑Forderung besteht.

87.      Angesichts dessen schlage ich als Antwort auf die zweite Frage vor, dass es für die Antwort des Gerichtshofs auf die zweite und die vierte Vorlagefrage in der ersten Rechtssache FII keinen Unterschied macht, wenn die beiden unter a) und b) beschriebenen Fallkonstellationen vorliegen.

VI – Frage 3

A –    Frage und eingegangene Erklärungen

88.      Mit der dritten Frage möchte das nationale Gericht die Konsequenzen ausloten, die sich möglicherweise aus der Antwort auf Frage 2 b ergeben. Es geht darum, ob eine Muttergesellschaft im Vereinigten Königreich, die ausländische Dividenden mittelbar über eine gebietsansässige zwischengeschaltete Tochtergesellschaft bezogen hat und zu Unrecht zur ACT herangezogen wurde, einen Anspruch auf Erstattung der zu Unrecht erhobenen Steuer hat oder lediglich einen Schadensersatzanspruch unter den im Urteil Brasserie du Pêcheur und Factortame(43) aufgeführten Voraussetzungen.

89.      Hierzu führt das vorlegende Gericht aus, dass der zweiten Vorlagefrage in der ersten Rechtssache FII ein vereinfachter Fall zugrunde gelegen habe, in dem die ACT von einer im Vereinigten Königreich ansässigen Gesellschaft (im obigen Diagramm Gesellschaft C) geleistet werde, die die Dividende unmittelbar von einer gebietsfremden Water’s-Edge-Tochtergesellschaft (im Diagramm Gesellschaft D) bezogen habe. In der Praxis werde die ACT jedoch von der obersten im Vereinigten Königreich ansässigen Muttergesellschaft geleistet (im Diagramm Gesellschaft A), die entweder die unmittelbare oder die mittelbare Muttergesellschaft der gebietsansässigen Gesellschaft (im Diagramm Gesellschaft C) sein könne, die die Einkünfte aus ausländischen Quellen tatsächlich bezogen habe(44).

90.      Das nationale Gericht führt aus, als ihm die Sache wieder vorgelegen habe, hätten die HMRC die Auffassung vertreten, dass die von der obersten Muttergesellschaft geleistete ACT zu Recht erhoben worden sei(45). Die Musterklägerinnen hätten geltend gemacht, dass unter diesen Umständen ein Verstoß gegen das Unionsrecht vorliege, und zwar unabhängig davon, ob die gebietsansässige Gesellschaft, die die Dividenden von einer gebietsfremden Gesellschaft beziehe, selbst die ACT leiste oder ob sie für eine Gruppenbesteuerung optiere, was dazu führe, dass eine gebietsansässige Gesellschaft, die in der Konzernstruktur auf einer höheren Ebene angesiedelt sei, die ACT leiste. Die vom Gerichtshof entwickelten Grundsätze verlangten folglich, dass für die in der Konzernstruktur auf einer höheren Ebene angesiedelte Gesellschaft, die tatsächlich die ACT geleistet habe, ein Rechtsbehelf zur Rückzahlung bestehe.

91.      Die Kommission meint, der die ACT leistenden Gesellschaft stehe lediglich ein Anspruch auf Rückerstattung der zu Unrecht erhobenen Steuer zu. Demgegenüber ist die Regierung des Vereinigten Königreichs der Ansicht, in einem Fall, in dem die gebietsansässige Gesellschaft, die Dividenden von einer gebietsfremden Gesellschaft erhalten habe, in den Genuss einer Befreiung von der ACT gekommen sei, könne die anschließend von der unmittelbaren oder mittelbaren Muttergesellschaft der Gesellschaft geleistete ACT unionsrechtlich keinen Grund für eine Klage auf Rückerstattung zu Unrecht erhobener Steuer bilden.

B –    Würdigung

92.      Bei Zugrundelegung der oben vorgeschlagenen Antwort auf Frage 2 b leuchtet nicht recht ein, inwiefern die dritte Frage eine eigene Antwort erfordert. Meines Erachtens ist die Verpflichtung der Mitgliedstaaten zur Rückerstattung von unter Verstoß gegen das Unionsrecht erhobenen Steuern in der bestehenden Rechtsprechung(46) eingehend geklärt; etwas anderes könnte allenfalls geltend, wenn sich aus dem nationalen Recht eine Streitfrage ergäbe, die aus der Vorlageentscheidung nicht ersichtlich ist und für deren Beantwortung der Gerichtshof allerdings ohnehin nicht zuständig wäre.

93.      Die Regierung des Vereinigten Königreichs führt sogar in ihren schriftlichen Erklärungen aus, dass sie – sollte der Gerichtshof entscheiden, dass das Unionsrecht die Belastung der Muttergesellschaft einer im Vereinigten Königreich ansässigen water’s edge company mit einer ACT verbietet – anerkenne, dass der die ACT leistenden Muttergesellschaft ein Anspruch auf Erstattung der zu Unrecht erhobenen Steuer zusteht. Wie oben dargelegt, sollten die im ersten Urteil FII gegebenen Antworten auf die zweite und die vierte Vorlagefrage meiner Meinung nach auch für die hier in Frage 2 b beschriebene Situation gelten.

94.      Der Gerichtshof hat im ersten Urteil FII daran erinnert, dass „das Recht auf Erstattung von Abgaben, die ein Mitgliedstaat unter Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht erhoben hat, … eine Folge und eine Ergänzung der Rechte dar[stellt], die den Einzelnen aus dem Gemeinschaftsrecht in seiner Auslegung durch den Gerichtshof erwachsen“(47). Der Mitgliedstaat ist also verpflichtet, unter Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht erhobene Abgaben zu erstatten.

95.      Bei dieser Pflicht handelt es sich um eine Ergebnispflicht. Ihre Erfüllung ist Gegenstand des innerstaatlichen Verfahrensrechts unter Beachtung des Äquivalenzgrundsatzes und des Effektivitätsgrundsatzes(48). In der nationalen Rechtsordnung muss jedenfalls ein wirksamer Rechtsbehelf zur Verfügung stehen, der es dem Steuerpflichtigen ermöglicht, den Mitgliedstaaten zur Erfüllung dieser Pflicht, d. h. zur tatsächlichen Erstattung der zu Unrecht erhobenen Steuer, zu zwingen(49).

96.      Wie der Gerichtshof unlängst im Urteil Accor ausgeführt hat, ist es ebenfalls Sache des vorlegenden Gerichts, zu bestimmen, wie Verletzungen des Verbots einer Beschränkung der Niederlassungsfreiheit und des freien Kapitalverkehrs in der Praxis zu beheben sind(50).

97.      Des Weiteren hat der Gerichtshof im ersten Urteil FII festgestellt, dass „die Einzelnen, wenn ein Mitgliedstaat unter Verstoß gegen die Vorschriften des Gemeinschaftsrechts Steuern erhoben hat, Anspruch auf Erstattung nicht nur der zu Unrecht erhobenen Steuer, sondern auch der Beträge [haben], die in unmittelbarem Zusammenhang mit dieser Steuer an diesen Staat gezahlt oder von diesem einbehalten worden sind“(51); darunter fallen auch die aus der vorzeitigen Steuerzahlung resultierenden Cashfloweinbußen. Hierzu hat der Gerichtshof im Urteil Metallgesellschaft u. a. bereits entschieden: „Da … der Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht nicht aus der Zahlung der Steuer selbst folgt, sondern aus deren vorzeitiger Fälligkeit, stellt die Zuerkennung von Zinsen die Erstattung des ohne Rechtsgrund Geleisteten dar und erscheint unerlässlich, um die durch Artikel 52 EG-Vertrag garantierte Gleichbehandlung wieder herzustellen.“(52)

98.      Es ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof im ersten Urteil FII auch die Frage des Schadensersatzes erörtert hat. Insoweit genügt der Hinweis, dass eine rechtswidrige Besteuerung auch eine Handlung darstellt, deren in einem Kausalzusammenhang stehende Folgen nach Maßgabe der auf dem Urteil Francovich u. a.(53) beruhenden Rechtsprechung einen Schadensersatzanspruch begründen können, der anhand der im Urteil Brasserie du Pêcheur und Factortame (oben angeführt in Fn. 13) aufgestellten Voraussetzungen zu beurteilen ist. Für die Verpflichtung zur Erstattung zu Unrecht erhobener Steuer und zur Zahlung von Zinsen gelten diese Voraussetzungen nicht. Die Rechtsnatur dieser Verpflichtung richtet sich jedoch nicht nach Unionsrecht, sondern nach dem nationalen Rechtssystem(54).

99.      Soweit daher die in Frage 2 b bezeichneten Muttergesellschaften unter Verletzung der durch den Vertrag garantierten Grundfreiheiten zur ACT herangezogen wurden, steht ihnen ein Anspruch auf Erstattung der Steuer und/oder der Cashfloweinbußen zu, die ihnen aufgrund der vorzeitigen Entrichtung der Steuer entstanden sind. Der Mitgliedstaat hat sicherzustellen, dass dieses Ergebnis im Rahmen des nationalen Rechtssystems erreicht wird. Dabei hat er die in der Rechtsprechung des Gerichtshofs entwickelten Grundsätze der Äquivalenz und der Effektivität zu beachten. 

100. Der Erstattungsanspruch besteht unabhängig von einem etwaigen Ersatzanspruch wegen der in Randnr. 207 des ersten Urteils FII angesprochenen Folgeschäden, die auf der rechtswidrigen Besteuerung beruhen. Dieser Vermögensschaden kann nach Maßgabe der auf dem Urteil Francovich u. a. beruhenden Rechtsprechung geltend gemacht werden.

101. Die Antwort auf die dritte Frage sollte daher dahin lauten, dass die Gesellschaft, die die ACT zahlt, unter den in Frage 2 b beschriebenen Umständen einen Anspruch auf Rückerstattung der zu Unrecht erhobenen Steuer hat, ohne nachweisen zu müssen, dass die Voraussetzungen für die mitgliedstaatliche Schadensersatzpflicht wegen Verletzung des Unionsrechts erfüllt sind.

VII – Frage 4

A –    Frage und eingegangene Erklärungen

102. Die vierte Frage betrifft Dividenden, die von Gesellschaften in Drittländern ausgeschüttet werden. Das vorlegende Gericht möchte wissen, ob sich eine gebietsansässige Gesellschaft (im obigen Diagramm z. B. die Gesellschaft C) in Bezug auf Dividenden, die sie von einer Tochtergesellschaft erhält, auf die sie einen bestimmenden Einfluss ausübt und die in einem Drittland ansässig ist (im Diagramm z. B. die Gesellschaft F), auf Art. 63 AEUV berufen kann.

103. Der High Court merkt an, dass dies eine Frage aufwerfe, die in der Vorlage in der ersten Rechtssache FII nicht ausdrücklich an den Gerichtshof herangetragen worden sei. Diese Frage stelle sich, wenn das nationale Gericht im Anschluss an die Antwort des Gerichtshofs auf die oben angeführte erste Frage feststelle, dass die Rechtsvorschriften des Vereinigten Königreichs, nach denen Dividenden, die von in anderen Mitgliedstaaten ansässigen Gesellschaften bezogen werden, der Steuer unterworfen werden, gegen Art. 49 AEUV oder 63 AEUV verstoßen.

104. Die erste Vorlagefrage in der ersten Rechtssache FII habe Dividenden betroffen, die von in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Gesellschaften bezogen wurden. Als die Sache wieder vor den High Court gelangt sei, hätten die Musterklägerinnen geltend gemacht, dass die Rechtsvorschriften des Vereinigten Königreichs im Lichte der sich fortentwickelnden Rechtsprechung des Gerichtshofs auch gegen den jetzigen Art. 63 AEUV verstießen, soweit dieser auf Dividenden Anwendung finde, die von in Drittländern ansässigen Tochtergesellschaften bezogen würden. Die HMRC hätten vorgetragen, dass Art. 63 AEUV nicht für Fälle gelte, in denen eine im Vereinigten Königreich ansässige Gesellschaft einen sicheren Einfluss auf die Entscheidungen einer in einem Drittland ansässigen Gesellschaft ausübe und deren Tätigkeiten bestimmen könne; diese Fälle fielen nämlich ausschließlich unter Art. 49 AEUV.

105. Die Musterklägerinnen und die Kommission sind der Ansicht, dass sich eine gebietsansässige Gesellschaft in der vorstehend beschriebenen Situation in Bezug auf Dividenden, die sie von einer in einem Drittland ansässigen Tochtergesellschaft erhalte, auf die sie einen bestimmenden Einfluss ausübe, auf Art. 63 AEUV berufen könne. Demgegenüber vertreten die Regierung des Vereinigten Königreichs, die deutsche, die französische und die niederländische Regierung die Auffassung, dass sich eine gebietsansässige Gesellschaft nicht auf Art. 63 AEUV berufen könne, da auf solche Beteiligungen ausschließlich die Vertragsbestimmungen über die Niederlassungsfreiheit anwendbar seien und diese im Verhältnis zu Drittländern nicht zum Tragen kämen.

B –    Würdigung

106. Bei der Prüfung der steuerlichen Behandlung von Dividendenbezügen differenziert der Gerichtshof nach Mitgliedstaaten und Drittländern.

107. Die Besteuerung von Dividenden, die aus anderen Mitgliedstaaten bezogen werden, kann nach gefestigter Rechtsprechung unter Art. 49 AEUV über die Niederlassungsfreiheit und auch unter Art. 63 AEUV über den freien Kapitalverkehr fallen(55). Bei der Beurteilung, ob eine nationale Regelung unter die eine oder die andere Verkehrsfreiheit fällt, ist auf den Gegenstand der betreffenden Regelung abzustellen(56).

108. Eine nationale Regelung, die nur auf Beteiligungen anwendbar ist, die es ermöglichen, einen sicheren Einfluss auf die Entscheidungen einer Gesellschaft auszuüben und deren Tätigkeiten zu bestimmen, fällt unter die Bestimmungen des Vertrags über die Niederlassungsfreiheit(57). Nationale Bestimmungen über Beteiligungen, die in der alleinigen Absicht der Geldanlage erfolgen, ohne dass auf die Verwaltung und Kontrolle des Unternehmens Einfluss genommen werden soll, d. h. Bestimmungen über Portfolioinvestitionen, sind ausschließlich im Hinblick auf den freien Kapitalverkehr zu prüfen(58).

109. Was die steuerliche Behandlung von Dividenden aus Drittländern angeht, so ist in der Rechtsprechung bisher nur ein Aspekt dieses Problemkreises behandelt worden. Der Gerichtshof hat im ersten Urteil FII die Situation einer gebietsansässigen Gesellschaft untersucht, die von einer in einem Drittland ansässigen Gesellschaft Dividenden auf der Grundlage einer Beteiligung erhalten hat, die der Empfängergesellschaft keinen sicheren Einfluss auf die Entscheidungen der ausschüttenden Gesellschaft verschafft und es ihr nicht ermöglicht, die Tätigkeiten der ausschüttenden Gesellschaft zu bestimmen. Der Gerichtshof hat entschieden, dass nationale Maßnahmen wie die im Ausgangsverfahren streitigen gegen den jetzigen Art. 63 AEUV verstießen(59).

110. Im vorliegenden Fall gilt es zu klären, welche der Vertragsbestimmungen gegebenenfalls auf die steuerliche Behandlung von Dividenden anzuwenden ist, die von einer Gesellschaft stammen, die in einem Drittland ansässig ist und an der eine Beteiligung besteht, die es dem Inhaber dieser Beteiligung ermöglicht, einen sicheren Einfluss auf die Entscheidungen der Gesellschaft auszuüben und deren Tätigkeiten zu bestimmen, wobei jedoch zu beachten ist, dass die in Rede stehende nationale Regelung nicht ausschließlich auf solche Sachverhalte Anwendung findet.

111. Es gibt im Wesentlichen zwei Konstruktionen zur Einordnung von Sachverhalten, bei denen der Beteiligungsinhaber sicheren Einfluss auf die Entscheidungen einer in einem Drittland ansässigen Gesellschaft ausübt und deren Tätigkeiten bestimmt.

112. Bei der ersten Konstruktion wird eine Parallele zu unionsinternen Sachverhalten gezogen. Mit anderen Worten: Wird auf eine in einem Drittland ansässige Gesellschaft bestimmender Einfluss ausgeübt, ist die Beurteilung unter dem Gesichtspunkt der Niederlassungsfreiheit vorzunehmen. Die Anwendung der Bestimmungen über den freien Kapitalverkehr wäre also ausgeschlossen. Da im Verhältnis zu Drittländern jedoch kein Recht auf Niederlassungsfreiheit besteht, wird der Sachverhalt nicht vom Vertrag erfasst. Diese Auffassung vertreten die an dem vorliegenden Verfahren beteiligten Mitgliedstaaten(60).

113. Bei der zweiten Konstruktion wird von der Annahme ausgegangen, dass die Differenzierung nach Niederlassungsfreiheit und freiem Kapitalverkehr nur für unionsinterne Sachverhalte von Bedeutung ist. Im Verhältnis zu Drittländern ist eine solche Differenzierung weder notwendig noch geboten. Die Bestimmungen über den freien Kapitalverkehr gelten im Verhältnis zu Drittländern dann nicht nur für Portfolioinvestitionen, sondern auch in Fällen, in denen ein bestimmender Einfluss auf die Dividenden ausschüttende Gesellschaft im Drittland ausgeübt wird.

114. Bezüglich der ersten Konstruktion ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof für Beziehungen innerhalb der Union Kriterien für die Heranziehung des Maßstabs der Niederlassungsfreiheit bzw. des freien Kapitalverkehrs entwickelt und angewandt hat. Nach der Rechtsprechung verlagert sich bei unionsinternen Sachverhalten der Schwerpunkt von den Vertragsbestimmungen über den freien Kapitalverkehr auf die Bestimmungen über die Niederlassungsfreiheit, wenn der Anteil der Stimmrechte die Schwelle von 10 % überschreitet.

115. Bei Beziehungen zu Drittländern ist die Entwicklung solcher Kriterien für die Anwendbarkeit der beiden Freiheiten weder notwendig noch überhaupt möglich, da ausschließlich die Regeln über den freien Kapitalverkehr Anwendung finden können. Auch wenn die Schwelle von 10 % der Stimmrechte überschritten ist, gibt es keine anderweitige Vertragsbestimmung, die im Verhältnis zu Drittländern anstelle von Art. 63 AEUV eingreifen könnte. Im Wortlaut des Vertrags finden sich auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Bestimmungen über den freien Kapitalverkehr im Verhältnis zu Drittländern nicht gelten, sobald die Beteiligung einen Umfang erreicht, der über einen Portfoliobesitz hinausgeht(61).

116. Soweit die nationale Regelung unabhängig vom Umfang der Beteiligung gilt, verlangt die Rechtsprechung, anhand der tatsächlichen Gegebenheiten zu prüfen, wie sich die Beschränkung schwerpunktmäßig auswirkt, d. h. eine präzise Feststellung, welche Freiheit beschränkt wird. So ist der Gerichtshof im ersten Urteil FII (vgl. Randnrn. 37 f.) vorgegangen. Der Regelungszweck der nationalen Vorschriften ist zu berücksichtigen, und falls die nationale Maßnahme die andere Freiheit nur zweitrangig berührt, beschränkt sich die Prüfung auf die in erster Linie betroffene Freiheit(62), Allerdings halte ich eine solche tatsachenorientierte Vorgehensweise im vorliegenden Fall nicht für zweckmäßig, da hier die Vorlagefrage auf andere Beteiligungen als Portfoliobeteiligungen abzielt und die Vorschriften über die Niederlassungsfreiheit nicht zum Tragen kommen.

117. Meines Erachtens sollte daher der Gerichtshof dahin antworten, dass in Bezug auf Drittländer eine rechtliche Regelung, nach der ein Mitgliedstaat eine Entlastung von der wirtschaftlichen Doppelbesteuerung von Dividenden bei Beteiligungen jeglichen Umfangs gewährt, in den Anwendungsbereich von Art. 63 AEUV fällt.

118. Allerdings müssen noch zwei weitere Themenkomplexe angesprochen werden.

119. Erstens berührt Art. 63 AEUV – aufgrund von Art. 64 Abs. 1 AEUV – nicht die Anwendung derjenigen Beschränkungen auf dritte Länder, die am 31. Dezember 1993 bestanden. Offenbar bestanden die im Ausgangsverfahren streitigen nationalen Vorschriften vor diesem Zeitpunkt. Soweit im Übrigen die nach dem 31. Dezember 1993 erlassenen nationalen Vorschriften für Gesellschaften mit gebietsfremden Tochtergesellschaften zu einer Abschwächung der sich aus der ACT‑Regelung ergebenden Folgen führten, handelte es sich dabei nicht um neue Beschränkungen(63). Dies ist vom nationalen Gericht zu überprüfen.

120. Sollte zweitens der Gerichtshof dem von mir hier vorgeschlagenen Ansatz folgen, stellt sich die Frage der Rechtfertigung einer Beschränkung des freien Kapitalverkehrs im Fall einer Kontrollbeteiligung an Gesellschaften in Drittländern.

121. Wie der Gerichtshof hervorgehoben hat, erfolgen Investitionen in Drittländern in einem anderen rechtlichen Rahmen als Investitionen innerhalb der Union, insbesondere was die administrative Zusammenarbeit der Steuerbehörden angeht. Daher lässt sich nicht ausschließen, dass ein Mitgliedstaat beweisen kann, dass eine Beschränkung des Kapitalverkehrs mit dritten Ländern aus einem bestimmten Grund gerechtfertigt ist, auch wenn dieser Grund keine überzeugende Rechtfertigung für eine Beschränkung des Kapitalverkehrs zwischen Mitgliedstaaten darstellen würde. Nach der Rechtsprechung kann jedoch der Rückgang von Steuereinnahmen nicht als zwingender Grund zur Rechtfertigung einer Beschränkung angesehen werden, und dieser Grundsatz gilt gleichermaßen für Einnahmen aus Drittländern, selbst wenn in den Beziehungen zwischen den Quellenstaaten, die Drittländer sind, und den Sitzmitgliedstaaten keine Gegenseitigkeit besteht(64).

122. Allerdings darf der Gerichtshof nicht außer Acht lassen, dass die von mir vorgeschlagene Auslegung bezüglich der Anwendbarkeit von Art. 63 AEUV die Mitgliedstaaten anfälliger für schädlichen Steuerwettbewerb durch Drittländer machen könnte. Dies gilt insbesondere dann, wenn im Rahmen der ersten Frage festgestellt wird, dass das Vereinigte Königreich Dividenden aus ausländischen Quellen von der Steuer zu befreien hat, weil das für solche Dividenden geltende Anrechnungssystem zu einem höheren effektiven Besteuerungsniveau als die Anwendung des Befreiungssystems auf Dividenden aus inländischen Quellen führt(65). Die vom Gerichtshof gewählte Auslegung darf daher nicht zu einer einseitigen Ausdehnung der Niederlassungsfreiheit auf Drittländer durch die Hintertür führen, da dies eindeutig nicht Zweck des AEU-Vertrags ist.

123. Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, die vierte Frage dahin zu beantworten, dass in Bezug auf Drittländer eine rechtliche Regelung, nach der ein Mitgliedstaat eine Entlastung von der wirtschaftlichen Doppelbesteuerung von Dividenden bei Beteiligungen jeglichen Umfangs gewährt, in den Anwendungsbereich von Art. 63 AEUV fällt.

VIII – Fünfte Frage

A –    Frage und eingegangene Erklärungen

124. Die fünfte Frage betrifft die Übertragung von ACT und die grenzüberschreitende Erstattung von ACT. Mit dieser Frage wurde um Erläuterung der Antwort des Gerichtshofs auf die dritte Vorlagefrage in der ersten Rechtssache FII gebeten. Jene Frage betraf die Bestimmungen der Rechtsvorschriften des Vereinigten Königreichs über die ACT, wonach eine gebietsansässige Muttergesellschaft (im obigen Diagramm die Gesellschaft A) überschüssige ACT an ihre gebietsansässigen Tochtergesellschaften (im obigen Diagramm die Gesellschaften B und C) übertragen konnte, so dass die ACT mit der Körperschaftsteuerschuld der Tochtergesellschaften verrechnet werden konnte. Dies bedeutete also, dass keine Möglichkeit zur Übertragung überschüssiger ACT auf gebietsfremde Tochtergesellschaften bestand, und zwar noch nicht einmal dann, wenn diese der Körperschaftsteuer im Vereinigten Königreich unterlagen, weil sie dort eine feste Betriebsstätte unterhielten.

125. Generalanwalt Geelhoed ist in seinen Schlussanträgen in der ersten Rechtssache FII zu dem Ergebnis gelangt, dass eine Beschränkung vorliege, die gegen die jetzigen Art. 49 AEUV und 63 AEUV verstoße. Der Gerichtshof hat jedoch seine Prüfung dieser Frage mit dem Hinweis in Randnr. 115 eingeleitet, dass „sich die Erörterung vor dem Gerichtshof auf die für eine gebietsansässige Gesellschaft bestehende Unmöglichkeit beschränkt hat, überschüssige ACT auf gebietsfremde Tochtergesellschaften zu übertragen, damit diese sie auf die Körperschaftsteuer anrechnen können, die sie im Vereinigten Königreich für dort ausgeübte Tätigkeiten zahlen müssen“. Die Antwort des Gerichtshofs in Randnr. 139 habe sich folglich auf diese Frage beschränkt und nicht den Fall erfasst, in dem eine gebietsfremde Tochtergesellschaft nicht der Körperschaftsteuer des Vereinigten Königreichs unterworfen sei.

126. Der High Court führt aus, als die Sache wieder vor ihn gelangt sei, hätten die Musterklägerinnen geltend gemacht, dass der Gerichtshof ihren Standpunkt missverstanden habe, als sie in der mündlichen Verhandlung gegenüber dem Gerichtshof betont hätten, dass eine Anrechnung der ACT selbst dann unzulässig sei, wenn die ausländische Tochtergesellschaft ihre Geschäftstätigkeit im Vereinigten Königreich über eine Zweigniederlassung ausübe. Die Musterklägerinnen hätten jedoch nicht beabsichtigt, die Frage auf diesen Fall zu beschränken. Der High Court ist diesem Vorbringen gefolgt und zu dem Ergebnis gelangt, dass dieses Missverständnis den Gerichtshof dazu bewegt habe, seine Antwort zu beschränken.

127. In ihren Erklärungen vertreten die Musterklägerinnen die Ansicht, die Antwort des Gerichtshofs auf die dritte Vorlagefrage in der ersten Rechtssache FII gelte auch für Fälle, in denen die Gewinne gebietsfremder Tochtergesellschaften, auf die keine Übertragung erfolgen konnte, im Mitgliedstaat der Muttergesellschaft nicht besteuert werden. Demgegenüber sind die Regierung des Vereinigten Königreichs und die Kommission der Meinung, dass die Antwort des Gerichtshofs auf die dritte Vorlagefrage in der ersten Rechtssache FII in solchen Fällen nicht gelte.

B –    Würdigung

128. Zweckmäßigerweise ist an die Feststellung im ersten Urteil FII zu erinnern, dass die Rechtsvorschriften des Vereinigten Königreichs die Möglichkeit vorsähen, überschüssige ACT an eine gebietsansässige Tochtergesellschaft zu übertragen, damit diese sie mit ihrer Körperschaftsteuerschuld im Vereinigten Königreich verrechnen könne. Die Rechtsvorschriften erlaubten jedoch keine Übertragung der ACT und deren Verrechnung mit einer im Vereinigten Königreich bestehenden Körperschaftsteuerschuld einer gebietsfremden Tochtergesellschaft. Der Gerichtshof hat dies als eine Steuervergünstigung für gebietsansässige Tochtergesellschaften gewertet, die gebietsfremden Tochtergesellschaften nicht gewährt werde und die deshalb eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit darstelle(66).

129. Offenbar liegt jedoch keine Benachteiligung vor, wenn die gebietsfremde Tochtergesellschaft keine Körperschaftsteuer im Vereinigten Königreich schuldet. Mit der ACT‑Übertragung soll sichergestellt werden, dass die übertragene ACT mit einer gegebenenfalls im Vereinigten Königreich bestehenden Körperschaftsteuerschuld verrechnet werden kann, da die ACT eine Vorauszahlung auf die als Hauptleistung geschuldete Körperschaftsteuer im Vereinigten Königreich ist. Besteht keine Körperschaftsteuerschuld im Vereinigten Königreich, besteht auch kein Bedarf für eine Übertragung und Verrechnung.

130. Wenn die Rechtsvorschriften es einer im Vereinigten Königreich ansässigen Muttergesellschaft erlauben würden, ACT auf eine gebietsfremde Tochtergesellschaft zu übertragen, die im Vereinigten Königreich keine Körperschaftsteuer schuldet, erhielte ein solcher Konzern eine Vergünstigung, die ein ausschließlich aus gebietsansässigen Gesellschaften bestehender Konzern nicht in Anspruch nehmen könnte. Die Kommission weist zutreffend darauf hin, dass die Zuerkennung eines Anspruchs einer im Vereinigten Königreich nicht steuerpflichtigen gebietsfremden Gesellschaft auf Erstattung überschüssiger ACT den Konzern in die Lage versetzen würde, seine Körperschaftsteuerschuld im Vereinigten Königreich ungebührlich zu verringern, wodurch dem Vereinigten Königreich Steuern auf dort zu versteuernde Gewinne entgingen.

131. Eine Tochtergesellschaft, die nicht im Vereinigten Königreich ansässig ist, mag selbstverständlich in einem anderen Mitgliedstaat körperschaftsteuerpflichtig sein. In einem solchen Fall ist es Sache des betreffenden Mitgliedstaats, zu entscheiden, ob eine Entlastung für eine etwaige wirtschaftliche Doppelbesteuerung gewährt werden sollte, indem die im Vereinigten Königreich bestehende ACT‑Schuld mit der in dem betreffenden Mitgliedstaat bestehenden Körperschaftsteuerschuld verrechnet wird.

132. Ich schlage also dem Gerichtshof vor, die fünfte Frage dahin zu beantworten, dass die Antwort des Gerichtshofs auf die dritte Vorlagefrage im ersten Urteil FII nicht für Fälle gilt, in denen gebietsfremde Tochtergesellschaften, auf die keine Übertragung erfolgen kann, im Vereinigten Königreich keine Körperschaftsteuer schulden.

IX – Ergebnis

133. Aus diesen Gründen bin ich der Meinung, dass der Gerichtshof die vom High Court of Justice (England & Wales) (Chancery Division) vorgelegten Fragen wie folgt beantworten sollte:

1.      Die Bezugnahmen auf „Steuersätze“ und „unterschiedliche Besteuerungsniveaus“ in Randnr. 56 des Urteils vom 12. Dezember 2006, Test Claimants in the FII Group Litigation (C‑446/04, Slg. 2006, I‑11753), beziehen sich ausschließlich auf die gesetzlichen bzw. nominalen Steuersätze.

Hilfsweise schlage ich dem Gerichtshof vor, die erste Frage dahin zu beantworten, dass ein Mitgliedstaat gegen die Art. 49 AEUV und 63 AEUV verstößt, wenn er Rechtsvorschriften, wie sie im vorliegenden Fall in Rede stehen, aufrechterhält und anwendet, die Dividenden, die eine Gesellschaft mit Sitz in diesem Mitgliedstaat von anderen inländischen Gesellschaften erhält, von der Körperschaftsteuer befreien, hingegen Dividenden, die die inländische Gesellschaft von Gesellschaften mit Sitz in anderen Mitgliedstaaten erhält, nach Entlastung für die Doppelbesteuerung für auf die Dividende erhobene Quellensteuer und unter bestimmten Voraussetzungen für die Basissteuer, die gebietsfremde Gesellschaften auf ihre Gewinne im Land ihres Sitzes gezahlt hat, der Körperschaftsteuer unterwerfen.

2.      Für die Antwort des Gerichtshofs auf die zweite und die vierte Vorlagefrage in der Rechtssache Test Claimants in the FII Group Litigation (C‑446/04) macht es keinen Unterschied, wenn

a)      die ausländische Körperschaftsteuer nicht (oder nicht vollständig) von der gebietsfremden Gesellschaft, die die Dividende an die gebietsansässige Gesellschaft ausschüttet, gezahlt wird, die Dividende jedoch aus Gewinnen ausgeschüttet wird, die von ihrer in einem Mitgliedstaat ansässigen direkten oder indirekten Tochtergesellschaft ausgeschüttete Dividenden umfassen, die aus Gewinnen gezahlt wurden, auf die in diesem Staat bereits Steuern entrichtet worden sind, und/oder

b)      die Körperschaftsteuervorauszahlung nicht von der gebietsansässigen Gesellschaft gezahlt wird, die die Dividende von einer gebietsfremden Gesellschaft bezieht, sondern von ihrer direkten oder indirekten gebietsansässigen Muttergesellschaft im Anschluss an die weitere Ausschüttung der Gewinne der Empfängergesellschaft, die direkt oder indirekt die Dividende umfassen.

3.      Die Gesellschaft, die die Körperschaftsteuervorauszahlung leistet, hat unter den oben in Frage 2 b beschriebenen Umständen einen Anspruch auf Rückerstattung der zu Unrecht erhobenen Steuer, ohne nachweisen zu müssen, dass die Voraussetzungen für die mitgliedstaatliche Schadensersatzpflicht wegen Verletzung des Unionsrechts erfüllt sind.

4.      Eine rechtliche Regelung, nach der ein Mitgliedstaat eine Entlastung von der wirtschaftlichen Doppelbesteuerung von Dividenden bei Beteiligungen jeglichen Umfangs gewährt, fällt in Bezug auf Drittländer in den Anwendungsbereich von Art. 63 AEUV.

5.      Die Antwort des Gerichtshofs auf die dritte Vorlagefrage in der Rechtssache Test Claimants in the FII Group Litigation (C‑446/04) gilt nicht für Fälle, in denen gebietsfremde Tochtergesellschaften, auf die keine Übertragung erfolgen konnte, im Vereinigten Königreich keine Körperschaftsteuer schulden.


1 – Originalsprache: Englisch.


2 – Slg. 2006, I‑11753. Da die vorliegende Rechtssache auf der ersten Rechtssache FII aufbaut, wird hier davon ausgegangen, dass der Leser bereits sowohl die in jener Rechtssache gestellten Schlussanträge von Generalanwalt Geelhoed als auch das erste Urteil FII gelesen hat.


3 – Gegenstand der Vorlageentscheidung waren zwei Themenkomplexe mit insgesamt neun Fragen. Die ersten fünf Fragen betrafen die streitigen materiellen Steuervorschriften des Vereinigten Königreichs. In den letzten vier Fragen ging es um Abhilfen und Fristen.


4 – Ein knapper Überblick über die auf einer direkten Besteuerung beruhenden Beschränkungen von Grundfreiheiten findet sich z. B. bei Metzler, V., The relevance of the Fundamental Freedoms for Direct Taxation, in Lang, M., et al. (Hrsg.), Introduction to European Tax Law on Direct Taxation, Linde, Wien, 2008, S. 35. Zum Diskussionsstand allgemein vgl. z. B. Kingston, S., „A light in the darkness: recent developments in the ECJ’s direct tax jurisprudence“, Common Market Law Review, 2007, S. 1321 bis 1359, Graetz, M. – Warren, A., „Dividend Taxation in Europe: When the ECJ makes tax policy“, Common Market Law Review, 2007, S. 1577 bis 1623, sowie Snell, J., „Non‑discriminatory Tax Obstacles in Community Law“, International and Comparative Law Quarterly 2007, S. 339.


5 – Das ursprüngliche System der Körperschaftsteuervorauszahlung (advance corporation tax, im Folgenden: ACT) galt seit 1973. Es wurde am 1. Juli 1991 durch eine Regelung zur Erfassung des ausländischen Dividendenertrags (Foreign Income Dividend, im Folgenden: FID) geändert. Eine nähere Darstellung der nationalen Rechtsvorschriften und des innerstaatlichen Verfahrens findet sich im ersten Urteil FII (Randnrn. 6 bis 30), und in den Schlussanträgen von Generalanwalt Geelhoed in jener Rechtssache (Nrn. 2 bis 22).


6 – Die Gutschrift erfolgte für jede auf die Dividende erhobene Quellensteuer und unter bestimmten Voraussetzungen für die Basissteuer, die gebietsfremde Gesellschaften auf ihre Gewinne im Land ihres Sitzes gezahlt haben.


7 – Aus Gründen der Übersichtlichkeit wird in den vorliegenden Schlussanträgen durchgängig auf den AEU-Vertrag Bezug genommen.


8 – Erstes Urteil FII (Randnr. 73).


9 –      Erstes Urteil FII (Randnr. 73; vgl. auch die dortige Randnr. 57). In diesem Passus scheint dem Gerichtshof jedoch ein lapsus linguae unterlaufen zu sein: Im Urteil ist vom „Steuersatz für Dividenden aus inländischen Quellen“ die Rede. Der High Court stellt in seinem Urteil jedoch fest, dass Dividenden aus inländischen Quellen von der Steuer befreit sind. Angesichts dieses Fehlers im ersten Urteil FII ist meines Erachtens eine wörtliche Auslegung des Urteils ausgeschlossen.


10 – Urteil vom 10. Februar 2011, Haribo Lakritzen Hans Riegel und Österreichische Salinen (C‑436/08 und C‑437/08, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 86), und vom 15. September 2011, Accor (C‑310/09, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 44). 


11 – Zur Klarstellung möchte ich hinzufügen, dass die ursprüngliche Entscheidung des High Court vom 27. November 2008, ein zweites Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof zu richten, lediglich die zweite, die dritte und die fünfte Frage umfasste (vgl. [2008] EWHC 2893 [Ch]). Gegen einen Teil dieser Entscheidung wurde Rechtsmittel eingelegt, woraufhin der Court of Appeal mit Urteil vom 23. Februar 2010 (vgl. [2010] EWCA Civ 103) die erste Frage und der Supreme Court auf weiteres Rechtsmittel mit Beschluss vom 8. November 2010 die vierte Frage hinzufügte. Die in das Vorabentscheidungsersuchen aufgenommenen Fragen hat der High Court vollständig in seinem hier vorliegenden Beschluss vom 15. Dezember 2010 aufgeführt. Die jetzigen Vorlagefragen sind in einem gründlichen innerstaatlichen Verfahren formuliert worden und spiegeln die sorgfältigen und detaillierten Überlegungen zu den Problemkreisen wider, hinsichtlich deren das nationale Gericht den Gerichtshof anruft.


12 –      Urteil vom 9. November 1993, San Giorgio (199/82, Slg. 1983, 3595).


13 –      Urteil vom 5. März 1996, Brasserie du Pêcheur und Factortame (C‑46/93 und C‑48/93, Slg. 1996, I‑1029).


14 – In bestimmten internationalen Steuerkonstellationen können C, D und F als sogenannte „water’s edge companies“ fungieren, durch die Ausschüttungen von bzw. an andere Konzerngesellschaften fließen.


15 – Die Randnr. 56 des ersten Urteils FII ist oben in Nr. 7 der vorliegenden Schlussanträge wiedergegeben.


16 – Randnr. 55.


17 – Diesen Standpunkt nimmt im Wesentlichen auch die französische Regierung ein, die jedoch andere Schlussfolgerungen daraus ableitet – siehe unten, Fn. 36.


18 – Nr. 50 der Schlussanträge.


19 – Der High Court weist in seinem Urteil vom 27. November 2008 (oben in Fn. 11 angeführt, Nr. 51) darauf hin, dass die im Vereinigten Königreich ansässige Muttergesellschaft auf Dividenden, die sie aus ausländischen Quellen beziehe, nicht unbedingt Körperschaftsteuer zum gesetzlichen Satz entrichte, weil es durchaus möglich sei, dass sie eigene Steuerentlastungen in Anspruch nehmen könne. Der für Dividenden aus ausländischen Quellen geltende effektive Satz könne also auch niedriger als der gesetzliche Satz sein, und die Gesamtsteuerlast werde nicht „stets“ bis zur Höhe des Einheitssteuersatzes des Vereinigten Königreichs aufgestockt, wie dies Generalanwalt Geelhoed in seinen Schlussanträgen (Nr. 50, oben in Fn. 2 angeführt) behaupte.


20 – Vgl. Nr. 48 in Verbindung mit Nr. 51 der Schlussanträge.


21 – Erstes Urteil FII, Randnr. 56, oben in Nr. 7 der vorliegenden Schlussanträge wiedergegeben.


22 – Von Kapitalexportneutralität kann dann gesprochen werden, „wenn die Kapitalerträge eines Anlegers unabhängig davon, in welchem Land die Erträge erzielt werden, in gleicher Höhe besteuert werden“. Umgekehrt liegt Kapitalimportneutralität vor, „wenn Kapitalanlagen in einem Land unabhängig davon, ob sie von einem inländischen oder ausländischen Anleger vorgenommen werden, in gleicher Höhe besteuert werden“. Bei der Anrechnungsmethode kommt das erstgenannte Prinzip zum Tragen, bei der Befreiungsmethode hingegen das letztgenannte. Vgl. Larking, B., IBFD International Tax Glossary, 5. Aufl., Amsterdam, IBFD 2005.


23 – In diesem Sinne verstehe ich den Grundgedanken z. B. der Urteile vom 6. Juni 2000, Verkooijen (C‑35/98, Slg. 2000, I‑4071), vom 18. September 2003, Bosal (C‑168/01, Slg. 2003, I‑9409), vom 15. Juli 2004, Lenz (C‑315/02, Slg. 2004, I‑7063), vom 7. September 2004, Manninen (C‑319/02, Slg. 2004, I‑7477), vom 13. Dezember 2005, Marks & Spencer (C‑446/03, Slg. 2005, I‑10837), und vom 12. September 2006, Cadbury Schweppes und Cadbury Schweppes Overseas (C‑196/04, Slg. 2006, I‑7995).


24 – Vgl. Schlussanträge von Generalanwalt Geelhoed in der Rechtssache Test Claimants in Class IV of the ACT Group Litigation (C‑374/04, Urteil vom 12. Dezember 2006, Slg. 2006, I‑11673, Nrn. 31 bis 54) und in der ersten Rechtssache FII (Nr. 38), Urteil vom 14. November 2006, Kerckhaert und Morres (C‑513/04, Slg. 2006, I‑10967, Randnrn. 20 und 22), sowie Schlussanträge von Generalanwalt Geelhoed in der Rechtssache Kerckhaert und Morres, (Nr. 31).


25 – Siehe oben, Nr. 8 und Fn. 10.


26 – Siehe unten unter Abschnitt e (Nrn. 58 ff.).


27 – Hinzuzufügen ist, dass diese Lösung keinen Eingang in die Richtlinie 90/435/EWG des Rates vom 23. Juli 1990 über das gemeinsame Steuersystem der Mutter- und Tochtergesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten (ABl. L 225, S. 6) gefunden hat.


28 – Ich stelle fest, dass die Kommission in ihren schriftlichen Erklärungen Mitgliedstaaten, die eine solche Maßnahme treffen, die Aufnahme einer Auffangklausel empfiehlt, mit der der Geltungsbereich der Regelung auf Dividenden beschränkt wird, die von einer im Quellenstaat dem normalen Besteuerungssystem unterliegenden Gesellschaft ausgeschüttet werden.


29 – Zu tax sparing credits vgl. z. B. Viherkenttä, T., Tax incentives in developing countries and international taxation, Deventer, Kluwer 1991, S. 140 bis 177 und 206, sowie Terra, B., – Wattel, P., European Tax Law, 6. Aufl., Alphen an den Rijn, Wolters Kluwer, 2012, S. 215. Eine Anspielung auf tax sparing credit in jüngerer Zeit findet sich im Urteil vom 8. Dezember 2011, Banco Bilbao Vizcaya Argentaria (C‑157/10, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 35).


30 – „Effektiver Steuersatz“ wird beschrieben als „die tatsächliche (oder angemessen geschätzte) Steuerschuld des Steuerpflichtigen, die als Prozentsatz einer Einkommensbemessungsgrundlage vor Steuern ausgedrückt wird anstatt als Prozentsatz des zu versteuernden Einkommens, d. h. es handelt sich um einen Steuersatz, bei dem nicht nur der gesetzliche Steuersatz berücksichtigt wird, sondern auch andere Faktoren des Steuersystems, die sich auf den zu entrichtenden Steuerbetrag auswirken. Der effektive Steuersatz gibt die reale, wirtschaftliche Steuerlast im Gegensatz zu dem für Steuerzwecke künstlich berichtigten Verhältnis zwischen Steuerschuld und den Gewinnen usw. an“ – vgl. Larking, a. a. O., oben in Fn. 22 angeführt, S. 146.


31 – Zu Fragen des effektiven Steuersatzes vgl. z. B. Nicodème, G., Computing effective corporate tax rates: comparisons and results, European Commission, Economic paper, Nr. 153 Juni 2001, abrufbar unter http://ec.europa.eu/economy_finance/publications/publication942_en.pdf.


32 – Nach Ansicht der Richtermehrheit beim Court of Appeal (vgl. Anhang 3 des Urteils des Court of Appeal vom 23. Februar 2010, oben in Fn. 11 angeführt) läuft die Unterstellung, der Gerichtshof habe im ersten Urteil FII auf die effektiven Steuersätze verweisen wollen, auf die Annahme heraus, dass er die Argumentation der Musterklägerinnen, die Ausführungen der Regierung des Vereinigten Königreichs und die Schlussanträge von Generalanwalt Geelhoed falsch verstanden habe.


33 – Nr. 50 der Schlussanträge, oben in Nr. 29 wiedergegeben.


34 – Im ersten Urteil FII wurde eine Beschränkung des freien Kapitalverkehrs bezüglich der Portfolioinvestitionen festgestellt, weil keine Steuergutschrift in Anspruch genommen werden konnte und es deshalb zu einer wirtschaftlichen Doppelbesteuerung kam.


35 – Randnr. 89 des Urteils.


36 – Vgl. Nrn. 33, 34 und 39 der Schlussanträge. Die von der französischen Regierung im vorliegenden Verfahren vorgeschlagenen Antworten verlangen im Wesentlichen, dass das nationale Gericht anhand der effektiven Steuersätze, mit denen die ausschüttenden Gesellschaften im Vereinigten Königreich und die Empfängergesellschaften im Vereinigten Königreich belastet werden, prüft, ob das Befreiungssystem in Wirklichkeit nicht die Vermeidung wirtschaftlicher Doppelbesteuerung oder Mehrfachbesteuerung bezweckt, sondern vielmehr den Empfängergesellschaften ermöglichen soll, von nicht ausnahmsweise gewährten Steuerbefreiungen der ausschüttenden Gesellschaft zu profitieren.


37 – Vgl. Schlussanträge von Generalanwältin Kokott in der Rechtssache Haribo Lakritzen Hans Riegel und Österreichische Salinen (oben in Fn. 10 angeführt, Nr. 38).


38 – Die Kommission weist zutreffend darauf hin, dass das asymmetrische System zu einer unterschiedlichen Behandlung der im Quellenstaat gewährten Vergünstigungen gegenüber gleichartigen Vergünstigungen im Sitzstaat führe. Denkbar ist aber auch, dass im Steuersystem des Sitzstaats die Unterschiede zwischen dem effektiven und dem gesetzlichen Niveau der Körperschaftbesteuerung allein auf großzügigen Möglichkeiten beruhen, auf Konzernebene Verluste anderer Konzerngesellschaften geltend zu machen, der Quellenstaat hingegen nach dem Grundsatz verfährt, erhebliche Steuervergünstigungen nach industrie- und regionalpolitischen Gesichtspunkten zu gewähren.


39 – Siehe oben, Fn. 5.


40 – Siehe oben, Nr. 11.


41 – Vgl. erstes Urteil FII (oben in Fn. 2 angeführt, Randnr. 87).


42 – Der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass diese Frage in gewissem Grad in Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 90/435 geregelt ist. Tatsächlich war in der ursprünglichen Fassung von Art. 4 Abs. 1 zweiter Gedankenstrich von dem „Steuerteilbetrag, den die Tochtergesellschaft für die von ihr ausgeschütteten Gewinne entrichtet“, die Rede. Im Jahr 2003 schlug die Kommission jedoch vor, diesen Passus in „Steuerteilbetrag, den die Tochtergesellschaft und jegliche Enkelgesellschaft für diese Gewinne entrichtet“, zu ändern – vgl. Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 90/435/EWG über das gemeinsame Steuersystem der Mutter- und Tochtergesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten, KOM(2003) 462, Ziff. 17 bis 19. Der Rat übernahm diese Änderung mit der Richtlinie 2003/123/EG, fügte jedoch den Vorbehalt „vorausgesetzt, dass die Gesellschaft und die ihr nachgeordnete Gesellschaft auf jeder Stufe die Bedingungen gemäß Artikel 2 und Artikel 3 erfüllen“ hinzu (vgl. Richtlinie 2003/123/EG des Rates vom 22. Dezember 2003 [ABl. 2004 L 7, S. 41]).


43 – Oben in Fn. 13 angeführt.


44 – Vgl. auch Urteil des Gerichtshofs vom 8. März 2001, Metallgesellschaft u. a. (C‑397/98 und C‑410/98, Slg. 2001, 1‑1727).


45 – Siehe oben, Nr. 83.


46 – Vgl. z. B. Urteil Metallgesellschaft u. a. (oben in Fn. 44 angeführt) sowie erstes Urteil FII.


47 – Erstes Urteil FII (Randnr. 202) unter Verweis auf das Urteil San Giorgio (oben in Fn. 12 angeführt, Randnr. 12). Vgl. auch Urteil Accor (oben in Fn. 10 angeführt, Randnr. 71).


48 – Urteile vom 8. September 2011, Q‑Beef und Bosschaert (C‑89/10 und C‑96/10, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 32) und vom 6. September 2011, Lady & Kid u. a. (C‑398/09, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 17 und die dort angeführte Rechtsprechung).


49 – Urteil vom 19. Juni 1990, Factortame u. a. (C‑213/89, Slg. 1990, I‑2433, Randnr. 19).


50 – Urteil Accor (oben in Fn. 10 angeführt, Randnr. 80).


51 – Vgl. erstes Urteil FII (Randnr. 205).


52 – Vgl. Urteil Metallgesellschaft u. a. (oben in Fn. 44 angeführt, Randnr. 87).


53 – Urteil vom 19. November 1991 (C‑6/90 und C‑9/90, Slg. 1991, I‑5357).


54 – Ansprüche zur Durchsetzung dieser Verpflichtung können in den nationalen Rechtssystemen im Rahmen verschiedener Rechtsinstitute bestehen, etwa aus condictio indebiti, répétition de l’indû, ungerechtfertigter Bereicherung oder restitution.


55 – Vgl. erstes Urteil FII (Randnr. 36), und Urteil Haribo Lakritzen Hans Riegel und Österreichische Salinen (oben in Fn. 10 angeführt, Randnr. 33).


56 – Vgl. Urteile Cadbury Schweppes und Cadbury Schweppes Overseas (oben in Fn. 23 angeführt, Randnrn. 31 bis 33), vom 3. Oktober 2006, Fidium Finanz (C‑452/04, Slg. 2006, I‑9521, Randnrn. 34 und 44 bis 49), Test Claimants in Class IV of the ACT Group Litigation (oben in Fn. 24 angeführt, Randnrn. 37 f.), erstes Urteil FII (Randnr. 36), vom 13. März 2007, Test Claimants in the Thin Cap Group Litigation (C‑524/04, Slg. 2007, I‑2107, Randnrn. 26 bis 34), sowie Haribo Lakritzen Hans Riegel und Österreichische Salinen (oben in Fn. 10 angeführt, Randnr. 34). Vgl. auch Terra – Wattel, a. a. O., S. 77 f.


57 – Vgl. Urteil vom 13. April 2000, Baars (C‑251/98, Slg. 2000, I‑2787, Randnr. 22), erstes Urteil FII (Randnr. 37), vom 21. Oktober 2010, Idryma Tipou (C‑81/09, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 47), sowie Haribo Lakritzen Hans Riegel und Österreichische Salinen (oben in Fn. 10 angeführt, Randnr. 35).


58 – Vgl. erstes Urteil FII (Randnr. 38), und Urteil vom 17. September 2009, Glaxo Wellcome (C‑182/08, Slg. 2009, I‑8591, Randnrn. 40 und 45 bis 52).


59 – Vgl. erstes Urteil FII (Randnrn. 38 und 165 f.).


60 – Auch Generalanwältin Trstenjak hat kürzlich diesen Standpunkt vertreten, vgl. ihre Schlussanträge in der Rechtssache Scheunemann (C‑31/11, Nr. 64)..


61 – Zu der Zeit, als die Europäische Gemeinschaft den Kapitalverkehr nicht nur zwischen den Mitgliedstaaten, sondern auch zwischen den Mitgliedstaaten und Drittländern vollständig liberalisierte, war nicht klar abzusehen, in welche Richtung sich die Rechtsprechung des Gerichtshofs im Bereich der direkten Besteuerung entwickeln würde.


62 – Siehe oben, Fn. 56.


63 – Vgl. erstes Urteil FII (Randnrn. 189 bis 196).


64 – Vgl. erstes Urteil FII (Randnr. 171), und Urteil Haribo Lakritzen Hans Riegel und Österreichische Salinen (oben in Fn. 10 angeführt, Randnrn. 119 bis 131 und die dort angeführte Rechtsprechung, darunter das Urteil vom 28. Oktober 2010, Établissements Rimbaud, C‑72/09, Slg. 2010, I‑10659).


65 – Die Kommission weist darauf hin, dass die Steuerbefreiung von Dividenden, die aus Ländern bezogen werden, deren Rechtsvorschriften einen niedrigeren Steuersatz vorsehen, zur Folge hat, dass gebietsansässige Gesellschaften nur hinsichtlich des entsprechenden Teils der Einkünfte in den Genuss dieses niedrigeren Satzes kommen und somit Auslandsinvestitionen günstiger behandelt werden.


66 – Vgl. erstes Urteil FII (Randnr. 132).