Language of document : ECLI:EU:C:2016:389

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

MELCHIOR WATHELET

vom 2. Juni 2016(1)

Rechtssache C‑238/15

Maria do Céu Bragança Linares Verruga,

Jacinto Manuel Sousa Verruga,

André Angelo Linares Verruga

gegen

Ministre de l’Enseignement supérieur et de la Recherche

(Vorabentscheidungsersuchen des Tribunal administratif du Grand‑Duché de Luxembourg [Verwaltungsgericht des Großherzogtums Luxemburg])

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Freizügigkeit – Gleichbehandlung – Soziale Vergünstigungen – Verordnung (EU) Nr. 492/2011 – Art. 7 Abs. 2 – Finanzielle Studienbeihilfe – Voraussetzung – Ununterbrochener Arbeitszeitraum – Mittelbare Diskriminierung – Rechtfertigungsgründe“





I –    Einleitung: Vorbemerkung zu einem Paradoxon

1.        Die Studienbeihilfen und die Voraussetzungen für ihre Gewährung waren bereits Gegenstand einer umfangreichen Rechtsprechung. Dieses Thema steht erneut im Mittelpunkt des vorliegenden Vorabentscheidungsersuchens.

2.        Bei der Vorlagefrage des Tribunal administratif du Grand-Duché de Luxembourg (Verwaltungsgericht des Großherzogtums Luxemburg, Luxemburg) geht es nämlich um die Vereinbarkeit nationaler Rechtsvorschriften, die die Gewährung einer finanziellen Studienbeihilfe für Studierende, die nicht im Hoheitsgebiet des betreffenden Mitgliedstaats wohnen, davon abhängig machen, dass ihre Eltern Arbeitnehmer bzw. Selbständige sind, die zum Zeitpunkt der Beantragung der finanziellen Beihilfe mindestens fünf Jahre lang ununterbrochen in diesem Mitgliedstaat angestellt waren oder dort ihre berufliche Tätigkeit ausübten.

3.        In einer mehr und mehr im Wettbewerb stehenden Welt hat die Ausbildung von Jugendlichen in der Europäischen Union und den Mitgliedstaaten Vorrang(2). In einer Welt, deren dominierendes Wirtschaftsmodell an seine Grenzen gestoßen ist, sind Haushaltszwänge eine tägliche Realität.

4.        Seit dem Beginn des „Projekts Europa“ gehört die Freizügigkeit zu den Grundfreiheiten. Ihre Bedeutung wurde noch mehr durch die Anerkennung, dann durch die Entwicklung einer Unionsbürgerschaft, von der die Studierenden offensichtlich profitieren, hervorgehoben.

5.        Diese Freizügigkeit wird heute in Frage gestellt, ins Wanken gebracht. Die Regelungen zur Gewährung von Studienbeihilfen illustrieren dies neuerlich. Was sind heute die Anforderungen des Unionsrechts, zwischen der weiteren Bejahung einer umfassenden Gleichheit, die womöglich zu einer Herabsetzung der jedem Begünstigten gewährten Beträge führt, einerseits, und der Aushöhlung dieser Gleichheit, die sich aus der Möglichkeit ergibt, weiter nennenswerte Beihilfen zur Förderung der Aus- und Fortbildung einer allerdings eingeschränkteren Zahl von Bürgern zu leisten, andererseits?

6.        Dies ist letzten Endes die vorgelegte Frage.

II – Rechtlicher Rahmen

A –    Unionsrecht

1.      Verordnung (EU) Nr. 492/2011

7.        Mit seinem Vorabentscheidungsersuchen begehrt das vorlegende Gericht die Auslegung von Art. 7 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 des Rates vom 15. Oktober 1968 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Gemeinschaft(3) in der durch die Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004(4) geänderten Fassung.

8.        Die Verordnung Nr. 1612/68 ist jedoch mit Wirkung vom 15. Juni 2011 durch die Verordnung (EU) Nr. 492/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2011 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Union(5) aufgehoben und ersetzt worden.

9.        Nach Art. 41 Abs. 2 dieser Verordnung gelten Bezugnahmen auf die Verordnung Nr. 1612/68 als Bezugnahmen auf die Verordnung Nr. 492/2011. Um genau zu sein, weise ich darauf hin, dass die Abs. 1 und 2 des Art. 7 nicht geändert wurden. Ich werde mich daher nur auf die Verordnung Nr. 492/2011 beziehen.

10.      Art. 7 der Verordnung Nr. 492/2011 sieht vor:

„(1)      Ein Arbeitnehmer, der Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats ist, darf aufgrund seiner Staatsangehörigkeit im Hoheitsgebiet der anderen Mitgliedstaaten hinsichtlich der Beschäftigungs‑ und Arbeitsbedingungen, insbesondere im Hinblick auf Entlohnung, Kündigung und, falls er arbeitslos geworden ist, im Hinblick auf berufliche Wiedereingliederung oder Wiedereinstellung, nicht anders behandelt werden als die inländischen Arbeitnehmer.

(2)      Er genießt dort die gleichen sozialen und steuerlichen Vergünstigungen wie die inländischen Arbeitnehmer.

…“

2.      Richtlinie 2004/38

11.      Art. 24 der Richtlinie 2004/38 bestimmt:

„(1)      Vorbehaltlich spezifischer und ausdrücklich im Vertrag und im abgeleiteten Recht vorgesehener Bestimmungen genießt jeder Unionsbürger, der sich aufgrund dieser Richtlinie im Hoheitsgebiet des Aufnahmemitgliedstaats aufhält, im Anwendungsbereich des Vertrags die gleiche Behandlung wie die Staatsangehörigen dieses Mitgliedstaats. Das Recht auf Gleichbehandlung erstreckt sich auch auf Familienangehörige, die nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzen und das Recht auf Aufenthalt oder das Recht auf Daueraufenthalt genießen.

(2)      Abweichend von Absatz 1 ist der Aufnahmemitgliedstaat jedoch nicht verpflichtet, anderen Personen als Arbeitnehmern oder Selbstständigen, Personen, denen dieser Status erhalten bleibt, und ihren Familienangehörigen während der ersten drei Monate des Aufenthalts oder gegebenenfalls während des längeren Zeitraums nach Artikel 14 Absatz 4 Buchstabe b einen Anspruch auf Sozialhilfe oder vor Erwerb des Rechts auf Daueraufenthalt Studienbeihilfen, einschließlich Beihilfen zur Berufsausbildung, in Form eines Stipendiums oder Studiendarlehens, zu gewähren.“

B –    Luxemburgisches Recht

12.      Die Loi du 22 juin 2000 concernant l’aide financière de l’État pour études supérieures (Gesetz vom 22. Juni 2000 über die staatliche finanzielle Studienbeihilfe) wurde durch Gesetz vom 26. Juli 2010 (Mémorial A 2010, S. 2040) geändert (im Folgenden: Gesetz vom 22. Juni 2000). Art. 2 des Gesetzes vom 22. Juni 2000 bestimmte:

„Begünstigte der finanziellen Beihilfe

Die staatliche finanzielle Studienbeihilfe wird Studierenden gewährt, die zum Studium an einer Hochschule zugelassen sind und eine der folgenden Voraussetzungen erfüllen:

a)      Sie sind luxemburgische Staatsangehörige oder Familienmitglied eines luxemburgischen Staatsangehörigen und haben ihren Wohnsitz im Großherzogtum Luxemburg, oder

b)      sie sind Angehörige eines anderen Mitgliedstaats der Europäischen Union oder eines der anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum [vom 2. Mai 1992 (ABl. 1994, L 1, S. 3)] oder der Schweizerischen Eidgenossenschaft, die sich gemäß Kapitel 2 des geänderten Gesetzes vom 29. August 2008 über den freien Personenverkehr und die Einwanderung als Arbeitnehmer, als Selbständiger, als Person, der dieser Status erhalten bleibt, oder als Familienangehöriger einer der vorgenannten Personengruppen im Großherzogtum Luxemburg aufhalten oder das Recht auf Daueraufenthalt erworben haben …

…“

13.      Im Anschluss an das Urteil vom 20. Juni 2013, Giersch u. a. (C‑20/12, EU:C:2013:411), wurde durch Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes vom 19. Juli 2013 (Mémorial A 2013, S. 3214) in das Gesetz vom 22. Juni 2000 ein Art. 2bis eingefügt, der folgenden Wortlaut hat:

„Ein Studierender, der nicht im Großherzogtum Luxemburg wohnt, kann die Studienbeihilfe ebenfalls erhalten, wenn er Kind eines in Luxemburg beschäftigten bzw. tätigen Arbeitnehmers oder Selbständigen ist, der die luxemburgische Staatsangehörigkeit besitzt oder Bürger der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaats des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweizerischen Eidgenossenschaft ist und zum Zeitpunkt der Beantragung der finanziellen Studienbeihilfe durch den Studierenden mindestens fünf Jahre lang ununterbrochen in Luxemburg beschäftigt war oder dort seine Tätigkeit ausgeübt hat. Die Beschäftigung in Luxemburg muss mindestens der Hälfte der für das betreffende Unternehmen geltenden normalen gesetzlichen oder gegebenenfalls tariflichen Arbeitszeit entsprechen. Der Selbständige muss in den fünf Jahren vor Beantragung der Studienbeihilfe nach Art. 1 Nr. 4 des Code de la sécurité sociale [Sozialgesetzbuch] im Großherzogtum Luxemburg ununterbrochen pflichtversichert gewesen sein.“

14.      Das Gesetz vom 22. Juni 2000 in der Fassung des Gesetzes vom 19. Juni 2013 wurde jedoch durch die Loi du 24 juillet 2014 concernant l’aide financière de l’État pour études supérieures (Gesetz vom 24. Juli 2014 über die staatliche finanzielle Studienbeihilfe) (Mémorial A 2014, S. 2188) kurze Zeit später aufgehoben.

15.      Nunmehr sieht Art. 3 dieses letztgenannten Gesetzes vor:

„Die staatliche finanzielle Studienbeihilfe wird Studierenden und Schülern im Sinne von Art. 2, im Folgenden bezeichnet als ‚Studierender‘, gewährt, die eine der folgenden Voraussetzungen erfüllen:

(5)      für Studierende, die nicht im Großherzogtum Luxemburg wohnen:

a)      Arbeitnehmer sein, der die luxemburgische Staatsangehörigkeit besitzt oder Angehöriger eines anderen Mitgliedstaats der Europäischen Union oder eines der anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweizerischen Eidgenossenschaft ist und der zum Zeitpunkt seines Antrags auf finanzielle Studienbeihilfe im Großherzogtum Luxemburg beschäftigt ist oder seine Tätigkeit dort ausübt, oder

b)      Kind eines Arbeitnehmers sein, der die luxemburgische Staatsangehörigkeit besitzt oder Angehöriger eines anderen Mitgliedstaats der Europäischen Union oder eines der anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweizerischen Eidgenossenschaft ist und der zum Zeitpunkt des Antrags des Studierenden auf finanzielle Studienbeihilfe im Großherzogtum Luxemburg beschäftigt war oder dort seine Tätigkeit ausgeübt hat, sofern dieser Arbeitnehmer weiter zum Unterhalt des Studierenden beiträgt und zum Zeitpunkt des Antrags des Studierenden auf finanzielle Studienbeihilfe mindestens fünf Jahre lang im Großherzogtum Luxemburg beschäftigt war oder dort seine Tätigkeit ausgeübt hat, und zwar während eines rückwirkend ab dem Zeitpunkt des Antrags auf Gewährung der finanziellen Studienbeihilfe berechneten Referenzzeitraums von sieben Jahren,, oder sofern, abweichend hiervon, die Person, welcher der Status des Arbeitnehmers erhalten bleibt, zum Zeitpunkt der Beendigung ihrer Tätigkeit das vorstehend festgelegte Kriterium der fünf Jahre von sieben entsprochen hat.“

III – Sachverhalt des Ausgangsrechtsstreits

16.      Herr André Angelo Linares Verruga wohnt mit seinen Eltern, Frau Maria do Céu Bragança Linares Verruga und Herrn Jacinto Manuel Sousa Verruga, in Longwy (Frankreich).

17.      Frau Bragança Linares Verruga arbeitet seit dem 15. Mai 2004 mit nur einer Unterbrechung im Zeitraum vom 1. November 2011 bis zum 15. Januar 2012 als Angestellte im Großherzogtum Luxemburg. Herr Sousa Verruga arbeitete seinerseits in diesem Mitgliedstaat als Angestellter im Zeitraum vom 1. April 2004 bis zum 30. September 2011 sowie im Zeitraum vom 4. Dezember 2013 bis zum 6. Januar 2014. Seit dem 1. Februar 2014 arbeitet er dort als Selbständiger.

18.      Herr Linares Verruga, eingeschriebener Student an der Université de Liège (Belgien), beantragte beim luxemburgischen Staat die Gewährung einer finanziellen Studienbeihilfe für das Wintersemester des Studienjahrs 2013/2014.

19.      Mit Entscheidung vom 28. November 2013 lehnte der Minister diesen Antrag auf Gewährung einer finanziellen Beihilfe ab und stützte sich auf die Nichterfüllung der Voraussetzungen des Art. 2bis des Gesetzes vom 22. Juni 2000 in der Fassung des Gesetzes vom 19. Juli 2013.

20.      Am 23. Dezember 2013 legten Herr Linares Verruga und seine Eltern (im Folgenden: Familie Verruga) Widerspruch gegen diese Entscheidung ein. Mit Entscheidung vom 14. Januar 2014 wies der Minister diesen Widerspruch zurück.

21.      Herr Linares Verruga beantragte außerdem beim luxemburgischen Staat die Gewährung einer finanziellen Studienbeihilfe für das Sommersemester des Studienjahrs 2013/2014. Mit Entscheidung vom 24. März 2014 lehnte der Minister diesen Antrag auf die Gewährung einer finanziellen Beihilfe aus den gleichen Gründen ab wie in seiner Entscheidung vom 28. November 2013.

22.      Am 15. April 2014 erhob die Familie Verruga beim Tribunal administratif du Grand-Duché de Luxembourg (Verwaltungsgericht des Großherzogtums Luxemburg) Klage auf Abänderung oder Nichtigerklärung der Entscheidungen des Ministers vom 28. November 2013, vom 14. Januar 2014 und vom 24. März 2014. Diese Klage wurde für zulässig erklärt, soweit sie die Nichtigerklärung dieser Entscheidungen betrifft.

23.      Die Familie Verruga machte vor diesem Gericht in erster Linie geltend, die staatliche finanzielle Studienbeihilfe stelle eine Familienleistung im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit(6) in der Fassung der Verordnung (EU) Nr. 1244/2010 der Kommission vom 9. Dezember 2010(7) dar, auf die jeder Arbeitnehmer Anspruch habe. Hilfsweise machte die Familie Verruga geltend, diese Beihilfe stelle eine soziale Vergünstigung im Sinne von Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 492/2011 dar, so dass ihre Gewährung dem in dieser Bestimmung niedergelegten Grundsatz der Gleichbehandlung unterliege.

IV – Vorabentscheidungsersuchen und Verfahren vor dem Gerichtshof

24.      Gestützt auf das Urteil vom 20. Juni 2013, Giersch u. a. (C‑20/12, EU:C:2013:411), geht das Tribunal administratif du Grand-Duché de Luxembourg (Verwaltungsgericht des Großherzogtums Luxemburg) von dem Grundsatz aus, dass Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 492/2011 auf den Ausgangsrechtsstreit Anwendung findet, da die von einem Mitgliedstaat den Kindern von Arbeitnehmern gewährte Finanzierung des Studiums für einen Wanderarbeitnehmer eine soziale Vergünstigung im Sinne dieser Bestimmung darstelle.

25.      In diesem Rahmen fragt sich das vorlegende Gericht, ob die in Art. 2bis des Gesetzes vom 22. Juni 2000 in der Fassung des Gesetzes vom 19. Juli 2013 aufgestellte Voraussetzung, der zufolge ein Studierender, der eine finanzielle Studienbeihilfe beantragt und nicht in Luxemburg wohnt, Kind eines Angestellten oder Selbständigen sein muss, der die luxemburgische Staatsangehörigkeit besitzt oder Unionsbürger ist, und die Gewährung dieser Beihilfe davon abhängig ist, dass dieser Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der Beantragung der Beihilfe mindestens fünf Jahre lang ununterbrochen in Luxemburg beschäftigt war oder dort seine Tätigkeit ausgeübt hat, unverhältnismäßig ist.

26.      Mit Entscheidung vom 20. Mai 2015, beim Gerichtshof eingegangen am 22. Mai 2015, hat das Tribunal administratif du Grand‑Duché de Luxembourg (Verwaltungsgericht des Großherzogtums Luxemburg) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof nach Art. 267 AEUV folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:

Ist die Voraussetzung, die nach Art. 2bis des Gesetzes vom 22. Juni 2000 in der Fassung des Gesetzes vom 19. Juli 2013 für nicht im Großherzogtum Luxemburg wohnhafte Studierende ohne Berücksichtigung irgendeines anderen Anknüpfungskriteriums gilt, nämlich dass ihre Eltern Arbeitnehmer oder Selbständige sein müssen, die bei Beantragung der Beihilfe mindestens fünf Jahre lang ununterbrochen in Luxemburg beschäftigt oder tätig waren, durch die vom luxemburgischen Staat angestellten bildungs- und haushaltspolitischen Erwägungen gerechtfertigt und geeignet bzw. verhältnismäßig in Bezug auf das verfolgte Ziel, das darin besteht, dass der Anteil der Hochschulabsolventen erhöht und zugleich sichergestellt werden soll, dass diese, nachdem sie durch das betreffende Beihilfesystem die Möglichkeit erhalten haben, ihr gegebenenfalls im Ausland absolviertes Studium zu finanzieren, nach Luxemburg zurückkehren, um ihre so erworbenen Kenntnisse in den Dienst der Entwicklung der Wirtschaft dieses Mitgliedstaats zu stellen?

27.      Die Familie Verruga, die luxemburgische und die dänische Regierung sowie die Europäische Kommission haben schriftliche Erklärungen eingereicht. Sie haben sich außerdem alle in der Sitzung vom 14. April 2016 mündlich geäußert. Die norwegische Regierung, die keine schriftlichen Erklärungen eingereicht hatte, hat ebenfalls in der Sitzung ihre Argumente vorgetragen.

V –    Würdigung

A –    Die Entwicklung der Rechtsprechung: Sollte die Freizügigkeit des „Arbeitnehmers“ ein Hirngespinst geworden sein?

1.      Die Unterscheidung zwischen „Arbeitnehmern“ und „Nichterwerbstätigen“

28.      Die Freizügigkeit der Arbeitnehmer wird durch Art. 45 AEUV gewährleistet. Sie umfasst die Abschaffung jeder auf der Staatsangehörigkeit beruhenden unterschiedlichen Behandlung der Arbeitnehmer der Mitgliedstaaten in Bezug auf Beschäftigung, Entlohnung und sonstige Arbeitsbedingungen(8).

29.      Der Begriff „Arbeitnehmer“ im Sinne von Art. 45 AEUV wird vom Gerichtshof stets in gleicher Weise definiert. Arbeitnehmer ist „jeder, der eine tatsächliche und echte Tätigkeit ausübt, wobei Tätigkeiten außer Betracht bleiben, die einen so geringen Umfang haben, dass sie sich als völlig untergeordnet und unwesentlich darstellen. Das wesentliche Merkmal des Arbeitsverhältnisses besteht nach dieser Rechtsprechung darin, dass jemand während einer bestimmten Zeit für einen anderen nach dessen Weisung Leistungen erbringt, für die er als Gegenleistung eine Vergütung erhält“(9).

30.      Nach Ansicht des Gerichtshofs ist Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 492/2011 nur „eine besondere Ausprägung des in Art. 45 Abs. 2 AEUV enthaltenen Gleichbehandlungsgrundsatzes auf dem spezifischen Gebiet der Gewährung sozialer Vergünstigungen“(10) und gilt auch für Grenzarbeitnehmer.

31.      Eine gegenteilige Auslegung stünde im Widerspruch zum Wortlaut der Verordnung Nr. 492/2011, da ihr fünfter Erwägungsgrund ausdrücklich vorsieht, dass das Recht auf Freizügigkeit „gleichermaßen Dauerarbeitnehmern, Saisonarbeitern, Grenzarbeitnehmern oder Arbeitnehmern zu[steht], die ihre Tätigkeit im Zusammenhang mit einer Dienstleistung ausüben“(11), und da in ihrem Art. 7 ohne Einschränkung auf den „Arbeitnehmer, der Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats ist“(12), Bezug genommen wird.

32.      Der Gerichtshof hat hieraus abgeleitet, dass ein Mitgliedstaat „die Gewährung einer sozialen Vergünstigung im Sinne von Artikel 7 Absatz 2 der Verordnung Nr. [492/2011] nicht davon abhängig machen [kann], dass der Begünstigte seinen Wohnsitz in diesem Staat hat“(13).

33.      Die Gewährung einer sozialen Vergünstigung von einer Mindestdauer der Berufstätigkeit abhängig zu machen wurde außerdem vom Gerichtshof aufgrund des „Gemeinschafts“-Charakters des Begriffs „Arbeitnehmer“ unmissverständlich verworfen. Nach dieser Rechtsprechung, die u. a. zu einer Beihilfe für den Lebensunterhalt und die Ausbildung zur Durchführung eines Hochschulstudiums erging, dürfen die Mitgliedstaaten „die Gewährung der in Artikel 7 Absatz 2 der Verordnung Nr. [492/2011] vorgesehenen sozialen Vergünstigungen nicht einseitig von einem bestimmten Zeitraum der Berufstätigkeit abhängig machen“(14).

34.      Gleichzeitig entwickelte sich eine eigene Rechtsprechung für die Angehörigen der Mitgliedstaaten, die von ihrer Freizügigkeit Gebrauch machten, ohne wirtschaftlich tätig zu sein. Der Gerichtshof erkannte u. a. mit den Urteilen vom 11. Juli 2002, D’Hoop (C‑224/98, EU:C:2002:432), und vom 15. März 2005, Bidar (C‑209/03, EU:C:2005:169), die Möglichkeit für die Mitgliedstaaten an, den Beweis eines bestimmten Integrationsniveaus im Aufnahmemitgliedstaat zu verlangen, bevor der in Rede stehenden Person soziale Vergünstigungen gewährt wurden(15). Diese Verbindung konnte durch eine tatsächliche (frühere) Verbindung zum Arbeitsmarkt des Aufnahmemitgliedstaats oder durch einen Wohnsitz in diesem Mitgliedstaat während eines bestimmten Zeitraums aufgezeigt werden.

35.      Es gab daher eine klare und genaue Unterscheidung zwischen den wirtschaftlich tätigen Unionsbürgern und den anderen. Die Erstgenannten wurden ab dem ersten Arbeitstag im Aufnahmemitgliedstaat den nationalen Staatsangehörigen vollkommen gleichgestellt. Demgegenüber wurde der Begriff „Gleichheit“ in Bezug auf die Letztgenannten nuancierter angewandt, gestützt auf die Aufenthaltsdauer im Aufnahmemitgliedstaat und die tatsächliche Integration in die Gesellschaft des Mitgliedstaats(16).

2.      Das Erfordernis einer hinreichenden Integration für die Arbeitnehmer

36.      In der Mitte des ersten Jahrzehnts der 2000er Jahre verwischte der Gerichtshof diese klare Unterscheidung, indem er in seiner Rechtsprechung betreffend Arbeitnehmer den Begriff der hinreichenden Integration oder der tatsächlichen Verbindung zum Aufnahmemitgliedstaat einführte(17).

37.      Der Gerichtshof hat, unter Hinweis auf die Anwendbarkeit von Art. 7 der Verordnung Nr. 492/2011 auf Grenzarbeitnehmer(18), zugelassen, dass die Mitgliedstaaten die Gewährung einer sozialen Vergünstigung von einer hinreichenden Verbindung zum betreffenden Mitgliedstaat abhängig machen konnten(19). So wurde das Fehlen einer ausreichend ins Gewicht fallenden Erwerbstätigkeit im Fall eines gebietsfremden Arbeitnehmers im Aufnahmemitgliedstaat als „ein zulässiger Rechtfertigungsgrund für die Versagung der fraglichen sozialen Vergünstigung“(20) anerkannt.

38.      Jedoch erfolgte anlässlich des Urteils vom 14. Juni 2012, Kommission/Niederlande (C‑542/09, EU:C:2012:346), eine Klarstellung. In diesem Urteil stellte der Gerichtshof nämlich fest: „Zwar ist die den Mitgliedstaaten vom Gerichtshof unter dem Vorbehalt der Beachtung bestimmter Voraussetzungen zuerkannte Befugnis, von den Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten einen gewissen Grad der Integration in ihre Gesellschaften zu verlangen, um soziale Vergünstigungen wie finanzielle Beihilfen für den Unterricht erhalten zu können, nicht auf Situationen beschränkt, in denen diejenigen, die die betreffende Beihilfe beantragen, wirtschaftlich nicht tätige Unionsbürger sind, doch wäre es in Bezug auf Wander- und Grenzarbeitnehmer grundsätzlich unangemessen, die Erfüllung einer Wohnsitzvoraussetzung … als Nachweis für die erforderliche Integration zu verlangen.“(21)

39.      Für diese „schafft [nämlich] der Umstand, dass sie Zugang zum Arbeitsmarkt eines Mitgliedstaats gefunden haben, grundsätzlich ein hinreichendes Band der Integration in die Gesellschaft dieses Staates, das es ihnen erlaubt, hinsichtlich sozialer Vergünstigungen in den Genuss des Grundsatzes der Gleichbehandlung im Verhältnis zu inländischen Arbeitnehmern zu kommen“(22).

3.      Die Notwendigkeit, das Erfordernis hinreichender Integration der Arbeitnehmer eng auszulegen

40.      Dieser historische Überblick über die Rechtsprechung des Gerichtshofs zur Auslegung von Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 492/2011 führt unvermeidlich zu einer restriktiven Auffassung betreffend die Möglichkeit, die Gewährung einer sozialen Vergünstigung an einen Wanderarbeitnehmer oder Grenzarbeitnehmer vom Nachweis seiner hinreichenden Integration in den Aufnahmemitgliedstaat abhängig zu machen.

41.      Die vom Unionsgesetzgeber auf der Grundlage von Art. 45 AEUV erlassenen Rechtsvorschriften stützen diese Ansicht.

42.      Zunächst wird der Grundsatz des Verbots der diskriminierenden Unterscheidung zwischen Wanderarbeitnehmern oder Grenzarbeitnehmern und nationalen Arbeitnehmern bei der Gewährung sozialer Vergünstigungen in Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 492/2011 bestätigt.

43.      Diese Bestimmung ist daher nach Art. 288 Abs. 2 AEUV in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in allen Mitgliedstaaten. Diese verfügen daher grundsätzlich über keinen Handlungsspielraum bei der Durchführung von Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 492/2011(23).

44.      Sodann ergibt sich eine Unterscheidung zwischen Wanderarbeitnehmern und ihren Familienangehörigen einerseits sowie Unionsbürgern, die Beihilfen beantragen, ohne wirtschaftlich tätig zu sein, andererseits aus Art. 24 der Richtlinie 2004/38.

45.      Zwar genießt nämlich „nach Art. 24 Abs. 1 jeder Unionsbürger, der sich aufgrund dieser Richtlinie im Hoheitsgebiet des Aufnahmemitgliedstaats aufhält, ‚im Anwendungsbereich des Vertrags‘ Gleichbehandlung, doch kann ein Mitgliedstaat nach Art. 24 Abs. 2 für andere Personen als Arbeitnehmer oder Selbständige, Personen, denen dieser Status erhalten bleibt, und ihre Familienangehörigen vor Erwerb des Rechts auf Daueraufenthalt die Gewährung von Studienbeihilfen in Form eines Stipendiums oder Studiendarlehens beschränken“(24).

B –    Zur Vorlagefrage

46.      Wie ich bereits bei der Darstellung des rechtlichen Rahmens ausgeführt habe, wurden im Anschluss an das Urteil vom 20. Juni 2013, Giersch u. a. (C‑20/12, EU:C:2013:411), die luxemburgischen Rechtsvorschriften über die staatliche finanzielle Studienbeihilfe zweimal geändert. Daher kann die vom vorlegenden Gericht gestellte Frage nicht losgelöst von diesem Urteil beantwortet werden.

1.      Die Entwicklung der luxemburgischen Rechtsvorschriften über die staatliche finanzielle Studienbeihilfe

47.      Nach dem Gesetz vom 22. Juni 2000 war die Gewährung einer staatlichen finanziellen Studienbeihilfe vom Wohnsitz oder dem Aufenthalt des Studierenden im luxemburgischen Hoheitsgebiet abhängig.

48.      Im Anschluss an das Urteil vom 20. Juni 2013, Giersch u. a. (C‑20/12, EU:C:2013:411), wurde das Gesetz vom 22. Juni 2000 durch das Gesetz vom 19. Juli 2013 dahin geändert, dass die staatliche finanzielle Beihilfe auf Studierende erweitert wurde, die nicht in Luxemburg wohnen, wenn der Studierende „Kind eines in Luxemburg beschäftigten bzw. tätigen Arbeitnehmers oder Selbständigen ist, der die luxemburgische Staatsangehörigkeit besitzt oder Bürger der Europäischen Union … ist und zum Zeitpunkt der Beantragung der finanziellen Studienbeihilfe durch den Studierenden mindestens fünf Jahre lang ununterbrochen in Luxemburg beschäftigt war oder dort seine Tätigkeit ausgeübt hat“(25).

49.      Dieses Gesetz wurde jedoch kurze Zeit später durch das Gesetz vom 24. Juli 2014 aufgehoben, dem zufolge die Voraussetzung der Arbeit des Elternteils des gebietsfremden Studierenden dahin zu verstehen ist, dass diese Tätigkeit „zum Zeitpunkt des Antrags des Studierenden auf finanzielle Studienbeihilfe mindestens fünf Jahre lang …, und zwar während eines rückwirkend ab dem Zeitpunkt des Antrags auf Gewährung der finanziellen Studienbeihilfe berechneten Referenzzeitraums von sieben Jahren“(26), angedauert haben muss.

2.      Urteil Giersch u. a.

50.      Mehrere Erwägungen des Gerichtshofs im Urteil vom 20. Juni 2013, Giersch u. a. (C‑20/12, EU:C:2013:411), bleiben auch nach der im Jahr 2013 erfolgten Änderung der Rechtsvorschriften maßgeblich.

51.      Erstens „[stellt] eine Studienfinanzierung, die ein Mitgliedstaat den Kindern von Arbeitnehmern gewährt, für einen Wanderarbeitnehmer[, der weiter für den Unterhalt des Kindes aufkommt,] eine soziale Vergünstigung im Sinne des Art. 7 Abs. 2 [der Verordnung Nr. 492/2011] dar“(27).

52.      Zweitens sind die Familienangehörigen eines Wanderarbeitnehmers ihrerseits mittelbare Nutznießer der diesem durch Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 492/2011 zuerkannten Gleichbehandlung. „Da die Gewährung der Studienfinanzierung an ein Kind eines Wanderarbeitnehmers für diesen eine soziale Vergünstigung darstellt, kann sich das Kind selbst auf diese Bestimmung berufen, um diese Finanzierung zu erhalten, wenn sie nach nationalem Recht unmittelbar dem Studierenden gewährt wird“(28).

53.      Drittens besteht die Gefahr, dass ein Erfordernis des Wohnsitzes im luxemburgischen Hoheitsgebiet, wie das durch die in der Rechtssache, in der das Urteil vom 20. Juni 2013, Giersch u. a. (C‑20/12, EU:C:2013:411), ergangen ist, streitige Norm aufgestellte, sich grundsätzlich zum Nachteil der Angehörigen anderer Mitgliedstaaten als des Aufnahmemitgliedstaats auswirkt, da Gebietsfremde meist Ausländer sind(29). „Die Ungleichbehandlung, die darin besteht, dass für studierende Kinder von Grenzgängern ein Wohnsitzerfordernis gilt, stellt somit eine mittelbare Diskriminierung dar, die grundsätzlich verboten ist, sofern sie nicht objektiv gerechtfertigt ist“(30). Hierzu muss sie geeignet sein, die Verwirklichung eines legitimen Ziels zu gewährleisten, und darf nicht über das hinausgehen, was zu seiner Erreichung erforderlich ist(31).

54.      Viertens „verfolgt eine Maßnahme, die ein Mitgliedstaat trifft, um ein hohes Ausbildungsniveau seiner gebietsansässigen Bevölkerung zu gewährleisten und die Entwicklung seiner Wirtschaft zu fördern, ein legitimes Ziel, das eine mittelbare Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit rechtfertigen kann“(32).

3.      Zum Vorliegen einer etwaigen Diskriminierung, die objektiv gerechtfertigt ist

a)      Zum Vorliegen einer Diskriminierung

55.      Nach Art. 2bis des Gesetzes vom 22. Juni 2000 in der Fassung des Gesetzes vom 19. Juli 2013 „[kann e]in Studierender, der nicht im Großherzogtum Luxemburg wohnt, … die finanzielle Studienbeihilfe ebenfalls erhalten, wenn er Kind eines in Luxemburg beschäftigten bzw. tätigen Arbeitnehmers oder Selbständigen ist, der die luxemburgische Staatsangehörigkeit besitzt oder Bürger der Europäischen Union … ist und zum Zeitpunkt der Beantragung der finanziellen Studienbeihilfe durch den Studierenden mindestens fünf Jahre lang ununterbrochen in Luxemburg beschäftigt war oder dort seine Tätigkeit ausgeübt hat“(33).

56.      Auch wenn diese Voraussetzung unterschiedslos für luxemburgische Staatsangehörige und für Staatsangehörige anderer Mitgliedstaaten gilt, entsprechend der Regelung, um die es in der Rechtssache ging, in der das Urteil vom 20. Juni 2013, Giersch u. a. (C‑20/12, EU:C:2013:411), ergangen ist, stellt sie daher nichtsdestotrotz eine auf dem Wohnsitz beruhende Unterscheidung dar.

57.      Die im Ausgangsrechtsstreit anwendbaren nationalen Rechtsvorschriften machen die Gewährung einer finanziellen Studienbeihilfe an die Studierenden, die ihren Wohnsitz nicht im luxemburgischen Hoheitsgebiet haben, von der Bedingung abhängig, dass ihre Eltern Arbeitnehmer sein müssen, die bei Beantragung der finanziellen Beihilfe mindestens fünf Jahre lang ununterbrochen in diesem Mitgliedstaat beschäftigt waren oder dort ihre berufliche Tätigkeit ausübten.

58.      Diese Voraussetzung ist nicht für Studierende vorgesehen, die ihren Wohnsitz nicht im luxemburgischen Hoheitsgebiet haben, da das von diesem Mitgliedstaat vorgebrachte Ziel darin besteht, den Anteil der Einwohner mit einem Hochschulabschluss zu erhöhen.

59.      Meines Erachtens ist eine solche Unterscheidung offensichtlich geeignet, sich eher zum Nachteil der Angehörigen anderer Mitgliedstaaten auszuwirken, da, wie der Gerichtshof im Urteil vom 20. Juni 2013, Giersch u. a. (C‑20/12, EU:C:2013:411, Rn. 44), festgestellt hat, Gebietsfremde meist Ausländer sind. Sie stellt daher meiner Ansicht nach eine mittelbare Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit dar, die nur zulässig ist, wenn sie objektiv gerechtfertigt ist.

b)      Zum Vorliegen eines legitimen Ziels

60.      In ihren schriftlichen Erklärungen trägt die luxemburgische Regierung vor, das mit der neuen luxemburgischen Regelung verfolgte Ziel stimme mit dem „sozialen“ Ziel überein, das angeführt worden sei, um die in der Rechtssache, in der das Urteil vom 20. Juni 2013, Giersch u. a. (C‑20/12, EU:C:2013:411), ergangen sei, anwendbaren Rechtsvorschriften zu rechtfertigen.

61.      Dieses Vorbringen kann wohl nicht in Frage gestellt werden. Aus der Begründung zum Gesetzesentwurf Nr. 6585(34), der dem Gesetz vom 19. Juli 2013 zugrunde liegt, ergibt sich nämlich, dass die Änderung der Regelung für Studienbeihilfen des luxemburgischen Staates sehr wohl nur darauf gerichtet ist, „die Konsequenzen“ aus dem Urteil vom 20. Juni 2013, Giersch u. a. (C‑20/12, EU:C:2013:411), zu ziehen.

62.      Dieses Ziel, das darin besteht, den Anteil der Gebietsansässigen mit Hochschulabschluss(35) in Luxemburg wesentlich zu erhöhen, wurde jedoch vom Gerichtshof als ein im allgemeinen Interesse liegendes Ziel angesehen, das auf Unionsebene anerkannt ist(36).

63.      Der Gerichtshof hat nämlich entschieden, dass eine Maßnahme, die ein Mitgliedstaat trifft, um ein hohes Ausbildungsniveau seiner gebietsansässigen Bevölkerung zu gewährleisten und die Entwicklung seiner Wirtschaft zu fördern, ein legitimes Ziel verfolgt, das eine mittelbare Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit rechtfertigen kann(37).

64.      Daher bin ich der Ansicht, dass weder das Ziel der streitigen Regelung noch ihr legitimer Charakter in Frage zu stellen sind.

c)      Zur Angemessenheit der Voraussetzung der ununterbrochenen Mindestarbeitsdauer

65.      Es sollte noch einmal erwähnt werden, dass Wander- und Grenzarbeitnehmer, wenn sie Zugang zum Arbeitsmarkt eines Mitgliedstaats gefunden haben, grundsätzlich ein hinreichendes Band der Integration in die Gesellschaft dieses Staates geschaffen haben, das es ihnen erlaubt, dort hinsichtlich sozialer Vergünstigungen in den Genuss des Grundsatzes der Gleichbehandlung im Verhältnis zu inländischen und ansässigen Arbeitnehmern zu kommen(38).

66.      Das Band der Integration ergibt sich insbesondere daraus, dass die Wanderarbeitnehmer mit den Steuern und Sozialabgaben, die sie im Aufnahmemitgliedstaat aufgrund der dort von ihnen ausgeübten unselbständigen Erwerbstätigkeit entrichten, zur Finanzierung der sozialpolitischen Maßnahmen dieses Staates beitragen. Sie müssen davon daher unter den gleichen Bedingungen profitieren können wie die inländischen Arbeitnehmer(39).

67.      Zwar hat der Gerichtshof bestimmte Gründe zugelassen, die Regelungen, die eine Unterscheidung zwischen Gebietsansässigen und Gebietsfremden vornehmen, die eine berufliche Tätigkeit in dem betreffenden Mitgliedstaat ausüben, je nach ihrem Grad der Integration in die Gesellschaft dieses Staates oder ihrer Verbindung zu diesem rechtfertigen können(40).

68.      Ich wiederhole jedoch meine Vorbehalte in Bezug auf diese Entwicklung der Rechtsprechung(41). „Was [nämlich] Wander- und Grenzarbeitnehmer angeht, schafft der Umstand, dass sie Zugang zum Arbeitsmarkt eines Mitgliedstaats gefunden haben, grundsätzlich ein hinreichendes Band der Integration in die Gesellschaft dieses Staates, das es ihnen erlaubt, hinsichtlich sozialer Vergünstigungen in den Genuss des Grundsatzes der Gleichbehandlung im Verhältnis zu inländischen Arbeitnehmern zu kommen“(42). Die Anforderung an den Nachweis einer besonderen Integration für diese Personen stellt daher eine Ausnahme von der Regel dar und muss aufgrund dessen restriktiv angewandt werden.

69.      Es besteht in gewissem Sinne eine Vermutung der Integration des Wander- oder Grenzarbeitnehmers in dem Mitgliedstaat, in dem er arbeitet und zu dessen Gunsten er Steuern und Sozialabgaben zahlt, die zur Finanzierung der Sozialpolitik dieses Staates beitragen(43).

70.      Daher bin ich, auch wenn „anzuerkennen [ist], dass vermutet werden kann, dass die Wahrscheinlichkeit einer Ansiedlung in Luxemburg und einer Eingliederung in den luxemburgischen Arbeitsmarkt nach Abschluss des Studiums auch dann, wenn das Studium im Ausland absolviert wird, bei Studierenden, die zu dem Zeitpunkt, zu dem sie ihr Studium aufnehmen, in Luxemburg ansässig sind, höher ist als bei gebietsfremden Studierenden“(44), eher vorsichtig, was den Einfluss angeht, den insoweit die Arbeitsdauer eines Elternteils des Studierenden im Hoheitsgebiet des Empfangsmitgliedstaats haben kann.

71.      In seiner ursprünglichen Rechtsprechung wies der Gerichtshof außerdem entschieden die Möglichkeit zurück, die Gewährung einer sozialen Vergünstigung von einer Mindestdauer der beruflichen Tätigkeit abhängig zu machen(45).

72.      Daher teile ich die Ansicht der Kommission, wonach die mit der hinreichenden Integration eines Elternteils des Studierenden auf dem Arbeitsmarkt des Aufnahmemitgliedstaats verbundene Voraussetzung keine Beziehung zum verfolgten Ziel aufweist, d. h. den Anteil der Einwohner mit einem Hochschulabschluss im Großherzogtum Luxemburg deutlich zu erhöhen(46).

73.      Jedoch wurde die Voraussetzung in Bezug auf die Arbeitsdauer eines Elternteils des Studierenden im Hoheitsgebiet des Aufnahmemitgliedstaats vom Gerichtshof selbst vorgeschlagen, selbst wenn dies beispielhaft erfolgte. Bei seiner Prüfung des zwingenden Charakters des Wohnsitzerfordernisses, das in der Rechtssache anzuwenden war, in der das Urteil vom 20. Juni 2013, Giersch u. a. (C‑20/12, EU:C:2013:411), ergangen ist, war der Gerichtshof nämlich selbst der Ansicht, dass es möglich sei, dass sich eine hinreichende Verbindung des Studierenden zum Großherzogtum Luxemburg, die den Schluss auf das Vorliegen einer gewissen Wahrscheinlichkeit zulasse, dass die Empfänger der Beihilfe sich wieder in Luxemburg niederlassen und sich dem Arbeitsmarkt dieses Mitgliedstaats zur Verfügung stellen würden, „auch daraus [ergebe], dass der Studierende alleine oder mit seinen Eltern in einem an das Großherzogtum Luxemburg angrenzenden Mitgliedstaat wohn[e] und dass seine Eltern seit längerer Zeit in Luxemburg arbeite[te]n und in der Nähe dieses Mitgliedstaats leb[t]en“(47).

74.      Dieser Ansatz ist nicht mit dem vom Gerichtshof traditionell im Zusammenhang mit der Mobilität von Studierenden verfolgten Ansatz vereinbar. Hat der Gerichtshof nicht im Urteil vom 25. Oktober 2012, Prete (C‑367/11, EU:C:2012:668), zu Recht befunden, dass das Vorbringen der belgischen Regierung zurückzuweisen sei, wonach eine Person, die in der Nähe der Grenze des Mitgliedstaats wohne, in dem sie ihre Ausbildung absolviert habe, naturgemäß leichter Zugang zum Arbeitsmarkt dieses Staates finden werde, zu dem sie eine Bindung habe(48)? „Eine Person [ist nämlich] aufgrund der im Rahmen ihrer Ausbildung erlangten Kenntnisse im Allgemeinen nicht auf einen bestimmten räumlichen Arbeitsmarkt festgelegt“(49).

75.      Meines Erachtens entspricht die tatsächliche Situation der Studierenden eher dieser Feststellung. Angesichts dieser Feststellung und der zuvor angestellten Erwägungen bin ich daher der Ansicht, dass die Voraussetzung einer ununterbrochenen Mindestarbeitszeit des Elternteils des Studierenden zur Erreichung des verfolgten Ziels ungeeignet ist.

76.      Allerdings muss ich auch einräumen, dass der Gerichtshof de facto und de iure anerkannt hat, dass der Umstand, dass die Eltern seit längerer Zeit in dem Mitgliedstaat, der die beantragte Beihilfe gewährt, beschäftigt waren, geeignet sein kann, den tatsächlichen Grad der Verbundenheit mit der Gesellschaft oder dem Arbeitsmarkt dieses Staates aufzuzeigen.

77.      Für den Fall, dass der Gerichtshof diese Würdigung bestätigen sollte, werde ich daher hilfsweise den zwingenden Charakter der Voraussetzung der ununterbrochenen Mindestarbeitsdauer prüfen.

d)      Zum zwingenden Charakter der Voraussetzung der ununterbrochenen Mindestarbeitsdauer

78.      Um dem Unionsrecht zu entsprechen, darf die Voraussetzung der ununterbrochenen Mindestarbeitsdauer zum Zeitpunkt der Beantragung der finanziellen Beihilfe nicht über das hinausgehen, was für die Erreichung des verfolgten Ziels erforderlich ist.

79.      Der Sachverhalt des Ausgangsrechtsstreits ist aufschlussreich. Die Gewährung der finanziellen Beihilfe wurde nämlich Herrn Linares Verruga verwehrt, obwohl seine Eltern beide in Luxemburg während einer ununterbrochenen Dauer von über fünf Jahren mit jeweils nur kurzen Unterbrechungen in den der Beantragung der finanziellen Beihilfe vorangehenden fünf Jahren gearbeitet hatten.

80.      Die Möglichkeit, von der – in Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 492/2011 erneut festgeschriebenen – strikten Anwendung des Gleichheitsgrundsatzes bei der Gewährung sozialer Vergünstigungen an Wander- und Grenzarbeitnehmer abzuweichen, ist jedoch beschränkt und kann nur eng ausgelegt werden.

81.      Eine Regel wie die in den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Rechtsvorschriften vorgesehene, die die Gewährung einer finanziellen Studienbeihilfe allgemein von der Voraussetzung einer ununterbrochenen Mindestarbeitsdauer von fünf Jahren abhängig macht, ohne den zuständigen Behörden bei der Prüfung der Situation des Antragstellers einen Handlungsspielraum zu belassen, geht meiner Ansicht nach über das hinaus, was zur Erreichung des legitimen Ziels, das darauf gerichtet ist, die Zahl der Personen mit Hochschulabschluss in der Wohnbevölkerung zu erhöhen, um die Entwicklung der nationalen Wirtschaft voranzutreiben, erforderlich ist(50).

82.      Eine solche Regel ist meines Erachtens zu allgemein und einseitig im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs. Sie „misst nämlich einem Gesichtspunkt unangemessen hohe Bedeutung bei, der nicht zwangsläufig für den tatsächlichen und effektiven Grad der Verbundenheit des Antragstellers mit dem räumlichen Arbeitsmarkt repräsentativ ist, und schließt jeden anderen repräsentativen Gesichtspunkt aus“(51). Sie geht damit über das zur Erreichung des verfolgten Ziels Erforderliche hinaus.

83.      Die von der luxemburgischen Regierung zur Diskussion gestellte Analogie zu Art. 16 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38 kann meiner Ansicht nach an dieser Feststellung nichts ändern. Zwar hat der Gerichtshof selbst auf diese Bestimmung in Rn. 80 des Urteils vom 20. Juni 2013, Giersch u. a. (C‑20/12, EU:C:2013:411), hingewiesen. Dabei handelt es sich jedoch um eine bloße Illustration der Voraussetzung der Dauer, die der Gerichtshof für angebracht hielt, um zu vermeiden, „dass ein ‚Stipendientourismus‘ entsteht“(52). Vor allem steht diese Voraussetzung, wie der Gerichtshof selbst betont, „in einem anderen Zusammenhang“(53).

84.      Art. 16 der Richtlinie 2004/38 setzt nämlich eine ununterbrochene Mindestdauer des Wohnsitzes voraus, um den dauerhaft im Aufnahmemitgliedstaat niedergelassenen Personen das Recht, sich auf Dauer dort aufzuhalten, zu gewähren. Eine solche Erwägung gilt aber definitionsgemäß nicht für die Situation der Grenzarbeitnehmer.

85.      Der Verweis auf Art. 24 der Richtlinie 2004/38 ist kaum geeigneter. Im Gegenteil behält, wie ich bereits zuvor ausgeführt habe, Art. 24 Abs. 2 der Richtlinie ausdrücklich die Möglichkeit vor, vom Grundsatz der Gleichbehandlung anderer Personen als Arbeitnehmer oder Selbstständige, Personen, denen dieser Status erhalten bleibt, und ihren Familienangehörigen abzuweichen.

VI – Ergebnis

86.      Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, die vom Tribunal administratif du Grand-Duché de Luxembourg (Verwaltungsgericht des Großherzogtums Luxemburg) zur Vorabentscheidung vorgelegte Frage wie folgt zu beantworten:

Art. 7 Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 492/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2011 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Union ist dahin auszulegen, dass er einer Rechtsvorschrift eines Mitgliedstaats wie der im Ausgangsverfahren fraglichen entgegensteht, die die Gewährung einer finanziellen Studienbeihilfe von der Voraussetzung einer ununterbrochenen fünfjährigen Mindestarbeitsdauer der Eltern des Studierenden zum Zeitpunkt der Beantragung der Studienbeihilfe abhängig macht und eine Ungleichbehandlung der Personen, die in dem betreffenden Mitgliedstaat wohnen, und derjenigen, die, ohne in diesem Mitgliedstaat zu wohnen, Kinder von Grenzarbeitnehmern sind, die ihre Tätigkeit in diesem Mitgliedstaat ausüben, – und damit eine mittelbare Diskriminierung – einführt.


1 – Originalsprache: Französisch.


2 – Vgl. in diesem Zusammenhang Mitteilung der Kommission und Schlussfolgerungen des Rates der Europäischen Union, zitiert von Generalanwalt Mengozzi in seinen Schlussanträgen in der Rechtssache Giersch u. a. (C‑20/12, EU:C:2013:70, Nrn. 42 bis 44).


3 – ABl. 1968, L 257, S. 2.


4 – ABl. 2004, L 158, S. 77, und Berichtigung ABl. 2004, L 229, S. 35.


5 – ABl. 2011, L 141, S. 1.


6 – ABl. 2004, L 166, S. 1, und Berichtigung ABl. 2004, L 200, S. 1.


7 – ABl. 2010, L 338, S. 35.


8 – Während sich die streitigen Rechtsvorschriften sowohl auf Angestellte als auch auf Selbständige beziehen, konzentriert sich das Vorabentscheidungsersuchen auf Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 492/2011. Die Diskussionen betrafen daher nur die Situation der „Angestellten“. Ich bin jedoch der Ansicht, dass die Überlegungen, die ich anstellen werde, entsprechend für die Situation der Selbständigen gelten können. Der Grundsatz der Gleichbehandlung der inländischen Arbeitnehmer und der Bürger anderer Mitgliedstaaten (u. a. was die Gewährung der sozialen Vergünstigungen betrifft) gilt nämlich auch für Selbständige (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. Januar 1988, Kommission/Italien, 63/86, EU:C:1988:9, Rn. 12 bis 16). Vgl. außerdem Barnard, C., The Substantive Law of the EU. The Four Freedoms, 4. Aufl., Oxford University Press, 2013, S. 313.


9 – Vgl. Urteil vom 7. September 2004, Trojani (C‑456/02, EU:C:2004:488, Rn. 15). Das Erfordernis tatsächlicher und echter Dienstleistungen und seine Folge, der Ausschluss völlig untergeordneter und unwesentlicher Dienstleistungen, wurde in der Rechtsprechung des Gerichtshofs sehr früh aufgestellt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 23. März 1982, Levin, 53/81, EU:C:1982:105, Rn. 17).


10 – Vgl. Urteil vom 20. Juni 2013, Giersch u. a. (C‑20/12, EU:C:2013:411, Rn. 35). Vgl. auch Urteil vom 11. September 2007, Hendrix (C‑287/05, EU:C:2007:494, Rn. 53).


11 – Hervorhebung nur hier.


12 – Vgl. in diesem Sinne zur Verordnung Nr. 1612/68 (deren vierter Erwägungsgrund mit dem fünften Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 492/2011 identisch war) Urteile vom 27. November 1997, Meints (C‑57/96, EU:C:1997:564, Rn. 50), und vom 8. Juni 1999, Meeusen (C‑337/97, EU:C:1999:284, Rn. 21).


13 – Vgl. Urteil vom 27. November 1997, Meints (C‑57/96, EU:C:1997:564, Rn. 51 und Nr. 3 des Tenors). Vgl. auch Urteil vom 8. Juni 1999, Meeusen (C‑337/97, EU:C:1999:284, Rn. 21 und Nr. 2 des Tenors).


14 – Vgl. Urteil vom 21. Juni 1988, Lair (39/86, EU:C:1988:322, Rn. 42). Vgl. auch Urteil vom 6. Juni 1985, Frascogna (157/84, EU:C:1985:243, Rn. 25), das drei Jahre zuvor zum Antrag auf eine besondere Altersbeihilfe erging.


15 – Vgl. hierzu Pataut, E., „La détermination du lien d’intégration des citoyens européens“, RTD Eur., 2012, S. 623 ff.


16 – Vgl. in diesem Sinne Barnard, C., „Case C‑209/03, R (on the application of Danny Bidar) v. London Borough of Ealing, Secretary of State for Education and Skills, judgment of the Court (Grand Chamber) 15 march 2005, not yet reported“, CML Rev., 42, 2005, S. 1465 bis 1489, insbesondere S. 1488.


17 – Vgl. in diesem Sinne O’Leary, S., „The curious case of frontier workers and study finance: Giersch“, CML Rev., 51, 2014, S. 601 bis 622, insbesondere S. 609. Vgl. auch Kommentar von Martin, D., der zum Urteil vom 18. Juli 2007, Hartmann (C‑212/05, EU:C:2007:437), schreibt: „Not only the acceptance of a social policy cause of justification in the field of free movement is a reversal of a consistent case-law“ (Martin, D., „Comments on Jia v. Migrationsverket [Case C‑1/05 of 9 January 2007], Hartmann v. Freistaat Bayern [Case C‑213/05 of 18 July 2007] and Hendrix v. Raad van Bestuur van het Uitvoeringsinstituut Werknemersverzekeringen [Case C‑287/05 of 11 September 2007]“, European Journal of Migration and Law, 9, 2007, S. 457 bis 471, insbesondere S. 467; Hervorhebung nur hier).


18 – Vgl. in diesem Sinne Urteile vom 18. Juli 2007, Hartmann (C‑212/05, EU:C:2007:437, Rn. 24), vom 18. Juli 2007, Geven (C‑213/05, EU:C:2007:438, Rn. 15), vom 14. Juni 2012, Kommission/Niederlande (C‑542/09, EU:C:2012:346, Rn. 33), und vom 20. Juni 2013, Giersch u. a. (C‑20/12, EU:C:2013:411, Rn. 37).


19 – Vgl. in diesem Sinne Cavallini, J., „Subordonner l’octroi d’une allocation à une condition de résidence peut caractériser une discrimination indirecte“, JCP/La Semaine Juridique – Édition sociale, Nr. 40, 2007, S. 32 bis 34.


20 – Urteile vom 18. Juli 2007, Hartmann (C‑212/05, EU:C:2007:437, Rn. 36), und vom 18. Juli 2007, Geven (C‑213/05, EU:C:2007:438, Rn. 26).


21 – Urteil vom 14. Juni 2012, Kommission/Niederlande (C‑542/09, EU:C:2012:346, Rn. 63). Hervorhebung nur hier. Das in dieser Rechtssache in Rede stehende nationale Gesetz unterstellte die Finanzierung eines Hochschulstudiums außerhalb des fraglichen Mitgliedstaats der Voraussetzung, dass der Studierende sich im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats mindestens drei der seiner Einschreibung vorangegangenen sechs Jahre aufgehalten hat.


22 – Urteil vom 14. Juni 2012, Kommission/Niederlande (C‑542/09, EU:C:2012:346, Rn. 65).


23 – Vgl. in diesem Sinne Martin, D., „Comments on Jia v. Migrationsverket (Case C‑1/05 of 9 January 2007), Hartmann v. Freistaat Bayern (Case C‑213/05 of 18 July 2007) and Hendrix v. Raad van Bestuur van het Uitvoeringsinstituut Werknemersverzekeringen (Case C‑287/05 of 11 September 2007)“, European Journal of Migration and Law, 9, 2007, S. 457 bis 471, insbesondere S. 467.


24 – Urteil vom 14. Juni 2012, Kommission/Niederlande (C‑542/09, EU:C:2012:346, Rn. 64). Hervorhebung nur hier.


25 – Art. 2bis des Gesetzes vom 22. Juni 2000, eingefügt durch Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes vom 19. Juli 2013.


26 – Art. 3 des Gesetzes vom 24. Juli 2014 betreffend die staatliche finanzielle Studienbeihilfe. Dieses Gesetz steht in der vorliegenden Rechtssache nicht in Rede.


27 – Urteil vom 20. Juni 2013, Giersch u. a. (C‑20/12, EU:C:2013:411, Rn. 39).


28 – Urteil vom 20. Juni 2013, Giersch u. a. (C‑20/12, EU:C:2013:411, Rn. 40 und die dort angeführte Rechtsprechung).


29 – Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 20. Juni 2013, Giersch u. a. (C‑20/12, EU:C:2013:411, Rn. 44).


30 – Urteil vom 20. Juni 2013, Giersch u. a. (C‑20/12, EU:C:2013:411, Rn. 46).


31 – Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 20. Juni 2013, Giersch u. a. (C‑20/12, EU:C:2013:411, Rn. 46 und die dort angeführte Rechtsprechung).


32 – Urteil vom 20. Juni 2013, Giersch u. a. (C‑20/12, EU:C:2013:411, Rn. 56).


33 – Hervorhebung nur hier.


34 – Gesetzesentwurf Nr. 6585 zur Änderung des Gesetzes vom 22. Juni 2000 über die staatliche finanzielle Studienbeihilfe (Dokument 6585 vom 5. Juli 2013, S. 2, abrufbar auf der Internetseite der Abgeordnetenkammer des Großherzogtums Luxemburg unter folgender Adresse: http://www.chd.lu/wps/portal/public/RoleEtendu?action=doDocpaDetails&id=6585#).


35 – Urteil vom 20. Juni 2013, Giersch u. a. (C‑20/12, EU:C:2013:411, Rn. 48).


36 – Urteil vom 20. Juni 2013, Giersch u. a. (C‑20/12, EU:C:2013:411, Rn. 53).


37 – Urteil vom 20. Juni 2013, Giersch u. a. (C‑20/12, EU:C:2013:411, Rn. 56 und Tenor).


38 – Vgl. in diesem Sinne Urteile vom 14. Juni 2012, Kommission/Niederlande (C‑542/09, EU:C:2012:346, Rn. 65), und vom 20. Juni 2013, Giersch u. a. (C‑20/12, EU:C:2013:411, Rn. 63).


39 – Vgl. in diesem Sinne Urteile vom 14. Juni 2012, Kommission/Niederlande (C‑542/09, EU:C:2012:346, Rn. 66), und vom 20. Juni 2013, Giersch u. a. (C‑20/12, EU:C:2013:411, Rn. 63).


40 – Vgl. in diesem Sinne die Ausführungen im Teil A der vorliegenden Schlussanträge.


41 – Vgl. Nr. 40 der vorliegenden Schlussanträge.


42 – Urteil vom 14. Juni 2012, Kommission/Niederlande (C‑542/09, EU:C:2012:346, Rn. 65). Hervorhebung nur hier.


43 – Vgl. in diesem Sinne O’Leary, S., „The curious case of frontier workers and study finance: Giersch“, CML Rev., 51, 2014, S. 601 bis 622, insbesondere S. 610.


44 – Urteil vom 20. Juni 2013, Giersch u. a. (C‑20/12, EU:C:2013:411, Rn. 67).


45 – Vgl. in diesem Sinne Urteile vom 21. Juni 1988, Lair (39/86, EU:C:1988:322, Rn. 42), und vom 6. Juni 1985, Frascogna (157/84, EU:C:1985:243, Rn. 25).


46 – Vgl. die schriftlichen Erklärungen der Kommission (Rn. 44). Die zwei von der Kommission in der mündlichen Verhandlung vom 14. April 2016 angeführten Beispiele sind diesbezüglich sehr aufschlussreich. Nach den streitigen Rechtsvorschriften hätte ein litauisches Kind, dessen Vater mit der gleichen Staatsangehörigkeit seit nur einem Monat in Luxemburg wohnte und arbeitete, grundsätzlich Anspruch auf eine finanzielle Studienbeihilfe. Demgegenüber hätte ein Kind, dessen Vater ein belgischer Grenzarbeitnehmer sei, der seit mehr als 15 Jahren in Luxemburg arbeite, jedoch mit einem Unterbrechungszeitraum in den letzten fünf Jahren, keinen Anspruch auf die genannte Beihilfe, auch wenn sein Kind dort seine gesamte Schulzeit verbracht hätte. Die Voraussetzung der ununterbrochenen Arbeitsdauer gelte außerdem gleichermaßen für das Kind eines belgischen Grenzarbeitnehmers, das immer bei seinem anderen Elternteil in Zypern gewohnt habe und daher offensichtlich nicht die Absicht habe, sich nach seinem Studium in Luxemburg niederzulassen, und für das Kind eines belgischen Grenzarbeitnehmers, das mit diesem in Belgien wohne und seine gesamte Schulzeit in Luxemburg verbracht habe.


47 – Urteil vom 20. Juni 2013, Giersch u. a. (C‑20/12, EU:C:2013:411, Rn. 78). Die Anerkennung dieses Rechtfertigungselements findet sich auch im Tenor dieses Urteils, in dem es heißt: „Das Ziel, den Anteil der Gebietsansässigen mit Hochschulabschluss zu erhöhen, um die Entwicklung der Wirtschaft dieses Mitgliedstaats zu fördern, stellt zwar ein legitimes Ziel dar, das eine Ungleichbehandlung rechtfertigen kann, und ein Wohnsitzerfordernis, wie es die in den Ausgangsverfahren fraglichen nationalen Rechtsvorschriften vorsehen, ist auch geeignet, die Verwirklichung dieses Ziels zu gewährleisten, doch geht diese Voraussetzung über das hinaus, was zur Erreichung des mit ihr verfolgten Ziels erforderlich ist, soweit mit ihr die Berücksichtigung anderer Kriterien ausgeschlossen wird, die für den tatsächlichen Grad der Verbundenheit zwischen demjenigen, der die genannte finanzielle Beihilfe beantragt, und der Gesellschaft oder dem Arbeitsmarkt dieses Mitgliedstaats repräsentativ sein können, wie beispielsweise der Umstand, dass ein Elternteil, der weiter für den Unterhalt des Studierenden aufkommt, Grenzgänger ist, der in diesem Mitgliedstaat eine dauerhafte Beschäftigung hat und dort bereits seit längerer Zeit arbeitet.“ (Hervorhebung nur hier).


48 – Rn. 45 dieses Urteils.


49 – Urteil vom 25. Oktober 2012, Prete (C‑367/11, EU:C:2012:668, Rn. 45). Siehe auch Urteil vom 15. März 2005, Bidar (C‑209/03, EU:C:2005:169, Rn. 58).


50 – Insoweit entspricht die durch das Gesetz vom 24. Juli 2014 über die staatliche finanzielle Studienbeihilfe vorgenommene Änderung, nach der die Arbeitsdauer von fünf Jahren seither bezogen auf einen Referenzzeitraum von sieben Jahren berechnet wird, meiner Ansicht nach immer noch nicht dem Erfordernis der Verhältnismäßigkeit. Im Urteil vom 14. Juni 2012, Kommission/Niederlande (C‑542/09, EU:C:2012:346), hielt der Gerichtshof die niederländischen Rechtsvorschriften nämlich für unionsrechtswidrig. Das in dieser Rechtssache fragliche nationale Gesetz war indessen weniger streng als das luxemburgische, da es die Finanzierung der Hochschulausbildung außerhalb der Niederlande von der Voraussetzung abhängig machte, in diesen mindestens drei Jahre in den der Einschreibung des Studierenden vorangehenden sechs Jahren gewohnt zu haben.


51 – Urteil vom 11. Juli 2002, D’Hoop (C‑224/98, EU:C:2002:432, Rn. 39). Vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 18. Juli 2013, Prinz und Seeberger (C‑523/11 und C‑585/11, EU:C:2013:524, Rn. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung).


52 – Urteil vom 20. Juni 2013, Giersch u. a. (C‑20/12, EU:C:2013:411, Rn. 80).


53 – Urteil vom 20. Juni 2013, Giersch u. a. (C‑20/12, EU:C:2013:411, Rn. 80).